1877 / 224 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 24 Sep 1877 18:00:01 GMT) scan diff

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1“ Aufgaben erzeugt. Möge Ihnen die Lösung derselben so gelingen,

wie bisher!

Im Allerhöchsten Auftrage Sr. Majestät des 27g und Kö⸗ ags ich den elften hannoverischen Provinzial⸗Landtag für eröffnet.

Nach dem Schlusse dieser Ansprache brachte der Landtags⸗ marschall, Erblandmarschall Graf zu Münster auf Derneburg, ein dreimaliges Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und König aus, in welches die versammelten Mitglieder lebhaft einstimmten.

Bayern. München, 22. September. Die Kreis⸗ regierung von Ober⸗Bayern hat durch Entschließung vom 19. d. M. den Beschlüssen der hiesigen städtischen Gemeinde⸗ kollegien und der Lokalschulkommission, betreffend die Errich⸗ tung von Zwangsbezirken für die Simultanschulen und die Umwandlung der St. Annaschule am Lehel in eine kon⸗ fessionell gemischte Schule, die Genehmigung ertheilt, und da⸗ mit zugleich die diesfällige Beschwerde einer Anzahl katholischer Einwohner und des St. Vincentius⸗Vereins, unter Hinweis auf die Entschließung des Kultus⸗Ministeriums vom 14. v. M., als unbegründet abgewiesen. Was die Umwandlung der er⸗ vühaten St. Annaschule betrifft, so wird in der Regierungs⸗ entschließung besonders darauf hingewiesen, daß diese Maß⸗ regel um so mehr zu billigen sei, als rings um diese Schule herum lauter konfe stonelle Schulen bestehen. Der Land⸗ tagsabgeordnete Dr. Schüttinger, Advokat in Bam⸗ berg (klerikal), ist daselbst gestorben. Als Ersatzmann hat für ihn in die Kammer der Abg. Hr. Höfer, Müller in Burgwindheim, einzutreten. ——

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Sachsen. Dresden, 23. September. Durch König⸗ liche Verordnung vom 15. September ist an Stelle des Wirklichen Geheimen Raths Grafen von Seebach der Kammer⸗ herr Otto von Schönberg auf, Möckritz zum Mitgliede der Ersten Kammer der Ständeversammlung ernannt worden.

Leipzig, 24. September. (W. T. B.) Nach dem von der „Leipziger Zeitung“ veröffentlichten Gesammtresultate der Ergänzungswahlen zur sächsischen Zweiten Kammer sind Pewhlt⸗ 15 Konservative, 6 Nationalliberale, 6 Mitglieder der Fortschrittspartei, ein Sozialdemokrat und ein Abgeordneter von unbestimmter Parteirichtung. Die Konser⸗ vativen sind um 4 Kammermitglieder verstärkt aus den Wahlen hervorgegangen.

Baden. Karlsruhe, 23. September. Die „Karlsr. tg.“ veröffentlicht heute folgende Allerhöchste Schreiben

*

r. Majestät des Kaisers an Se. Königliche Hoheit den Großherzog:

Durchlauchtigster Fürst, b b freundlich lieber Vetter, Bruder und Schwiegersohn!

Nachdem die großen Herbstübungen des XIV. Armee⸗Corps, welche mit Eurer Königlichen Hoheit freundlicher Zustimmung in Ihrem Lande stattgefunden haben, mit dem heutigen Tage beendigt worden sind, wird es Eurer Königlichen Hoheit zur Befriedigung gereichen, aus anliegender Abschrift Meiner Ordre an den General der Infanterie, von Werder, kommandirenden General des XIV. Armee⸗Corps, zu ersehen, in wie hohem Grade Ich Mich mit dem Zustande der Truppentheile des XIV. Armee⸗Corps, die fast alle Eurer Königlichen Hoheit Kontingent angehören, habe befriedigt erklären können. Eure Königliche Hoheit stimmen das weiß Ich aus vollstem Herzen mit Meinem Wunsche überein, daß Uns ein langer und dauernder Friede beschieden sein möge; Sie werden aber auch, ebenso wie Ich, aus diesen Uebungen das Gefühl mitnehmen, daß mit so guten Truppen allen Ereignissen mit ruhigem Herzen entgegen zu sehen ist, und daß die Truppen des XIV. Armee⸗Corps nöthigen Falls das Vaterland wieder ebenso schützen werden, wie sie es in dem Feldzuge 1870,71 gethan haben. Euere Königliche Hoheit wollen zugleich Meinen herzlichen und warmen Dank für die Mir während dieser Uebungen in Ihrem Lande gewordene überaus freundliche Aufnahme entgegennehmen und wollen auch den Bewohnern Ihres Landes zu erkennen geben lassen, daß die gute Aufnahme der Truppen zu Meiner warmen Befriedigung von derjenigen Gesinnung zeugt, die in der Armee die feste Stütze für die fernere gedeihliche Entwickelung unseres deutschen Vaterlandes erkennt. Mit besonderem Vergnügen ergreife Ich diesen Anlaß, um Euerer Königlichen Hoheit den Ausdruck voll⸗ kommenster Hochachtung und aufrichtiger Freundschaft zu erneuern,

in welcher Ich mit herzlicher Zuneigung verbleibe

Eurer Königlichen Hoheit freundwilliger Bruder und Schwiegervater Wilhelm. lsruhe, den 22. September 1877.

Durchlauchtigster Fürst, * freundlich lieber Vetter, Bruder und Schwiegersohn!

Die heute von Mir angeordnete Formation einer V. Armee⸗ Inspektion, bestehend aus dem XIV. und XV. Armee⸗Corps, giebt Mir die längst gewünschte Gelegenheit, Eure Königliche Hoheit auch zu den nicht zu Ihrem eigenen Kontingent gehörenden Truppen⸗ theilen des XIV. Armee⸗Corps in eine bestimmte nähere Beziehung treten zu sehen, indem Ich Eurer Königlichen Hoheit hier⸗ durch die Stellung des General⸗Inspecteurs der V. Armee⸗ Inspektion übertrage. Wenn Ich hierdurch den sämmt⸗ lichen Truppentheilen des XIV. Armee⸗Corps auch die in dem benachbarten Reichslande stehenden hinzutreten lasse, so thue Ich dies in der Ueberzeugung, hierdurch nicht allein den Truppen Eurer Königlichen Hoheit bewährte militärische Er⸗ ahrung und Einsicht zugängig zu machen, sondern auch den weiteren inneren Anschluß des Landes an Deutschland dadurch zu fördern, daß Eure Königliche Hoheit als General⸗Inspecteur der Truppen auch dem Lande selbst näher treten. Eure Königliche Hoheit haben für die gedeihliche Entwickelung der vaterländischen Interessen so vielfach ein warmes Herz bethätigt, daß Ich Mich Ihrer Zustimmung zur Uebernahme dieser Stellung, für welche Ich die in der Armee be⸗

stehende Instruktion noch mittheilen werde, habe versichert halten

dürfen. Ich verbleibe mit den Gesinnungen besonderer Werth⸗

schätzung und wahrer Zuneigung

Eurer Königlichen Hoheit freundwilliger Bruder und Schwiegerrater Wilhelm. Karlsruhe, den 22. September 1877.

An des Großherzogs von Baden Königliche Hoheit, General der Kavallerie ꝛc. 1u““ 8

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Weiter veröffentlicht die „Karlsr. Ztg.“ folgendes Hand⸗ schreiben des Großherzogs an den Präsidenten des Staats⸗Ministeriums, Staats⸗Minister Turban:

Mein lieber Staats⸗Minister Turban! Se. Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preußen, haben mit Allerhöchstem Schreiben vom Heutigen geruht, mir am Schlusse der großen

erbstübungen des XIV. Armee⸗Corps unter Mittheilung einer bschrift der heute ergangenen Königlichen Ordre an den General der Infanterie von Werder, kommandirenden General des XIV. Armee⸗Corps, Allerhöchstseine volle Zufriedenheit mit dem Zustande der Truppentheile des XIV. Armee⸗Corps auszusprechen. Zugleich gedenken Se. Majestät in dankenden Worten der Aufnahme, welche während der Uebungen Aller⸗ höchstdemselben und den Truppen in unserem Lande zu Theil wurde, und verbinden damit den Wunsch, daß dies den Bewohnern zu er⸗ kennen gegeben werde. Mit besonderer Genugthuung entspreche ich diesem Allerhöchsten Wunsche, indem ich Sie ersuche, die anliegende Abschrift des Kaiserlichen Schreibens zur öffentlichen Kenntniß zu bringen, und benutze zugleich diesen Anlaß, auch meine volle Aner⸗ kennung und meinen aufrichtigen Dank den Bewohnern der Stadt Karlsruhe und des Landes kundzugeben für die würdige Haltung, welche dieselben bei allen Vorkommnissen bewährten, welche der Be⸗ völkerung in diesen Tagen Gelegenheit gegeben haben, unserem Kai⸗ ser ihre Liebe und Verehrung darzubringen.

Karlsruhe, den 22. September 1877.

1

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 21. September. Das Abgeordnetenhaus 38 in der Spezialdebatte über die Vorlage betreffs der Personal⸗Einkommensteuer den §. 1 mit einem Amendement an, wonach das Existenzminimum bestimmt wird, welches das Einkommen von 600 Fl. übersteigt.

22. September. Die „N. fr. Pr.“ schreibt: Der gestern abgehaltene gemeinsame Ministerrath fand unter Vorsitz des Grafen Andrassy statt. In mehrstündiger Konferenz wurde das gemeinsame Budget nach den Voranschlägen der drei gemeinsamen Ministerien durch⸗ berathen und außerdem die Grundlagen der Vorlagen erörtert, welche den Delegationen gemacht werden sollen. Heute findet unter Vorsitz des Kaisers abermals ein Minister⸗ rath statt, in welchem die definitive Beschlußfassung über die gestern erörterten Fragen erfolgen soll. Auch der Zeitpunkt der Einberufung der Delegation wird definitiv festgesetzt wer⸗ den. In Abgeordnetenkreisen, welche der Regierung nahestehen, glaubt man, daß die Delegationen erst Anfangs Dezember zusammentreten werden.

Der ungarische Minister⸗Präsident von Tisza und der Finen.h von Szell sind gestern Abend von Pest hier eingetroffen.

In Südtirol haben im Laufe der letzten Tage die W der Wahlmänner in der Gruppe der Landgemein⸗ den stattgefunden. Innsbrucker Meldungen zufolge sind die⸗ selben zu Gunsten der nationalliberalen Partei, welcher auch die bisherigen Reichsrathsabgeordneten aus Wälschtirol an⸗ gehören, ausgefallen.

Innsbruck, 19. September. Als Vertreter des Kaisers bei den Enthüllungsfeierlichkeiten des Rudolfsbrunnens wird der Kronprinz hier eintreffen.

*2˖ Pest, 21. September. Wie ‚Ellenör“ meldet, werden die Delesnt e erst im Dezember zusammentreten.

Agram, 21. September. Bei Gelegenheit der in der heutigen Landtagssitzung stattfindenden Adreßdebatte erläuterte der Banus Mazuranic den Stand der in der Adresse berührten Fragen und erklärte sich schließlich mit der Adresse einverstanden, obschon er, wenn er anwesend gewesen wäre, von dem Erlaß der Adresse überhaupt abgerathen hätte. Hierauf wurde der Adreßentwurf in der General⸗ und Spezial⸗ debatte unverändert angenommen.

Frankreich. Paris, 22. September. (W. T. B.) Bei der heutigen Appellationsverhandlung gegen Gambetta, wegen Beleidigung des Marschall⸗Präsidenten und Beschimpfung der Minister, wurde das erstinstanzliche Urtheil, unter Verwerfung der von dem Vertheidiger Allou gegen die Kompetenz des Gerichtshofes vorgebrachten Einrede, bestätigt. Es verbleibt demnach bei der gegen Gambetta erkannten Strafe von 3 Monaten Gefängniß und 2000 Frcs. Geldbuße.

Der „Figaro“ schreibt: „Der Text des Dekretes wegen der Einberufung der beiden Kammern stellt eine Streit⸗ frage der parlamentarischen Jurisprudenz fest. Bei Gelegen⸗ heit der gerichtlichen Verfolgung gegen den Senator Chartou wurde von den republikanischen Blättern das Vor⸗ recht der parlamentarischen Unverletzbarkeit für denselben verlangt, weil die Session blos vertagt sei. Das Dekret, wodurch die beiden Kammern zu einer außer⸗ ordentlichen Session einberufen werden, sagt ausdrücklich, daß die ordentliche Session am 25. Juni, dem Tage der Auflö⸗ sung, geschlossen wurde. Es folgt also daraus, daß die Un⸗ verletzbarkeit weder für die Senatoren noch für die Depu⸗ tirten vorhanden ist.“

23. September. (W. T. B.) Das „Journal des

Débats“ soll wegen seines gegen das Manifest des Marschalls Mac Mahon gerichteten Artikels gerichtlich verfolgt werden. Die republikanischen Journale melden in bestimmtester Weise, daß Grévy die Kandidatur für das neunte Arron⸗ dissement von Paris, an Stelle Thiers’, angenommen hat. Der Justiz⸗Minister hat ein Cirkular erlassen, in welchem bezüglich der Wahl Fae angeordnet wird, daß die Wahl⸗ rundschreiben und Affichen genaue Unterschriften einzelner Personen tragen müssen. Ferner wird darin verfügt, daß die Schriftstücke, in denen politische Grundsätze dargelegt werden, mit Sorgfalt von den zuständigen Beamten gelesen werden sollen, um Schmähungen des Staatsoberhauptes, so wie ö Drohungen und Gewaltthätigkeiten zu ver⸗ indern. .

24. September. (W. T. B.) Die republikanischen Journale veröffentlichen das sehr umfassende Manifest Thiers' an die Wähler des neunten Arrondisse⸗ ments von Paris, das von Anfang bis zu Ende von Thiers selbst niedergeschrieben, aber nur in seinem ersten Theile noch einer Revision von ihm unterzogen worden ist. Das ohne jede Abänderung abgedruckte Manifest recht⸗ fertigt zunächst die Haltung der Deputirtenkammer, hebt deren Mäßigung und Klugheit rühmend hervor und weist nach, daß dieselbe den ihr gemachten Vorwurf des Radicalismus nicht verdiene. Demnächst entwickelt Thiers in dem Manifest die Beweggründe, die ihn, nachdem eine monarchische Regierung unmöglich ge⸗ worden sei, bestimmt hätten, der Republik den Vorzug zu

geben. Daran schließt sich eine Schilderung der gegen⸗ wärtigen Lage, die unerträglich geworden da Frank⸗ reich zwar eine republikanische Verfassung abe, aber von einem antirepublikanischen Personal verwaltet werde. Die Re⸗ publik sei die Regierung, die Frankreich bedürfe, zu derselben seien aber auch Männer erforderlich, die den Willen hätten die Republik gedeihen zu lassen. Unter entschiedenem Proteste

gegen die Urheber des Aktes vom 16. Mai und

ihre Handlungen weist Thiers sodann auf die Sou⸗ veränetät der Nation hin, die sich nur mittelst der Republik geltend machen könne; ein Zuwiderhandeln gegen dieses Prinzip würde mit einer Usurpation gleich⸗ bedeutend sein. Schließlich betont das Manifest die Freiheit der Wahlen und die Freiheit der Presse und bezeichnet als unumgängliche Erfordernisse: die nationale Souveränetät, die Republik, die Freiheit, die sorgfältigste Beobachtung der Ge⸗ setze, die Freiheit der verschiedenen Kulten, den Frieden.

(W. T. B.) Das Journal „Bien public“ ist wegen ungesetzlicher Veröffentlichung des Prozesses Gambetta abermals konfiszirt worden.

„Griechenland. (W. T. B.) Die „Polit. Korresp.“ be⸗ stätigt in einer Meldung aus Athen, daß das griechische Konsulat in Larissa durch Baschibozuks überfallen wurde, daß die Konsulatskawassen das Konsulatsgebäude ver⸗ barrikadirten und vor der Plünderung retteten.

Türkei. (W. T. B.) Der englische Vertreter in Kon⸗ stantinopel, Layard, hat Lord Derby betreffs der ver⸗ hafteten und nach Zeitungsmeldungen zum Erhängen ver⸗ urtheilten Gebrüder Geschoff (Kaufleute für Manchester⸗ waaren in Philippopel) telegraphisch angezeigt, daß eine unmittelbare Gefahr nicht vorhanden sei und daß die Ver⸗ hafteten wahrscheinlich nach Konstantinopel gebracht und dort vor Gericht gestellt werden würden.

(W. T. B.) Aus Belgrad wird der „VPolit. Korresp.“ gemeldet, daß eine Deputation dortiger Kaufleute bei der Regierung um eine Verlängerung des Moratoriums nachoesuh⸗ habe, von derselben aber abschläglich beschieden worden sei.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 20. Sep⸗ tember. Der Kaiser hat, wie der „Reg. Anz.“ meldet, dem Commandeur des VIII. Armee⸗Corps, General⸗Lieutenant Radetzki, für ausgezeichnete Tapferkeit und Geistesgegenwart einen goldenen mit Brillanten geschmückten Säbel mit der Auf⸗ schrift: „Für die Vertheidigung von Schipka vom 11.— 15. August 1877“ verliehen.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 19. Sep⸗ tember. Die Prinzen Oscar und Carl sind am Sonn⸗ tag von Sofiero in Schonen nach Stockholm zurückgekehrt. Die Abreise des Königs nach Norwegen und der Königin nach Heidelberg ist vorläufig auf den 29. September festgesetzt worden. Der Führer der Bauernpartei und Präsident der Zweiten Kammer des schwedischen Reichstaͤges, Graf Posse, hat sein Mandat als Mitglied der Ersten Kammer niedergelegt. An seiner Stelle ist der Staats⸗Rath Thyselius zum Mitgliede der Ersten Kammer gewählt worden.

Christiania, 19. September. Die Versammlung skandinavischer Landwirthe, deren Zweck die Begrün⸗ dung eines skandinavischen landwirthschaftlichen Vereins ist, wird hier am 2. Oktober von dem König Oscar eröffnet werden. Die von einem hiesigen Korrespondenten ge⸗ brachte Nachricht, daß die Reise des Königs Oscar nach Christiania die Einsetzung eines neuen Staatsraths an Stelle des Staatsraths Falsen, welcher einen Amtmanns⸗ posten sucht und nicht in der Regierung bleiben will, be⸗ zwecke, wird vom „Morgenbladet“ für vollständig unbe⸗ gründet erklärt.

Dänemark. Kopenhagen, 21. September. Der Kronprinz und die Kronprinzessin, welche sich auf der Reise nach dem Schlosse Muskau einige Tage auf Schloß Rumpenheim bei Frankfurt a. M. aufgehalten haben, werden nach einer später getroffenen Bestimmung nicht vor Ende des nächsten Monats nach Kopenhagen zurückkehren. Die vereinigte Linke fährt fort, Versammlungen zu be⸗ rufen, in denen sie ihre Anhänger zum Ausharren im Kampfe gegen die Regierung anfeuert. Zu sehr heftigen Debatten zwischen 9 der Regierung und Mitgliedern der ver⸗ einigten Linken kam es in einer Versammlung, die am Dienstag in Vonsild (Jütland) abgehalten wurde.

Amerika. Washington, 22. September. (W. T. B.) Gestern hat eine Konferenz der Mitglieder des Syn⸗ dikats für die neue Anleihe mit dem Schatzsekretär Sherman stattgefunden. Von den übernommenen 200 Millionen Dollars werden 185 Millionen zur Einlösung und 15 Millionen zur Wiederaufnahme der Baarzahlungen ver⸗ wendet werden. Die Details werden bei dem nächsten Rech⸗ nungsabschlusse bekannt gemacht werden. 1“

Der russisch⸗türkische Krieg.

Wien, 22. September. (W. T. B.) Die „Wiener Abendpost“ reproduzirt die Ausführungen der „National⸗ liberalen Korrespondenz“ und des „Hamburger Korrespon⸗ denten“ über die Begegnung des Fürsten Bismarck mit dem Grafen Andrassy in Salzburg, und fügt hinzu: „Wenn der „Hamburger Korrespondent“ in der Thatsache, daß Oester⸗ reich⸗Ungarn Blut und Geld gespart habe und ruhig den kommenden Ereignissen Se-e 9a, könne, hauptsächlich die Fich des guten Einvernehmens zwischen Deutschland und

hesterreich⸗Ungarn und zum Theile des guten Einverständ⸗ nisses zwischen den leitenden Staatsmännern beider Reiche er⸗ kennt, so ist das eine Auffassung, die sicherlich nur die volle Zustimmung aller einsichtigen patriotischen Kreise in Oester⸗ reich⸗Ungarn finden wird.“

Bukarest, 22. September. (W. T. B.) Der Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Cogalniceanu, hat an die auswärtigen Mächte heute ein Cirkular gerichtet, in welchem er mittheilt, daß Osman Pascha Banden von Baschibozuks organisirt und mit Beilen bewaffnet habe, um die verwundeten rumänischen Soldaten zu ermorden. Das rumänische amtliche Blatt veröffentlicht Detailmeldungen über die von den Türken an rumänischen Verwundeten begangenen Grausamkeiten und zählt die Namen der von den Baschibozuks Ermordeten auf. Das genannte Blatt ügt hinzu, daß die Türken die Rumänen Findertn, ihre

odten zu beerdigen und daß sie die Verwundetentransporte

durch Schießen auf die Sanitätsbeamten störten. Bukarest, 22. September. (W. T. B.) Gestern Abend

ist General Ignatieff, der am Fieber leidet, hier durch⸗ is sann al JIsch nach Kiew zu seiner Familie zu begeben. Derselbe ist bis zu seiner Rückberufung beurlaubt. General Tottleben ist auf dem Wege nach dem Hauptquartiere gleichfalls gestern Abend hier gv Seine Berufung ist auf Befehl Sr. Majestät des Kaisers erfolgt.

Rom, 23. September. (W. T. B.) Die italienische Regierung hat eine Note an die Pforte gerichtet, in welcher sie den Protest Griechenlands gegen die Beschränkun⸗ gen unterstützt, die gegen das Einlaufen in den Golf von Arta nach Sonnenuntergang erlassen worden 11X““;

8 Europäischer Kriegsschauplatz.

St. Petersburg, 23. September. (W. T. B.) Ueber den Kampf im Schipkapaß am 17. d. Mts. ist folgende offizielle Meldung aus Gornji Studen vom 17. d. eingegangen: In der Nacht des 17. September schlich sich der Feind sowohl an unseren rechten Flügel, wie an den Nikolaiberg heimlich heran. Auf unserem rechten Flügel wurde dies durch eine von uns versteckt gehaltene Abtheilung bemerkt und der dort komman⸗ dirende Oberst⸗Lieutenant des Volhynischen Regiments, Sandezky, befahl den Truppen, sich bereit zu halten und die Ankunft des Feindes abzuwarten. Der Commandeur der ersten Schützencompagnie, Kapitän Ostapoff, ließ die Türken auf 50. Schritt heran und zwang sie dann durch eine Salve zur Flucht. Dies geschah um 5 Uhr Morgens. Der Feind wiederholte hier später seinen 8 noch zweimal, zog sich aber um 9 Uhr vollständig zurück. Im Centrum waren die

Angriffe der Türken schwächer und hörten gegen 8 Uhr Morgens

anz auf. Am heftigsten tobte der Morgens 3 Uhr begonnene ampf um den Nikolaiberg. Die Türken kletterten in dichten Massen denselben hinauf, warfen Handgranaten, drängten 2 in unserer vorderen Tranchée befindliche Compagnien zurück und begannen mittelst mitgebrachter Schanzkörbe und Faschi⸗ nen Laufgräben zu errichten. Obschon unsererseits ein tarkes Gewehr⸗ und Artilleriefeuer unterhalten wurde, kamen doch Türken heran und hißten gegen 6 Uhr Morgens eine weiße ahne mit dem rothen Halbmond auf dem Felsen auf, wes⸗ Fa wir eine Zeit in Ruhe verharrten. Unsere dann folgen⸗ den ersten Gegenangriffe wurden zurückgeschlagen, gegen Mittag aber wurden die Türken durch 2 Compagnien des Schitomirschen Regiments und 1 Compagnie des Volhynischen Regiments vom Felsen herabgeworfen und fast gänzlich ver⸗ nichtet. Der ganze Bergabhang war dicht mit türkischen Todten bedeckt, ihre Zahl betrug nicht weniger wie 3000. Unsere Sturmkolonne kommandirte zuerst Oberst Tiaschelnikoff und nach dessen Verwundung der Oberst⸗Lieutenant des Volhynischen Regiments, Fürst Chilkoff. Unsere Artillerie war von workrefstiLer Wirkung, besonders zeichnete sich aus die 4. Batterie der 14. Brigade des Oberst Hoffmann und die 1. Batterie des gefallenen Flügel⸗Adjutanten, Fürsten Mestschersky. Nach seinem Tode übernahm Lieutenant Sidorin das Kommando, der mehrere türkische Sturmkolonnen mittelst Kartätschenfeuers zersprengte und verwundet wurde. Sehr brav zeigten sich auch die Sappeure des 2. Bataillons unter Oberst⸗Lieutenant Rieswy. Unser Verlust stellt sich größer heraus, als früher gemeldet wurde, wir haben 31. Offiziere und gegen 1000 Sol⸗ daten todt oder verwundet. Unter den Verwundeten befindet sich der Oberst im Generalstab Rennerfedt. Die Vertheidigung unserer Stellung am 17. d. wurde von General Radetzky per⸗ sönlich geleitet.

St. Petersburg, 23. September. (W. T. B.) Der Chef des Generalstabs der Südarmee, General Nevpokoitschitzky meldet telegraphisch aus Gornji Studen, vom 21. d., daß die Blokade von Plewna am 19. und 20. d. fortdauerte, im Uebrigen aber Alles ruhig war.

St. Petersburg, 23. September. (W. T. B.) Offi⸗ zielles Telegramm aus Gornji Studen vom 22. d.: Gestern, gegen 11 Uhr Vormittags, erneuerten die Türken das von ihnen seit ihrer Niederlage am 17. d. eingestellte Bombardement auf den Nikolaiberg bei dem Schipka⸗ passe. Das Geschützfeuer der Türken erfolgte aus 14 Mör⸗ sern, zuweilen in Salven. Gestern, gegen 1 Uhr Nach⸗ mittags, griffen die Türken die Positionen des Generals Tatitscheff bei Tscherkowna auf dem an. Hier zurückgewiesen, machten die Türken einen ngriff auf den linken Flügel und später auf das Centrum, wurden aber überall zuruͤckgeschlagen. Der Kampf endigte erst nach Unter⸗

ang der Sonne. Die Kolonne des General Tatitscheff be⸗ hauptete ihre Positionen. Heute wird ein neuer Angriff der Türken erwartet.

St. Petersburg, 24. September. (W. T. B.) Offi⸗ zielles Telegramm aus Gornii Studen vom 23. d.: Am 21. d. wurde der Angriff der Türken auf Tscherkowna gänzlich abgewiesen. Die Türken wiederholten den Angriff am 22. d. nicht, ondern gingen zurück. Unser Verlust betrug 20 Offiziere, 400 Sol⸗

aten, der Verlust der Türken mindestens 1000 Mann. Unser Kavallerie⸗Corps, welches auf dem Wege von Plewna nach Sofia steht, führte zwei Rekognoszirungen aus, um die Stärke der aus Sofia heranrückenden türkischen Entsatztruppen n Erfahrung zu bringen. Am 20. d. rückte der Flügel⸗Adjutant Graf Stackelberg nach Rachita vor, ver⸗ nichtete kurz vor diesem Dorfe 3 türkische Escadrons

entdeckte hinter denselben Infanterie⸗Abtheilungen,

worauf er sich zurückzog. Wir verloren hierbei 5 Todte;

2 Offiziere und 11 Soldaten wurden verwundet. Am 21. d. ntdeckte Oberst Tutolmin, nachdem er die türkische Kavallerie geworfen hatte, bei Temin 10 Bataillone mit ““ Artillerie, welche sich verschanzt hatten, und 2 Kavallerie⸗ Regimenter. Er hielt den Vormarsch der Türken durch Ar⸗ tilleriefeuer auf und bezog mit seinen Truppen einen Beob⸗ achtungsposten.

Konstantinopel, Sonnabend, 22. September, Nachts.

(W. T. B.) Bis jetzt ist hier keinerlei offizielle Depesche

uͤber den von auswärtigen Blättern signalisirten Sieg

Mehemed Ali Paschas bei Tscherkowna veröffentlicht worden.

Der Kampf dauert vielmehr daselbst noch fort. Schefket Pascha steht 5 Stunden von Plewna. Konstantinopel, 23. September. (W. T. B.) Von

Mehemed Ali Pascha ist folgendes Telegramm von heute

eingegangen: Das schlechte Wetter verzögerte die Operationen

bis zum Mittag des 21. September, wo es zu einem heftigen fünfstündigen Kampfe kam. Wir rückten bis zu den

Verschanzungen des Feindes vor, die hereinbrechende Nacht

machte dem Kampfe ein Ende. Die Verluste des Feindes übersteigen das Doppelte unseres Verlustes. Ein Tele⸗ gramm Schefket Paschas aus Orkhame vom 22. d. M. lautet:

Die Division Ahmed Hifsi Paschas verließ uns gestern, um

einem für Osman Pascha bestimmten Munitions⸗ und Proviantzug

das Geleite zu geben. Dieselbe schlug eine aus 15 Bataillonen

Fee 3 Regimentern Kavallerie und 8 Geschützen be⸗ tehende feindliche Abtheilung zurück und rückte mit dem Konvoi heute früh in Dinek, 2 Stunden von Plewna, ein. Osman Pascha ist aufgefordert worden, zum Zweck seiner Vereinigung mit der Division übermorgen früh einen Ausfall aus Plewna zu machen. Suleiman Pascha telegraphirt unter dem 21. September: Das Wetter ist günstiger gewor⸗ den. Das Geschützfeuer und die 2] dauerten den ganzen Tag, der Feind hatte große Verluste. Im Lager des Feindes herrscht nach den Aussagen von Gefangenen Mangel an Lebensmitteln.

Wien, 22. September. (W. T. B.) Telegramme des „N. W. Tageblatt“. Aus Sistowa vom 20. d. M.: Die russisch⸗rumänischen Batterien sind bis auf eine Werst an

lewna herangerückt; Plewna ist thatsächlich cernirt, alle

ommunikationen befinden sich in den Händen der Russen, Nachrichten von Osman Pascha können nur auf Schleich⸗ wegen befördert werden. Noch vor dem Ende dieses Monats soll ein neuer Sturmangriff stattfinden. Sämmtliche Garde⸗ truppen sind nach Plewna dirigirt. Aus Schumla: Gestern machte Mehemed Ali einen Angriff gegen den am jenseitigen Ufer des Banica⸗Lom in verschanzten Stellungen stehenden Feind, der Kampf dauerte bis zum Abend; das Resultat ist noch nicht bekannt. Der Kaimakam von Plewna meldete am 18. d., die russische Artillerie habe am Sonntag die tür⸗ kischen Pofitionen angegriffen und den Geschützkampf auch am Montag und Dienstag fortgesetzt. Hassan Bey habe eine aus 12 Bataillonen bestehende, gegen seine Stellung anstürmende russische Kolonne zurückgeworfen. Seit Mittwoch sind Nach⸗ richten aus Plewna überhaupt nicht mehr eingetroffen.

Wien, 22. September. (W. T. B.) Die „Polit. Korr.“ erfährt aus Bukarest unter dem gestrigen Tage, seit zwei Tagen sollen bei Cairkioej zwischen der Armee des Groß⸗ fürsten Thronfolgers und derjenigen Mehemed Ali's heftige Kämpfe stattgefunden haben, ohne daß es zu einer Entscheidung gekommen sei. Biela solle in den Händen der Russen geblieben sein. Gleichzeitig habe die Hauptmacht Osman Paschas in der Nacht vom 20. zum 21. d. einen Angriff auf die Grivica⸗Redoute gemacht, sei aber unter schweren Verlusten zurückgeschlagen worden.

Wien, 24. September. (W. T. B.) Telegramm des „N. W. Tageblatt“ aus dem Hauptquartier von Vodica vom 21. d. M.: Heute fand gegen Cairkioi eine größere Rekognoszirung statt, woraus sich ein Gefecht entwickelte. Von türkischer Seite nahmen die egyptische Division Ismail Paschas und die Division Salih Paschas am Kampfe Theil. Das russische Geschützzeuer war sehr hestig. Nachdem der Zweck der Rekognoszirung erreicht war, brachen die Türken am Abend das Gefecht ab. Die Verluste sind auf beiden Seiten ziemlich bedeutend. Eine Erneuerung des ampfes wird morgen erwartet.

London, 24. September. (W. T. B.) Ueber die Kämpfe an der Jantra meldet der „Daily Telegraph“ aus türkischer Quelle von Schirkowna unterm 21. d. M.: Die wiederholten Angriffe der Türken mißglückten in Folge ungenügender Unterstützung. Die Russen, die den Türken numerisch weit überlegen waren, behaupteten ihre Positionen. Der Verlust der Türken ist sehr bedeutend. Es wird bald ein neuer Angriff erwartet.

London, 24. September. (W. T. B.) Dem ‚Reuter⸗ schen Bureau“ wird aus Konstantinopel von gestern ge⸗ meldet: Von Mehemed Ali Pascha liegen keine weiteren Nachrichten vor, man glaubt, daß der Kampf wieder aufge⸗ nommen werden wird, das Gefecht vom 21. d. brachte keine Entscheidung.

(W. T. B.) Die „Cölnische Zeitung“ meldet aus Pera vom 22. d.: Der Ober⸗Stabsarzt v. Mundy hat als Delegirter des rothen Halbmondes ausgedehnte Voll⸗ machten erhalten. Derselbe hat 5 Krankenträger⸗Compagnien, aus je 180 Nizams bestehend, errichtet und wird in einigen Tagen abreisen, da zwischen Basardschik und Sofia 8000. Verwundete liegen.

Vom bulgarischen Kriegsschauplatze wird der „Pol. Korr.“ aus Simnitza, 16. September, geschrieben:

„Bei dem bisherigen Verlaufe des Krieges kann nicht von Schlachten im wirklichen Sinne des Wortes, sondern nur von Gefechtsserien gesprochen werden. Eine solche zweite Scrie von Kämpfen vor Plewna wie bei Schipka dauert seit acht Tagen fort, ohne daß ein entscheidendes Resultat von irgend einer Seite errungen worden wäre. Der Zweck des ganzen russisch⸗rumänischen Angriffes konnte nicht blos die Einnahme Plewnas denn damit wäre noch nichts erreicht gewesen sondern mußte auch die Lahm⸗ legung der ganzen Armee Osman Paschas sein. Durch das Gelingen einer solchen Operation wäre eine russisch⸗rumänische Armee von 80,000 Mann disponibel geworden, um gegen Mehemed Ali vorzurücken und dem hartbedrängten Großfürsten⸗Thron⸗ folger an der Jantra zu Hülfe zu kommen. Dieser Zweck ist aber bis jetzt nicht erreicht worden. Die Kämpfe vom 11. und 12. September haben zwar unleugbar die Stellung der Türken in Plewna erschüttert, aber die Cernirung oder die Vernichtung der Armee Osman Paschas ist nicht gelungen. Derselbe kann sich un⸗ belästigt nach Südwesten und Westen zurückziehen und neue Stellun⸗ gen einnehmen, welche die russische Aufstellung zwar nicht mehr direkt gefährden, aber doch eine russische Armee von mindestens 60,000 Mann binden würden. Bis jetzt hat die ganze Reihe blutiger Kämpfe vor Plewna für den angreifenden Theil kein eigentliches strategisches Resultat gehabt. Die Einnahme der türkischen Vorwerke in Gri⸗ wica und Radisowo kann, wenn diese Positionen richtig und glücklich benützt werden, wohl zur Räumung Plewnas führen; durch den glück⸗ lichen Vorstoß gegen die südlich von Plewna vom General Skobeleff Tags zuvor eroberten Positionen hat aber Osman Pascha den seehegischen Werth des russisch⸗rumänischen Erfolges vom 11. Sep⸗ tember vollständig paralysirt, indem er dadurch den eisernen Ring, der sich um seine Armee zu bilden drohte, durchbrochen und sich für einen eventuellen Rückzug Luft gemacht hat. Nach dem Kampfe vom 12. September war die Erwartung keine vereinzelte, daß Osman Pascha einen Vorstoß gegen Tirnowa unternehmen würde, um sich dort mit Mehemed Ali zu vereinigen. Ein solche Operation ist aber undenkbar, weil der geschickte türkische General der russischen Kriegs⸗ leitung den Liebesdienst sicherlich nicht zu erweisen geneigt ist, seine äußerst starke Stellung in Plewna zu verlassen und sich einer unter höchst ungünstigen Verhältnissen in offenem Felde zu schlagenden Schlacht aus⸗ zusetzen, zu welcher er gar keine Rückzugsbasis sich vorbereiten könnte. Es steht so ziemlich fest, daß Osman Pascha nichts Anderes thun kann, als sich bis aufs Aeußerste in Plewna zu halten und zu warten, bis Mehemed Ali über Biela oder Suleiman Pascha über Trojan ihm zu Hülfe kommen. Sollte er sich aber in lewna nicht mehr halten können, dann wird er niemals nach Osten, sondern nur nach Süd⸗ westen durchbrechen, um über Gorni⸗Dubnic und Felis auf der großen Straße, welche den Panega⸗Fluß entlang nach Sophia führt, seinen Rückzug zu bewerkstelligen und andere Stellungen zu besetzen, in welchen er die ihm aus Orhanie entgegengeschickten Verstärkungen erwarten kann. Ueber die Kämpfe vom 11. und 12. Sep⸗ tember verlautet, daß dieses Mal die Artillerie eine grö⸗ ßere Rolle gespielt hat als bei den früheren Angriffen. Nur die Attaque des Generals Skobeleff ist in der alt⸗

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hergebrachten Weise das beißt in Kolonnen⸗Formation geführt wor⸗ den. Darum sind auch die Verluste auf dieser Seite ungleich größer gewesen. Am 12. haben die Türken nicht nur die südlich von Plewna von den Russen eroberten Positionen, sondern auch die große Re⸗ doute in Griwica mit Nachdruck angegriffen. Es gelang ihnen nicht, letztere Stellung wieder in ihre Gewalt zu bringen. Mehrere Stürme wurden von den rumänischen Truppen zurückgeschlagen. Gegen Skobeleff war jedoch Osman Pascha glücklicher. Sein Augen⸗ merk schien auch mehr auf die Eroberung der südlichen Stellungen e gewesen zu sein. Dort stürmten die Türken mit einer beispiel⸗ ofen Bravour und Todesverachtung fünf Mal die russischen Stellungen. Endlich ließ Skobeleff melden, daß er die Stellung nicht mehr gegen die immer von Neuem mit frischen Kräften heranstürmenden Türken halten könne. Die Haltung der rumänischen Truppen war nach übereinstimmenden Berichten eine ganz rühmliche. Die richtige An⸗ wendung der verschiedenen Waffen, die ruhige Entwickelung der Infanteriemassen und das zeitgemäße Eingreifen der Reserven bei den Rumänen zeigen von einer gutgeschulten und nach den Grund⸗ sätzen der modernen Taktik formirten Armee. Was die Tapferkeit anbetrifft, sprechen sich unparteiische Augenzeugen sehr vortheilhaft über dieselbe aus; besonders zeichncten sich die Territorial⸗Regimente (Dorobanzen) aus. In den Operationen Mehemed Ali's war in den letzten Tagen kein Fortschritt zu verzeichnen. Mehemed Ali steht noch immer mit seinem rechten Flügel in Kaceljewo, seinem Cen⸗ trum in Cerkowna und seinem linken Flügel in Kodzabunar. Nach⸗ dem er die vollständige Entsetzung Rustschuks erwirkt hat, scheint er seinen Angriff auf die Jantra⸗Linie von Südosten vorzubereiten, in⸗ dem er über Eski⸗Djuma Verstärkungen on sich zieht und Proviant⸗ und Munitionsdepots errichtet, welche ihm die Durchführung seines Offensivstoßes ermöglichen sollen. Allerdings läßt er aber auch der russischen Kriegsleitung Zeit, die Armee des Thronfolgers in ihrer Stellung zu verstärken. Diese Armee befand sich am 15. September mit ihrem linken Flügel in Obertenik, mit dem Centrum in Biela, Resbunarkiöbi und Kopriwca, mit dem rechten Flügel in Karahassan und Susica. Wie man sieht, kann von einem Zurückgehen hinter die Jantra noch nicht die Rede sein. Dazu könnte es nur nach einer vor Biela von den Russen verlorenen Schlacht kommen.’

Die Frage, warum die Russen nicht mehr Truppen an der Donau haben, findet in folgender Auseinandersetzung der „Russ. Welt“ eine Beantwortung: 11““

„Die Schwierigkeit eines Krieges in der Türkei ist unseren Militärs vollständig bekannt. Die natürlichen Hindernisse, die über⸗ lange Basis, die Unmöglichkeit, gewaltige Heeresmassen auf dem Kriegsschauplatze zu konzentriren, endlich der wirkliche Fanatismus und die unbedingte Standhaftigkeit der türkischen Truppen, wie sie in vielen Schlachten jetzt bewiesen sind, rauben der jetzigen Campagne jede Aehnlichkeit mit dem deutsch⸗französischen Kriege. Am meisten Vorwürfe hört man deswegen, daß wir zu wenig Truppen jenseits der Donau haben; wir müßten wenigstens 600,000 Mann hinüberschicken. Darüber ist ja nicht zu streiten, daß im Kriegswesen das beste Unterpfand des Erfolges die numerische Ueberzahl ist. Es ist aber in Betracht zu ziehen, daß man zum Unterhalte einer Armee von 600,000 Mann in einem ruinirten Lande Mittel herbeischaffen muß, wie sie selbst bei den jetzigen Transportmitteln unausführbar sind. Gegen⸗ wärtig transportiren wir Truppen, Sanitätszüge, Proviant, Kriegs⸗ material 500 Werst weit über die rumänischen schmalspurigen Bah⸗ nen mit geringem rollenden Material; dann folgen von Frateschti bis Sistowa etwa 80 Werst, von Sistowa bis Tirnowa etwa 100 Werst Landstraße, welche, durch einen Schwarzerdebezirk führend, zur Herbstzeit Schwierigkeiten bietet, vor denen selbst die Hinde isse zu Zeit des Krimkrieges zurücktreten.“ AXX“

Asiatischer Kriegsschauplaz.

St. Petersburg, 22. September. (W. T. B.) Offi⸗ zielles Telegramm von der Kaukasusarmee aus Karajal vom 21. d. M.: Anfangs September begann Ismael Pascha auf den Bergrücken und auf den Bergabhängen gegenüber Chalfalue und Chochschabor Batterien zu errichten und er⸗ öffnete dann gegen die Truppen des General Terg ukassoff ein unschädliches Feuer, indem er beabsichtigte, ins flache Land herunter zu steigen. Am 19. d. M., Nachmittags 3 Uhr, unternahm der Feind einen Angriff auf Chalfalue und Werchnije Tsha⸗ ruchtscht. Der Angriff wurde nach einem zweistündigen Artillerie⸗ und Gewehrfeuer durch die Regimenter Baku, Tawar und Stawropol allenthalben abgeschlagen, der Feind flüchtete unter großen Verlusten. Unsererseits wurde der Commandeur des Regiments Baku, Oberst Iwanoff, am Arm verwundet. Kurz vor Einbruch der Dämmerung durchbrach eine etwa 500 Mann starke Schaar Baschibozuks unsere Vor⸗ posten und warf sich gegen den Araxes, wurde jedoch sofort durch einige Sotnien Kosaken wieder in die Flucht gejagt, ohne Schaden angerichtet zu haben. Unsere Verluste in allen diesen Gefechten sind äußerst gering.

Erzerum, 20. September. (W. T. B.) Das Centrum der russischen Aufstellung unter General Tergukassoff ist durch ein starkes Detachement Ismail Paschas angegriffen worden. Eine Stunde südlich von Igdyr unternahm die türkische Kavallerie von Neuem Rekognoszirungen in der Rich⸗ tung auf Erivan. Aus Ardahan und Kars liegen keine neuen Nachrichten vor.

Die Nr. 57 des „Amtsblatts der Deutschen Reichs⸗ Post⸗ und Telegraphenverwaltung⸗ hat folgenden Inhalt: Verfügung vom 21. September 1877. Postverkehr mit der Argen⸗ tinischen Republik.

Nr. 34 des „Justiz⸗Ministerial⸗Blatts“ enthält eine Verfügung vom 10. September 1877, betreffend die Gebühren der Feldmesser für die Wahrnehmung gerichtlicher Termine als Sach⸗ verständige an ihrem Wohnorte.

Nr. 19 des Central⸗Blatts der Abgaben⸗, Ge⸗ werbe⸗ und Handelsgesetzgebung und Verwallung in den Königlich preußischen Staaten hat folgenden Inhalt: Anzeige der in der Gesetz⸗Sammlung und im Reichszesetzblatte erschienenen Gesetze und Verordnungen. I. Allgemeine Verwaltungsgegenstände: Die Kosten der Schlösser und Beschläge an Fenstern und Thüren der Dienstwohnungen sind auch bei neuen Anschaffungen von dem Woh⸗ nungsinhaber zu tragen. Veränderungen in dem Stande und in den Befugnissen der Zoll⸗ und Steuerstellen. Berechnung der Erhebungs⸗ und Verwaltungskosten von dem Ertrage der Reichssteuern VI. Personalnachrichten.

Statistische Nachrichten.

Sterblichkeits⸗ und Gesundheitsverhältnisse. Ge⸗ mäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheits⸗ amts sind in der siebenunddreißigsten Jahreswoche von je 1000 Be⸗ wohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als gestorben ge⸗ meldet: in Berlin 28,5, in Breslau 32,6, in .e; 30,8, in Cöln 24,2, in Frankfurt a. M. 17,9, in Hannover 20,1, in assel 18 %, in Magdeburg 28,1, in Stettin 25,6, in Altona 20,„¼, in Straß⸗ burg 21,3, in München 35,0, in Nürnberg 34,8, in Augsburg 39 3, in Dresden 26, 9, in Leipzig 19,9, in Stuttgart 192, in Braunschweig 23,0, in Karlsruhe 18,0, in Hamburg 25,8, in Wien 24,8, in Buda⸗ pest 33,85, in Prag 21,8, in Triest 44%½, in I 25,5, in Brüssel 23/72, in Paris 21,1, in Amsterdam 25,. in Kopenhagen 16,0, in Stockholm 26,9, in Christiania 19,7, in St. Petersburg 33,2, in Warschau 30,3, in Odessa —, in Bukarest 30,5, in Rom 3173, in Turin