1878 / 2 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 03 Jan 1878 18:00:01 GMT) scan diff

gestellte Beamte wenden und von ihnen die Enthüllung der That⸗ sachen verlangen, die ihnen bekannt, oder die Mittheilung der gericht⸗ lichen Aktenstücke, die ihnen anvertraut sind. Der Richterstand muß naturgemäß bereit sein, Nachforschungen zu unterstützen, die kein an⸗ deres Ziel haben und haben dürfen, als die Freiheit und Aufrichtig⸗ keit der Wahloperationen zu sichern und mit Gewißheit alle mit dene

eugnisse aufgeforderte Richter hat vermöge seines Berufes selbst besondere Pflichten der Verschwiegenheit und Zurückhaltung, die er nicht von sich abschütteln kann. Ehe er Rede steht, wird er daher seine hierarchischen Vor befragen; seine Bedenken werden bis zu Ihnen gelangen.

selben zusammenhängenden Akte festzustellen;

den dann in den Rathschlägen, die Sie ihm

des ihnen gewordenen Auftrags entledigen, den Vorrechten in Einklang zu bringen, sind, um das ihr von dem Gesetze zu erfüllen. Dasselbe gilt von der Mitth

Aktenstücke. 8, speziell, Herr Generalprokurato

Gesetzen das zu halten. Sie dürfen Familie, Untersuchung auferlegen.

berichten und mit aufmerksamer Prüfung und gutem Glauben wird es uns hoffentlich gelingen, Konflikte hintan zu halten, die Niemand würde, als wir selbst. Empfangen Sie u. s. w.

mehr bedauern J. Dufaure.“

3. Januar. (W. T. B.) Das „Journal officiel“ zum Botschafter in Zur anderweiten Deputirtenwahl die Wahlen für ungültig er⸗ hlten ihr Mandat

publizirt die Ernennung Fourniers Konstantinopel.

in 9 Wahlbezirken, in welchen

klärt worden waren, oder in denen die Gewä niedergelegt hatten, ist der 27. d. anberaumt.

Bordeaux, 2. Januar.

(W. Empfange des Maires von

Angriffe zu widerstehen. sich niemals zuf Abwege ziehen lassen.

daran gedacht, fuhr er fort,

weder für die Bonapartisten

ihnen denke noch für Andere

oder

aus der parlamentarischen Majorität zu

ISbzhre eg r 1 Italien. Rom, 2. Januar. (W. T. 89 Die „Italie“ erklärt die Gerüchte, nach denen der König bei

Neujahrsempfangekriegerische W

sollte, für unbegründet und fügt hin sich nur darauf beschränkt, von der gegen

Situation in Europa zu sprechen und

Vertretern der Nation zu empfehlen. Die heroor, daß auch alle Gerüchte von angeblichen stungen, sowie von kriegerischen Absichten der Regierung un begründet

8 die Minister Unter⸗ redungen mit Gambetta gehabt hätten über die Allianz⸗ 85 angesichts der bevorstehenden Ereignisse einzunehmen wäre. Der französische Botf after, zu Ehren Gambetta's,

seien; ebenso unrichtig sei es, da frage und die Haltung, wel Marquis de

Noailles, gab

anvertraute ges

aber der zum

geben,

eilung

T. B.) Bei

bilden.“”

Ar.,,

0

welcher morgen nach Nizza abreist, ein großes Diner.

Griechenland. Athen. Nach

den Informationen,

welche der Kriegs⸗Minister auf Interpellation von Seiten des Deputirten Koronaios über den Stand der Landarmee

abgegeben hat, wird dieselbe aus 25 326 von find 764 Offiziere, 110 Fähnriche,

oldaten und Unteroffiziere, 2736 Jäger,

Mann gebildet. Da⸗ 15 532 Infanterie⸗ 1793 Artilleristen,

807 Kavalleristen, 1632 Mann Genietruppen, 163 Arsenal⸗ arbeiter, 32 beim Gensd'armerie⸗Kommando, 1792 Fuß⸗Gens⸗ armen, 91 berittene Gensd'armen, 155 supernumeräre Unter⸗ ffiziere, 112 Mann der ersten Lazareth⸗Compagnie, 141 der weiten Lazareth⸗Compagnie und 56 Garnisonsmusiker. Die

Cadres sind nicht komplet; es fehlen no

ch 2450 Mann dazu.

ie Marinemannschaften betragen 2790 Mann.

Amerika. New⸗York, 29. Dezemb

Die mexikanischen Behörden

Grande⸗Grenze Bekanntmachungen

welche mexikanische Unterthanen warnen,

elchen künftigen Ruhestörungen, die in werden möchten, zu betheiligen. —— 2. Januar.

haben an

er. (Reuters Bureau.) der Rio anschlagen lassen, sich nicht an irgend El Paso versucht

(W. T. B.) Die Staatsschuld der

Vereinigten Staaten hat im Monat Dezember um

2 000 Doll. abgenommen. am 31. Dezember 139 518 000 Doll. in Doll. in Papiergeld.

Im Staatsschatze befanden sich

Gold und 5 499 000

Der russisch⸗türkische Krieg. London, 2. Januar. (W. T. B.) In mehreren eng⸗

lischen Städten haben die Erhaltung der Neutralität gefunden. Von der Handelskammer in

weitere Kundgebungen für

Englands statt⸗ Bradford wurde

eine Resolution zu Gunsten der Neutralität einstimmig an⸗

genommen. Die Handelskammer

Neutralität aus.

skan in Leeds sprach sich mit allen gegen 3 Stimmen in einer Resolution für die absolute Bei einer Arbeiterversammlung in Roch⸗

dale hielt der Bischof von Manchester eine Ansprache, in welcher er betonte, daß weder die Besitzer beun Konstanti⸗

nopels durch russische Truppen, noch die danellen britische Interessen gefährde.

Bischof die Erwartung aus, daß das englische Vol

effnung der Dar⸗ Sodann prach der sich laut

gegen einen Krieg zu Gunsten der Türkei erklären werde.

(W. T. B.) Carnarvon, leuten vom Kap, welche die Bef daß ihre Interessen im Falle einer

lung im Orient vernachlässigt werden könnten.

Der Staatssekretär der Kolonien, empfing eine Deputation

von Kauf⸗ ürchtung aussprach, weiteren Verwicke⸗ Carnarvon

erklärte denselben, trotz des Falles von Plewna sehe er keine

materielle Aenderung der Situation; die Haltun

sei ebensowenig verändert. Obgleich Engl sei, die mexeßen der Türken als solche sei die Regierung doch entschlossen Anfang an gewesen bei der

Frage ihre Stimme geltend zu machen.

nglands bei der russischen Regierung, betreffe, so

Mediation angeboten,

England keine In dem gewöhnlichen

ervention in

Englands and nicht vorbereitet zu unterstützen, so wie sie dies von

Regelung der orientalischen

Was den Schritt habe ebensowenig eine inne. „Wir haben,

gesetzten Sie wer⸗ nicht ermangeln, die den Vertretern einer großen politischen Körperschaft, welche sich schuldigen Achtung mit die der Justiz nothwendig

schaftliche Amt der gerichtlichen r, steht nach den echt zu, sie der Oeffentlichkeit preiszugeben oder geheim 1 die Rücksichten nicht vergessen, welche bald das öffentliche Interesse, bald die Ehre eines Individuums oder einer bisweslen auch das Bedürfniß einer noch nicht beendeten Im Zweifel werden Sie gefälligst an mich

dem Bordeaux erklärte Ge⸗ neral Rocheboust, die Gerüchte hinsichtlich der Vor⸗ gänge in Limoges seien nicht ernster Natur. Die dort ertheilten Befehle seien nur eine Wiederholung der bereits von seinem Vorgänger erlassenen gewesen.

G 9 Sie seien defen⸗ siver Art gewesen, nicht um anzugreifen, s

ondern um einem Der General fügte hinzu, er werde „Ich habe niemals einen Staatsstreich auszuführen, Sie wissen, was ich von von denen Sie, wie ich, wissen, daß sie unmöglich sind. Niemals hat der sein Kabinet an einen Staatsstreich gedacht, theil, das Kabinet hat dem Marschall gerathen, ein

Marschall im Gegen⸗ Ninisterium

dem gestrigen rte gesprochen haben zu, der König habe wärtigen schwierigen Eintracht unter den „Italie“ hebt weiter

Sofia.

und 5000 Bulgaren Scharkibi geräumt und sich nach Sofia zurückgezogen haben.

fuhr Carnarvon fort, nur Eröffnungen des einen Kriegführen⸗ den bezüglich des Friedens an den anderen übergeben. Ich kann in der Antwort Rußlands keine Beleidigung oder Be⸗ schimpfung Englands sehen; ich hoffe aufrichtig, daß die russische Regierung und das russische Volk nicht vergessen werden, daß die gegenwärtigen Fragen solche sind, deren Regelung nicht den Kriegführenden allein zusteht. Es handelt sich um europäische seeen. Wir, als ein Mitglied der europäischen Familie, haben nicht nur ein Recht, darüber ge⸗ hört zu werden, sondern es ist sogar sehr wichtig, daß wir eine entscheidende Stimme bei der definitiven Regelung der obwaltenden Fragen haben. Ich glaube, es giebt wenig Per⸗ sonen, welche sich des Krimkrieges mit Genugthuung erinnern; ich bin gewiß, es giebt Niemanden in diesem Lande, der so thöricht wäre, eine Wiederholung desselben zu wünschen.“

3. Januar. (W. T. B.) Die „Morningpost“ erfährt, daß der gestrige Kabinetsrath dahin über⸗ eingekommen sei, die russische Antwort auf das Ver⸗ mittelungsanerbieten Englands nicht als den Schluß der ewglischen Aktion zu betrachten. Es sei beschlossen worden, vor der Uebermittelung der russischen Antwort an die Pforte in St. Petersburg anzufragen, welche Bedingungen 8 einen Waffenstillstand die russischen Commandeure zu ordern instruirt seien. Heute findet abermals ein Minister⸗ rath statt.

Der „Standard“, sowie die sprechen sich sehr befriedigt über die Rede des Staats⸗ Sekretärs Carnarvon aus. Die „Times“ meint, die⸗ selbe sei dazu angethan, die Beunruhigung und die Auf⸗ regung im Lande endgültig zu beschwichtigen. „Times“ glaubt, eine Politik, welche durch solche staatsmännische An⸗ sichten und Prinzipien geleitet würde, wie sie Carnarvon dar⸗ gelegt habe, würde die einmüthige Unterstützung des Landes Die „Daily News“ spricht sich im gleichen Sinne aus.

liberalen Morgenblätter

Europäischer Kriegsschauplatz.

St. Petersburg, 3. Januar. (W. T. B.) Offizielle Telegramme aus Bogot, 31. Dezember: Nach hier eingegan⸗ genen Meldungen vom 30. Dezember sind die Truppen des westlichen Detachements von der Front bis Babakonak vorgerückt und befinden sich auf dem Vormarsch gegen die türkischen Positionen bei Arabkonak und Schander⸗ nik, welche Ortschaften der Feind besetzt hält. Am 29. De⸗ zember räumten die Türken Lutikowo, wo die Russen darauf einzogen. Das Wetter ist in den Bergen sehr un⸗ günstig; der Eisgang auf der Donau dauert fort; es ist zu erwarten, daß das Eis bald feststehen bleibt. Ueber die Einnahme von Pirot durch die serbischen Truppen werden folgende Details gemeldet: Nach der Be⸗ setzung von Babinaglava und der Lennahtn: des Passes St. Nikolai wurde ein starkes Detachement gegen das be⸗ festigte Lager von Budindol dirigirt, welches Pirot von Norden her deckte. Das Lager bestand aus mehteren Reihen von Befestigungen auf beiden Ufern der Ni awa, zwischen den Dörfern Stanetschno⸗Nischar und Sapot. Da das Lager stark besetzt war und beinahe unangreifbar von der Front her erschien, wurde entschieden, zuerst Ak⸗Palanka und dann Pirot anzugreifen. Am 24. Dezember begann der Angriff. Die rechte Kolonne griff Ak⸗Palanka an und nahm dasselbe ein. f diesem Tage eine Kanonade gegen Budindol und führte de⸗ monstrative Angriffe gegen diesen Ort aus, um die Auf⸗ merksamkeit des Feindes abzulenken. Die gesammte Reserve blieb in Babinaglava. Am 26. Dezember rückte die rechte Kolonne von Ak⸗Palanka aus gegen Pirot vor. Am 27. De⸗ zember, Morgens 8 Uhr, griff dieselbe die linke Flanke der türkischen Position an, besetzte am Nachmittag gegen 4 Uhr Blata und Belajewa und verweilte daselbst während der Nacht. Bei dem ersten Schuß, welcher von der rechten Kolonne ab⸗ gegeben wurde, begann die linke Kolonne den Angriff von der Front her, bemächtigte sich Stanetzkas und stellte die Füh ung mit der rechten Kolonne her. Am 28. Dezember, ei Anbruch der Morgendämmerung, wurde der Kampf auf der ganzen Linie wieder aufgenommen. Bereits um 11 Uhr Morgens zog die rechte Kolonne in Pirot ein, und wurde daselbst von den Einwohnern, an deren Spitze sich die Geist⸗ lichkeit befand, empfangen. Die linke Kolonne überwand den artnäckigen Widerstand der Türken erst, nachdem diese die

achricht erhalten hatten, daß die in ihrem Rücken befindlichen Befestigungen genommen seien. Der Verlust der serbi⸗ schen Truppen beträgt über 50 Todte und gegen 150 Ver⸗ wundete. Die Türken, welche 6 Tabors stark gewesen waren, haben sehr große Verluste erlitten. Die ganze Posi⸗ tion war mit Leichen bedeckt. 23 Geschütze fielen in die Hände der Serben. 2. d.: Nach achttägigem anstrengenden Kampfe gegen Frost, Schnee und Sturm und gegen das bergige Terrain hat General Gurko den Balkan überschritten und ist mit seinem Corps in die Ebene von Sofia hinabgestiegen. Am 31. v. M. besetzte der General nach einem hartnäckigen Kampfe bei Taschkosen, welcher bis 6 Uhr Abends dauerte, die be⸗ festigten Positionen dieses Ortes mit Ausnahme einer Redoute bei einem Wachtposten. In der Nacht verließen die Türken sämmtliche Positionen. Am 1. d. früh begannen die Russen die Verfolgung des Feindes und besetzten rabkonak, Schan⸗ dernik und Dolni Komarzi. Ein Theil der russischen Infan⸗ terie drang in der Richtung auf Petrikibi vor, ebendahin auch die Garde⸗Kavallerie über Bolowo und Tscherkesskiöi. Den übrigen Theil der ermatteten Mannschaften ließ General Gurko ausruhen und begann sodann den Vormarsch gegen Am 1. d. mußte sich das Detachement von Etro⸗ pol mit dem Detachement von Tschelopeja unter Ge⸗ neral Brock vereinigen, um nach öglichkeit die Türken von Petritschewo abzuschneiden. Der Verlust der Russen am 31. v. Mts. betrug 700 Todte und Verwundete. Unter letzteren befindet sich der Commandeur des Volhynischen Regi⸗ ments, General Mirkowitsch.

Konstantinopel, 2. Januar. (W. T. —.) Nach aus Sofia hier eingegangenen Nachrichten ist zwischen Ichtiman und Sofia ruefstfcghe⸗ Kavallerie eingetroffen und hat den Telegraphen und die Brücke von Iskor zerstört. Aus Rasgrad werden kleinere Scharmützel gemeldet, die am 30. v. M. bei Mehemdlar und Mariani sfatt gernecbe haben. Ein Telegramm des bisherigen Kommandanten von Scharkiöi bestätigt, daß die türkischen Truppen in Folge des am Freitag stattgehabten Kampfes gegen 20 serbische Bataillone

Die linke Kolonne eröffnete an

türkischen Armee von Sofi

Kurschumlja, Oskonb und Lesko watz bemächtigt. Die Gar⸗ nison von Kurschumlja trat nach einem Kampfe gegen über⸗ legene Kräfte den Rückzug an.

Wien, 2. Januar. (W. T. B.) Der „Polit. Korresp.“ wird aus Bukarest vom gestrigen Tage gemeldet: Die Russen besetzten bereits mehrere von den Türken bestigte Ort⸗ in der nächsten Umgebung von Sofia. Sofia selbst ist von den meisten Seiten eingeschlossen.

Varna, 28. Dezember. (Telegr. des W. „Fremden⸗ blatt’.) Dem Vernehmen nach werden die Türken auch nach dem Abzuge der Truppen Suleiman Paschas aus Bulgarien die Stadt Sulina an der Donaumündung besetzt halten.

Der „R. Mir“ erfährt, daß Osman Abdul⸗Davud und Mahmed⸗Nadshi Tambow, Mamud⸗Gunib und Suleiman Rjasan zum Aufenthalt angewiesen werden wird. Die bei der Einnahme von Plewna zu Kriegs efan⸗ genen gemachten Soldaten werden in verschiedenen Städten des Innern internirt. Seit dem 18. (30.) Dezember sollen täglich 3200 Mann aus Bukarest nach Rußland befördert wer⸗ den. Wie der „Golos“ erfährt, wird die Rückkehr des Groß⸗ fürsten⸗Thronfolgers und der Großfürsten Wladimir und Alexei Alexandrowitsch nach St. Petersburg am 22. oder 23. Dezember (a. St.) erwartet.

Vom bulgarischen Kriegsschauplatze wird der „Pol. Korr.“ aus Simnitza vom 26. Dezember berichtet:

„Die Pause, welche nach dem Falle von Plewna in den Kriegs⸗ operationen eingetreten ist und die durch den Eintritt des schlechten Wetters um einige Tage sich verlängert hat, dürfte mindestens noch zehn Tage dauern. Nichtsdestoweniger ist die auf dem Kriegsschau⸗ platze herrschende Ruhe nur eine scheinbare, man könnte sogar sagen, daß die Pause nicht in den Operationen, sondern nur in den Ereig⸗ nissen eingetreten ist. Diese letzteren befinden sich im Stadium der Vorbereitung, die Operationen aber, welche zu den Thatsachen führen sollen, sind im vollen Gange. In keinem Abschnitte des Krieges ist russischerseits eine größere Thätigkeit, man könnte fast sagen Hast, an den Tag gelegt worden, wie jetzt. Es sieht gerade so aus, als wenn der Krieg von Neuem beginnen würde; nur die Operalions⸗ basis ist weitergerückt.

Nach Bessarabien war es Rumänien, nach Rumänien war es die Donau, jetzt ist Ober⸗Bulgarien der Centralpunkt der russischen Offensive oder vielmehr Invasion geworden. Erst seit dem Falle von Plewna hat die russische Kriegsleitung ihre ins Auge gefaßte natürliche Operationsbasis wieder gewonnen. or den mör⸗ derischen, für die Russen so unheilvollen Kämpfen von Plewna war das Hauptquartier des Großfürsten Nikolaus schon in Tirnowa auf⸗ geschlagen worden. Jetzt erwartet man wieder, daß es dorthin ver⸗ legt wird Es scheint eine ausgemachte Sache zu sein, daß man nur das Ende der verschiedenen vorgenommenen Truppenoerschiebungen abwartet, um das Hauptquartier näher an den Balkan zu verlegen. Dieses Mal dürfte die Ver⸗ legung des Hauptquartiers gleichzeitig einen mit starken Truppen⸗ massen auszuführenden Balkanübergang bedeuten; denn von der Donau bis zum Fuße des Balkans sieht man in einer Front von mindestens 150 Kilometer einen gewaltigen Aufmarsch sich voll⸗ ziehen, welcher binnen acht bis zehn Tagen beinahe ganz beendigt sein wird. Der Hauptstoß dürfte aber doch nicht beim Schipka⸗ oder Trojanpasse, sondern auf dem rechten Operationsflügel der russi⸗ chen Armee erfolgen. Starke Abtheilungen haben nämlich die Direktion auf Vraca und Berkowica genommen und werden in einigen Tagen über den Ginzipaß im Sofiathale angelangt sein. Die Aufrollung der türkischen Stellungen jenseits des Balkan würde also im westlichen Sofiathale beginnen, so daß die türkische Armee in Sofia nicht nach Westen, sondern nach Osten zurückgedrängt werden würde, und die Armee des Generals Gurko ihre defensiven Stellungen nur in dem Augenblicke verlassen müßte, als die aus dem Ginzipasse vor⸗ dringenden Abtheilungen die türkische Armee zwischen zwei Feuer ge⸗ bracht und dieselbe zum Rückzuge nach Osten oder nach Süden ge⸗ zwungen haben würden. Sodann würde der Vormarsch über den Balkan durch den Hankiöi⸗, Schipka⸗, Trojanpaß und die anderen weniger wichtigen Pässe vor sich gehen und die Vereinigung aller russischen Abtheilungen in der rumelischen Ebene stattfinden. Dieser Operationsplan hat unstreitig große Vortheile. Einmal ist das Balkangebirge in seiner westlichen Abflachung viel leichter passir⸗ bar; weiter erspart sich die russische Kriegsleitung durch diese Umgehungsoperation die immerhin nur mit namhaften Opfern mögliche Forcirung des Balkanüberganges durch die Pässe, deren Ausgänge von den Türken befestigt und bewacht sind; schließlich wäre damit russischerseits die Konzentrirung aller noch di poniblen operationsfähigen türkischen Truppenkörper im rumelischen Becken er⸗ reicht und dadurch auch die massenhafte Konzentrirung der russischen Armee zu einem 8 entscheidenden Schlage erleichtert. Es scheint, daß man nicht mehr in den am Anfange des Feldzuges gemachten Fehler der Kräftezersplitterung verfallen und deswegen nur dann zum Vormarsche über den mittleren Balkan schreiten will, wenn man sich östlich vor jeder Flankendiversion gesichert haben wird. Alle Truppen⸗ bewegungen deuten bis jetzt auf das eben hin. Der Vor⸗ marsch starker Kolonnen auf Berkovica, die erstärkung der Armee des Generals Gurko durch anderthalb Divisionen, die Konzentration einer großen Centrumsarmee vor den mittleren Balkanpässen zwischen Tirnowa, Gabrowa und Selwi sind lauter Operationen, welche für die ETII11u6““; des hier in Militärkreisen cirkulirenden Planes sprechen.

Hier ist seit der Abreise des Kaisers und des Fürsten Karl eine Ruhe eingetreten, welche in diesen Tagen nur durch starke Trans⸗ porte türkischer Gefangenen und einer ziemlich großen Zahl von Blessirten und Kranken beider Armeen unterbrochen worden ist. Lange dürfte diese Ruhe nicht währen, da der Eisgang der Donau die Kriegsbrücke auf der Insel Boatin fast ganz zerstört hat und dadurch der größte Theil der Durchzüge an Truppen, Kriegsmaterial und Proviant wieder auf unsere Brücke angewiesen ist. Die Donau ist zwar wieder ganz eisfrei und statt des starken Frostes ist ein Gußregen eingetreten, aber von den Uebelständen, welche der Frost und denen, die das Regenwetter mit sich bringt, müßte doch der Frost der erwünschtere sein, da derselbe wenigstens die Straßen fahrbar macht, man jetzt wieder in einem meilenweiten Kothmeere versinkt.

Die Belagerungsarmee für Rustschuk hat gestern den Vormarsch angetreten; der Transport der schweren Belagerungsartillerie dürfte aber durch die Beschädigung der Petrosanibrücke und wegen der grundlosen Wege auf große Schwierigkeiten stoßen.

Der Truppendurchzug hat wieder zugenommen. Aus der Moldau c in den nächsten Tagen 30 000 Mann Reservetruppen er⸗ wartet.“

8 ae Aus Varna, 20. Dezember, schreibt man demselben atte:

„Nach in hiesigen unterrichteten Kreisen verbreiteten Versionen scheint die türkische Kriegsleitung in diesem Augenblicke vor Allem darauf bedacht zu sein, die Verbindung zwischen der Armee des Ge⸗ nerals Gurko und der russischen Centrumsarmee zu verhindern und sodann mit der in aller Eile aus dem Festungsviereck herbeigezogenen Armee die aus den Balkanpässen debouchirenden re ischen Abtheilungen vereinzelt anzugreifen. Durch die Au stel⸗ lung einer 80 000 Mann starken Armee in der Richtung von Eski⸗ Sagra und einer Reservearmee in Hermanli hofft Suleiman Pascha,

relative Ueberlegenheit über die russischen Armeen zu erlangen, wäh⸗ rend Schakir Pascha und Achmed Ejub Pascha, mit der vereinigten

Pascha Rjasan,

berufen worden.

wir melden, 85 jeden einzeln gelungen war, den Sauerstoff fluͤssig zu machen, uüunnd nun theilt unterm 31. Dezember Hr. Cailletet durch die

den Vortheil einer Operation auf der inneren Linie benützend, die

8* 11“ 11“ Hier herrscht in diesem Augenblicke eine fieberhafte Thätigkeit.

Der Hafen ist voll von Kriegs⸗ und Transportschiffen, welche täglich mit Truppen und Kriegsmaterial abgehen, um anderen Platz zu machen, die auch in wenigen Stunden beladen nach Konstantinopel wieder abfahren. Außerdem haben starke Abtheilungen ihren Rück⸗ marsch nach Rumelien über die östlichen Pässe des Balkans ange⸗ treten. Trotzdem schätzen kompetente Fachleute die über unseren Hafen und den Balkan nach Rumelien zurückkehrenden türkischen Truppen in runder Zahl auf nicht mehr als 50 000 Mann, welche allerdings beinahe ausschließlich aus Kerntruppen bestehen. Auf der Eisenbahn Rustschuk⸗Varna passiren täglich mindestens zwanzig Mi⸗ litärüge und man erwartet, daß die Züge bald nur bis Rasgrad werden verkehren können, da eine Blokirung Rustschuks nach dem Rückzuge der türkischen Operationsarmee unausbleiblich erscheint. Nach einem Ausspruche Suleiman Paschas ist Rustschuk für 6 Monate verproviantirt und kann einer Belagerung erfolg⸗ reich widerstehen. Ebenso verhält es sich mit Silistria. Wenn auch viel Uebertreibung in diesen vor Selbstbewußtsein strotzenden Aeußerungen enthalten sein mag, bleibt es doch eine Thatsache, daß während der letzten Monate anhaltend und mit größter Anstrengung an der Instandsetzung der beiden Donaufestungen gearbeitet worden ist, so daß man, bei der den türkischen Soldaten eigenen Zähigkeit im Vertheidigungskriege, sich auf langwierige Belagerungen gefaßt machen kann. Am wenigsten vertheidigungsfähig scheint gerade Varna zu sein, welches, als außer dem Bereiche der Operationen, in diesem Kriege etwas vernachlässigt worden ist, während Schumla geradezu in ein uneinnehmbares verschanztes Lager verwandelt wurde. Seit einigen Tagen wird auch an den äußeren orts von Varna, welche noch nicht vollendet sind, mit aller An⸗ gearbeitet. Man befürchtet einen Vorstoß der russischen Dobrudscha⸗Armee, die man für viel stärker hält, als sie wohl in Wirklichkeit sein mag. Besonders seitdem der Rückzug der türkischen Armee nach Rumelien sich theilweise durch Varna vollzieht, besorgt man die Möglichkeit eines russischen Angriffes als Seesecsg Nach den Berichten jedoch, welche die europäischen Konsulate hier haben, cheinen die Russen vor der Hand nicht entfernt an einen Vorstoß in ieser Richtung zu denken, da die russische Dobrudscha⸗Armee im Verhältnisse zu ihrer Stärke mit der Belagerung von Silistria und der Behauptung der Linie Tschernawoda⸗Medschidje⸗Küstendsche voll⸗ auf zu thun hat.“

Wien, 2. Januar. (W. T. B.) Telegramm des „N. W. Tageblattes“ aus Serajewo: Die bosnische Insur⸗ rektion beginnt wieder lebhafter zu werden. Die türkischen Befestigungen bei Askowitza und Blatno sind von Insurgen⸗ ten angegriffen worden. Die Redifs dritter Klasse sind ein⸗

Asiatischer Kriegsschauplatz. 8 28

Konstantinopel, 2. Janugar. (W. T. B.) Ismail Hakki Pascha meldet, daß die russische Kavallerie, welche Soukzerin (eine Meile von Erzerum entfernt) besetzt hatte, durch türkische Kavallerie von dort vertrieben worden sei.

Smyrna, 31. Dezember. (Telegr. des „W. Fremden⸗ Blatt“.) Bis Mitte dieses Monats zählte die behufs einer Entsetzung Erzerums bei Diarbekir zu sammengezogene Armee im Ganzen blos 14 000 Mann, der es noch dazu an Artillerie fast gänzlich fehlte. Der Kriegsrath soll jetzt entscheiden, ob diese Armee noch vervollständigt, oder in ihrem gegenwartigen Stande belassen werden soll. Im letzte⸗ ren Falle wird sie als Observationscorps zu dienen haben.

Aus Syra wird der „Daily News“ unterm 30.

ult. telegraphirt: 1 8

Vor 185 Freunde in Erzerum, in welchen ich das größte Vertrauen setzen kann, habe ich ein Telegramm, datirt vom Weih⸗ nachtstage, folgenden Inhalts empfangen: „Die Russen schließen die Stadt ein. Alles scheint verloren zu sein und Alles geht schlecht in der türkischen Armee. Ein weiteres Telegramm sagt: „Die Russen versuchen Erzerum via dem Olti⸗Thale und Baiburt zu umgehen. Das Wetter ist sibirisch. Wir erwarten täglich ein Bombardement oder einen Angriff. Der Großfürst Michael und General Loris Melikoff sind, begleitet von 15 Bataillonen und 12 Belagerungs⸗ geschützen, von Kars in Dara⸗Bojun angekommen. Die Bauern werden gezwungen, die Gebirgspfade zu säubern, aber es wird ihnen ein Tagelohn von 30 Piastern gezahlt. Es herrscht die größte Be⸗ stürzung vor. Der Dragoman der persischen Gesandtschaft sandte einen Parlamentär an die Russen, aber derselbe ist noch nicht zurück⸗ gekehrt.“

Aus dem Wolffschen Telegraphen⸗Bureau.

Wien, Donnerstag, 3. Januar. Telegramme der „Presse“ aus Sistowa, 2. d.: Seit gestern sind alle Donaubrücken

Nauf das linke Ufer geschafft worden. Dessertirte Tscherkessen

berichten bei dem Corps des Generals Gurko, daß bei dem türkischen Corps bei Sofia Mangel an Lebensmitteln und Winterkleidern herrsche. Das Corps zählt 27 000 Redifs und Baschibozuks, sowie 2000 Tscherkessen.

Neichstags⸗Angelegenheiten.

Der Vertreter des Fürstenthums Lippe im Reichstage, Stadt⸗ richter Hausmann zu Horn, ist am 30. v. M. u. J. gestorben.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Im wissenschaftlichen Verein in der Sing⸗Akademie wird am Nachmittag um 5 Uhr, der Geheime Legations⸗ Rath Professor Dr. Aegidi den diesjährigen Cyklus der Vor⸗ lesungen mit einem Vortrage „über das heilige römische Reich im Mittelalter“ beginnen. 1

Ein Telegramm der „Daily News“ aus Alexandria meldet die Ankunft des Afrikareisenden Mr. Stanley in Suez, an Bord des Dampfers „Zambesi“. Mr. Stanley hat sich nach Cairo begeben und wird dort eine Woche verweilen. 88

Paris, 31. Dezember. Die Akademie der moralischen und politischen Wissenschaften hat den Freiherrn Alexander v Hübner in Wien an u“ be Lord Stanhope zu ihrem auswärtigen Mitgliede ernannt. 8 1 1 Das wifsenschaftliche Jahr, schreibt Henri de Parrville im „Journal des Déöbats“ schließt gut ab. „Vor acht Tagen konnten

daß es den Herren Cailletet und Raoul Pictet einem

Vermittlung des Hrn. Dumas der Akademie der Wissenschaften mit, daß ihm dieselbe mit dem Stickstoffe und sogar mit dem Wasserstoffe geglückt ist, welcher letztere einen augenblick⸗ lichen Mißerfolg befürchten ließ. Das Erperiment wurde vorgestern im Laboratorium der Ecole normale in Gegenwart der Herren Boussingault,

Henri Sainte⸗Claire Deville, Berthelot, Marcart und anderen voll⸗

zogen und ließ im Geiste dieser hervorragenden Chemiker und Physiker keinen Zweifel zurück: der Stickstoff 8” in Form kleiner Tropfen und der Wasserstoff in Gestalt eines Nebels gesehen worden. So steht es also fest, daß alle Gase der Regel gehorchen und in flüssigen

und von Schipka den General Gurko

Einem Telegramm des Gouver⸗ neurs von Kossowo zufolge haben sich die Serben der Orte

8. in Schach halten würden. Ob dieser Plan nicht auf Illusionen be⸗ ruht, möge allerdings vorerst ununtersucht bleiben. 8

unter einem Druck von 200, bei dem

asserstoff von 280 Atmo⸗ sphären und wird durch die Kälte bewirkt, die bei der Operation bis

Datum in der Geschichte der Wissenschaft.“

Zhaben fünfundzwanzig der nächsten Umgegend die Ver⸗ a

Zustand gebracht werden können. Dies geschieht bei dem Stickstoff Zeitalter, also etwa in die Zeit, welche zwischen dem 12. und

300 Grad unter Null beträgt. Die Kälte und der Luftdruck per int drängen die Gasmolekülen so dicht aneinander, daß sie in flüssigen Zustand übergehen. Da die Luft aus Sauerstoff und Stick⸗ stoff zusammengesetzt ist und ein jedes dieser Gase flüssig gemacht werden kann, so erhellt daraus, daß die Luft selbst dieser Overation mit Erfolg unterzogen werden kann. Hr. Cailletet hat dies bewiesen, indem er ganz trockene und von aller Kohlensäure freie Luft nahm und sie in seinem Apparate flüssig machte. Als er den Hahn öffnete, träufelte die so verwandelte Luft heraus, wie eine parfümirte Flüssigkeit aus einem Verdünster. Wenn man das Experiment nochzweiter verfolgt, so kann die Flüssigkeit in festen Zustand gebracht: und also die Luft in Klumpen verwandelt werden. Die feste Luft ist gewiß eine der größten Eroberungen der modernen Chemie und der 31. Dezember 1877 ein denkwürdiges

Gewerbe und Handel. In der Generalversammlung der Renaissance, Aktien⸗ Gesellschaft für Holz⸗Architektur und Möbelfabri⸗ kation wurde die Liquidation beschlossen. 1“X“ Behufs Gründung einer Zuckerfabrik in Dirschau auf dem Terrain der ehemaligen Cementfabrik fordert, der „Magdb. Iütg. zufolge, ein Comité zur Feichrang von 450 000 Aktien auf. Es

pflichtung übernommen, vom re 1879 ab: 287 ha mit Zucker⸗ rüben zu bestellen. Der Bau soll in zwei Jahren fertig gestellt sein. Das Aktienkapital beträgt 450 000 in 900 Stück Aktien à 500 Die Einzahlung soll in Raten von 10 % nach Bedarf erfolgen.

Der Einlösungscours far die Silber⸗Coupons der Oesterreichischen Eisenbahn⸗Gesellschaften an den deut⸗ schen Zahlstellen ist seit gestern abermals und zwar von 176 auf 175 ½ pro 100 Gulden Silber herabgesetzt werden.

Paris, 31. Dezember. Der Finanz⸗Minister hat den Gouverneuren und dem Verwaltungsrath des Cr édit foncier er- öffnet, daß er zwei Finanz⸗Inspektoren mit der Prüfung der Bücher, Kassen und Depots dieser Anstalt beauftragt und bei ihnen einen Bericht über die allgemeine Lage derselben bestellt hat. b

St. Petersburg, 3. Januar. (W. T. B.) Der ‚Regie⸗ rungsbote“ publizirt eine Kaiserliche Verordnung, wonach das Stammkapital der Odessaer Bank von 5 auf 3 Millionen reduzirt wird. 8000 Aktien werden amortisirt.

Verkehrs⸗Anstalten.

Triest, 3. Januar. (W. T. B.) Der Lloydpostdampfer „Espero“ ist mit der Konstantinopeler Post heute hier einge⸗ troffen.

2. Januar. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Oder“ ist hier eingetroffen.

New⸗York, 2. Januar. (W. T. B.) Der Dampfer „Eng⸗ land“ von der National⸗Dampfschiffs⸗Compagnie (C. Messingsche Linie) und der Hamburger Postdampfer „Pommerania“ sind hier eingetroffen.

Berlin, 3. Januar 1878.

Athen, 17. Dezember. Am 13. d. Mts. hatte sich zur Feier des Geburtstages Winkelmanns in den Räumen des Kaiserlichen archäologischen Instituts hierselbst eine große Anzahl deutscher und griechischer Kunstfreunde zu einer Fest⸗ sitzung zusammengefunden. 1u6

Der geistvolle Vortrag, welchen bei dieser Gelegenheit der Sekretär des Instituts, Professor Köhler, über Herkunft und Alter der mykenischen Alterthümer hielt, wird hier so vielfach besprochen, daß eine Mittheilung der auptgedanken desselben gewiß von allgemeinem .“ sein dürfte.

In der ganzen gebildeten Welt führte Professor Köhler aus haben gleich im Anfang die Funde auf dem durch Sage und Geschichte hochberühmten Boden des gold⸗ reichen Mykene die größte Theilnahme hervorgerufen. Eine Ernüchterung, ja Enttäuschung trat aber ein bei dem näheren Bekanntwerden der gefundenen Schätze.

Vergeblich suchte man in diesen Schmucksachen und Ge⸗ räthen griechische Formenschönheit und Anklänge an alt⸗ hellenische Sage und Sitte zu entdecken. Es wurden selbst Stimmen laut, welche das hohe Alter der mykenischen Funde überhaupt in Frage stellen zu müssen glaubten. Nach den bald darauf in der Nühe Athens, in Sparta gemachten Gräber⸗ funden, welche mit den mykenischen so merkwürdige Ver⸗ gleichungspunkte bieten, können solche Zweifel freilich nicht mehr aufkommen. Trotzdem bleibt es eine unumstößliche Thatsache, daß die in Mykene gefundenen Alterthümer sowohl in Technik als Stil ein durchaus ungriechisches, barbarisches Gepräge tragen. 6“

vran 889 nun zwar, daß auch die älteste griechische Kunst, wie sie uns in den homerischen Gedichten geschildert wird, asiatischen barbarischen Einflüssen unterworfen war. Doch finden sich in diesen Anfängen überall schon Spuren des später zur vollen Entwickelung kommenden griechischen Reanstcheraps Das Ueberraschende und Befremdende bei den mykenischen Alterthümern ist, daß bei ihnen ausschließ⸗ lich nur der orientalische Charakter vertreten ist.

Aus Asien blos importirt, ohne Einwirkung von ein⸗ heimischen Elementen, kann die große Menge der in Mykene gefundenen Gegenstände auch nicht sein. Es wäre dies gegen alle Analogie. Aus welcher Zeit stammen also diese Funde?

Die Vorstellungen, welche auf den Ornamenten und Re⸗ liefs der mykenischen Alterthümer eine Darstellung gefunden haben, sind größtentheils dem Seeleben entnommen. Wir sehen zahlreich Ruder, Meereswellen, Polypen, Fische bildlich nachgeahmt. 1“

24eh tritt uns in der ersten Kunstthäigkeit der Inselbewohner des aegäischen Meeres entgegen. Bekanntlich wurden diese erst spät hellenisirten Inseln ursprünglich von einem aus Asien eingewanderten Stamme, den Karern, be⸗ völkert. Dies elch ungefähr gegen das 12. Jahrhundert vor Christi. Unter ihrem mythischen Könige Minos gewannen diese Karer nicht nur die Seeherrschaft über den ganzen Archipelagos, sondern gründeten auch an den Küstenstrichen von Hellas zahlreiche Kolonien. Die aus der griechischen Lona nicht erklärbaren Namen Hymettus, Lykabettos und andere erinnern noch an diese uralten Ansiedler. Das Symbol des karischen Gottes, die Doppelaxt, findet sich auch auf den mykenischen Schmucksachen abgebildet. Ferner stimmen die zahlreichen Waffenfunde in den Gräbern von Mhkene durch⸗ aus mit den Angaben des Thukndides (I., 8), welcher berich⸗ tet, daß die Karer ihre Todten mit den Waffen zu bestatten pflegten, eine Sitte, die uns von den alten Griechen, - aus den homerischen Gesängen bei der Bestattung der Leiche des Patroklos, nicht bekannt ist. Es hat daher die größte Wahrscheinlichkeit für sich, daß die in Mykene und Sparta entdeckten Gräber auf karischen Ursprung zurückzuführen sind. Das Alter dieser Gräber dürfte mithin zwischen die Ansiede⸗ lung des karischen Stammes in Hellas und das homerische

Der Verein für die Geschichte Berlins hielt am Sonn⸗ abend seine letzte vorjährige Arbeitssitzung ab, in der nach Erledigung der gewöhnlichen geschäftlichen Angelegenheiten zunächst Hr. Baumeister Schäfer einen Vortrag über die Gebräuche des Maurer⸗

ewerkes hielt. An zweiter Stelle sprach Hr. Lehrer Dr. Scheins über den Kelchund hie Pakene⸗welchedie Kitolat⸗Kürchevon Ghes zen Kurfürsten im Jahre 1662 zum Geschenk erhalten hat. Ein kürzlich über denselben Gegenstand im Verein gehaltener Vortrag hatte lediglich die Absicht, an eine ältere Arbeit des Professors Adler zu erinnern. Hr. Dr. Scheins ging direkt auf eine genaue Beschrei⸗ bung der qu. Gegenstände ein und vhvenes Schlüsse auf Be⸗ nutzung, Stiftung und Ursprung derselben. Wir geben in aller Kürze das höchst wahrscheinliche Resultat. Der Kelch, aus stark vergoldetem Silber, auf welchem die Figuren aufgelöthet sind, stammt, wie die Patene, aus der Mitte des 13. Jahrhunderts; beide rühren von demselben Meister her, obwohl die Patene wegen ihres Zweckes nur gravirte Ornamente zeigt. Der Kelch enthielt 126 Edelsteine, die größtentheils noch vorhanden sind, und war für den konsekrirten Wein bestimmt. Auf beiden Gegenständen kommt die Kreuzigung 3 Mal, Christus 6 Mal, Maria 4 Mal vor; eine eigentliche Komposition war also bei der beabsichtigt. Nur die Patene mit den 4 Propheten und 4 Avposteln, welche die Majestas domini umgeben, läßt eine naheliegende Deutung zu. Aus den, wenn auch oft verwischten Inschriften ergiebt sich aber nun, daß die Markgrafen Johann und Otto III., die um 1250 regierten, Kelch und Pakae haben herstellen lassen. Die gedachten Fürsten gründeten die Klöster Chorin, Zehdenick und Straußberg. Letzteres war bei der Säkulari⸗ sation im Besitze von 14 Kelchen und 7 Patenen. Es ist 83 nicht unwahrscheinlich, und auch mehrere Gründe sprechen dafür, daß dieser Kelch nebst Patene aus dem Straußberger Kirchenschatz herrühren. Bis 1662 im Besitze der Hohenzollern, werden sie von dieser Zeit als die größten Schätze der Nikolaikirche in hohen Ehren gehalten.

Aus Schleswig⸗Holstein schreibt man der „Nat.⸗‚Ztg.“: Die Alterthumsforscher unseres Landes haben zum Schluß des Jahres eine Ueberraschung erhalten, die kaum weniger die im ganzen Deutschland interessiren dürfte. Unter dem Titel: „Von vorchrist⸗ lichen Kultusstätten in unserer Heimat“ läßt der Geheime Rath Dr. Michelsen in Schleswig eine „antiquarische Mittheilung“ ver⸗ breiten, worin er die Insel Alsen als die langgesuchte, berühmte Nerthus⸗Insel des Tacitus nachzuweisen versucht. Der Bericht des römischen Geschichtsschreibers in seiner „Germania beschreibt bekanntlich eine Insel im Ozean mit einem heiligen Hain und einem heiligen See, an den sich der Dienst von sieben zu einer religiössen Einheit verbundenen Völkerstämmen knüpfte. Er spricht von einem heiligen, von geweihten Kühen gezogenen Wagen, auf dem die Erd⸗ göttin Nerthus umhergeführt wurde, läßt diese dann von Sklaven in einem geheimnißvollen See gebadet und die Sklaven von dem See verschlungen werden. 3

Man hat früher auf die Insel Rügen „gerathen und viel von einem sogenannten Hertha⸗See gefabelt; später wollte Dr. Maack in Kiel den Sitz des Nerthus⸗Dienstes im östlichen Holstein, im soge⸗ nannten Land Oldenburg entdeckt haben: ein Hypothese, die mehr Anklang gefunden, als sie verdiente. Wenn De. Michelsen nun die Insel Alsen in den Vordergrund treten läßt, so gründet sich diese Annahme auf eine Reihe höchst beachtenswerther und merk⸗ würdiger Umstände, die wir im Folgenden kurz darzulegen versuchen wollen.

Als Thatsache kann zunächst bezeichnet werden, daß noch heute auf Alsen ein heiliger Hen und ein heiliger See unter dem Namen Hellewith und Hellesö erhalten sind, daß in dem nordwestlich von Norbur belegenen Rest des Waldes ein großer Opferaltar steht und der im Volke gebräuchliche Name Hellod = Heiliges Eigen für die Dorf⸗ schaft Hellewith auf altheidnische Verhältnisse hinweist. Dazu treten noch mehrfache Umstände, welche die Annahme von einer alten heid⸗ nischen Kultusstätte zu bestätigen scheinen. Während nämlich einer⸗ seits Alsen eine auffallend große Zahl von Marienkirchen zählt, die sich durch den früheren Nerthusdienst erklären lassen, existiren anderer⸗ seits in der Umgegend des Sees eine Reihe nicht verwandter Fa⸗ milien, die den gemeinsamen Beinamen Hellesö führen. Merkwür⸗ digerweise wiederholt sich diese letztere Erscheinung auch noch in einem Kirchspiel des nördlichen Schleswig, wo gleichfalls ein „Hellesö“ in der Nähe liegt. Der Verfasser sucht dann noch im Anschluß an die Geschichte der Königsgüter und Herrenhöfe auf Alsen, mit Bezug auf einzelne hier im Mittelalter ansässige Adelsfamilien, z. B. der Holcks und deren Waäppen, Beziehungen auf den altheidnischen Dienst nachzuweisen. Absichtlich lassen wir bei der ganzen Frage die Etymologie die letzte Rolle spielen, da diese bei Ortsnamen in den meisten Fällen sehr schwierig ist. Wir geben zu, daß Alsen = Heiligthum, Tempelland sein kann, wenn wir auch eine andere Er⸗ klärung (Elfenland) vorziehen. Am meisten Bedenken wird jedoch der Versuch erregen, einen Theil der Namen der sieben sogenannten Nerthus⸗Völker mit einigen noch heute auf der Halbinsel Sundewitt erhaltenen Dorfnamen in Verbindung zu bringen. Wie viel nun aber auch im Einzelnen weiterer Forschung vorbehalten werden muß, wie vieles auch auf bloßer Konjektur beruhen mag, darüber kand unsers Erachtens kein Zweifel sein, daß die Hypothese Michelsens bei allen Forschern Beachtung verdient. Sollten Nachgrabungen an Ort und Stelle, die im nächsten Sommer vorgenommen werden dürften, dieselbe indirekt bestätigen, so dürfte die durch die Füegfrischen Ereignisse der jüngsten Vergangenheit bekannte Insel ein Wallfahrts⸗ ort für Alterthumsforscher werden, wie in Deutschland kein zweiter existirt.

Die seit langem erstrebte Verschmelzung der 1873 gegründeten „Deutschen Gefeklschaft zur Erforschung Aequatorial⸗ Afriras“ und der aus der Initiative des Königs der Belgier zur internationalen Eorschung Afrikas hervorgegangenen „Deuts chen afrikanischen Gesellschaft“ ist, nach der „Wes. Ztg.“, nun⸗ mehr soweit perfekt geworden, daß nur noch die endgültige, rein formelle Genehmigung der Mitglieder der beiden Gefellschaften aus⸗ steht. Die Bedingungen der Fusion wurden nach langen schrift⸗ lichen Verhandlungen zwischen den Vorständen der beiden Gesell⸗ schaften am vergangenen Sonnabend in einer gemeinsamen Sitzung vereinbart, an welcher auch viele auswärtige Comitémitglieder, wie General⸗Arzt Roth aus Dresden und Prof. Bruhns aus Leipzig theilnahmen. Die Verschmelzung der beiden Gesellschaften, von denen die ältere noch im Besitze eines verhältnißmäßig ansehnlichen Baar⸗ vermögens ist und die jüngere vor Kurzem eine Subvention aus Reichsmitteln erhalten hat, wird eine energische Betreibung des an⸗ gestrebten Zweckes ermöglichen. 8

Sen 88

n der vereinfachten Stolze;schen Stenographie wird ein ee Unterrichtskursus in der Königlichen Gewerbe⸗ Akademie, Klosterstraße 36, Hörsaal Nr. 1, am Mittwoch, den 9. Ja⸗ nuar 1878, Abends 8 Uhr, beginnen und jedesmal Mittwochs Abends von 8 Uhr ab weiter geführt werden. Dauer des Kursus: 12 Unter⸗ richtsstunden. Beitrag zu den Kosten mit Einschluß des Lehrbuches: 6 pränumerando. 2

Fr

London, 1. Januar. (A. A. C.) Ueber die durch den an⸗ haltenden Kohtengenden⸗Ardeier keihe in Süd⸗Wales und dem Schwarzen Lande (Black Country) herrschende Noth⸗

lage laufen noch immer die traurigsten Berichte ein. In der Nach⸗ harschaft 8 Marthyr leidet eine etwa 30 000 Seelen zählende Arbeiterbevölkerung so sehr, als ob eine thatsächliche Hungersnoth im Lande herrschte. anze Familien haben in vielen Fällen für ihren Lebensunterhalt kein größeres Einkommen als 6 bis 8 Schillinge pro Woche. Dem Schulamte ist gemeldet worden, daß sehr viele Kinder die Schule aus dem Grunde nicht besuchen können, weil sie sich „im

10. Jahrhundert vor Christi Geburt liegt, zu setzen sein.

Zustande absoluter Nacktheit“ befinden.