am 20. September in der Richtung auf Gießen vorzu⸗ eehen, um die von dort in Anmarsch befindlichen feindlichen ruppen zurückzuwerfen. Die Vorposten des Corps standen am 20. September Abends auf dem südlichen Thalrand der Ems von Werkel bis Nieder⸗Vorschütz, die Kavallerie⸗Division im Bivouak bei Maden, die 25. Infanterie⸗Division bei Gudens⸗ berg, ein Detachement bei Dorla, die 21. Infanterie⸗Division bei Deute, die 22. Infanterie⸗Division mit der Corps⸗Artillerie bei Dissen. An demselben Tage waren nach der Aussage von Einwohnern bei Kerstenhausen und Borken feindliche Ka⸗ valleriepatrouillen gesehen worden. 8 Die Spezial⸗Idee für das Süd⸗Corps (den markirten Feind) lautete dahin, daß, während der rechte Flügel der Armee den Marsch über Fulda fortsetzt, das über Gießen vor⸗ gehende Armee⸗Corps den Befehl erhielt, womöglich am 21. September die Eder zu erreichen und die Verbindung mit den Truppen im Fuldathal über Homberg herzustellen. bivouakirte am 20. September bei Ober⸗Urf und Zwesten; Vorposten auf der Linie Hundsberg —-Arnsberg— Borken.
Seitens des kommandirenden Generals war aus Haupt⸗ quartier Deute, den 20. September, nachstehender Corpsbefehl erlassen:
sn feindliches Corps nähert sich von Gießen, Patrouillen des⸗ selben sind heute bei Kerstenhausen und Borken gesehen worden. Ich werde morgen den Marsch fortsetzen und den Feind angreifen wo ich ihn finde. Die Kavallerie⸗Division bricht um 6 Uhr frü aus ihrem Bivouak auf, marschirt über Nieder⸗Vorschütz, Nieder⸗ Möllrich und sucht das Plateau nördlich Großenenglis bů erreichen. Die 21. Infanterie⸗Division folgt unmittelbar auf derselben Straße. Die 22. Infanterie⸗Division und Corps⸗Artillerie, gleichfalls um 6 Uhr antretend, über Ober⸗Vorschütz, Ober⸗Möllrich bis Zennern. Die 25. Infanterie⸗Division zu derselben Zeit über Dorla nach Fritzlar, besetzt den Eder⸗Uebergang da⸗ selbst mit einer Avantgarde und verbleibt nördlich der Stadt zu meiner Verfügung. Bei Ober⸗Möllrich werden von der 22. Division 2 Uebergänge über die Eder hergestellt. Die zweite Staffel der Bagage und die Trains verbleiben auf dem linken Emsufer. Ich befinde mich bei der 21. Division. von Bose. Die Truppen waren in drei Kolonnen getheilt, und zwar
wurde der rechte Flügel von der 25. Infanterie⸗Division ge⸗ bildet, welcher noch das Grofigernglig Hessische Dragoner⸗ Regiment Nr. 24 und die fünf Batterien des Großherzoglich Hessischen Artillerie⸗Corps zugetheilt waren. In der mittleren Kolonne stand die 22. Infanterie⸗Division, zu welcher die Unteroffizier⸗Schule Biebrich, das Thüringische Ulanen⸗ Regiment Nr. 6 und die 2. Abtheilung des Hessischen Artil⸗ lerie⸗Regiments Nr. 27 getreten waren. Bei der mitt⸗ leren Kolonne befand sich außerdem noch die kom⸗ binirte Kavallerie⸗Division, bestehend aus dem Hessischen Husaren⸗Regiment Nr. 13, dem Großherzoglich Hessischen Dra⸗ goner⸗Regiment Nr. 23, dem 2. Hessischen Husaren⸗Regiment Nr. 14 und einem aus den fünften Schwadronen kombinirten Kavallerie⸗Regiment. Bei der Division stand noch die Corps⸗ Artillerie, bestehend aus drei Abtheilungen des Hessischen Ar⸗ tillerie⸗ Regiments Nr. 11. i Beginn des Manövers hatten die Truppen des XI. Armee⸗Corps folgende Aufstellung inne: Die Kavallerie⸗Division stand nördlich von Wabern, die 21. Infanterie⸗Division unmittelbar dahinter, die 22. Infan⸗ terie⸗Division und Corps⸗Artillerie nördlich von Zennern, die 25. Infanterie⸗Division bei Fritzlar. Der markirte Feind, der die Stärke eines Armee⸗Corps repräsentirte, hatte eine Kavallerte⸗Brigade von drei Regimentern östlich von Udenborn vorgeschoben. Eine Infanterie⸗Brigade und zwei Batterien standen südlich der Wabernschen Spitze, eine zweite Infanterie⸗ Brigade und zwei Batterien südlich von Udenborn. Eine Infanterie Divifion wurde außerdem noch zwischen Udenborn und Großenenglis in Reserve gehalten. Vier Bataillone Infanterie, zwei Escadrons und zwei Batterien waren außer⸗ dem nach der Kalbsburg detachirt. Der markirte Feind wurde von dem General⸗Major von Bychelberg befehligt, und wurden demselben zur Markirung der einzelnen Truppentheile neun Compagnien, zwei Escadrons und zwei Batterien zur erfügung gestellt. Als Jhle Maäjestäten an der Wabernschen Spitze angelangt aren, wurde der Befehl zum Beginn der Uebung gegeben. Die Kavallerie⸗Brigade ging zwischen Udenborn und der Wabernschen Spitze vor und nahm ihre Ri⸗ en auf die Spitze der diesseitigen Kavallerie, welche östlich von Wabern debouchirte. Der Angriff urde von der diesseitigen Kavallerie zurückgeschlagen, und auch das dritte Regiment, welches zur Unterstützung vorrückte, mußte weichen. Der Rückzug der Kavallerie geschah unter dem Schutze der feindlichen Artillerie. Auch diesseits wurde etzt die Artillerie vorgezogen und nach und nach durch die Corps⸗ tillerie verstärkt. Es entspann sich nun auf der ganzen nie ein ziemlich heftiges Feuergefecht, welches damit endete, aß der Feind seinen Rückzug von der Wabernschen Spitze antreten mußte. Derselbe bezog nunmehr eine zur Vertheidigung eingerichtete Stellung bei der Kalbsburg. Es griffen jetzt die beiden Flügeldetachements in den Kampf ein. Dieselben zwangen durch eine glücklich aus⸗ geführte Umgehung den Feind zur Zurücknahme seiner beiden ügel und zum . der Stellung bei der Kalbsburg. ne Zeit lang wurde der Rückzug noch durch die Artillerie edeckt, bis auch diese zurückgezogen wurde. Noch einmal ver⸗ suchte der Feind das Gefecht zu seinen Gunsten herzustellen, in⸗ dem er die Kavallerie bei Großenenglis nochmals vorgehen ließ, aber sie wurde von der diesseitigen Kavallerie geworfen. In diesem Augenblicke wurde das Gefecht abgebrochen und die Uebung damit beendet. .
„Beide Kaiserliche Majestäten kehrten um 1 ½ Uhr nach SBZ“ zurück, woselbst um 5 Uhr ein Diner mit den Civilbehörden stattfand.
(In dem Berichte in Nr. 223 d. Bl. ist bei der Aufführung der in der Parade gestandenen Truppen irr⸗ thümlich die Unteroffizierschule Jülich statt der Unteroffizier⸗ schule Biebrich genannt worden.)
— Meber die gestrige Feier in Cassel ist uns folgender Seash. zugegangen: 8E“ hre aarzicen und Königlichen Majestäten trafen am Sonntag, Vormittag 10 ½ Ulhr, mit den Prinzen
des Königlichen Hauses und den fremden Fürstlichkeiten in Cassel ein, um in der Hof⸗ und Garnisonkirche dem Gottes⸗ ienste beizuwohnen.
Die Gewißheit, die allperehrte mehrere Stunden 8881,3 ihrer Mauern zu wissen, war für 1 Zewohner Cassels eine erwünschte Gelegenheit, ihrer Treue und ihrer Anhänglichkeit an den Kaiserlichen Fern einen ebenso wahren, als inni⸗ gen und herzlichen Ausdruck zu geben. Bereits von früher
orgenstunde an drängte sich eine festlich gestimmte Menge
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erson des Monarchen für
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— die Straßen der Stadt, deren Häuser mit deutschen und preußischen Fahnen, sowie mit Laubgewinden geschmückt waren. Ehrenpforten und Guirlanden, welche letztere in zahllosen Bogen sich über die Straßen schwangen und denselben das Aussehen von Laubengängen gaben, vervollständigten das bunte, vielbewegte Bild. Die Trottoirs und Plätze wurden von einem dichtgeschaarten Publikum eingenommen; an den langen Fensterreihen harrten die Bewohner, um dem Kaiser ihre Huldigung darbringen zu können. Für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung sorgte die g⸗ Feuerwehr, welche auf dem Wege, den Ihre ajestäten zurückzulegen hatlen, Chaine bildete. 1
Gegen 11 ½ Uhr begann vor der Hof⸗ und Garnison⸗ kirche die Auffahrt der Königlichen Prinzen und der fremden — Bald darauf erschienen, vom lauten Jubel des
ublikums bewillkommnet, in geschlossenem Wagen, Ibre Kaiserlichen und Königlichen Majestäten. Von der Geistlichkeit an der Ier der Kirche begrüßt, begaben Sich Ihre Majestäten nach der für den Allerhöchsten Hof reservirten Loge; die Ge⸗ meinde füllte das Schiff und die Emporen des Gotteshauses. Die Predigt, welcher als Text Ev. Matth. 13,52 zu Grunde lag, hielt der Divisionsprediger Kratz. Im Kirchengebet ge⸗ dachte der Geistliche der glücklichen Genesung Sr. Majestät als einer göttlichen Gnade, welche dem deutschen Volke über Wissen und Verstehen zu Theil geworden sei.
Von der Hof⸗ und Garnisonkirche aus begaben Sich nach Schluß des Gottesdienstes Ihre Kaiserlichen Majestäten nach dem in der oberen Königsstraße gelegenen Palais. Unmittelbar vor demselben liegt der geräumige Friedrichs⸗ latz, der durch das sogenannte Rothe Palais, durch das
useum, die Kriegsschule und die Katholische Kirche seinen architektonischen Schmuck erhält, während die Karlsaue mit prächtigen Garten und die hinter derselben sich auf⸗ thürmenden Berge dem Platze einen großartigen landschaft⸗ lichen Hintergrund verleihen. Auf diesem Platze, unmittelbar vor der Rampe des Palais, hatte die gesammte männliche und weibliche Schuljugend Cassels und seiner Umgebung Auf⸗ . gefunden; es mochten wohl über achttausend Kinder ein, welche Se. Majestät mit dem Gesange der National⸗ hymne: „Heil Dir im begrüßten. Se. Majestät der Kaiser traten mit Ihrer Majestät der Kaiserin auf den Balkon und nahmen die durch Musikcorps verstärkte gesangliche Hul⸗ digung der Kinder entgegen. Nach Beendigung derselben er⸗ griff der Direktor des Gymnasiums das Wort und brachte mit lauter Stimme ein Hoch auf Ihre Kaiserlichen Majestäten aus, in welches die Schuljugend und mit ihr das gesammte Publikum, das den weiten laß. säumte, dreimal begeistert einstimmte. Se. Kaiserliche Majestät nahmen als⸗ dann die Vorstellung der Vorsteher der einzelnen Schulen ent⸗ gegen und ließen hierauf die Schüler und Schülerinnen, welche letztere ausnahmslos in weißen Kleidern und korn⸗ blumenblauen Bändern und Schärpen erschienen waren, vorüberziehen.
Beide Kaiserliche Majestäten nahmen darauf im Palais die Vorstellung zunächst der Herren und Damen der Ritter⸗ schaft und alsdann der Damen des Militärs und Civils ent⸗ gegen.
Die Allerhöchsten Herrschaften traten hierauf die Rückfahrt nach Schloß Wilhelmshöhe an; hierbei wurde den Krieger⸗ und Landwehrvereinen, welche auf der oberen Königsstraße aufmarschirt waren, Gelegenheit geboten, vor dem Kaiserlichen Herrn erscheinen zu dürfen. -VVon der seit langen Jahren befolgten Regel, nach welcher während des Sommerhalbjahres an allen Sonntagen die Wasserkünste auf Wilhelmshöhe spielen und dem Publikum der utri zu letzteren gestattet ist, wurde auch gestern bei der Anwesenheit Ihrer Majestäten nicht abgewichen. Um 3 Uhr begannen die Wasser zu spielen. Beide Kaiserliche Majestäten erschienen in offenem Wagen, fuhren bis nach den Kaskaden, verweilten längere Zeit an dem großen Wasserfall und nahmen Ihren Rückweg an der großen Fontäne vorbei, die den glänzen⸗ den Schlußpunkt des großartigen Schauspiels bildet. Der Park war vom Publikum außerordentlich stark besucht; dasselbe um⸗ drängte den Wagen Sr. Majestät des Kaisers und Königs und gab durch sich stets erneuernde, enthusiastische Zurufe seine 898 zu erkennen, den Kaiser wieder rüstig und gesund zu erblicken.
Um 5 Uhr fand auf Schloß Wilhelmshöhe ein größeres Diner statt, welchem Abends 8 ½ Uhr ein großer, von den esammten Musik⸗Corps des XI. Armee⸗Corps ausgeführter bessenfrgg folgte. Die um die große Fontäne herum ge⸗ egenen Theile des Parkes waren hierbei bengalisch beleuchtet. Zur Aufführung gelangten: 1) Huldigungsmarsch von Lumby, 2) Brautchor aus Lohengrin von Wagner, 3) Fackeltanz Nr. 3 von Meyerbeer, 4) Chor und Finale aus Aida von Verdi,
5) Zapfenstreich.
— Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für
oll⸗ und Steuerwesen, für, Handel und Verkehr und für
echnungswesen, die vereinigten Ausschüsse für Zoll⸗ und
Steuerwesen und für Handel und Verkehr, sowie der Aus⸗
schuß für Zoll⸗ und Steuerwesen hielten heute Sitzungen.
— Die Enquetekommission für die Unter⸗ der Lage der Eisenindustrie 8 im Laufe er verflossenen Woche ihre Berathungen fortgesetzt und die Fragebogen, welche den Sachverständigen behufs mündlicher Veantwortung vorgelegt werden sollen, in M1. Form (für Eisenproduzenten, Bergbautreibende, Eisenkonsumenten und Eisenhändler) sögelelt sowie diejenigen Sachverstän⸗ digen aus den sehr zahlreichen Vorschlägen der verschiedenen Behörden, Vereine und Korporationen ausgewählt, welche demnächst vernommen werden sollen. Die Vernehmung wird am 5. November d. Js. beginnen.
— Der Kaiserliche Botschafter Graf zu Münster ist mit Ablauf des ihm bewilligt gewesenen Urlaubs nach London zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Botschaft wieder über⸗ nommen.
— Der Kaiserliche Botschafter am Königlich italienischen
ofe, von Keudell, ist mit Ablauf seines Urlaubs nach
Rom zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Botschaft wieder übernommen.
— Der General⸗Lieutenant von Bülow, Inspecteur der 2. Feld⸗Artillerie⸗Inspektion, ist von Urlaub hierher zurückgekehrt.
— Der Kaiserliche Minister⸗Resident in Marokko, Weber, ist von dem ihm bewilligt gewesenen Urlaub auf seinem Posten ie r eingekroffen
—, Die zur Theilnahm an dem heute beginnenden 6 Operations resp. anatomischen Kur⸗ sus kommandirten Stabsärzte hier eingetroffen.
——
Bremen, 19. September. tg.) In der gestrigen Sitzung der Bürgers ertrag wegen Errich⸗ tung eines hanseatis — ndesgerichts zur Be⸗ rathung. Der Senat legte diesen vn Kommissarien der drei Senate vereinbarten Vertrag der Bygerschaft zur Genehmi⸗ gung vor. Der Vertrag besteht aus 35 Artikeln, die vom enat im Einzelnen erläutert werden Der Senat ertheilt dem Vertrage seine Zustimmung, die amch Seitens der ande⸗ ren Senate und Seitens der Hamburger Bürgerschaft bereits erfolgt ist. Die juristische Kommisson beantragt zu Artikel 26, welcher dahin lautet: „Jeder Senat kann Rechts⸗ anwälte bei dem Ober⸗Landesgerichte aus der Mitte der in seiner Stadt zugelassenen Rechtsanwälte bestellen“, — eine Abänderung dahin gehend, daß die Bestellung der in Bremen zugelassenen Rechtsanwälte bei dem Ober⸗Landesgericht auf Grund einer zwischen dem Senat und der Bürgerschaft zu vereinbarenden gesetzlichen Bestimmung zu erfolgen habe. Dr. Wilkens gx; diesen Antrag und beantragte seinerseits mit Bezug auf den Artikel 31, deßen erster Absatz lautet: „Von zehn zu zehn Jahren, deren Lauf mit dem 1. Januar 1880 beginnen soll, steht der eimelnen Stadt die Kündigung dieses Vertrages frei. Die Kündigung muß minde⸗ stens ein Jahr vor Ablauf einer zehnjährigen Periode erfolgt ein,“ — als Bedingung der Genehmigung des Vertrags die bänderung, daß der Senat verpflichtet werde, den Vertrag zu kündigen, wenn die Bürgerschaft nicht vor Ablauf der Kündigungsfrist ihre Genehmigung zur Verlängerung des Vertrags auf weitere zehn . ertheilt hat. Nach Schluß der 2 wurde der Vertrag mit diesen Anträgen ge⸗ nehmig
8
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 21. September. (W. T. B.)
Die „Polit. Korresp.“ meldet aus Konstantinopel: Gestern hüt die Räumung der russischen Stellungen in der Nähe von
onstantinopel begonnen. Die Division des General Skobeleff ist gestern nach Tschataldja abgegangen. Das russische Haupt⸗ quartier verläßt San Stefano am 23. oder 24. d. Die Polizeiverwaltung daselbst ist bereits gestern den Türken über⸗ geben worden. — Von Seiten der Pforte ist Assym Pascha zum Mitgliede der internationalen Kommission für Ost⸗ Rumelien und Lusni Pascha zum Mitgliede der internatio⸗ nalen Kommission für Bulgarien ernannt worden. — In Kozan dauert der Widerstand der Insurgenten fort. — Moukhtar Pascha meldet von Kreta, daß er die Insel in kurzer Zeit zu pazifiziren hoffe. — Die Russen haben Erzerum vollständig geräumt. — Aus Belgrad: Oberst Jovanovic und Oberst⸗ Lieutenant Miskovic sind von Seiten Serbiens zu Mitglie⸗ dern der Kommission zur Regulirung der serbischen Grenzen ernannt worden. Die Kommission hat den französischen Dele⸗ girten Auboret zu ihrem Präsidenten gewählt. — Von Priz⸗ rend aus haben sich gegen 12 000 Mohamedaner zur Ver⸗ stärkung der bosnischen Insurgenten in Marsch gesetzt. In Joca errichten die Insurgenten ein verschanztes Lager. — Aus Rom: König Humbert hat die beabsichtigte Reise nach Paris aufgegeben. Der Herzog von Aosta wird den König bei der Preisvertheilung in Paris vertreten.
— 23. September. (W. T. B.) Die erste Truppen⸗ division wurde am 19. d. von Serajewo nach Mokro vor⸗ geschoben, um die zwischen Senkovics und Bandin⸗Ogiak sich sammelnden Insurgenten auseinander zu sprengen, und erreichte am 20. d. Nachmittags Han Bod Romia. Nachts um 1 Uhr ließ FML. Vecsey den Vormarsch in 3 Kolonnen fortsetzen. Der Oberst, Brigadier König, schwenkte mit 5 Bataillonen und einer Gebirgsbatterie gegen Bandin⸗ Ogiak; Oberst Rakasovies ging mit 3 Bataillonen und einer Gebirgsbatterie über Mroics und Zrhoina gegen Senkovics vor, die Mittelkolonne unter Oberst Pittel folgte mit 3 Bataillonen und einer Gebirgsbatterie auf der Landstraße. Die Insurgenten hatten eine starke, theil⸗ weise befestigte Stellung mit 3 Geschützen inne. Das Ge⸗ fecht, welches um 7 Uhr Morgens begann und bis 1 Uhr Nachmittags dauerte, nahm einen siegreichen Verlauf. Oberst König nahm das befestigte Hauptlager auf der das Terrain am meisten beherrschenden Höhe; Oberst Pittel nahm die linke Flügelschanze. Oberst Rakasovics traf um 8 ½ Uhr auf den Höhen von Senkovics ein, schnitt den Gegner vom Rück⸗ zug ab und beschoß die fliehenden Insurgenten hauptsächlich mit Geschützen. Zwei gezogene Geschütze, Fahnen, viele Munition und Zelte wurden erobert. Die Zahl der Insur⸗ genten, unter denen sich auch reguläre Truppen befanden, welche die Hauptbefestigung vertheidigten, wird auf 6000 — 7000 ge⸗ schätzt. Der Divisions⸗Commandeur hebt namentlich die brillante Führung und die Energie der Befehlshaber der ein⸗ zelnen Kolonnen, sowie den Opfermuth, die Ausdauer und die Tapferkeit der Truppen hervor. Unsere Verluste betragen ca. 400 an Todten und Verwundeten. Soweit bis jetzt kon⸗ statirt ist, sind 4 Offiziere todt, 8 verwundet, unter letzteren Major Grimm vom 41. Regiment. Die Verluste der In⸗ surgenten sind bedeutend größer. Oberst David erreichte mit 3 Bataillonen und einer Gebirgs⸗Batterie am 21. d. M. 1 Uhr Nachmittags Olovo, das gänzlich unbewohnt gefunden wurde. Die hsurgenten waren gegen Han Karaula und Kladnaj zurück⸗ gewichen. — Das 3. Armee⸗Corps unter FML. Szapary war am 21. d. bei Han Pakovac eingetroffen. In der linken
lanke desh chin befand sich das 49. Regiment bei Lihic, die
orposten standen in der Linie Usina⸗Ljubac⸗Modric. Heute traf von den Vortruppen in Ljubac die Meldung ein, daß die vorlie⸗ genden Höhen von dem Feinde geräumt worden seien. Um 9 Uhr erschien eine Deputation aus Tuzla, welche die Unterwer⸗ fung der Stadt erklärte. Die Besetzung und Entwaffnung Tuzlas wurden sofort eingeleitet. — Von dem 4. Armee⸗Corps hatte die 13. Division (a—i9) am 21. d. Dokanj - erreichen. Das Vorrücken erfolgte in mehreren Kolonnen. Gegen 9 Uhr stießen sämmtliche Kolonnen fast gleichzeitig auf den Gegner, welcher sich auf dem Kamme der Majevica Planina in ausge⸗ dehnten Jägergräben eingenistet hatte. Die mittlere Kolonne setzte eine Batterie in Feuer. Die Infanterie erklomm unter dem heftigsten Feuer des Gegners die Höhe, jagte die Insurgenten aus den Verschanzungen und rückte, ohne aufgehalten zu wer⸗ den, vor. Die Verfolgung des Feindes wurde durch Geschütz⸗ feher unterstützt. Die Truppen erreichten kämpfend das Ziel ees Marsches Dokanj und bezogen daselbst Lager. — Die 26. Brigade (Budich) wurde vom Kommando des 4. Armee⸗ Corps am 20. d. M. zur Deckung des Vormarsches nach Tuzla
eegen Dolni⸗Drajoljevac entsendet. 4 rung einer Deputation aus Bjelina setzte Budich den Marsch fort und rückte gestern um 2 ½ Uhr in Bjelina ein. Die Entwaffnung der Stadt wurde eingeleitet und die Besatzung
rstärkt. verstcsen 21 September. Nach einem Berichte des „P. Naplo⸗ aus Brood sollen Verpflegungsdepots für die Okkupations⸗ Armee nach einem dem Reichs⸗Kriegs⸗Ministerium unterbrei⸗ teten Plan errichtet werden, und zwar in Trawnik, Sissek, Alt⸗Gradiska, Brood, Bretschka und Essegg. Weiter sollen in Bosnien Magazine auf den Linien Brood⸗Serajewo, Altgradiska⸗Trawnik, in Kastajniza, in Doboj und Seniza er⸗ richtet werden. Der Bau der Magazine ist bereits telegraphisch an⸗ geordnet. An der Verbesserung der Straßen arbeiten viele tausend bosnische Arbeiter. Bei jenen Truppen, welche die direkte Militärverpflegung genießen, sollen Proviant⸗ kolonnen aufgestellt werden, so daß jede Abtheilung ihren eigenen Verpflegungstrain hat. Für die Verpflegung und Bezahlung der Vorspannsführer ist auf die befriedigendste Weise vorgesorgt. — Der „Egyetertes“ verbreitet die Nachricht, daß gestern vom Kommunikations⸗Ministerium Ingenieure zu Vorarbeiten für die Bahnstrecke Sissek⸗Novi abgesendet wurden.
Großbritannien und Irland. Kalkutta, 22. Sep⸗ tember. (W. T. B.) Der Chef der für Afghanistan be⸗ stimmten Gesandtschaft, General Chamberlain, ver⸗ ließ gestern mit seinem Gefolge Peshawer, um sich nach Ali⸗ musjid zu begeben, wo sich der Ueberbringer eines Antwort⸗ schreibens des Emirs von Afghanistan befinden soll.
— (W. T. B.) Ein Offizier Schir Ali's in Alimusjid hat der englischen Gesandtschaft die Weiterreise verweigert und die Höhen eines auf dem Wege der Ge⸗ sandtschaft gelegenen Passes mit Truppen besetzt. Der Führer der militärischen Eskorte der Gesandtschaft, Major Cahagnari, machte den Offizier darauf aufmerksam, daß sein Vorgehen als auf Befehl des Emirs von Afghanistan erfolgt, betrachtet werden würde, die Gesandtschaft kehrte darauf nach ee; zurück. Die Rückkehr der Gesandtschaft erfolgte auf telegra⸗ phische Ordre des Vizekönigs von Indien. Die Truppen des Emirs in Alimusjid wurden von Afgarisch kommandirt.
Frankreich. Paris, 22. September. (W. T. B.) In Paris, Marseille und in anderen Städten Frankreichs wurden heute Bankete zur Feier des Jahrestages der Prokla⸗ mation der französischen Republik vom Jahre 1792 abge⸗ halten. — Wie der „Temps“ erfährt, sind in Folge der er⸗ neuerten Versuche, einen sozialistischen Kongreß abzu⸗ halten, am vergangenen Donnerstag abermals Haussuchun⸗ gen vorgenommen und dabei die Protokolle über die Sitzungen der Assoziation mit Beschlag belegt worden. Der „Soir“ meldet, es würden in Folge der Ergebnisse des neuesten Vorgehens der Behörden mehrere ausländische Angehörige der Inter⸗ nationalen ausgewiesen werden.
Italien. Rom, 21. September. (W. T. B.) Das ournal „Libertz“ bespricht die von der Wiener „Poli⸗ tischen Korrespondenz“ veröffentlichten Mittheilungen über die Ermordung des italienischen Konsuls Perrod und hebt die Umsicht und den Eifer hervor, welchen die österreichischen Behörden bei der Nachforschung nach den Schuldigen ent⸗ wickelt haben. Das genannte Blatt bemerkt sodann: diese Haltung der österreichischen Regierung entspreche den Erwar⸗ tungen Italiens vollständig; indeß sei es nicht überflüssig, diese Haltung zu konstatiren, welche die niemals getrübten guten Beziehungen zwischen den Regierungen des Königs
von Italien und des Kaisers von Oesterreich nur noch
fester knüpfen werde.
— 22. September. (W. T. B.) Der König und die Königin werden Mitte Oktober Sizilien . — Das nächste Konsistorium soll im Februar 1879 abge⸗ halten werden.
Türkei. Konstantinopel, 23. September. (W. T. B.) Nach hier eingegangenen Nachrichten aus Kozan, den 18. d., ist der Führer der Aufständischen, Achmed Pascha, geflüchtet und wird von den türkischen Truppen verfolgt.
Serbien. Belgrad, 21. September. (W. T. B.) Die Kommission zur Regulirung der serbischen Grenzen hat ihre Arbeiten noch nicht beginnen können, weil der englische Delegirte noch nicht hficbe ist.
Mußland und Polen. St. Petersburg, 22. Sep⸗ tember. (W. T. B.) Ein Telegramm des Generals Totleben an den Kaiser aus San Stefano, vom 20. d. M., meldet: Am Mittwoch Abend bin ich in Adrianopel eingetroffen, wo ich von der muselmännischen, griechischen, bulgarischen, armenischen und jüdischen Geistlichkeit empfangen wurde. Alle baten mich, Ew. Majestät ihre unbegrenzte Dankbarkeit für den Schutz auszudrücken, welcher ihnen von den russischen Behörden erwiesen worden ist. Dabei behaup⸗ tete man, in Adrianopel sei niemals solche Ordnung und solche Gerechtigkeit gewesen, als während des Aufenthaltes der Fkusstschen Truppen, welche sich zu jeder Zeit musterhaft ge⸗ führt hätten. Die Stadt war illuminirt, die Thore der Moscheen mit dem kaiserlichen Namenszuge geschmückt. Am 8b wurde die Stadt mit russischen Fahnen geschmückt und auf den Straßen bekränzte Portraits Ew. Majestät auf⸗ gestellt. Abends bei meiner Abfahrt war die Stadt wiederum illuminirt und eine große Volksmenge anwesend.
— (W. T. B.) Es wird aus London hierher tele⸗ gra 8 daß die geskrig⸗ „Times“ erfahren haben wolle, daß
kußland mit der Pforte Unterhandlungen eröffnet habe, um diesenigen Stipulationen des Vertrages von San Stefano, welche lediglich Rußland und die Türkei angehen und welche dur den Berliner Vertrag nicht berührt worden sind, in einem zwischen beiden Mächten herzustellenden Vertrage nieder⸗ ulegen. Es ist, nach eingezogenen Erkundigungen, hier an BGee von derartigen Verhandlungen nichts ekannt.
Amerika. New⸗York, 21. September. (W. T. B.) In ssolge bedrohlicher Kundgebungen von Striken⸗ den sind zwei Kompagnien Truppen von Baltimore nach Washington beordert worden.
Gewerbe und Handel. “
Bei der Magdeburger Allgemeinen Versiche⸗ ungs⸗Aktiengesellschaft — Abtheilung fuür Unfall⸗Ver⸗ erung — kamen im Monat August 1878 zur Anzeige: 11 Un⸗ fälle, welche den Tod der Betroffenen zur Folge gehabt haben,
8 der 1
6 ——2 in Folge deren die Beschädigten noch in Lebensgefahr schweben, 30 Unfälle, welche für die Verletzten voraussichtlich lebens⸗ längliche, theils totale, theils partielle Invalidität zur Folge haben werden, 410 Unfälle mit voraussichtlich nur vorübergehender Erwerbs⸗ unfähigkeit, Summa 457 Unfälle.
— Wie aus Wien gemeldet wird, ergiebt die Semestralbilanz der Wiener Unionbank einen Reingewinn von über 600 000 fl. was einer Verzinsung von 8 % per annum des Aktienlapitals entspricht
— Die Rechnungsabschlüsse der ungarischen Staats bahnen und der Donau⸗Draubahn für das Jahr 1877 enthal⸗ ten, nach der „Wien. Ztg.“, folgende Hauptziffern: Bei den südlichen Linien der ungarischen Staatsbahnen, deren Kapitalswerth mit 37,1 Mill. Fl. angegeben ist, steht einer Einnahme von 791 702 Fl. eine Ausgabe von 918 148 J. gegenüber, also zeigt sich ein Betriebs⸗ defizit von 126 000 Fl. — Bei den nördlichen Linien, die 63 Mill. Fl. Kapital repräsentiren, beläuft sich der Brutto⸗Ertrag auf 6,025 Mill., die Ausgabe auf 3,452 Mill., daher der Reinertrag auf 2,572 Mill. Fl. oder etwas über 4 %. — Bei den öst⸗ lichen Linien (vormalige ungarische Ostbahn) sind die Brutto⸗Ein⸗ nahmen 2796 Mill., die Ausgaben 2699 Mill., der Betriebsüberschuß 97 480 Fl. In der Bilanz erscheint, mit Rücksicht auf den Um⸗ stand, daß die Aktienkonversion noch nicht durchgeführt ist, die Bahn noch mit 108 Mill. Fl. bewerthet, was sich nach völligem Umtausche der Aktien um rund 20 Mill. herabmindern wird. — Die Donau⸗ Draubahn repräsentirt 11,6 Mill. Fl. und hat 432 488 Fr. vereinnahmt, dagegen 423 310 Fl. verausgabt, also einen Betriebs⸗ überschuß von nur 9177 Fl. erzielt. 8 ““
Verkehrs⸗Anstalten.
Die Berlin⸗Anhaltische Eisenbahn hat ihren neuen großen Güterbahnhof in Berlin jetzt durch Errichtung einer eigenen Zollexpedition auf demselben vervollständigt, für welche ein geräumiges und zweckmäßig eingerichtetes Gebäude mit den erforder⸗ lichen Expeditions⸗ und Schuppenräumen, mit Gleisverbindung und bequemer Zufuhr für die Fuhrwerke erbaut ist. Der Zugang zu der Zollexpedition ist an der Möckernstraße.
Die Expedition hat alle Berechtigungen eines Haupt⸗Zollamtes; es können dort alle eingehenden und ausgehenden Güter auf Begleit⸗ schein I. und II., sowie Behufs Erlangung der Exportbonifikation “ Zucker) abgefertigt werden. Es liegt darin eine große
rleichterung für das Publikum, welches nun der umständlichen und zeitraubenden Vermittelung des Packhofes nicht mehr bedarf; nament⸗ lich ist die Erleichterung aber von Werth für den Export des Spi⸗ ritus, welcher bisher entweder auf dem Packhofe oder auf einer Unterwegsstation abgefertigt werden mußte.
Nach amtlicher Anzeige des Provinzial⸗Steuer⸗Direktors tritt die Expedition am 7. Oktober in Thätigkeit. 8
Die Kosten dieser Einrichtung sind allerdings für die Eisenbahn sehr erhebliche, da dieselbe, wie wir hören, der Zollverwaltung nicht blos das Gebäude stellen und unterhalten muß, sondern auch die ganzen Gehälter der in der Expedition beschäftigten Zollbeamten zahlen muß. “
Die Eisenbahnverwaltung hat sich trotzdem zu der Einri chtung der Expedition im Interesse des Publikums und, wie wir wohl an⸗ nehmen dürfen, auch aus Konkurrenzrücksichten entschlossen.
Von den Berliner Bahnhöfen haben jetzt der Niederschlesisch⸗ Märkische, der Berlin⸗Potsdam⸗Magdeburger und der Berlin⸗Lehrter Bahnhof Zoll⸗Expeditionen.
— Von der neuen, von der Ostbahn als Sekundärbahn er⸗ bauten Eisenbahnlinie Posen⸗Belgard soll die Strecke Neu⸗ stettin⸗Belgard am 1. Oktober eröffnet werden. Auf der Strecke Schneidemühl⸗Jastrow gehen bereits Arbeitszüge.
Triest, 23. September. (W. T. ” Der Lloyddampfer
Aurora“ ist mit der ostindisch⸗chinesischen Ueberlandpost aus Alexandrien hier eingetroffen.
Southampton, 23. September. (W. T. B.) Der Ham⸗ burger Postdampfer „Lessing“ ist hier eingetroffen.
New⸗York, 23. September. (W. T. B.) Der Dampfer „Egypt“ von der National⸗Dampfschiffs⸗Compagnie (C. Messingsche Linie) ist hier eingetroffen.
„ .
Berlin, 23. September 1878
Am 15 Fuli d. 8. fand die feierliche Eröffnung der Polytechnischen Schule (Japanisch: Kobu⸗dai⸗gakko) in Tokio durch Se. Majestät den Tenno in Person statt.
Der Bau dieser Anstalt wurde im Jahre 1871 in Angriff ge⸗ nommen und ein Theil derselben zu Unterrichtszwecken bereits vor 5 Jahren eröffnet. Erst im vergangenen Herbst jedoch konn⸗ ten die gesammten Baulichkeiten, deren Herstellung einen Kostenaufwand von circa 350 000 Dollars erfordert hat, dem Ministerium der öffentlichen Arbeiten, unter dessen Leitung die Polytechnische Schule steht, übergeben werden.
Angesichts der Großartigkeit der ganzen Anlage und der Wichtigkeit, welche dem Institute für die innere Entwickelung des Landes beigemessen wird, war die Eröffnungsceremonie zu einer allgemeinen Feier umgestaltet. Es waren deshalb außer den Kaiserlichen Prinzen nicht nur sämmtliche japanische Würdenträger, die gesammte Generalität ꝛc. erschienen, son⸗ dern auch das diplomatische Corps war einer besonderen an dasselbe ergangenen Einladung gefolgt und wohnte der Feier in großer Uniform bei.
Sobald die Versammlung in der großen Aula der An⸗ stalt zur Linken und Rechten des Thrones Aufstellung ge⸗ nommen, betrat der Tenno um 8 ½ Uhr, umgeben von den Kaiserlichen Prinzen und dem Hofstaat, den Saal und verlas eine kurze Anrede, durch welche die Polytechnische Schule für eröffnet erklärt wurde. Nachdem der mit Führung der Geschäfte des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten beauf⸗ tragte Minister des Innern, Ito, hierauf noch eine kurze Rede gehalten, in welcher er die Bedeutung des Institutes für die Entwickelung des Landes im Allgemeinen, insbesondere seiner Verkehrsmittel und Bergwerke hervorhob, und der japanische Direktor, sowie der englische Vize⸗Direktor der Anstalt, Herr Dyer, Sr. Majestät ihren Dank für Seine Anwesenheit aus⸗ gesprochen hatten, endigte die Ceremonie’ nach einem Umgang durch sämmtliche Baulichkeiten incl. des chemischen Labora⸗ toriums und einigen hierauf von Zöglingen des Instituts ge⸗ haltenen Vorträgen über Telegraphie, Elektrizität und Chemie mit einem Déjeuner, welches in dem Speisesaal des Kobu⸗dai⸗ gakko servirt wurde.
Das 1. Garde⸗Feld⸗Artillerie⸗Regiment und die 3. Escadron Regiments der Gardes du Corps sind im Laufe des gestrigen Tages aus dem Mansöverterrain hier wieder eingetroffen.
Im Zoologischen Garten trifft morgen, Deast. die von dem Thierhändler Carl Hagenbeck in Hamburg in Afrika zu einer Rundreise durch Europa engagirte nubische Thier⸗ karawane ein; dieselbe wird von Mittwoch ab für das hiesige Publikum zu sehen sein. Die interessante Karawane wird von 16 Nubiern aus fünf verschiedenen Stämmen und einer Nubierin geführt und besteht aus folgenden Thieren: 4 doppelhörnige afrikanische Rhinocerosse, 5 Stück Elephanten, 5 Dromedare, 8 Stück Giraffen, 3 Sangarinder aus Abessinien. Diese Sanga⸗ rinder 1s noch nie in Europa gesehen worden, da * agenbe dieselben bei dieser Gelegenheit zum ersten ale aus dem Innern Afrikas nach Europa transportirt, um sie
in hiesigen zoologischen Gärten nach und nach einzuführen Hierzu kommen 3 nubische Reitstiere, 3 afrikänische Ach fins Pühemn und Ziegen, 5 Stück junge Löwen, 2 Strauße und 2 Affen. Außer⸗ dem führen die Leute Material bei sich, um daraus Zelte, wie sie in ihrer Heimath bei Regenwetter benutzt werden, zu erbauen, sowie Reise⸗ und Hausutensilien und diverse Waffen, eine große Anzahl Jagdtrophäen, Nilpferd⸗ und Rhinocerosschädel, Antilopengehörne ꝛc.
Z18ben; 21. September. (W. T. B.) Der biesig⸗ Assisen⸗ gerichtshof hat den Schriftsteller Claudel wegen Veröffentlichung einer Broschüre, welche Beleidigungen gegen den Deutschen Kaiser und Angriffe gegen die Autorität der Gesebe enthielt, in con- tuamaciam zu einer Gefängnißstrafe von 5 Jahren und 2000 Frcs. Geldbuße verurtheilt. Der Drucker dieser Broschüre, Carlier, wurde zu einer 18monatlichen Gefängnißstrafe und 500 Frcs. Geld⸗ buße verurtheilt.
Triest, 22. September. (W. T. B.) Auf dem amerikani⸗ schen Schooner „Jeremia Simonson“, Kapitän Cranfordo, aus Philadelphia kommend, mit einer Ladung von 2969 Faß Petroleum an Bord, ist heute Mittag im hiesigen Hafen Feuer ausgebrochen. Derselbe wurde von dem Regierungsdampfer „Telagosa“ und anderen Dampfern schnell aus der Rhede gebracht. In Folge heftigen Windes ergoß sich das Feuer über das ganze Schiff, so daß alle Rettungs⸗ versuche mißlangen.
Aus Wyk auf Föhr wird dem „Hamb. C.“ geschrieben: Die zehnte, bis zum 12. September reichende Kurliste unseres Nordsee⸗ bades schließt ab mit einer Personenzahl von 1015 Gästen. Da in den letzten Tagen stürmisches und regnerisches Wetter eingetreten ist, so wird die 10. Kurliste voraussichtlich die letzte sein, wesche in die⸗ ser Saison erscheint. Unsere Badesaison ist jedoch damit noch nicht beendet, indem unter den anwesenden Fremden noch manche sich bis zum Schluß der Saison, d. h. bis zum 5. oder 7. Oktober hier auf⸗ halten werden, um sich an den äußerst kräftigen Herbstbädern zu
ärken.
Auf der Bühne des Victoria⸗Theaters ging am Sonnabend ein neues großes Ausstattungsstück, „Uarda“, zum ersten Mal in Scene. Das Stück ist nach dem gleichnamigen Roman von Georg Ebers geschickt für die Bübnendarfkellung bearbeitet worden und hatte vor dem ausverkauften Hause einen guten Erfolg. Die Bühnenleitung des Victoria⸗Theaters hat mit der Annahme dieses Stückes zur Aufführung den, wie die Erfahrung gezeigt hat, gelungenen Versuch gemacht, den Erfolg eines sogenannten Ausstattungsstückes nicht allein auf die Augenweide zu basiren; viel⸗ mehr hat man es hier zunächst mit einem dramatisch wirksamen Stoff zu thun, der sich aber zugleich zu ausgedehnter Anwendung der Dekorationskunst eignet.“ Der Bearbeiter des Romans hat es wohl verstanden, die scenisch wirksamen Momente so zu vereinigen, daß sie ein erfreuliches Ganze bilden und den Inhalt des Romans im Wesentlichen erschöpfen. Wenn es auch nicht möglich war, alle Schönheiten der Schilderungen des Originals auf der Bühne zur Geltung zu bringen, so ist doch die Sprache eine schöne, würdige, und dem Stoff angemessene und erhebt sich an entscheidenden Stellen zu erhabenem Pathos. Das Stück ist in 4 Akten und 8 Bildern geschrie⸗ ben, die dekorativ dem Besten an die Seite zu stellen sind, das diese Bühne seither schon geleistet hat; allerdings darf man an die histo⸗ rische Treue nicht allzustrenge Ansprüche stellen. Die schauspielerisch thätigen Kräfte sind ihren Aufgaben zumeist gewachsen, und auch in dieser Richtung unterscheidet c „Uarda“ zu ihren Gunsten von früheren Ausstattungsstücken. Von den Darstellern verdienen na⸗ mentlich die Damen Frl. Kirchhöffer, Frl. Gräffner und Frl. Jerr⸗ mann, von den Herren Hr. van Hell, der sich zugleich als Regisseur verdient gemacht hat, Hr. Direktor Emil Hahn (König Ramses), Hr. Michaelis und Hr. Junker anerkennende 7.
— Die ungemein günstige Aufnahme, welche die Novität des Wallner⸗Theaters, „Ihre Familie“, von Dr. Julius Stinde und Georg Engels am Sonnabend gefunden hat, darf wiederum als Bestätigung der schon neulich ausgesprochenen Beobachtung gelten. wie unersprießlich es sei das Repertoire dieses Theaters nach gewöhnlichem kritischem Maße zu maessen. Denn weder vom dramaturgischen noch vom ethischen Standpunkte aus, dürfte dieses „Volksstück“ strengeren Anforderungen genügen. Das Stück selbst ist vielmehr äußerst mäßig, dagegen alles, was eigent⸗ lich gar nicht nothwendig in den Rahmen desselben’ gehört, alles epi⸗ sodenhafte ebenso ergötzlich und unterhaltend. Die Handlung muthet uns die unglaublichsten Dinge zu, noch unglaublicher deshalb, weil ie ganz lokal gefärbt und in die heutige Gegenwart verlegt ind: Mesalliance eines Barons (Seeoffiziers), vermuthlichen Erben eines Grafentitels, mit einer Tänzerin aus dem Corps de Ballet, linker Flügel, so und so vielte Reihe, Nr. so und so, Krieg mit chinesischen Piraten, Todesnachricht, Rückkehr des Todtgeglaubten und Versöhnung der strengen Mutter mit der Schwiegertochter und „ihrer Familie“. Alle die bald rührseligen, bald hohl pathetischen Secenen sind aber reine Nobensache. Es galt ja eben nur Frl. Wegner, die nach längerer Abwesenheit, von Blumen und Kränzen überschüttet, in diesem Stücke zum ersten Male wieder auftrat, eine recht dankbare Role zu geben, und dieser Zweck ist denn auch vollständigst erreicht. Die musikalisch⸗dramatisch⸗pantomimische Abendunterhaltung, welche sie im Verein mit Hrn. Blencke und Hrn. Engels innerhalb des Stückes aufführte, war im höchsten Grade komisch und erheiternd. Die Künstlerin hat sich namentlich auch stimmlich außerordentlich und weit über das Soubrettenhafte hinaus vervollkommnet und gab davon während des Abends durch Gesangseinlagen und Couplets rühmliches Zeugniß. Bei der Darstellerin einer Ballettänzerin (Schwester der Baronin) mußte diese Vielseitigkeit um so mehr in Erstaunen setzen. Hr. Blencke war wie immer ganz bei der Sache und gab in seiner Rolle eine eben so komische als vortreffliche Charakter⸗ leistung, für die der liebenswürdige Künstler mehrfach mit wohlverdientem Beifall bei offener Scene belohnt wurde. Hr. Engels, der bescheidener, aber wohlverstandener Weise in einer dankenden Ansprache an das Publikum den Erfolg des Stücks zu drei Viertheilen der Darstellung zugewiesen wissen wollte, hatte selbst als Darsteller einen nicht geringen Antheil an demselben. Leider ist die komische Figur seines jungen Aristokraten nach einer bedenklich alten chablone gezeichnet, und wenn der treffliche Künstler selbst im Zuschauerraum gesessen hätte, würde er sich davon haben überzeugen können, daß gerade diese beinahe gänzlich verzeichnete und unmögliche, auch zu breit angelegte Rolle vielfach auf Widerspruch stieß. Trotzdem hatte er selbst, auch ab⸗
esehen von der Aufführung, die ungemein flott war und das höchste
Lo verdiente, vielen Antheil an dem Erfolge, denn man wird nicht fehl gehen, wenn man dem beliebten Komiker gerade viele jener heiteren Episoden, jener witzigen Einfälle zuschreibt, mit denen die komischen Rollen des Stücks so reich ausgestattet sind.
— Im Friedrich⸗Wilhelmsstädtischen Theater kommt noch in dieser Woche nach längerer Henn; und auf vielseitiges Ver⸗ langen die Straußsche Operette „Prinz Methusalem“ wieder zur Aufführung. 1
— In Krolls Theater traten gestern die von St. Peters⸗ burg nach Paris hier durchreisenden russischen Nationalsänger in den Zwischenakten der Oper „Maurer und Schlosser“ zum ersten Male auf und erzielten mit ihren höchst originellen und charakte⸗ ristischen Nationalgesängen und ⸗Tänzen von Seiten des vollständig ausverkauften Hanses einen “ Erfolg. Die Sänger müssen am Sonnabend schon ihr Gastspiel beendigen, da am nächsten Sonn⸗ tag die italienische Opernsaison beginnt. Von morgen, Dienstag, ab tritt auch eine Sängerin in den Verband der russischen Nationalsänger, welche erst heute eintrifft und deshalb verhindert war in der ersten Vorstellung mitzuwirken. “
21. September. Der König hat der Sängerin Therese Vogl den Titel einer Königlichen Kammersängerin ver⸗