sowohl, wie des Telegraphendienstes, welche bei Ablegung der Sekretärprüfung verlangt werden, noch in ausreichendem Maße besitzt. 8 .
Die vorstehenden Bestimmungen kommen für alle vom 1. Oktober 1877 ab in den Postdienst eintretenden Eleven zur Anwendung und gelten als Nachtrag zu den im Uebrigen be⸗ stehen bleibenden „Vorschriften über die Annahme und An⸗ stellung von Civil⸗ und Militäranwärtern als Beamte im Postdienste“. Dagegen treten für bereits “ Eleven und Praktikanten Aenderungen in den bisherigen Bestim⸗ mungen hinsichtlich der Prüfung der Sekretäre, sowie hinsicht⸗ lich der e Prüfung nicht ein, insofern nicht der Ein⸗ zelne die Abnahme der Prüfung nach der neuen Vorschrift ausdrücklich wünschen sollte. Für den Eintritt und die weitere Laufbahn militärversorgungsberechtigter Personen beim Tele⸗ graphendienste bleiben die bisherigen Vorschriften in Kraft.
— Nach der soeben publizirten Statistik der deut⸗ schen Reichs⸗Post⸗ und Telegraphenverwaltung für das Jahr 1876 umfaßt das deutsche Reichs⸗Post⸗ und Telegraphengebiet 445,263,50 Quadrat⸗Kilometer (ausschließ⸗ lich 4340,83 Quadrat⸗Kilometer Wasserfläche) mit 35,823,465 Einwohnern, oder mit 80 Einwohnern auf einem Quadrat⸗ Kilometer, nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1875. — Es betrug Ende des Jahres 1876: die Gesammtzahl der Post⸗ anstalten 6664, die Gesammtzahl der Telegraphenanstalten 2532, die Gesammtzahl der Verkaufsstellen für Post⸗Werth⸗ zeichen 5152, die Gesammtzahl der Post⸗Briefkasten 38,422. — Das Gesammt⸗Personal umfaßte 60,330 Personen. — Es be⸗ lief sich: die Gesammtzahl der durch die Post beförderten Sendungen auf 1,103,299,853, die Gesammtzahl der beförder⸗ ten Telegramme auf 10,649,994, der Gesammtwerthbetrag der durch die Post vermittelten Geldsendungen auf 14,237,220,943 ℳ, das Gesammtgewicht der durch die Post beförderten Päckerei⸗ sendungen auf 228,629,750 Kilogramm. — Es betrug: die Gesammt⸗Einnahme 116,967,739 ℳ, die Gesammt⸗Ausgabe, einschließlich 1,260,140 ℳ außerordentlicher Ausgaben, 109,414,845 ℳ, der Ueberschuß 7,552,894 ℳ.
— In Beziehung auf die Vertheilung der Kauf⸗ elder eines subhastirten Grundstückes hat das Ober⸗Tribunal, III. Senat, durch Erkenntniß vom 1. Juni 1877 folgenden Rechtssatz ausgesprochen: Der Gläu⸗ biger, welcher wegen einer persönlichen Forderung die Sub⸗ hastation des Grundstücks des Schuldners beantragt hat, erlangt bei der Befriedigung aus den Kaufgeldern des sub⸗ hastirten Grundstückes den Vorrang vor den Realgläubigern, deren Hypotheken vor der Eintragung des Subhastations⸗ vermerkes in das Grundbuch, aber nach Erlaß der Einleitungs⸗ verfügung eingetragen worden sind.
— Der Königliche Gesandte am Großherzoglich olden⸗ burgischen Hofe, Prinz zu Ysenburg, hat sich für einige Zeit nach Eutin an das Großherzogliche Hoflager begeben.
— Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren Dr. Choraszewski in Nakel und Dr. Lenné in Langerwehe.
Stettin, 29. September. Der Provinzial⸗Land⸗ tag nahm in seiner heutigen 4. Sitzung die Wahl zweier Mitglieder des Provinzial⸗Ausschusses für den verstorbenen Stadtverordneten⸗Vorsteher Saunier⸗Stettin und für den zum Landes⸗Direktor gewählten Landrath a. D. von Heyden⸗Cadow
or; dieselbe fiel auf den Kämmerer Schlesack (51 von 65
Stümnan und den Freiherrn von Maltzahn⸗Gültz (54 von 59
Stimmen).
Es folgte die Berathung über den Abschluß der Verträge mit en Kreisen der Provinz beziehungsweise mit dem Neuvor⸗ ommerschen Kommunal⸗Landtage wegen Uebernahme der Ver⸗
waltung und Unterhaltung der früheren Staatschausseen. Nach
den Vorlagen des Provinzialausschusses ist eine Einigung mit fast allen engeren Kommunalverbänden erreicht; Anstände sind nur geblieben: 1) bei dem Stadtkreise Stettin, welcher die Uebernahme endgültig abgelehnt hat, 2) mit den Kreisen Bublitz, Neustettin und Schlawe, wo
ich Chausseen befinden, die erst neuerdings von der Staatsregierung gebaut sind, und auf welche deshalb die angenommenen Grundsätze wegen Entschädigung der Kreise
(die nach dem durchschnittlichen Kostenaufwande für die letzten 0 Jahre berechnet werden sollen) nicht passen, 3) mit dem
Kreise Usedom⸗Wollin wegen der Brücken über die Dievenow, eren Unterhaltungspflicht Seitens der Provinz bestritten wird,
4) mit dem Kreise Colberg, der eine höhere Rente verlangt,
als die angenommenen Grundsätze ergeben. Ohne Debatte
wurde der Provinzialausschuß ermächtigt, mit den Kreisen Bublitz, Neustettin, Schlawe und Usedom⸗Wollin auf Grund der ge⸗ ührten Verhandlungen abzuschließen; eine längere Diskussion erhob sich hingegen darüber, ob dem Verlangen des Kreises Colberg stattzugeben sei. Schließlich gewährte der Landtag die vom Kreise geforderte höhere Rente. Danach verbleiben für die Provinz ses eigenen Verwaltung nur die Chaussee⸗ sttrecken im Stadtkreise Stettin. — Der Kreis Lauenburg hatte zwar mit dem Provinzialausschusse abgeschlossen, zugleich aber sich mit einer Petition an den Landtag gewendet und gebeten, ihm aus
Billigkeitsrücksichten eine größere, als die ihm zufallende Rente zu
bewilligen. Die Versammlung trat aber der Anheimgabe der
Wegekommission bei und ging über die Petition zur Tages⸗ ordnung über.
Von der Staatsregierung ist früher für die Staats⸗ Chausseeaufseher der Provinz eine Wittwenpensions⸗ und
Unterstützungskasse eingerichtet worden, deren Verwaltung eine besondere staatliche Kocemission geführt hat. Der Provinzial⸗ ausschuß schlägt vor, die Kasse zu übernehmen und in der
Weise fortzuführen, daß neue Mitglieder nicht mehr
aufgenommen, von den vorhandenen Mitgliedern aber die Beiträge forterhoben und die Pensionen weiter gezahlt werden, wozu der etwa nöthige Zuschuß aus Mitteln der
Provinz gegeben werden soll. .
Die Wegekommission hat dem den Antrag hinzugefügt,
den Provinzialausschuß mit einer Prüfung zu betrauen, ob das Institut nicht umzubilden und insbesondere auf sämmt⸗ liche Chausseeaufseher auszudehnen sei. Der Landtag beschloß gemäß den Vorschlägen des Ausschusses und der Kommission.
3 Das vom Provinzialausschuß vorgelegte Reglement für die Wegebauverwaltung der Provinz wurde in der Fassung, wie es von der Wegekommission festgestellt war, en bloc an⸗
genommen.
Zur Herstellung des Trebel⸗Kanals wurden bedingungs⸗ weise 30,000 ℳ bewilligt. 8
Zum Schluß erledigte der Landtäg einige Rechnungs⸗ angelegenheiten, betreffend den Stettiner und Cösliner Meliora⸗ tionsfonds.
— 1. Oktober. In der heutigen 5. Sitzung des 3. Pro⸗
vinzial⸗Landtags wurde zum Stellvertreter des Vorsitzenden im Provinzialausschusse an Stelle des zum Landes⸗Direktor ge⸗ wählten Landraths a. D. von Heyden der Abg. Mühlenbeck⸗ Gr. Wachlin mit 45 Stimmen gegen 23 Stimmen, welche auf den Abg. von der Goltz⸗Kreitzig fielen, und zum stellvertreten⸗ den Mitgliede des Provinzialausschusses an Stelle des zum wirklichen Mitgliede gewählten Abg. von Maltzahn⸗Gültz der Ober⸗Bürgermeister Pehlemann⸗Stargard mit 35 Stimmen von 68 Stimmen gewählt.
Der Anheimgabe des Provinzialausschusses gemäß be⸗ sctch der Landtag, die Fürsorge für die in der Provinz be⸗
ndlichen unbemittelten bildungsfähigen blinden Kinder zu übernehmen, und zu dem Ende 22,000 ℳ im Ordinario des Etats dem Provinzialausschusse zur Verfügung zu stellen. Nach einem Antrage der Landtagskommission wurde zugleich der Provinzialausschuß ermächtigt, die beiden Blindenanstal⸗ ten in ne dem dringenden Wunsche des Kuratoriums entsprechend, für die Provinz zu übernehmen.
Die Petition des Kreises Usedom⸗Wollin, die Provinz möge den Weg Bannemin⸗Hammelstall auf ihre Kosten aus⸗ bauen, wurde abgelehnt, dagegen dem Provinzialausschuß die Ermächtigung ertheilt, dem Kreise, wenn er selbst den Bau übernehmen wolle, eine über den gewöhnlichen Betrag hinaus⸗ gehende Beihülfe aus Provinzialmitteln zu gewähren.
In Folge einer Petition des Kreises Colberg⸗Cörlin be⸗ willigte man die Kosten des Baues einer Brücke über die Persante bei Zwielipp mit 24,000 ℳ und zugleich für die dieser Brücke sich anschließenden, vom Kreise zu bauenden Chausseen eine Prämie von 6 ℳ pro Meter.
Die Staatsregierung hatte den Landtag zu einem Gut⸗ achten über die beabsichtigte Veränderung der Grenze zwischen den Kreisen Dramburg und Deutsch⸗Crone, bez. zwischen den enee Pommern und Westpreußen bei den Ortschaften
adow und Alt⸗Lobitz aufgefordert.
Die Versammlung trat dem Vorschlage der Referenten, Abgeordneten von Knebel⸗Doeberitz und von der Goltz, bei, und erklärte sich dafür, daß die pommerschen Antheile beider Ortschaften nach Deutsch⸗Crone und Westpreußen zu weisen seien.
Cöln, 1. Oktober. (Cöln. Ztg.) Ihre Majestät die Königin von Schweden und Norwegen,, nebst Gefolge, traf gestern Nachmittags 2 ¼ Uhr, mittelst Extrazuges von Berlin kommend, hier ein und fuhr um 2 ½ Uhr nach Bonn und Heidelberg weiter.
Bayern. München, 28. September. (Allg. Ztg.) In der heutigen 5. öffentlichen Sitzung der Kammer der Abgeordneten erklärte der Finanz⸗Minister von Berr, daß die Rechnung für 1875 einen Ueberschuß von 14,108,460 ℳ ergeben habe, daß dagegen in der laufenden Finanzperiode keine Ueberschüsse vorhanden seien, vielmehr einige Einnahme⸗ zweige das Einnahme⸗Soll nicht erreichen werden. Das Budget für die nächste XIV. Finanzperiode, das er nun vorlege, schließe ab mit der Gesammtziffer von 227,551,220 ℳ; ein Vergleich mit dem laufenden Budget ergebe, daß für die nächste Finanzperiode ein Mehraufwand von 11,636,679 ℳ erforderlich sei, welchen die Regierung in folgender Weise zu decken vorschlage: in den Landestheilen rechts des Rheins sollen für die notarielle Beurkundung von Kauf⸗, Tausch⸗, Schenkungs⸗ und sonstigen Verträgen, welche Uebertragung von Eigen⸗ thum zum Gegenstand haben, anstatt wie seither 10 ₰ für 12 ℳ in Zukunft 2 ₰ für je 1 ͤ erhoben werden. Die Mehreinnahmen belaufen sich hiernach auf 4,486,000 ℳ Fer⸗ ner schlage die Regierung vor: die direkten Steuern um 40 Proz. zu erhöhen, was einer Mehreinnahme von 8,280,637 ℳ gleichkomme. Er glaube, daß die seit Decennien geschonte Steuer⸗ kraft des Volkes die Erhöhung ertragen könne. Der Minister von Pfeufer erklärte darauf der Versammlung: daß er im Auftrage des Königs dem Landtage einen Gesetzentwurf, be⸗ treffend die Errichtung eines obersten Verwaltungs⸗ gerichtshofes in Bayern, zu unterbreiten habe; er hoffe, daß die Hand, welche die Regierung zum dritten Male durch diese neuerliche Vorlage biete, nicht werde zurückgewiesen werden. (S. d. gestr. N.) Augsburg, 1. Oktober. T. B.) Die „Allg. Füunge schreibt: Prinz Arnulf von Bayern hatte den önig gebeten, sich zwecks militärischer Studien in das russische Hauptquartier begeben zu dürfen. Derselbe hat vorgestern die Allerhöchste Genehmigung hierzu erhalten, nachdem die Zustimmung des Kaisers von Rußland erfolgt war. Prinz Arnulf wird von seinem Adjutanten, dem Premier⸗Lieutenant Lesuire, begleitet sein. — 2. Oktober. (W. T. B.) Prinz Arnulf reist heute Abend über Wien in das russische Hauptquartier ab.
Sachsen⸗Meiningen⸗Hildburghausen. Meiningen, 30. September. Die fuͤr Mitte Oktober in Aussicht genom⸗ mene Berufung des Landtages ist vorerst vertagt worden
und wird erst im November erfolgen.
Oesterreich⸗-Ungarn. Wien, 30. September.
erzer Jagden nach Wien zurückkehren. Noch am Abende des⸗ selben Tages dürfte die Abreise des Königs nach Sachsen er⸗ folgen. — Der Erzherzog Albrecht ist gestern von Pest nach Wien gereist.
— 1. Oktober. Die „Montagsrevue“ konstatirt, daß der reine Ueberschuß jener diesseitigen Eisenbahnen, welche die Staatsgarantie in Anspruch nehmen, den bisherigen Ergebnissen zufolge, mindestens 4 Millionen mehr betragen werde, als im Vorjahre, wonach also die im Budget Füͤr Eisenbahnsubventionen präliminirte Summe sich um diesen Betrag reduziren werde.
Innsbruck, 30. September. Die Enthüllung des Rudolfsbrunnens hat gestern in Anwesenheit des Kron⸗ prinzen unter außerordentlicher Theilnahme der Bevölkerung statt efunden. Bürgermeister Dr. Dinters hielt eine längere Rede, in welcher namentlich die treue Anhänglichkeit Tirols an das Kaiserhaus betont wurde. Der Kronprinz besichtigte das Denkmal und äußerte sein volles Wohlgefallen darüber. Nach dem Defilée des Schützenzuges kehrte Se. Kaiserliche Hoheit in die Hofburg zurück. 3
Lemberg, 30. September. Der Statthalter Graf Potocki ist gestern Abends nach Wien abgereist.
Niederlande. Haag, 1. Oktober. (W. T. B.) In der “ Sitzung der Zweiten Kammer theilte der
Minister der Auswärtigen Angelegenheiten mit, daß sämmt⸗
5
Der Kaiser und der König von Sachsen werden, wie die „Presse“ meldet, nächsten Mitwoch von den Radmar⸗Eisen⸗
liche Minister am Donnerstag den König um ihre Ent⸗ lassung gebeten hätten.
Belgien. Brüssel, 1. Oktober (W. T. B.) Nach einer Meldung des „Etoile Belge“ hat Prinz Louis Na⸗ poleon Belgien am Sonntag wieder verlassen.
Frankreich. Paris, 29. September. (Fr. C.). Die gestrigen Wähler versammlungen boten wenig Bemer⸗ tenswerthes. Barodet stellte sich im 5., Greppo im 12. und Cantagrel im 13. Bezirk vor. Die Genannten stießen nirgends auf Widerspruch; die Kandidatur Bonnet⸗Duverdiers wurde dagegen wieder in mehreren Ver⸗ sammlungen zurückgewiesen. — Der offiziöse „Français“ hört, daß gegen mehrere Kandidaten der Linken wegen ihrer Glaubensbekenntnisse, welche offene Angriffe gegen die be⸗ stehende Ordnung enthielten, strafgerichtliche V . lgung eingeleitet werden sollte. — Die „République francaise“ glossirt die, im Großen und Ganzen bereits, wenn auch noch nicht offiziell bekannte, Liste der Regierungskandidaten. Das Blatt findet in der Liste der offiziellen Kandidaten noch keine drei Namen von Männern, die als wirklich gemäßigt bekannt seien; die 158 zumal seien blindlings Feinde der Re⸗ publik, keiner aber habe Gnade gefunden, der nicht seinem Erzbischof genehm wäre. Auch dieses Blatt erklärt, daß der Sieg der offiziellen Kandidaten zum Bürgerkriege führen würde.
— Das „ZJournal officiel“ veröffentlicht folgenden Be⸗ richt des Fi Republik: 8
Paris, 28. September 1877.
Herr Präsident! Ein Institut, welches dem Lande große Dienste
geleistet hat und noch leistet, der Credit foncier de France, ist vor einigen Monaten in Folge verschiedener Umstände auf Schwie⸗ rigkeiten gestoßen, welche die Aufmerksamkeit meines Vorgängers auf sich gezogen hatten. Nach eingehender Prüfung der Sache trug es kein Bedenken, den Gouverneur, die Verwaltungsräthe und Aktionäre, die beste Lsung für diese Schwierigkeiten aufsuchen und finden zu lassen. Die von ihnen entworfenen und von den Generalversamm⸗ lungen angenommenen Kombinationen wurden durch ein mit Zustim⸗ mnung des Staatsrathes erlassenes Dekret genehmigt und Hr. Leopold Renouard, General⸗Schatzmeister der Ober⸗Pyrenäen, durch ein zweites, vom 23. Januar 1877 datirtes Dekret zum Gouverneur ernannt. Diese Maßregel sollte nur eine reiflichere Reorganisirung des Crédit foncier vorbereiten. Die neuen Statuten dieser Gesell⸗ schaft, welche ihren Operationen bestimmtere Grenzen steckten, sind zu Anfang dieses Jahres in Kraft getreten und die von den Aktionären beschlossenen Kombinationen in Vollzug gesetzt worden. Die letzteren werden dem Crédit foncier gestatten, die Dienste, welche er vermöge seiner Befugnisse dem Grundeigenthum leistet, noch auszudehnen. Der Augenblick scheint also gekommen, der Lei⸗ tung dieser Anstalt einen definitiven Charakter zu geben. Ich habe daher die Ehre, Ihnen zur Genehmigung das beifolgende Dekret zu unterbreiten, welches den Senator und ehemaligen Handels⸗Minister Grivart, dessen Verdienst und Charakter Sie zu würdigen Gelegenheit hatten, zum Gouverneur des Crédit foncier er- nannt wird. Ich habe das Vertrauen, daß das Institut unter seiner Leitung sich aufs Neue kräftigen und gedeihen werde, und zweifle auch nicht, daß es bei den beiden dermaligen Unter⸗Gouverneuren einen thätigen und wirksamen Beistand finden wird. Schließlich sei mir noch gestattet, zu konstatiren, daß Hr. Renouard das Vertrauen der Regierung vollkommen gerechtfertigt und sich der ihm gewordenen zeitweiligen Mission mit Eifer und Sachkenntniß entledigt hat. Ge⸗ nehmigen Sie u. s. w Caillaux.“
Hr. Grivard wird dem entsprechend zum Gouverneur des Credit foncier ernannt und Hr. Renouard für seine Dienste mit dem Kreuz der Ehrenlegion belohnt.
— 30. September. (Fr. C.) Der Erzbischof von Bourges, Fürst de Latour d'Auvergne, hat an die Pfarrer seiner Diö⸗ zese ein Rundschreiben gerichtet, welches folgendermaßen beginnt: Die nächsten Wahlen haben für Frankreich und für die Kirche eine kapitale Bedeutung. Jedermann fühlt es, daher ich es nicht weiter auszuführen brauche. Wenn das revolutionäre Programm obsiegt, ist es vielleicht für lange um unser Vaterland, um seine Geschicke, seine wichtigsten In⸗ teressen, unsere theuersten Herzenssachen geschehen. Unter solchen Umständen dürfen die Katholiken nicht zaudern, sie haben nicht das Recht, diesem Entscheidungskampfe gleichgültig zuzu⸗ sehen. Man hat ihnen schon oft gesagt, was sie zu thun hätten; wir brauchen es hier nicht zu wiederholen. Wohl aber müssen wir ihnen ins Gedächtniß rufen, weil man es nicht genug bedenkt, daß sie nicht blos die Pflicht haben, zu handeln und angesichts der gemeinsamen Gefahr einig zu bleiben, sondern auch die Pflicht, zu beten.“ Es folgt ein päpstliches Reskript, welches für die drei den Wahlen voran⸗ gehenden Tage ein Triduum in allen Kirchen anordnet und den Theilnehmern des Triduums für jeden dieser drei Tage einen dreihunderttägigen und für den Tag der Schlußkommunion einen vollständigen Ablaß bewilligt. — Der „Figaro“ klagt über Symptome von Uneinigkeit im Schooße der kon⸗ servativen Parxtei und wiederholt, daß man nur für den offiziellen Kandidaten stimmen müsse, daß jeder andere Kan⸗ didat, was er auch sagen möge, ein Gegner des Marschalls sei, und daß jeder, der für ihn stimme, sich bewugt oder unbe⸗ wußt zum Bundesgenossen der Radikalen mache. — Die bonapartistischen Blätter zeigen übrigens an, daß ihr Kandidat im 8. Arrondissement von Paris, Hr. Ferdinand Barot vor dem Regierungskandidaten, Vize⸗Admiral Touchard, nicht zurücktrete.
— 1. Oktober. (W. T. B.) Der Marschall Mac Mahon und der Herzog Decazes werden heute Abend hier erwartet.
— 2. Oktober. (W. T. B.) Das republikanische Wahlcomité für die Kandidatur Grévy's im 9. Arron⸗ dissement von Paris, unter dem Vorsitze Gambetta's, hat ein Schreiben veröffentlicht, in welchem es das Vertrauen und die Sympathie der republikanischen Partei für Grévy aus⸗ spricht und ihn formell als Denjenigen bezeichnet, der würdig sei, den Rang und die Stelle Thiers an der Spitze der französischen Demokratie und die Führung der Majorität der 363 zu übernehmen.
Italien. Rom, 26. September. Das feierliche Leichen⸗ begängniß des Generals Bixio ist auf den 30. d. M. festgesett worden. — Der Kronprinz hat am 24. d. M. in bSS seiner Gemahlin wiederholt die landwirthschaft⸗ liche Ausstellung zu Pavia besucht. — Der ministerielle „Diritto“ erklärt, das Manifest des Hrn. Thiers sei das feierlichste Zeugniß seines Patriotismus und beweise wieder, welchen großen Verlust Frankreich durch seinen Tod erlitten habe. — Die klerikalen Blätter melden, daß der Kardinal Panebianco seine Entlassung als Großpönitiar ein⸗ Sess hat, und daß der Kardinal Bilio zu seinem
achfolger, in diesem Amte ernannt worden ist.
Türkei. Aus Serajewo, 28. September, meldet das W. „Fremdenbl.“: In Konstantinopel glaubt man die Beweise
8
nz⸗Ministers an den Präsidenten der
Charakter in den 500
vom. Abschluß einer serbisch⸗montenegrinischen Kon⸗
vention zu haben, welche eine Kooperation der serbisch⸗mon⸗ tenegrinischen Streitkräfte gegen Bosnien zum Zwecke hat. In Folge dessen traf hier der Befehl ein, alle die Vereinigung der Serben und Montenegriner verhindernden militärischen Vorkehrungen zu treffen. Bei Simnitza werden bedeutende türkische Streitkräfte konzentrirt.
Rumänien. Bukarest, 2. Oktober. (W. T. B.) Statescu ist an Stelle Campineanu's, welcher das Porte⸗ feuille des Finanz⸗Ministeriums behält, zum Justiz⸗Minister ernannt worden.
Dänemark. Kopenhagen, 28. September. In der heutigen 5. Sitzung des Reichsgerichts wurde die Do⸗ kumentation in Sachen der Anklage des Folkethings gegen die früheren Minister Hall und Worsaae geschlossen. Das wichtigste der verlesenen Aktenstücke war der Bericht des Finanzausschusses des Folkethings, vom 30. Dezember 1876, über den Bericht der Staatsrevisoren, betreffend die Staats⸗ rechenschaft für 1874/75. Die Majorität der Ausschußmit⸗ glieder schließt sich in ihrem Bericht der Majorität der Staats⸗ revisoren an und beantragt, daß die sogenannten „Theater⸗ überschreitungen“ nicht passiren könnten, welchem Antrage das Folkething bekanntlich auch entsprach, um dann auf Grund seines diesbezüglichen Beschlusses die Anklage gegen die beiden Minister zu erheben. Der regierungsfreundliche Abg. Ri⸗ mestad, welcher die Minorität des Folkethings⸗Ausschusses bil⸗ dete, fand sich zu keinem Antrage bezüglich der Theaterüber⸗ schreitungen veranlaßt, da er „nichts Wesentliches“ daran zu
erinnern fand, daß die Minister, wie geschehen, vorgegangen
seien. Morgen beginnt das Plaidoyer des öffentlichen Anklägers.
— 1. Oktober. (W. T. B.) Der Reichstag ist heute von dem Conseils⸗Präsidenten ohne Thronrede eröffnet worden. Durch den Finanz⸗Minister wird dem Folkething morgen das Budget pro 1878/79 und hierauf auch das Budget pro 1877/78 vorgelegt werden.
Der russisch⸗türkische Krieg.
St. Petersburg, 1. Oktober. (W. T. B.) Die „Agence Russe“ erklärt die von auswärtigen Blättern gebrachte Nachricht, Fürst Gortschakoff habe neuerdings eine Cirkularnote an die Mächte gerichtet, für unbegründet und fügt hinzu, gegenwärtig seien nur militärische Rücksichten maßgebend, eine diplomatische Aktion werde erst später in Frage kommen.
— (W. T. B.) Aus Belgrad wird der „Polit. Korresp.“ unterm 1. Oktober gemeldet, daß in dortigen offiziellen Kreisen auf das Entschiedenste der Nachricht, der Eintritt Ser⸗ biens in die Kriegsaktion sei bereits beschlossen, widersprochen werde mit dem Hinzufügen, daß der defini⸗ tive Beschluß der serbischen Regierung vor allem von der Mission des soeben eingetroffenen neu ernannten russischen Agenten Persiani abhängen dürfte.
Europäischer Kriegsschauplatz.
Bukarest, 1. Oktober. (W. T. B.) General Tot⸗ leben ist an Stelle des Generals Zotoff, der eine anderwei⸗ tige Verwendung gefunden hat, dem Fürsten Karl bei⸗ gegeben worden.
Wien, 1. Oktober. (W. T. B.) Wie der „Polit. Korresp.“ aus Bukarest vom heutigen Tage gemeldet wird, sind die Angaben über Kämpfe, welche in den letzten Tagen zwischen der Armee des Großfürsten Thronfolgers und der Mehemed Ali's stattgefunden haben. sollen, un begrün⸗ det. — Weiter wird der genannten Korrespondenz berichtet: Von Kalafat aus bombardirten rumänische Truppen am 30. v. M. die vor Widdin ankernden türkischen Transport⸗ schiffe. Türkische Abtheilungen aus Silistria stellten auf rumänischem Boden im Donaubette die von den Russen im Jahre 1854 errichteten Verschanzungen wieder her, von wel⸗ chen aus die Russen damals Widdin bombardirten.
Wien, 2. Oktober. (W. T. B.) Telegramm des „N. W. Tageblatt“ aus Bukarest, 1. c.: Das Corps des Ge⸗ nerals Zimmermann in der Dobrudscha hat bedeutende Verstärkungen erhalten. — Die von dem Ingenieur⸗General Panker konstruirte Eisenbahnbrücke, welche Simnitza und Sistowa mit einander verbinden soll, ist heute per Bahn an die Donau gebracht worden.
Wien, 2. Oktober. (W. T. B.) Telegramm des „N. W. Tageblatt“ aus Schumla: Seit heute ist die Regie⸗ rung des Vilajets hierher verlegt, auch die Konsuln aus Varna sind hierher übergesiedelt. Die Brücke bei Bochina ist von den Russen abgebrochen worden. 8
— Die von Mehemed Ali gewählte Stellung auf dem rechten Ufer des Kara⸗Lom wird in einem aus Schumla, 11. September, datirten Bericht des „Militär⸗ Wochenblattes“ folgendermaßen beschrieben:
Der Schwarze oder Kara Lom ist ein Flüßchen von 10 bis 20 Meter Breite, klafterhohen, meist scharfen Uferhängen, sumpfigem Untergrunde und von einer Wassertiefe von 2—6 Fuß; er ist nur an wenigen Stellen durch Infanterie und Kavallerie passirbar. Sein Thal ist im oberen Laufe linksseitig von Arablar bis Hajdarkiöj breit und in sanften Böschungen schließt sich das Gebirge westlich an. Auf dem rechten Lom⸗Ufer fällt die Sahar Tepe steil zum Fluß ab und befürwortet durch plateauförmige Unterbrechungen hartnäckige Vertheidigung. Nördlich von Hajdarkiöj wird das Thal schmäler und beiderseitig von schroffen Abfällen begrenzt. Die Möglichkeit der Er⸗ steigung durch Truppen bleibt auf die Wen e beschränkt, erhält jedoch in den weit eingeschnittenen, oft breiten und weniger schroff gebösch⸗ ten Schluchten eine Unterstützung des Ersteigungsversuches wie der rasanteren Vertheidigung. Am ausgesprochensten ist letzterwähnter — 600 Meter relativ hohen steinigen Begren⸗ zungen des Solenikbaches von Kostanza bis an die Mündung des Baches in den Weißen Lom.
— Ueber die montenegrinischen Erfolge schreibt man der „Pol. Korr.“ aus Cettinje, 22. September:
„Schlag auf Schlag fallen die türkischen Festen nach der Ein⸗ nahme des Hauptpunktes Niksiecs den siegenden Montenegrinern in die Hände. Bilek wurde am 17. d. M. kaum einen Tag lang be⸗ schossen und schon steckte die Stadt die weiße Fahne auf, worauf auch die Garnison genöthigt war, dasselbe zu thun, nachdem gegen Abend die vier Vorwerke von den Montenegrinern genommen und die darin befindliche Besatzung gefangen worden. Wie in Niksic, so fand man auch in Bilek und in dem um einen Tag früher gefallenen Presheka große Quantitäten Proviant und Munition. Bilek ieferte über 1000 Pferdeladungen Mehl, Presjeka nicht viel weniger, das auch den montenegrinischen Munitionsvorrath um 700 Kisten vermehrte, wodurch erst die zahlreich erbeuteten türkischen Gewehre brauchbar geworden sind, da man in Niksic, wie schon gemeldet, fast gar keine Munition vorfand. Zugleich mit der Einnahme von Bilek wird gemeldet, daß sich der Fürst mit der vor Bilek gestandenen Armee
8— 8
nach Zurücklassung einer kleinen 8 Besatzung nach Kristach begeben
habe. die heftige Bora die Operationen erschweren könnten. Nikolaus nicht, wie es früher verlautete, gegen Trebinje, sondern nach Kristach gezogen ist, hat nicht in politischen, sondern in strategischen Rücksichten seinen Grund. Es ist auch hier nichts darüber bekannt, daß Oesterreich gegen irgend eine Richtung der montenegrinischen Operationen sein Veto eingelegt hätte. Kaum drei Tage vergingen nach der Einnahme von Bilek und schon meldet Segator Plame⸗ nacz, daß die Montenegriner sich des eis⸗Palles, dieser Ther⸗ mopylen Montenegros und der Herzegowina, bemächtigt hätten, nachdem die darin befindlichen vier Forts: Hodzina Poljana, Smeder vo. Zlostup und Nozdre kapitulirt hatten. Plamenacz ließ auch hier die aus 150 Nizams, einem Bimbascha und einem Jusbascha bestehende Be⸗ satzung frei mit den Waffen abziehen, wie der Fürst in Bilek das⸗ selbe gethan, und begnügte sich mit der in Nozdre vorgefundenen großen Kanone und mit der reichen Beute an Proviant und Muni⸗ tion. Nun kann man wohl sagen, daß der Besitz von Niksic für Montenegro militärisch fast absolut gesichert sei, da der Duga⸗Paß selbst im Jahre 1862 für die Türken fast undurchdringlich war und der versuchte Durchbruch Derwisch Paschas damals 5000 Todte kostete. Jetzt aber, nachdem die an den Hauptpunkten der Felsengasse errichteten Forts in montenegrinischen Händen sind, wird kaum ein Türke je daran denken, diesen Engpaß zu forciren. Was Proviant und Munition betrifft, so ist mit der gewonnenen Beute das ganze mon⸗ tenegrinische Heer den Winter hindurch reichlich versorgt. Der Grund der mit überraschender Schnelligkeit einander auf dem Fuße folgen⸗ den Kapitulationen liegt einerseits in der besonders bei den Türken hervortretenden Eigenschaft, daß nach dem Falle eines Hauptboll⸗ werkes, wie es Niksic war, die übrigen fast von slbst dem Sieger zufallen; andererseits, und vielleicht hauptsächlich, wird dazu der Um⸗ stand beigetragen haben, daß die Garnison von Niksiec so ritterlich Pehandelt wurde, was bei den Türken nie verfehlt, einen gewinnen⸗ den Eindruck zu machen und tiefen Respekt einzuflößen.“
Asiatischer Kriegsschauplatz.
St. Petersburg, 1. Oktober. (W. T. B.) Offiziell. wird aus Karajal vom 28. und 29. v. M. gemeldet: Am 27. September eröffnete Ismail Pascha den Angriff auf der ganzen Linie der von den Truppen des Generals Tergu⸗ kassoff besetzten Stellungen. Unser rechter Flügel wurde von 12 Bataillonen bei Tscharuchtschi angegriffen. Nach längerem Kampfe wurden die Türken durch das Kubanische Regiment zurückgeworfen und 7 Werst weit verfolgt. Der Verlust der Türken ist sehr bedeutend. Unsererseits wurden der General⸗Lieutenant Dewell, der Commandeur des Kuba⸗ nischen Regiments, Oberst Kabenin und 6 andere Offiziere verwundet, 4 Offiziere kontusionirt. Außerdem hatten wir 16 Soldaten todt, 148 verwundet oder kontusionirt.
Nr. 58 und 59 des „Amtsblatts der Deutschen Reichs⸗ Post⸗ uand Telegraphenverwaltung' hat folgenden Inhalt: Ver⸗ fügungen: vom 22. September 1877: Generalverfügung an die Kaiser⸗ lichen Ober⸗Postdirektionen, betreffend die Gestaltung der Laufbahn der Eleven für den höheren Verwaltungsdienst; vom 19. September 1877: Lieferung neuer Musterformulare zu Bücherzetteln; vom 22. September 1877: Leitung der Briefsendungen nach den Ver⸗ einigten Staaten von Amerika; vom 19. September 1877: Beson⸗ derer Abdruck der Verordnung vom 26. August 1877, betreffend Ab⸗ änderungen ꝛc. der Telegraphenordnung vom 21. Jali 1872. Die Nr. 59 enthält: Verfügung vom 26. September 1877: Berechnung des deut⸗ schen Portos für Fahrpostsendungen nach Schweden. — Verfügung vom 27. September 1877: Postdampfschiffverbindungen mit Dänemark und Schweden.
— Nr. 23 des „Armee⸗Verordnungsblattes“ hat fol⸗ genden Inhalt: Vergütung für die Abänderung der Abzeichen bei der Auffrischung von Bekleidungsstücken. — Kosten für die öffentliche Ausbietung der Lieferung von Bekleidungs⸗ und Ausrüstungsstücken. — Abänderung der Bescheinigung der Servis⸗Liguidationen. — Weg⸗ fall des Löhnungszuschusses von 1 ₰ täglich für Berlin ꝛc. beim Empfange der Marschverpflegung. — Extraordinäre Verpflegungs⸗ zuschüsse pro 4. Quartal 1877. — Bezug der Formulare zur In⸗ validenliste. — Geldsendungen an die Gewehrfabriken. — Vorräthig⸗ haltung von Druckformularen.
Statistische Nachrichten.
In dem deutschen Zollgebiete waren nach der „D. Zucker⸗ industrie“ 1876 46 Stärke⸗Zuckerfabriken gegen 50 im Vor⸗ jahre vorhanden; davon in Thätigkeit: 1876 39, 1875 47. Hiervon entfallen auf Preußen 36, Bayern 1, Baden 1, H ssen 4, Mecklen⸗ burg 1, Braunschweig 1 und Elsaß⸗Lothringen 2. Die Menge der zu Stärkezucker im Jahre 1876 verarbeiteten Stärke wird folgender⸗ maßen angegeben, wobei indeß zu bemerken ist, daß für zwei Fabriken Aufschlüsse in dieser Beziehung ns erlangen “
0
76
Selbstfabrizirte Stärke 241,244 Ctr. 287,318 Ctr.
Aufgekaufte Stärke 347,559 509,385 „ Zusammen 796,703 Ctr.
588,803 Ctr. 03 Ctr. Die Menge des hieraus gewonnenen Stärkezuckers stellte sich wie folgt: — 9 218719 Gt Stärkezucker in fester Form 119 123,7 Ftr. Stärkezucker⸗Sirup 220,452 „ 294,196 „ Außerdem: Couleur 21,017 „ 39,163 „ Von der gesammten Stärkezuckergewinnung des Jahres 1876 entfielen auf die 31 aktiven preußischen Fabriken 97,096 Ctr. Zucker in fester Form (1875: 106,911 Ctr.), 202,602 Ctr. Sirup (1875 255,999 Ctr.) und 21,017 Ctr. Couleur (1875: 39,163 Ctr.).
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Das erfreuliche Streben, durch gute Abbildungen der schönsten Werke der Renaissancezeit die Hebung des deutschen Kunstgewerbes zu fördern, hat soeben ein neues periodisches ins Leben ge⸗ rufen, welches unter dem Titel: „Der Formenschatz der Re⸗ naissance“, „eine Quelle der Belehrung und Anregung für Künstler und Gewerbtreibende wie für alle Freunde stylvoller Schönheit aus den Werken der Dürer und Holbein, Vischer, Altdorfer, Aldegrever, Beham, Burgkmair, Flötner, Hopfer, Solis, Hirschhogel Mielich, de Bry, Amman, Jamnitzer und anderer Meister’, herausgegeben von Georg Hirth in München Ghag von G. Hirth in Leipzig), in seinem ersten Hefte vorliegt. Dasselbe bringt als Titelblatt ein Faesimile nach einem Holzschnitt von Hans Holbein, aus dem Baseler Museum, und ferner folgende ebenfalls größtentheils nach Kupferstichen oder Holzschnitten sorgfältig faecsimilirte Kunstblätter: 1) Albrecht Dürer: Das große Rogendorffsche Wappen (aus dem Germanischen Museum zu Nürnberg). 2) Aus Albrecht Dürers Schule: Teppichborte, zwei um ein Kleinod streitende Meer⸗ oder Flußgötter. 3) Hans Holbein der Jüngere: Zeichnungen zu zwei Dolchscheiden, davon die ein: nur sehr flüchtig sküzirt, im Museum zu Basel, beide in getreuem Faesimile den Strich des Meisters wiedergebend. 4) Gestickte Handtuchborten (kupferbraune Seide auf einfach gemusterter Leinwand). 5) und 6) Hans Burgkmair: Titelbild, ein gravitätisch dahinschreitendes heral⸗ disches Thier darstellend, und Festwagen aus dem Triumphzug des Kaisers Marimilian I. (Königliches Kupferstichkabinet Munchen). 7 und 8) Peter Flötner: Vignetten, Füllungen, Friese ꝛc. aus seinem Intarsienbuch (Königliches Kupferstichkabinet München).
10) Virgil Solis: Zwei Kelche, ein Geschmeide (ebendaselbst). 11)
“
Doch wird hinzugefügt, daß das eingetretene Regenwetter und Daß Fürst
12) 13) Georg Wechter: Drei Blätter aus dessen (äußerst seltener
und kostbarer) Sammlung von 30 radirten Entwürfen zu Gold⸗ schmiedgeschirren. (Königliches Nationalmuseum zu München. Die meisten übrigen Blätter sollen in späteren Heften nachfolgen.) 14) Hans Mielich: Aus der reichen Sammlung von Handzeichnungen deutscher Künstler zu den Rüstungen französischer Könige. (König⸗ liches Kupferstichkabinet München.) — Jedes Heft der Zeitschrift soll 12 bis 16 Blätter enthalten; eine Verpflichtung zum Abonnement besteht nicht, vielmehr ist jedes Heft einzeln verkäuflich für 1 ℳ; jedes einzelne Blatt (auf besondere Bestellung) für 20 ₰. Mit dem 10. Heft wird ein Band abgeschlossen und über ichtliche Register mit diesem Hefte gratis geliefert, das spätestens nach Ablauf eines halben Jahres erscheinen soll. — Das Unternehmen des Hrn. Dr. Georg Hirth, den Jüngern der bildenden Künste und des Kunsthandwerks, sowie dem — die reichen Formenschätze der Renaissance des XVI. Jahrhunderts durch eine so billige und dabei doch gut ausgestattete Veröffentlichung zugänglich zu machen, erfreut sich der Empfehlung einer Reihe von Autoritäten auf den davon berührten Gebieten, wie Prof. M. Carriere, v. Hefner⸗Alteneck, v. Miller, v. Neureuther, v. Piloty, Franz Reber u. s. w. 8
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Die Königliche Regierung zu Merseburg er äßt folgende Bekanntmachung: „300 ℳ Belohnung sichern wir Demjenigen zu, welcher überzeugend nachweist, auf welche Art und Weise der Colorado⸗ ode, Kartoffelkäfer (Doryphora decemlineata) in die Feldmarken Probsthain, Langenreichenbach und Schilda einge⸗ schleppt worden ist. Die bisher angestellten Ermittelungen haben nicht zu ergeben vermocht, wie die Einschleppung erfolgt ist, da es aber gleichwohl von großer Wichtigkeit ist, den Weg der Einschleppung festzustellen, ist obige Belohnung von uns ausgeschrieben worden.“
— Die Ernte des Zuckerrübensamens ist, wie die „D. Zuckerindustrie“ mittheilt, in Sachsen ziemlich beendigt, mit Aus⸗ nahme einiger späten Pflanzungen an den Abhängen des Harzes und bei Aschersleben, woselbst auch ein Theil noch nicht unter Dach ge⸗ bracht ist; jedoch ist dieser Umstand nicht Ausschlag gebend. Die gesammte Samenernte ist eine knappe Mittelernte, und dürfte sich ein Ausfall von 2 bis 4 Ctr. pro Morgen gegen voriges Jahr wohl herausstellen. Nur in ganz feuchten Lagen ist trotz der großen Hitze und Dürre eine volle Ernte zu verzeichnen. An Qualität steht der Samen dem vorjährigen nicht nach und wird in gutem starken Korn, wenn auch etwas dunkler, an den Markt kommen. Preise haben sich noch nicht herausgebildet; denn einige wenige Abschlüsse und in den letzten Tagen vorgekommene Spekulationsankäufe sind nicht maß⸗ gebend. Im Allgemeinen dürften vorjährige Preise sich befestigen, wenn nicht auf irgend einem Punkte Europas sich ein übergroßer Bedarf herausstellen sollte.
Christiania, 23. September. Während in Dänemark in jedem dritten und in Schweden in jedem fünften Jahre ein land⸗ wirthschaftlicher Kongreß abgehalten wird, ist hier in Norwegen seit 12 Jahren kein solcher abgehalten worden, und es ist daher er⸗ klärlich, wenn man dem norwegischen landwirthschaftlichen Kongresse, welcher hier in den Tagen vom 2. bis zum 7. Oktober ab⸗ gehalten und vom König Oscar eröffnet werden soll, mit großem In⸗ teresse entgegen sieht Mit dem eigentlichen Kongresse, der Be⸗ rathung und Diskussion landwirthschaftlicher Angelegenheiten und Fragen, ist eine Ausstellung von Vieh, landwirthschaftlichen Ma⸗ schinen, Geräthen, Produkten u. s. w. verbunden. Zur Viehausstel⸗ lung sind 107 Pferde und 169 Stück Hornvieh angemeldet. Die dänische und schwedische Landwirthschaft wird in Folge ergangener Einladung ihre hervorragendsten Vertreter zu dem Kongresse schicken.
Gewerbe und Handel.
Das Kaiserliche Gesundheitsamt hat dem Polizei⸗Prä⸗ sidium von Berlin das Anerbieten gemacht, eine Anzahl von Exekutiv⸗ Polizeibeamten in einem sechswöchentlichen Kursus in der Ausführung gewisser einfacher Methoden zur Untersuchung von Nahrungsmitteln (Brod, Milch, Fruchtsäfte u. s. w.) in seinem Laboratorium unter⸗ richten lassen zu wollen.
— Die Direktion der Borgà⸗Kervo Eisenbahn veröffent⸗ licht folgende Bekanntmachung:
Da die von der Stadt Borgä ausgesetzte Subvention sich als unzureichend erwiesen, zur Zahlung von Zinsen und Amortisirung der für den Borg⸗Kervo Eisenbahnbau aufgenommenen Obligations⸗ anleihe, und da der Betrieb der Bahn bisher einen nennenswerthen Beitrag hierzu nicht ergeben hat; da ferner ein Theil der Obliga⸗ tionsinhaber den Rechtsweg beschritten, um die Gesellschaft zur Ein⸗ lösung der bereits fälligen Zinsencoupons zu zwingen: so werden in Gemäßheit des in ordentlicher Generalversammlung am 18. d M. gefaßten Beschlusses sämmtliche Inhaber von Borga⸗Kervo Eisen⸗ bahnobligationen, sowie die übrigen Gläubiger der Gesellschaft, hier⸗ mit aufgefordert, sich am Dienstag, den 4. Dezember d. J., 5 Uhr Nachmittags, persönlich im Sozietätshause hierselbst ein⸗ zufinden oder Bevollmächtigte zu entsenden, um von der Geschäfts⸗ lage der Gesellschaft und von der Direltion in Folge derselben ge⸗ machten Vorschlägen Mittheilung zu erhalten, sowie zur Beschluß⸗ fassung über diejenigen Maßregeln, welche die Gläubiger als mit ihren Interessen uͤbereinstimmend erachten sollten. 8
Zum Nachweise der Berechtigung, sich an der Versammlung zu betheiligen, muß ein Notariatsattest über die Anzahl und Nummern der Obligationen spätestens am Tage der Versammlung an die Direktion eingereicht werden.
Borgaͤ, den 26. Juli 1877.
Die Direktion.
— Die Generalversammlung der Posener landwirthsche lichen Bank Kwilecki hat die Dividende auf 5 ½ % festgesezt. — Der in der Generalversammlung der Staßfurter Che⸗ mischen Fabrik vorgetragene Geschäftsbericht konstatirt, daß die Gesellschaft im Betriebsjahr 1876/77 369,312 Ctr. für 1,284,271 ℳ
verkauft hat, gegen 311,136 Ctr. für 1,228,314 ℳ im Vorjahr.
— In der Generalversammlung des Aplerbecker Hütten⸗ vereins wurde die Dividende pro 1876/77, dem Vorschlage des Aufsichtsraths entsprechend, auf 4 ½ % festgesetzt.
— Der Einlösungscours für die in Silber zahlbaren Coupons österreichischer Eisenbahnprioritäten ist auf 179 ½ ℳ pro 100 Fl. herabgesetzt worden.
Leipzig, 1. Oktober. Die „Leipz. Ztg.“ enthält folgenden weiteren Meßbericht: Was die Tüll⸗ und Spitzen⸗Branche anbetrifft, so ist trotz des Ausbleibens von russischen und rumänischen Käufern das Geschäft ziemlich lebhaft verlaufen. Außer den Mode⸗ sachen, wie zum Beispiel allen Perlenbesätzen, von denen hauptsächlich clair de lune, olive et bronce eine hervorragende Rolle spielen, wur⸗ den Spitzen, vorzugsweise Torshen und auch seidene Spitzen, so⸗ genannte Blonden begehrt. Englische Tüllgardinen, die ihrer Dauer⸗ haftigkeit halber immer mehr die Fabrikate der Schweiz zu verdrän⸗ gen scheinen, hatten sich auch diesmal besonderer Gunst und Kauflust zu erfreuen. — Für die bevorstehende Ballsaison wurden die fran⸗ zösischen Tarlatane und couleurten Organdy mehrfach begehrt. Im Axgemeinen ließ die Stimmung der Käufer, speziell in diesen Ar⸗ tikeln darauf schließen, daß wir an einem Wendepunkte zum Besseren im Geschäfte angelangt sind.
Paris, 1. Oktober. (W. T. B.) Der Handelsgerichts⸗ hof hat in der Angelegenheit der Erlangerschen Admin stration des Credit mobilier das Urtheil gefällt. Der Se⸗ quester ist sofort aufgehoben und der Antrag auf Auflösung der Ge⸗ sellschaft als unbegründet verworfen worden.
Verkehrs⸗Anstalten.
3 9) Virgil Solis: Vorlagen für Intarsien und Ciseleurarbeit (ebendaselbst).
New⸗York, 1. Oktober. (W. T. B.) Der Dampfer „Denmark“ von der National⸗Dampfschiffskompagnie (C. Messingsche Linie) ist hier eingetroffen.