1877 / 274 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 20 Nov 1877 18:00:01 GMT) scan diff

ersten Präsidenten statt. Dasselbe wurde von enthusiastische Hochrufen auf Se. Majestät begrüßt.

Bayern. München, 17. November. Die „Corr. Hoffm.“ schreibt: Das protestantische Konsistorium zu Speyer hat angesichts des für den 18. November bevorstehenden Zusammen⸗ tritts der pfälzischen Generalsynode einen Schritt gethan, um unangenehme Erörterungen zwischen Orthodoxen und Frei⸗ sinnigen fern zu halten. Seit Jahren hatten sich die frei⸗ sinnigen Geistlichen beschwert gefühlt durch die bisherige Amts⸗ instruktion, welche sie verpflichtete, „die zu Recht bestehende pro⸗ testantische Kirchenlehre nach ihrem ganzen Inhalte unter red⸗ licher Zugrundelegung der Augsburgischen Konfession von 1540 vorzutragen.’“ Nunmehr i dies dahin abgeändert, daß sie die „Lehre der heiligen Schrift unter redlicher Zugrunde⸗ legung der augsburgischen Konfession vorzutragen haben.“ Liberale Blätter bemerken 2 „Damit ist ein Rahmen gegeben, innerhalb dessen sich sowohl orthodoxe wie freisinnige Geistliche bewegen können; Erstere sind nicht gehin⸗ dert, in den Bekenntnißschriften den adäquatesten Ausdruck der Schriftlehre zu finden; Letztere sind eben so üe- Liünrhert in der freien Forschung der Schrift, wobei sie die Bekenntniß⸗ schriften als historische Zeugnisse und lehrreiche Wegweiser für das Schriftverständniß immerhin in Ehren halten werden, ohne sich an den Buchstaben derselben zu binden.“

Sachsen. Dresden, 19. November. Die Zweite Kammer überwies in ihrer heutigen 8. das König⸗ liche Dekret, betreffend den Stand der Verlegung der Dresdner Militär⸗Etablissements, ohne Debatte an die Finanz⸗Deputation und trat sodann ein in die Berathung einer Petition von 61 Gemeinden des Amtsbezirks Lommatzsch, in welcher zur Erwägung gegeben wird, ob es nicht im In⸗ teresse der Landwirthschaft gerathen sei, das Institut der Fort⸗ bildungsschule auf dem Lande wieder aufzuheben. Ob⸗ wohl es außer solchen Rednern, welche die mit der Fortbildungsschule gemachten Erfahrungen als günstig schilderten und sich von der Erhaltung des Instituts viel Gutes versprachen, auch an solchen nicht fehlte, welche glaubten, daß über kurz oder lang Aenderungen der Organi⸗ sation würden eintreten müssen, so war man doch allseitig darüber einverstanden, daß zur Zeit noch mehr Erfahrungen abzuwarten seien, ehe man an eine Revision des auf die Fort⸗ bildungsschulen bezüglichen Theiles des Schulgesetzes gehen könne. Die Kammer beschloß daher, die Petition auf sich be⸗ ruhen zu lassen, indem sie gleichzeitig die Regierung ersuchte, der nächsten Ständeversammlung eine Darlegung der mit der Fortbildungsschule gemachten Erfahrungen zugehen zu lassen, und darauf bedacht zu sein, daß den Lehrern und Schulbe⸗ hörden Mittel an die Hand gegeben werden, die Zucht in den

Fortbildungsschulen energischer als zeither zu hand aben

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 19. November. (W. T. B.) In der Sitzung des Abgeordnetenhauses vertheidigte der Finanz⸗Minister Depretis in längerer, beifällig auf⸗ genommener Rede die Bankvorlage, indem er die Vor⸗ theile der Erhaltung einer gemeinsamen Bank gegenüber einer selbständigen ungarischen Bank hervorhob und die Nothwendigkeit der dualistischen Gestaltung der neuen Bank begründete. Weiter führte der Minister aus, daß der Kredit der Bank durch die neue Organisation nicht ge⸗ schädigt werde, sondern aufrecht erhalten bleibe. Minister Unger vertheidigte gleichfalls die Bankvorlage und wandte sich dabei gegen verschiedene Vorredner, namentlich gegen Kellersperg. Minister Unger betonte die Nothwendigkeit des Ausgleichs mit Ungarn. Zum ersten Male werde jetzt zwischen Oesterreich und Ungarn eine Brücke geschlagen, auf der man nicht nur von Oesterreich nach Ungarn, sondern auch von Ungarn nach Oesterreich gelangen könne. Der Minister erklärte schließlich, die Annahme der Bankvorlage würde den staatsrechtlichen und wirthschaftlichen Frieden, die Ablehnung derselben den staatsrechtlichen und wirthschaftlichen Krieg bedeuten. (Leb⸗ hafter Beifall.) Die Generaldebatte wurde geschlossen. Morgen werden die Abgg. Herbst und Skene sprechen. Nach einer Meldung der ,Polit. Korresp.“ aus Pest ist die Verordnung, betreffend die Einberufung der Delegationen für den 5. Dezember im Laufe dieser Woche zu gewärtigen. ara, 19. November. (W. T. B.) Vorgestern haben 400 Türken die österreichische Grenze bei Tlavanis⸗ kahrda verletzt. Dieselben zündeten ein Haus an, plünderten mehrere Häuser und trieben 46 Ochsen und ein Pferd weg.

Großbritannien und Irland. London, 18. November. Der Staats⸗Sekretär der Kolonien, Earl of Carnarvon, hat in diesen Tagen eine Abgesandtschaft empfangen, welche auf die Unruhen in Südafrika hinwies und um die Zu⸗ sicherung bat, daß, im Falle eines Gesuches, von hier aus Hülfe dorthin geschickt würde. Der Minister erwiderte, nach sorgfältigem Studium der dortigen Verhältnisse halte er das Schlimmste für überwunden. Mit dem Kriegs⸗Minister glaube er, es sei nicht nothwendig, vom Mutterlande aus irgend welche Hülfe auszusenden.

Canada. Ottawa, 16. November. Mr. Cauchon hat seine Reise nach Winnipeg angetreten um seinen Posten als Gouverneur von Manitoba zu übernehmen. Die Regierung legt den von einem New⸗Yorker Journal (s. u. Amerika) in Umlauf gesetzten Gerüchten, daß beabsichtigt werde dem Amtsantritt Cauchons Widerstand entgegenzusetzen, keinen Glauben bei.

ankreich. Paris, 19. November. (W. T.B.) Die wegen Bildung eines neuen Kabinets sind erheblich vorgeschritten, gleichwohl dürfte kaum vor Mitt⸗ woch die Veröffentlichung des neuen Ministeriums im „Jour⸗ nal officiel“ erfolgen. (Fr. C.) Der Dreiunddreißiger⸗Ausschuß für die Enquete hat Hrn. Albert Grévy zum Präsidenten, die Herren Henri Brisson und General de Chanal zu Vize⸗ Präsidenten, sowie die Herren Casimir Périer, Turquet, A. Jol⸗ und Menard⸗Dorian zu Sekretären gewählt. Der Achtzehner⸗Ausschuß der Deputirtenkammer hat im Hinblick auf die augenblicklichen Umstände beschlossen, die Einbringung des Andrieux'’schen Antrages, nach welchem dei Freilassung des Hrn. Bonnet⸗Duverdier zu verlangen wäre, um einige Tage zu verschieben. Es heißt, daß das linke Centrum Schwierigkeiten gegen diesen Antrag erhebe. Neueren Berichten zufolge ist Hr. Godissart auf der nsel Martinique noch nicht wiedergewählt. Zwar stand

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8 8 1 nicht die gesetzlich erforderliche Zahl von einem Viertel der eingeschriebenen Wähler erzielt.

20. November. (W. T. B.) Das „Journal officiel“ meldet, die Minister hätten ihr Entlassungs⸗ gesuch dem Präsidenten überreicht, der dasselbe ange⸗ nommen habe, blieben jedoch bis zur Ernennung ihrer Nach⸗ folger mit der Erledigung der Geschäfte beauftragt. Versailles, 19. November. (W. T. B.) In der heu⸗ tigen Senatssitzung beantragte Arago Namens der Linken die Vorfrage über die Interpellation Kerdrel, weil die Interpellation unkonstitutionell sei und in die Rechte der Kammer eingreife. Die Vorfrage wurde mit 155 gegen 130 Stimmen abgelehnt. Kerdrel begründete darauf seine Interpellation. Der Herzog von Broglie führt aus, daß die von der Deputirtenkammer eingesetzte Untersuchungskommission der Grundlage der Unparteilichkeit entbehre und ein Eingriff der legislativen Gewalt in die Sphäre der richterlichen und in die der Exekutive sei. Der Conseils⸗Präsident entwickelte darauf die auf diese Frage bezüglichen Ansichten früherer libe⸗ raler Minister unter der Restauration und der Julimonarchie. Die Untersuchungskommission der Deputirtenkammer sei eine parlamentarische, keine richterliche. Die Bürger seien nicht ge⸗ halten, derselben Rede zu stehen; die Beamten blieben hin⸗ sichtlich derselben unter der Autorität ihrer Vorgesetzten und müßten deren Befehle und Instruktionen entgegennehmen. „Dies sind die Instruktionen, welche wir in dem Augenblicke gegeben haben, wo wir im Begriff stehen, die Gewalt nieder⸗ zulegen. Sie lassen alle sozialen Prinzipien intakt, die wir unseren Nachfolgern intakt lassen wollen.“ Laboulaye führte aus, die Deputirtenkammer habe das Recht nicht nur zur Einsetzung einer parlamentarischen, sondern auch einer richter⸗ lichen Untersuchungskommission. Dieses Recht ergebe sich nothwendiger Weise aus dem Rechte der Erhebung der Minister⸗ anklage. Die Regierung müsse daher ihre Beamten auffor⸗ dern, vor den Mitgliedern der Untersuchungskommission zu erscheinen. Die Verantwortlichkeit des Senates sei eine außer⸗ ordentliche. Der Präsident, Herzog von Audiffret⸗Pasquier verlas hierauf folgende von der Rechten eingebrachte Tagesordnung: b

„Der Senat geht, indem er von den Erklärungen der Regierung Akt nimmt und indem er entschlossen ist, gemäß den konservativen Prinzipien, welche er stets vertreten hat, keine Beeinträchtigung der Prärogativen, welche jeder der öffentlichen Gewalten zustehen, zuzu⸗ lassen, zur Tagesordnung über.“ 8

Nachdem darauf noch Dufaure das Wort ergriffen hatte, wurde diese Tagesordnung mit 151 gegen 129 Stimmen an⸗ genommen.

Spanien. Madrid, 14. November. Die offizielle „Gaceta“ veröffentlicht das Königliche Dekret, welchem zu⸗ folge die baskischen Provinzen wie das übrige Spanien fortan direkte Steuern zu zahlen haben.

Aus Perpignan, 19. November, wird dem „W. T. B.“ gemeldet: Der Trupp von etwa 25 spanischen Insur⸗ genten, der sich kürzlich in der Nähe von Figueras gezeigt hatte, erschien neuerdings in einem Dorfe und forderte eine Kontribution von 1500 Francs im Namen der föderativen Republik.

Türkei. Konstantinopel, 19. November. (W. T. B.) Die Gebrüder Geschoff sind hier angekommen und im Ministerium der Polizei untergebracht, nicht gefangen gesetzt worden. Der Großvezier hat den englischen Vertreter Layard benachrichtigt, daß die Gebrüder Geschoff wahrscheinlich nach Aleppo verbannt werden würden. Der Gouverneur von Kossova hat eine Proklamation erlassen, in welcher er die mahomedanische Bevölkerung auffordert, die Provinz eventuell gegen einen Einfall der Serben zu vertheidigen und zugleich anbefiehlt, daß in jedem Orte ein Verzeichniß der waffendienstfähigen Männer aufgestellt werden soll.

(W. T. B.) Aus Belgrad wird der „Pol. Korr.“ vom 19. gemeldet, daß am 18. die Mobilisirung des Schumadja⸗Corps angeordnet worden sei. Ebenso sei die Einberufung der Reservisten für die Artillerie erfolgt und seien nach Cupria 800 Freiwillige abgesandt. Weitere Mit⸗ theilungen der „Pol. Korr.“ aus Belgrad lassen den for⸗ mellen Bruch zwischen der Pforte und Serbien wegen der sich mehrenden Rekriminationen aus Konstanti⸗ nopel näher gerückt erscheinen. Die Nachricht, daß sich das serbische Timok⸗Corps mit einer russischen Truppen⸗ abtheilung vereinigt habe, wird von der „Pol. Korr.“ als unbegründet bezeichnet. 3

Zu der jüngsten angeblichen Palastverschwörung in Konstantinopel schreibt man der „Pol. Korr.“ vom 9. d. M.:

„Zu meinem letzten Berichte über die Vorfälle im Palais Tscheragan habe ich die einzige Rektifikation nachzutragen, daß es von der Transferirung des Exk⸗Sultans Murad nach dem „Alten Serail“ sein Abkommen gefunden hat. Bei dem Widerstande, welchen Marad persönlich der über ihn verhängten Maßregel entgegensetzte, befürchtete man bei den Sympathien, welchen der entthronte Sultan in der mahomedanischen Bevölkerung begegnet, eine Verschlimmerung der Situation. Einstweilen ist Murad Gegenstand der engsten und schärfsten Ueberwachung. Die ganze frühere Dienerschaft wurde durch neue von Mahmud Damat Pascha ausgewählte und ihm er⸗ gebene Leute ersetzt. Die Militärwache wird täglich abgelöst, um die Anknüpfung von Beziehungen zu den Offizieren und der Mann⸗ schaft zu verhüten. Nach der Bosporusseite ist jede Annäherung, auch nur des kleinsten Kaiks, strengstens untersagt, wie überhaupt die Residenz Murads Tag und Nacht von einem Schwarm von Polizei⸗Agenten überwacht wird. Mit Einem Worte: Murad scheint, seitdem sein Gesundheitszustand sich erheblich gebessert hat, eine wirkliche Beunruhigung für seinen Bruder Abdul Hamid zu sein, während er selbst der Gefahr bewußt sein soll, welche es bildet, der Bruder eines regierenden Sultans zu sein.“

Amerika. Washington, 15. November. (A. A. C.) Der Senat hat die Defizit⸗ und Budget⸗Bills erledigt, aber letztere derartig amendirt, daß die Armee bis auf 25,000 Mann verstärkt werden kann.

16. November. Der Senat hat den Abschnitt der Armee⸗Budget⸗Bill annullirt, welcher verfügt, daß vier Kavallerie⸗Regimeuter am Rio Grande stationirt werden ollen. Der General Sherman dringt in seinem amtlichen

eerichte auf die Vergrößerung des Heeres auf 25,000 Mann. b

New⸗York, 14. November. Eine vom „New⸗York Herald“ veröffentlichte Depesche aus Pembina meldet, daß sich in Manitoba Unzufriedenheit über die Ernennung des Mr. Cauchon zum Gouverneur kundgebe. 1

15. November. Der neuernannte Gesandte der Union am Hofe von St. James, Mr. Vohn Welsh, begiebt sich am 29. d. M. auf seinen Posten. In Nebraska und Jowa wurde heute ein Erdbeben verspürt. Das Ma⸗

ihm überhaupt kein Mitbewerber gegenüber, doch hat er selbst

nufakturwaaren⸗Magazin en doétail der Herren Field &

icago ist niedergebrannt. Der Verlust wird auf ein illion Dollars geschätzt.

onstantinopel, 15. November. Den „Dailr News“ wird von hier unter dem heutigen Datum telegraphisch ge⸗

meldet: „Die offizielle heutige Zeitung ist sehr erstaunt dar⸗ über, daß Europa glauben könnte, die Einschließung von Plewna und Kars und die Niederlagen, welche die Russen bis Erzerum haben kommen lassen, könnten den Frieden herbei⸗ m jetzigen Augenblicke sei der Friede entfernter als

führen.

jemals.“

Europäischer Kriegsschauplatz.

St. Petersburg, 19. November. (W. T. B.) Offi⸗ zielles Telegramm aus Bogot vom 18. November. Von der Armee⸗Abtheilung an der unteren Donau wird ge⸗ meldet: Am 14. c. griff Oberst Launitz, der mit zwei Husaren⸗ Schwadronen auf der Straße nach Basardschick vorrückte, eine Abtheilung berittener Türken und Tscherkessen bei Osman Kujasai an und erbeutete 400 Stück Vieh und 200 Pferde. Am 16. c. wurde Novoselo von 400 Baschibozuks und Tscherkessen, unterstützt von regulärer Infanterie, angegriffen. Dieselben steckten einige Häuser in Brand, ermordeten 3 Bul⸗ aren, verwundeten eine Frau und enthaupteten ein 10jähriges

säädchen. Eine Compagnie des Regiments Jakutsk, von 2 anderen Compagnien aus Dschulan und Slataritza unterstützt, warf die Türken gegen Kaslubek zurück. Bei der Zurück⸗ weisung des von den Türken am 11. November gegen den Schipkapaß unternommenen Angriffs zeichneten sich die Re⸗ imenter Jenisei und Irkutsk aus, welche zum ersten Mal ins Feuer kamen.

Konstantinopel, 19. November. (W. T. B.) Die Regierung verbreitet folgende Nachricht: Der Flotten⸗ Kommandant des Schwarzen Meeres, Husni Pascha, habe gestern gegen eine russische Abtheilung, die sich bei der Sulinamündung gezeigt, 5 Schaluppen abgesendet, den Feind zerstreut und ein Proviantlager niedergebrannt. Suleiman Pascha meldet aus Rasgrad vom 18. d., der Feind führe nach allen Richtungen hin Rekognoszirungen aus, Ibrahim Pascha habe bei Kochowo ein Gefecht mit 3 Schwadronen russischer Kavallerie aeabe sich aber vor herbei⸗ gekommenen überlegenen Streitkräften zurückziehen müssen. Die von Salonichi abgeschickten Truppen seien in der Nähe von Tirnowa auf russische Kavallerie und Infanterie ge⸗ stoßen und hätten dieselbe nach Tirnowo hin zurückgedrängt. Ein türkischer Rekognoszirungstrupp habe die bei - befindlichen russischen Vorposten zurüͤckgedrängt und unter dem Schutze der in Leilek stehenden Reserve sich zurückziehen können, ehe die aus 5 Bataillonen bestehenden russischen Ver⸗ stärkungen herbeigekommen. Ebenso habe zwischen türkischer Hülfskavallerie und russischer Infanterie und Artillerie beim Dorfe Dedebal unweit Stivno ein Gefecht stattgefunden.

Der W. „Presse“ sind folgende Nachrichten zuge⸗ gangen:

Sistowa, 14. November. Hier passirten in den letzten Tagen an 12,000 Mann die Donau. Vor Plewna befinden sich das komplete vierte, neunte und ein drittes kombinirtes Armee⸗Corps, außerdem das Garde⸗Corps, die Schützen⸗Brigade und die Rumänen.

St. Petersburg, 15. November. Das Kriegs⸗ Ministerium hat den Militär⸗Gouvernements St. Peters⸗ burg, Moskau, Kasan, Charkow, Warschau und Wilna In⸗ struktionen zugesendet, damit sich für den Fall, als noch wei⸗ tere Theile der russischen Armee mobilisirt würden, die Augmentationsvorräthe in Bereitschaft befinden. Als Konzentrirungspunkte für die eventuell zu mobili⸗ sirenden Truppen hat das Kriegs⸗Ministerium die Orte Wilna, Oranam, Grodno, Kowno, Riga, Kiew, Meschi⸗ Buschje, Lozk und Schitomir bezeichnet.

16. November. Der Kriegs⸗Minister hat an die Direktionen der Offiziers⸗Bildungsschulen einen Erlaß dahin gerichtet, die Vorlesungen derart zu beschleunigen, daß mit dem Beginne des nächsten Semesters die doppelte An⸗ zahl von ÖOffizieren der Armee zugeführt werden könne. Außerdem gestattet das Kriegs⸗Ministerium den Studirenden der mathematischen Fakultäten, an den verschiedenen Lyceen in die letzte Klasse der Offiziers⸗Bildungsschulen einzutreten.

Pera, 16. November. Prinz Hassan erhält das Kom⸗ mando der Besatzung von Varna. In Pfortenkreisen macht sich bereits einige Unzufriedenheit über Suleiman Pascha geltend. Er habe die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllt und setze den Befehlen des hiesigen Kriegsrathes große Halsstarrigkeit entgegen. Mehmed Ali dürfte erst Ende dieses Monats zu einem Entsatzversuche gegen Plewna bereit sein.

Der Spoezial⸗Korrespondent der „Daily News“ im russischen Hauptquartier in Bogot telegraphirt unterm 6. d. M.:

„Im Hauptquartier wurde heute in Gegenwart des Großfürsten, des Fürsten Karl und der respektiven Generalstäbe ein interessanter Versuch mit einer neuen Waffe gemacht. Diese ist eine Kom⸗ bination von Bajonnet und Verschanzungswerkzeug, be⸗ kannt unter dem Namen „Rice⸗Bajonnet“, und ist in der Armee der Vereinigten Staaten eingeführt. Der Erfinder, der Vereinigten Staaten⸗Oberst Edmund Rice, welcher gegenwärtig den Schau⸗ platz des Krieges besucht, wurde eingeladen, die Waffe zu zeigen und die Art ihres Gebrauches anschaulich zu machen. Sie besteht aus einer Stahlklinge von ungefähr 1 Fuß Läage und 3 Zoll Breite, dem amerikanischen Bowiemesser ähnlich, mit einer scharfen und einer sägeförmigen Seite und ist mit einem Schlußschenkel versehen, um an das Gewehr, wie ein Säbelbajonnet, befestigt werden zu können Die Waffe ist in der Vereinigten Staaten⸗Armee bereits seit einiger Zeit in den Kämpfen gegen die Indianer zur Anwendung gebracht worden und ist ein höchst be⸗ quemes und praktisches Werkzeug für mannigfachen Gebrauch im Lager und Bivouak. Oberst Rice konstruirte in drei Minuten eine Schützengrube, groß genug, um einem Schützen vollständige Deckung zu grwähren, und bewies somit, daß es durchaus möglich sei für eine Linie von Mannschaften, sich innerhalb der erwähnten Zeit gegen Kleingewehrfeuer Deckung zu verschaffen. Mehrere Stabs⸗ Fhsütne. versuchten die Waffe mit demselben zufriedenstellenden

esultat.“

(W. T. B.) Aus Cattaro meldet man der „Polit. Korresp.“ unterm 19., daß die Montenegriner das Fort Voliorica von Antivari genommen und die Bastion Der⸗ bent geschleift haben. In Antivari ist der größte Theil der türkischen Häuser durch das Bombardement eingeäschert. Im Hafen von Antivari liegen keine türkischen Kriegsschiffe, eben so wenig sind solche in Sicht. .

Asiatischer Kriegsschauplatz.

St. Petersburg, 19. November. (W. T. B.) Tele⸗ gramm des „Golos“ aus Werankaleh vom 18. November. Bei der Erstürmung von Kars kämpften die Unseren mit beispielloser Tapferkeit, die Türken vertheidigten sich verzwei⸗ felt. Ein Theil der Garnison versuchte gegen Olti durchzu⸗ brechen, wurde aber durch unsere Kavallerie abgeschnitten Wir haben 7000 Gefangene, darunter 2 Paschas und den Stabs⸗Chef der Artillerie, wir haben Fahnen, 300 Geschütze, eine große Menge von Gewehren, Munition und Proviant erbeutet. Unsere Verluste sind noch nicht bekannt.

London, 19. November. (W. T. B.) Die „Daily News“ veröffentlicht ein Telegramm aus eqnmn. den 18. cr.

Abends, welches folgende nähere Mittheilungen über

der 40. Division kommandirte auf dem rechten Flügel und griff das auf einer steilen Anhöhe gelegene Fort Hafiz Pascha an. General Graf Grabbe griff mit dem Grenadier⸗Regiment „Moskau“ und einem Regimente der 39. Division Kanly Tabia, die Thürme Hawari Tabia und die Citadelle an, während eine von Ardahan zur Unterstützung gekommene Brigade und das 2. Grenadier⸗Regiment „Moskau“ unter dem Ober⸗ befehle der Generale Roop und Komaroff Inglis angriffen. Um 8 ½ Uhr begann die Schlacht im Centrum. General Graf Grabbe wurde an der Spitze seiner Brigade beim Sturm auf Kanly Tabia getödtet. Der Hauptmann Kwadmicki drang um 11 Uhr in die Redoute ein; die große Redoute Horaene ergab sich am frühen Morgen und hierauf die 3 Thürme. Die Citadelle und das Fort Louvary wurden zu gleicher Zeit mit dem Fort Kanly genommen. Das Fort Hafiz Pascha wurde ebenfalls gestürmt und gegen Morgen Karadagh und die andern Forts. Tikmet und Arale leisteten bis Morgens 8 Uhr Widerstand. Hierauf suchten 40 türkische Bataillone in der Richtung von Erzerum zu entfliehen, sie wurden aber durch die russische Kavallerie aufgehalten und gefangen zurück⸗ gebracht. Sämmtliche Befestigungswerke und die Stadt mit 300 Kanonen, allen Munitions⸗ und Proviantvorräthen, sind in die Hände der Russen gefallen. Die Verluste der Türken betragen gegen 5000 Mann an Todten und Verwundeten und gegen 10,000 Mann an Gefangenen. Auch viele A und Feldzeichen haben die Russen erbeutet. Der Verlust der Feienen an Todten und Verwundeten mag etwa 2700 Mann betragen. Die Russen schonten alle friedlichen Einwohner, sowie die Frauen und die Kinder. Der Kampf wurde von Loris⸗Melikoff geleitet, Großfürst Michael wohnte demselben aber während des Tages ebenfalls bei. Sonntag Vormittags 11 Uhr hielt General Loris⸗Melikoff seinen Einzug in Kars.

Konstantinopel, 19. November. (W. T. B.) Die Regierung verbreitet folgende Nachricht: Moukhtar Pascha meldet aus Erzerum von gestern, es habe sich nichts von Belang zugetragen, die Russen hielten fortgesetzt den Paß von Deweboyun besetzt, die Verbindung sei durch Schneefall unterbrochen, aus Kars sei keinerlei Nachricht eingegangen.

Tiflis, 14. November. (Pr.) Fürst Melikoff verfügt zur Bewältigung des Aufstandes in Dagestan nur über acht Bataillone. Auf eine telegraphische Anfrage des Armee⸗ Kommandanten, ob er einer Verstärkung bedürfe, antwortete Melikoff verneinend, da der Aufstand im Erlöschen sei. Der angische Kreis sund sechs Nahibs (Häuptlinge) der Aufständischen in Dagestan haben sich ergeben. Vier Tataren, welche die Post in einer deutschen Kolonie überfielen, wurden hingerichtet. Die türkischen Po⸗ sitionen bei Batum werden beschossen.

Der Konstantinopler Korrespondent der „Pol. Korr.“ berichtet über das Kriegsgebet des Scheik⸗ul⸗Islam Folgendes:

„Da man hier seiner Zeit mit dem Schlachtgesange der rus⸗ sischen Soldaten beim Donauübergange so viel Wesens gemacht und denselben mit einer humanen Kriegsproklamation Moukhtar Paschas in Parallele gebracht, eine Parallele, welche sogar den Gegenstand eines diplomatischen Rund chreibens der Pforte an ihre auswärtigen Ver⸗ treter gebildet hat, übersende ich Ihnen in wortgetreuer Uebersetzung ein vom Scheik⸗ul⸗Islam verfaßtes Gebet, welches in allen Moscheen rezitirt werden muß. Das Gebet lautet:

„Allbarmherziger Gott! Habe Mitleid mit uns und beschütze uns, die wir Dein treues Volk sind. Allmächtiger Gott! Habe kein Erbarmen mit den Ungläubigen. Gütiger Gott! Schöpfer alles Guten! Kräftige die Arme der Osmanen. Durch Deinen allmäch⸗ tigen Arm vereitle und zerstöre den Stolz und die Treulosigkeit der Gottlosen. Möge der Segen Gottes und des Propheten über allen seinen gläubigen Schülern ruhen. O Gott! Stärke Deinen Diener, unseren Sultan, das Oberhaupt Deines Lieblingsvolkes. Schütze uns und unser Land und fege alle Ungläubigen, welche uns und Deine heilige und allein wahre Religion bekämpfen, von der Ober⸗ fläche der Erde weg. Verwische, o allmächtiger Gott, alle Spuren der gattlosen Russen und der gleichfalls gottlosen Bulgaren Eund Hellenen, welche in der Finsterniß der Gottlosigkeit tastend einhergehen, wie die Schweine im Moraste, und welche gewagt haben, gegen Dein treues Volk und Deinen Propheten Mahomed die Hand zu erheben. Löse ihren Bund auf, zerstreue ihre Truppen, zerbreche ihre Waffen, lichte ihre Reihen, vernichte ihre Kräfte und stürze sie in die Tiefen der Hölle. Verbreite über ihre Häupter die Gesammtheit Deines Zornes und Deiner Entrüstung und züchtige sie, wie Du bis jetzt alle unsere Feinde gezüchtigt hast. Verwirre ihre Sprachen, laß ihr Blut in Strömen fließen und mögen ihre Köpfe zu den Füßen Deiner Gläubigen rollen. Beuge ihre Souveräne, zerstöre ihre Festungen, erschöpfe und vernichte ihre Kräfte. Mache ihre Kinder zu aisen, ihre Weiber zu Wittwen, stürze ihre Mütter in Trauer, störe und verwirre ihren Verstand. O Gott! Lasse auf der Erde keine Spur der gottlosen Moskows, Hellenen und Franken, welche ihre Verbündeten sind und für sie Sympathien haben. Ueberschütte sie mit zahllosen Plagen, daß sie Opfer Deines schrecklichen Zornes werden; daß sie vernichtet werden durch Brand, Metzeleien, Schiffbruch und Galgen, Pest, Hungersnoth und Erdbeben; daß ihre Städte entvölkert und sie heim⸗ gesucht und gezüchtigt werden von allen Deinen Würg⸗Engel; daß alle diese Gottlosen, welche uns zu schaden suchen, von Krankheiten an ihren Augen, an ihren Sinnen, an allen ihren Gliedern, sammt ihren Weibern und Kindern, zu leiden haben und daß sie das Leben verlieren. Mögen die Schläge Deines Zornes und Deiner Entrüstung wie Hagelkörner auf sie herabfallen. Mögen sie und ihre Reich⸗ thümer die Beute Derjenigeu werden, welche an Dich und Deinen Propheten Mahomed glauben, und mit welchen die Gnade und der Segen Allahs sein möge.“

Kunst, Wissenschaft und Literatur. Nach dem Monatsbericht der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin für August d. J. lasen in

1 diesem Monat folgende Herren: Vahlen, über das Prooemium des

Lucretius; Groß, über elektrolytische Ströme durch feste Salze; Kiepert, über die geographische Lage des Schlachtfeldes am Granikus;

Peters, über die Ohrenrobben, Otariae, als Nachtrag zu seiner im

vorigen Jahre über diese Thiere gelesenen Abhandlung; Grube, An⸗ neliden⸗Ausbeute S. M. S. „Gazelle“; Peters, neue merkwürdige Art von fliegenden Fischen, Exocoetus cirriger, aus China und einen

neuen Muraeniden, Ophichthys bitaeniatus, aus Mombas; ott, über japanesische Poesie und Metrik. Am 17. d. M. starb hier der Hauptmann a. D., Geheimer Regierungs⸗Rath, Mitglied des Herolds⸗Amtes, Domherr zu Zeitz, Dr. Leopold Freiherr von Ledebur im vollendeten 78. Lebensjahre. München, 16. November. Auf dem Grabe des verstorbenen Malers und Akademie⸗Professors Arthur Frhrn. v. Ramberg ist jetzt dessen sehr ähnliche, von Julius Zumbusch modellirte und von Hörner in Erz gegossene Büste auf angemessenem Sockel als Denk⸗ mal aufgestellt worden. Von dem illustrirten Werke „Kaiser Wilhelm der Sieg⸗ reiche“, verfaßt von Ferd. Schmidt, illustrirt von L. Burger, G. Lüders u. A. (Verlag von Otto Spamer in Leipzig) sind das

15. und 16. Heft erschienen, in welch letzterem die Geschichte Sr. Majestät bis zum Feldzuge von 1866 fortgeführt wird. Das Werk ist

3 über auf ca. 24 Lieferungen berechnet, die noch bis zum Schlusse die die Einnahme von Kars bringt: General Lazareff mit 8 . 8 85

Jahres ausgegeben werden sollen.

Gewerbe und Handel.

Nach amtlichen Nachrichten aus St. Petersburg ist die Ausfuhr von Getreide aus den Häfen des Schwarzen und des Asow schen Meeres nach dem Auslande durch einen am 14./2. d. M. 5 Erlaß des russischen Finanz⸗Ministeriums verboten

orden.

Der dem Au sichtsrath der Aktien⸗Brauerei⸗Gesell⸗ schaft Moabit vorgelegte Rechnungsabschluß vom 30. September cr. weist einen Brutto⸗Ueberschuß von 129 412 aus. Eine Dividende gelangt indessen nicht zur Vertheilung, sondern es wird von dem obigen Bruttogewinn der erhebliche Fetrag von 111 458 zu Ab⸗ schreibungen verwendet, während von dem hiernach verbleibenden Rest von 17 954 angesichts der wenig günstigen Geschäftslage 15 254 für zweifelhafte Debitoren in Reserve gestellt und 2700 auf neue Rechnung vorgetragen werden.

Die Liquidatoren der Aktiengesellschaft Hüttenwerk Eisenspalterei bei Eberswalde veröffentlichen eine Bilaaz vom 15. Oktober d. J., welche einen Verlust von 719 774 bei einem effektiven Aktienkapital von 742 200 nachweist; es verbleiben so⸗ mit an Aktiven nur 22 426 ℳ, die in einem Bankierguthaben be⸗ stehen. Die Handlungsunkosten während der Liquidationszeit be⸗ trugen 25 579 ℳ, die Entschädigung an den früheren Direktor 10 500 ℳ; für die Aktionäre verbleibt eine Quote von 3 %. In der Generalversammlung der Gesellschaft wurde der Rechnungs⸗ abschluß vorgelegt und den Liquidatoren sowie dem Aufsichtsrath Decharge ertheillttt.

Der Westfälische Draht⸗Industrie⸗Verein hat in dem am 30. Juni d. J. abgelaufenen Geschäftsjahr einen Bru toge winn von 491 322 erzielt. Nach den Abschreibungen von 124 036 und nach Ueberweisung von 12 503 an die Abtheilung Riga zur Tilgung der dortigen Unterbilanz ist die Dividende auf 3 % festge⸗ stellt worden. Für zweifelhafte Forderungen wurden abgesetzt 20 154 Die Summe der Kreditoren hat sich um 455 897 und die der Debitocen um 255 292 niedriger gestellt als am 30. Juni 1876. Die Bilanz der Ahtheilung Riga weist einen Verlust von 5785 S.⸗Rubel auf.

„London, 18. November. Aus Calcutta wird die Zahlungs⸗ einstellung der dortigen Kaufleute Borrodaile, Schiller u. Co. gemeldet. Das Falliment der renommirten Firma entstand durch Verluste in Jute. ie Passiva werden auf nahezu 200 000 Pfd. Sterl. geschätzt. Die Baumwollspinnerei⸗Besitzer von Blackburn hielten am Mittwoch eine Versammlung, in welcher der Beschluß gefaßt wurde, die Löhne sämmtlicher Fabrikarbeiter um 5 % herabzusetzen.

New⸗York, 14. November. (Reuters Bureau) Im Ver⸗ einigten Staaten⸗Gerichtshofe wurde heute die Einleitung eines neuen Prozesses in Sachen der Emma Mining Company gegen die Herren Park, Barter und Andere um Wiedererlangung von 5 Millionen Dollars, des Preises, um welchen die Mine an die Lon⸗ doner Aktionäre verkauft wurde, beantragt. Die Argumente werden später vorgebracht werden.

Verkehrs⸗Anstalten.

„Ueber den Fortgang der Stromkorrektions⸗Arbeiten im Rhein schreibt man der „Elberf. Ztg.“ aus St. Goar: Die Felsräumungen unterhalb Oberwesel auf den sogenannten Glaslagen am Tauberwörth, sowie im Cauber Wasser haben lohnenden Fort⸗ gang. Die Verbesserung des Fahrwassers an diesen Stellen dürfte jedenfalls von großem Werthe für die Schiffahrt erscheinen. Die Bohrungen auf der oberen Felspartie der sieben Jungfrauen, der sogenannten Fuhrtslei, welche hoch und schroff aus dem Wasser zu Tage tritt und im Winter die Eisstopfungen begünstigt und dadurch namentlich für Oberwesel wegen des plötzlich eintretenden Stauwassers und der Eisschiebungen gefährlich ist, werden emsig betrieben. Die Fertigstellung einer großen Anzahl tiefgecender Bohrlöcher soll in ca. 4 Wochen zu erwarten sein und dann mit einem Schlage die Be⸗ seitigung der ganzen Felspartie bewerkstelligt werden ein Moment, welcher für Zuschauer nicht ohne Interesse sein dürfte. Die Ver⸗ bauung der rechtsseitigen Buhnen unterhalb der Lorelei im sog. Fabian naht ihrem Ende, und es soll dann Alles, was disponibel wird, zur rascheren Vollendung des großen Baues unterhalb St. Goar, der Stromspaltung am Ehrenthaler Wörth, mit zur Verwendung gelangen. An letzterer Baustelle herrschte eine unge⸗ mein rege, ameisenartige Thätigkeit. Drei große Maschinen sind in steter Bewegung, die eine, um den Kies zu lockern und die beiden andern, um die Kiesmassen zu Tage zu fördern. Ein mobiler Raddampfer besorgt das Schleppen der beladenen Kiesnachen nach der Anschüttungsstelle, einer beinahe 1 ½ km langen Längsbuhne, zu deren Fertigung der seit Jahren am Rheine gelagerte Schutt von dem in der Nähe gelegenen Bleierzaufbereitungswerke Prinzenstein mit beitragen mußte, weil die ober⸗ und unterhalb St. Goar ge⸗ legenen Steinbrüche den Materialienbedarf in der erforderlichen Frist nicht zu liefern vermochten. Nach geschehener Ausführung der letzt⸗ gedachten Stromkorrektion soll dann zum Umbau des hiesigen Hafen⸗ bassins geschritten werden. ,

Gestern hat in Dresden die feierliche Einweihung der dritten Elbbrücke, die den Namen Albertsbrücke erhielt, statt⸗ gefunden. Der großartige Bau wurde im Sommer 1875 begonnen.

Im Verlage von Th. Schäfer in Hannover ist soeben das „Handbuch für Staats⸗Eisenbahn⸗Beamte“ in zweiter Auflage erschienen. Dasselbe enthält diejenigen Gesetze, Verordnungen und ministeriellen Erlasse, welche für den administrativen Dienst bei den Staats⸗ und unter Staatsverwaltung stehenden Privat⸗Eisen⸗ bahnen von besonderer Wichtigkeit sind. Die vorliegende zweite Auf⸗ ass bringt der ersten gegenüber ein wesentlich erweitertes und ver⸗ vollständigtes Material und erscheint ebenso geeignet als Nachschlage⸗ buch für die Beamten nützlich zu werden, wie sie sich durch die Voll⸗ ständigkeit und Quellenmäßigleit des Stoffes beim Studium für die für Subaltern⸗, Stations⸗ und Expeditionsdienst eingeführten Prü⸗ fungen als förderliches Hülfsmittel erweisen wird.

Plymouth, 19. November. (W. T. B.) Der Hamburger Postdampfer „Lessing“ ist hier eingetroffen.

Southampton, 19. November. (W. T. B.) Der Dampfer . norddeutschen Lloyd „Hannover“ ist hier ange⸗ ommen.

Berrlin, 20. November 1877.

Verein für Geschichte der Mark Brandenburg.

Sitzung vom 14. November 1877. Die jüngst veröffent⸗ lichten Arbeiten von Heidemann über den märkischen Chronisten Wusterwitz und von Isaacsohn über das brandenburgisch⸗preußische Beamtenthum des siebzehnten Jahrhunderts gaben Anlaß zu einer längeren Besprechung, welche namentlich bei den Kurfürstlichen Räthen Levin, Hempo und Thomas von dem Knesebeck verweilte.

Hieran knüpfte Herr von dem Knesebeck⸗Tilsen Mit⸗ theilungen über die Bibliothek, welche durch testamentarische

Bestimmunz des Thomas von dem Knesebeck im Jahre 1621 begründet, seitdem zu stattlichem Umfange angewachsen ist und jetzt in neu hergerichteten, würdig geschmückten Räumen des Schlosses zu Tilsen aufgestellt wird. Herr von Redern⸗Wansdorf legte die Fortsetzung seiner systematisch geordneten Auszüge aus mär⸗ kischen Kirchenbüchern vor. Nachdem die Arbeit für die Kirchen⸗ bücher des Ländchens Glie beendigt ist und als ein Theil des 14. Bandes der Vereinsschrift („Märkische Forschungen“) demnächst zur Ausgabe gelangen wird, ist der Verfasser auf die Kirchenbücher von Spandau, Oranienburg und Umgegend übergegangen, die eine so reiche Ausbeute liefern, daß die aus diesen Quellen gesammelt n Nachrichten, welche den im Jahre 1878 zu druckenden 15. Band der „Märkischen Forschungen“ füllen werden, jetzt schon sich auf 817 Fa⸗ milion erstrecken.

Das Jahresfest des in der Lützowstraße 24 und 25 belegenen Elis⸗ „Kranken⸗ und Diakonissenhauses fand, wie stets, so auch diesmal am 19. November, am Geburtstage der Hochseligen Königin Elisabeth statt. Der General⸗Superintendent Dr. Büchsel hielt die Festpredigt. Dem Bericht des Pastor Kuhlo, welcher auch die Liturgie leitete, entnehmen wir, daß gegenwärtig im Kranken⸗ hause 3 Diakogissinnen. 17 Novizen und 5 Probe⸗Novizen hätig sind. Die Zahl der zu verpflegenden Kran⸗ ken hat sich in der letzten Zeit bedeutend vermehrt. Im Laufe der letzten 10 Monate sind Seitens der Anstaltsschwestern bei 88 Familien zusammen 800 Nachtwachen und 460 Tagwachen ge⸗ leistet worden. 80 Kranke wurden im Laufe der letzten 10 Monate in der Anstalt in Summa 3288 Tage lang unentgeltlich, 25 Kranke 1031 Tage lang zu halben und 12 Kranke 386 Tage lang zu er⸗ mäßigten Preisen verpflegt. Die Einnahmen der Anstalt haben seit dem 1. Januar d. J. 10 632,74 betragen. Seit dem 1. Ja⸗ nuar d. J. ist der Anstalt auch noch die Krankenpflege in der St. Lukas⸗Parochie und in den hiesigen Gefängnissen übertragzen worden.

2 Der 6. wissenschaftliche Vortrag des Professors und2 redigers Dr. Paulus Cassel, findet am Donnerstag, . Abends 6 Uhr, in der Aula des Friedrich⸗Wilhelms⸗Gymnasiums statt und wird über den „letzten und den ersten König“ (Darius und Alexander) handeln.

„Dresden, 18. November. In Folge des Trauerfalles in der Königlichen Familie konnte die bereits zum Oktober angesetzte Er⸗ öffnung der Ausstellung der Gewinngegenstände zur Lotterie des Albert⸗Vereins nicht stattfinden. Dieselbe soll nunmehr auf Befehl der Königin am 21. November dieses Jahres erfolgen.

Die Königliche Oper hat sich mit der am Sonnabend er⸗ folgten Wiederaufnahme von Cosi fan tutte“ („So machen es Alle“) den Dank aller Verehrer Mozarts verdient. Es ist un⸗ bestreitbar, daß dieses Werk, obgleich es zu den formvollendetsten und gereiftesten des Meisters gehört, in Bezug auf fesselnde Cha⸗ rakteristik, auf welchem seme Mozart doch sonst so Vorzügliches leistet, wenig bietet, freilich aber auch dem Terxtbuche nach nicht bieten kann. Dieses letztere hat bekanntlich in neuerer Zeit wegen der im Original⸗Libretto des Abbate Lorenzo da Ponte enthaltenen Anstößigkeiten eine vollständige Umarbeitung erfahren müssen, um eine Aufführung überhaupt möglich zu machen; dadurch ist jedoch nicht nur der Titel eigentlich sinnlos, sondern die ganze Lösung auch eine geradezu entgegengesetzte, und die letzten Nummern ihrem Terxt und ihrer musi⸗ kalischen Empfindungsmalerei nach eigentlich unverständlich geworden. Ganz abgesehen davon, ist aber die musikalische Charakterisirung der verstellten Empfindung, wie sie sich hier fast durch das ganze Stück zieht, eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit, und daran scheiterte auch bereits die erste Aufführung, die das Werk im Jahre 1790 (am 26. Januar) in Wien gefunden hat, denn die Oper brachte es schon damals nur auf wenige Wiederholungen und verschwand bald wieder vom Reper⸗ toire. Aus allen diesen mißlichen Umständen aber erklärt sich hinlänglich, weshalb die Oper bei allen ihren großen formalen Schönheiten (ihre Entstehung fällt in die reifste Zeit des großen Tondichters, zwischen „Don Juan“ und „Zauberflöte“) zwar bei den Kennern hat Bewun⸗ derung und Verehrung finden, aber nie populär werden können. Auch an der Königlichen Oper hat sie nie so dauernd sich auf dem Repertoire zu halten vermorht, wie die andern Meisterwerke Mozarts. Diesmal ist dieselbe von Hra. Direktor v. Strantz neu in Scene gesetzt und die Hauptrollen in die Hände der Damen Frls. Grossi (Isabella), Horina (Rosaura) und Lehmann (Dol’res), sowie der Herren Salomon (Onofrio), Ernst (Fernando) und Schmidt (Alvar) gelegt und unter Leitung des Hrn. Kapellmeisters Radecke am Sonnabend zum ersten Male seit mehrjähriger Unterbrechung wieder aufgeführt worden. Die Vorstellung zeugte in der exakten Ausführung besonders der schwierigen Ensembles von sorgfältigstem Studium, und den Hauptdarstellern fehl'e für ihren Fleiß die wohlverdiente Anerkennung des Publikums keineswegs.

Seit geraumer Zeit herrscht in den Räumen des Kroll⸗ schen Etablissements reges Leben. Es gilt dem Aufbau der Weihnachts⸗Ausstellung, welche am nächsten Sonnabend er⸗ öffnet werden soll. Um dieselbe so glänzend als möglich herzustellen, ist die Direktion mit den ersten Künstlern Berlins in Verbindung getreten und sind weder Mühe noch Kosten gescheut worden. Der großen Vorbereitungen wegen muß das Theater am Donnerstag und Freitag geschlossen bleiben.

In Böttchers Soiréen im Konzertsaale des Königlichen Schauspielhauses werden bis zu ihrem bevorstehenden Schlusse noch die Cyklen „Das jetzige London“ und „Kometen und Meteore“, sowie ferner „Unter⸗Italien von Messina bis Neapel und Pompeji“ und hierzu im astronomischen Theile „Die Sonne und die großen Pla⸗ neten“ Gegenstand der instruktiven Unterhaltung sein. Die beiden letztgenannten Nummern bilden das Programm der laufenden Woche.

Eingegangene literarische Neuigkeiten.

General⸗Feldmarschall Graf v. Wrangel. Ein Gedächtniß⸗ blatt zu Ehren des Verewigten. Separ.⸗Abdr. aus d. Nordd. Allg. Ztg. Berlin, 1877. Dr. u. Verl. d. Nordd. Buchdr. u. Verlags⸗ anst. 4.

Die Feldherrnkunst des neunzehnten Jahrhunderts. Ein Handbuch zum Nachschlagen, zum Selbstudium und für den Unter⸗ richt an höheren Militärschulen. Von W. Rüstow, Eidg. Oberst ꝛc., 3., mit einer Schilderung des amerikanischen Bürgerkrieges vermehrte u. bis zur Gegenwart (1877) fortgeführte Auflage. 1. Lfg. Mit einer Figurentafel. Zürich, Fr. Schultheß. 1878. Forstliche Blätter. Zeitschrift für Forst⸗ und Jagdwesen. Herausgegeben von J. Th. Grunert, Königlich Preußischer Ober⸗ Forftmeäster ꝛc., und Professor Dr. Bern. Borggreve, Königlich reußischer Oberförster ꝛc. 14. (3. Folge 1.) Jahrg. 1877. 11. Hft. November. Berlin u. Leipzig, 1877. Verl. v. H. Voigt. 4. Jahresbericht über die Beobachtungs⸗Ergebnisse der im Königreich Preußen und in den Reichslanden eingerichteten forstlich⸗meteorologischen Stationen. Das Jahr 1876. Herausgegeben von Dr. A. Müttrich, Prof. a. d. Kgl. Forstakademie zu Eberswalde ꝛc. 2. Jahrg. Berlin 1878. Verl. v. J. Springer. Die Frau. Ihre Stellung und Aufgabe in Haus und Welt. Von Mathilde Lammers. Leipzig, Verl. v. Veit & Co. 1877. kl. 8. Der Grillenscheucher. Originalgedichte zum Vortrag in geselligen Kreisen. Scherz und Ernst in hoch⸗ und plattdeutscher

Sprache von Daniel Bartels. 1. Thl. 5. Auflage. Hamburg, F. H. Nestler & Melle. 1877. 16.