1878 / 41 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 16 Feb 1878 18:00:01 GMT) scan diff

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8 Se. Königliche Hoheit der Erbgroßherzog von Oldenburg ist unter Belassung à la suite des 1. Garde⸗ Dragoner⸗Regiments und des Oldenburgischen Dragoner⸗ Regiments Nr. 19, von der Dienstleistung bei dem erst⸗ genannten Regiment entbunden worden.

Der Bundesraths⸗Bevollmächtigte, Herzoglich an⸗ Heltisce Staats⸗Minister von Krosigk ist in Berlin ein⸗ getroffen.

Zu den bevorstehenden Vermählungsfeierlichkeiten sind u. A. hier eingetroffen: der General⸗Lieutenant von Ober⸗ nitz, General⸗Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Commandeur der 14. Division, von Düsseldorf, ferner Se. Durchlaucht der Prinz Gustav zu e. und Büdingen, General⸗Major à la suite der Armee, desgleichen der General⸗Major von Sannow, Commandeur der 43. In⸗ fanterie⸗Brigade, welcher zum Ehrendienst bei Sr. Hoheit dem Erbprinzen von Sachsen⸗Meiningen, der General⸗Major Graf von Waldersee, Chef des Generalstabes X. Armee⸗Corps, welcher zum Ehrendienst bei Sr. Hoheit dem Herzoge von Anhalt, und der Oberst von Buddenbrock, Commandeur des Westfäli⸗ schen Kürassier⸗Regiments Nr. 4, welcher zum Ehrendienst bei Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzoge von Oldenburg komman⸗ dirt worden ist, sowie eine Deputation des 5. Westfälischen In⸗ fanterie⸗Regiments Nr. 53 von Aachen resp. Jülich und eine Deputation des 6. Thüringischen Infanterie⸗Regiments Nr. 95 von Gotha resp. Hildburghausen.

Bayern. München, 14. Februar. Die Abgeord⸗ netenkammer hat die Einführung des Malzaufschlags n der Pfalz mit dem von dem pfälzer Abgeordneten Vaillant beantragten und von dem Finanz⸗Minister gebillig⸗ ten Zusatze, daß, wenn das Reinerträgniß des Malzaufschlags in der Pfalz für die Finanzperiode mehr als 1 ½ Millionen Mark betrage, die Mehreinnahme der pfälzischen Kreisgemeinde verbleibe, mit großer Mehrheit angenommen. Der Etat der direkten Steuern wurde dem Ausschußantrage gemäß, und die Erhebung derselben nach dem bisherigen Maßstabe nach kurzer Debatte genehmigt. Hierauf wurde der Entwurf des Finanzgesetzes nach sehr kurzer Debatte vorläufig angenommen. Die definitive Abstimmung findet erst nach der Vereinbarung mit der Kammer der Reichsräthe statt. Bei der in der II. Abtheilung vorgenommenen Prüfung der Legitimation des als Ersatzmann für den Freiherrn von Griesenbeck kürzlich in die Kammer eingetretenen Abg. Erl hat sich ergeben, daß in dem Wahlkreise Straubing die⸗ selben angeblichen Mängel und Verletzungen des Wahlgesetzes vorgekommen sind, welche die Beanstandung der Wahlen von Schweinfurt von klerikaler Seite hervorgerufen hatten und wegen welcher nach Antrag der ultramontanen Minderheit der VII. Abtheilung die Schweinfurter Wahlen kassirt werden sollen. Die II. Abtheilung hat demzufolge ihre Beschluß⸗ sassung über die Legitimation des Abg. Erl ausgesetzt, bis von den Kammern über die Schweinfurter Wahlen entschieden ist. In Betreff der letzteren stellt die liberale Mehrheit der Ab⸗ theilung den Antrag, dieselbe für gültig zu erklären.

Sachsen. Dresden, 15. Februar. Die Erste Kammer hat heute den Beitritt zu dem von der Zweiten Kammer angenommenen Antrage auf Vorlegung eines Gesetz⸗ entwurfs über die zur Regulirung durch Gesetz geeigneten Verhältnisse der Universität einstimmig abgelehn. Die SnFts Kammer beschloß ohne Debatte, bei der mittelst

öniglichen Dekrets über die Begebung der durch das Gesetz vom 6. Juni 1876 geschaffenen 3Zprozentigen Rente und

über die dafür vereinnahmten Beträge den Ständen gemachten

Mittheilung Beruhigung zu fassen, und genehmigte sodann den Gesetzentwurf wegen Beschaffung der zur Deckung der außerordentlichen Bedürfnisse der Finanzperiode 1878/79 Summe von 60 Mill. Mark durch Ausgabe 3prozentiger Rentenanleihe mit einer von den Deputationen beantragten formellen Aenderung. Zugleich ertheilte sie der Staatsregierung die von derselben erbetene Ermächtigung, bis zu dem Betrage von 60 Millionen Mark neben der Begebung 3prozentiger Rente auch mit Ausgabe übertragbarer, nach einer bestimmten Zeit wieder einzulösender Schatzscheine vor⸗ sugehen dergestalt jedoch, daß die zuvorgedachte Summe durch

en Gefammtbetrag der auf diesem doppelten Wege zu be⸗ schaffenden Mittel in keinem Falle überstiegen wird. Auf Anfrage des Referenten erklärte der Staats⸗Minister Freiherr von Könneritz die Bereitwilligkeit der Regierung, über den Erfolg der projektirten Finanzoperation den Ständen eine Mittheilung zugehen zu lassen. Die Kammer beschloß sodann auf Antrag der Beschwerde⸗ und Petitionsdeputation, bei dem von ihr auf die Petition der evangelisch⸗reformirten Kon⸗ sistorien in Leipzig und Dresden, Abänderung des Parochial⸗ lastengesetzes betreffend, gefaßten Beschlusse, gegenüber ablehnenden Beschlusse der Ersten Kammer, 1Jn- zu

eiben.

Baden. Karlsruhe, 14. Februar. Die „Karlsr. Ztg.“ chreibt: „Wir sind ermächtigt, zu erklären, daß die in meh⸗ reren badischen Blättern enthaltene Nachricht von bevorstehen⸗ den und beschlossenen Verlobungen in der Großherzoglichen Familie jeder thatsächlichen Begründung entbehrt.“

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 14. Februar. (Leipz. Ztg.) Bei der gestrigen Wahl eines Landtags⸗ abgeordneten an Stelle des verstorbenen Professors Dr. Hildebrand für den Wahlkreis Jena ist der o. ö. Pro⸗ essor des Staatsrechts und deutschen Rechts Dr. Meyer da⸗ elbst gewählt worden. Der Landtag beschloß heute de⸗ finitiv die Aufhebung der das Landtagssyndikat betreffenden Bestimmungen der Verfassung und ertheilte seine Zustimmung zu dem Gesetzentwurf über die Ablösung grundherrlicher Rechte der Kirchen, Pfarreien und Schulen zum 229fachen Betrage.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 15. Februar. (W. T. B.) Das Abgeordnetenhaus hat heute die Generaldebatte über den Zolltarif zu Ende geführt; von den Gegnern der Vorlage wurde Abgeordneter Auspitz, von deren Anhängern Abg. Skene zum Generalredner gewählt. Der Abg. Coronini beantragte die Einsetzung einer aus 18 Mitgliedern bestehen⸗ den Kommission, die sich mit der Herbeiführung von Erspar⸗ nissen im Staatshaushalte beschäftigen soll.

(W. T. B.) Die „Neue freie. Presse“ erwähnt ein Gerücht, wonach der Reichsfinanz⸗Minister Baron Hof⸗ mann in den nächsten Tagen sich in besonderer Mission nach London begeben sollte. Von anderer, sonst wohlunterrichteter Seite wird dieses Gerücht als gänzlich unbegründet be⸗

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Üchweiz. Bern, 14. Februar. (N. Zürch. Ztg.) Der Ständerath hat heute die Beschlüsse des Nationalraths, be⸗ züglich des Gesandtschaftswesens, acceptirt und den Rekurs der Zürcher Regierung, betreffend die vom Bundes⸗ rath beschlossene Aufhebung des Banknotenmonopols, nach dem Beschlusse des Nationalraths und dem Antrage der Kommission mit 26 gegen 5 Stimmen abgewiesen. Der Nationalrath beharrt auf der Bestimmung über die Ver⸗ steigerung der Kavalleriepferde, ebenso auf dem Beschluß, daß auf die Deckung des Defizits bei der Revision des tarifs Rücksicht zu nehmen sei. Der Schluß der Session findet erst in der nächsten Woche statt.

Frankreich. Paris, 14. Februar. (Fr. C.) Der General dAbzac reist heute mit einem Ordonnanzoffizier des Marschalls Mac Mahon nach Rom ab, um den Präsi⸗ denten der Republik bei dem Leichenbegängniß Pius’ IX. zu vertreten. Der klerikale „Univers“ ist sehr ungehalten darüber, daß die französische Regierung keinen außerordentlichen Ge⸗ sandten zu den Trauerfeierlichkeiten nach Rom schicke und unterlasse, was sie für den König Victor Emanuel gethan. Der „Soleil“, welcher bis jetzt die Behauptung aufrecht erhal⸗ ten hatte, daß die Konstiturionellen des Senats am nächsten Sonnabend für keinen Anderen, als für den Herzog Decazes stimmen würden, meldet heute, daß gestern in einer Versammlung, welche die Verfassungstreuen bei dem Grafen Bondy hielten, ein Brief des Herzogs zur Verlesung gelangt sei, der ihnen von diesem Vorhaben dringend abrieth, und daß die Gruppe hierauf ihren Bevollmächtigten den Auftrag ertheilt habe, die übrigen Fraktionen der Majorität des Senats von ihrem Entschlusse, für die bevorstehende Wahl keinen neuen Kandidaten aufzustellen, in Kenntniß zu setzen.

Spanien. Madrid, 15. Februar. (W. T. B.) Die Cortes sind heute von dem Könige, in Gegenwart der Königin, mit einer Thronrede eröffnet worden. In der⸗ selben erklärt der König, er sehe mit Genugthuung, daß sein Volk und die auswärtigen Mächte die Wahl seiner Gemahlin gutgeheißen hätten. Er und die Königin würden ihre Kräfte dem Glücke Spaniens weihen. Der König spricht alsdann allen Souveränen und Staats⸗Ober⸗ häuptern seinen Dank aus für die anläßlich seiner Hoch⸗ zeit der Nation und ihm bewiesenen Sympathien. Die Thron⸗ rede erwähnt weiter den Tod Pius’ IX. und spricht die Hoff⸗ nung aus, daß das Konklave eine Wahl treffen möge, welche die Eintracht zwischen Staat und Kirche sichere. Der König erklärt, er wünsche die freundschaftlichen Beziehungen mit den auswärtigen Mächten aufrecht zu erhalten und glaube, daß der Aufstand auf Kuba, Dank den Opfern, welche die Nation gebracht, demnächst unterdrückt sein werde.

Italien. Rom, 15. Februar. (W. T. B.) Nach den Feierlichkeiten in der Sixtinischen Kapelle be⸗ gaben sich heute die Kardinäle in den Konsistorialsaal, wo der erste Empfang des diplomatischen Corps stattfand. Zuerst wurde der Botschafter Oesterreich⸗Ungarns empfangen, hierauf der Spaniens; sodann wurden die Ge⸗ sandten Bayerns, Belgiens, Brasiliens, Costaricas und Boli⸗ vias eingeführt welche im Namen ihrer Herrscher und Regie⸗ rungen ihr Beileid aussprachen. Der Kardinal Pietro dankte für die Kundgebungen der Souveräne und Regierungen. Morgen findet die zweite Feier in der Sixtinischen Kapelle und sodann der Empfang des übrigen diplomatischen Corps statt. Der „Osservatore Romand“ zollt der Behörde Lob für die getroffenen Sicherheitsmaßregeln zur Aufrechterhaltung der Ordnung in der Basilika. Aus Italien und aus dem Auslande ist eine große An⸗ zahl von Prälaten und Priestern hier eingetroffen. Zu den in mehreren italienischen Städten für Pius IX. veranstalteten Trauerfeierlichkeiten hatten die kirchlichen Behörden Einladungen an die Civil⸗ und E den ergehen lassen; Letztere haben in Folge dessen auch an den Trauerfeierlichkeiten theilgenommen.

Amerika. Washington, 15. Februar. (W. T. B.) Der Senat hat heute die Abstimmung über die Silberbill und die dazu gestellten Amendements begonnen.

New⸗York, 13. Februar. (Per Kabel.) Die bedeu⸗ tendsten Eisen⸗ und Stahlfabrikanten im ganzen Lande haben ein Meeting in Philadelphia gehalten, in welchem Resolutionen angenommen wurden, welche die An⸗ wesenden verpflichten, Alles zu thun, was in ihrer Macht sech um zu verhindern, daß der neue Tarifentwurf Ge⸗ etzeskraft erlange.

8 Der russisch⸗türkische Krieg. “XX Petersburg, 15. Februar. (W. T. „Agence Russe“ sieht in Uebereinstimmung mit dem „Journal de St. Petersbourg“ und anderen Journalen in dem Eintritt der englischen Flotte in den Bosporus trotz des Protestes des Sultans eine Verletzung des Pariser Vertrages vom Jahre 1856.

B.) Die

Konstantinopel, 15. Februar. (W. T. B.) Namyk Pascha hat sich nach Adrianopel begeben.

16. Februar. (W. T. B.) Die Pforte hat bis jetzt keine Ermächtigung zur Einfahrt weiterer Panzerschiffe in die Dardanellen ertheilt. Die Russen sollen

estern in der neutralen Zone gelegene vorgeschobene Be⸗ bEE1“ Konstantinopels okkupirt haben. In Adrianopel werden die Verhandlungen fortgesetzt.

London, 15. Februar. (W. T. B.) Die weitere heute veröffentlichte diplomatische Korrespondenzenthält u. A. folgende Aktenstücke. Lord Derby theilte dem Botschafter Lord Loftus in einer Depesche vom 11. d. mit, er habe den Grafen Schuwaloff um genauere Aufklärungen gebeten darüber, ob der Einmarsch der Russen in Konstantinopel den Zweck habe, die Christen zu schützen, oder ob es Rußland als Ehren⸗ sache betrachte, seine Fahne in Konstantinopel zugleich mit der Englands und der anderer Mächte zu sehen. Am 13. c. theilte Lord Derby dem . Lord Loftus die bereits bekannte Antwort des Fürsten Gortschakoff mit. Lord Derby hebt in der Depesche den Unterschied hervor zwischen der Entsendung der Flotte durch eine befreundete Macht und der Besetzung Konstantinopels durch feindliche Truppen. Letztere wäre eine Verletzung des Waffenstillstandes und könnte Un⸗ ordnungen hervorrufen. Derby schließt mit der Erklärung, die englische Regierung könne nicht zugeben, daß die Entsendung der englischen Kriegsschiffe und der Einmarsch der Russen in Konstantinopel in irgend einem Zusammenhange stehen. Letzterer Schritt sei weder durch eine noch

irch irgend eine a 2 Nothwendigkeit geboten; die Folgen

desselben könnten für die

Bevölkerung von Konstantinopel un⸗ heilbringend sein. Eine weitere Depesche Lord Derbys an Lord Loftus vom 13. d. berichtet über eine Unterredung, welche Lord Derby am 13. d. mit dem Grafen Schuwaloff hatte. Lord Derby erklärte dem Grafen, daß die englische Regierung ernst⸗ lich hoffe, die Russen würden keine Truppenbewegung gegen Gallipoli machen, noch irgend eine andere, welche die Ver⸗ bindungen der englischen Flotte bedrohen könnte. In Eng⸗ land würde man finden, daß eine solche Bewegung die Sicher⸗ heit der englischen Flotte bei der gegenwärtigen Lage der Dinge könnte; er (Derby) würde keine Verantwortung für die Flben übernehmen, die sehr ernst sein könnten.

(W. T. B.) Im Oberhause wurde heute Seitens der Regierung eine v von Wichtigkeit nicht abgegeben.

Im Unterhause erklärte der Unter⸗Staatssekretär Bourke auf eine Anfrage des Abg. Lewis, in der Regierung zugegangenen Berichten heiße es, daß die Russen einige Polen hätten aufhängen lassen, eine Mittheilung dieser Berichte sei indeß bis dahin unthunlich, wo die Regie⸗ rung weitere Informationen erhalten haben werde. In Kon⸗ stantinopel hätten sich Polen mit der Bitte um Schutz an Layard gewendet, letzterer sei jedoch von der Regic⸗ rung bedeutet worden, daß Ausländern der Schutz Eng⸗ lands nicht gewährt werden könne. Wohl aber sei es statthaft, Nothleidenden gute Dienste zu leisten, um ihnen das Gelangen nach einem sicheren Ort zu ermöglichen. Auf die von Glad⸗ stone bereits 8 angekündigte Anfrage antwortete Schatz⸗ kanzler Northceote, über die speziellen österreichischen In⸗ teressen, von denen der Graf Andrassy dem Fürsten Gortschakoff am 30. v. M. Mittheilung gemacht habe, sei er nicht infor⸗ mirt. Auf mehrere von anderen Deputirten gestellte Anfragen erklärte Northcoote ferner, er habe davon gehört, daß 1400 russische Matrosen an die Donau gesendet worden seien, wisse indeß nichts davon, daß dieselben Bulgarien bereits passirt hätten. Die deutsche Regierung habe erklärt, daß sie unter den gegenwärtigen Umständen nicht beabsichtige, einen Firman zum Einlaufen deutscher Kriegsschiffe in die Dar⸗ danellen nachzusuchen. Eine Antwort Rußlands auf den Protest Englands betreffs der Besetzung von Konstantinopel sei nicht eeen.

(W. T. B.) Das „Reutersche Bureau“ meldet aus Konstantinopel von heute: Die englischen Panzer⸗ schiffe „Alexandra“, „Temeraire“, „Sultan“ und „Achilles“ sind Morgens 8 Uhr bei den Prinzeninseln vor Anker gegangen, der „Agincourt“ und der „Swiftsure“ sind bei Gallipoli geblieben, der „Raleigh“, „Hotspur“ und „Ruby“ befinden sich in der Besikabai.

(W. T. B.) Dem „Reuterschen Bureau“ wird weiter

aus Konstantinopel gemeldet, die Russen hätten am 15.

d. M. die Redoute „Samidie“ besetzt, welche sich in de Vertheidigungslinien von Konstantinopel befindet. E Telegramm der „Times“ aus St. Petersburg, 15. d will wissen, die türkischen Delegirten hätten seit dem Erschei nen der englischen Flotte vor Konstantinopel die vollständig Autonomie Bulgariens für unzulässig erklärt.

Wien, 15. Februar. (W. T. B.) Nach einem „Polit. Korresp.“ aus Konstantinopel von gestern Abend zugegangenen Telegramme würde in dortigen diplo matischen Kreisen ein Einmarsch der Russen momentan für weniger wahrscheinlich als in den letzten Tagen ge⸗ halten, ebenso habe das ohne Kollision erfolgte Einlaufen der britischen Flotte zu ruhigeren Anschauungen über die Entwickelung der englisch⸗russischen Situation beigetragen Daß die Passage der britischen Flotte durch die Dardanellen

nur von einem türkischen Proteste begleitet gewesen sei, werde

mit der angeblichen Entblößung der meisten Dardanellenforts 8 geüschden erklärt, die nach Tschataldja transportirt wor⸗ en seien.

Korrespondenz⸗Bureau“ aus Konstantinopel vom 15. d. gemeldet wird, sollen die Russen in Folge des De⸗ peschenwechsels zwischen dem Kaiser Alexander und dem Sul⸗ tan nicht in Konstantinopel einrücken, wie sie wegen der Ankunft der englischen Flotte beabsichtigten. Sie würden jedoch vorrücken, um als Freunde einzelne strategische Punkte in der Nähe von Konstantinopel zu besetzen.

Europäischer Kriegsschauplatz.

Bukarest, 14. Februar. (Telegr. der W. „Presse“.) Die aus Bessarabien kommenden Linientruppen, vier Armee⸗ Corps stark, werden bei Ismail, Woslui und Kalarasch raillirt und dann zur Ablösung der Truppen im Balkan ver⸗ wendet. Die Truppen diesseits des Balkan kehren über Rumänien zurück, jene südlich des Balkan werden seinerzeit nach Südrußland eingeschifft werden.

Asiatischer Kriegsschauplatz.

Konstantinopel, 12. Februar. (Telegr. des „Fremden⸗ Blatt.“) Die Besetzung Erzerums durch die Russen ist eine vollzogene Thatsache; die dortige türkische Garnison hat sich nach Erzinghian zurückgezogen. Mit ihr sind auch die türkischen Staatsbeamten von dort abgereist. Dagegen hat der Bürgermeister der Stadt, Derwisch Aga, mit Einwilligung der Russen sein Amt weiter behalten. Die Türken haben vor ihrer Abreise ihre ganze Munition, ebenso auch 108 Festungs⸗ geschütze mit sich genommen. Ihre Kranken befinden sich je⸗ doch noch in den Spitälern dieser Stadt und sollen nach und nach erst abgeholt werden.

Aus dem Wolffschen Telegraphen⸗Bureau.

Washington, 16. Februar, Morgens. Der Senat hat die von der Finanzkommission zur Bland'’schen Silberbill ge⸗ stellten Abänderungsanträge mit großer Majorität genehmigt. Durch dieselben wird der die freie Silberausprägung be⸗ treffende Artikel des Gesetzes beseitigt und die Ausprägung auf 4 Millionen Dollars monatlich beschränkt. Ferner wird durch die Abänderungsanträge die Einsetzung einer Kommission bestimmt, welche sich mit den zur lateinischen Münzkonvention gehörigen Ländern und anderen Ländern ins Vernehmen setzen soll, um eine ratio commuvis für Silber und Gold her⸗ beizuführen. Endlich wird die Regierung durch dieselben zur Ausgabe von Certifikaten für Silberdepots ermächtigt, welche bei der Bezahlung von Zöllen und Steuern in Zahlung ge⸗ nommen werden dürfen. Andere Amendements wurden ab⸗ gelehnt, die desinitive Abstimmung über das ganze Gesetz ist noch nicht erfolgt. Die Sitzung des Senats war um 4 Uhr

Morgens noch nicht beendet.

16. Februar. (W. T. B.) Wie dem „Telegraphen⸗

Wissenschaft und Literatur.

Leipzig, 11. 57 Wiederum ist einer der verdienstvollen Lehrer der Hochschule, der außerordentliche Professor der Philosophie, Hofrath, Ritter ꝛc. A. Th. Fritzsche aus dem Leben geschieden. Er war als ausgezeichneter Philolog der Gottfried⸗Hermannschen Schule

bissnss Land⸗ und Forstwirthschaft.

Seit Anfang dieses Jahres erscheint unter dem Titel „Der deutsche Garten“ in Friedr. Schulze's Verlag hierselbst, eine von O. Hüttig herausgegebene und redigirte Wochenschrift für Gärt⸗ ner und Gartenfreunde, welche dem gesammten Gebiete des Garten⸗, Wein⸗ und Hopfenbaues mit ihren Hülfswissenschaften gewidmet ist. Dieselbe ist das Vereinsblatt der Gesellschaft der Gartenfreunde Berlins und zählt zu ihren Mitarbeitern Männer, welche in der Wissenschaft wie in der Praxis eine hervorragende Stelle einnehmen. Unter ihnen werden genannt: Prof. Dr. P. Ascherson, Dr. Bolle, Königl. Garten⸗Inspektor D. Bouché, Dr. Frhr. v. Canstein, Hof⸗ Garten⸗Direktor Jühlke, Prof. Dr. K. Koch, Königl. Garteninspektor W. Lauche, Dr. E. List in Würzburg, Gartenbau⸗Direktor Petzold in Muskau u. A. Ueber das Ziel, das sich die Zeitschrift vorge⸗ steckt, wird in dem der ersten Nummer vorgesetzten Vorworte unter voller Würdigung der anerkennenswerthen Leistungen der bis⸗ her in Deutschland auf gleichem Gebiete thätigen Organe bemerkt, daß der „Deutsche Garten“ nach dem Vorbilde von „Gar⸗ deners Chroniecle“ und „Flore des serres“ ein Central⸗Organ für die deutsche Gärtnerkunst, diesen Begriff im weitesten Sinne aufgefaßt, herstellen solle. Der jungen Zeisschrift soll nichts fremd bleiben, was den Gartenbau, ja was das Wissen von der Pflanzenwelt im Allgemeinen wie im Besonderen angeht. Dieselbe ist entschlossen, der Praxis wie der Theorie gleichmäßig Rechnung zu tragen, in zweifelhaften Fällen jedoch auf erstere, als die in das bürgerliche Leben eingreifendere Potenz den Hauptaccent zu legen. Obwohl der „Deutsche Garten“ nach der Absicht der leitenden Kräfte ein Fachjournal in ausgedehntem Maße sein und für das Gesammt⸗ interesse des Gärtners von Beruf einstehen soll, so wird er es sich doch zugleich zur Aufgabe machen, dem Gartenfreunde jeden Standes und auch der Frauenwelt, in geschmackvoller Form auf allen Gebieten des Gartenbaues anregende Belehrung zu bieten. Aus dem reichen Inhalte der bis jetzt vorliegenden 6 Hefte seien von größeren Aufsätzen u. A. nur hervorgehoben: „Der Gartenbau in den Sagen der Egypter, Inder und Griechen“, von O. Hüttig: „Ueber Wa er⸗ und Sumpfpflanzen für Aquarien“, von Garten⸗Inspektor Bouchs; „Die Hyazinthe, ihre Kultur, ihre Treiberei und ihre Krankheiten“, von C. Lackner; „Die den Kulturpflanzen schädlichen Insekten“, von Dr. Sorhagen; „Zur Geschichte des Gartenbaues“, von O. Hüttig u. s. w. Jede der Nummern enthält außer den größeren Aufsätzen eine Reihe von kleineren, interessanten und belehrenden Mittheilungen. Zur Erläuterung des Textes sind, wo es erforderlich schien, korrekt und auber ausgeführte Illustrationen beigegeben, wie denn auch die typi⸗ san Ausstattung des Blattes nichts zu wünschen übrig läßt. Der Abonnementspreis für die empfehlenswerthe Zeitschrift beträgt nur 4 vierteljährlich.

Gewerbe und Handel.

Das Programm der „Internationalen Ausstellung für die gesammte Papier⸗Industrie“, die vom 16. Juli bis 31. August d. J. im Exerzierhause in der Karlstraße hierselbst statt⸗ finden wird, ist nunmehr endgültig festgestellt. Die Ausstellung be⸗ zweckt ein möglichst deutliches und übersichtliches Bild der gesammten Papierindustrie des In⸗ und Auslandes zu geben, vm dadurch zur

ebung der deutschen Papier⸗Industrie beizutragen. An der Ausstellung sich alle Industrielle, Gewerbtreibende und Interessenten der Pa⸗ pierindustrie, sowie der damit zusammenhängenden Gewerbe betheiligen. Die ausgestellten Gegenstände werden in 8 getheilt. Die erste Gruppe enthält: Rohstoffe und Bedarfsartikel zur Herstellung von Papier und Pappe, sowie für die Papiergewerbe; die 2. Gruppe: Maschinen und Werkzeuge zur Erzeugung und Verarbeitung von Papier und Pappe; die 3. Gruppe: Papiere und Pappen; die 4. Gruppe: Papiere, soweit dieselben gestrichen, bedruckt oder gepreßt sind; die 5. Gruppe: Papier⸗ und Pappwaaren; die 6. Gruppe: Anwendung des Papiers zu technischen und baulichen Zwecken; die 7. Gruppe: Papier⸗, Schreib⸗ und Zeichnen⸗ waaren und die 8. Gruppe: Geschichte und Literatur. Für Maschinen wird Betriebskraft geliefert, ebenso ist das Arbeiten⸗ lassen innerhalb des Ausstellungsraumes nicht nur gestattet, sondern sogar erwünscht. Für die besten Leistungen werden Ehrenpreise er⸗ theilt. Ein etwaiger Ueberschuß soll zur Herausgabe eines eingehen⸗ den Berichtes über die Ausstellung, sowie zu Preisaufgaben über wichtige, die Papierindustrie betreffende Fragen verwendet werden.

Auf dem hiesigen Rathhause fand am 13. d. M. die ordentliche Jahresversammlung des weiteren Ausschusses des Berliner Pfand⸗ brief⸗Institutes statt. In dem Geschäftsbericht über das Jahr 1877, wird konstatirt, daß das Institut sich regelmäßig und kräftig entwickelt habe, und daß im verflossenen Jahre mehr als 7 Millionen Mark an Pfandbrief⸗Darlehen neu gewährt worden, Verluste aber niet vorgekommen sind. Demnächst wurde die Decharge ertheilt und der Etatsentwurf pro 1878 mit der Aenderung fefstgestellt, daß der Betriebsfonds, der jetzt 33 100 beträgt, nicht weiter erhöht und daß der Gesammtüberschuß des Verwaltungsfonds mit etwa 90000 in den Reservefond fließen soll. Der weitere Ausschuß erklärte sich gegen den Antrag, neben den Pfandbriefen à 5 und 4 ½ % noch Pfandbriefe à 4 % herzustellen. Angenommen wurde ein Antrag, nach welchem der Ausschuß seine Genehmigung zu Ver⸗ äußerungen und Verpfändungen des Grundstücks des Pfandbriefs⸗ Instituts ertheilen soll.

Auf die Aktien der in Liquidation befindlichen Berliner Commerz⸗ und Wechsel⸗Bank gelangen vom nächsten Montag ab 40 % zur Auszahlung. Man erwartet ein Gesammterträgniß von ca. 90 %. 3

Nach dem Geschäftsbericht der Kommerz⸗ und Dis⸗ kontobank in Hamburg hat das Institut einen Reingewinn von 1 061 033 gegen 1 062 212 im Jahre 1876 erzielt. Das Effektenkonto der Bank weist bei einem Bestande von 5 039 831 einen Gewinn von 349 293 gegen 175 672 im Jahre 1876 auf. Das Konto⸗Kurrentgeschäft erzielte im Jahre 1877 ein Zins⸗ und Provisionserträgniß von 706 312 ℳ, gegen 584 443 im Jahre 1876. Das Reservekonto, welches 1876 795 575 % aufwies, hat sich durch Zuschreibung von 39 779 für Zinsen und 23 603 Antheil am Ueberschuß auf 858 957 gehoben. Außerdem beträgt die Ee111131“ 224 358 ℳ, diejenige für

as Poppenhusensche Geschä b

Rom, 15. (W. T B.) Die Einfuhr von Rind⸗ vieh aus den russischen Häfen des Schwarzen Meeres, des Asowschen Meeres, sowie aus den Häfen in der Moldau und Walachei ist verboten. X“

Verkehrs⸗Anstalten.

Triest, 15. Februar. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Vesta“ ist heute Vormittag 11 Uhr mit der ostindischen Ueber⸗ landpost aus Alexandrien hier eingetroffen.

Berlin, 16. Februar 1878.

Königlich Preußische Lotterie. (Ohne Gewähr.) Bei der heute fortgesetzten Ziehung der vierten Klasse 157. Königlich Preußischer Klassenlotterie fielen: 2 Gewinne à 30 000 auf Nr. 29 804. 75 366. 8 8 Gewinne à 15 000 auf Nr. 35 420. 49 237. 62 262. 7 Gewinne à 6000 auf Nr. 12 219. 13 113. 23 440. 32 564. 56 638. 89 329. 91 43‚2 17. 8

1115 1“ 1“

39 Gewinne à 3000 auf Nr. 2. 7007. 10 398. 10 803. 16 375. 20 818. 22 345. 26 415. 28 117. 28 842. 29 520. 37 401. 39 065. 45 127. 45 488. 52 871. 54 600. 54 934. 55 217. 57 768. 58 218. 59 093. 61 006. 64 982. 65 355. 65 548. 66 312. 72 907. 77 920. 78 867. 81 933. 83 932. 84 442. 84 687. 90 689. 91 449. 92 704. 94 509. 94 923. 53 Gewinne à 1500 auf Nr. 4983. 5026. 5678. 6705. 9106. 9592. 11 031. 14 461. 15 039. 15 500. 15 842. 19 674. 23 973. 25 984. 28 103. 28 837. 29 373. 30 675. 32 953. 33 486. 34 958. 35 259. 36 363. 42 261. 43 871. 43 974. 45 142. 48 458. 50 813. 54 925. 59 010. 59 610. 61 223. 62 229. 64 533. 64 857. 65 417. 68 486. 71 702. 73 125. 75 530. 77 170. 78 436. 79 316. 85 252. 87 810. 88 963. 89 781. 90 718. 92 513. 92 958. 94 317. 94 380. 71 Gewinne à 600 auf Nr. 526. 3860. 5536. 6033. 6318. 7323. 8480. 9094. 9222. 10 350. 12 386. 12 721. 14 079. 14 131. 14 793. 17 493. 17 880. 18154. 18 965. 19 901. 22 071. 23 003. 24 900. 25 409. 26 947. 27 549. 28 769. 28 770. 31 428. 31 818. 35 540. 38 187. 39 424. 42 002. 46 153. 46 694. 47 900. 48 405. 51 647. 52 789. 53 839. 54 359. 54 997. 55 943. 58 389. 58 934. 59 443. 61 346. 61 487. 62 026. 62 587. 63 007. 67 104. 70 072. 71 282. 74 682. 76 282. 76 973. 77 078. 79 171. 79 382. b e1. 842. 82 397. 83 015. 85 715. 87 358. 89 174.

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Deutsche geologische Gesellschaft.

Berlin, 6. Februar. Vorsitzender Hr. Websky Nach Vor⸗ lesung und Genehmigung des Protokolls der Janrar⸗ Sitzung meldete der Vorsitzende zwei neue Mitglieder an, verlas ein Ein⸗ ladungsschreiben des Sekretärs des internationalen Kongresses in Paris zu der am 19. August d. J. dortselbst stattfindenden Ver⸗ sammlung und legte hierauf die seit Januar eingegangenen Druck⸗ schriften vor. Hr. Reyer aus Wien sprach über die Beschaffenheit des Magma im Eruptionsschlot der Vulkane und über massige Er⸗ güsse. Redner leitete die Erscheinung, daß im Centrum der Vulkane sich oft feldspathreiche Gesteine ansammeln, während basische Massen als Ströme ausfließen, aus der verschiedenen Beweglichkeit des Magmg ab. Ferner wurden das Verhältniß von Trachyt und Obsidian und alsdann die Eigenschaften der Massenergüsse mit Bezugnahme auf die Untersuchungen der Herren v. Richthofen, Hartung und v. Fritsch näher betrachtet und ausgeführt, wie das tektonische Verständniß derartiger Massen wesentlich erleichteet wird durch Beobachtung des Streichens und Fallens der Schlieren in den eruptiven Ge⸗ bilden. Hr. Weiß legte eine Anzahl Braunkohlenstücke von Senftenberg vor, welche Hr. Direktor Merker an die geologische Landesanstalt eingesendet, und sprach über die in je⸗ ner Kohle erkennbaren Blattabdrücke und Früchte. Von denselben kamen ferner einige Braunkohlenstücke mit ein⸗ geschlossene Samen zur Vorlage, welche Hr. Schütz in Waldenburg eingeschickt hatte und die aus einem Kohlenlager bei Glitschdorf entstammen, welche der Senonenkreide angehören sollen. Hr. Beyrich gab hierzu einige geoleogische Erläuterungen der Gegend von Glitschdorf und bemerkte, daß dort auch tertiäre Braunkohlen⸗ gebilde vorkämen. Hr. Websky theilte ein Verfahren mit, von Braunkohlen, wenn auch dieselben erdig seien, Dünnschliffe anfertigen zu können. Hr. Reiß verlas eine Uebersetzung des Berichtes von Pater Wolff über den letzten Ausbruch des Cotopaxi im Jahre 1877 und knüpfte hieran einige tektonische Erläuterungen über diesen Vulkan. Hr. Websky legte eine Anzahl seltener Mine⸗ ralien vor, welche derselbe für das hiesige mineralogische Museum, als Samarskit, Garnierit, Krennerit, Kjerulfin und Bunsenit, erworben, und erwähnte bei letzterem, daß die eigenthümliche, kugelige Bildung desselben die Echtheit als Mineral in Frage stelle. Hr. Lossen machte auf eine Arbeit Kalkowsky's über das Eulengebirge aufmerksam, in welcher genannter Autor den Gabbro nicht als eruptiv ansieht. Nach einer Diskussion hierüber, an welcher sich die Herren Beyrich, Websky und Lossen betheiligten, wurde die Sitzung geschlossen

In den Sitzungen des Wissenschaftlichen Kunstvereins vom 19. Dezember 1877 und 16. Januar 1878 referirte Hr. Dr. Fendler über das Werk von Crowe & Cavalcaselle: „Tizian, sein Leben und seine Zeit“. Deutsch von Prof. Jordan.

Schon mit 9 Jahren soll Tizian sein erstes Bild gemalt haben, und nahe hundert Jahre war er alt, als ihm der Tod den Pinsel aus der Hand riß. 1

Die Kunst in Venedig diente zunächst praktischen Zwecken. Der Prunk des Orients und das leichte Leben der reichen Han⸗ delsstadt beeinflußten vorzüglich ihre Entwickelung. In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts befreien die Bellini die venezianische Kunst von alterthümlichem Styl und hergebrachtem Goldgrunde. Sie gipfelt in Tiziano Vecellio aus Cadore. Er hat seine Vorgänger übertroffen und ist in der Totalität von seinen Nach⸗ folgern nicht erreicht worden.

Bis auf das Jahr 1321 läßt sich das Geschlecht Tizians zurück⸗ führen. In diesem Jahre war ein Vorfahr Podesta von Cadore in Friaul. Hier wurde der Meister 1477 geboren. Die Mythenbildung bemächtigte sich seiner, wie aller großen Männer, und so hören wir, daß er noch nicht 10 Jahre alt eine Madonna mit Pflanzensaft an sein väterliches Haus gemalt haben soll.

1488 kam Tizian nach Venedig. Seine Lehrer scheinen dort Giovanni Bellini und Giorgione gewesen zu sein. Die Verfasser nennen die Madonna im Belvedere in Wien als das früheste, be⸗ glaubigte Werk des Meisteres.

An dieses schließt sich „Die himmlische und die irdische Liebe“, bekannt durch den meisterhaften Stich Webers.

Dann folgen die Arbeiten für das Fondaco, das Kaufhaus der Deutschen in Venedig. Von diesen Gemälden ist nur noch eine als Judith geltende weibliche Figur erhalten. In diesen Werken ist an Stelle der Formenschönheit, auf welche die übrigen italienischen Schulen das Hauptgewicht legen, das koloristische Prinzip getreten.

Das Bild der Dresdener Galerie „Christus mit dem Zins⸗ groschen“ ist als Hauptwerk dieser Zeit zu betrachten. Tizians Eigen⸗ thümlichkeit ist in diesem Werke zu voller Meisterschaft entfaltet.

Reisen nach Padua und an den Hof von Ferrara verschafften dem Künstler zahlreiche Bestellungen. Er besaß wie alle großen Genies das Talent, die Besteller warten zu lassen. Nach Venedig zurück⸗ gekehrt, war eine Sinekure an dem Fondaco der Lohn seines Strebens.

In Ferrara malte er Laura Dianti, die Gemahlin des Herzogs Alfonso von Ferrara]. Man hat dem Bilde nachgespürt und glaubt es in der sogen. „Maitresse du Titien“, jenem durch Forsters Stich be⸗ kannten Bilde, gefunden zu haben. Jedenfalls hat der auf dem Bilde befindliche Mann Aehnlichkeit mit Alfonso’s Porträt im Louvre.

1523 tritt Tizian in Beziehung mit Federico Gonzaga, Mark⸗ grafen von Mantua. Er malte für diesen die „Grablegung“, die jetzt eine Zierde des Loupre ist. Mit diesem Bilde schließt Tizian die erste Periode seines Wirkens, die Periode, in der er noch unter See Einfluß steht. Jetzt folgt die zweite, die der freien, selbst⸗

ewußten Meisterschaft.

Um diese Zeit schloß Tizian Freundschaft mit Pietro Aretino, der nach Venedig gekommen war und durch seinen Geist, wie scho⸗ nungslose Malice sich dort bald Alles tributär zu machen wußte. Es erschienen auch Sansovino und Sebastiano del Piombo in Venedig, die die Stadt bald wieder verließen, jedoch nicht ohne Ein⸗ druck hinterlassen zu haben. 8 1 1

Das Beste unter den Bildern dieser Zeit ist wohl das im Kirchenbrande 1867 untergegangene Bild „Petrus Martyr“. Es ist das dramatisch⸗bewegteste, das Tizian je gemalt. Man erkennt indirekt den Einfluß des 55 Michel Angelo. 4

Kaiser Carl V. machte Tizian zu seinem ausschließlichen Porträt⸗

halten. Am 10. Mai 1533 wurde er sogar vom Kai grafen ernannt. So stand Tizian in seinem 60. Jahre unvergleich⸗ lich unter seinen Kunstgenossen an Ehren und Auszeichnungen da; an eine Abnahme seiner Kräfte ist nicht zu denken.

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maler. Vasari erzählt, Tizian habe 1000 Skudi für 88 299 er zum Pfalz⸗

Ein Rival erstand ihm in Pordenone. Auch er war adlig

durch die Gunst des Königs von Uagarn. Durch seinen Einfluß

wurde von Tizian die Rückzahlung seiner Staatspension verlangt; hierdurch gezwungen, vollendete er endlich das Bild der Schlacht von Cadore, wozu er kontraktlich verpflichtet war. Es ist ver oren Phangen und nur nach Nachzeichnungen von Rubens zu rekonstruiren.

ie Koakurrenz hatte indessen bald ein Ende; denn schon 1538 starb Pordenone in Ferrara. Tizian trat in seine alte, dominirende Stellung zurück und wird jetzt auch seine Geldverlegenheiten los.

Auf einer Reise nach Rom, wo er sehr glänzend aufgenomm u wurde, malte er den Papst Paul III.

1543 kehrte er nach Venedig zurück, wo er das Ecce homo vollendete. „Dange, den Goldregen empfangend“, sowie die Reihe seiner Tochter Laviniä, von denen ein schönes Exremplar ich im Berliner Museum befindet, gehören dieser Zeit an. Ebenso die Reihe von Darstellungen der liegenden Venus mit den verschiedenen Varianten. Das schönste Bild dieser Gattung, das in Dresden befindliche, soll indessen nach den Verfassern nicht von Tizians Hand sein.

1550 reiste Tizian an den Hof Carls V. nach Augsburg. Hier lernte er Lucas Cranach kennen und malte Johann Friedrich von Sachsen. Auch Philipp II. von Spanien kaufte ihm fleißig Bilder zu hohen Preisen ab. Es sind dies die flüchtigen, weniger anziehen⸗ den Bilder seiner letzten Zeit.

8 Tizian hat im Ganzen ungefähr 1000 Bilder gemalt. Nach dem überschrittenen 60. Jahre wird er fast noch produktiver. Vor Kum⸗ mer in der Familie und Vereinsamung fand er eine Zuflucht bei sei⸗ ner Kunst.

Tizian starb am 27. August 1576 an der Pest. Seinem Wunsche gemäß wurde er feierlich in der Kirche dei Frati bestattet.

Bekanntmachung der Sieger in der Konkurrenz, be⸗ treffend eine Anleitung zur Anlage ꝛc. von Hausgärten für Lehrer auf dem Lande.

Um den von dem Verein in der Monatsschrift 1877, S. 1, ausgesetzten, von Sr. Excellenz dem Hrn. Minister für die geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten bewilligten Preis von 200 „für eine kurze, populäre Anleitung zur Anlage, Bepflan- zung und Pflege von Hausgärten für Lehrer auf dem Lande“ sind bis zum festgesetzten Termin am 15. Oktober 1877 81 Bewerbungs⸗ schriften eingegangen. Das Preisrichter⸗Kollegium, bestehend aus den ve Königlicher Hofgarten⸗Direktor F. Jühlke, Potsdam, König⸗

icher Kammerherr ven Behr auf Schmoldow, Gymnasial⸗Lehrer Friedr. Schneider II., Wittstock, Rentier Carl Lackner, Berlin, und Dr. L. Wittmack, General⸗Sekretär des Vereins, hat nach⸗ dem die Schriften, behufs sorgfältigster Prüfung in einzelnen Serien bei den Preisrichtern abwechselnd zirkulirt, in seiner Schluß⸗ sitzung am 5. Januar d. J. der Arbeit Nr. 49 mit dem Motto: „Wo ein Raum, pflanz' einen Baum, und pflege sein, er bringt Dir's ein“, mit 4 Stimmen gegen 1 Stimme den von dem Herrn Minister für die geistlichen ꝛc. Angelegenheiten ausgesetzten Preis von 200 zugesprochen. Die Publikation des Preisrichterspruches fand in der Vereinssitzung am 30. Januar statt, und ergab das ge⸗ öffnete Couvert als Namen des Verfassers: Conrad Heinrich, erster Obergärtner und Lehrer am Königlichen pomologischen Institut in Proskau. Außerdem hatten die Preisrichter in Anbetracht dessen, daß noch mehrere sehr gute Arbeiten eingegangen waren, beantragt, daß noch folgende Preise ertheilt wurden:

1) Der Arbeit Nr. 54. Motto: „Ut'le cum dalci“, eine silberne Vereinsmedaille. Verfasser: Großherzoglicher Hofgärtner Julius Hart⸗ wig in Weimar. 2) Der Arbeit Nr. 60. Motto: „Utile cum dalci“, eine bronzene Vereinsmedaille. Verfasser: Herr Pastor E. Pfitzer in Buckow bei Kalzig, Kreis Züllichau. 3) Der Arbeit Nr. 9. Motto: „Exemplum docet“, ein Ehrendiplom. S Herr Landschafts⸗ gärtner O. Hüttig, Charlottenburg. 4) Der Arbeit Nr. 34. Motto: „Nicht ohne Mühe ist Gewinn“, ein Ehrendiplom. Verfasser: Herr Rechnungs⸗Rath Ferd. Adolf Hueppe in S bei Neuwied. 5) Der Arbeit Nr. 67. Motto: „Zum Nützlichen das Schöne“, ein Ehrendiplom. Verfasser: Hr. Franz Goeschke, Obergärtner und Lehrer am pomologischen Institut in Proskau. 6) Der Arbeit Nr. 78. Motto: „Die Schule soll fürs Leben erziehen“, ein Ehren⸗ diplom. Verfasser: Hr. Lehrer Julius Beeger in Leipzig; und wur⸗ den diese Preise von der Versammlung einstimmig bewilligt. Die nicht prämiirten Schriften können gegen Vorzeigung einer Abschrift des sie begleitenden uneröffnet gebliebenen Zettels bei dem General⸗ Sekretär wieder in Empfang genommen werden.

Der Vorstand des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in den preußischen Staaten.

Die französische Schauspieler⸗Gesellschaft des Hrn. Direktors Neumann im Saal⸗Theater des Königlichen Schauspielhauses brachte am Donnerstag: „Adrienne Le- couvreur“ von Scribe und Legouvé zur Aufsführung. Das Stück, welches zuerst im Jahre 1849 im Théädtre Frangais gegeben wurde und den damaligen glänzenden Erfolg vornehmlich der vor⸗ züglichen Darstellung der Titelrolle durch Mlle. Rachel zu verdanken hatte, ist die erste von jenen vier dramatischen Arbeiten, welche Scribe in Verbindung mit Legouvé verfaßte. Auf „Adrienne Le⸗ couvreur“ folgten im Jahre 1851 „Der Damenkrieg“, „Die Erzählungen der Königin von Navarra“, und im Jahre 1858 „Feenhände“. Alle vier haben sich auch auf der deutschen Bühne einge⸗ bürgert und die effektvolle Rolle der „Adrienne Lecouvreur“ ist mit Vorliebe auch von deutschen Schauspielerinnen gewählt worden. „Adrienne Lecouvreur“ ist ein sehr geschickt zugeschnittenes und an⸗ geordnetes, fesselndes Theaterstück, welches die virtuose Bühnentechnik seiner Verfasser bekundet. Die Darstellung durch die gegenwärtige französische Schauspieler⸗Gesellschaft war eine im anzen recht lobenswerthe. Die Titelrolle spielte Mdme. Tessandier mit feinem künstlerischem Verständniß und Ebenmaß, so daß ihr wiederholt lebhafter Beifall zu Theil wurde. Eine wirksame Re⸗ präsentation fand auch die Rolle der Prinzessin von Bouillon in Mdme. Conti. Mdme. Dauvray brachte für die Rolle der Herzogin von Aumont nicht die nöthige Gewandtheit und vornehme Haltung mit. Die bedeutenderen Männerrollen waren in den Händen der Herren Ach (Moritz von Sachsen), Dalbert (Abbé von Chazeuil), Demanne (Prinz von Bouillon) und Noël (Michonnet), von denen sich besonders die beiden letzteren warme Anerkennung erwarben.

Das Wallner⸗Theater wird am Montag bei glänzender Beleuchtung des Hauses die Vermählungsfeier Ihrer Königlichen Hoheiten der Prinzessinnen Charlotte und Elisabeth durch die Bialsche Jubelouverture und durch einen von O. F. Gensichen ge⸗ dichteten und gesprochenen Prolog festlich begehen. Zur Aufführung gelan⸗ gen auch an diesem Tage mit Hrn. Friedrich Haase als Gast die beiden P. e Lustspiele „Der Sclave“ und „Ich werde mir den Major einladen“.

Hr. Direktor Theodor Lebrun wird im National⸗ Theater vorläufig nur zweimal, am Sonntag und Montag als „Hypochonder“, auftreten, weil den beliebten Künstler eine Verpflich⸗ tung nach Bremen ruft. Später gedenkt derselbe dann eine Serie semer besten Charakterdarstellungen in dem genannten Theater vor⸗ zuführen.

Im Stadt⸗Theater wird morgen, Sonntag, Frl. Therese v. Meersberg in dem Liederspiel „Eine verfolgte Unschuld“ von Pohl als Gast auftreten, und zwei Lieder⸗Einlagen aus ihrem reichen Re⸗ pertoire zu Gehör bringen. Demselben geht das Repertoirestück „Die der Gesellschaft“ mit Hrn. Direktor Emil Hahn als „Kon⸗ sul Bernick⸗ voran. Den Beginn des Abends bildet der bekannte Belly'sche Schwank „Hohe Gäste“ mit Frl. Floessel, Hrn. E a. G. und Hrn. Mejo in den Hauptrollen.

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