1878 / 73 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 26 Mar 1878 18:00:01 GMT) scan diff

Spodann trat das Haus in die zweite Berathung einiger der Kommission überwiesener Theile des Etats pro 1878/79, und zwar zunächst des Etats der Post⸗ und Tele⸗ graphenverwaltung.

Der General⸗Postmeister Dr. Stephan erklärte sich mit der von der Kommission zu Kap. 3 Tit. 1 der Einnahme beantragten Resolution einverstanden. Dieselbe lautet:

„Den Reichskanzler zu ersuchen: dafür Sorge zu tragen, daß die Ungleichheiten beseitigt werden, welche gegenwärtig im internen und internationalen Verkehr in den Tarifen für Sendungen unter Band, sowie für Sendungen mit Waarenproben und Mustern bestehen.“

Es sprachen hierzu außer dem Referenten Dr. Nieper, die Abgg. Schmidt (Stettin), Dr. Gensel und Schröder (Fried⸗ berg). Die Resolution wurde angenommen und Tit. 1—9 unverändert bewilligt.

Auf eine Anfrage des Abg. Grafen von Behr⸗Schmoldow zu Tit. 10, antwortete der General⸗Postmeister Dr. Ste han, daß der neue Tarif über Zeitungssendungen sich in den Bureaus der betheiligten Ministerien befände und daß er demnach nicht voraussagen könne, wie dasselbe sich schließlich gestalten werde. Es handele sich aber dabei nicht um durchgreifende Reformen, sondern nur um einige Aenderungen des bestehenden Systems in Rücksicht auf die aus dem Hause laut gewordenen Wünsche, namentlich in Hinsicht auf die Versendung der Wochenschriften. Tit. 10 wurde bewilligt. (Schluß des Blattes.)

Allerhöchste Privilegien wegen Ausgabe auf den ehene lautender Papiere sind verliehen worden: unterm

11. Februar 1878 der Stadt Remscheid 400 000 mit

4 ½ Prozent verzinslicher Obligationen zur Deckung außer⸗

ordentlicher Schul⸗ und Wegebauten; unterm 13. Februar

1878 der Stadt St. Wendel 130 000 mit 5 Prozent ver⸗

zinslicher Obligationen zur Ausführung verschiedener öffent⸗

e“ und Anlagen und zur Deckung aller anderen ulden.

Der Cöln⸗Mindener Eisenbahn⸗Gesellschaft ist unterm 4. März 1878 die landesherrliche Genehmi⸗ gung zum Bau und Betrieb einer von dem Bahnhof Bot⸗ trop abzweigenden Bahn behufs Verbindung ihrer Emscher⸗ thalbahn mit ihrer Hauptbahn ertheilt und das Expropria⸗ tionsrecht verliehen worden.

Der Tarif für die Erhebung des allgemeinen Kaufhaus⸗

eldes, des Waage⸗, des Lager⸗, des Strom⸗ und Hafengeldes, owie der Ladegebühren zu Lüneburg für Schießpulver ist durch Allerhöchsten Erlaß vom 30. Januar 1878 von 2 auf 8 pro Centner und Monat erhöht worden. Auch für das Fährgeld für das Uebersetzen über den Nogatstrom bei Einlage im Kreise Elbing ist unterm 21. Februar 1878 ein Tarif Allerhöchst genehmigt worden; ebenso für die Be⸗ nutzung der Dillbrücke bei Sinn, im Amte Herborn, unterm 27. Februar 1878.

Nach der im Reichs⸗Eisenbahn⸗Amt auf⸗ gestellten Nachweisung über die Betriebsergebnisse resp. die Tödtungen und Verletzungen auf deut⸗

chen Eisenbahnen excl. Bayerns im Jahre 1877 (s. Erste Beilage) waren im Ganzen zu verzeichnen: 602 Entgleisungen und Zusammenstöße fahrender Züge (148 Courier⸗, Schnell⸗ und Personenzüge, 48 gemischte Züge und 406 Güterzüge resp. leer fahrende Lokomotiven), 678 Ent⸗ gleisungen und Zusammenstöße beim Rangiren (96 mit, 645 ohne Betriebsstörung) und 631 sonstige Betriebsereignisse, welche eine Störung des regelmäßigen Betriebes veranlaßten.

Es verunglückte ein Zug mit Personenbeförderung auf 7712 beförderte Züge dieser Gattung und ein Güterzug au 2896 beförderte Güterzüge.

Bei sämmtlichen Entgleisungen und Zusammenstößen (inkl. beim Rangiren) kommen auf einen Unfall 5 514 465 Achskilometer aller Züge gegen 4 377 530 im Jahre 1876 und 3 303 902 im Jahre 1875.

Von den 269 Fällen, welche zur gerichtlichen Kognition gelangten, wurde in 81 Fällen (30 Proz.) die gerichtliche Un⸗ tersuchung ohne Erhebung einer Anklage eingestellt, in 73 Fällen (27 Proz.) wurden durch rechtskräftiges Erkenntniß 26 Personen freigesprochen und 68 Personen zu insgesammt 8 Jahren 7 Monaten und 14 Tagen Gefängniß verurtheilt; 105 Fälle (40 Proz.) sind noch unerledigt. Außer den vorstehend werga Strafen wurden in 565 Fällen (30 Proz.) 4755

eldstrafen, 89 Tage Freiheitsstrafen, 54 Verweise und 37 Enlassungen im Disziplinarwege verhängt.

Nach der zweiten die Tödtungen und Verletzungen be⸗ handelnden ““ sind im Jahre 1877 außer 111 Tödtungen und 19 Verletzungen bei beabsichtigtem Selbst⸗ morde im Ganzen 1661 Personen verunglückt (inkl. der in Folge von Betriebsereignissen Verunglückten) und zwar

120 Passagiere (16 getödtet und 104 verletzt)

819 Beamte (181 5

442 Arbeiter ( 8. 111 und

280 fremde Personen (160

Von den Verletzten sind noch nachträglich gestorben 82, innerhalb 8 Tagen genesen 159, nach 8 Tagen und vor Ab⸗ lauf von 4 Wochen genesen 296, über 4 Wochen krank ge⸗ wesen 336, über 3 Monate 109, über 6 Monate 31; bei 8 Personen ist eine dauernde Wiederherstellung nicht zu er⸗ hoffen; 177 Personen sind noch krank und von 36 ist der Krankheitsver auf unbekannt.

Von den 1527 Fällen, in denen (exkl. durch Unfälle im Betriebe) Tödtungen oder Verletzungen vorkamen, gelangten 924 (60,5 Proz.) zur gerichtlichen Kognition; von diesen wurde in 850 Fällen (92 Proz.) die Erhebung einer Anklage ab⸗ gelehnt, in 10 Fällen (1,1 Proz.) wurden durch rechtskräftiges Erkenntniß 5 Personen freigesprochen und 8 Personen zu insgesammt 1 Monat 21 Tage Gefängniß verurtheilt; die übrigen 64 Fälle (7 Proz.) sind noch unerledigt. Außer⸗ dem wurden in 24 Fällen 113 Geldstrafen, 3 Verweise und 4 Entlassungen im Disziplinarwege vS.

Von sämmtlichen Verunglückungen von Personen exkl. der Selbstmörder entfallen auf:

A. Staatsbahnen und unter Staatsverwaltung stehende Privatbahnen (bei zusammen 14 036 km Betriebslänge, 19 655 km

eleislänge und 4 330 980 561 geförderten Achskilometer) 1112 e darunter die größte Anzahl auf die Bergisch⸗Märkische Bahn 82 die Oberschlesische Eisenbahn (195) und die Sächsise taatsbahn (107); verhältnißmäßig, d. h. uter Berücksichtigung der geförderten Achskilometer und der m Betriebe gewesenen Geleislängen sind die meisten Ver⸗ unglückungen auf der Bergisch⸗Märkischen, der Oberschlesischen

und der Westfälischen Eisenbahn vorgekommen. Größere Privatbahnen mit je über 150 km

Länge (bei zusammen 10 2422 km Betvriebslänge, 13 415 km Geleislänge und 2 653 386 873 geförderten Achs⸗ kilometer) 529 Fälle, darunter die größte Anzahl auf die Rheinische Bahn (130), die Cöln⸗Mindener Bahn (98), und die Magdeburg⸗Halberstädter Bahn (46); verhältnißmäßig sind jedoch auf der Rheinischen, der Rechte Oderufer⸗ und der Breslau⸗Schweidnitz⸗Freiburger Eisenbahn die meisten Ver⸗ unglückungen vorgekommen.

C. Kleinere Privatbahnen mit je unter 150 km Länge (bei zusammen 1070 km Betriebslänge, 1130 km Geleis⸗ länge und 75 848 783 geförderten Achskilometer) 20 Fälle, darunter die größte Anzahl auf die Lübeck⸗Büchener Bahn (8), die Muldenthalbahn . und Nordhausen⸗Erfurter Bahn (3); verhältnißmäßig sind auf der Muldenthalbahn, der Lübeck⸗Büchener und der Eutin⸗Lübecker Eisenbahn die meisten Verunglückungen vorgekommen.

Von je 10 879 523 Reisenden wurde Einer getödtet und von je 1 673 484 Einer verletzt gegen 11 830 447 bezw. 2 957 611 im Jahre 1876 und 11 402 067 bezw. 2 443 300 im Jahre 1875. Dagegen wurde von den im Betriebsdienst thätig gewesenen Beamten der 703. 1876 der 819. und 1875 der 648. getödtet und der 199. 1876 der 183., 1875 der 161. verletzt.

Es entfällt eine Verunglückung im Jahre 1877 auf 4 249 558 Achskilometer aller Züge und auf 21 km durch⸗ schnittliche Jahresgeleislänge 1876 auf 3 819 306 bezw. 18 und 1875 auf 3 362 280 bezw. 15. Ein Vergleich der aus je zwei dieser Zahlen resultirenden geometrischen Mittel ergiebt eine Abnahme der Verunglückungen von ca. 13 Proz. gegen 15 Proz. Abnahme im Jahre 1876 und 19 Proz. Ab⸗ nahme im Jahre 1875.

An Zöllen und gemeinschaftlichen Ver⸗ brauchssteuern sind im Reiche für die Zeit vom 1. April 1877 bis zum Schlusse des Monats Februar 1878 an Einnahmen (einschließlich der kreditirten Beträge) zur Anschreibung gelangt: Solleinnahme: Zölle 106 373 952 (gegen die v in demselben Zeitraum des Vorjahres 3 300 177 ℳ), Rüben⸗ zuckersteuer 62 114 259 (+ 9 236 503 ℳ), Salzsteuer 33 180 255 (+1 894 706 ℳ), Tabakssteuer 1 240 747 (s— 94 591 ℳ), Branntweinsteuer 42 842 210 (— 2 131 221 68), Uebergangsabgaben von Branntwein 103 249 (—10 825 ℳ), Brausteuer 15 871 537 (—415 675 ℳ), Uebergangsabgaben von Bier 846 450 (+ 21 492 ℳ); Summa 262 572 659 (+ 200 212 ℳ). Die zur Reichskasse gelangte Ist⸗Einnahme abzüglich der Bonifikationen und Verwaltungskosten be⸗ trägt bis Ende des Monats Februar 1878: Zölle 91 874 527 (— 7 632 065 ℳ), Rübenzuckersteuer 44 071 212 (s— 4 343 199 ℳ), Salzsteuer 31 555 704 (+ 1 647 408 ℳ), Tabakssteuer 871 181 (— 62 500 ℳ), Branntweinsteuer und Uebergangsabgabe von Branntwein 32 394 156 (s— 1 532 923 ℳ), Brausteuer und Uebergangsabgabe von Bier 14 003 673 (— 328 581 ℳ); Summa 214 770 453 (— 12 251 860 ℳ).

Nachdem die Kunde von dem Gesetzentwurf wegen höherer Besteuerung des Tabaks, welcher inzwischen dem Reichs⸗ tage vorgelegt worden ist, in weitere Kreise eingedrungen war, ließ sich erwarten, daß in Folge dessen die Tabakseinfuhr vorübergehend einen ungewöhnlichen Umfang erreichen würde. Um über die senanftehs Wirkungen dieser Steigerung der Tabakseinfuhr so bald als thunlich zuverlässige Daten zu ge⸗ winnen, sind die Zoll⸗ und Steuerämter des deutschen Zoll⸗ gebiets veranlaßt worden, die in der Zeit vom 1. Januar bis einschließlich 28. Februar d. J. stattgehabten Pababsverzollun⸗ gen festzustellen. Das „Centralblatt f. d. D. R.“ veröffent⸗ licht das Ergebniß dieser Feststellungen. Es wurden danach vom 1. bis einschließlich 28. Februar 1878:

A. An Tabak aller Art verzollt und in freien Verkehr gesett 831 936 Ctr. (gegen den entsprechenden Zeitraum des Vorjahrs + 671 161 Ctr.); davon in Preußen 463 548 Ctr. (+ 367 542 Ctr.). B. Die Eingangsabgabe dafür beträgt 10 180 786 (+ 8 113 615 ℳ); davon 8 a. sofort einge⸗ zahlt 5 306 488 (+ 4 200 334 ℳ), b. kreditirt 4 874 298 (+ ã 3 913 281 ℳ). C. An unverzolltem ausländischen Tabak aller Art lagerten in den öffentlichen Niederlagen am 28. Fe⸗ bruar 1878 resp. 1877 303 422 Ctr. (+ 50 008 Ctr.) Zur Beschleunigung der Feststellung ist von der Ermittelung der Verzollungen bei den unbedeutenderen Unterämtern Abstand enommen worden. In den Jahren 1871/77 sind durch⸗ chnittlich jährlich verzollt worden und in freien Verkehr getreten: a. Tabaksblätter und Stengel 996 369 Ctr., b. Tabaksfabrikate 10 378 Ctr., c. Cigarren und Schnupftabak 14 704 Ctr., zu⸗ sammen 1 021 451 Ctr.

Die hiesige Königliche Universität beging am 22. März cr. in der Aula die Feier des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers und Königs.

Derselben wohnten bei: der Staats⸗Minister Dr. Falk, der General der Kavallerie und General⸗Inspecteur von Rhein⸗ baben, der Wirkliche Geheime Rath Graf Stilffried⸗Rattonitz, der Unter⸗Staatssekretär Sydow, die Ministerial⸗Direktoren Greiff und Förster, der vortragende Rath im Ministerium der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten, Geheime Regierungs⸗Rath Dr. Göppert und mehrere andere höhere Beamte der verschie⸗ denen Ministerien und Behörden.

Nachdem die Feier mit Gesang eröffnet worden, hielt der Professor Curtius in deutscher Sprache die Festrede, in welcher er nach einem Ueberblick über die allmählich vom Morgenlande sich ablösende Entwickelung des griechischen Volkscharakters, die er an der Geschichte des priesterthums erläuterte, den Dank der Universität aussprach für Alles, was der Kaiser für das Gedeihen derselben wie im Allgemeinen für Wissenschaft und Kunst hechen habe.

Mit Gesang wurde die Feier geschlossen.

Se. Durchlaucht der Prinz Kraft zu Hohenlohe⸗

Inelf ingen, General⸗Lieutenant, General⸗Adjutant Sr.

ajestät des Kaisers und Königs und Commandeur der 12. Division, ist mit Uͤrlaub von Neisse hier eingetroffen.

Der Bundesraths⸗Bevollmächtigte, Präsident des Groß⸗ erzoglich badischen Finanz⸗Ministeriums, Wirkliche Geheime ath Ellstätter ist in Berlin angekommen.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 24. März. Zwischen den meisten deutschen Staaten, deren Territorien von den Stromgebieten der Elbe und Weser berührt werden, ist ein Uebereinkommen wegen Ergreifung übereinstimmender Maßregeln zum Schutze und zur Hebung der Fischerei zum Abschluß gekommen. Die Herzoglich coburg⸗gothaische Regie⸗ rung ist diesem Uebereinkommen beigetreten. Infolge dessen ist im gestrigen Regi latte ei di

Herzog⸗

thümer Coburg und Gotha gemeinschaftriche Verorsd⸗ nung zur Ausführung des Gesetzes vom 15. Mai v. J., die scench büehe veröffentlicht worden, welche die früheren

üglichen Bestimmungen wesentlich verbessert und Zuwider⸗

handlungen mit Geldstrafe bis zu 150 oder entsprechender

Haft bedroht.

Anhalt. Dessau 23. März. Um die Geschäfte des Landtages noch vor dem Osfterfeste zu erledigen, werden jetzt in den sämmtlichen Kommissionen täglich Sitzungen ge⸗

und sollen von der nächsten Woche ab täglich Plenar⸗ 8 itzungen stattfinden. Die Vorlagen, welche jetzt das In-⸗ teresse des Publikums am meisten in Anspruch nehmen, sind

die, welche die Bildung von Amtsbezirken und die Einführung von Gesundheitsämtern betreffen. Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 25. März. (W. T. B.) Die „Polit. Korr.“ enthält folgende Meldungen: Aus Brüssel: Man scheint vielfach geneigt, die Weigerung Ruß⸗ lands, die Uebermittelung der Friedenspräliminarien an die Mächte als Vorlage für den Kongreß gelten zu lassen, nicht als letztes Wort desselben anzusehen. Den vermittelnden

Mächten sei noch immer durch eine mögliche Eventualität der

Spielraum geboten, daß das russische Kabinet die nach seiner Ansicht indiskutablen Punktationen der Präliminarien offiziell von der Vorlage eximiren und nach Anerkennung dieser Exemption Seitens des englischen Kabinets den übrigen Theil

der Präliminarien der englischen Bedingung gemäß als Kongreßvorlage erklären würde. Die Anbahnung eines Kom⸗ promisses auf solcher Grundlage würde der bisherigen Diffe⸗ renz zwischen Rußland und England den rein formellen Charakter benehmen, dieselbe aber bei ausbleibender Begleichung auf ein sachliches Terrain stellen. Aus Athen: Nach der für die Insurgenten verhängnißvollen Katastrophe bei Litochoron und der von den Türken unter der dorti⸗ gen christlichen Bevölkerung angerichteten Metzelei flüchteten 20 000 Weiber und Kinder in das Kloster Melympion Dionysios. Assaf Pascha ist mit regulären Truppen und

Tscherkessen im Anmarsch gegen dasselbe. Die griechische Re⸗ gierung hat den hiesigen englischen Vertreter Wyndham hier⸗ von benachrichtigt, welcher (wie bereits gemeldet) die Panzer⸗

korvette „Ruby“ von der Flotte Hornby's nach der

thessalischen Küste beorderte.

Belgien. Brüssel, 25. März. (W. T. B.) Das Jour⸗ nal „Le Nord“ schreibt: Das Zustandekommen des

Kongresses sei wenig wahrs einlich. Angesichts der Dispositionen der englischen Regierung sei es vortheil⸗ hafter für Europa, daß der Kongreß nicht zu Stande komme

Wenn es im Interesse Europas liege, nicht auf unbestimmte

Zeit eine Krise offen zu lassen, deren Lösung jetzt in seiner

Macht liege, so sei ihm seine Pflicht vorgezeichnet: sie zu er

füllen ohne England.

Großbritannien und Irland. London, 25. März (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Unterhause richtete Courtney die bereits in der Sitzung vom Donnersta

für heute angekündigten Anfragen an die Regierung, ob Rußland den Unterzeichnern des Pariser Vertrages den

russisch⸗türkischen Friedensvertrag mitgetheilt, ob Rußland zugestanden habe, daß jede der Mächte eine Debatt

über irgend eine Stipulation in ihrer Beziehung zum Pariser Vertrage herbeiführen könne, und ob England verlange, daß der

Vertrag den Mächten auf dem Kongresse kollektiv zugehe. Der 1 Schatzkanzler Northcote erklärte in Beantwortung dieser

Anfragen, die russische Regierung habe den Friedensvertrag

von San Stefano England und den andern Pariser Ver tragsmächten mitgetheilt, der Vertrag werde noch heute dem Parlamente zugehen. Was die übrigen Anfragen an

ginge, so beträfen dieselben wichtige Angelegenheiten, über

welche noch Unterhandlungen stattfänden; es sei daher nicht

opportun, diese Fragen jetzt zu beantworten. Im weiteren

Verlaufe der Sitzung erklärte der Unter⸗Staatssekretär

*

des Auswärtigen, Bourke, auf eine Anfrage Dilke'’s, der

englische Konsul in Salonichi sei nicht in einer politischen Mission nach Epirus und Thessalien g sandt, sondern um Insom antggenn einzuholen. Der Re⸗ gierung sei keine Nachricht darüber zugegangen, mit den Insurgenten in Verbindung getreten sei. Die guten Dienste des englischen Konsuls in Kreta, Sandwith hätten ein Abk⸗ zwischen der Pforte und den Insu genten auf Kreta herbeigeführt. Ob ein formeller Waffen⸗ stillstand abgeschlossen sei, wisse er nicht. Weiter erklärte Bourke, die Pforte habe die in den Gefängnissen vo Larissa und Janina befindlichen Verbrecher freige lassen; der Botschafter Layard sei deshalb angewiese worden, gegen dies Verfahren Einspruch zu erheben. Dem Deputirten Baxter antwortete Bourke, zwei tür⸗ kische Garnisonen auf Kreta hätten sich den Insurgenten ergeben; es könne jetzt kein Theil im Innern von⸗ Kreta als unter der Autorität der Pforte stehend betrachtet werden. Courtney machte die Mittheilung, daß er die Aufmerksam keit des Hauses auf den Pariser Vertrag von 1856 ung das Protokoll von 1871 lenken und eine Resolurion b antragen werde des Inhalts, daß keine Macht sich willkürlich von den Verpflichtungen des Vertrages lossagen könne, ebenso

wie auch keine Macht auf solchen Verpflichtungen bestehen

könne, nachdem sie sich selbst von denselben losgesagt habe.

26. März. (W. T. B.) Den Aeußerungen der „Agence Russe“ und des Journals „Le Nord“ (s. unter Belgien) gegenüber bemerkt die „Morningpost“ offiziös, England habe eine auf Gerechtigkeit basirte Stellung ein⸗ genommen und werde sich durch Drohungen nicht daraus ver⸗ treiben lassen. Rußland träume bereits davon, daß es das Orientreich in seiner Gewalt habe, und ziele auf etwas hin, das bereits ein Besitzthum Englands sei und ohne Kampf nicht aufgegeben werden würde.

(A. A. C.) Die Regierung von Neu⸗Süd⸗Wales richtet jetzt ihre Aufmerksamkeit auf die Befestigung der wich⸗ tigsten Häfen dieser Kolonie. Newcastle, der Haupthafen, der nicht allein die gesammten australischen Kolonien, sondern auch China und den Orient sowie die Pacific⸗Staaten von mit Kohlen versieht, wird in Vertheidigungszustand gesetzt.

Frankreich. Paris, 23. März. (Fr. C.) Ein von dem Minister des Innern, v. Marcére, unter dem heutigen Datum an die Präfekten erlassenes Rundschreiben enthält Erläuterungen und Instruktionen zu dem neuen Gesetze vom 9. März 1878, betreffend die Zeitungs⸗Colportage. „Von nun an“, heißt es darin kann Jedermann

auf Grund einer räfektur oder bei der Gemeindeverwaltung ungehindert alle französischen Zeitungen ohne Unterschied colportiren. In dieser Anzeige muß er seinen Wohnsitz bezeichnen und nachweisen, daß er Franzose und seiner bürgerlichen und staatsbürger⸗ lichen Rechte nicht verlustig erklärt ist; die Anmeldung kann daher auch von Frauen und Minderjährigen abgegeben wer⸗ den. Die Empfangsbescheinigung vertritt die Stelle des Er⸗ laubnißscheins und muß daher den Vertretern der Behörde auf ihr Verlangen stets vorgewiesen werden.’ Ein von republikanischen Senatoren und Abge⸗ ordneten soeben gegründeter Klub, der „Cercle national“, veranstaltete gestern unter dem Vorsitz des Herrn Cochery, Unter⸗Staatssekretärs im Finanz⸗Ministerium, im Café „Riche“ ein Eröffnungsdiner, zu welchem die Vorstände der beiden Kammern geladen waren. Der Bischof von Autun, Perraud, ist an Stelle des verstorbenen Kar⸗ dinals Brossais Saint⸗Marc zum Erzbischof von Rennes

ernannt worden.

Versailles, 25. März. (W. T. B.) Der Senat be⸗ endigte in seiner heutigen Sitzung die Votirung des Aus⸗ gabenbudgets und nahm die von der Kommission vor⸗ eschlagene Fassung an, durch welche der die Seminar⸗ stipendien etreffende Artikel, der von der Deputirtenkammer im Sinne der Rechten angenommen worden war, modifizirt wird.

Italien. Rom, 25. März. (W. T. B.) Graf Corti und Graf Urusoff sind hier eingetroffen. Letzterer über⸗ bringt den Text des russisch⸗türkischen Friedensver⸗ trages. Die Kommission der Deputirtenkammer hat sich in ihrem Berichte für des Handels⸗

vertrages mit Frankreich ausge prochen.

Türkei. Konstantinopel, 25. März. (W. T. B.)

Osman Pascha, welcher mit Reouf Pascha gestern Nach⸗ mittag hier eingetroffen war, ist noch gestern Abend vom Sultan empfangen worden, der demselben das Großkreuz des Osmanie⸗Ordens mit dem Stern in Brillanten, sowie die sente⸗ Militärmedaille und einen Ehrensäbel überreichte.

eute wird Osman Pascha auf der Pforte und im Seras⸗ sjerate mit großen Ehren empfangen werden. Die in der Ebene von Bujukdere kampirenden Truppen sind unter den Befehl Mehemed Ali Paschas gestellt worden. Dem

Sultan ist ein Schreiben des neuen Papstes mit der Anzeige von dessen Besteigung des päpstlichen Stuhles zuge⸗

en.

(W. T. B.) Die bei Bujukdere befindlichen tür⸗ ischen Truppen haeen sich gegen die Höhen von Maslak wischen Bujukdere und Pera zurückgezogen; die Russen werden indessen Bujukdere nicht besetzen. Der Sultan hat Osman Pascha zum Ober⸗Kommandanten der Kaiserlichen Garde und Tekik Pascha zum Chef des Generalstabes ernannt.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 25. März. (W. T. B.) Der General Ign atieff ist gestern nach Wien abgereist. Die „Agence Russe“ schreibt: Nachdem Ruß⸗ land den Präliminarvertrag im ganzen Umfange

den Kongreßmächten mitgetheilt und das Vorhanden⸗ sein eines geheimen Vertrages bestimmt in Abrede gestellt hat, nachdem Rußland jeder Kongreßmacht in gleicher Weise, wie

sich selbst, das volle Recht zuerkannt hat, zu diskutiren, Vor⸗ schläge zu machen und Entschliesungen zu fassen kann das Drängen Englands, Rußland seine Formel aufzuzwingen, nur als eine arge Chikane angesehen werden, in der sich eine verletzende Absicht offenbart. Der General Totleben, welcher an einem neuralgischen Leiden erkrankt war, befindet sich wieder bedeutend besser; derselbe hat heute bereits eine Spazierfahrt unternommen.

26. März. (W. T. B.) Der „Regierungsbote“ veröffentlicht das Schreiben des Papstes Leo XIII. an

den Kaiser von Rußland, in welchem er demselben seine

Besteigung des päpstlichen Stuhles anzeigt und der Hoffnung Ausdruck giebt, daß die katholische Bevölkerung sich dem Kaiser gegenüber treu und ergeben zeigen würde. Kaiser Alexander beantwortete das Schreiben in freundlichem Sinne.

Amerika. Washington, 25. März. (W. T. B.)

Das Repräsentantenhaus hat das Münzgesetz, wo⸗

nach das Silber unter den nämlichen Bedingungen wie das Gold ausgeprägt und die Ausgabe von Certifikaten auf im Depot beflndliche Silberbarren gestattet werden sollte, abge⸗ lehnt. Von den anwesenden Deputirten stimmten 140 für, 102 gegen die Vorlage, es fehlte somit die für die Annahme des Gesetzentwurfs erforderliche Zweidrittel⸗Mehrheit. Auch die Bill, betreffend die fünfjährige Suspendirungdes über die Amortisirungskasse wurde abge⸗ lehnt.

New⸗York, 22. März. (per Kabel.) Den neuesten Be⸗ richten von der Grenze zufolge versammelt der Indianer⸗ häuptling Sitting Bull mehrere Tausend Krieger, die alle mit Waffen und Schießbedarf wohl versehen sind.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Der „Bad. Landesztg.“ wird aus Straßburg geschrieben: Interessante Funde werden durch die zum Theil sehr tief geführten Grabarbeiten für die Wasserleituug zu Tage gefördert. Man stößt auf seit Jahrhunderten nicht mehr berührte Schichten und findet Alterthümer aus den ältesten Zeiten, z. B. Theile der alten Stadtmauer, die den Arbeitern wegen ihrer kolossalen Festigkeit viele Schwierigkeiten verursacht, ferner Thongefäße, Münzen u. s. w. In einem Theile der Spießgasse wurde große Mengen von Thiergerippen aller Art auegegraben; unter Anderem fand man einen noch mit beiden Hauern versehenen Kinnbacken eines Ebers, zahlreiche, ziemlich gut erhaltene Hirschgeweihe u. s. w. 8

„— Aus Lothringenwird dem „Schwäb. Merk.“ unter dem 18. März geschrieben: Den zahlreichen, in unserem Bezirke aufgefundenen allo⸗römischen Alterthömern reiht sich ein soeben in Merten, Kanton Busendorf, gemachter interessanter Fund an. Beim Graben eines Brunnens stieß man daselbst in einer Tiefe von 2 m auf alte Mauerreste. Weitere Forschungen ergaben, daß man es mit den 1“ und Ruinen eines ausgedehnten Gebäudes, wahrschein⸗ ich eines altrömischen Tempels zu thun habe. Die Nach⸗ grabungen haben, trotzdem sie erst im Anfang begriffen sind, be⸗ reits eine außerordentlich reiche Ausbeute ergeben. U. a. wurde eine 2 m hohe Steinsäule mit korinthischem Kapitäl, eine Männer⸗ und eine Frauenbüste von ausgezeichneter Arbeit, Bruchstücke steinerner Pferde, mehrere wohlerhaltene Köpfe, Münzen, Waffen zu 989 geför⸗ dert. Die Na chgrabungen werden eifrig fortgesetzt und sollen auch in der Umgegend vorgenommen werden, da es außer Zweifel sein dürfte, da man es hier mit einer größeren, ständigen, römischen

Niederlassung zu thun hat.

Gewerbe und Handel.

Nach amtlichen Nachrichten aus Konstantinopel ist die Aus⸗

fuhr von Cerealicnaus dem Sandschak Gallipoli biszur nächsten

einfachen Anzeige bei der Unter⸗

11“

Ernte verboten werden; dem nach Gallipoli eingeführten Getreide ist die Zollabgabe erlassen. Das für das Sandschak Bigha bestehende Cerealien⸗Ausfuhrverbot ist dahin modifizirt worden, daß von dort Getreide nach Gallipoli ausgeführt werden darf. Aus dem Vilayet Hudavenkiar ist die Ausfuhr von Getreide, mit Ausnahme des für Konstantinopel bestimmten Getreides, bis auf Weiteres gleichfalls verboten worden.

In einer am letzten Sonnabend abgehaltenen Sitzung des Aufsichtsraths der Berlin⸗Anhaltischen Eisenbahn wurde die Dividende pro 1877 auf 5 ¾ % festgesetzt. Der rv. hat sich höher gestellt, als man Anfangs erwartete; auf 31 000 ℳ, wovon 2 975 000 als Dividende vertheilt werden. Es sind u. A. folgende Ersparnisse gemacht worden: für das Personal wurden rund 135 000 ℳ, für Bureaubedürfnisse ꝛc. rund 25 000 ℳ, für Unter⸗ haltung der Bahn und der Gebäude (abgesehen von Erweiterungs⸗ anlagen) rund 200 000 ℳ, für den Transportdienst und den Werk⸗ stättenbetrieb 180 000 ℳ, im Ganzen für den Betrieb fast 600000 weniger als 1876 ausgegeben.

Nach dem Geschäftsabschlusse der Germania, Lebens⸗ versicherungs⸗Aktiengesellschaft zu Stettin für 1877 hob sich in Folge des Zuganges von neuen Versicherungen über 20 500 660 Kapital, nach Abzug aller erloschenen Versicherungen, der Bestand der Versicherungen von Kapitalien auf 220 504 303 ℳ. Unter diesem Bestande waren 65 464 452 gegen eine Jahresprämie von 2 343 317 auf das Leben von 13 220 Personen mit Anspruch auf Dividende versichert. Diese Versicherungen mit Anspruch auf Dividende erhielten 1877 einen Zugang von 2225 Personen mit 13 098 464 Versicherungssumme und zeigen gegen den Bestand von Ende 1876 einen reinen Zuwachs von 1295 Personen mit 8 251 723 Versicherungssumme. Die gesammte Prämieneinnahme erreichte 1877: 7 168 944 (+ 231 942 ℳ). An Zinsen wurden verein⸗ nahmt 1 450 486 (+ 142 658 ℳ). Für Sterbefälle des Jahres 1877 wurden gezahlt 2 595 918 ℳ, für bei Lebzeiten der Versicherten im Jahre 1877 fällig gewordene Versicherungsbeträge 520 001 und als Schädenreserve zurückgestellt 103 593 Die Prämienüberträge und Prämienreserven stiegen 1877 um 2 567 779 Aus dem Ueber⸗ schuß erhalten, nachdem die Kapitalreserve mit dem statutenmäßigen Betrage von 114 653 dotirt und hierdurch auf die Summe von 590 822 erhöht ist, die Altionäre eine Dividende von 13 ½ % und die mit Anspruch auf Theilnahme am Gewinne des Geschäftes Versicherten 26 % ihrer 1877 gezahlten Prämien. Die für 1877 zur Vertheilung kommende Dividende der Versicherten übersteigt den bisherigen Durchschnittssatz dieser Dividende. Die Prämien⸗Reserpe, die Kapital⸗Reserve und die Extra⸗Reserve zusammen beliefen sich Ende 1877 auf 30 038 368 (+ 2 794 111 ℳ). Die gesammten Aktiva der Gesellschaft betragen Ende 1877 40 726 210

In der gestrigen Generalversammlung der Tabaks⸗Ge⸗ sellschaft „Union“ (vorm. Kronenberg) wurde beschlossen, nach außerordentlicher Dotirung der Reserve mit 15 000 Rub. und 4500 Rub. Vortrag auf neue Rechnung für das Jahr 1877 eine Divi⸗ dende von 7 % zur Vertheilung zu bringen. Der Reservefond be⸗ trägt zur Zeit 45 000 und beziffert sich zusammen mit dem Delkre⸗ derefond auf 10 % des Aktienkapitals.

Der Einlösungscours für die Silber⸗Coupons der österreichischen Eisenbahngesellschaften an den deutschen Zahlstellen ist bis auf Weiteres auf 178,50 für 100 Fl. österr. Silber festgesetzt. In voriger Woche betrug der Cours 180

In Paris ist ein Buchdruckerstrike in Scene gesetzt worden. Die Druckergehülfen verlangen eine Erhöhung von 10 Cts. pro 1000 Buchstaben für neue Auflagen bereits gedruckter Werke und von 8 Cts. pro Mille für den Satz nach Manuscripten. Die Druckereibesitzer wollen im ersteren Fall eine Erhöhung von 8, im zweiten von 5 Cts. gewähren, so daß der Streit sich jetzt um die Differenz von 2 resp. 3 Cts. dreht. Sie scheint unerheblich genug, wächst aber bei der ungeheuren Anzahl von Buchstaben, welche der Satz eines Buches erfordert, zu beträchtlichen Ziffern an, weshalb die Druckereibesitzer zum Widerstand entschlossen sind. In Ver⸗ failles haben die Gehülfen der Buchdruckerei Cerf, welche die Aktenstücke der beiden Kammern druckt, eine Erhöhung ihres Tarifs durchgesetzt, da die Anstalt es in dem gegenwärtigen Augenblicke auf eine Arbeitseinstellung nicht ankommen lassen konnte. Nach dem „Temps“ beläuft sich die Zahl der Pariser Strikenden auf etwa 1006. Aus Decazeville wird unter dem 24. März tele⸗ graphirt: Der Hochofen wurde heute wieder in Gang gebracht und die Arbeit in dem der Gesellschaft von Decazeville gehörigen Berg⸗ werke Rulhe theilweise wieder aufgenommen. Man hofft, daß dies bald überall geschehen wird.

Verkehrs⸗Anstalten.

Southampton, 25. März. (W. T. B.) Der Schrauben⸗ dampfer des Norddeutschen Lloyd, „Graf Bismarck“, ist von Baltimore hier eingetroffen. »

Plymouth, 25. März. (W. T. B.) Der Hamburger Postdampfer „Herder“ ist hier eingetroffen.

New⸗York, 25. März. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Loyd „Straßburg“ ist hier angekommen.

Berlin, 26. März 181 75 1I.

Potsdam. Am 25. März cr. fand in der König⸗ lichen Gärtner⸗Lehranstalt zu Sanssouci die Ab⸗ gangsprüfung der Eleven unter Leitung des Königlichen Hofgarten Direktors Jühlke und unter Theilnahme des Ku⸗ ratoriums der Anstalt statt. Dieselbe ressortirt von dem Ministerium für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten und steht unter Aufsicht eines Kuratoriums, das sich aus einem Königlichen Kommissarius als Vorsitzenden (z. Z. der Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Heyder), aus einem Abgeordneten der Königlichen Gartenintendantur und einem Deputirten des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in den Königlich preußischen Staaten (z. Z. der Königliche Garteninspektor Gaendt in Villa Borsig) zusammensetzt. Der Staats⸗ Minister Dr. Friedenthal, der durch anderweitige Geschäfte verhindert war, dem Examen beizuwohnen, be⸗ thätigt der Anstalt eine sehr erfreuliche Fürsorge, die zu den nachhaltigsten Erfolgen berechtigt für die Heranbildung junger Gärtner, denen hier, unter der speziellen Leitung des Königlichen Garteninspektors Lauche, eine vielseitige Gelegen⸗ heit für ihre künftige Berufsbildung geboten ist. Denn diese resultirt aus der Praxis und We ses schaft und legitimirt sich überall als eine Kunst des öffentlichen Lebens, die den nothwendigen intensiven Betrieb der Landwirth⸗ schaft fördert und unterstützt und den Naturgenuß des nationalen Lebens in seinen e Grundlagen begründen und vermehren hilft. as insbesondere die

Pflanzenkultur betrifft, so darf man nicht verlangen

daß alle Pflanzenarten und Obstsorten in den Mustergärten der Anstalt kultivirt werden. Das Bedürfniß, die Lokalität und das Klima üchrecben hier eine gewisse Beschränkung vor. In den Königlichen Hofgärten und in den Gärten der Lehr⸗ anstalt drängt sich während der Blüthe⸗ und Fruchtzeit eine solche Fülle von Erscheinungen in das Gesichtsfeld der Schüler, daß es schon aus diesem Grunde nothwendig wird, in der Wahl des zu Kultivirenden ein ge⸗ sundes Maß inne zu halten. In dieser Hinsicht läßt sich dann auch die schaffende Gartenkunst in ihren verschiedenen Zweigen nur durch eigene ee Uebung erfahren und begreifen; auf theoretischen Wegen läßt sich immer nur das Formale, das Auswendige daran lernen und lehren. Nur wo in einer Person Theorie und Praris,

Wissen und Können als ebenbürtig betrachtet und gleichmäßig ausgebildet sich wechselseitig durchdringen, da gedeihen sie zur produktiven Wirksamkeit auf dem Felde n Gewerbs⸗ thätigkeit, da wird die größte Berufstüchtigkeit wirklich er⸗ reicht. Daß einem solchen reben auch in der wirthschaft⸗ lichen Welt unseres Vaterlankdes Verwendung und Anerken⸗ nung zu Theil wird, das bezeugen die verschiedensten Stel⸗ lungen, welche in dem letzten Dezennium von den Schülern der diesseitigen Königlichen Gärtner⸗Lehranstalt mit Erfolg verwaltet werden.

Bei Gelegenheit der gestrigen Abgangsprüfung, der auch auf Veranlassung des Staats⸗Ministers Dr. Friedenthal der Garten⸗Direktor Stoll vom Königlichen Pomologischen Institut in Proskau beiwohnte, verließen die Anstalt mit dem Prädikat: Gartenkünstler 7 Eleven, Kunstgärtner 2 Eleven, zu-⸗ sammen 9 Eleven. Von diesen gehören an: der Provinz Preu⸗ ßen 1, Pommern 2, Brandenburg 2, Sachsen 1, Rheinland 1, Holstein 1, Rußland 1, zusammen 9 Eleven. In die erste Abtheilung trat ein verbliebener Bestand über: von 19 Eleven, und zwar: aus der Provinz Preußen 1, Pommern 6, Bran⸗

denburg 3, Sachsen 2, Rheinland 2, Holstein 1, Hannover 1, 8

vrg 1, Königreich Sachsen 2. Zusammen 19 Eleven. eu aufgenommen wurden 16 Eleven, und zwar: aus Pommern 1, Brandenburg 4, Sachsen 2, Rheinland 1, Holstein 2, Hamburg 3, Königreich Sachsen 1, Groß⸗ Oldenburg 1, Herzogthum Meiningen 1. usammen 16 Eleven. Gesammtsumme 35 Eleven welche den gegenwärtigen Bestand für das Unterrichtsjahr 1878,79 bilden. Da von diesen Eleven nur 24 in dem Lehr anstaltsgebäude wohnen können, so haben 11 Eleven in der Nähe derselben am Wildpark Wohnung nehmen müssen. 8

Dieser Mangel an Wohnungen, sowie der Umstand, daß die beiden Hörsäle zum Zeichenunterricht nur für 31 Zeichen⸗ bretter Raum darbieten, ist die Veranlassung gewesen, daß der Direktor der Anstalt die noch fortdauernden weiteren Anmel dungen zur Aufnahme für dieses Jahr nicht mehr hat berück sichtigen können.

Im Verein für die Geschichte Berlins war am Sonnabend zum Zweck der Veranschaulichung des angekündigte Vortrags des Hrn. Alfieri über den Inhalt des Thurmknopfe zu St. Nicolai der Thurmknopf selbst und eine Anzahl der älteste darin vorgefundenen Dokumente ausgestellt. Die älteste Einlage datirt von 1534 und enthält 3 Pergamente, die aber fast zerstört und fast unleserlich sind. So viel man entziffern kann, bezieht sich der Inhalt auf den Kirchenbau, auf die Vollendung des Thurmes 1514, eine Erneuerung der Kapelle unter dem Thurme, den Abbruch des Rathhauses auf der langen Brücke ꝛc. Die zweite Einlage ist von 1538 und enthält, ebenfalls arg beschädigt, Nachrichten übe den Knopf und die Stadt. Die dritte Einlage von 1551 bringt zunächst Nachrichten über den Knopf und die Kirche, die durch ein großes Unwetter beschädigt worden sind; außerdem ist dari enthalten ein Dokument, welches in ausführlicher Weise di Verhandlungen des Kurfürsten mit den Ständen schildert, die seine Schulden übernehmen und tilgen sollen. Die vierte Einlage von 1584 führt aus die Zeit Johann Georgs. Der Knopf ist durch Schüsse beschädigt und wird deshalb abge⸗ nommen, wobei sich allerdings ergiebt, daß der Inhalt nicht unver⸗ letzt geblieben ist. Der Klempner Martin Treptow hat aber Alles wieder zusammengefügt und dabei seine eigenen Ansichten über da⸗ malige „Schelmerei, Praktiken und Betrügereien“ in einem Schriftstück hinzugefügt. Die offiziellen Verzeichnisse und geschichtlichen Mitthei⸗ lungen vom Propste und vom Stadtschreiber Hartmann enthalten des Interessanten und Neuen mancherlei, sind aber auch nicht frei von Irrthümern. Zu den Einlagen dieses Jahres gehören eine Augsbur⸗

ische Konfession und ein Bauernkalender, auch eine große Anzahl Münzen.

E folgte die 5. Oeffnung, die schon früher erwähnte von 1671. Hier interessirt besonders ein Stundenplan des Grauen Klosters. Dasselbe bestand aus 7 Klassen, von denen jedoch 2 kombinirt waren. Der Unterricht dauerte von 6 —9 Uhr Morgens und von 12—3 Uhr Mittags. Mittwochs und Sonnabends fiel der Nachmittagsunterricht aus, damit die Kurrende Zeit zu ihren Umgängen gewönne. Der Lektionsplan bestand aus Hebräisch (1 Stunde), Griechisch, Lateinisch, Mathematik (1 Stunde) und Gesang (4 Stunden) für alle Klassen. Auf diese Oeffnung von 1671 folgten endlich, wie ebenfalls bereits früher erwähnt, die von 1695 und 1734.

Philadelphia, 26. März. (W. T. B.) Gestern Abend hat hier eine Feuersbrunst stattgefunden, durch welche 35 Gebäude, in denen sich Wagenlager befanden, zerstört wurden. Der Verlust wird auf 1 Mill. Dollars geschätzt.

Frau Gerster⸗Gardini hat gestern im Königlichen O pernhause ihr Gastspiel als Amine in Bellinis „Nachtwandlerin“ vor ausverkauftem Hause begonnen. Die Besorgniß, daß die zarte duftige Stimme der gefeierten Künstlerin in den Räumen der Kö⸗ niglichen Oper nicht diejenige Wirkung üben möchte, durch welche Fr. Gerster ihren Ruf hier in Berlin zuerst begründete, wurde schon durch ihre ersten Töne zerstreut: ihr Organ kam auch in den feinsten Nuancen zur vollsten Geltung. Der begeisterte Beifall, der jeder ihrer Nummern folgte, erreichte bei dem gehaltenen Triller im Akt seinen Höhepunkt. Fr. Gerster wurde durch Hrn. Wachtel (Elwino) trefflich unterstützt; derselbe war sichtlich bemüht, seine Stimme zu mäßigen, um Fr. Gerster hervortreten zu lassen. Auch Frl. Horina trug in ihrer kleinen Partie als Therese zum Erfolg der Oper bei. b

Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin, Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz und andere Höchste Herrschaften beehrten die Vorstellung mit Ihrer Gegenwart.

Hr. J. Wisbech, welcher am 1. April wieder in den Verband des Belle⸗Alliance⸗Theaters eintritt, hat zu seiner Antritts⸗ rolle die Partie des Kreuzweghofbauers in dem Volksstück „Der Meineidbauer“ von L. Anzengruber gewählt.

Die Pianistin Frl. Anna Bock aus New⸗York veranstaltete gestern unter Mitwirkung der Fr. Minna Timpe und der HHrn. Königl. Konzertmeister Rehfeld und Königl. Kammermusiker Jaco⸗ bowski im Saale der Sing⸗Akademiec ein Konzert. Die junge Künstlerin, bisher hier noch unbekannt, führte sich als eine tüchtige Klavierspielerin ein, welche mit guter Schule, gebildete, verständniß⸗ volle Auffassung und natürlichen manierfreien Vortrag verbindet. Als erste Nummer des Programms spielte die Konzertgeberin zusammen mit den HHrn. Rehfeld und Jacobowski das Trio für Piano, Violine und Violoncello in G-dur von Raff. Dann ließ sie den Solovortrag von Präludium und Fuge in E-moll von Mendelssohn, Chopins Impromptu, Fis-dur und Soirée de Vienne (Valse Caprice) von Strauß⸗Tausig folgen und erntete damit lebhaften Beifall. Später trug Frl. Bock in Verbindung mit Hrn. Konzertmeister Rehfeld mit gleich günstigem Erfolge Schuberts me0i8 Rondo brillant für Violine und Piano in H-moll und dann allein Scherzo e Presto agitato aus Beethovens Sonate 27 vor. Beethoven kam nicht voll zu seinem Rechte, das Spiel der jungen Dame erschien hier etwas matt und der Vor⸗ trag in den Einzelnheiten nicht genug ausgearbeitet. Dagegen ge⸗ langen ihr, obwohl sie bereits fast zwei Stunden am Klavier ge⸗ bssen hatte, die beiden Schluß⸗Piecen, das Capriccio von Scarlatti und

iszt's schwierige Rhapsodie Hongroise Nr. 6, wieder recht gut.

Zwischen den genannten Nummern sang Fr. Minna Timpe mit Ge⸗

schmack und Ausdruck eine Arie aus „Die Italienerin in Algier“ von Rossini und zwei Lieder, zu denen die Klavierbegleitung eben · falls Hr. Rehfeld übernommen hatte