1877 / 234 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 05 Oct 1877 18:00:01 GMT) scan diff

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lsich ist, oder sonst eine

Mitwirkun des landesherrlichen Patronates erforder⸗ selbständige Wirksamkeit der Staatsbehörde einzutreten hat, wie in den Fällen des Artikel 23 Nr. 1— 6 des Gesetzes vom 3. Juni v. J., der Regel nach der direkte Verkehr der Gemeinde⸗Kirchenräthe mit den staat⸗ lichen Behörden beizubehalten. Nur in denjenigen Angelegen⸗

nstanzen zu bringen sind, haben die Gemeindeorgane ihre Anträge durch Vermittlung der Königlichen Konsistorien an 8 Bei Gefahr im Verzuge

vnia welche an die staatlichen Provinzial⸗ oder Central⸗

ese Instanzen gelangen zu lassen. r ist ihnen jedoch auch das direkte Angehen dieser Staatsbehörden estattet: nur müssen sie gleichzeitig dem Königlichen Konsistorium davon erstatten. Die Konsistorien werden überall für e gehörige Weiterbeförderung der an sie 1½— orge tragen oder das sonst in der Sache Erforderliche ver⸗ alassen, insbesondere auch da, wo nach den bestehenden Be⸗ immungen die ministerielle Instanz anzugehen oder unsere Genehmigung erforderlich ist, die Sache berichtlich an uns ge⸗ langen lassen. Wir erinnern dabei daran, daß Anträge auf Einführung oder Veränderung von Gebührentaxen bis weiter unserer Beschlußfassung unterliegen, sowie daß die hiernach in Gemäßheit der Allerhöchsten Verordnung vom 9. September 1876 Art. I. Nr. 7 erforderliche ministerielle Genehmigung durch uns zu vermitteln ist. In Betreff der kirchlichen

Foonds, deren Verwaltung, mit Ausnahme der einstweilen in ihren hal

bisherigen Verhältnissen verbleibenden Kurmär⸗ kischen und Neumärkischen Aemterkirchenfonds (Art. II. der Verordnung vom 5. d. Mts.), prinzipiell vom 1. Ok⸗ tober d. J. ab ebenfalls auf die Königlichen Konsistorien und auf uns übergeht, bleibt bis zum Abschlusse der dieserhalb och veranlaßten Ermittelungen weitere Anordnung vor⸗ ehalten. Ebenso wird in Betreff des Kassenwesens der Konsistorien und der Betheiligung technischer Kräfte bei der rchlichen Bauverwaltung seiner Zeit- weitere Verfügung gehen. Wir haben den Herrn Minister der geistlichen An⸗ legenheiten ersucht, sich mit Anordnungen einverstanden zu erklären, welche der kirchlichen Verwaltung auch weiterhin die Benutzung der bisher der Kirche zu Gute gekommen en staat⸗ lichen Einrichtungen sichern.“

Die in der heutigen Börsen⸗Beilage abgedruckte tabellarische Uebersicht der deutschen Zettel⸗ banken, vom 23. September, schließt mit folgenden summa⸗ rischen Daten ab: Es betrug der gesammte Kassenbestand 640,694,000 oder 8,315,000 weniger als in der Vor⸗ woche, während der Wechselbestand mit 620,990,000 einen Zuwachs um 10,696,000 ℳ, die Lombardforderungen in Höhe von 76,945,000 einen solchen um 1,499,000 und der Notenumlauf mit 877,147,000 eine Zunahme um 6,078,000 der Vorwoche gegenüber aufweisen; ferner lassen die täglich fälligen Verbindlichkeiten im Betrage von 156,785,000 eine

Abnahme um 3,227,000 und die an eine Kündigungsfrist gebundenen Verbindlichkeiten mit 70,944,000 eine solche

vpon 784,000 erkennen.

Die von einer Partei, welcher ein Veritätseid durch rechtskräftiges Urtheil auferlegt ist, im Schwurtermine abgegebene Erklärung, daß sie zwar den Inhalt des Eides, das Beweisthema, beschwören könne, aber nur in der Norm des Ignoranzeides, ist nach einem Erkenntniß des Reichs⸗

DOber⸗Handelsgerichts, III. Senat, vom 10. Seprember

1877, zwar in der Regel als eine Eidesverweigerung aufzu⸗ fassen, worauf die in dem betreffenden Urtheile angegebene Folge ohne Weiteres festzusetzen ist; der mit der Eideserhebung faßte Richter kann jedoch ausnahmsweise, wenn es ihm durch den Sachverhalt des konkreten Falles geboten erscheint, von dieser Regel abgehen und eine dem Antrage entsprechende enderung des Veritätseides in einen Ignoranzeid vor⸗

Der Bundesraths⸗Bevollmächtigte Großherzoglich hes⸗ cher Geheimer Finanz⸗Rath Müller ist nach Darmstadt

abgereist.

Der Generalstabs⸗Arzt der Armee, Dr. Grimm, erster Leibarzt Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Chef der Militär⸗Medizinal⸗Abtheilung im Kriegs⸗Ministerium, ist von einem längeren Urlaube hierher zurückgekehrt.

Stettin, 3. Oktober. Der Provinzial⸗Landtag schäftigte sich in seiner heutigen (7.) Sitzung mit der Etats⸗ berathung. Unverändert wurden nach den Vorschlägen des Provinzial⸗Ausschusses und der Etatskommission angenommen die Spezialetats für das Landhaus, für das Landarmen⸗ und Korrigendenwesen (mit 302,650 in Einnahme und Ausgabe abschließend), für das Irrenwesen (mit 307,090 ab⸗ schließend), für das Wäubstamnenmhesen (mit 115,000 99 und für das Hebammen⸗Lehr⸗Institut in Stettin (mit 14,200 ℳ). Die Berathung des Spezialetats für den Chaussee⸗- und Wegebau wurde mit der Berathung des Provinzialhaushalts⸗Etats verbunden. Im Ordinarium wurden bei dem letzteren festgesetzt die Kosten der Provinzial⸗Hauptverwaltung zu 154,678 Bei dem Zuschusse von 190,704 für die Landkreise behufs Durch⸗ führung der Kreisordnung erhob sich eine lebhafte Debatte, da von einer Seite die Streichung dieser Position, von einer anderen die Hinzufügung der Bemerkung: „künftig weg⸗ fallend“ beantragt wurde; beide Anträge lehnte die Ver⸗ sammlung indeß mit erheblicher Mehrheit ab, so daß der Zuschuß wiederum gezahlt wird. ur Tilgung und Ver⸗ zinsung der Schulden sowie zur Zahlung von Passiv⸗ renten werden ausgeworfen 103,724 ℳ, zur Unterstützung milder Stiftangen 9400 ℳ, zu Beihülfen an Vereine, welche der Kunst und Wissenschaft dienen ꝛc. 6300 und zu Bei⸗ hülfen an Unterrichtsanstalten 12,684 Im Extraordi⸗ narium bewilligte man der Anstalt für Blödsinnige in Kücken⸗ mühle 30,000 ℳ, zur Errichtung eines neuen Gebäudes be⸗ hufs Unterbringung von Pfleglingen, ferner zur Herstellung ver⸗ schiedener Räume im Landhause 4980 ℳ, für das Blindenwesen in Gemäßheit des bereits früher gefaßten Beschlusses 28,000 ℳ, sir Abrundung der Stammkapitale des Meliorationsfonds für die Regierungsbezirke Stettin und Cöslin 14,303 ℳ, für das Landarmenwesen 1000 ℳ, der E“ Be⸗ thanien zu Neu⸗Torney 1000 und dem Oekonomie⸗Rat, itsberg in Stralsund zur Anlegung einer Fischbrut⸗Anstalh 1000 t Man wandte sich nun zu dem Spezialetat für den haussee⸗ und Wegebau. Dadurch werden den Kreisen der rovinz bezw. dem Neuvorpommerschen Kommunallandtage

r Unterhaltung der früheren Staatschausseen 899,200 eente überwiesen; zur Unterhaltung dieser Chausseen, welche der Provinz zur Verwaltung verbleiben, sind bestimmt 6,100 Hierbei fand sich Seitens des Landtages nichts zu

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erinnern. ur Förderung des Kreis⸗ und r 2 baues wirft der Etat im Ordinarium 20,000 aus; der Ab⸗ geordnete von Kleist⸗Retzow beantragte, statt dessen 200,000 ℳ, der W“ von Baudissin, 100,000 zu setzen. Im Laufe der Debatte verwandelte der Abgeordnete von Kleist⸗ Retzow seinen Antrag dahin, der Land wolle den Pro⸗ vinzialausschuß beauftragen, in den nac ten Etat eine an⸗ gemessene (höhere) Summe für diese Position cinzustellen; der Abgeordnete von Baudissin zog seinen Antrag zurück. Die Summe von 20,000 wurde schließlich be⸗ willigt und der modifizirte von Kleist angenommen. Im Extraordinarium wurden bewilligt zum Ausbau der von der Staatsregierung früher übernommenen, aber noch nicht vollendeten Chausseelinien Bublitz⸗Pollnow und Lauen⸗ burg⸗Wierchutzin 274,470 ℳ, wobei eine Petition des Kreises Lauenburg, ihm den letzteren Bau in General⸗Entreprise für die Anschlagskosten zu übertragen, dahin Erledigung fand, daß die Beschlußnahme hierüber dem Provinzialausschusse anheimgestellt wurde; ferner als Prämien zu Kreis⸗Chaussee⸗ bauten 519,700 ℳ, wobei eine Petition des Kreises Rügen ihm den Ausbau einer Chaussee in der Steinbahnbreite von 3, Meter zu gestatten, durch Uebergang zur Tagesordnung beseitigt wurde, endlich als Beihülfe zu drei verschiedenen Gemeindewegen 25,500

Damit waren sämmtliche Ausgaben des Provinzialhaus⸗ halts⸗Etats auf 3,048,000 festgestellt. Zur Deckung derselben hatte der Provinzialausschuß vorgeschlagen, neben den Einnahmen aus der Dotationsrente mit 2,097,050 sowie aus besonderen Fonds und Zinsen mit 215,950 eine Provinzialsteuer von 300,000 zu erheben und den erforderlichen Restbetrag von 435,000 aus den vorhandenen, in den letzten beiden Jahren ersparten Baar⸗ beständen von 1,285,478 zu entnehmen. Die Etats⸗Kom⸗ mission hatte statt dessen anheimgegeben, die Steuer fallen zu lassen, den Gesammtbedarf von 735,000 zunächst aus den Beständen zu bestreiten, zugleich aber die Aufnahme einer mit mindestens 3 Proz. zu amortisirenden, mit 4 oder 4 ½ Proz. verzinslichen Anleihe bis zur Höhe von 5 Millionen Mark zur Deckung der Ausgaben für den Chaussee⸗ und Wegebau im Exrtraordinarium zu beschließen und den Provinzial⸗ ausschuß mit der Ausführung dieser Maßregel zu beauftra⸗ gen. Hierzu beantragte der Abg. Holtz, eine solche Anleihe zwar in Aussicht zu nehmen, indeß den Provinzialausschuß zu beauftr agen, die Angelegenheit zunächst weiter zu erwägen und zur Beschlußnahme des nächsten Landtages 2 Dagegen beantragte der Abg. von Hagen, die Provinzial⸗ steuer im Betrage von 300,000 wieder herzustellen. Nach Annahme dieses letzten Antrages wurde der Vor⸗ schlag der Kommission und der Antrag Holtz abgelehnt. Da⸗ nach bleibt es bei dem ursprünglichen Entwurfe des Provin⸗ zialausschusses.

Die Etats sind für das Etatsjahr vom 1. April 1878/79. aufgestellt, sorllen aber auch für das Vierteljahr vom 1. Ja⸗ nuar bis 1. April 1878 sinngemäß 2* Anwendung kommen.

Darauf wurde die Sitzung bis Abends 7 Uhr vertagt.

In der Abendsitzung wurde, nachdem einige Gegen⸗ stände in geheimer Sitzung verhandelt worden, die zweite Lesung des Provinzialhaushalts⸗Etat vorgenommen. Man nahm denselben unverändert, wie er aus der ersten Lesung hervorgegangen, an. Ein von dem Abg. Kette⸗Jassen dabei gestellter Antrag, den Provinzialausschuß zu beauftragen, daß er nach den erforderlichen Verhandlungen mit den Kreisen ein Netz der in der Provinz noch auszubauenden Kunststraßen feststelle, wurde abgelehnt. .

Hierauf schloß der Ober⸗Präsident Freiherr von Münch⸗ hausen den Landtag, da sämmtliche Geschäfte erledigt waren.

In ein von dem Vorsitzenden ausgebrachtes dreimaliges Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und König stimmte die Versammlung mit Begeisterung ein und trennte sich dar⸗ auf, nachdem der Abg. von Hagen dem Vorsitzenden und ““ den Dank des Landtages ausgesprochen

atte.

Hannover, 4. Oktober. Der Provinzial⸗Landtog bewilligte in seiner gestrigen Sitzung dem hiesigen Kinder⸗ hospital eine einmalige Unterstützung von 500 ℳ, sowie der Königlichen Landwirthschafts⸗Gesellschaft zu Celle, zum Zevecke der Uebernahme und Erweiterung der landwirthschafttichen Versuchsstation in Hildesheim, einen einmaligen Zuschuß von 10,000 ℳ. Demnächst beschäftigte sich der Landtag mit An⸗ trägen auf Aufnahme von Wegezügen auf den Landstraßen⸗ Etat, die zum Theil angenommen, zum Theil abgelehnt wurden.

Bayern. München, 3. Oktober. Die Abgg. Cramer und Dr. Frankenburger haben, wie die „Allg. Ztg.“ mittheilt, folgenden Antrag an den Finanzausschuß gerichtet:

„Die Unterzeichneten erlauben sich hiermit dem Finanzausschusse folgenden Antrag zu unterbreiten: 1) Es sei die Königliche Staats⸗ regierung aufzufordern, die wenn auch nur provisorischen Rech⸗ nungsabschlüsse und Ergebnisse des Verwaltungsjahres 1876 vorzu⸗ legen. 2) Es seien auch die summarischen Rechnungsergebnisse der ersten beiden Quartale des Jahres 1877 mitzutheilen. Motive: Um eine gründliche und zugleich rasche Erledigung des Budgets zu ermöglichen, ist es absolut nothwendig, daß der Finanzausschuß mit allem Material versehen ist, welches er zu seiner Arbeit unbedingt nöthig hat. Hierzu gehören vor Allem die Nachweisungen über Einnahmen und Ausgaben der Vorjahre. Die Vorlage der Rechnungen eines Jahres, welches noch dazu einer frühe⸗ ren, bereits abgelaufenen Budgetperiode ünggsit sind nicht hin⸗ reichend, um auf Grund derselben ein neues Budget aufzubauen. Es ist vielmehr unumgänglich nothwendig, auch die Ergebnisse der laufen⸗ den Finanzperiode zu kennen. Sollte der Finanzausschuß der Mei⸗ nung sein, daß er zur Stellung eines solchen Antrags nicht kompetent sei, so wollen wir diesen Antrag als an das Plenum der Kammer gerichtet angesehen wissen

Desterreich⸗Ungarn. Wien, 3. Oktober. Der Kaiser ist in Begleitung des Königs von u““ gestern nach Mürzzuschlag gekommen, um im Neuberger Revier auf Hoch⸗ wild zu jagen.

Das vom Ausgleichs⸗Ausschusse des Ab⸗ geordnetenhauses eingesetzte Comité zur Feststellung der an die Sachverständigen in der Bankfrage zu richtenden Fragen hat sich seiner Aufgabe bereits entledigt und folgende fünf Fragen formulirt: Warum ist die Entwicklung des Giro⸗ und Checkwesens in Oesterreich so gering? Was kann die Gesetzgebung zur Beförderung des Checkwesens thun? Was kann geschehen, um das Anweisungswesen zu heben? Kann

der Inhaber eines Girokontos seine Wechsel bei einer Pah der Bank einreichen? Kann der Inhaber eines Girokontos

8 8—

8 * n. —— 8 8 8* 8 . sein Guthaben bei allen Filialen der Bank benützen? Diese Fragen bedürfen noch der Genehmigung des Ausschusses, welcher darüber in seiner nächstfolgenden Sitzung schlüssig werden und in der darauf folgenden Sitzung die Experten vernehmen wird.

est, 3. Oktober. Aus Kronstadt wird dem „Magyar Polgar“ geschrieben: „Das sträfliche, leichtsinnige, abenteuer⸗ liche und das Ansehen Ungarns kompromittirende Unternehmen werde von der nüchternen öffentlichen Meinung im ganzen Lande verdammt. Im Sachsenlande herrschte große Bestür⸗ zung, jetzt sei dasselbe schon beruhigt. Es war das Gerücht verbreitet, daß die Szekler über die Sachsen herfallen wollten.“ Wie hier verlautet, sind viele Sendungen an absolut unbe⸗ kannte Personen adressirt. Die Minister Tisza und Szell reisen heute Abends nach Wien in Angelegenheit des Zoll⸗ und Handelsvertrags, über welchen, gutem Ver⸗ nehmen nach, jetzt ein definitiver Beschluß gefaßt werden soll. Das 1878er Budget wird, wie man der s. von hier meldet, gegen Mitte dieses Monats vom Finanz⸗ Minister dem Abgeordnetenhause vorgelegt werden. Wahr⸗ scheinlich wird die Regierung für das erste Quartal des nächsten Fessre⸗ Indemnität verlangen, da das Budgetgesetz kaum noch in diesem Jahre zu Stande kommen dürfte.

Frankreich. Paris, 3. Oktober. Der offiziöse „Frangais“ ertheilt den Gerüchten von bevorstehenden Minister⸗ veränderungen (den Rücktritt des Herzogs von Broglie und des Kriegs⸗Ministers Berthaut) ein Dé⸗ menti. Das Befinden des erkrankten Hrn. Jules Simon, welches übrigens nie zu ernsteren Besorgnissen Anlaß gegeben hatte, hat sich wesentlich gebessert. Graf Montalivet, einer der letzten noch lebenden Staatsmänner der Juli⸗ monarchie, welcher sich aber nach den Ereignissen von 1870/71 als Liberaler, wie Thiers, Remusat und einige andere, von der orleanistischen Partei losgesagt hat und seitdem für die konservative Republik eingetreten ist, eröffnet im „Journal des Debats“ eine auf drei Artikel berechnete Studie, in der er zeitgemäße Betrachtungen über die Analogie der Bewegung von 1830 mit der gegenwärtigen Krisis anstellt. Der Graf erklärt, daß die alten liberalen Royalisten sich jetzt zur Republik bekennen, weil sie unter den obwaltenden Perhältnissen in dieser Staatsform die beste Bürgschaft für die Verwirklichung eben jener Ideale sähen, welche sie dereinst unter dem konstitutionellen

önigthum verfolgt hätten, und urtheilt über den Akt vom 16. Mai und die jetzige Haltung der Konservativen so streng wie nur irgend ein Republikaner. Auf der anderen Seite läßt sich Hr. Littré in einer längeren Zuschrift an den „Temps“ vernehmen. Er sucht nachzuweisen, daß die Nieder⸗ lage der republikanischen Sache bei den Wahlen nur einen chronischen Bürgerkrieg und am Ende einen verzweifelten Kampf zwischen dem bonapartistischen und dem bourbonischen Prätendenten nach sich 135 würde.

3. Oktober. (Cöln. Ztg.) Der Minister der Aus⸗ wärtigen Angelegenheiten, Herzog Decazes, ist von Paris wieder nach seinem Schlosse in der Gironde zurückgekehrt.

4. Oktober. (W. T. B.) Das nunmehr von der Linken des Senats erlassene Manifest weist die gegen die letzte Deputirtenkammer gerichteten Angriffe zurück und hebt hervor, daß die Kammer lediglich die Republik consolidi⸗ ren und die ultramontane Agitation unterdrücken wollte, die für die ee des Landes und für den öffentlichen Frie⸗ den gefährlich geworden sei. Das seien die alleinigen Be⸗ schwerden, welche Grund zu ihrer elürsen. gegeben hätten. Die Lage sei eine schwierige, die Zukunst Frankreichs stehe auf dem Spiel. Das Land sei berufen, darüber zu ent⸗ scheiden, ob seine Regierung ein persönliches Regiment unter klerikaler Beeinflussung sein solle oder ob das Land verstehe, sich selbst zu regieren. Im ersteren Falle seien die Freiheiten von 1789 bedroht, die Ordnung im Innern und der Friede nach Außen gefährdet. Im zweiten Falle werde die Republik consolidirt, Ruhe und Vertrauen wieder hergestellt und der Friede befestigt sein, den unter den gegenwärtigen Verhältnissen Europas die Republik allein Frankreich erhalten und bewahren könne. Koͤnne da noch ein Schwanken gestattet sein? Das Mani⸗ fest weist ferner den Vorwurf des Radikalismus und der Demagogie zurück und schließt mit der Aufforderung an die Wähler, ihren Willen in entschiedenster und unwiderleglicher Weise kund zu thun. Sobald sie gesprochen haben würden, werde auch ihrem Worte gehorcht werden müssen. Der Prozeß gegen Gambetta gelangt am nächsten Mittwoch vor dem Appellhofe zur Verhandlung.

Spanien. Madrid, 3. Oktober. (Cöln. Ztg..) Eine Depesche aus Singapore meldet, daß 450 Spanier auf den Sulu⸗Inseln am 9. und 11. September 2000 Insulaner in die Flucht geschlagen, 50 Mann derselben getödtet und 22 Gefangene gemacht haben.

Türkei. Konstantinopel, 4. Oktober. (W. T. B.) In dem Pulvermagazin zu Makrikeni hat eine Explosion stattgefunden, bei welcher mehrere Personen ihren Tod ge⸗ funden haben. Der angerichtete Schaden wird auf 10,000 Pfd. Sterl. geschätzt. Das Munitionsdepot ist intakt ge⸗ blieben. Man hofft die Arbeiten in 14 Tagen wieder auf⸗ nehmen zu können. .

Aus Konstantinopel, 26. September, wird der W. „Presse“ geschrieben:

„Die momentane Ruhe auf dem Kriegsschauplatze in Bulgarien hält das Kriegs⸗Ministerium nicht ab, fort und fort auf Nachschub der Truppen bedacht zu sein. Täglich treffen frische Mann⸗ schaften aus den entferntesten asiatischen Gebietstheilen in der Hauptstadt ein, um hier ausgerüstet und sofort zu den Armeen Suleiman Paschas und Osman Paschas befördert zu werden. Auch die Bevölkerung von Konstantinopel wird in nicht zu ferner Zeit ein staatliches Kontingent in die Schlachtlinie stellen können und müssen. Bekanntlich waren die Bewohner der Hauptstadt früher von dem Militärdienst befreit. Unter der Signatur von Mi⸗ lizen sind jetzt bereits 33 Bataillone à 800 bis 850 Mann formirt und leidlich einexercirt. Weitere Bataillone sind in der Bildung begriffen, so daß man binnen kurzer Zeit 40,000 Mann haupt⸗ städtischer Milizen auf den Beinen zu haben hofft. Wiewohl diese Milizen ursprünglich nur für die Aufrechterhaltung der Sicherheit der Hauptstadt bestimmt waren, ist es doch längst kein Geheimniß mehr, daß erforderlichenfalls sofort ein großer Theil derselben nach dem Kriegsschauplatze abgehen wird. Man darf gespannt sein, welchen Eindruck diese Maßregel auf die hiesige Bevölkerung machen wird. Die Angelegenheit der russischen Mönche auf dem Berge Athos ist bis jetzt noch nicht endgültig erledigt. Vor wenigen Tagen kehrte der Metropolitan von Derkon, Monsignore Joachim, von dem Kloster zurück und erstattete der Pforte Bericht. In Folge dessen wurde Ziver Bey mit ausge⸗ dehnten Vollmachten nach dem Berge Athos abgesendet, um die Mönche zur Raison zu bringen oder sie sofort zu vertreibe In den Provinzen haben die Wahle

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oordentlichen,

fuͤr das Abgeordnetenhaus, welches am 1. November wieder zusammentreten soll, bereits begonnen.

1 ier werden dieselben erst nach dem Beiramsfeste stattfinden. Zum inteximistischen General⸗

8 Gouverneur des Donau⸗Vilajets mit der provisorischen Hauptstadt Schumla wurde Edib Effendi ernannt. Derselbe ist

bereits nach seinem Bestimmungsorte abgereist. Essad Bey, der diesseitige Botschafter in Wien, wurde mit dem Großkordon des Medschidje⸗Ordens dekorirt.“ 1 . 3

Ueber die Verhältnisse in Bulgarien wird der „Times“ von ihrem Spezial⸗Korrespondenten in Therapia unterm 20. v. M. b52ö 2 berichtet:

„In diesem Augenblick bedeutet für einen Bulgaren eine Anklage auch eine Verurtheilung. Ein Engländer gab mir soeben eine Schil⸗ derung dessen, wovon er während einer jüngsten Tour durch einen Distrikt Bulgariens, der zuer t von den Russen besetzt und dann von ihnen geräumt worden war, Augenzeuge gewesen. Die erste Hand⸗ lung, die gewöhnlich gegen einen Bulgaren unternommen wurde, der als verdächtig verhaftet worden, bestand darin, daß man ihm eine Tracht Prügel verabfolgte, als ob er bereits eines Verbrechens überführt worden. Wenn es der Fall war, daß er bis zu dem Orte, wo die Unter⸗ suchung gegen ihn stattfand, einen weiten Marsch zu machen hatte, war er meistentheils gezwung n, dies zu thun, ohne daß man ihm Nahrung oder selbst einen Tropfen Wasser verabfolgte, wie heiß auch der Tag sein mochte. In einem Falle starben von 70 Gefangenen 13 an den Folgen der Entbehrungen, denen sie auf ihrem Marsche

ausgesetzt waren. Nach solcher Behandlung an ihrem Bestimmungs⸗

orte angelangt, sind die Gefangenen zu erschöpft, eingeschüchtert und verdummt, nm sich gehörig vertheidigen zu können. Ihr Prozeß ist bloße Scheinjustiz und geht thatsächlich wenig über ihre Identifizirung hinaus. Mein Gewährsmann wohnte dem Verfahren gegen einen Angeklagten an und die ganze Prozedur nebst Ver⸗ kündigung des Todesurtheils nahm gerade eine Viertelstunde in

.T. B.) Aus Belgrad wird dem „N. W. Tageblatt“ unterm 5. telegraphirt: Die Miliz ist beor⸗ dert, am 8. d. in die für sie bestimmten Lager einzurücken und sodann mit dem stehenden Heere an die Grenze ab⸗ zumarschiren. Es sind größere Partien neu angekaufter Chassepotgewehre hier eingetroffen.

Dänemark. Kopenhagen, 2. Oktober. In der heutigen Sitzung des 6“ legte der Finanz⸗ Minister den Finanzgesetzentwurf für das Finanz⸗ jahr 1877/78 vor. Der Minister bemerkte, daß der Ent⸗ wurf in Uebereinstimmung mit den administrativen Budgets abgefaßt sei, welche in Folge des provisorischen Gesetzes vom 12. April d. J. ausgefertigt worden seien. Ferner legte der Finanz⸗Minister den Finanzgesetzentwurf pro 1878/79 vor. In dem letzteren ist die Einnahme zu 48,605,000 Kr. und die Ausgabe zu 44,236,000 Kr. veranschlagt, was somit einen Ueberschuß von 4,369,000 Kr. ergeben würde. Zu außer⸗ meistens militaͤrischen Zwecken (Bau neuer Kriegsschiffe, Hafenbefestigungen u. s. w.) sind auf der Aus⸗ gabenseite des Budgets 6,686,000 Kr. ausgeworfen. Morgen wird der neue Kriegs⸗ und Marine⸗Minister Gesetzentwürfe, betreffend die Reorganisation des Heer⸗ und Marine⸗ wesens, einbringen.

4. Oktober. (W. T. B.) In der vom Folkething gegen die früheren Kultus⸗Minister Hall und Worsaae wegen gesetzwidrigen Verfahrens bei Aufführung des neuen Theater⸗

ebäudes anhängig gemachten Anklagesache hat das Reichsgericht heute ein freisprechendes Erkenntniß ertheilt. Die Kosten, die sich für den Ankläger und für den Vertheidiger allein auf je 2000 Kronen beziffern, sind der Staatskasse zur Last gelegt.

Amerika. 8 A. C.) Aus Galveston wird unter dem 3. d. M. telegraphirt: „Oberst Schafter hat mit 600 Mann Bundestruppen und zwei Gatling⸗Kanonen den Rio⸗ Grande überschritten, um das Detachement, welches jüngst in der Verfolgung von Indianern über die mexi⸗ kanische Grenze ging, und welches für umzingelt gehalten wird, zu befreien. Starke Abtheilungen von Mexikanern sind dem Vernehmen nach auf dem Marsche begriffen, aber ihr Bestimmungsort ist unbekannt.“ Eine weitere aus New⸗ York vom 2. d. M. datirte Depesche meldet: Die amexi⸗ kanischen Truppen sind über den Rio Grande nach Texas ohne Verlust zurückgekehrt. Die Expedition war erfolglos, da die diebischen Indianer zuvor gewarnt worden waren. Eine kleine Abtheilung mexikanischer Kavallerie folgte den Amerikanern während eines Theiles ihres Rückmarsches, ent⸗ hielt sich aber jeder Offensivdemonstration. Dem üblichen Monatsausweise des Schatzsekretärs zufolge hat sich die Schuld der Vereinigten Staaten im September um 3,883,000 Doll. vermindert. Im Schatzamte befanden sich am 1. d. M. 119,152,000 Doll. in klingender Münze und 14,206,000 Doll. Papiergeld.

Der russisch⸗türkische Krieg.

St. Petersburg, 5. Oktober. (W. T. B.) Die „Agence Russe“ bemerkt gegenüber den Auslassungen der „Daily News“ über eine Mediation auf der Basis der Beschlüsse der Konstantinopeler Konferenz, das englische Journal vergesse dabei die Umstände, welche gegenwärtig diese Basis unmöglich machten. Wenn man auch den nationalen Stolz Rußlands ganz außer Acht lasse, so sei es doch ersichtlich, daß die Verachtung, welche die

ürken vor Europa hegen, die Pforte bei dem gegenwärtigen Stande der Dinge hindern werde, jetzt die Bedingungen an⸗ zunehmen, welche sie auf der Konstantinopeler Konferenz ab⸗ gelehnt habe. Endlich sei zu erwägen, daß die Beziehungen der Muselmänner zu den Christen damals zwar schwierig, aber unter gewissen Bedingungen möglich gewesen seien. Fortan aber würden dieselben völlig unmöglich werden.

Europäischer Kriegsschauplatz.

Bukarest, 3. Oktober. (Telegr. d. W. „Presse“.) Die rumänischen Eisenbahnen erhielten Befehl, die heute aus Wien angelangten 1000 Stück eisernen Bettstellen und 200 eiserne Oefen unverweilt nach den Verwundeten⸗Baracken weiter zu dirigen. Gleichzeitig müssen die rumänischen Eisen⸗ bahnen im Regierungsauftrage die Anzahl ihrer Schnee⸗ pflüge, welche während der Schneeverwehungen in den letzten Jahren nicht ausgereicht haben, entsprechend kompletiren. Wien, 4. Oktober. (W. T. B.) Die „Pol. Korr.“ meldet aus Bukarest von heute: Die im Donausee Borcea sölegen⸗ Insel Chiciu wird von Abtheilungen der türki⸗ chen Besatzung von Stlistria besetzt gehalten und werden dort von denselben Befestigungen aufgeführt. Gegen dieselben ist von den Russen eine über einen Arm des Borceasees füh⸗ rende Brücke mit einem befestigten Brückenkopf errichtet türkische Positi in Chiciu zu beschießen,

außerdem sind zahlreiche russische Truppenabtheilungen nach

Kalarasch dirigirt. Auch ist die Bereitschaft der in den angrenzenden Distrikten befindlichen rumänischen Milizen an⸗ geordnet, um einer eventuellen Landung türkischer Truppen aus Silistria zu bes en. 20,000 Mann russi her Truppen hier durchpassirt. Ueber die Situation auf dem bulgarischen

Kriegsschauplatze berichtet ein Korrespondent der „Times“

aus Bukarest vom 28. September: „Ich bin eben von einer Besichtigung sämmtlicher Stellungen

der Armee des Großfürsten⸗Thronfolgers am Banicka⸗Lom und östlich von Biela zurückgekommen. Seit dem türkischen Angriffe auf Czer⸗ kowna am 21. September, welcher vollständig scheiterte und den

Türken 1000 Mann kostete, blieb die Armee Mehemed Ali's unthätig. Das ist auch nicht zu verwundern, denn die russischen Stellungen auf dieser Seite sind sehr stark und gut verschanzt, auch sind die beiden Heere einander an Zahl ungefähr gleich, jedes etwa 100,000 Mann stark, die Türken aber an Actillerie bei weitem die Schwächeren. Bei einem Angriffe würden die Turken auf furchtbare Verschanzungen stoßen, an welchen tausende von Bul⸗ garen viele Tage lang gearbeitet haben. Auch sind die Truppen des Thronfolgers an Punkten konzentrirt, von welchen aus einem An⸗ griffe am wirkungsvollsten begegnet werden könnte; der General⸗ stabschef des Thronfolgers, General Stornowski, ein sehr umsich⸗ tiger und thätiger Offizier, spricht sich auch hierüber mit begründeter Zuversicht aus. Von Mekka an der Donau, welches, wie aus der österreichischen Gene alstabskarte zu erehen, ungefähr 15 englische Meilen südwestlich von Rustschuk liegt, bis nach dem 40 englische Meilen südlicher gelegenen Tirnowa, auf einem Raume, dessen öst⸗ lichste Punkte Buzuwka und Banicka am sogenannten Banicka⸗Lom sind, stehen russische Vorposten, nördlich diejenigen des Thronfolgers, südlich die des Generals Fürsten Schachowskoi, welcher das 11. Armee⸗Corps befehligt. she ihnen, in einer Entfernung von 5 bis 15 englischen Meilen, stehen in Massen 90,000 bis 100,000 Rus⸗ sen mit mehr als 350 Feldgeschützen und Mitrailleusen, die so aufgestellt sind, daß die Angreifer in ein Kreuzfeuer gebracht werden können. Die Türken hätten also eine sehr sschwere Nuß zu knacken, wenn sie den Angriff vom 21. September wiederholen wollten. Auf der anderen Seite muß zugegeben werden, daß Mehemed Ali, wie er selber wissen muß, jetzt oder nie Chancen des Erfolges hat. Die Russen stehen zwischen zwei rollständig getrennten und kleineren Heeren des Feindes, können das eine aufhalten und sich unterdessen mit aller Macht auf das andere werfen, und das sollten sie auch thun. Es heißt, daß die Türken in Plewna 80,000 Mann bei⸗ sammen und dazu noch 10,000 Mann Verstärkungen von Sofia her erhalten haben. Ich glaube indessen nicht, daß sie Alles in Allem mehr als 65,000 Mann stark sind. Auf der and ren Seite wird die russische Garde in der Stärke von 56,000 Mann bis zum 5. Oktober vor Plewna erwartet und die russisch⸗rumänische Armee wird dann über 100,000 Mann zählen. Wenn die Laufgräben⸗ und Schanzarbeiten seit dem 17. September, an welchem ich Griwica zuletzt sah, mit ange⸗ messenem Eifer fortgesetzt worden sind, so sollten die Russen schon am 7.Ok⸗ tober in einer Stellung sein, um die Redouten nicht nur mit Kano⸗ neakugeln zu überschütten, sondern auch das türkische Gewehrfeuer von ihren eigenen Schützengräben aus zu paralysiren, um das Ge⸗ lingen eines Sturmangriffes zu sichern, denn bei den früheren Ver⸗ suchen haben sie durch das feindliche Gewehrfeuer die meisten Ver⸗ luste erlitten. Es heißt denn auch in allen Militärkreisen, daß am 7. Oktober ein großer Schlag gegen Plewna geführt werden solle. Der Regen zu Kothpfützen gemacht und Vieh, welches auf denselben transportirt wird, beginnt umzukommen. Die russischen Truppen sind indessen voll guten Muthes und hoffen, die Scharten der russischen Waffen auszuwetzen. Alles hängt jetzt von dem ab was in den nächsten zehn Tagen vor Plewna geschieht. Wird Plewna noch vor dem 10. Oktober genommen, dann ist noch reichlich Zeit, in diesem Jahre über Sofia auf Adrianopel vorzurücken.“

Dem „Daily Telegraph“ wird aus Orsowa, 30. September, berichtet: .„Urtheilsfähige Leute, welche gerade von den Vertheidigungs⸗ linien an der Jantra zurückkehren, theilen mit, daß die von dem Heere des Großfürsten⸗Thronfolgers besetzten Stellungen äͤußerst stark oder vielmehr gegenüber der Art von Angriffen, wie sie bisher von beiden Kriegführenden gehandhabt wurden, geradezu un⸗ einnehmbar sind. Alle Bewegungen auf beiden Seiten sind durch die heftigen Regengüsse der letzten vier Tage völlig unterbrochen. Die Russen haben in den letzten zehn Tagen 12,000 Kranke und Ver⸗ wundete nach Rußland zurückgeschickt.“

Asiatischer Kriegsschauplatz.

St. Petersburg, 5. Oktober. (W. T. B.) Offizielles Telegramm aus Karajal, 4. c.: Am 2. d. M. griffen unsere Truppen die befestigten Anhöhen auf der linken Flanke der Positionen Moukhtar Paschas, den großen und den Keinen

aniberg, an. Nach einem zweistündigen Kampfe bemächtigten sie sich des großen Jani. Die diesen Ort vertheidigenden Trup⸗ pen wurden theils vernichtet, theils gefangen genommen. Der kleine Janiberg erwies sich indessen derartig stark befestigt, daß ein Sturm auf denselben als zu frühzeitig betrachtet wurde. Nachdem die aus Kars zur Unterstützung Moukhtar Paschas gesandten Verstärkungen von 13 Bataillonen zurück⸗ geworfen waren, übernachteten unsere Truppen auf den be⸗ sezten Positionen. Unser Verlust an diesem Tage betrug 9. Offiziere und 1000 Mann todt, 60 Offiziere und 2000 Mann verwundet. Der Feind verlor 200 Gefangene, seine Verluste sind nicht minder groß. Am 3. c. griff der 8 mit bedeutenden Streitkräften unsere linke Flanke an, wurde aber bald glänzend zurückgeschlagen und bis in die vordere Linie seines Lagers zurückgedrängt. Die Verfolgung wurde erst bei Eintritt der Dunkelheit eingestellt. Unser Verlust an diesem Tage betrug 3 Offiziere, 40 Mann todt, 11 Offiziere und 250 Mann ver⸗ wundet. Der Verlust der Türken war sehr bedeutend. Heute, am 4. d., hat unsere rechte Flanke die am 2. d. besetzten An⸗ höhen wieder verlassen, da die Herbeischaffung von Wasser auf Schwierigkeiten stößt.

Konstantinopel, 4. Oktober. (W. T. B.) Ein der Regierung zugegangenes Telegramm Achmed Moukhtar Paschas meldet: Am Dienstag, 2. c., bei Tagesanbruch griff der Feind mit bedeutenden Streitkräften den linken Flügel der türkischen Armee bei Nanilar⸗Tepe und ebenso Kizil⸗Tepe an, welches die vorgeschobene Position des Centrums der tür⸗ kischen Armee bildet. Es entspann sich ein heftiges Gefecht, welches 13 Stunden dauerte. Alle Angriffe der Russen wur⸗ den mit beträchtlichen Verlusten derselben abgeschlagen. Eine russische Division, welche von dem Arpatschai her anrückte, wurde zurückgeworfen. Der Feind wurde 8 der ganzen Linie geschiagen und von unseren siegreichen Truppen bis gegen den

rpatschai verfolgt. Eine große Anzahl Waffen und viele Munitionsvorräthe fielen in unsere Hände. Der Feind ließ über 5000 Todte auf dem Schlachtfelde.

Konstantinopel, 4. Oktober. (W. T. B.) Ein wei⸗ teres Telegramm Moukhtar Paschas vom 3. d. meldet über den Kampf am 2. d.: Der Feind griff mit einer bedeuten⸗ den Truppenmacht die Höhen von Manilar an; die dort stehenden Vorposten unserer Armee zogen 8 nach Groß⸗ Nanilar zurück. Hierauf richtete der Feind seinen Angriff gegen Klein⸗Nanilar, welches von 6 Bataillonen uünter Mah⸗

In den letzten Tagen sind

hat die Wege in Bulgarien

* *

mud Pascha besetzt war. Mehrere Kolonnen von Rache Kias⸗ sin eilten zur Verstärkung von Klein⸗Nanilar herbei und ver⸗

schanzten sich dort. Die Russen eröffneten, um eine Diversion ausführen zu können, ein heftiges Artilleriefeuer auf Kizil⸗Tepe, unser Centrum, welches von Omar Pascha besetzt war. Letzterer erwiderte das Fruer. Außerdem bedrohte der Feind mit 6 Bataillonen und 2 Regimentern Kavallerie, welche von Gladidagh her kamen, unsere rechte Seite am Arpatschai. Die Brigaden Hussein Pascha und Chefket Pascha, sowie das Regiment Ibrahim wurden dorthin gesandt und nahmen Gladidagh nach einem fünfstündigen Angriff. Die herein⸗ brechende Dunkelheit machte dem Kampfe ein Ende. Ein Jeder behielt seine Positionen und traf Maßregeln, um den Kampf am 3. d. wieder aufzunehmen. Unsere Verluste sind noch unbekannt. Fazli Pascha ist verwundet. Heute (am 3. d.) ist der Kampf nur auf der Seite bei Karajal wieder aufge⸗ nommen worden, wo von 3 Uhr Nachmittags bis zum Abend gekämpft wurde. Das Gerücht, daß zwei russische Generäle gefallen seien, ist unbegründet.

Landtags⸗Angelegenheiten.

„Essen, 24. September. Die Stadtverordneten⸗Versammlung wählte, wie die „Ess. Ztg.“ mittheilt, am 21. d. den Bürgermeister 8. ef Lindemann zum Vertreter der Stadt Essen im Herren⸗

ause.

Statistische Nachrichten.

Ueber das Reichs⸗Telegraphenwesen im Jahre 1876 entnehmen wir der „Statistik der deutschen Reichspost⸗ und Tele⸗ graphenverwaltung für das Kalenderjahr 1876“ folgende Angaben: Die Länge der Telegraphenlinien betrug Ende 1876 38,790,87 Kilom., Ende 1875 35,708,1 Kilom, und zwar: der oberirdischen Linien (einschl. 450,2s8 Kilom. Kabellinien in Städten, durch Tunnel, Flüsse und durch die See) 38,588,07 Kilom, der unterirdischen Linien (einschl. 34,238 Kilom. noch nicht im Betriebe befindlicher Linien) 202,80 Kilom. Die Vermehrung der Telegraphenlinien gegen das Vorjahr betrug im Jahre 1876 3082,8 Kilom. oder 8,68 %, im Jahre 1875 2462,18 Kilom. oder 7,41 %. Die Länge der Drahtleitungen betrug Ende 1876: 142,883,13 Kilo⸗ meter, gegen 132,009,80 Kilometer im Jahre 1875, und zwar: der oberirdischen Leitungen (einschließlich 2941 Kilometer Kabelleitungen in Städten, durch Tunnel, Flüsse und durch die See) 141,433,53 Kilo⸗ meter, der unterirdischen Leitungen (einschließlich 239,6 Kilometer noch nicht im Betriebe befindlicher Leitungen) 1419,60 Kilometer. Die Vermehrung der Drahtleitungen im Jahre 1876 gegen das Jahr 1875 betrur 10,873,84;ð Kilometer oder 8,24 %. Die Gesammt⸗ zahl der Telegraphenanstalten betrug im Jahre 1876: 2532, und zwar: selbständige Telegraphenämter 244, mit Postanstalten vereinigte Telegraphenanstalten 2266, mit Telegraphenapparaten versehene Telegramm⸗Annahmestellen 22. Im Jahre 1875 betrug die Gesammtzahl der Telegraphenanstalten 1945; es hat demnach im Jahre 1876 eine Vermehrung von 587 Anstalten oder 30,18 % statt⸗ gefunden. Von diesen Telegraphenanstalten wirkten im Jahre 1876: im ununterbrochenen Dienst 28, im verlängerten Tagesdienst bis Mitternacht 9, im vollen Tagesdienst 336, im beschränkten Tages⸗ dienst 2159. Die Zahl der zur Annahme unter Weiterbeförderung von ö ermächtigten Eisenbahn⸗Telegraphenstationen etrug im Jahre 1876: 2577, gegen 2393 im Jahre 1875, also um 184 oder 7,8s8 % mehr. Die Zahl der mit dem 1. De⸗ zember 1876 in Wirksamkeit getretenen Rohrpostämter in Berlin betruz; 15. Das Gesammtpersonal umfaßte 3599 Per⸗ sonen gegen 4610 im Jahre 1875. Von diesen 3599 Personen waren 2835 Beamte und 764 Unterbeamte. Die Gesammt⸗ zahl der im Betriebe befindlichen Apparate betrug 5288 gegen 4477 im Jahre 1875, und zwar: System Morse 5473 bez 4369, System Hughes 102 bez. 102, andere Systeme 13 bez. 6. Die Vermehrung gegen 1875 beträgt 811 oder 18,1 %. Die Zahl der Batterie⸗ Elemente betrug 79,501 bez. 72,710, also 6791 oder 9,34 % mehr. Die Zahl der Isolatoren betrug im Jahre 1876 2,201,504, die Zahl der aufgestellten Telegraphenstangen 618,456. Die Gesammtzahl der beförderten Telegramme betrug 10,649,994 gegen 11,044,426 im Jahr 1875 und zwar innerhalb des deutschen Reichs⸗Telegraphengebiet 7,172,124 bez. 7,478,308, nach anderen Ländern 1,506,090 bez 1,525,071, aus anderen Ländern 1,596,411 bez. 1,733,195, im Durch gang durch das deutsche Reichs⸗Telegraphengebiet 375,369 bez 307,852. Gegen das Vorjahr hat mithin eine Verminderung un 394,432 Stück oder 3,8 % stattgefunden. Die Gesammtzahl de Telegramme aus dem deutschen Reichs⸗Texregraphengebiete na anderen Ländern betrug: 1,506,090 gegen 1,525,071 im Jahr 1875. Am meisten betheiligt waren an diesem Verkehr folgend Länder: Oesterreich⸗Ungarn mit 297,770 bez. 304,107, Bayern mi 240,990 bez. 243,229, Frankreich mit 179,680 bez. 183,969, Groß britannien und Irland mit 150,620 bez. 157,323, Rußland mi 109,350 bez. 98,351, Niederland mit 105,590 bez. 116,725, Württem berg mit 102,870 bez. 112,190, Belgien mit 81,030 bez. 76,905, di Schweiz mit 74,100 bez. 79,955, Dänemark mit 45,180 bez. 43,159 Italien mit 29,520 bez. 23,578. Nach Amerika gingen 19,730 bez 13,330 Telegramme, ach Asien 2710 bez. 1970, nach Afrika 1050 bez. 898, nach Australien 90 bez. 21. Von der Gesammtzahl der im deutschen Reichs⸗Telegraphengebiet im Jahre 1876 aufgegebenen Telegramme waren: gebührenpflichtig: im inneren Verkehr 8 96,305 oder 94,76 %, nach anderen Ländern 1,485 785 oder 98,65 %, sammen 8,202,063 oder 95,43 %; gebührenfrei waren: im inneren Verkehr 375,819 oder 5,24 %, nach anderen Ländern 20,332 oder 1,855 %, zusammen 396,151 oder 4,57 %. Die durchschnittliche Wort⸗ zahl eines aufgegebenen gebührenpflichtigen Telegramms im inneren Verkehre beträgt nach dem Worttarif im Jahre 1876: 14,24 Worte, nach dem Zonentarif im Jahre 1875: 18,2 Worte. Von den nach dem Auslande im Jahre 1876 aufgegebenen Telegrammen hatten eine Wortzahl von 1—10 Taxworten 6,8 %, von mehr als 10 - 15 Tax⸗ worten 20 %, von mehr als 15 20 Tarworten 58,7 %, von mehr als 20 25 Tarworten 2,9 %,D von mehr als 25 30 Tax⸗ worten 6,3 %, von mehr als 30 Tarxworten 5,3 %. Die Länge des Röhrennetzes der Rohrpost in Berlin betrug 26,28 Kilometer, die Zahl der Rohrpostämter war Ende Mai 1877: 13. Die Gesammtsumme der bis Ende Mai 1877 beförderten Rohrpost⸗ sendungen betrug: 56,288 Briese, 92,057 Karten und 906,172 Tele⸗ gramme; hiervon waren: 1) in Berlin aufgegeben: an Empfänger in Berlin: 54,457 Briefe, 91,266 Karten und 21,624 Telegramme; nach andern Orten: 1617 Briefe, 686 Karten und 231,167 Tele⸗ gramme; 2) in Berlin angekommen aus anderen Orten (seit dem 3. März 1877): 214 Briefe, 105 Karten und 223,888 Telegramme; 3) im Durchgang durch Berlin: aufgenommene Telegramme 213,835, wei⸗ ter beförderte Telegramme: 215,658. Die Gesammtgebühren⸗Einnahme für die im deutschen Reichs⸗Telegraphenamte aufgegebenen Tele⸗ gramme nach Ausscheidung der Einnahmen aus den Abrechnungen mit fremden Verwaltungen betrug im Jahre 1876: 11,513,032 gegen 10,594,538 im Jahre 1875, mithin im Jahre 1876 gegen 1875 mehr 918,494 oder 8,87 %. Die durchschnittliche Einnahme für ein aufgegebenes gebührenpflichtiges Telegramm beträgt im inneren Verkehr nach dem Worttarif im Jahre 1876: 0,83 ℳ, nach dem Zonentarif im Jahre 1875: 0,2 ℳ; im Verkehr mit Bayern und Württemberg nach dem Worttarif im Jahre 1876: 0,86 ℳ, nach dem Zonentarif im Jahre 1875: 1,022 ℳ; im Verkehr mit dem Auslande im Jahre 1876: 4,51 gegen 4,23 im Jahre 1875.

Nach Mittheilung des statistischen Bureaus der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standes⸗Aemtern in der Woche vom