1878 / 31 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 05 Feb 1878 18:00:01 GMT) scan diff

Ihre Kaiserlichen und Köͤniglichen Majestäten erschienen mit den Prinzen und den Prinzessinnen des König⸗ lichen Hauses um 10 Uhr auf dem Balle und verweilten bis

nach Mitternacht.

Der französische Botschafter wird, wie aus der be⸗ reits veröffentlichten amtlichen Ansage hervorgeht, nunmehr die zum Allerhöchsten Hofe gehörigen oder daselbst vorgestellten Herren empfangen. Dieser Empfang wird am Freitag, den 8., und Sonnabend, den 9. Februar d. J., jedesmal Abends von

9 bis 11 Uhr stattfinden. Der Anzug ist für die Herren,

welche nicht Militär⸗Uniform tragen, en frac mit Ordensband über der Weste.

Das Staats⸗Ministerium trat heute zu einer Sitzung zusammen.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Handel und Verkehr und für Justizwesen traten heute zu einer Sitzung zusammen.

Im weiteren Verlaufe der gestrigen (16.) Sitzung des Herrenhauses veranlaßten bei der Berathung über den Gesetzentwurf, betreffend die Betheiligung des Staats an dem Unternehmen einer Eisenbahn von Kiel über Eckernförde nach Flensburg, einige Ein⸗ wände der Herren Graf zur Lippe, von Thaden und Graf Rittberg gegen die Vorlage den Handels⸗Minister Dr. Achenbach das Wort zu ergreifen. Er sehe in dieser Bewilligung nur die Erfüllung einer Pflicht der Energie Schleswig⸗Holstein gegenüber; aber er bestreite, daß die Regierung erheblich hinter den Wünschen der Bevölkerung und des Provinzial⸗Landtags in Eisenbahnangelegenheiten zurückgeblieben sei. Der Etat sei zur Zeit der Fertigstellung dieser Vorlage schon abgeschlossen gewesen, so daß der Betrag nicht in das Extraordinarium habe eingestellt werden können. Die Regierung habe andererseits auch nicht die Verantwortlich⸗ keit einer Verzögerung dieser Vorlage auf sich nehmen wollen nd deshalb den Weg der Anleihe vorgeschlagen. 1 Dem Herrn Wilkens gegenüber, welcher das gesammte Betheiligungskapital des Staates in Stamm⸗Prioritätsaktien ngelegt zu sehen wünschte, bemerkte der Minister, daß bei Sekundärbahnen der Staat mit seiner Betheiligung nicht auf dem reinen finanziellen Standpunkt stehen dürfe; ja es sei noch eine offene Frage, ob der Staat nicht seine Beiträge zum Bau der Sekundärbahnen à fonds perdu zu geben habe. Die Entschädigung würde er in der allge⸗ meinen Hebung des Landeswohlstandes finden. Eine Betheiligung nur in Stamm⸗Prioritätsaktien sei gar keine Unterstützung für Schleswig⸗Holstein, da nach Ana⸗ logie der westholsteinischen Bahn die Stamm⸗Prioritätsaktien sich wahrscheinlich schon im ersten Jahre des Betriebes ver⸗ insen würden. Wollte man nach dem Wunsche des Vor⸗ redners verfahren, so würde das Scheitern des Projektes die nausbleibliche Folge sein. Der Kommissionsantrag wurde darauf angenommen Es folgte der mündliche Bericht der Kommission für den Staatshaushalts⸗Etat, betreffend die Rechnung der Kasse der Ober⸗Rechnungskammer für das Jahr 1876 und das Vierteljahr vom 1. Januar bis 31. März 1877. Der Referent Graf von der Schulenburg⸗Angern bean⸗

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tragte, hierfür Decharge zu ertheilen. Der Antrag wurde angenommen. Weiter folgte der Bericht derselben Kommission,

betref⸗ Staatseinnahmen und des 1. Quar⸗

fend die Uebersichten von den und Ausgaben des Jahres 1876 tals 1877.

Der Referent Graf von der Schulenburg⸗Angern bean⸗ tragte, die Etatsüberschreitungen und außeretatsmäßigen Aus⸗ gaben nachträglich zu genehmigen.

Der Kommissionsantrag wurde angenommen. Damit war die Tagesordnung erledigt. Schluß der Sitzung 2 ¼ Uhr. Nächste Sitzung Mittwoch 11 Uhr.

Im weiteren Verlaufe der gestrigen (58.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten knüpfte sich in der Spezialdiskussion des Gesetzentwurfs, betreffend die Errich⸗ tung der Ober⸗Landesgerichte und Landgerichte eine Debatte an die Frage, ob für die Stadt Berlin ein oder zwei Landgerichte eingerichtet werden sollen. An der Debatte betheiligten sich die Abgg. Dr. Eberty, Löwenstein und Windthorst (Meppen), worauf das Haus dem Beschlusse des Herrenhauses beitrat.

Bei dem Ober⸗Landesgerichte Stettin rügte der Abg. Dr. Frhr. von der Goltz, daß in Pommern die Landgerichte eine viel größere Seelenzahl hätten, als in anderen Provinzen; mit der geringeren Dichtigkeit der Bevölkerung könne dies nicht begründet werden. Der Abg. Windthorst (Meppen) stimmte mit dem Vorredner darin überein.

Zu dem Ober⸗Landesgericht Breslau beantragte der Abg. 88. das von dem Herrenhause gestrichene Landgericht zu

rieg in den Entwurf wieder aufzunehmen, indem er aus⸗ führte, daß anderenfalls das Landgericht zu Breslau einen sehr großen, in der neuen Organisation nicht wünschenswerthen

Umfang bekäme.

„Der Regierungs⸗Kommissar, Geheime Ober⸗Justiz⸗Rath Rindfleisch, bemerkte hierzu, die Gründung eines so großen Landgerichtes in Breslau, wie es die jetzige Sachlage erfordere, werde allerdings gewisse Schwierigkeiten mit sich bringen. Indessen würden diese Schwierigkeiten bewältigt werden müssen, und man würde die Frage zu beantworten haben: Wie ist hier zu helfen? Diese Frage werde am besten an der Hand der Erfahrungen beantwortet werden können, und vielleicht werde es die Lage der Dinge später erfordern, für den Bezirk Breslau ein besonderes Landgericht zu errichten. Gegen die Möglichkeit, für Brieg ein Landgericht zu schaffen, müsse si die Regierung aussprechen, insbesondere da die Kreise Nimptse und Strehlen gegen ihre Zutheilung zu Brieg Widerspru erhoben v o daß jetzt nur noch ein kleiner Theil der ursprünglich für dieses Gericht bestimmten Kreise zu demselben gehören würde.

Nachdem sich der Abg. von Goldsus für, die Abgg. Wach⸗ ler und Windthorst (Meppen) gegen die Errichtung eines Landgerichts in Brieg ausgesprochen hatten, erklärte der Re⸗ er daß die Regierung sich davor hüten müsse,

andgerichte zu schaffen, die keine genügende Beschäftigung haben würden; wenn man solche Gerichte mit 167 000 Seelen hätte errichten wollen, so würde eine ganze Anzahl anderer Städte eben so gut ein Recht darauf gehabt haben, wie Brieg. Nachdem hierauf noch der Abg. Jüttner für Brieg plaidirt

selben ein neues Gebäude errichtet wird,

Bei dem Bezirk des Ober⸗Landesgerichts Naumburg beantragte der Abg. von Bonin, den Kreis Jerichow II. bei dem Landgericht Stendal zu streichen und dem Landgericht Magdeburg einzuverleiben.

Der genannte Regierungs⸗Kommissar bemerkte hierzu, er bedaure, daß der Vorredner seine Anträge nicht schon früher gestellt habe, damit sie einer Prüfung hätten unterworfen werden können. Ein Widerspruch der Bevölkerung gegen die Zutheilung nach Stendal sei bisher nicht laut geworden und es könne auch in derselben eine Schädigung der Interessen der Bevölkerung nicht gefunden werden.

Die Abgg. Haacke und Löwenstein erklärten sich gegen * Ehnras von Bonin, und es wurde hierauf dieser Antrag abgelehnt.

In Bezug auf den Ober⸗Landesgerichtsbezirk Hamm (Provinz Westfalen) lagen zwei Anträge vor. Das Abgeord⸗ netenhaus hatte beschlossen, ein Landgericht nach Bielefeld zu legen. Die Regierung und das Herrenhaus haben jedoch Minden vorgezogen. Dem gegenüber beantragte der v2 Windthorst (Bielefeld) Bielefeld, der Abg. Höpker Herford als Sitz des Landgerichts zu wählen.

An der sich an diese Anträge anknüpfenden De⸗ batte betheiligten sich die Abgg. Löwenstein, Höpker (Herford), Günther (Minden), Windthorst (Bielefeld), und der Regierungs⸗Kommissar, welcher erklärte, die Staats⸗ regierung halte an dem Vorschlag Minden fest. Herford scheide aus der Konkurrenz aus, da dee eigener Landrath sich für Bielefeld erklärt habe. ür Minden habe sich die Regierung entschieden, weil die Frage der Entfer⸗ nungen nicht von Bedeutung sei, und weil es die Billigkeit erheische, daß man Minden, welches lange Jahre im Interesse des Staats eine Festung gewesen sei, für diese Opfer einiger⸗ maßen entschädige.

Das Haus entschied sich mit großer Majorität für Bielefeld. b

Für den Bezirk des Ober⸗Landesgerichts Cassel bean⸗ tragten die Abgg. Rübsam und Herrlein, Fulda statt Hanau als Landgerichtssitze zu wählen.

Nachdem der Abg. Rübsam für Fulda, der Abg. Dr. Braun dagegen und für Hanau gesprochen hatte, entschied sich das Haus mit großer Majorität für Hanau.

Die übrigen Paragraphen wurden ohne Debatte ange⸗ nommen, und schließlich das ganze Gesetz.

Die Differenzen zwischen dem Abgeordneten⸗ und dem Herrenhause beschränken sich auf folgende 2 Punkte: 1) das Landgericht Brieg ist wieder aufgenommen, und 2) ist Biele⸗ feld statt Minden zum Sitz des Landgerichtes bestimmt worden.

Schluß der Sitzung 3 ¼ Uhr.

In der Fenegen (59.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher mehrere Regierungs⸗Kommissarien beiwohnten, trat das Haus in die dritte Berathung des Ge⸗ setzentwurfs, betreffend die Befugnisse der Kommissa⸗ rien für die bischöfliche Vermögensverwaltung, Zwangsmittel anzuwenden.

Es ergriffen hierbei das Wort die Abgg. Frhr. von Schor⸗ lemer-⸗Alst, Frhr. von Zedlitz und Neukirch, Dr. von Stablewski, Windthorst (Meppen), Dr. Lasker, Reichensperger und Mini⸗ sterial⸗Direktor Dr. Förster, welcher einige von den Rednern des Centrums vorgetragenen Spezialfälle richtig stellte.

Der Gesetzentwurf wurde unverändert angenommen.

gesetzes zum deutschen Gerichtsverfassungsgesetz Sttg git. Der Regierungs⸗Kommissar, Geheime Ober⸗ Justiz⸗Rath Rindfleisch, übermittelte dem Hause den Aus⸗ druck des Bedauerns des Justiz⸗Ministers, durch das Begräbniß des Chef⸗Präsidenten des Ober⸗Tribunals, Staats⸗Ministers von Uhden, verhindert zu sein, dem Anfange dieser Sitzung beizuwohnen.

§. 14 mit dem dazu gestellten Antrage des Abg. Köhler stellt das Prinzip auf, welches bei Festsetzung der Amtsgerichts⸗ bezirke maßgebend sein soll, weshalb die Abgg. Dr. Miquel und Löwenstein den Wunsch aussprachen, die Berathung dieses Paragraphen auszusetzen, bis Seitens des Ministeriums Er⸗ klärungen über die Schließung des Landtages abgegeben seien. Gegen den Widerspruch des Abg. Windthorst (Meppen) wurde dieser Antrag angenommen. Beim Schluß des Blattes dauerte die Berathung fort.

Durch Allerhöchste Ordre vom 10. v. Mts. ist die Einrichtung zweier weiteren vierwöchentlichen Informa⸗ tions⸗Kurse für Stabsoffiziere der Infanterie bei der Militär⸗Schießschule zu Spandau genehmigt worden. Zu jedem dieser Kurse sind zwei Stabsoffiziere pro Armee⸗Corps einzuberufen, und hat der Zusammentritt derselben am 24. April beziehungsweise am 27. Mai 1878 zu erfolgen. Gleich⸗ zeitig ist bestimmt, daß zu dem mit dem 15. März 1878 an enannter Anstalt beginnenden Lehrkursus Offiziere nicht mehr ommandirt werden.

Der jeweilige Commandeur des in Lehe garnisoniren⸗ den Fuß⸗Artillerie⸗Bataillons hat, nach einem Allerhöchsten Exlaß vom 10. v. M., für die Befestigungen der Weser⸗ mündung bei Geestemünde, und der jeweilige Ingenieur⸗ Offizier vom Platz zu Cuxhafen für die dortigen Befesti⸗ ungen neben ihren sonstigen Obliegenheiten alle Rechte und Pflichten von Kommandanten mit Ausnahme der ge⸗ richtsherrlichen dauernd auszuüben. Zur Disziplinar⸗ bestrafung sollen dieselben hierbei in gleichem Maße wie die Kommandanten von Festungen zweiten oder dritten Ranges befugt sein.

Wenn ein Gebäude abbrennt und an Stelle des⸗ so muß, nach §. 15 Nr. 4 des Gebäudesteuergesetzes vom 21. Mai 1861, eine dop⸗ pelte Anmeldung erfolgen, diejenige des durch den Brand eingegangenen Gebäudes und demnächst diejenige des an dessen Stelle neu erbauten. In Beziehung auf diese und die sseh daran knüpfenden Bestimmungen hat der Strafsenat des Ober⸗Tribunals in einem Erkenntniß vom 9. Januar d. J. folgende Rechtssätze ausgesprochen: Unterläßt der Eigen⸗ thümer beide Anmeldungen und entrichtet er demzufolge nach wie vor die seitherige Steuer, so ist er nur mit einer Strafe von 10 Sgr. bis 5 Thlr. zu belegen, wenn der Steuerbetrag des neuen Gebäudes mit dem des abgebrannten Gebäudes übereinstimmt. Ist dagegen der zu zahlende Steuerbetrag für das neue Gebäude ein höherer als der seitherige, so verfällt der Eigenthümer in eine dem doppelten Betrage der vorent⸗ haltenen Differenz gleichkommende Geldbuße.

Der General⸗Lieutenant von Ramm, Inspecteur der

hatte, wurde der Antrag Freund, das Landgericht in Brieg wieder in den Entwurf aufzunehmen, angenommen.

4. Feld⸗Artillerie⸗Inspektion, ist zur Abstattung persönlicher Meldungen von Coblenz hier eingetroffen.

Darauf wurde die zweite Berathung des Ausführun gs⸗

Zu dem bei der Artillerie⸗Schießschule begin⸗ nenden neuen Kursus sind die zu demselben kommandirten und Premier⸗Lieutenants der Artillerie hier ein⸗ getroffen.

Baden. Karlsruhe, 4. Februar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer erklaͤrte der Finanz⸗Minister, in eantwortung der betreffs der Tabakssteuer an die Regierung gerichteten Interpellation, die egese⸗ sei prinzipiell nicht gegen cine Erhöhung der Steuer, weil das Reich und die einzelnen Staaten derselben bedürften; eine Steuer von 24 2 jedoch zu hoch, es sei höchstens eine solche von 18 zulässig, anderenfalls wäre Baden gegen das ganze Gesetz. Die Regierung werde die noch zu durchlaufenden Stadien des Gesetzentwurfs benutzen, um ihrer Auffassung Geltung zu verschaffen. Das Haus erklärte sich mit der Antwort zufrieden.

Lippe. Detmold, 2. Februar. (Wes. Ztg.) Der Landtag hat heute einstimmig folgenden Beschluß ge⸗ faßt: „Der Landtag erklärt, daß ein unter Vereinbarung mit Preußen hier im Lande zu bestellendes Landg ericht vor einem eigenen Landgerichte erhebliche Vorzüge bietet, und er⸗

auf bezügliche Verhandlungen mit Preußen zu beginnen.“

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 4. Februar. (W. T. B.) Der österreichische Steuerausweis für das Jahr 1877 ergiebt, der „Polit. Korresp.“ zufolge, gegen das Jahr 1876 an direkten Steuern eine Mehreinnahme von 246 000 Fl. und an indiretten Steuern eine Mehreinnahme von 4 267 000 Fl. Der neu ernannte englische Botschafter, Elliot, hat dem Kaiser heute sein Beglaubigungs⸗ schreiben überreicht.

5. Februar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses verlas der Minister⸗Präsident Fürst Auersperg folgendes Handschreiben des Kaisers: „In Rücksicht auf die dringende Nothwendigkeit der Fort⸗ sührung und Beendigung der Ausgleichsverhandlungen finde ich mich bestimmt, das von Ihnen bisher geleitete Ministerium von Neuem in das Amt zu berufen.“ Fürst Auersperg er⸗ klärte, die Minister hätten sich Angesichts der Schwierigkeit der Verhältnisse und des Ernstes der Lage mit Hintenansetzung jeder Rücksicht auf ihre Person verpflichtet gefühlt, der Auf⸗ forderung des Kaisers Folge zu leisten und die Führung der Staatsgeschäfte wieder zu übernehmen.

5. Februar. (W. T. B.) Nach Meldungen der Morgenblätter aus Triest werden das Kasemattschiff „Kaiser Max“ und die Panzerfregatte Habsburg“ ausgerüstet.

Niederlande. Amsterdam, 30. Januar. (Leipz. Ztg.) Die Zweite Kammer der Generalstaaten wird auf den 6. März zur Wiederaufnahme ihrer Arbeiten einberufen werden. Es wird bestätigt, daß bis dahin die zwei wichtigen Gesetzentwürfe, betreffend den Primarunterricht und die Negoziirung eines Staatsanlehens, zur Vorlage bereit sein werden.

Großbritannten und Irland. London, 4. Februar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Sreon e; erwiderte Lord Beaconsfield auf eine Anfrage Lord Granville's, der Lordkanzler Cairns werde demnächst die terri⸗ toriale Gerichtskompetenz der britischen Krone mit be⸗ sonderer Rücksicht auf den Fall hinsichtlich des Schiffes „Franconia“ zur Sprache bringen.

Frankreich. Paris, 2. Februar. (Fr. C.) Die nach den südwestlichen Departements entsandten Mitglieder des Wahlenquete⸗Ausschusses t.legraphiren ihrem Präsi⸗ denten, daß ihre Arbeiten auch ferner mit der wünschens⸗ werthen Regelmäßigkeit von Statten gehen. Sie stehen eben auf dem Punkte, sich nach der Dordogne und in das Arron⸗ dissement Ribérac zu begeben, wo Hr. von Fourtou gewählt worden ist. Wie die „Semaine financière“ meldet, wird der Finanz⸗Minister demnächst einen Gesetzentwurf zur Deckung der außerordentlichen Ausgabe von 500 Mil⸗ lionen Francs einbringen, welche dem Staate durch den Rückkauf von 2610 km Eisenbahnen zweiten Ran⸗ ges erwachsen wird. Hr. Léon Say will diese Summe weder durch Ausgabe ewiger Renten noch durch Ausgabe in dreißig Jahren einlöslicher Obligationen beschaffen, sondern hat sich für ein zwischen beiden in der Mitte liegendes System, nämlich für die Emission amortisirbarer 3 prozentiger Renten entschieden, in welche auch die bereits nach dem Gesetze von 1876 ausgegebenen dreißigjährigen Obligationen umgewandelt werden sollen. Der Titel soll auf 500 Frcs. Kapital und 15 Frcs. Rente lauten. Dem Budget würde daraus eine Last von 25 Millionen jährlich erwachsen. Dieselbe soll zu⸗ nächst durch den von 60 auf 140 Millionen gebrachten unver⸗ zinslichen Vorschuß der Bank von Frankreich und, wenn dieser erschöpft sein wird, durch die Hülfsquellen des Liquidations⸗ kontos gedeckt werden, dessen gänzliche Tilgung sich in Folge dessen um drei Jahre, d. i. von 1889 auf 1892, ver⸗ zögern würde. Versailles, 4. Februar. (W. T. B.) Die Depu⸗ tirtenkammer nahm heute den Gesetzentwurf, betreffend die Ferchieeng der Telegraphengebühren im internen

erkehr, an.

Spanien. Der „Agence Havas“ vom 4. Februar wird aus Madrid gemeldet, die Nachricht, daß in der Provinz Gerona carlistische Banden erschienen seien, sei unbe⸗

ründet, die Nachricht sei darauf zurückzuführen, daß einige andstreicher unter dem Rufe: „Es lebe die föderale Republik!“ Exzesse verübten. Dieselben seien festgenommen worden.

Italien. Rom, 4. Februar. (W. T. B.) Der „Osservatore Romano“ veröffentlicht den authentischen Text der vom Kardinal⸗Staatssekretär Simeoni an die päpstlichen Nuntien gerichteten Note über die ka⸗ tholische Kirche in Rußland, sowie der dieser Note bei⸗ gelegten drei Dokumente. Das erste dieser Dokumente ist ein an den Fürsten Gortschakoff gerichtetes Memorandum über die Leiden der katholischen Kirche in Rußland und Polen, das zweite ist ein das Memorandum begleitendes Schreiben vom 26. Juli v. J. an den russischen Geschäftsträger Urussoff, das dritte ist ein Schreiben Simeoni's an Urussoff vom 19. August v. J., worin demselben der Abbruch der zwischen ihm und dem Vatikan bestehenden Beziehungen angezeigt wird.

Türkei. Konstantinopel, 5. Februar. (W. T. B.) Das Großvezierat ist beseitigt worden. Achmed Vefik

Pascha ist zum Ministerpräsidenten ernannt worden und

neuert das Ersuchen an die Fürstliche Staatsregierung, dar⸗

für Handel und Transportwesen

at gleichzeitig das Ministerium des Innern übernommen. be - Minister sind: Server Pascha Minister des Auswärtigen, Reouf Pascha Kriegs⸗Minister, Sadik Pascha Marine⸗Minister, Kiani Pascha Finanz⸗Minister. Namik Pascha ist zum Großmeister der Artillerie, Savfet Pascha zum Präsidenten des Staatsrathes ernannt worden.

Rumänien. Bukarest, 5. Februar. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer zog den Antrag auf Wiederherstellung der Posten der diplomatischen Agenten in St. Peters⸗ burg, Rom und Belgrad in Erwägung. Im Senate wurde eine Interpellation angekündigt wegen der Unmöglich⸗ keit, die in Turnseverin angehäuften Waaren weiter zu beför⸗ dern. Der Minister des Innern erklärte, er habe Maßregeln getroffen, um die unwegsam gemachte Straße nach Frateschti frei zu machen. Auf Antrag der Regierung traten sodann Senat und Kammer in geheimer Sitzung zusammen, um die Interpellation wegen der Integrität Rumäniens zu berathen.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 29. Ja⸗ nuar. Dem Fas. Corr.“ wird geschrieben: „Die wichtigste Frage, deren Entscheidung unserm gegenwärtig versammelten Reichstage vorbehalten ist, betrifft die vom Reichstage wie von der Regierung für nothwendig erachtete Reorgani⸗ sation des Militärwesens. Nachdem die Regierung, in Folge mehrfacher Ablehnung ihrer bezüglichen Vorlagen, es unterlassen hat, in dieser Session einen die Reorganisation des Militärwesens betreffenden Gesetzentwurf dem Reichstage zu unterbreiten, hat die Majorität der Zweiten Kammer in dieser Richtung die Initiative ergreffen, und bleibt nun abzuwarten, wie die Regierung sich zu dem von der Bauernpartei ausge⸗ arbeiteten und den beiden Kammern des Reichstages vorge⸗ legten Gesetzentwurf stellen wird. Die Vorlage der genannten oppositionellen Partei bezweckt im Wesentlichen eine kürzere Präsenz und eine beschränktere Wehrpflicht, als die Regierung s. Z. forderte. Auch will die Bauernpartei, und dieses ist ihr Hauptzweck, eine vollständigere und raschere Beseitigung der auf dem bäuerlichen Grundbesitze ruhenden militärischen Lasten, welche u. A. in der Gestellung von Mannschaften und Pferden zu Uebungs⸗ und Kriegszwecken u. s. w. be⸗ stehen. Die Regierung will die Lasten dieser Art erst in einer längeren Reihe von Jahren successiv ablösen, und sie wird in dieser Beziehung von der Majorität der Ersten Kammer unterstützt, welche in dem Verlangen der Bauernpartei eine Entlastung des bäuerlichen Grund⸗ besitzes auf Kosten der anderen Klassen der Bevöl⸗ kerung erblickt. Es ist jedoch nicht unwahrscheinlich, daß so⸗ wohl die Regierung wie die Erste Kammer der Maäjorität der Zweiten Kammer, der Bauernpartei, nach Möglichkeit entge⸗ genkommt, um überhaupt einmal die unerläßliche Reorgani⸗ sation des schwedischen Militärwesens in Angriff nehmen zu können. Thatsache ist, daß die regierungsfreundliche Majorität der Ersten Kammer zu recht großen Opfern in Bezug auf die

Grundsteuerfrage bereit ist, um eine Verständigung wegen der

eigentlichen Militärfrage zu ermöglichen. Einer Verständigung dieser Art zwischen der Ersten und Zweiten Kammer wird die Regierung, welche zunächst eine abwartende Stellung ein⸗ nimmt, jedenfalls kein Hinderniß entgegenstellen, und somit könnte es ja geschehen, daß im Jahre 1878 die Militär⸗ und die mit dieser in innigem Zusammenhange stehende Grund⸗ steuerfrage endlich ihre Erledigung finden.“

1 Amerika. Washington, 4. Februar. (W. T. B.) Der Senat hat die Debatte über die Silbercoursbill wieder aufgenommen. Es wurde noch ein neues Amendement ein⸗ gebracht. New⸗York, 4. Februar. (W. T. B.) Das Bureau hat wegen der gegenwärtigen außergewöhnlich a roßen Cirkulrtion von Silber, das in den Banken nur schwer deponirt werden könne, eine Denkschrift an den Kongreß gerichtet und sich in einer Reso⸗ lution zu Gunsten der Goldwährung ausgesprochen.

Der russisch⸗türkische Krieg.

Nach einer heutigen Meldung des „W. T. B.“ ist die Einladung zur Konferenz durch den österreichisch⸗unga⸗ rischen Botschafter, Grafen Karolyi, gestern hier übergeben und von der Ka’serlichen Regierung angenommen worden.

London, 4. Februar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Oberhauses erklärte Graf Der by dem Lord Granville, er sei außer Stande, den Text der Friedens⸗ basen mitzutheilen, glaube jedoch nicht, daß dieselben von den bereits mitgetheilten wesentlich abwichen; was die militärischen Basen des Waffenstillstandes anginge, so könne er darüber ebenfalls keine Auskunft geben. Lord De la Warr wünscht eine Zusicherung der Regierung, daß sie unter keinerlei Umständen eine Besetzung Kon⸗ stantinopels gestatten werde. Lord Derby erwiderte,

ie Räumung der Donaufestungen durch die tür⸗

schen Truppen liefere allerdings einen großen Theil der Türkei in Rußlands Hände, aber wie solle England dies ohne Anwendung von Mitteln, welche die Billigung der Be⸗ völkerung nicht erhalten würden, verhindern? Die Bedingungen für Englands Neutralität seien bisher nicht verletzt worden. Die Regierung habe von Anfang an bei der endgültigen Lösung der Frage eine Stimme, gemeinschaftlich mit den übrigen Mächten, verlangt und habe diesen ihren Anspruch in der jüngsten Zeit emphatisch erneuert, sie glaube, daß ihre Haltung von der Majorität des nglischeth Volkes ge⸗ billigt werde. Die Besitzergreifung Konstantinopels von Seiten der Russen würde einer derjenigen Punkte gewesen sein, welchem das Aufgeben der Neutralität ge⸗ folgt sein würde. In den Depeschen sei nichts über eine zeitweilige milikärische Besetzung Konstantinopels gesagt worden, und zwar habe man dies eines Theils vermieden, weil es sich dabei um zwei ihrer Natur nach wesentlich ver⸗ schiedene Fragen gehandelt habe, anderen Theils, weil es nicht wünschenswerth gewesen sei, die Türkei wissen vu lassen, daß sie, wenn sie England mit in den Krieg verwickeln wolle, den Russen nur den Einmarsch nach Konstantinopel zu gestatten brauche. Indeß habe die Regierung in der Depesche vom 13. Dezember v. J. ihrer Ansicht über eine Besetzung Kon⸗ stantinopels in einer so kräftigen Form, wie sie der diplo⸗ matische Gebrauch nur gestatte, Ausdruck gegeben und selbst gegen eine temporäre Besetzung Konstantinopels Einwand er⸗ hoben. Daß die Besetzung von Gallipoli keine Gefahr für Konstantinopel sei, habe die Regierung nicht erklärt, oder auch nur angedeutet, die Regierung sei durchaus nicht von ihrer bisherigen Haltung abgewichen. (Beifall.)

(W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Unter⸗ hauses waren der Prinz von Wales, der Prinz Leopold, der Herzog von Connaught, Prinz Christian und der Kron⸗ prinz Rudolf von Oesterreich anwesend. Northceote erklärte auf eine Anfrage Fitzmaurices, der Re⸗ gierung sei noch keine definitive offizielle Information über die Forderung Rußlands, betreffend die Abtretung von Rumänisch⸗Bessarabien zugegangen. Dem Deputirten Nolan erwiderte Northcote, es sei der Regierung nicht bekannt, auf wie lange Zeit der Waffenstillstand abgeschlossen sei. Weiter antwortete Northeote auf eine Anfrage des Marquis von Harting⸗ ton, die einzige Information, welche die Regierung hinsichtlich des Waffenstillstandes erhalten habe, sei die Abschrift der dem Botschafter Musurus Pascha von der Pforte zugegangenen Depesche, in welcher mitgetheilt wurde, daß der Waffenstill⸗ stand am 31. Januar unterzeichnet und die Einstellung der Feindseligkeiten angeordnet worden sei. Dies sei in so fern befriedigend, als durch die Unterzeichnung des Waffenstill⸗ standes dem Blutvergießen Einhalt gethan werde. Dem Depu⸗ tirten Ashbring entgegnete der Schatzkanzler, er habe die in Kon⸗ stantinopelpublizirte Broschüre, betitelt „Irresponsabi⸗ lités“, empfangen; er habe Grund zu der Annahme, daß einige der darin enthaltenen Briefe authentisch seien, jedoch besitze er keine positive Information hierüber. Hierauf wurde die Debatte über den Antrag Forsters zu der Kreditforderung der Regierung fortgesetzt. Zunächst sprach Gladstone, unter ebhaftem Beifall der Liberalen. Derselbe führte aus, seitdem die Vorlage über die Kreditforderung eingebracht sei, ja selbst seit der Beantwortung des Amendements Forster zu derselben sei die Lage der Dinge verändert. Der inzwischen erfolgte Abschluß des Pafese beseitige alle Besorgnisse; die Bewilligung des Kredites sei vollkommen unnöthig es sei kein Interesse Englands gefährdet, namentlich seitdem Fürst Gort⸗ schakoff die bekannte Verpflichtung hinsichtlich Konstantinopels eingegangen sei. Der geforderte Kredit habe keine reale Basis. Der Kredit sei ein Versuch, die Waffen mit den Unterhand⸗ lungen zu verbinden; dieser Versuch sei durchaus schlecht, be⸗ sonders als Vorspiel zu der Konferenz. Die Politik der Re⸗ gierung würde das Prinzip der moralischen Autorität der leitenden Mächte zerstören und sei ein Schritt zum Barba⸗ rismus und zur Gewalt hin, anstatt zur Vernunst. Die Voti⸗ rung des Kredits würde die Nation gespalten zeigen; es sei besser, den Pfad der Eintracht zu erwägen. Er wünsche der Regierung die Kraft der geeinten Nation zu geben; er würde sie unterstützen bei dem Aufgebot ihres Einflusses auf der Konferenz, um Rußland dazu zu bewegen, seinen Anspruch auf Bessarabien, das es früher zu einer Donaumacht gemacht habe, aufzugeben. Er (Glad⸗ stone) würde die Regierung in Allem unterstützen, sowohl in Betreff der freien Donauschiffahrt, als auch in üihrem Bestreben, die besten Bedingungen für die Türkei zu sichern, so lange dieselben nicht Grausamkeiten gegen die Unterthanen der Türkei involvirten; er glaube, Bulgarien werde be⸗ deutenden Tribut zahlen. Er hoffe, England werde in Ueber⸗ einstimmung mit den übrigen Mächten hinsichtlich der Dar⸗ danellenfrage handeln; England könne auch die helleni⸗ schen Provinzen auf der Konferenz vertreten. Er wünsche nur, daß die durch das Schwert Rußlands für die Unterthanen der Türkei erlangten Zu⸗ geständnisse nicht verkürzt würden. Gladstone regte so⸗ dann die Idee an, anstatt den Kredit zu votiren, sollten die beiden Häuser eine Adresse an die Krone richten, worin sie der Regierung ihre Unterstützung auf der Konferenz zu⸗ sagen unter Anerkennung dessen, was für die Christen der Türkei gethan worden sei. Gladstone schloß mit folgenden Worten: „Ich hoffe, die Adresse werde den Ausdruck der Hoff⸗ nung enthalten dürfen, daß in allen Fragen zwischen der Türkei und ihren Unterthanen Englands Einfluß in einer seinen alten edlen Ueberlieferungen entsprechenden Weise zur Unterstützung derjenigen wohlgeordneten Verwaltung aufgeboten werde, die allein zukünftigen Frieden und Wohlfahrt verheißt 8 anhaltender Beifall auf beiden Seiten des Hauses, die

tede wurde oft durch Beifallszeichen unterbrochen.) Nach Gladstone ergriff der Unter⸗Staatssekretär des Krieges, Hardy, das Wort. Derselbe wies zunächst den Vorwurf zurück, daß die Regierung die Türkei zum Kriege ermuthigt habe, in Wirklichkeit sei dies vielmehr durch Gladstone und dessen Meinungsgenossen geschehen. Ferner bekämpfte Hardy energisch die gegen den Premier gerichteten Angriffe und erklärte den von Gladstone angeregten Adreßvorschla

für unannehmbar. Die russischen Bedingungen seien ne nicht bekannt, die Russen hätten einen Punkt erreicht, der, falls die Friedensverhandlungen mißglücken sollten, für die Türkei und für Europa äußerst gefährlich sein könnte. Zur Führung eines Krieges würden 6 Millionen Pfd. Sterl. nicht genügen, das Parlament würde daher, ehe es zu einem Kriege käme, Gelegenheit haben, sich auszusprechen. Es sei aber wichtig, vorvereitet zu sein, da in der jetzigen Zeit die Kriege plötzlich auszubrechen pflegten. Die Basen des Frie⸗ dens seien äußerst vag. Fürft Gortschakoff habe zwar die Streichung der Klausel wegen der Straße der Dardanellen zugesichert gehabt, die Klausel befinde sich aber noch unter den vüebensbasen Die Regierung verlange ein Votum zum Schutze der britischen Interessen und um in dem europäischen Konzerte zu Gunsten der „unterthänigen Racen und der Menschheit 8.S zu können.“ (Beifall.) Pease bekämpfte die Kre⸗ ditforderung. Forsyth erklärte, er würde, obschon er der Regierung vertraue, dem Antrage Gladstone's den Vorzug gegeben haben. Monck und Chamberlain traten für Gladstone’'s Vorschlag ein. Wolff vertheidigte die Politik der Regierung. Chaplin bekämpfte den Antrag Forsters und griff auch Gladstone heftig an, der aus einem hochgeach⸗ teten Staatsmann zu einem rastlosen Wander⸗Agitator ge⸗ worden sei. Childers tadelte die Regierung, daß sie die ihr von der Opposition Waffenruhe nicht annehme und bezeichnete die Politik der Regierung als eine schwan⸗ kende, schwache und herausfordernde. Hierauf wurde die wei⸗ tere Debatte auf morgen vertagt.

Wien, 4. Februar. (W. T. B.) Der „Polit. Korr.“ wird aus St. Petersburg vom heutigen Tage telegraphisch ge⸗ meldet, nach der nunmehr erfolgten Unterzeichnung denspräliminarien solle in Adrianopel unverweilt zur Ver⸗ handlung über den definitiven Friedensvertrag geschritten werden. General Ignatieff sei mit der Führung der Verhandlungen beauftragt. Ein Telegramm der ‚„Polit. Korr.“ aus Belgrad vom. 4. d. meldet: Großfürst Niko⸗ laus hat der an den Fürsten Milan gerichteten Anzeige von dem Abschlusse des Waffenstillstandes die Versiche⸗ rung hinzugefügt, daß die Interessen Serbiens gebührende Verücksichtigung finden würden. Aus Cettinje

4₰ 8— 88 wird der „Polit. Korr.“ telegraphirt: Der hiesige russische Agent, Jonin, hat den Fürsten Nikita von dem Abschlusse des Waffenstillstandes benachrichtigt und denselben auf⸗ gefordert, die Feindseligkeiten einzustellen.

(W. T. B.) Dem Vernehmen nach ist die formelle Einladung zum Zusammentritte der Konferenz in Wien gestern vom Wiener Kabinete an die Mächte, welche den Pariser Vertrag vom Jahre 1856 unterzeichnet haben, abgegangen.

5. Februar. (W. T. B.) Die ‚„Presse“ bestätigt, daß Graf Andrassy am 3. d. Einladungen an die Signatarmächte des Pariser Vertrages zum Zusammentritt einer Konferenz in Wien hat ergehen lassen. 8

Ragusa, 5. Februar. (W. T. B.) Fürst Nikita hatjdie Einstellung der Feindseligkeiten angeordnet.

Athen, 3. Februar. (W. T. B.) Die griechischen Truppen haben gestern unter dem Oberbefehl Soutzo's die türkische Grenze überschritten. Die Avant arde war aus einer Escadron Kavallerie, einem Bataillon Tirailleurs und einem Bataillon Infanterie zusammengesetzt. Das Gros der Truppen folgte später in einer Stärke von 8 Bataillonen Infanterie, 2 Bataillonen Tirailleurs und 5 Batterien. Die türkischen Grenztruppen zogen sich nach Domoko zurück; man nimmt an, daß die griechischen Truppen auf Domot, dessen Garnison 2000 Mann stark ist, marschiren werden.

Europäischer Kriegsschauplatz. 1““ Belgrad, 3. Februar. (Telegramm der W. „Presse“.) Nach erbittertem Kampfe wurde am 29. v. M. Wranja ge⸗ nommen und dabei vier Tabors mit 1682 Mann und 48 Offizieren unter Rassim Pascha gefangen genommen, viele Gewehre, Munition und Kriegsmaterial erbeutet. Die Türken flohen nach Kumanowo. Die Serben unter Oberst Iwanovics verloren 27 Todte, 175 Verwundete. Die Serben verfügten über die Brigaden Semendria und Belgrad und ein Freiwilligen⸗Bataillon. Auf türkischer Seite befanden sich 10 Tabors Nizams, mehrere Tabors Arnauten, ein Kavallerie⸗ Regiment und sieben Geschütze im Kampfe.

Asiatischer Kriegsschauplatz.

London, 5. Februar. (W. T. B.) Nach einem Tele⸗ gramm der „Daily News“ aus Kars vom 4. d. wurde da⸗ selbst die Uebergabe Erzerums amtlich gemeldet; die Russen sollten die Festung am Dienstag besetzen.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Das zuerst im Jahre 1868 erschienene „Vaterländische Lesebuch für die mehrklassige evangelische Volksschule Norddeutschlands“, unter Mitwirkung von Dr. L. Meyn, Dr. A. Sach u. A. herausgegeben von H. Keck und Chr. Johansen (Halle a. S., Buchhandlung des Waisenhauses, 1878), liegt bereits in 7. Auflage vor. Dasselbe ist in seinem Inhalt im Wesentlichen un⸗ verändert geblieben, den Lesestücken sind hin und wieder erklä⸗ rende Anmerkungen beigefügt. Desto mehr Sorgfalt hat die Ver⸗ lagshandlung auf die Ausstattung verwendet. Zunächst ist Papier von schöner weißer Farbe ausgewählt, welches weder bräunt noch bricht. Sodann sind die verschiedenen Schriftgrade, welche herkömmlich zur Anwendung gelangen, in einem möglichst großen, dem Auge wohlthuenden Schriftbilde geboten. Auf Wunsch der Schul⸗ behörden ist die Petitschrift bei den Prosastücken in Wegfall gekom⸗ men, da die breiten durchlaufenden Zeilen das Lesen so kleiner Schrift erschwerten. Die Illustrationen sind auf das Instruktive, hauptsäch⸗ lich naturwissenschaftliche und geschichtliche Gegenstände, beschränkt; dabei ist aber die schönheitliche Wirkung nicht außer Acht gelassen. Besonders gelungen sind die charakteristischen Thierbilder, von H. Leutemann. Des vermehrten Kostenaufwands für die Herstellung un⸗ ist der Preis des Buchs (ca. 31 Bogen) nur auf 1,40 normirt.

Carl Schlossers neuester Geschichtskalender ist im 9. Jahrgange Ereignisse von 1877 und Nekrologe (Frank⸗ furt a. M., Verlag von Wilhelm Rommel, 1878) kürzlich erschienen. Auch dieser neue Jahrgang ist ebenso sorgfältig, genau und über⸗ sichtlich gearbeitet, wie die früheren Jahrgänge.

Gewerbe und Handel.

Die Durchsicht der vorliegenden üa-e 4—6 des „For⸗ menschatz der Renaissance“, der bekannten volksthümlichen Ausgabe unserer Formenklassiker, durch deren Veranstaltung Hr. Dr. G. Hirth in München (Verlag von G. Hirth in Leipzig) dem deut⸗ schen Kunstgewerbe, sowie jedem Kunstfreunde einen wirklichen Dienst erweist, gewährt wied. um einen hohen Genuß. Auswahl und Ausführung der 84 Blätter, welche die nun⸗ mehr erschienenen 6 Hefte (zusammen für 6 ℳ) gebracht haben, rechtfertigen vollkommen den Ritf, den sich das ei enartige Unternehmen in allen Fachkreisen rasch erworben hat; hervorzueben ist namentlich die in jedem Hefte von Neuem zu Tage tretende Vielseitigkeit der Anregungen. Nicht blos der Praktiker wird überrascht durch die Fülle brauchbarer Mo⸗ tive, auch der erfahrene Kunstliebhaber muß anerkennen, daß der Heraus⸗ geber mit Umsicht aus dem großen ihm zu Gebote stehenden Quellen⸗ material zu schöpfen versteht. Und in der That wird hier der ge⸗ bildeten deutschen Welt, insbesondere aber unseren Künstlern und Gewerbtreibenden eine Formenwelt erschlossen, von der wohl nur Wenige bisher eine Ahnung hatten; man braucht nur an die zahl⸗ reichen kunstgewerblichen Entwürfe von Hans Holbein zu erinnern, welche der „Formenschatz“ meistens nach bisher unpublizirten Handzeichn ungen des großen Meisters bringt. Sämmtliche Blätter sind auf dem Wege des Lichtdrucks so getreu nach den Originalen hergestellt, wie es eben nur diese großartige Errungenschaft der Neuzeit ermöglichen konnte. Die Abonnenten gewinnen da⸗ mit im Laufe der Zeit einen geradezu einzigen Schatz von Kunst⸗ blättern, und zwar zu einem Preise, der mit diesem Gewinn in gar keinem Verhältniß steht. Wenn dem Gewerbetreibenden auch. der ganzen Anla e des Werkes gemäß, keine unmittelbar verwerthbaren Vorlagen geboten werden, so bieten sie ihm doch die mannigfachste Anregung. Ganz besonders aber sollte das Unternehmen sein Pu⸗ blikum unter allen Künstlern und Kunstfreunden finden, denen dasselbe durchaus noch nicht hinlänglich bekannt zu sein scheint. Wir lassen darum eine Uebersicht des Inhalts der vorliegenden letzten 3 Hefte hier folgen: Das 4. Heft bringt an der Spitze das „Wappen des Todes“ von Albrecht Dürer, nach dem Original⸗Kupferstich vom Jahre 1503; Blätter aus Hans Holbeins d. J. „Skizzenbuch“ im Museum zu Basel; Skizzen zu Goldschmied⸗ und Jouwelierarbeiten aus desselben Skizzenbuch im British Museum zu London; ferner Blätter von Albrecht Altdorfer, Daniel Hopfer, Peter Flötner und Hans Mielich; endlich an Mustern: eine Einbanddecke nürnberger Arbeit, ein Blatt aus Sibmachers Stick⸗ und Spitzenmusterbuch von 1601 und anderes. Das 5. Heft enthält ein Stück aus dem „Triumphzug“ von Andrea Mantegna; ein Wappen aus Albrecht Dürers Schule; Hans Burgkmairs prächtiges Reiter⸗ bildniß Kaiser Maximilians I. vom Jahre 1508 und ein Blatt aus desselben „Weiß Kunig“; mehrere Entwürfe und Skizzen von Hans Holbein d. J.; eine verkleinerte Kopie des großen Holz⸗ schnitts von Hans Schäuffelein, darstellend das „Abendmahl“ und end⸗ lich Blätter mit Ornamenten und Vorlagen von Heinrich Aldegrever, Hans Sebald Beham, Hans Mielich und Virgil Solig. D;Die interessantesten und größten Blätter aber bringt das 6. Heft, nämlich: den großen Triumphwagen Kaiser Maximilian J., von Dürer nach

Wilib. Pirckheimers Angaben im Jahre 1518 gezeichnet (Reproduk⸗ tion nach dem Holzschnitt von 1523); ferner eine Federzeichnung von