1878 / 228 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 27 Sep 1878 18:00:01 GMT) scan diff

auf Se. Majestät den Kaiser, der Ober⸗Präsident von Barde⸗ leben ein Hoch auf den Kronprinzen aus. Se. Kaiserliche Hoheit erwiderte hierauf:

„Ich möchte gern Meinen Dank aussprechen für die Worte, welche soeben gesprochen worden sind. Ich habe eigentlich nichts

Neues anzuführen, weil Ich weiß, daß Ich von Ihnen gekannt bin. Wer Jahre lang unter Ihnen war, wer, wie Ich, schöne Jahre auf der rheinischen Hochschule zugebracht, der glaubt bekannt zu sein. Als Ich damals die Hochschule besuchte, waren Wir Alle von dem Gedanken beseelt, es möge die Zeit nicht mehr fern sein, wo das Deutsche Reich wieder hergestellt würde, wo Wir Alle zusammen Gut und Blut einsetzen könnten für die edelsten und höchsten Ziele der Nation. Unsere Erwartung ist zur That geworden. Auch die Söhne Rheinlands haben Theil genommen an diesen Er⸗ eignissen, wodurch am Rhein weiter durchgeführt hat werden können das Werk, dessen Erinnerung heute in Erz und Stein vor uns steht. Es sind dies Ereignisse, die tief in unsere Seelen eingedrungen sind. Ich hoffe, daß die Jugend, die jetzt unsere Hochschulen besucht, und zu welcher Ich auch Meinen Sohn zähle, es dereinst verstehen wird, diese hohen Güter zu bewahren und zu vertheidigen. Im Namen des Kaisers nnd Meines Hauses statte Ich der Provinz und der Stadt Unseren Dank ab für das schöne Denkmal, welches den künftigen Geschlechtern von der Zeit reden soll, wo die Rhein⸗ lande, so Gott will, für ewige Zeiten mit Meinem Hause ver⸗ bunden worden sind. Die Provinz hat erwiesen, daß sie das, was sie unternimmt, auch mit Ernst und Geschmack durchzuführen ver⸗ steht. Zwei schöne Denkmale zieren die Stadt, wie so viele andere die Provinz. Es sind dies gute Zeichen für die friedliche Entwicke⸗ lung in unserem engeren, wie in unserem weiteren Vaterlande⸗ Gottes Segen möge auf der Stadt, auf der Rheinprovinz, auf der Monarchie, auf dem ganzen Vaterlande ruhen. In dieser Gesinnung erhebe Ich Meinen Pokal und trinke Ich auf das Wohl der Stadt, der Rheinlande und des ganzen deutschen Vaterlandes!“ 8

Der Bundesrath hielt gestern eine Plenarsitzung unter Varsit des Präsidenten des Reichskanzler⸗Amtes, Staats⸗Ministers Hofmann.

Nach Feststellung des Protokolls der vorigen Sitzung theilte der Vorsitzende mit, daß der Königlich sächsische Staats⸗ und Kriegs⸗Minister von Fabrice aus dem Bundesrath aus⸗

eschieden, und der seither als Stellvertreter fungirende ächsische Militärbevollmächtigte, Major Edler von der Planitz, zum Königlich sächsischen Bevollmächtigten beim Bundesrath ernannt worden sei.

Der Vorsitzende legte ferner ein Schreiben des Präsi⸗ denten des Reichstags, betreffend die vom Reichstag gewählten

Mitglieder der Reichsschulden⸗Kommission, vor und beantragte zugleich die Vornahme der Wahl der vom Bundesrath zu er⸗ nennenden Mitglieder der genannten Kommissieon für die lau⸗ fende Session. Die Wahl wurde sofort vorgenommen und fiel auf die bisherigen Mitglieder.

Eine weitere Mittheilung des Vorsitzenden betraf den in Württemberg bestehenden Spielkartenstempel. Die hierauf bezügliche Angabe in einer dem Bundesrath früher vorgelegten Uebersicht der in den Bundesstaaten bestehenden Spielkarten⸗ abgaben, wurde berichtigt.

Ein Antrag von Mecklenburg⸗Strelitz, betreffend die Prü⸗ fungstermine für Apothekergehulfen, wurde dem betreffenden Ausschuß überwiesen 1

Auf Antrag des Vorsitzenden wurde beschlossen, daß die Feeeshehe der über die Morbidität in den Heil⸗ anstalten angeordneten statistischen Aufnahmen in Zukunft von den Bandengegöndin statt an das statistische Amt an das Kaiserliche Gesundheitsamt einzusenden sind. Hieran schloß sich die Wiederbesetzung erledigter Stellen bei Disziplinar⸗ kammern, ferner die Beschlußfassung über Anträge, betreffend das Pensionsverhältniß eines preußischen Militärgeistlichen und eines Försters in Elsaß⸗Lothringen.

Ausschußberichte wurden erstattet über: a. die Zulassung von Handstempeln zur Abstempelung von Spielkarten. Die von den betreffenden Ausschüssen vorgeschlagenen Bestimmungen wurden genehmigt. Darnach soll es den obersten Landes⸗ finanzbehörden freistehen, den Gebrauch von Handstempeln zur Vermeidung von Störungen im Aüstemnpelungsgeschäft oder zur Erleichterung des Verkehrs von Reisenden in besonderen Fällen zu gestatten; b. Petitionen, betreffend den Verkauf von Zier nach Litern, bezw. die Eichung der Bierfässer. Mit Rücksicht auf die wegen Revision der Maß⸗ und Gewichtsordnung schwebenden Verhandlungen wurden die fraglichen Eingaben dem Reichskanzler überwiesen; c. einen Antrag wegen Verlän⸗ gerung der Notenausgabe⸗Befugniß der Frankfurter Bank. Die entsprechenden Aenderungen des bestehenden Bankstatuts wurden genehmigt. Sodann erfolgte die nothwendig gewor⸗ dene anderweite Regelung des Einziehungsverfahrens hinsicht⸗ lich der Einhundertmark⸗Noten der Rostocker Bank.

Auf Bericht des Ausschusses für Justizwesen wurde die Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung von Beleidigun⸗ gen des Bundesraths in zwei Fällen ertheilt.

Weiter folgte die Berichterstattung über die dem Bundes⸗ rath zur Entlastung vorgelegte allgemeine hechnung über den Reichshaushalt für 1873, sowie über die diese Rechnung be⸗ treffenden Beschlüsse des Reichstagsg. Die Versammlung er⸗ theilte die Entlastung, den Vorschlägen des zuständigen Aus⸗ schusses entsprechend.

Auf mündlichen Bericht des III. Ausschusses wurde einer Verlegung der mehnse in Altona die Genehmigung ertheilt.

Den Schluß bildete die Vorlegung von Eingaben, näm⸗ lich; a. der Fabrikanten Gebrüder Lutz zu Neuenburg, be⸗ treffend den Eingangszoll für Jutefabrikate, b. des Landes⸗ vereins für Hemnsepatsa⸗ in Württemberg, betreffend die Königlich württembergische Verordnung über die Abnahme von Impfstoff von den bei der öffentlichen Impfung geimpften Kindern zur Weiterimpfung, c. der Dynamt⸗Aktiengesellse ft in Hamburg, betreffend den Transport von Dynamit auf Eisen⸗ bahnen; d. des Heinrich Escherich zu Auerbach, betreffend einen Seschbhicun 7r, an die General⸗Direktion der Königlich Sächsischen Eisenbahnen zu Dresden; e. des früheren Kreis⸗ gerichts⸗Kalkulators Koch hierselbst, betreffend Rechtsverletzung.

Diese Eingaben wurden den betreffenden Ausschüssen überwiesen.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Herzogli sachsen⸗meiningische Staats⸗Minister von Giseke ist na⸗ Meiningen abgereist.

(W. T. B.) General-Feld⸗

Cassel, 27. September.

marschall Graf Moltke ist von seinem Unwohlsein wieder soweit hergestellt, daß derselbe morgen abreisen kann.

DODesterreich⸗Ungarn. Wien, 26. September. (W. T. B.) Die „Polit. Korresp.“ meldet: Aus Konstantinopel von —212 Gerüchtweise verlautet, es sei, in olge des Wider⸗ andes des Sultans gegen die von England für die asiatischen Provinzen vorgeschlagenen Reformen, ein Zer⸗ würfniß zwischen dem englischen Botschafter Layard und dem Sultan eingetreten. Die russische Armee konzentrirt sich nach dem Abmarsch von Thardag⸗Rodosto vollständig um Adrianopel, die türkischen Brigaden rücken von Bulair nach und nach in die von den Russen verlassenen Stellungen ein. Aus Bukarest: Die An⸗ erkennung des von dem Fürsten angenommenen Titels „Königliche Hoheit“ ist von Seiten Oesterreichs, Italiens und Englands bereits erfolgt Ueber die Stimmung der Bevölke⸗ rung in der Dobrudscha bezüglich der eventuellen Besitz⸗ ergreifung durch Rumänien sind der Regierung sehr befriedi⸗ ende Nachrichten zugegangen, von einem Widerstande der bulgarischen oder der mohamedanischen Bevölkerung ist keine Rede mehr; alle Aufreizungsversuche sind wirkungslos ge⸗

blieben. (W. T. B.) Heute ist hier eine

27. September. Deputation des russischen Lubowschen Husaren⸗Regiments Ludwig zu seinem

eingetroffen, um dem Erzherzog Karl 1— hessigen Jubiläum als Chef dieses Regiments die Glück⸗ wünsche des Kaisers Alexander und der Kaiserlichen Familie, sowie des Regiments zu überbringen.

Innsbruck, 27. September. (W. T. B.) Der Kaiser Franz Josef baf gestern Abend um 8 Uhr hier ein und wurde am Bahnhofe von dem Statthalter Grafen v. Taafe, dem Ober⸗Landesgerichts⸗Präsidenten Farfoglia, dem Landes⸗ hauptmann und dem Finanz⸗Landes⸗Direktor empfangen. Am Lacenbofe war eine große Volksmenge anwesend, welche den Kaiser mit jubelnden Zurufen begrüßte. Die ganze Stadt prangte im Flaggenschmucke, die Straßen, welche der Kaiser passirte, waren festlich erleuchtet. Beim Rudolfsbrunnen fand der offizielle Empfang statt, bei welchem der Bürgermeister eine Ansprache an den Kaiser richtete. Vor der Hofburg fand eine Serenade der Liedertafel statt. Als der Kaiser auf dem Balkon der Hofburg erschien, wurde er von der Bevölkerung mit unaufhörlichen Zurufen begrüßt.

Prag, 26. September. (W. T. B.) In der heutigen Landtags⸗Sitzung wurde von Rieger und Genossen der Erlaß einer Adresse an den Kaiser und die Einsetzung einer aus 15 Mitgliedern bestehenden Kommission behufs Vorberathung der Adresse beantragt. Der Oberst⸗Landmarschall erklärte, daß er den Antrag drucken lassen und dann nach Maßgabe der Geschäftsordnung weiter behandeln werde.

Schweiz. Bellinzona, 25. September. (N. Zürch. Ztg.) Der Große Rath hat heute be esen die alte Subsidie an die Gotthardbavn weiter zu zahlen, und eine Million füͤr die Monte⸗Cencre⸗Linie bewilligt.

Großbritannien und Irland. London, 26. Sep⸗ tember. Die amtliche „London Gazette“ meldet die Er⸗ hebung des Lordkanzlers, Baron Cairns, in den Grafen⸗ stan d. Sein Name lautet von jetzt an Earl Cairns, Vis⸗ count Garnwyle.

27. September. (W. T. B.) Wegen der Afgha⸗ nistan⸗Angelegenheit ist der Kabinetsrath auf die nächste Woche zu einer Sitzung einberufen worden. Der „Times“ wird in der afghanischen Angelegenheit aus Calcutta gemeldet: weitere Regimenter hätten Marsch⸗ ordre erhalten. Dem „Standard“ wird aus Bombay vom 26. d. M. telegraphirt, der Vormarsch auf Kabul werde nicht unverzüglich stattfinden, weil zuvor die Neutralität der Bergstämme gesichert werden solle, der Vormarsch von Quetta gegen Kandahar werde dagegen erwartet, sobald eine hin⸗ reichende Truppenmacht beisammen sei. Nach einer Meldun des „Reuterschen Bureaus“ aus Simla vom 26. d. M. sind in Seislan an der persisch⸗afghanistanischen Grenze Un⸗ ruhen ausgebrochen.

Frankreich. Paris, 25. September. Wie das „Jour⸗ nal officiel“ anzeigt, ist der ganze Rest der durch das Ge⸗ sc vom 11. Juni d. J. kreirten amortisirbaren Rente, also ein Kapital von 326 Millionen, binnen 24 Stunden ab⸗ gessn und der Verkauf dieses neuen Staatspapieres mithin geschlossen worden. Nach den der Kammer vorgelegten Plä⸗ nen wird der Staat erst im nächsten Jahre wieder die Summe von 460 Millionen Francs aufnehmen, wovon 248 Millionen für die öͤffentlichen Arbeiten und 212 Millionen für Krieg und Marine (außerordentliche Ausgaben) bestimmt sind. Der General Ducos, Vicomte de la Hitte, der älteste Divisions⸗General der französischen Armee, ist in seiner Ge⸗ burtsstadt Bessiéres (Haute⸗Garonne) im Alter von 89 Jah⸗ ren gestorben. 8

Schweden und Norwegen. Stockholm ,24. Sep⸗ tember. (Post⸗ och Inr. Tidn.) Mit Erlaubniß Sr. Majestät des Königs wird Se. Königliche Hoheit der Kronprinz zu dem Zweck, seine Kenntnisse von fremden Ländern und Völ⸗ kern zu erweitern, eine Zeit von ungefähr einem Jahre im Auslande zubringen. Se. Königlliche Hoheit wird zuerst

rankreich besuchen und dann wahrscheinlich während des ommenden Winters und Frühjahres in Italien und England verweilen. Während des ersten Theiles der Reise wird der Kronprinz von dem ersten Hofmarschall Holtermann, dem Kammerherrn Printzsköld und dem Ordonnanz⸗Offizier Lillie⸗ höök begleitet sein. Se. Königliche Hoheit wird am 2. Ok⸗ tober über Malmö 88 Deutschland abreisen und, nach kurzem Aufenthalte bei den Verwandten Ihrer Majestät der Königin daselbst, sich nach Frankreich begeben.

Amerika. Philadelphia, 24. September. (Times.) Der Indianerhäuptling Sitting Bull hat sechs Sioux⸗ Unterhändler nach Port Knogh, Montana, gesandt, um sich

Nr. 56 des „Amtsblatts der Deutschen Reichs⸗ Post⸗ und Telegraphenverwaltung“ hat folgenden Inhalt: Verfügung: vom 22. September 1878. Telegraphen⸗Uebereinkom⸗ men mit Rußland. Verfügung: vom 24. September 1878. Ver⸗ bot der Versendung solcher Gegenstände mit der Post, deren Beför⸗ derung mit Gefahr verbunden ist. Verfügung: vom 19. Septem⸗ ber 1878. Abänderung der Telegraphen⸗Betriebsordnung.

Vereinswesen.

Der General der Infanterie z. D. von Etzel ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte als Vorsitzender der Kaiser⸗ Wilhelms⸗Stiftung für deutsche Invaliden mit dem heutigen Tage wieder übernommen.

Weimar, 26. September. (Weim. Ztg.) Am 19. Oktober treten in Eisenach die Delegirten der Vaterländischen Frauenvereine zur Berathung des Entwurfs für die innere Ein⸗ richtung eines engeren Ausschusses zusammen. Diese Delegirten werden entsendet: von dem preußischen Vaterländischen e dem bayerischen Frauenverein, dem Alberts⸗Verein in Sachsen, dem württembergischen Wohlthätigkeitsverein, dem badischen Frauenverein, dem Alice⸗Frauenverein in Hessen und dem patriotischen Institut der Vaterländischen Frauenvereine in Sachsen⸗Weimar

Statistische Nachrichten

Nach Mittheilung des statistischen Bureaus der Stadr Berlim sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 15. September bis incl. 21. September cr. zur Anmeldung gekommen: 5 Ceserehencen⸗ 897 Lebendgeborene, 34 Todtgeborene und 632.

erbefälle.

Den Jahresberichten der Fabriken⸗Inspektoren für 1877 (Berlin, Fr. Kortkampf) entnehmen wir weiter folgende Mittheilungen: 1 1

In der Provinz Schlesien ist für den Regierungsbezirk Oppeln ein besonderer Fabriken⸗Inspektor eingesetzt, welchem fast ausschließlich der Gee bau und die gesammte Hüttenindustrie unterstellt ist. Dem Fabri en⸗Infpektor für die Regierungsbezirke Breslau und Lieg nitz verbleiben nur 360 verschiedene Fabriken (mit 81 567 Arbeitern im Jahre 1876, gegen 90 395 in 1875), unter welchen die Zündholzfabriken mit ihren in den Fabriklokalen selbst beschäftigten 500 Arbeitern sein besondere Aufmerksamkeit beansprucht haben. Die Streichholzfabrikation in der Grafschaft Glatz allein produzirt täglich 50 Millionen Phosphorhölzer, zu deren Verpackung 500 000 Schachteln erforderlich sind. Ein erwachsener Arbeiter fertigt mit Hülfe eines Kindes täglich 1000 Schachteln. Für die Herstellung des Holzdrahts für 1 Million⸗ Hölzer sind 2 Arbeiter erforderlich, mithin beschäftigt die Produktion von 50 Millionen fertiger Hölzer noch 600 Arbeiter außerhalb der Fabrik. Da aber in der Grafschaft Glatz Schachteln auch zum Versandt angefertigt werden und die Fabrikation meist nur als Neben⸗ beschäftigung betrieben wird, so kann man die Zahl der dabei hsäen Personen auf 2 3000 schätzen. Schubschachteln für schwedische Hölzer werden nur zum Theil durch Hausindustrie, meist maschinenmäßig in Fabriken hergestellt. Eine derartige Fabrik in der Grafschaft Glatz fertigt jährich 36 Millionen Schachteln und beschäftigt mit⸗ deren Zusammenkleben 400 Familien die für 1000 Stück 85 er⸗ halten. Die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter hat in Schlesien aus Mangel an Arbeit sehr abgenommen und beschränkt sich auf die Textilindustrie. Von 81 567 Arbeitern in den Regierungsbezirken Breslau und Liegnitz verunglückten im Jahre 1876 266 oder von 1000: 3,26, gegen 3,63 im Jahre 1875. Für ganz Schlesien stellt sich das Verhältniß auf 1000: 11,57, wobei der Regierungsbezirk Oppeln mit 1Fe⸗ ausschlaggebend ist.

Im Regikrungsbezirk Oppeln waren im Jahre 1877 in. 1873 industriellen Anlagen (mit Ausnahme der von den Bergbehörden beaufsichtigten) 42 197 Arbeiter, darunter 1131 jugendliche, be⸗ schäftigt. In diesen Fabriken wurden Dampf⸗ und Wasser⸗ motoren von zusammen 39 293 Pferdekraft verwendet. Die größte Industrie haben die Kreise Beuthen, Fatswiß und Zabrze, wo 6,9 bzw. 8,3 und 7,7 % der Bevölkerung dem Fabrikarbeiter⸗ stande angehören, während sich der Prozentsatz für den ganzen Re⸗ gierungsbezirk nur auf 3,06 stellt. Vorherrschend ist die Metall⸗ industrie mit 20 748 Arbeitern; die ganze Gewerbthätigkeit Ober⸗ schlesiens ist aber auf die Verarbeitung der von der Natur gegebenen Rohmaterialien gerichtet; mit der Verfeinerung und Weiter⸗ Verarbeitung von Rohprodukten befaßt sich dieselbe, von einigen Ausnahmen abgesehen, nicht. In 331 hausindustriellen Anlagen, welche der Fabriken⸗Inspektor im Jahre 1877 besichtigte, waren 33 416 Arbeiter beschäftigt und wurden 26 518 Pferdekraft zum Be⸗ trieb verwendet. Die Zahl der jugendlichen Arbeiter in Fabriken (1130) ist gering, da sie nur 2,68 % der Gesammtzahl bildet. Im zweiten Semester 1877 wurden 203 Arbeiter (von 42 197) durch Unfälle verletzt. Die Löhne in der Eisenbranche sind im Jahre 1877 ohne jede crhebliche Störung auf die Normalhöhe von 1870 herabgesetzt worden. Die Textilbranche ist wesentlich durch eine einzige große Fabrik in Neustadt O.⸗S. ver⸗ treten, welche im Jahre 1876 noch 2800, Ende 1877 aber nur noch 1800 Arbeiter beschäftigte, und auch diese bei einem um 15 bis 20 % herabgesetzten Lohne. In der Cigarrenfabrikation haben sich die Löhne nicht nur nicht vermindert, sondern um ein Geringes erhöht. Auffallend ist die in Okerschlesien stattfindende Beschäftigung zahlreicher Frauen und Mädchen mit solchen Arbeiten, welche sonst dem männlichen Geschlecht ausschließ⸗ lich überwiesen sind; in der Metallindustrie sind 10 %, bei dem Bergbau 7 % aller Arbeiter Frauen und Mädchen. Auf die Sittlichkeit. übt diese Gemeinschaft einen ungünstigen Einfluß nicht. Die Wohnungs⸗ verhältnisse der Arbeiter haben sich, nachdem viele Fremde fortgezogen sind, besser gestaltet; die meisten Berg⸗ und Hüttenwerke haben durch Er⸗ bauung von Häusern für Arbeiterwehnungen ausreichend gesorgt; besonders zeichnet sich in dieser Beziehung die Arbeiterkolonie Borsig⸗ werk aus. Das Unterstützungskassenwesen ist in Oberschlesien ziem⸗ lich vollkommen ausgebildet, vorzugsweise wohlthätig wirkt der Knappschaftsverband, welchem auch mehrere Hüttenwerke angehören.

Der Fabriken⸗Inspektor für die Provinz Sachsen hat aus Veranlassung des Ministerialerlasses vom 7. März 1877, das Fabrik⸗ lehrlingswesen betreffend, im verflossenen Jahre seine besondere Auf⸗ merksamkeit auf solche Fabriken gerichtet, in welchen Lehrlinge und jugendliche Arbeiter beschäftigt werden. Es kommen hier⸗ bei besonders die Etablissements der Metallindustrie in Betracht, deren in der Provinz, einschließl ich der Ge⸗ wehrfabriken im Regierungsbezirk Erfurt, aber ohne die Kupferhüttenwerke der Mansfelder Kupfer bauende Gesellschaft 150 mit 13 204 Arbeitern vorhanden sind. Unter den letzteren befinden sich in 73 Anlagen 369 jugendliche Arbeiter, darunter nur eine ge⸗ ringe Anzahl von Lehrlingen. Die Zahl derjenigen Metallindustrie⸗ fabriken, welche bis 80 Arbeiter beschäftigen, hat sich von 1875 zu 1877 von 79 auf 118 vermehrt, die Arbeiterzahl in denselben aber um über 3000 abgenommen, wobei jedoch allein 7 Gewehrfabriken mit einem Minus von 2445 betheiligt sind. In 36 Buch⸗ und Steindruckereien, welche je mehr als 10 Arbeiter beschäftigen, wur⸗ den 1004 erwachsene und 178 jugendliche Arbeiter verwendet; von den letzteren waren 125 durch schriftlichen, 9 durch mündlichen Lehr⸗ vertrag engagirt. Das Angebot Arbeiter ist in dieser Branche sehr stark. Die Zahl der Rohzuckerfabriten hat sich von 1875 zu 1877, von 144 auf 139 vermindert, deren Arbeiterzahl von 17 692 männlichen und 6514 weiblichen auf 16 567 bezw. 5424. Diese Verminderung ist eine Folge des Umbaus meh⸗ rerer Fabriken nach dem öö ren. Besonders hat die Fahr der jugendlichen Arbeiter in diesen Etablissements abgenommen, 1 ist von 939 auf 520 zurückgegangen. Die 10 Raffinerien des

ezirkes beschäftigen 1327 Arbe ter nur 19 jugend⸗

liche. Auch in den Kalisalzfabriken wurden neben 575 er⸗ wachsenen nur 2 jugendliche Arbeiter verwendet, dagegen in den 12 Zündholzfabriken neben 71 erwachsenen 81 jugendliche. Die Zahl der im Jahre 1877 in Fabriken vorgekommenen ÜUnfälle belief sich auf 185 erheblich weniger als im Vorjahre. In den Zündholzfabriken zu Benneckenstein 28 in flabo zweckmäßig getroffener Anordnungen Erkrankungen an Nekrose seit dem Jahre 1874 nicht mehr erfolgt.

Im Anschluß an die Mittheilung in Nr. 221 d. Bl., die beim sogenannten Veredelungsverkehr zugestandenen Erleichterungen und Befreiungen betreffend, geben wir nach den Veröffentlichungen des Kaiserlichen statistischen Amts im Band XXXII. der Statistik des Deutschen Reichs eine Uebersicht der wichtigeren Gegenstände, welche im Jahre 1877 aus dem deutschen Zollgebiete zum Zwecke der Verarbeitung, Veredelung ꝛc. nach dem Auslande vorbehaltlich der Wiedereinfuhr versen det worden sind⸗

2. ges⸗ nach Belgien: 386 Pfd. Baumwollenwaaren zum An⸗ fertigen von Kleidern und Wäsche, 1603 Pfd. lederne Handschuhe zum Nähen, 671 Pfd. gebleichte ꝛc. Leinwand zum Aafertigen von Wäsche, 596 Pfd. Wollengarn zum Färben. Verkehr mit Frank⸗ reich: 22 192 Pfd. rohes ein⸗ und zweidrähtiges Baumwollengarn zum Zwirnen, 5177 Pfd. drei⸗ und mehrdrähtiges dergl. zum Filetiren, 1267 Pfd. Baumwollenwaaren zum Anfertigen von Wäsche, 861 Pfd. feine Holzwaaren zum Repariren, 640 Pfd. Handschuhleder zum

ärben, 1032 Pfd. gebleichte ꝛc. Leinwand zur Anfertigung von

äsche, 45 170 Pfd. unbedruckte, ungewallte wollene Zeugwaaren zum Färben, Appretiren, Walken ꝛc. Verkehr mit Großbritan⸗ nien: 7286 Pfd. Baumwollenwaaren zum Färben, 1089 Pfd. feine Kupferschmiedewaaren zum Bronziren, 162 Pfd. Waaren aus edlen Metallen zum Repariren, 4852 Pfd. rohe Leinwand zum Bleichen, 3118 Pfd. Wollenwaaren zum Färben. Verkehr mit den Nie⸗ derlanden: 622 Pfd. rohes Leinengarn zum Weben, 460 968 Pfd. Wollengarn zum Weben, 44 094 Pfd. wollene zum Färben. Verkehr mit Oesterreich: 327 906 Pfd. rohes ein⸗ und zweidrähtiges Baumwollengarn und 1 345 823 Pfd. gebleichtes ꝛc. Baumwollen⸗ garn zum Bedrucken, Weben, 12 515 Pfd. drei⸗ und mehrdrähtiges aumwollengarn zum Sticken und Nähen, 315 684 Pfd. Baumwollenwaar en zum Färben, Bedrucken, Appreti⸗ ren, Besticken, Anfertigen von Kleidern ꝛc., 1492 Pfd. Gewehre zum Re⸗ pariren, 3221 Pfd. und 2289 Stück rohe Häute und Felle zum Ger⸗ ben, 3661 Pfd. grobe rohe Holzwaaren zum Bemalen und Anfertigen von Galanteriewaaren, 6620 Pfd. musikalische Instrumente zum Repariren, 2585 Pfd. Kleider zum Besticken und Nähen, 8079 Pfd. grobe und feine Kupfer⸗ und Messingwaaren zum Repariren, 12 222 Pfd. lohgares Leder zum Walken, 740 Pfd. Handschuhleder zum Färben, 4480 Pfd. Lederwaaren zur Anfertigung von Schuhwerk, 39 414 Pfd. lederne Handschuhe zum Nähen, 2 603 777 Pfd. rohes und 293 929 Pfd. gebleichtes Leinengarn zum Zwienen, Bleichen, Weben, 67 581 Pfd. Leinenzwirn zum Bleichen, Färben, Anfertigen von Knöpfen, 78 683 Pfd. rohe Leinwand zum Bleichen und Färben, 187 012 Pfd. gebleichte ꝛc. Leiuwand zum Färben, Bedrucken An⸗ fertigen von Kleidern, 243 431 Pfd. Wollengarn zum Färben, Weben, Anfertigen von Strumpf⸗ und Posamentierwaaren, 9645 Pfd. wollene Stickereien und Spitzen zum Pressen, 36 731 Pfd. wollene Zeug⸗ waaren zum Färben, Bedrucken, Besticen, Anfertigen von Klei⸗ dern ꝛc. Verkehr mit der Schweiz: 103 640 Pfd. Baumwollen⸗ aarn zum Färben, Weben, Anfertigen von Strumpfwaaren ꝛc., 543 862 fd. baumwollene Zeug⸗ und Strumpfwaaren zum Färben, Bedrucken und Appretiren, 858 Pfd. feine Bleiwaaren zum Brarbeiten, 2984 Pfd. rohe Rindshäute zum Gerben, 3097 Pfd. lohgares Leder zum Wal⸗ ken und Zurichten, 2772 Pfd. rohe Leinwand zum Bleichen, 1330 Pfd. gebleichte Leinwand zum Besticken und Verarbeiten, 14 269 Pfd. graues Packpapier zum Anfertigen von Schachteln, 136 882 Pfd. Seide zum Färben und Appretiren, 32 040 Pfd. gefärbte Seide zum Winden, 30 936 Pfd. Seidenwaaren zum Färben und Appretiren, 328 Pfd. Strohhüte zum Bleichen und Formen, 19 945 Pfd. Wollen⸗ garn zum Färben bez. Anfertigen von Strumpfwaaren, 11 179 Pfd. wollene Zeugwaaren zum Färben und Verarbeiten.

Im Königreich Württemberg ist seit dem Jahre 1875 das öffentliche Wasserversorgungswesen kräftig gefördert worden. Der Jahresbericht der Handels⸗ und Gewerbekammern in Württemberg für das Jahr 1877 zählt folgende, in den letzten Jahren hergestellte Systeme auf: I. Albwasserversorgung. 1) Gruppe IX. (Obere Schmiechgruppe mit 4 Gemeinden, 3000 Einwoh⸗ nern; 83 km Röhren, 1600 DlI täglicher Wasserverbrauch). 2) Gruppe VI. (Münsinger⸗Lautergruppe I. Sektion, 3 Gemeinden, 500 Einw. 8000 m Röhren; II. Sektion, 6 Gemeinden, 1500 Einw., 16 000 m Röhren). 3) Gruppe VII. (Aachgruppe, 9 Gemeinden mit 2000 Einw., 36 500 m Röhren). 4) Gruppe II. (Filsgruppe, 9 Gemeinden mit 7800 Einw., K3 700 m Röhren). 5) Gruppe III. (Blaugruppe, 9 Gemeinden mit 3600 Einw., 33 000 m Röhren). II. Gemeinde. Wasserversorgungen mit künstlicher Hebung des Wassers durch Dampf⸗ und Wassermotoren. 1) Neues Pumpwerk der Stadtgemeinde Lud⸗ wigsburg (7500 m Röhren). 2) Stadtgemeinde Eßlingen (Fluß⸗ und Grundwasserversorgung, 17 km Röhren) 3) Tübingen (Grundwasser⸗ versorgung, 10 km Röhren). 4) Ehingen (Quellwasserversorgung, 7200 m Röhren). 5) Gemeinde Oberjettingen (Quellwasserversorgung, 2300 m Röhren). III. 27 Gemeinden haben unter Benutzung des natürlichen Gefälles Wasserleitungen hergestellt, die täglich 113 265 hl ergeben und 1 083 900 Kostenaufwand verursacht haben. Von älteren Wasserwerken werden die von Heilbronn (4 749 825 hl Wasser⸗ verbrauch im Jahre 1877) und Hall (1 410 000 hl jährlicher Zufluß) hervorgehoben.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Gotha, 26. September. Gestern Morgen ist der Geograp Dr. A. Petermann unerwartet und pötzlich aus dem Leben geschieden. Was die geographische Wissenschaft durch seinen Tod verliert, muß späterer Erörterung vorbehalten bleiben. Sein Name ist für alle Zeiten verknüpft mit den Bestrebungen, die in den letzten dreißig Jahren, sowohl auf dem literarischen Gebiete der Erd⸗ kunde und namentlich der Kartographie, als auch auf dem Felde der wissenschaftlichen Reisen ans Licht getreten sind. Durch die Heraus⸗ gäbe der 23 Jahrgänge der „Geogr. Mittheilungen“ allein, ganz abge⸗ ehen von seinen anderen kartographischen Arbeiten, hat Dr. Peter⸗ mann sich ein Denkmal gesetzt, das in der Geschichte der Erdkunde unvergänglich bestehen wird. Die geographische Anstalt von Justus Perthes, bezw. die Redaktion der „Geographischen Mittheilungen“ 8 E. Behm), werden dieses literarische Werk in der bisherigen Weise ortsetzen. Die Anordnungen dafür sind bereits getroffen. Alle Freunde der geographischen Wissenschaft und vor allem diejenigen, die bisher mit Dr. Petermann in Verbindung standen, werden gebeten, sie hier⸗ bei zu unterstützen. Alle Zuschriften und Sendungen in dieser Hin⸗ 19. sind an Justus Perthes⸗ Geographische Anstalt in Gotha zu en.

Friedberg, 22. September. Ueber die von dem Historischen Verein für das Großherzogthum Hessen durch Hrn. Gustav Dieffenbach unternommenen Ausgrabungen auf der Capers⸗ burg wird folgender Bericht veröffentlicht: „Bei fortgesetzten Nach⸗ grabungen auf der Capersburg fand sich eine gepflasterte resp. mit großen rauhen Quarzitplatten belegte Straße, rechtwinkelig von der

traße, welche von der porta decumana nach dem Prä⸗ torium führt, abzweigend nach der Seite der porta sinistra hin. Weiter fand sich an derselben Seite an derselben Straße von der porta decumana zum Prätorium ein Hypocaustum. erner kamen die Fundamentmauern einer langen Säulenreihe auf der⸗ selben Seite an der Straße von der ports cecumana zur porta prae- toria zu Tage. Auch die Fundamente eines halbrunden, gegen die Sinistraseite gerichteten Thurmes am Prätorium und zweier weiterer Gebäude, welche sich an die Seiten des Halbthurmes anschließen, freigelegt. Diese Aufdeckungen sind um so interessanter, als ie ganz 8

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Saalburg abweichen. Die

und gar von der Konstruktion des Prätoriums auf der v1“ ““ 8.

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Fundstücke sind relativ unbedeutend.“ Der historische Verein in Darmstadt unternimmt diese Ausgrabun⸗ mit einer ihm vom eeßesgiche Ministerium des Innern ewilligten Geldsubvention von

„London, 26. September. Unter Führung des Nordpol⸗ reisenden, Kapitäns Sir George Nares fuhr gestern Morgen das Schiff „Alert“ von Portsmouth ab, um eine zweijährige Expe⸗ dition in die Südsee zu unternehmen.

Einen neuen Beitrag zur Kenntniß englischen Lebens und Wesens bildet eine vor Kurzem im Verlage von F. Berggold hier⸗ selbst erschienene Sammlung von Aufsätzen, welche den Titel führt: „Haus und Gesellschast in England.“ Zur Bearbeitung desselben haben sich eine Engländerin, Miß Mary M. Wall und eine Deutsche, Frl. Jenny Hirsch, verbunden. Die Erstere, welche (so bemerkt das Vorwort) durch einen mehrjährigen Aufenthalt in Deutschland und längeres Verweilen in deutschen Familien im Stande war, den Unterschied des deutschen und englischen Lebens zu be⸗ urtheilen, hat das Material in Aufzeichnungen geliefert, die Letztere hat in Form gebracht, Vergleiche zu ziehen gesucht, und indem sie mit ihrer Mitarbeiterin berieth und erwog, sich bemüht, Erweiterungen, Berichtigungen und nähere Erklärungen herbeizuführen. Das Buch umfaßt 18 Kapitel, in welchen das eigenartige englische Leben nach den verschiedensten Seiten geschildert wird. Zunächst wird Füecchen von Land und Leuten, von dem englischen Hause und der

äuslichen Einrichtung und von dem Familienleben. Ein besonderes Kapitel ist den Ehegatten, Hagestolzen und alten Jungfern gewidmet. Weitere Gegenstände der Schilderung sind die Nahrungsmittel, Ge⸗ sundheits⸗ und Krankenpflege, die Erziehung und das Unterrichts⸗ wesen, die Geselligkeit, Beschäftigung, die Erholungen, Spiele und öffentlichen Vergnügungen. Die folgenden Kapitel handeln dann vom englischen Sonntage, den Festen, Leichenbegängnissen und von der Trauer. Kirchliches, Humanitätsbestrebungen, Wohlthätigkeits⸗ Vereine, Dienstboten, Klubleben, Landaufenthalt, die Künste, Sprache und Literatur, alle diese wichtigen Momente des Gesellschaftslebens werden gebührend gemwürdigt, und man ersieht schon aus dieser kurzen In⸗ haltsangabe, daß kaum eine Seite des vielgestaltigen Volkslebens unberührt geblieben ist. Der Preis des Buches beträgt 5

Land⸗ und Forstwirthschaft.

8. 8

Ueber den Ausfall der Ernte in Westpreußen schreibt man den „Westp.. landw. Mitth.“ unterm 15. d. M.: Die Ernte ist seit ca. 8 Tagen beschafft, nur hier und da sieht man noch Klei⸗ nigkeiten von Wicken draußen. Die Landwi the haben dies Jahr Grund, mit den Erträgen ihrer Felder zufrieden zu sein. Im Gan⸗ zen war viel gewachsen; mit Ausnahme von etwas Hafer ist Alles gut geborgen, und die ersten Dreschversuche befriedigen auch im All⸗ gemeinen. Die Erntearbeiten vollzogen sich ohne Schwierigkeiten, denn an den erforderlichen Kräften fehlte es diesmal nicht. Die Saatbestellung vollzieht sich unter den allergünstigsten Witterungs⸗ verhältnissen Auch in Ostpreußen ist, nach der „Land⸗ und forstw. Ztg.“, die Ernte wohl im Ganzen, bis auf Grummet und Hackfrüchte, beendigt, indessen soll in Littauen noch mehrfach Sommergetreide zu ernten gewesen sein. Es ist in diesem Jahre wieder mitunter der seltene Fall eingetreten, daß die Wintersaat früher beendigt worden ist, als die Ernte, wenigste. 8 hört man in der Mehrzahl, daß die Saat und zwar recht gut in die Erde gekommen ist.

Gewerbe und Handel.

In der Generalversammlung der Aktionäre des Eschweiler

Bergwerksvereins wurde der Bericht über die Lage des Ge⸗ schäfts, sowie über die Jahresrechnung und Bilanz pro 1877/78 ver⸗ lesen. Demselben entnehmen e Im verflossenen Ge⸗ schäftsjahre ist es gelungen, die vorjährige Unterbilanz von 228 482 auszugleichen und nach Dotirung des Reservefonds für Verluste an Debitoren im Betrage von 15 000 und des Spezial⸗ Reserve⸗Contos für event. Coursverluste im Betrage von 73 8650 noch einen Brutto⸗Ueberschuß von 148 320 zu erzielen, welcher zu Abschreibungen bestimmt wurde. Die Bilanz schließt in Aktivis und Passivis mit 14 073 373 Das Obligationenkonto hat sich um die planmäßige Amortisation der im verflossenen Geschäftsjahre ausgeloosten und amortisirten

102 Stück Obligationen des Vereins, um 61 200 ℳ, vermindert. Es

bleiben mithin vom 30. Juni 1878 bis zum Jahre 1888 zu amor⸗ tisiren noch 1413 Stück Obligationen im Nominalbetrage von 847 800 Für Verzinsung und Amortisation der Obligationen wurden pr. 1877/78 verwendet 102 105 Die Kreditoren betrugen am 30. Juni 1877 1 443 288 ℳ, dieselben betrugen Ende Juni 1878 1 236 042 ℳ, die Obligationsschuld betrug am 30. Juni 1877 909 000 ℳ, sie beträgt am 30. Juni 1878 847 800 Die Gesammtförderung ist um 590 838 Ctr., der Gesammtverkauf um 701 216 Ctr. gestfegen. Der Ueberschuß aus dem Grubenbetrieb be⸗ trug im Ganzen 560 265 ℳ, also gegen das Vorjahr 1876/77 mit 540 675 ℳ, trotz der bedeutend gesunkenen Verkaufspreise 19 589 mehr. Die durchschnittlichen Selbstkosten aller Gruben 24,19 pro Ctr. gegen 28,05 in 1876/77, also 3,86 pro Ctr weniger; die Durchschnittsverkaufspreise sanken dagegen von 37,23 pro Ctr. in 1876/77 auf 31,47 pro Ctr. in 1877/78, betrugen also 5,81 pro Ctr. weniger. Die Gesammtzahl der beschäftigten Arbeiter betrug auf den Gruben 1510 gegen 1508 des Vorjahres. Die durchschnittliche Leistung sämmtlicher Arbeiter stieg von 14,5 Ctr. pro Schicht des Vorjahres auf 15,29 Ctr. pro 1877/78

Die Generalversammlung der Aktionäre der Harkortschen Bergwerke und chemischen Fabriken beschloß auf den Antrag des Aufsichtsraths für das Geschäftsjahr 1877/78 eine Dividende von 6 % zu vertheilen. Der Versandt an Schwefelkies betrug in dem abgelaufenen Geschäftsjahr 551 984 Ctr. gegen 367 155 Ctr. im Vor⸗ jahre. An Eisenstein wurden versandt 1 165 164 Ctr. gegen 1 112 634 Ctr. im Vorjahre. Die hieraus resultirende Einnahme beziffert sich auf 788 144 gegen 629 904 ℳ, somit auf 158 240 mehr als in 1877. Auf die Dividende pro 1877/78 sind bereits 163 782 zur abschläglichen Auszahlung gelangt; es verbleiben an liquiden Forderungen nach Rückzahlung der Ge zulden 349 088 und an Kassen⸗, Wechsel⸗ und Betriebsbeständen, sowie an vorhande⸗ nen geförderten Erzvorräthen weitere 75 715 zur Verfügung. Dem Reservefonds sind 10 750 zugeschrieben, so daß sich derselbe jetzt auf 50 000 ℳ, der Spezialreservefonds auf 60 00) beziffert. Zu Abschreibungen sind 134 728 gegen 136 121 im Vorjahre verwandt worden, und betragen dieselben seit dem Bestehen der Ge⸗ sellschaft 581 075 Der Reingewinn pro 1877/78 stellt sich auf 379 743

Die „Leipz. Ztg.“ bringt folgenden vom 26. d. M. datirten Meßbericht: Der bisherige Verlauf der Leipziger Messe kann als eingünstiger bezeichnet werden. Die Geschäftsstille, welche in den letzten Messen in fast sämmtlichen Waarenbranchen vorherrschte, hat erfreulicher Weise einer belebteren Verkehrsentwickelung Platz gemacht. Da wir noch ausführlich auf die einzelnen Verkehrsgebiete zurückkommen werden, wollen wir heute im Allgemeinen nur bemer⸗ ken, daß das Geschäst in Leder sehr stott von statten ging und theilweis zu höheren Preisen die ziemlich reichlichen Lager fast ganz geräumt wurden. Auch in Tuchen gestaltet sich der Verkehr bei regerer Kauflust bisher ziemlich belangreich. In Manufaktur⸗ waaren, namentlich in Glauchauer und Meeraner halbwollenen Kleiderstoffen fanden starke Umsätze statt und zogen Preise fast durch⸗ weg etwas an. Große Lager sind nicht am Platze; es läßt sich da⸗ her annehmen, daß das zugeführte Material rasch geräumt wird. Gera und Greiz verkauften namentlich Thibets und Cachemirs schlank zu erhöhten Preisen. Glatte Sachen in Halbwolle blieben bis jetzt In Rauchwaaren vollzog sich eine Preissteigerung von ca. %.

Man schre ibt der „Soc. Corr.“: „Die Weber in Berlin und den umliegenden von Webern bewohnten Ortschaften Bernau, Straußber w snd .. seit dem Apr

11““

Lackiren ꝛc.) erfahren können:

1“

stark beschäftigt. Der —— der als Winterwaare aus⸗ schließlich von Berliner Fabrikanten produzirt wird, nimmt bei zutem Lohne eine große Reihe Arbeiter in Anspruch; aber auch die

hawl⸗ und Tücherbranche hat einen erfreulichen Aufschwung ge⸗ nommen, welche eine Masse lange feiernder (weil zur Kammgarn⸗ herstellung nicht geeigneter) Webstühle wieder in Gang gebracht hat. In Grünberg, Schönweide u. s. w. sind größere Fabriken, welche mit mechanischen Stühlen arbeiten, stark mit Anfertigung billiger Doubles beschäftigt, welche, auf englische Art gearbeitet und herge⸗ richtet, den englischen Doubles erfolgreich Konkurrenz machen und dieselben bald ganz vom Markte verdrängen dürften.“ Gleichzeitig wird aus Crefeld, Viersen und aus Zürich gemeldet, daß an diesen Orten die Seidenindustrie, welche Jahre lang sehr dar⸗ niederlag, wieder aufzuleben beginnt.

v Verkehrs⸗Anstalten.

New⸗PYork, 26. September. (W. T. B.) Der Dampfer „Greece“ von der National⸗Dampfschiffs⸗Compagnie (C. Messingsche Linie) ist hier eingetroffen. 1“

Berlin, 27. September 1878. 8

Gestern Abend um 6 Uhr trat die Stadtverordneten⸗ Versammlung zur Wahl des neuen Ober⸗Bürgermeisters von Berlin zusammen. Nach Rekapitulation des Anlasses zur Neuwahl und nach Verlesung der bezüglichen gesetzlichen Bestim⸗ mungen Seitens des Vorstehers erfolgte der Namensaufruf, der die Anwesenheit von 93 Mitgliedern ergab. In dem Wahlgange wurden 85 Stimmen für den ersten Präsidenten des Deutschen Reichstages, Ober⸗Bürgermeister von Forckenbeck abgegeben, 2 Stimmen fielen auf den Ober⸗Bürgermeister Selke in Königsberg i. Pr. 4 auf den Stadtkämmerer Runge. Hr. von Forckenbeck ist demnach mit Maj t zum Ober⸗Bürgermei f äh worden. ““

Der Hofkunsthändler Hr. Edmund Gaillard hierselbst (Kraus enstr. 69) theilt uns mit, daß er im Begriff stehe, ein neues Kunst⸗Reproduktions⸗Verfahren zur Herstellung farbiger Bilder unter dem Namen Heliochromographie dem Kunstmarkt zuzu⸗ führen. Dieses neue Verfahren beruht auf einer umfassenden Anwendung der Photographie und des Lichtdruckes, und ermöglichen diese erxakten Hülfsmittel eine so genaue Wiedergabe des zu verviel⸗ fältigenden Originals, wie sie bei farbigen Reproduktionen noch vor Kurzem für unerreichbar gehalten wurde; ganz besonders gilt dies für die Wiedergabe von farbigen Porträts und dergleichen, der die älteren Manieren am wenigsten genügen. Die Erzeugnisse der Heliochromographie sollen besonders berufen sein, das Bedürfniß nach farbigen Reproduktionen in denjenigen Kreisen zu befriedigen, die sich mit der Manier des Oelfarbendruckes nicht befreunden können.

„Etwa Anfang Oktober sollen folgende heliochromographischen Blätter erscheinen, wobei zu bemerken ist, daß dieselben als Mappen⸗ blätter oder unter Glas eingerahmt verwendet werden können, was auch nicht ausschließt, daß sie erforderlichen Falles auch die gleiche Behandlung wie Oelfarbendrucke (d. h. Aufspannen auf Leinewand, Porträt Sr. Majestät des Kai⸗ elm, nach einer neuen vhrto eap dülches Aufnahme nach der Natur. Bildfläche: hoch 47, breit 36 cm. Preis: auf Karton 12 Porträt Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen Friedrich Wilhelm, nach einer neuen photo⸗ graphischen Aufnahme nach der Natur. Bildfläche: hoch 42, breit 28 cm. Preis: auf Karton 12 „Mutterglück“, nach dem Ori⸗ ginalgemälde von Albert Schwartz in Berlin. Bildfläche: hoch 46, breit 33 cm Preis: auf Karton 12 „Obdachlos“, nach dem Originalgemälde von August Heyn in München. Bildfläche: hoch 36, breit 47 cm. Preis: auf Karton 12 „Auf dem See“ und „Auf dem Eise“, Pendants, nach den Originalgemälden von Ph. Rumpf in Frankfurt a./M. Bildfläche: hoch 41, breit 57 cm. Preis: auf Karton à 10

sers Wilh

Im National⸗Theater wird am Sonntag Hr. Direkto

Borsdorff zum 1. Male, und zwar im „Othello“ in der Titel⸗

rolle auftreten. Fr. Direktor Borsdorff spielt die Desdemona.

Wetterbericht vom 27. September 1878, 8 Uhr Morgens.

Barometer auf 0 Gr. u. d. Meeres- spiegel reduc. in

Millimeter. 755, WNW., frisch wolkenl¹) 756,6 WSW., mässig sheiter 752,2 SW., stark wolkenlos 755,5 0, stark Regen 755,0 S., schwach wolkig 767,2 8. still halb bed. 762,2 W. leicht wolkig ²) 768,6 NO., still bedeckt 760,9 WSW., leicht bedeckt 757,8 WXNW., mässig hhlb. bed.³) 760,9 SW., missig heiter 760,8 W., leicht wolkenl. ⁴) 760,0 W., leicht heit r5) 758,6 SW. mässig hlb. bed. 6) 766,8 NW., still bedeckt 763,9 WsSW., still wolkig?) 764,7 still ve leckt 765,4 W., still nalb bed. 765,8 080., still wolbenl. ³) 765,1 W., mässig Danst 764,3 S., stili wolkenl. ²) 762,9 SSW., still wolkenlos 758,6 NW., leicht Regen 761,4 NW., leicht bedeckt ¹⁰)

Temperatur

Stationen. Wind. Wetter. in 0 Celsius

Aberdeen.. Kopenhagen Stockholm.. Haparanda. Petersburg. Moskau.. Cork 8 Brest Helder

S ð— o do ꝓG

S”SS

Hamburg.. Swinemünde Neufahrwass. Memel. 6 1“ Crereld... Kar'sruhe.. Wiesbaden. Cassel. München .. Leipzig... Berlin.. Wien. Breslau...

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1¹) See rüahig. ²) Seegang leicht. ³) Leichte Böen. ⁴) See ruhig, Nachts starker Thau. 5) Abenls Regen. ⁶) Seegang leicht, Nachts Regen. ¹⁷) Nebel, Thaun. 8, Frän dichter Nebel. ³⁹) Thau. ¹⁰) Nachts Regen.

Anmerkung. Die Stationen sind in 3 Gruppen öeee 1) Nordeuropa, 2) Küstenzone ven Irland bis Ostpreussen, 3) Mittel- europa südlich dieser Küstenzone. Innerhalb jeder Gruppe Reihenfolge von West nach Ost eingebaltev.

Uebersicht der Witterung. In Deutschland und am Kanal ist der Luftdruck gestiegen und hat sich ein barometrisches Maximum mit schwachen unbestimmten Winden und vorwegend heiterem oder leicht nebligem Wetter ein- gestellt; beide barometrische Minima sisd os'wärts fortgeschritten nach Uogarn und dem mittleren Norwegen; das letztere bewirkt auf Nordsee und Ostsee westliche, theilweise starke, im Skagerrak sogar steike Winde mit veränderlichem, stellenweise regnerischem Wetter. Die Temperatur ist in Grossbritannien wiedec gestiegen, im Streife Paris— Memel gefallen.

8 ho Seewarte.