1878 / 240 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 11 Oct 1878 18:00:01 GMT) scan diff

efügt: „in einer den öffentlichen ieden gefährdenden eise.“ Nach dieser Tendenz des Gesetzes werde also die Sozialdemokratie als solche nicht unter Verfolgung gestellt, am allerwenigsten eine bestimmte Klasse der Bevölkerung als felche Anknüpfend an eine erkennbar gewordene große Ge⸗ ahr, hervorgehend aus der sozialdemokratischen 41— überhaupt, habe man diese Agitation getroffen, wenn sie einen bestimmten Charakter habe und in der im §. 1 bezeichneten Weise zu Tage trete. Man werde immerhin behaupten können, daß es sich um ein Spezialgesetz handele, aber man werde nicht behaupten können nach der Art, wie hier das Gesetz vor⸗ gelegt sei, daß bestimmte Klassen oder Parteien getroffen würden, wenn sie nicht ganz bestimmte Handlungen begehen, die hier näher bezeichnet seien. Wenn die Sache so liege, was man nach den gestrigen Erklärungen des Reichskanzlers wohl annehmen könne, daß im Wesentlichen auf der Grund⸗ lage der Kommissionsbeschlüsse das Gesetz zu Stande komme, dann werde man sich alerdings noch fragen müssen, ob denn

die Besorgnisse und Angriffe, wie sie von jener Seite

erhoben würden, die sich mit Vorliebe als die wahre und alleinige Vertreterin der arbeitenden und gedrückten Klassen gerire, irgend wie besan seien.

Niemand werde daran denken wollen, alle die sozialpolitischen Lehren, wie sie sich auch als sozialdemokratische darstellten, zu verbieten und zu verfolgen. Auf diesem Gebiete sei ja, wie in dem menschlichen Dasein überhaupt, im Laufe der menschlichen Geschichte Alles in Fluß. Niemand werde behaupten wollen, daß die heutige kapitalistische Produktionsweise die letzte Form des gesellschaft⸗ lichen Lebens sei, oder daß die heutige Fern des Eigenthums von ewiger Dauer bleiben werde. Diese Untersuchungen der Wissenschaft über Probleme der Zukunft zu unterdrücken, daran werde Niemand denken. Was an der sozialistischen Be⸗ gefährlich sei, sei die revolutionäre Form, in der die Agitation in die großen Volksschichten hinarsteige Man rufe in den Massen absichtlich Unzufriedenheit hervor, und bei dem Mangel an Fähigkeit, die von beredtem Munde vorgetra⸗ genen Halbwahrheiten klar zu erkennen, müsse das Volk nothwendig durch jene gefahrdrohenden Agitationen verführt werden. Fürst Bismarck habe bereits gestern eine Reihe von Gründen vorgeführt, die die Ausbreitung dieser Bewegung in Deutschland begünstigt habe; man könne diesen Ursachen noch die Uebertragung der kolossalen Beträge der französischen Kriegskontribution nach Deutschland hinzurechnen, die eine völlige Revolution in allen Geld⸗ und Lohnverhältnissen her⸗ beigeführt habe. Die Erfahrungen Englands hätten gelehrt, daß auf dem Wege der Koalition und der Vereinbarung zwischen Arbeitgebern und Arbeitern sehr wohl eine dauernde Hebung der Lage der arbeitenden Klassen möglich sei, die Hauptaufgabe der Agitatoren in Deutschland aber richte sich dahin, den Arbeitern jede Hoffnung auf eine solche Besserung zu nehmen und alles Heil von dem fundamentalen Umsturz des Bestehenden und jenem sozialistischen Zukunftsstaat zu erwarten, der einen großen Theil des Nationalvermögens und eine Jahrhunderte lang errungene Kultur vernichten und eine unerträgliche Tyrannei herbeiführen müßte. Angesichts der Gefahr, solche Anschauungen in immer tieferen Schichten Platz greifen zu sehen, müsse man sich ernstlich fragen, ob es nicht noch Zeit sei, den Heilungsprozeß einzuleiten und Verführer und Verführte auseinanderzureißen. Wolle man nach dieser Richtung einen Versuch machen, dann sei keine Zeit zu ver⸗ lieren. Die Vorlage biete einen solchen Weg; er selbst wolle nicht behaupten, daß dies der einzige oder auch nur der beste sei, aber wolle man aeranpt noch in dieser Session einen Weg zu dem vorgesteckten Ziele einschlagen, so sei der gebotene der einzig mögliche. Der Redner ging hierauf auf die gestrigen Ausführungen des Reichskanzlers näher ein und ankte demselben für die unumwundene und offene Er⸗ klärung über die völlige Gleichberechtigung der liberalen und der konservativen Partei und die Nothwendigkeit eines Zu⸗ sammenwirkens beider. Kein verständiger Politiker werde frei⸗ lich jemals geglaubt haben, daß der Fürst Bismarck den Gedanken hegen könnte, eine reaktionäre Politik einzuschlagen. Ein

Mann, der so Großes geschaffen habe, könne ohne sich selbst untreu zu werden nicht versuchen, mit denjenigen Elementen, die ihm bei seinem Wirken feindlich gegenüber ge⸗ standen hätten, später dasjenige zu erhalten, was er geschaffen habe. Allerdings sei im Lande die Besorgniß laut geworden, der Reichskanzler könne mehr als 855 sich ausschließlich auf die konservative Partei stützen; diese Besorgniß sei durch seine gestrige Erklärung beseitigt. Gewiß sei der Wunsch eines ein⸗

müthigen Zusammenwirkens der staatserhaltenden Fraktionen

ein sehr begründeter, gerade die letzte Wahlbewegung aber habe den Beweis geliefert, wie weit man zur Fel noch von einem solchen Ziele entfernt sei. Der Redner schloß mit dem

Wunsche, daß der Boden, den die konservative und die liberale Partei sich einander nicht mehr bestritten, zum Wohle des ge⸗

meinsamen Vaterlandes sich mehr und mehr erweitern möchte.

Die Debatte wurde hierauf geschlossen. Der Referent

Abg. Dr. von Schwarze wies den vom Abg. Sonnemann der Kommission gemachten Vorwurf zurück, daß dieselbe eine Be⸗ sprechung über die Not wendigkeit der Maßregeln nicht habe eintreten lassen; bei jedem einzelnen Paragraph habe man Pvrüft⸗ ob er hwssasenbig sei zur Durchführung des Gesetzes.

Der Referent empfahl dann dringend die Annohme der Kom⸗ missionsvorschläge und Ablehnung der Amendements.

In der Abstimmung wurde zunächst entgegen einem An⸗ trage des Abg. Dr. Brüel die Einfügung des Wortes „sozia⸗ listische“ festgehalten und darauf §. 1 mit dem Antrag der Abg. Ackermann und Genossen (s. u. die gesperrten Worte) angenommen, so daß der §. 1 nunmehr lautet:

„Vereine, welche durch sozialdemokratische, sozialistische oder kommunistische Bestrebungen den Umsturz der bestehenden Staats⸗ oder Gesellschaftsordnung bezwecken, sind zu verbieten. Dasselbe ilt von Vereinen, in welchen sozialdemokratische, sozialistische oder ommunistische, auf den Umsturz der bestehenden Staats⸗ oder Ge⸗ lellschaftsordnung gerichtete Bestrebungen in einer den öffentlichen rieden, insbesondere die Eintracht der Bevölkerungs⸗ lassen gefährdenden Weise zu Tage treten.“

8 Um 4 Uhr vertagte das Haus die Fortsetzung der Be⸗ rathung.

In der heutigen (10.) Sitzung des Reichstages, welcher N. Stwats⸗Minister S zu Stolberg⸗Wenigerode, Hofmann und Graf zu Eulenburg sowie mehrere andere Be⸗ vollmächtigte zum Bundesrath und Kommissarien desselben beiwohnten, setzte, nach einigen Bemerkungen der Abgg. Dr. Bamberger und Sonnemann vor der Tagesordnung, das Haus die zweite Berathung des Gesetzentwurfs gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozial⸗ demokratie mit der Diskussion des §. 1a. der Kommi jons⸗

beschlüsse fort. Derselbe lautet:

„Die Vorschriften des §. 1 finden auf Verbindungen jeder

Anwendung.

Jedoch sind eingetragene Genossenschaften, registrirte Spel- schaften, eingeschriebene Hülfskassen und andere selbständige Kassen⸗ vereine, welche nach ihren Statuten die gegenseitige Unterstützung ihrer Mitglieder bezwecken, zunächst nicht 2 verbieten, sondern unter eine außerordentliche staatliche Kontrole zu stellen.

Sind mehrere selbständige Vereine der vorgedachten Art zu einem Verbande vereinigt, so kann, wenn in einem derselben die im §. 1 Absatz 2 bezeichneten Bestrebungen zu Tage treten, die Ausscheidung dieses Vereins aus dem Verbande und die Kontrole über denselben angeordnet werden.

In gleicher Weise ist, wenn die bezeichneten Bestrebungen in Ehee Sörlgvereine zu Tage treten, die Kontrole auf diesen zu be⸗

ränken.“

„Hierzu waren folgende Anträge gestellt von 4

1) Abg. Melbeck:

„Der Reichstag wolle beschließen:

Im §. la. Absatz 2 hinter den Worten: „die gegenseitige Unter⸗

stützung ihrer Mitglieder bezwecken“, die Worte einzuschalten: „nur in dem Falle ohne Weiteres zu verbieten, wenn solche offenkundig mit den im §. 1 bezeichneten Vereinen in unmittel⸗ barem Zusammenhange seder In anderen Fällen sind solche Genossenschaften und Kassen zunächst u. s w.“ 8

2) Dr. Gareis und Genossen:

Der Reichstag wolle beschließen: 1) Statt des ersten Absatzes dem §. 1 folgenden dritten Absatz hinzuzufügen:

„Den Vereinen stehen gleich Verbindungen jeder Art.“

2) Den Absatz 2 durch folgende zwei Absätze zu ersetzen:

„Auf eingetragene Genossenschaften findet im Falle des §. 1 Abs. 2 der §. 35 des Gesetzes vom 4. Juli 1868, betreffend die fetvatreczeniche Stellung der Erwerbs⸗ und Wirthschaftsgenossen⸗ chaften Anwendung.

Auf eingeschriebene Hülfskassen findet im gleichen Falle der §. 29 des Gesetzes über die eingeschriebenen Hülfskassen vom 7. April 1876 Anwendung.“

3) Als §. 1 aa. folgenden Paragraphen anzunehmen:

„Selbständige Kassenvereine (nicht eingeschriebene), welche nach ihren Statuten die gegenseitige Unterstützung ihrer Mitglieder be⸗ zwecken, sind zunächst nicht zu verbieten, sondern unter eine außer⸗ ordentliche staatliche Kontrole zu stellen.

Sind mehrere selbständige Vereine der vorgedachten Art zu einem Verbande vereinigt, so kann, wenn in einem derselben die im §. 1 Abs. 2 bezeichneten Bestrebungen zu Tage treten, die Ausscheidung dieses Vereins aus dem Verbande und die Kontrole über denselben angeordnet werden.

In gleicher Weise ist, wenn die bezeichneten Bestrebungen in einem Zweigvereine zu Tage treten, die Kontrole auf diesen zu beschränken.“

3) Abg. Dr. Schulze⸗Delitsch:

b3 8 8 1) Im §. la. Alinea 2 die Worte „eingetragene Genossenschaf⸗ ten (ꝛc.), registrirte Gesellschaften (ꝛc.)“ zu streichen.“

Der letzte Antragsteller erklärte, daß er es für unnöthig halte, die Genossenschaften in dieses Gesetz hineinzuziehen, da das 2edes . selbst durch seine Bestimmungen ein Hin⸗ ausgehen der Genossenschaften über ihren eigentlichen Zweck hinaus unmöglich mache. Zudem seien ihm sozialistische Be⸗ strebungen in den Genossenschaften noch nicht nahe getreten. Die Kommission habe den möglichst unglücklichen Weg für die Genossenschaften, nämlich ein MNitttelding Fhischen Staats⸗ und Privatverwaltung erwählt. Die Behörden seien ungeeignet für die in diesem Paragraphen ihnen aufgebürdeten Obliegenheiten. Das Gesetz greife in das Privatvermögen, namentlich der Genossenschaftsmitglieder, welche solidarisch mit ihrem Privatvermögen für die Verbind⸗ lichkeiten der Genossenschaft haftbar seien, ein. Nehme der Staat den Genossenschaftern ihre gesetzlichen Garantien der Verwaltung und Kontrole des Genossenschaftsvermögens, dann müsse er auch deren Haftbarkeit übernehmen, und dann habe man das sozialistische Ziel erreicht. Trieben die Genossen⸗ schaften solche Dinge, welche diese Vorlage verbiete, so möge man sie schließen, aber bei so großen privatrechtlichen In⸗ teressen nur auf den Spruch der ordentlichen Gerichte.

Der Abg. von Goßler führte dagegen aus, daß, wenn er auch die außerordentliche Wichtigkeit und wirthschaftliche Unent⸗ behrlichkeit der Genossenschaften anerkenne, er doch in diesem Gesetze irgend eine Gefahr für die so segensreich wirkenden Genossenschaften nicht zu sehen vermöge. Sobald die Genossen⸗ schaften nur ihre wirthschaftlichen Zwecke verfolgten, ohne sich um politische und humanitäre Bestrebungen zu kümmern, so träfen die Voraussetzungen nicht zu, unter denen das Sozialistengesetz auf sie Anwendung finden könne. Daß aber die Genossenschaften sozialdemokratischen Zwecken dienen könnten, das habe der Abg. Hasselmann selbst ausgeführt. Wenn man durch die jetzige Vorlage die sozialdemokratische Agitation aus den Vereinen herausdrängen wolle, so dürfe man das nicht nur für eine Sorte von Vereinen thun, sonst liege die Gefahr nahe, daß die Sozialdemokratie sich mit besonderem Nachdruck auf die übrigen werfe. Die jetzige Fassung der Kommission bezwecke zunächst nur eine Purifizivung einer Genossenschaft von hren bösartigen Mit⸗ liedern, um sie dann ihrem eigentlichen Zwecke zurückzugeben, ast als letztes Mittel bleibe die Schließung übrig.

Der Abg. Dr. Lasker legte zuerst dar, welche Phasen die Frag⸗ der Genossenschaften in der Kommissionsberathung durchgemacht habe, und behauptete dann, der Kommissions⸗ vorschlag greife, um Lee veg. Zwecke zu erreichen, zu ver⸗ kehrten Mitteln. Der Redner führte dieselben Gründe wie der Abg. Schulze⸗Delitzsch an, um darzuthun, daß mit dem Gesetze ein schwerer Eingriff in private Vermögensrechte geschehe, ohne die Garantien eines ordentlichen Richterspruches Zudem sei der durch diese Bestimmung erreichte Nutzen verschwindend gegen die Nachtheile, welche dadurch einer positiven großen mütthschaftligten Institution zugefügt werde. Die Theilnahme von Sozialdemokraten an Genossenschaften sei keine Aus⸗ schreitung, welche durch dieses Gesetz getroffen werden solle, sondern gerade ein Mittel, durch welches man den gesellschaft⸗ lichen Frieden wieder herzustellen hoffe. Der Redner empfahl den Antrag des Abg. Dr. Gareis zur Annahme.

Nachdem der Abg. Melbeck noch kurz die von ihm vor⸗ Pschlggene⸗ assung empfohlen hatte, ergriff bei Schluß des

lattes der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Staats⸗Minister Graf zu Eulenburg das Wort.

Der hiesige schwedisch⸗norwegische nFen a. General Baron von Bildt ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Leitung der Geschäfte wieder übernommen.

Stettin, 10. Oktober. Der 4. Provinzial⸗Land⸗ tag der Provinz Pommern wurde heute durch den Ober⸗Präsidenten Freiherrn von Münchhausen mit folgender

Rede eröffnet:

8

Meine hochzuverehrenden Herren!

Die Staatsregierung bedarf Ihrer Mitwirkung zur Durch⸗ führung der Revision, welcher gegenwärtig nach den gesetzlichen Be⸗ stimmungen die Gebäudesteuer⸗Veranlagung zu 428182 ist. Außer⸗ dem muß von Ihnen, da Sie bis jetzt für die Provinzial⸗ verwaltung nur eine einjährige Etatsperiode haben, der Etat für das nächste Rechnungsjahr festgestellt werden. Ist sonach Ihre Berufung erforderlich geworden, so wird doch der Propinzialausschuß zu Ihrer Erwägung vorstellen, ob nicht ver⸗ suchsweise die Etatsperiode etwas weiter zu greisen sei, damit Ihr alljährliches Zusammentreten, falls sich dazu nicht für die Staats⸗ regierung besondere Veranlassung ergiebt, vermieden werden könne. Für diesmal wird Ihre Thaäͤtigkeit, wenn auch die Staatsregierung, abgesehen von dem erwähnten Gegenstande, nur ein Gutachten in Bezug auf das Provinzialwappen zu erhalten wünscht, noch durch einige wichtigere Vorlagen des Provinzialausschusses in Anspruch genommen werden. Es müssen organische Einrichtungen getroffen werden, um der Provinz die Erfüllung derjenigen Ver⸗ pflichtungen zu ermöglichen, welche ihr das 84 vom 13. März d. J. über die Unterbringung verwahrloster Kinder auferlegt. Daneben ist eine anderweite Gestaltung des Taubstummenwesens in Aussicht ge⸗ nommen, damit die Provinz hierauf den ihren bedeutenden Opfern entsprechenden a gewinne. Endlich tritt an Sie in Veran⸗ lassung eines esuches um Unterstützung des Eisenbahn⸗ projektes Alt⸗Damm-—Colberg von Neuem die Frage heran, ob Sie dem Bau von Eisenbahnen untergeordneter Be⸗ deutung, welche für Pommern eine große Zukunft haben, ohne Mit⸗ wirkung des Staates und der Provinz aber schwerlich zur Ausfüh⸗ 8. gelangen möchten, in ausreichender Weise zu Hülfe kommen

ollen.

„Daß Sie Ihre Arbeiten mit derselben Hingebung und mit gleich günstigem Erfolge wie in früheren Jahren zu Ende führen werden, deß darf ich gewiß sein. Sollten Sie dabei meine Unterstützung seßeadwie für förderlich halten, so wird sie Ihnen an keinem Punkte ehlen.

Im Namen Sr. Majestät des Kaisers und Königs erkläre ich den 4. Provinzial⸗Landtag der Provinz Pommern für eröffnet!

Unter dem Vorsitze des Alterspräsidenten, General⸗ Landschafts⸗Direktors von Köller und nach einer An⸗ sprache desselben, worin der wunderbaren Erhal⸗ tung Sr. Majestät des Kaisers und Königs besonders gedacht und hieran eine Erneuerung des Gelöbnisses der Treue und des Gehorsams geknüpft wurde, brachte die Versammlung zunächst ein begeistertes dreimaliges Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und König aus. Sodann ward mittelst Akklamation der Abg. von Köller auf Cantreck zum Vorsitzeden und der Abg. Haken aus Stettin zum Stellvertreter desselben gewählt. Zu Schriftführern wählte man, ebenfalls mittelst Akklamation, die Herren Pfört⸗ ner⸗Dramburg, von Bismarck Kniephof, Graf von Baudissin⸗ Schievelbein und Block⸗Greifenberg, ehrte hierauf das An⸗ denken des verstorbenen Mitgliedes von der Osten⸗Jannewitz durch Aufstehen und nahm endlich die Ausloosung der nach der Geschäftsordnung zu bildenden Abtheilungen vor.

Während der Beschlußfassung über die geschäftliche Be⸗ handlung der eingegangenen Vorlagen war ein Antrag auf Erlaß einer Adresse an Se. Majestät den Kaiser und König eingebracht worden. Die Adresse ward sofort verlesen und fand einstimmige Annahme.

Auf Vorschlag des Vorsitzenden wurde schließlich noch zur Ausloosung derjenigen Mitglieder des Provinzialausschusses bezw. Stellvertreter geschritten, welche nach Ablauf der ersten dreijährigen Wahlperiode auszuscheiden haben. Es scheiden danach aus:

I. von den Mitgliedern: die Herren Graf von Behr, Sra von Königsdorff, Mühlenbeck, Tamms, von Vahl und Freiherr von der Goltz;

II. von den Stellvertretern: die Herren Meißner, von der Osten⸗Blumberg, Graf von Keffenbrinck und Miethe.

Bayern. München, 9. Oktober. (Allg. Ztg.) Se. Majestät der König hat genehmigt, daß die Gesetzgebungs⸗ ausschüsse beider Kammern des Landtags auf den 21. d. M. einberufen werden, damit dieselben die den Kammern bereits übergebenen beiden Gesetzentwürfe zur Aus⸗ führung der Reichs⸗Strafprozeßordnung und über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen wegen Geldforderungen, sowie die den Gesetzgebungsausschüssen, und zwar zunächst dem Ausschusse der Kammer der Abgeordneten vorzulegenden Gesetzentwürfe, nämlich 1) den Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung der Reichs⸗Civilprozeßordnung und Konkursordnung und 2) den Entwurf eines Ausführungs⸗ 92 zum Reichs⸗Gerichtsverfassungsgesetz in Berathung ziehen.

10. Oktober. (W. T. B.) Der Chef des General⸗ stabes, General⸗Lieutenant Graf Bothmer ist gestorben.

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Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 10. Oktober. (W. T. B.) Die „Wiener Abendpost“ veröffentlicht die neueste türkische Cirkulardepesche in der von der „Cöln. Zeitung“ ge⸗ brachten Version und fügt hinzu, daß dieses Aktenstück sicher⸗ lich weder eines Kommentars, noch einer Widerlegung bedürfe, sich vielmehr in jeder Befiehung fahs richte. General⸗ Major Reinländer meldet aus dem Bivouac bei Peci von gestern: Ddas Zusammentreffenmit den Insurgenten am 6. d. Mts. geschah nicht unvermuthet, indem vorausgesehen wurde, daß im nördlichen Theile der Kraina Widerstand zu er⸗ warten ist. Es waren größtentheils Insurgenten aus Peci, Verno⸗ grac, Buzim und Jezerski, welche durch Räuberbanden aus unweg⸗ samen Bergen unterstützt wurden. Dieselben wurden im Gefechte zersprengt und erlitten sehr große Verluste; in der ganzen Umgegend von Peci und Todorovo werden nun die Waffen niedergelegt. Gleiche Nachrichten kommen von Kladus und Podzwizd, von Vernograc und Buzim fehlen noch Nach⸗ richten. Die bedeutenden Verluste unserer Truppen er⸗ klären sich durch die große Ausdehnung der von den Insur⸗ See besetzten Position und durch die äußerst schwierigen

odenverhältnisse. Heute, am 9. d., durchstreife ich die Gegend bis Podzwizd und morgen die Gegend bis Vernograc.

Die „Polit. Korresp.“ meldet: Aus Konstantinopel von heute: Der russische Botschafter, Fürst Lobanoff, hat in einer gestern beim Sultan gehabten Audienz die Ergreifung ausreichender Maßregeln zum utze der Christen gegen die Ausschreitungen und Gewaltthätigkeiten der Muselmän⸗ ner in allen von den Russen geräumten Gebietstheilen ver⸗ langt. Der Engländer Sinclair, der bis jetzt die Rhodope⸗ Außständischen befehligte, ist von den letzteren vertrieben wor⸗ den und in Konstantinopel eingetroffen. Nach einer der

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1u.“

e zugegangenen Anzeige hat der Führer der Aufständi⸗ 84 8 an, Achmet Pascha, den türkischen Behörden

unterworfen. Aus Bukarest von heute: Nach einer nächsten Sonntag stattfindenden Revue werden die zur Be⸗ setzung der Dobrudscha bestimmten rumänischen Truppen den Narsch in die Dobrudscha antreten. Von der Drina⸗ renze meldet ein Telegramm von heute: Trotz der Ver⸗ tärkungen, welche die Insurgenten des Sandjaks⸗Novi⸗ bazar durch aren von Arnauten aus Ipek, Prischina, Kalkandelen erhalten, ist in Folge der Fortschritte der öster⸗ reichischen Truppen eine solche Panik in dem genannten Sandjakate eingerissen, daß die Städte Plevelje, Prjepolje, Sienica vollständig zur Unterwerfung bereit sind. Dagegen wird das fortwährende Eintreffen regulärer türkischer Trup⸗ pen sowie großer Sendungen von Kriegsmaterial in Mitro⸗ vitza und die Verstärkung der türkischen Besatzung in Bjelo⸗ polje signalisirt.

Triest, 10. Oktober. (W. T. B.) Der FZM. Herzog von Württemberg hat der hiesigen Handelskammer und der Handelskammer in Spalato von der Eröffnung einer ge⸗ sicherten Verbindung zwischen Dalmatien und Trawnik Mittheilung gemacht und beide Handelskammern um Anknüpfen von L namentlich in den für die Truppengarnisonen in Bosnien erforderlichen Handels⸗ artikeln aufgefordert.

Großbritannien und Irland. London, 11. Oktober⸗ (W. T. B.) Dem „Reuterschen Bureau“ wird aus Konstantinopel gemeldet: Der englische Bot⸗ schafter Layard habe in seinen Konferenzen mit dem Großvezier bezüglich der armenischen Frage durchge⸗ setzt, daß der außerordentliche Gerichtshof in Erzerum aus 2 Muselmännern und 4 Christen, anstatt eines Christen, zu⸗ sammengesetzt werden solle. Safvet Pascha habe sodann auf Ersuchen Layards, Armeniern Posten als Mustechars an⸗

eboten, die Armenier hätten diese jedoch abgelehnt. In Folge dessen habe Safvet Pascha den Patriarchen gebeten, feinen Einfluß bei den Armeniern geltend zu machen. Dieser habe dies jedoch abgeschlagen mit der Erklärung, daß diese Konzessionen die armenische Bevölkerung nicht zu⸗ frieden stellen würden. Aus Bombay, vom heutigen Tage, wird gemeldet: Wie verlautet, werde General Haines den Oberbefehl über die in Peschawur stehende 35 000 Mann starke Truppenabtheilung übernehmen. Der Ausbruch der Feindseligkeiten wird für unvermeidlich gehalten. Ali⸗ musjid soll mit schwereren Geschützen befestigt sein, als man eglaubt hatte. Nach Peschawur werden erhebliche Verstär⸗ sen en gesandt. Ein Telegramm des „Standard“ aus Kalkuttameldet: Dem Vernehmen nach, hat die in Peschawur stehende Truppenabtheilung Ordre erhalten, Alimusjid unver⸗ züglich anzugreifen. Eine Abtheilung Infanterie und eine Gebirgsbatterie seien bereits in den Paß eingerückt.

Frankreich. Paris, 11. Oktober. Gambetta hielt gestern in Grenoble eine Rede, in welcher er auf die Nothwendigkeit hinwies, republikanisch ge⸗ sinnte Senatoren zu wählen, um die Ruhe des Landes zu sichern. Die Republik sei keineswegs eine Feindin der Religion, man dürfe aber nicht Religion mit einer nach Herr⸗ schaft gierigen Priestersekte zusammenwerfen. Er hoffe, die Wähler würden das Joch der Klerisei abschütteln. Die Wahlen vom 5. Januar k. J. würden zwar neue soziale Wehen hervorrufen, aber auch gleichzeitig Wohlstand und Moralität heben. Er rechne auf eine Majorität von 20 Stimmen.

(Ag. Hav.)

Spanien. Madrid, 8. Oktober. Der König ist in Burgos eingetroffen und sehr sympathisch empfangen worden.

Türkei. Konstantinopel, 10. Oktober. (W. T. B.) Die Pforte will, nachdem sie die Konvention mit Oester⸗ reich zurückgewiesen, nur Verhandlungen pflegen, deren Grundlage die Anerkennung ihres ungeschmälerten Souverä⸗ netätsrechts in Bosnien ist. Sie kehrt gewissermaßen zu einem Standpunkt zurück, von dem aus sie vor den Beschlüssen des Kongresses mit Oesterreich verhandelte.

Rumänien. Bukarest, 10. Oktober. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Senates wurde die Motion be⸗ treffend den Berliner Vertrag berathen. Jepureano, Strat und Sendrea beantragen, daß Rumänien sich den Be⸗ stimmungen des Berliner Vertrages unterwerfe, fordern jedoch die Einberufung einer konstituirenden Versammlung. Voinov hält für alle Rumänien betreffenden Punkte des Berliner Vertrages, mit Ausnahme der Judenfrage, die Kammern für kompetent. Fürst Demeter Ghika unkerstützt die Motion und betont dabei, daß dieselbe ein Kompromiß zwischen den Par⸗ teien sei. Demeter Stourdza wirft dem Ministerium Mangel an Voraussicht vor und hält die Annahme der Dobrudscha für unmöglich, nachdem die gegenwärtigen Kammern und die Regierung sich gegen die Besitzergreifung ausgesprochen haben. Die weitere Berathung der Motion wurde schließlich auf heute Abend vertagt.

Amerika. New⸗York, 7. Oktober. (Allg. Corr.) Das elbe Fieber ist in Baton⸗Rouge im Zunehmen begrif⸗ ser In anderen Orten ist der Stand der Angelegenheiten 88 wie bisher. New⸗Orleans fanden gestern 59 Todesfälle am gelben Fieber statt und in Memphis 35. New⸗Orleans, 8. Oktober. (Allg. Korr.) Am gel⸗ ben Fieber starben gestern hier 41 Fersonen und 48 in Memphis und dessen Vorstädten.

Mittel⸗Amerika. Mexico. In New⸗York eingegan⸗ 9 mexicanische Berichte erklären mit Bestimmtheit, daß die eldung von der Abschaffung der Freien Zone unbe⸗ ründet sei. Dem amtlichen „Diario“ zufolge besteht die reie Zone unverändert fort.

Sctatistische Nachrichten.

Nach Mittheilung des statistischen Bureaus der Stadt Berlin nd bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 29. September bis incl. 5. Oktober cr. zur Anmeldung gekommen: s Fseschließungen, 879 Lebendgeborene, 31 Todtgeborene und 562 erbefälle.

Das statistische Bureau des Kaiserlichen Ober⸗Präsidiums zu Straßburg hat vor Kurzem im Verlage von C. F. Schmidts Uni⸗ versitäts⸗Buchhandlung (Friedrich Bull) die erste Abtheilung einer

„Statistischen Beschreibung von Elsaß⸗Lothringen“ er⸗

8

(W. T. 9)

von wo im Jahre 1877 581 Schiffe von 360 668 chm Rauminhalt

V“ 5 1877 444 3

scheinen lassen. Wir entnehmen dem Buche folgende Angaben:

Elsaß⸗Lothringen umfaßt eine Fläche von 14 511,7379 qkm oder

263,56 geographische Qu.⸗Meilen. Die Eintheilung des Lan⸗

des in administrativer Hinsicht beruht auf dem Gesetze vom

30. Dezember 1871, betreffend die Einrichtung der Verwal⸗

tung. Darnach ist Elsaß⸗Lothringen in 3 Verwaltungsbezirke

etheilt: Unter⸗Elsaß, Ober⸗Elsaß und Lothringen. Die 22 Kreise

es Landes, von welchen 8 auf den Bezirk Unter⸗Elsaß, 6 auf Ober⸗

Elsaß, 8 auf Lothringen kommen, sind auf Grundlage der Kantone

gebildet worden, welche aus der französischen Verwaltung meist un⸗

verändert übernommen wurden. Die Einwohnerzahl von Elsaß⸗

Lothringen beträgt nach der Zählung am 1. Dezember 1875

1 531 804 Personen. Wäre die am 1. Dezember 1875 ermittelte Bevölke⸗

rung gleichmäßig über das ganze Land vertheilt, so würden auf einem

jeden Qu.⸗Kilometer 105,56 Menschen leben, oder auf einer jeden

geographischen Qu.⸗Meile 5812. Unter den deutschen Staaten über⸗

treffen nur Sachsen, das Großherzogthum Hessen und einige kleine Länder

Elsaß⸗Lothringen an Dichtigkeit der Bevölkerung. Die Kreise zeigen eine

sehr verschiedene Dichtigkeit der Bevölkerung. Ober⸗Elsaß ist am

dichtesten bevölkert, insbesondere die Kreise mit stark entwickelter Industrie, wie Mülhausen, Thann, Gebweiler, eeee . und Colmar, in denen die Fabrikbevölkerung auch in kleineren Orten wohnt. Die lothringischen Kreise sind die am wenigsten bevölkerten. Nur 7 Gemeinden im Lande besitzen mehr als 10 000 Einwohner, 15 zwischen 5000 und 10 000, 300 von 1000 5000, 569 von 500— 1000, 805 Gemeinden aber weniger als 500 Einwohner. Etwas mehr als 43,5 % sämmtlicher Einwohner des Landes wohnen also in Gemeinden mit weniger als 1000 Einwohner, 16 % in den Städten mit mehr als 10 000 Einwohner, und mit⸗ hin 40,5 % in den Orten mit einer Einwohnerzahl von 1000 10 000 Seelen. Die Bevölkerung Elsaß⸗Lothringens bewohnte am 1. Dezember 1875 259 534 Häuser, die sich auf 5595 Wohnplätze vertheilten; 7596 Wohnhäuser standen zur Zäh⸗ lungszeit unbewohnt. Von den 267 130 Wohnhäusern, welche das Land zählte, waren also 2,8 % nicht bewohnt. Gegen 1871 war eine Vermehrung der Wohnhäuser von 1521 eingetreten. Den größten Antheil an dieser Zunahme hatte Unter⸗Elsaß mit 867 und in dem Bezirke die Stadt Straßburg mit 413 Wohnhäusern. Diese starke Vermehrung der Wohnhäuser in Straßburg erklärt sich dar⸗ aus, daß erst nach dem 1. Dezember 1871 eine große Zahl der durch das Bombardement beschädigten Häuser wieder aufgebaut wurde. Die letzte Volkszählung ergab, daß in Elsaß⸗Lothringen 744 878 Per⸗ sonen männlichen und 786 926 Personen weiblichen Geschlechtes vorhanden waren. Die Bevölkerung bestand demnach zu 48,63 % aus männlichen Personen und zu 51,37 % aus Per⸗ sonen weiblichen Geschlechtes oder auf 105,6 Frauenspersonen kamen 100 Mannspersonen. Im Jahre 1871 waren beide Ge⸗ schlechter fast gleich vertreten, das männliche Geschlecht umfaßte 49,05 %, das weibliche 50,95 % der Gesammtbevölkerung. Be⸗ treffs der Altersverhältnisse ergiebt sich, daß die Altersklassen, welche das Kindesalter in sich schließen, also bis zum vollendeten 15. Lebensjahre, nahezu ein Drittel der Gesammtbevölkerung ent⸗ halten. Von der heirathsfähigen Bevölkerung (d. h. der Personen vom 20. Lebensjahre an) sind 56 % verheirathet, und zwar 59 % der männlichen und 53 % der weiblichen. Wenn man auch das Verhält⸗ niß der Verwittweten zu der heirathsfähigen Bevölkerung ermittelt, so erhält man das Resultat, daß 8,9 % der männlichen und 14,9 % der weiblichen Bevölkerung im Wittwenstande leben. Nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1871 befanden sich Blinde in Elsaß⸗Lothringen 1374, von denen 790 oder 57,50 % männlichen und 584, oder 42,50 %, weiblichen Ge⸗ schlechtes waren. Im Ober⸗Elsaß kommt ein Blinder auf je 979 Einwohner, im Unter⸗Elsaß auf je 1159 und in Lothringen auf je 1180. Stärker als die Blindheit ist die TVaubstummheit vertreten, da die Zahl der Taubstummen sich auf 1724 belief. Auch hier zeigt Ober⸗Elsaß die größte relative Zahl solcher Gebrechlichen, nämlich 1:796, dann folgt Unter⸗Elsaß mit 1: 876 und Lothringen mit 1:986. Was die Geisteskranken betrifft, so kam in ganz Elsaß⸗ Lothringen 1 Geisteskranker auf 428 Einwohner; in Unter Elsaß war das Verhältniß 1: 336, in Ober⸗Elsaß 1:465 und in Lothringen 1:583.

Die tabellarischen Uebersichten des Lübeckischen Handels, zusammengestellt im Bureau der Handelskammer, sind für das Jahr 1877 (Lübeck, Ferd. Grautoff 1878) erschienen. Nach der⸗ selben kamen in Lübeck in den Jahren 1864 1877 an See⸗

schiffen an: 1 1864 1484 von 489 551 cbm Rauminhalt 1865 1765 592 661 v“ 1866 1829 615 143 b 1867 1639 499 716 1868 1618 483 584 1869 1775 518 165 1870 1694 425 146 1871 2260 624 730 1872 2356 654 376 1873 2815 832 723 1874 2432 870 693 1875 1932 700 556 1876 2537 926 691 1877 2296 859 497 5

Den größten Seeverkehr hat Lübeck mit Rußland und Finnland,

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eintrafen. Unter deutscher Flagge kamen an: 1868 571 Seeschiffe von 154 061 cbm, 665 158 604 729 8 148 452 932 8 198 019 8 N66 189 310 Unter preußischer Flagge: 1873 190 Seeschiffe von 37 450 chm, 1874 144 29 854 1875 129 8 33 024 876 141 8G 29 767 8 IE8 Daneben ist in den Uebersichten die schleswig⸗holsteinische Flagge noch besonders verzeichnet mit: 1873 559 Schiffen von 39 583 cbm, 8— 1874 515 8 „L 1875 385 8 „—h 1876 452 8 yGGGG“ 31 789

Von den im Jahre 1877 angekommenen 2296 Schiffen = 859 497 cbm waren 1308 = 313 244 chm Segelschiffe und 988 = 546 253 ebm Dampfer. Im Jahre 1854 kamen (bei 1053 ange⸗ kommenen Schiffen = 247 930 auf 876 (160 094 cbm) Segel⸗ schiffe nur 177 (87 836 cbm) Dampfer.

An Flußschiffen und Leichtern kamen im Jahre 1877 in Lübeck am Oberwasserbaum 499 (29 008 chm., 348 230 Ctr.) beladen und 27 (1899 cbm) leer an; am Unterwa erbaum 718 (77 265 cbm, 564 981 Ctr.) beladen und 72 (8025 cbm) leer; auf der Wackenitz 215 (9335 cdm, 76 583 Ctr.) beladen und 5 (320 chm) leer; an Flössen 7 (5310 chm).

Die See⸗Einfuhr belief sich im Jahre 1877 dem Werthe nach auf 46 356 501 (26,17 % der Gesammteinfuhr), davon 31 740 856 (18,48 % der Gesammteinfuhr) aus Rußland und innland, 5 460 9895 (3,08 %) aus Schweden, 2674 197 1,51 %) aus Dänemark, 1 760 818 (0,99 %) aus Preußen ohne Schleswig⸗Holstein und 1 236 828 (0,77 %) aus letztgenannter Provinz. Auf den Eisenbahnen wurden für 126 248 765 71,26 %) zugeführt, an Getreide in Fuhren für 3 231 875 (11,267 er Post von amburg für 182 798 (0,10 %),

belief sich auf 177 167 243 oder 17 938 415 (9,19 %) weniger als im Jahre 1876. Der Werth der Einfuhr betrug exel. in den Jahren

ontanten

1870 1871 1872 1873 8EeE“

. 90 219 144

. 123 874 064

. 138 718 493

. 163 159 421

. 208 289 254

. 193 372 974 v“ .194 601 658 1877 . 71268 975 198

Die Ausfuhr im Jahre 1877 hatte einen Werth von

11“

165 535 094 (seewärts 99 240 748 ℳ, landwärts 65 586 150 per Eisenbahn und 708 196 auf Flußschiffen) oder 2 276 704 (1,36 %) weniger als im Jahre 1876. 1““

Kunst, Wissenschaft und Literatir.

Von Hrn. Prof. Adolf Bastian ist kürzlich hier die Nach richt Sürm daß derselbe über Teheran und Ispahan glücklich am persischen Golfe in Buschir (Abus här) angelangt ist und von dort seine Reise zur See fortgesetzt hat.

Cöln, 10. Oktober. (Cöln. Ztg.) Der Senats⸗Präsident bei 8 dem hiesigen Rheinischen Appellationsgerichtshofe, Hr. John, ist in Anbetracht seines jüngst gefeierten 50 jährigen Dienstjubiläums von der juristischen Fakultät der Universität Bonn durch die Verleihung der eines Doctor juris utriusque honoris causa ausgezeichnet worden.

Straßburg, 8. Oktober. (Straßb. Ztg.) Bei den Nach⸗ grabungen auf der römischen Todtenstätte vor dem Weiß⸗ thurmthorwurden gestern und heute weitere Steinsärge nichtaufgefunden, dagegen stießen die Arbeiter auf eine Anzahl Skelette, bei welchen sich Nägel vorfanden, ohne Zweifel Sargnägel, so daß anzunehmen ist, es seien diese Leichen in hölzernen Särgen liegend beerdigt worden. Während alle Skelette mit den Köpfen nach Norden und den Füßen nach Süden lagen, ward auch ein Skelett in entgegengesetzter Richtung liegend aufgefunden. Weiter wurden aufgefunden: eine Oellampe, Theile eines Degens, Glas⸗ scherben ꝛc. Die Länge des umzugrabenden Todtenfeldes beträgt etwa 160 m, die Breite desselben 60 m. Es umfaßt mit⸗ hin das zu untersuchende Feld eine Gesammt Oberfläche von 9600 qm. Die Abtragung der Gerüste im Münster, welche vor nunmehr beinahe drei Jahren zur Ausführung der Wandmalereien im Ostchore und an dem großen Chorbogen errichtet worden sind, geht zwar unausgesetzt, jedoch nur sehr langsam vor sich, indem bei diesen Arbeiten jede Störung der in der Kirche stattfindenden Gottesdienste möglichst vermieden wird. Das Mittelfenster des Chores, nach der Ostseite zu, ist bereits wieder an seine frühere Stelle gebracht. Erst wenn die beiden Seitenfenster ebenfalls wieder eingesetzt sind, wird man ein zutreffendes und zweifellos günstiges Urtheil über die von Hrn. Professor Steinle aus Frankfurt ausgeführten Malereien des Ostchores gewinnen können. Das Chorgewölbe zeigt auf mit Sternen übersäetem reichem Goldgrunde und von Engel⸗ chören umgeben die Krönung Mariä durch den Heiland. Auf dem oberen Theile der Chorwände sind im Halbkreise die zwölf Apostel, je sechs auf einer Seite, in weißen Gewändern, angebracht. Etwas tiefer zeigen sich zur linken Seite (vom Mittelschiffe aus gesehen) die Bildnisse der hh. Amadeus und Laurentius, zur rechten Seite die⸗ jenigen des h. Stephanus und des h. Maternus. Unter denselben be⸗ finden sich die Bildnisse der Kirchenväter und Kirchenlehrer sowie Ordens⸗ stifter, und zwar zur linken Seite diejenigen der hh. Anastasius, Augustinus Ambrosius, Jeremias und Gregorius, zur rechten Seite die der hh. Antonius, Basilikus, Benoit, Colemban und das Bild der h. Ottilie. Diesen schließen sich an zur rechten Seite die Bildnisse der Patriarchen Noa, Abraham, Isaak, Jakob und Joseph und zur linken Seite die⸗ jenigen der Gesetzgeber des alten Testaments: Salomon, David, Gideon, Josua und Moses; den Schluß der Reihe bilden die Bild⸗ nisse Dagoberts II. und Arbogasts, da Beide sich um das Münster verdient gemacht haben. Die letztgenannten Bildnisse werden erst, nachdem das Gerüst vollständig entfernt ist, den Augen des Be⸗ schauers vom Mittelschiffe aus sichtbar. Im nächsten Frühjahre werden die Malereien an den unteren Theilen des Ostchors, sowie diejenigen an dem Kuppelgewölbe des Vierungsthurmes in Angriff genommen.

St. Petersburg, 7. Oktober. In der Kaiserlichen Aka⸗ demie der Wissenschaften fand gestern eine Sitzung behufs Zuerkennung der Uwarow⸗Prämien statt. Es konkurrirten, wie die „Nowosti“ berichten, 11 gedruckte Abhandlungen und 2 Manu⸗ skripte. Zur Kommission, welche dieselben zu prüfen hatte, gehörten die Herren Broche, Sresnewskij, Wassiljewskij, Bytschkow, Grot und Ssu⸗ chomlinow. Besondere Aufmerksamkeit widmete die Kommission der Abhandlung des Hrn. Baranow: „Verzeichniß der Allerhöchsten Ukase und Befehle im 18. Jahrhundert“, eine Abhandlung, welcher man den höchsten Preis zuerkannt haben würde, wenn sie dem Programm entsprochen hätte. Die kleinen goldenen Medaillen (500 Rbl.) wurden folgenden fünf Abhandlungen zuer⸗ kannt: 1) „Die alten Städte und andere bulgarisch⸗tatarische Denk⸗ mäler im Kasanschen Gouvernement“, von Professer Schpilewskij: 2) „Skizzen des alten Kasan“, von Protohiereij Platon Sarinfkij; 3) „Die Murmanskijschen und Terskijschen Gestade und die Küsten des Weißen und Eismeeres nebst ihren Zuflüssen“, von Oporodnikow; 4) „Montenegro“ (12 Handschriften), von Bruno, eine Abhandlung, welche den ersten Theil eines von ihm unternommenen Sammel⸗ werks bilden soll; 5) „Das Bündniß der deutschen Fürsten und die Politik Katharinas II., Friedrichs II. und Josefs II.“, von Professor Tratschewitsch. Außerdem erkannte die Kommission goldene Medaillen für die Betheiligung an der Prüfung der Konkurrenz⸗Abhandlungen zu: dem Grafen A. S. Uwarow, Sresnewskij, Hausmann, Wassil⸗ jewskij, Steudmann und Baudouin de Courtenay.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Im „Genfer Journal“ wird mitgetheilt, daß die Reblaus in den „Marches“ bei Montmelian im Departement Savoyen entdeckt worden ist. werden die Rebberge des Leman⸗ Bassins ernstlich bedroht.

Aus Anlaß der 1878er Pariser Ausstellung ist im Auftrage des Königlich ungarischen Handels⸗Ministers eine wirthschaftliche und kommerzielle Beschreibung der ungarischen Staatsforsten ver⸗ faßt worden. Wir erfahren daraus, daß der Gesammtbestand der ungarischen Staatsforsten 3 491 285 katastr. Joche oder 2 009 234 ha und zwar an I 3 141 451 kat. Joche oder 1 807 905 ha beträgt, während der Rest von 349 833 Joch oder 201 329 ha aus Aeckern, Wiesen, Feld⸗ und Alpenweiden, dann aus unproduktiven Flächen besteht. ußer diesen Waldflächen besitzt der ungarische Staat im Bezirke der Märamaros⸗Szigeter Direktion gemeinschaft⸗ lich mit den sogenannten Kronstädten 33 394 Joch Laubholzwälder, und mit anderen Privatbesitzern 349 817 Joch Laub⸗ und Nadelholz⸗ bestände, aus welchen er aber bisher noch keinen faktischen Ertrag genießt und deren Vertheilungsschlüssel noch gar nicht festgesetzt ist. Ferner ist er ebenso zu Theil Mitbesitzer der im Komitate Arva zur Arvpaer Herrschaft gehörigen 48 000 Joch großen Laub⸗ und Nadelholzforste, von welchen ihm jährlich ein Ertrag von 15 000 bis 17 000 Fl. zufließt. Die einzelnen Forstbesitzungen bilden im All⸗

emeigen zusammenhängende ausgedehnte Forstkomplexe und gruppiren sich hauptsachlich im nördlichen, östlichen und südlichen Theile des Staatsgebietes. Im westlichen Theile des Landes kommen keine Staatswälder vor, im Centrum desselben aber befinden sich nur die auf verhältnißmäßig kleine Flächen sich beschränkenden, in der Nähe der Hauptstadt gelegenen und 39 242 Joch betragenden Forste des Visegräder und Gödöller Forstamtes. Die Gesammteinnahme aus den ungarischen Staatsforsten belief sich 1877 auf 6 653 467 Gulden, die Ausgaben auf 4 034 203 Fl. Für 1878 ist eine Einnahme von 6 388 977 Fl., eine Ausgabe von 3 930 054 Fl. präliminirt, was ein

und durch Flußschiffe 1 147 304 (0,65 %). Die Gesammteinfuhr

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Reinerträgniß von 2 458 923 Fl. ergeben würde.

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