1878 / 248 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 21 Oct 1878 18:00:01 GMT) scan diff

Großbritannien und Irland. London, 20. Ok⸗ tober. (W. T. B.) Gestern fand in Birmingham anläßlich des Besuches des Schatzkanzlers Northeote, welcher mit Foben Enthusiasmus empfangen wurde, eine dnr zahlreich besuchte Versammlung statt. Northcote jielt eine längere Rede, in welcher er die innere Lage des Landes und sodann auch die auswärtigen Angelegen⸗ heiten erörterte. Northceote erklärte, er wolle nicht leugnen, daß die Vermehrung der Ausgaben der Regierung große Sorge mache, man dürfe aber nicht vergessen, daß diese Ver⸗ mehrung bis zu einem 28—*— Punkte auf die legislativen Maßregeln der Vorgänger der jetzigen Regierungsmitglieder zurückzuführen sei. Der Export, sowie der Import hätten sich während der letzten 22 Jahre verdoppelt; das Land könne also eine hierzu im Verhältniß stehende Vermehrung der Aus⸗ ertragen. Er glaube nicht, daß es nöthig sein werde, em Lande neue Opfer aufzuerlegen. Auf die auswärtigen Angelegenheiten übergehend, konstatirte Northcote, daß die Bestimmungen des Berliner Vertrages bis auf die Monte⸗ negro betreffenden auf eine befriedigende Weise ausgeführt würden. Ein wichtiger Augenblick würde aber eintreten, wenn im nächsten Mai die Evakuation der noch von den Russen besetzten Gebietstheile vollkommen durchgeführt sein müsse. Er 8 8 jedoch überzeugt, daß die europäischen Mächte es nicht zu⸗ lassen würden, diese Bestimmungen des Berliner Vertrages bei Seite zu setzen. Die Regierung werde auch fernerhin ü6r⸗ feste, vorsichtige und maßvolle Haltung beobachten. Ein großes Prinzip der Regierungspolitik sei die S.eze. des türkischen Reiches. Er wolle die Schäden der Türkei nicht vertheidigen, aber welche Nation könnte man an ihre Stelle setzen? Die Idee, die Türkei durch Griechenland zu ersetzen, sei unhaltbar. Die Pforte habe die Englands bezüglich der Reformen in einer sehr ermuthigenden Weise aufgenommen. Die Re⸗ gierung glaube, daß se eine wichtige Verbesserung in der aasiatischen Türkei durchsetzen und auf diese Weise die Inter⸗ essen Englands in dieser Region fördern werde. Northcote besprach en⸗ die englisch⸗türkische Konvention be⸗ züglich Cyperns und erklärte, die Regierung habe, indem sie sich jener Insel bemächtigte, militärische Gründe gehabt, die er indessen nicht öffentlich diskutiren wolle. England habe durch die Besitznahme von Cypern gleichzeitig einen Punkt erworben, von dem aus es die Ausführung der Re⸗ formen in der Türkei überwachen könnte. Schließlich wandte sich der Schatzkanzler in seiner Rede zu der afghanischen Angelegenheit und stellte die Behauptung in Abrede, daß die Mission Chamberlains eine kriegerische gewesen wäre. Chamberlain habe nur eine zum Schutze gegen die Barbaren⸗ stämme ne a. Eskorte bei sich gehabt. Die Nation önne sicher sein, daß die Regierung sich gegen Insulte ver⸗ theidigen werde, welche die Ehre und das Prestige Englands im Orient schädigen könnten. Alle eventuellen Maßregeln ürden nur die Aufrechterhaltung der gegenwärtigen Grenze zum Zweck haben. Northcote schloß mit der Erklärung, der gegenwärtige Zeitpunkt erfordere Klugheit und Festigkeit, denn es sei wohl möglich, daß sich Leute finden würden, welche die Aufmerksamkeit Englands von dem Hauptziele: der gerechten nd vollkommenen Ausführung des Berliner Vertrages, ab⸗ lenken möchten.

21. Oktober. (W. T. B.) Der „Times“ wird aus

Darjeeling, von Püsern. telegraphirt: Die ohne jede Be⸗

lästigung erfolgte Rückkehr des an den Emir von Afghanistan geschickten Abgesandten aus Kabul scheint anzudeuten, daß der Emir entschlossen ist, sich, wenn auch nicht den e derungen Englands vollständig zu unterwerfen, so doch wenigstens in Verhandlungen sich einzulassen, durch welche der unmittelbare Ausbruch eines Krieges ver⸗ mieden wird. Die indische Regierung hat die Absicht eines Winterfeldzuges jetzt vollständig aufgegeben. Im eeeehegis mit vorstehender Meldung scheint eine Mittheilung des „Daily Telegraph“ zu stehen, wonach der Staatssekretär des Krieges, Stanley, und der erste Lord der Admiralität, Smith, die anläßlich der Afghanistan⸗ angelegenheit aufgegebene Reise nach Cypern nunmehr doch antreten werden. Der Erstere ist bereits gestern nach Paris abgereist, um sich von dort nach Cypern zu begeben, der Letztere wird ihm morgen dahin nachfolgen.

Frankreich. Paris, 18. Oktober. (Fr. C.) Der ane Léon Say verhandelte gestern mit der ubkommission des Budgetausschusses und nahm diese Gelegenheit wahr, um vor übereilten Steuerherabsetzungen zu warnen und sein Bedauern darüber auszusprechen, daß man in dieser Beziehung dem Publikum für das Budget von 1879 Versprechen gemacht hätte, deren Erfüllung keineswegs gesichert sei. Die Lage des Staatsschatzes sei ohne Zweifel eine sehr zufriedenstellende, aber es träten an ihn auch immer neue An⸗ forderungen heran, so daß man an umfassende Steuererleich⸗ terungen noch nicht denken könne. Man hätte für dieselben unter Anderem auf einen aus der Emission der ersten 400 Millionen der neuen amortisirbaren Rente zu erzielenden Nutzen von 7 bis 8 Millionen Francs gerechnet, der sich nicht realisirt hätte. Kurz, Herr Leon Say gab zu verstehen, daß für das 85 1879 höchstens eine leichte Herabsetzung der zwei letzten Klassen der Gewerbesteuer zu ermöglichen sein werde. Das „Journal officiel“ ver fenc den amtlichen Ausweis über das Erträgniß der direkten und in⸗ direkten Steuern in den ersten neun Monaten des hn 1878. Die direkten Steuern ergaben danach in diesem eitraume 528 082 000 Frcs., d. i. 51 990 500 Frcs. mehr, als fällig war. Die Steuer auf das Einkommen der beweg⸗ lichen Werthe (3 pCt.) erzielte 26 155 000 Frcs., d. i. 713 000 Frecs. weniger als in dem Budget vor⸗ gesehen war. Die indirekten Steuern endlich lieferten ein Gesammterträgniß von 1 554 577 000 Frcs., d. i. 45 518 000 Fres. mehr als im Budget vorgesehen und 47 376 000 Frcs. mehr als in der entsprechenden Periode des Vorjahrs. Insbesondere haben gegen die ersten neun Mo⸗ nate des Jahres 1877 zugenommen: die Fabrikationssteuer auf einheimischen Zucker um 22,1, die Einfuhrzölle auf ver⸗ schiedene Waaren um 14,3 das Enregistrement um 11,5, die Getränkesteuer um 10, die Tabaksteuer um 2,7 Mill. Fres., wogegen der Einfuhrzoll auf fremden Zucker um 6,2, die Salzsteuer an der Grenze um 1,8, das Posterträgniß um 10,2 Mill. gegen die entsprechende Periode des Vorjahres zurückgeblieben sind.

19. Oktober. (W. T. W.) Der Marschall⸗Prä⸗ sident hat heute die Erlasse, betreffend die Verleihungen des Ordens der Ehrenlegion aus Ver⸗

stellung, unterzeichnet Der M

*

die Rede, welche der Präsident bei der Vertheilung der Preise für die Weltausstellung halten wird, Beschluß gesaßt. 8

—n

Spanien. Madrid, 21. Oktober. (W. T. B.) Der frühere Chef der Exekutivgewalt, Pi y Margall, ist wegen Theilnahme an der jüngsten republikanischen Schilderhebung verhaftet worden.

Italien. Rom, 19. Oktober. (W. T. B.) Der Ma⸗ rine⸗Minister hat ebenfalls seine Demission gegeben. Der Minister⸗Präsident Cairoli hat sich heute zu einer Konferenz mit dem Könige nach Monza begeben und kehrt alsdann hierher zurück. 1

21. Oktober. (W. T. B.) Der König hat das Ent⸗ lassungsgesuch der Minister Corti, Bruzzo und Bracchetti genehmigt. Der Minister⸗Präsident Cairoli wird am Dienstag hier eintreffen.

Griechenland. Athen, 19. Oktober. (W. T. B.) Die Kammer nahm in der heutigen Sitzung mit 69 gegen 63 Stimmen eine die Politik der Regierung billigende Resolution an. Die fünf Minister, sowie drei Deputirte enthielten sich der Abstimmung. Das Blaubuch gelangte zur Vertheilung.

Türkei. Konstantinopel, 20. Oktober. (W. T. B.) In der am Freitag stattgehabten Sitzung des National⸗ rathes der 2Sen Armenier bekämpfte der Patriarch Narses as Projekt, betreffend die Autonomie Ar⸗ meniens, das in Folge dessen aufgegeben zu sein scheint. Der englische Botschafter Layard hat dem Sultan die Ge⸗ nehmigung der die kretensischen Angelegenheiten be⸗ treffenden Konvention anempfohlen. Die asiatische Reformfrage hat einen neuen Aufschub erfahren, da der Sultan das bezügliche Projekt zurückgegeben und noch weitere Erläuterungen verlangt hat.

Rumänien. Bukarest, 20. Oktober. (W. T. B.) Heute hielten die rumänischen Truppen mit dem Für⸗ sten Karl an der Spitze unter enthusiastischen Ovationen der ööe ihren feierlichen Einzug in die Haupt⸗

adt.

Amerika. Washington, 20. Oktober. (W. T. B.) Der Betrag des für den Staatsschatz allwöchentlich anzu⸗

kaufenden Silberquantums ist vom Schatzsekretär Sherman auf 400 000 Unzen festgesetzt worden.

Nr. 21 des Central⸗Blatts der Abgaben⸗, Ge⸗ werbe⸗ und Handelsgesetzgebung und Verwaltung in den Königlich Preußischen Staaten hat folgenden Inhalt: Anzeige der im Reichsgesetzblatte erschienenen Gesetze und Verordnungen. Allgemeine Verwaltungsgegenstände: Veränderungen in dem Stande und in den Befugnissen der Zoll⸗ und Steuerstellen. Indirekte Steuern: Erkenntniß des Königlichen Ober⸗Tribunals. Zollgesetz. Kontrebande. Einfuhr⸗Verbote. Viehseuchen. Maßregeln. Ein⸗ führung von Uebergangsabgaben und Ausfuhrvergütungen ꝛc. ꝛc. in der bayerischen Pfalz. Erkenntniß des Königlichen Ober⸗Tribunals. Erbschaftsstempel. 1) Nachträgliche Anmeldung. 2) Substanzerbe. Anmeldun spflicht bei Anfall. 3) Neues Erbschaftssteuergesetz. Frühere Fälle. Alte Verjährungsfrist. Personalnachrichten.

Neichstags⸗Angelegenheiten.

Der Reichstag war in der 1. Session 1878 vom 9. Sep⸗ tember bis 19. Oktober, das sind 31 Tage, versammelt. Es haben 17 Plenarsitzungen, 50 Abtheilungssitzungen und 32 C stattgefunden. Von den verbündeten Regierungen bezw. dem Reichs⸗ kanzler wurden folgende Vorlagen gemacht: 1 Uebersicht der vom Bundesrathe gefaßten Entschließungen auf Beschlüsse des Reichstags, 1 Schreiben betr. Ertheilung der Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung wegen Beleidigung des Reichstags. Der vorgelegte Gesetzentwurf hat die Zustimmung des Reichstags erhalten; die Uebersicht der Bundesrathsentschließungen hat durch Abdruck und Vertheilung an die Mitglieder ihre Erledigung gefunden; das Schreiben, betr. Ertheilung der Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung wegen Beleidigung des Reichstags ist unerledigt geblieben. Seitens der Mitglieder des Reichstags wurden ein⸗ gebracht: eine Interpellation und drei Anträge. Die Interpellation ist von Seiten des Bundesraths beantwortet worden; zwei Anträge wurden angenommen und ein Antrag bleibt unerledigt. Im Laufe der Session sind im Ganzen 187 Petitionen eingelaufen, wovon 133 der Petitionskommission und 54 der Kommission zur Vorberathung des Sozialistengesetzes überwiesen worden. Die Petitionskommission hat von den ihr überwiesenen Petitionen 13 als zur Erörterung im Plenum nicht für geeignet erachtet; 126 sind nicht zur Berathung ge⸗ langt. Die der IV. Kommission überwiesenen Petitionen haben durch die Beschlußfassung über den Gesetzentwurf ihre Erledigung gefunden. Die Abtheilungen haben 19 mündliche Berichte, die Kommissionen 8 schriftliche und 9 mündliche Berichte erstattet; hiervon sind 17 mündliche und 1 schriftlicher Bericht im Plenum erledigt worden. 11 mündliche und 7 schriftliche Berichte (sämmtlich über Wahlprü⸗ fungen) bleiben unerledigt. Das Ergebniß der im Laufe der Session stattgehabten Wahlprüfungen ist Folgendes: von den Abtheilungen sind geprüft und für vorläufig gültig erklärt 359 Wahlen, davon sind in Folge nachträglich eingegangener Proteste später der Wahlprüfungs⸗ kommission überwiesen 18, bleiben also gültig 341 Wahlen. Auf Grund mündlicher Berichte der Abtheilungen bezw. der Wahlprü⸗ fungs kommission sind im Plenum für gültig erklärt 9 Wahlen, zu⸗ sammen gültige Wahlen 350. Es bleiben noch zu prüfen 47, und zwar 45 in der Wahlprüfungskommission und 2 in den Abtheilungen. Gegenwärtig ist ein Mandat erledigt

EE112 volkswirthschaftliche Vereinigung“ im Reichstage veröffentlicht unter dem 19. d. Mts. eine von 204 Ab⸗ geordneten unterzeichnete Erklärung, wonach dieselben Angesichts der Handelspolitik der meisten Deutschland umgebenden Länder eine auf das Resultat sorgfältiger Prüfungen und sachgemäßer Abwägungen gestützte Reform des deutschen Zolltarifs für nothwendig halten und demgemäß entschlossen sind, für dieselbe in der nächsten ordentlichen Session des deutschen Reichstages einzutreten.

Obschon von verschiedenen handelspolitischen Gesichtspunkten ausgehend, finden sich die Unterzeichner doch in dem Grundgedanken vereinigt, daß die schwierigen Fragen der deutschen Handesepolitit nicht lediglich nach den Schlagwörtern von Freihandel und Schutzzoll bül ste nchen üee pia daß Fablelwehr 886 darauf ankomme, ie wirklichen und vermeintlichen Gegensätze der Interessen mit Sach⸗ kenntniß, Umsicht und Vaterlandsliebe auszugleichen. b 8

Statistische Nachrichten. 8

2 8 8 8 Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund⸗ heitsamts sind in der 41. Jahreswoche von je 1000 Bc⸗ wohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als gestorben emeldet: in Berlin 27,8, in Breslau 26,8, in Königsberg 31,7, in

öln 24,0, in Frankfurt a. M. 17,4, in Hannover 15,0, in Cassel 22,5,

*

in Dresden 23,2, in Leipzig 21,5, in Stuttgart 20,9, in Braunschwei 19,2, in Karlsruhe 18,3, in Hamburg 25,3, in Wien 25,3, 38,7, in Prag 23,7, in Triest 35,4, in Basel 22,0, in Brüssel 18,3

Paris 21,8, in Amsterdam 18,2, in Kopenhagen 19,1, ie Stockholm 18,0, in Christiania 19,0, in St. Petersburg 30,3, in Warschau 29,5, in Odessa 54,7, in Bukarest 25,5, in Rom 22,3 in Turin 21,1, in Athen —, in Lissabon 31,4, in London 20,7, in Glasgow 21,1, in Liverpool 25,8, in Dublin 25,9, in Edinburgh 16,1 in Alerandria (Egrpten) 48,7. Ferner aus früheren Wochen: in New⸗ Pork 22,0, in Philadelphia 16,3, in Boston —, in Chicago 18,0, in San Franzisko 15,1, in Calcutta 31,7, in Bombay 31,9, in Madras 48,7.

Die beim Beginn der Berichtswoche an den meisten deutschen Beobachtungsstationen vorherrschenden östlichen und südöstlichen, in Berlin, Cöln und Karlsruhe südlichen und südnestlichen Luft⸗ strömungen, gingen um die Mitte der Woche fast allgemein in letztere Windrichtungen über und hielten bis zum Wochenschlusse an; nur in München schlug der Wind am letzten Tage der Woche nach Nordost Wum. Die im Anfange der Woche hohe Temperatur der Luyft sank allmählich. Niederschläge fanden nur wenig statt. Der Anfangs der Woche hohe Luftdruck sank rasch, stieg aber bald und erreichte wieder seinen beim Beginn der Woche eingenommenen Standpunkt.

„Die Sterblichkeitsverhältnisse der meisten größeren deutschen Städte zeigen gegen die vorhergegangene Woche nur eine geringe Wendung zum Bessern. Die allgemeine Sterblichkeits⸗Verhältnißzaht für die deutschen Städte stieg etwas, von 24,6 der Vorwoche auf 25,0 in der Berichtswoche (auf 1000 Bewohner und aufs Jahr be⸗ rechnet) und zeigt eine weitere Abnahme der Sterblichkeit des Säug⸗ lingsalters, sowie eine Steigerung der Sterblichkeit der höheren Altersklassen, namentlich der über 60 Jahr.

„Unter den Todesursachen gewinnen von den Infektionskrank⸗ heiten Scharlachfieber und diphtherische Affektionen immer größere Verbreitung, während Darmkatarrhe und Brechdurchfälle, insbesondere letztere, sowie Unterleibstyphen abnahmen. Masern verliefen nur in wenigen Fällen tödtlich. Das Scharlachfieber herrscht noch immer in einer größeren Zahl von Städten, wie in Danzig, Thorn, Breslau, Bromberg, Berlin, Cottbus und neuerdings in Plauen; in Essen, sowie in Liverpool und Birmingham ist die Zahl der Opfer in der Berichtswoche wieder erheblich gestiegen. Auch die Diphtherie fordert in Königsberg Danzig, Berlin, Dresden, Wien, Hamburg noch viele Opfer. Todesfälle an Unterleibstyphus waren nur in Berlin vermehrt; Flecktyphen traten nur vereinzelt auf; aus deutschen Städten wird kein weiterer Todesfall daran gemeldet. Darmkatarrhe und Brechdurchfälle der Kinder zeigen einen erheb⸗ lichen Rückgang. Die Gesammtzahl der daran in deutschen Städten gestorbenen Kinder betrug in der Berichtswoche 350 (gegen 394 der Vorwoche); in den meisten größeren Städten wurde die Zahl der Darmkatarrhe seltener, nur in München und Budapest häufiger. Den Pocken erlagen in London in der Berichtswoche 5 Personen, in Wien 7, in St. Petersburg 26, in Budapest stieg die Zahl der Blatterntodesfälle auf 4, in Warschau auf 11. Aus St. Louis wird aus der 3. Septemberwoche nur noch 1 Todesfall an gelbem Fieber gemeldet.

Der in dem Bureau der Lebensversicherungsbank für Deutschland in Gotha alljährlich seit vielen Jahren bearbeitete Bericht über den Zustand und die Fortschritte der Lebensversicherung in Deutschland ist, wie bereits mitgetheilt, auch für das Jahr 1877 er⸗ schienen und im „Bremer Handelsblatt“, sowie als besondere Bro⸗ schüre veröffentlicht worden. Wir entnehmen die sem Aufsatz noch folgende Daten:

Die dem Berichte beigefügten Tabellen weisen 49 deutsche Lebensversicherungs „Gesellschaften auf, davon 35 im Deutschen Reich, 12 in Oesterreich und 2 in der Schweiz. Bei diesen Gesellschaften sind im Jahre 1877 102 163 neue Lebensversicherungen mit leinem Kapitale von 371 230 998 aufgenommen worden, nämlich:

78 028 mit 302 435 094 bei den 35 deutschen Anstalten,

21 812 57 873 702 182 österreich. Anstalten,

2 323 10 922 202 2 schweizer. Anstalten.

28 Gegen 1876 ist die Zahl der Anträge um 13 505 und die der Versicherungs summe um 34 019 561 gesunken. Von den gestellten Anträgen wurden 22 379 auf 86 690 606 Versicherungssumme von den Anstalten wegen ungenügender Gesundheit der Antragsteller ab⸗ gelehnt oder von den Letzteren vor Ausfertigung der Policen wieder zurückgenommen; es führten daher der Zahl nach 21,9 % (gegen 20,5 % im Jahre 1876) und der Summe nach 23,4 % (gegen 898 lich im Jahre 1876) der gestellten Anträge zu keinem Versicherungs⸗ abschluß.

Die angenommenen 79 784 Anträge führten den 49 deutschen Lebensversicherungs⸗Anstalten 77 640 neue Personen resp. Policen zu und lauteten zusammen auf eine Summe von 284 540 392 Ver⸗ sicherungskapital, so daß der neue Zugang im Jahre 1877 in der Personenzahl um 11 860 und in der CC“ um 26 643 890 geringer war als im Jahre 1876.

Es kommen von den neu Versicherten 58 169 Pers. u. 230 409 707 Vers.⸗S. auf d. 35 Anst. i. Deut. Reiche, 17 802 46 312 454 3 Eb»85»8»

188 8 583ah Gvwetz.

Im Ganzen waren im Jahre 1877 815 272 Personen mit 2 511 478,651 versichert; hiervon schieden 13 109 Personen (35 906 127 ℳ) durch Tod und 48 754 personen (137 760 445 ℳ) anderweitig aus, so daß am LJahresschluß 753 409 Per⸗ sonen mit 2 337 812 074 versichert blieben, davon 552 246 Personen mit 1 847 622 742 bei den 35 Gesellschaften im Deutschen Reich. Der gesammte Zuwachs im Jahre 1877 stellt sich auf 15 777 Perfonen mit 110 873 820 ℳ, d. h. 2,14 % der Zahl der Versicherten und 4,98 % der Versicherungs⸗ summe. Die Berücksichtigung der Unfälle, welche die Liquidation einiger Gesellschaften im Jahre 1877 zur Folge gehabt hat, vermindert sich der Zuwachs auf 8542 (1,16 %) der Versicherten und 93 396 677 (4,19 %) der Summe (gegen 4,35 bzw. 6,57 % in 1876; 5,30 bzw. 8,09 % in 1875; 7,12 bzw. 9,29 % in 1874; 8,84 bzw. 11,44 % in 18 ) Der Durchschnitt der Summe belief sich pro Kopf im Jahre 1877 auf 3103 ℳ, gegen 3021 in 1876. Den stärksten Zuwachs hatten im Jahre 1877 von den 35 Gesell⸗ schaften im Deutschen Reich diejenigen zu Karlsruhe (2 810 616 ℳ) und Gotha (1 167 800 ℳ), außerdem hatten noch 4 dieser Gesell⸗ schaften einen Zuwachs, alle übrigen eine Abnahme der Versiche⸗ rungssumme erlitten.

Im Durchschnitt hat die Lebensversicherung bei den Lebens⸗ versicherungsanstalten im Deutschen Reich zusammen jährlich 1829 1833 um 191 000 000 8 1834 1838 1839 1843 1844 —1848

144 000 000 192 000 000 340 000 000 1 1869 —- 1873 315 000 000 1n 1874 1877 379 000 000 Die Versicherungssumme Ende 1877 vertheilte sich auf die be⸗ deutendsten Gesellschaften, wie folgt: Gotha 328 011 800 ℳ, Ger⸗ mania (Stettin) 201 298 748 ℳ, Concordia (Cöln) 132 883 128 ℳ, Leipzig 128 997 900 ℳ, Stuttgart (Lebensversicherungs⸗ und Er⸗ sparnißbank) 121 052 599 ℳ, Lübeck 110 989 084 ℳ, Berlinische 86 998 524 In Nebenversicherungszweigen waren Ende 1877 bei den deutschen Gesellschaften versichert: 23 130 778 Begräbnißgeld, 80 048 017 Aussteuer, 351 441 aufgeschobene Leibrenten und Pensionen, 1 671 467 zahlbare dgl., 807 564 steigende Tontinenrenten ;‚ ferner Reise⸗ und Unfall⸗, Kranken⸗ und Invalidenversicherungen mit 19 460 700

in Magdeburg 19,5, in Stettin 16,6, in Altona 34,9, in Straß⸗ burg 25,2, in München 32,1, in Nürnberg 23,3, in Augsburg 25,0,

bei der Concordia, mit 98 704 248 bei der Thuringia, mit 7 822 491 bei der Preußischen Lebensversicherungs⸗Aktiengesellschaft,

mit 148 059 323 Kapital und 1 636 037 jährlicher und resp. wöchentlicher Rente beim Prometheus, mit 406 169 915 bei der Schlesischen Lebensversicherungs⸗Gesellschaft; Kinderversorgungskassen mit folgender Zahl 1 068 bei der Teutonia, 20 995 bei der Concordia, 611, bei der Magdeburger Lebensversiche⸗ rungs⸗Gesellschaft. 1335 bei der Thuringia, 1589 bei der Germania, 2188 bei der Allgemeinen Versorgungs⸗Anstalt in Karlsruhe, 147 bei der Nationale in Berlin. 1

Bei der Berechnung der Geschäftsergebnisse von 46 Gesellschaf⸗ ten kommen, weil einige Nebenbranchen nicht abgetrennt werden konnten, 2 329 168 878 Versicherungsbestand Ende 1877 in Betracht.

Zur Begründung dieser Kapitalversicherungen sind während des vorigen Jahres von den betheiligten Versicherten 73 530 986 ein⸗ gezahlt worden. Die Gesammteinnahme beziffert sich auf 95 209 986

von mor77 953 245 auf die 35 Anstalten im Deutschen Reiche, 111n1¹n¹”n 5 in Deutsch⸗Oesterreich, e1]s 5 in der deutschen Schweiz. fallen. Gegen 1876 ist die Gesammt⸗Einnahme also um 4 248 917 oder um 4,67 % (gegen 5,68 % im Jahre 1876) gewachsen. Für gestorbene Versicherte wurden während des vorigen Jahres Erbschaften im Belaufe von 33 405 411 anfällig, nämlich 26 901 624 bei den 35 Anstalten im Deutschen Reiche, 5 228 659 9 in Deutsch⸗Oesterreich, LLEW1R42472 in der deutschen Schweiz. Gegen 1876, wo die Sterbefallzahlungen 31 881 796 betrugen, ist die Ausgabe für zahlbare Sterbefälle daher um 1 523 615 oder um 4,78 % (gegen 3,77 % im Jahre 1876) gewachsen. Im Ganzen belief sich der Verwaltungsaufwand im Jahre 1877: bei den 35 Anstalten im Deutschen Reiche auf 10 254 621 od. 13,17 % der Jahreseinn., bei den 9 Anstalten in Deutsch⸗Oesterreich auf 2 546 608 18,98 % dei den 2 Anstalten in der . deutschen Schweiz auf 437 943 11,12 % 8 bei den sämmtlichen 46 Anstalten auf 13 239 172 od. 13,91 % der Jahreseinn. Den geringsten Verwaltungsaufwand hatten die Gesellschaften zu Gotha mit 5,47 % und Stuttgart mit 5,89 %. Der Geschäftsfonds bei den 46 Anstalten betrug Ende 1877: 319 544 817 bei den 35 Anstalten im Deutschen Reiche, 54 518 806 9 1 in Deutsch⸗Oesterreich, 16 120 598 2 8 in der deutschen Schweiz, 390 184 221 in Summa (gaegen 358 793 216 Ende 1876). Derselbe ist also im Jahre 1877 um 31 391 005 oder 8,75 % ewachsen, während die Zunahme im Jahre 1876 30 302 082 oder 807 7 ausmachte.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Der Senior der juristischen Fakultät der Universität Leipzig, Geh. Hofrath Professor Dr. Gustav Hänel, der be⸗ kannte romanistische Quellenforscher, ist am 18. Abends im Alter von 86 Jahren gestorben.

Straßburg, 16. Oktober. (Straßb. Ztg.) Gestern gelang bei den Nachgrabungen vor dem Weißthurmthore aber⸗ mals das Auffinden von zwei Steinsärgen, deren einer bis auf

die darin gefundene Glasurne so gut wie leer war, wogegen der

andere sich gänzlich mit Erde angefüllt zeigte, und außerdem nur spärliche Knochenreste enthielt. In der Erde neben dem letzteren Sarge stieß man auf ein zweites Glasgefäß mit Henkeln und auf Metallreste, welche eine Art Umhüllung des Glasgefäßes gebildet z haben schienen. Der Zudrang des Publikums wächst mit jedem age. Auch zwei Münzen kamen neuerdings ans Licht.

Die thätige Handlung von R. L. Prager in Berlin hat wiederum 7 Verzeichnisse ihres antiguarischen Lagers, welches speziell den Rechts⸗ und Staatswissenschaften gewidmet ist, veröffent⸗ licht und zwar beziehen sich vier davon auf Rechts⸗ und Staats⸗ wissenschaften, während drei die Geschichte und ihre Hülfswissen⸗ schaften betreffken. Kat. 34 verzeichnet in 1200 Nummern eine werthvolle Sammlung rechts⸗ und staatswissenschaftlicher Werke, ebenso wie Kat. 41 (Bibliothek des verstorbenen Prof. v. Bussin⸗ Freiburg) 2000 Nummern umfassend; Kat. 39 (Rechtswissenschaft) und 40 (Staatswissenschaft), zusammen 3200 Nummern, verzeichnen die von dem Ober ⸗Tribunals⸗Rath Lemcke hinterlassene Bibliothek. Die drei historischen Kataloge, mit zusammen über 3000 Nummern, umfassen das ganze große Gebiet in sehr aus⸗ giebiger Weise, und zwar giebt Kat. 35 Allgemeines sowie Hülfs⸗ wissenschaften, Kat. 36 die Geschichte der einzelnen Länder und Völker ausschl. der slavischen, Kat. 37 die Geschichte der slavischen Völker, einschl. Ungarn, Türkei und Griechenland. Namentlich der letztere Katalog ist bei den heutigen Orientwirren eine interessante und dan⸗ kenswerthe Zusammenstellung Die Kataloge sind wie die früheren sehr übersichtlich zusammengestellt und die Preise mäßig.

Gewerbe und Handel.

Die vor Kurzem von dem Gesundheitsamte zu Malaga über alle aus Gibraltar kommenden Schiffe verhängte dreitägige rantäne*) ist wieder aufgehoben worden.

Nachrichten über den Gesundheitsstand in den Hauptorten Ma⸗ rocco's liegen aus Rabat, Saffi und Mogador bis zum 30. v. M., aus Larache (el Araisch) bis zum 5. d. M. und aus Tanger bis zum 9. d. M. vor; sie lauten durchaus günstig und melden keinen Cholerafall. Die Nachricht aus Mogador**) besagt ausdrücklich, daß keine Spur von Cholera am Orte vorhanden sei.

In Casablanca dauert die Besserung des Gesundheitsstandes fort.**) Die Zahl der Todesfälle betrug 89 in der Zeit vom 28. v. M. bis zum 2. d. M., an welchem letzteren Tage sie auf 6 herabsank. 1 8

Von dortiger ärztlicher Seite wird jetzt ebenfalls eingeräumt, 8 die Krankheitserscheinungen hauptsächlich typhischer Natur, bezw. daß gegenwärtig als außergewöhnliche Todesursachen nur noch Nah⸗ rungsmangel und Pocken zu bezeichnen sind. 8

In Mazagan sind am 1. d. M. einige Todesfälle vorge⸗ kommen, welche zwar als Cholera bezeichnet werden, deren wirklche Ursache aber noch nicht feststeht. 8

In Tan ger ist der Gesundheitszustand unverändert gut.

Dem Geschäftsbericht der Berliner Maschinenbau⸗ Aktien⸗Gesellschaft (vormals L. Schwartzkopff) für das Geschäftsjahr vom 1. Juli 1877 bis 30. Juni 1878 sind folgende Mittheilungen entnommen: Die Direktion ist in der Lage, eine Di⸗ vidende von 4 % gegen 3 % des Vorjahres in Vorschlag zu bringen, obschon diesmal für Abschreibungen und Instandhalten der Werke 314 310,42 gegen 273 853,83 des Vorsahres, also 40 456,59 mehr verwendet wurden. Dies Resultat ist hauptsächlich der Loko⸗ motivbranche zuzuschreiben, welche im abgelaufenen Geschäftsjahre 68 Stück Lokomotiven gegen 51 Stück des Vorjahres und zwar zu besseren Preisen effektuirte. Die Total⸗Umsatzsumme dieses Jahres stellt sich inklusive der Lokomotiven und anderweiten Maschinenbau⸗ arbeiten auf 3 828 056,18 gegen 2 485 764,05 des Veriagrrs An Gesammtaufträgen übernahmen wir für das neue Geschäfts⸗ jahr 1878/79 inklusive 65 Stück Lokomotiven an gesichertem Bestellungswerth circa 3 250 000 Der diesjährige Reingewinn, inklusive des Uebertrages von 6510,31 ℳ, pro 1. Juli 1877 beträgt 295 530,51 und vertheilt sich auf: Reservefonds mit 28 902 ℳ, Tantième des Aufsichtsraths mit 13 006 ℳ, Dividende mit 240 000 ℳ, Gewinnübertrag pro 1879 mit 13 622,51 ℳ;

Der Bericht der Königlichen Direktion der Main⸗Weser⸗ Bahn über das Betriebsjahr 1877/78 konstatirt, daß dasselbe bei

*) s. Reichs⸗Anzeiger vom 12. d. M.

**) s. Reichs⸗Anzeiger vom 7. d. M.

**⁷) s. Reichs⸗Anzeiger vom 17. d. M.

den Verkehrs⸗ und Einnahme⸗Ergebnissen kein günstiges Resultat aufzuweisen hat. Es wurden befördert: incl. Militärs 1 582 237 Personen, gegen 1 613 679 in 1876, mithin weniger 31 442, Gepäck 4825 t, gegen 5245 t, 89 Stück Equipagen, 5266 Stück Pferde, 4783 Hunde, 1596 Achsen und 44 936 Stück Vieh, 1 070 837 t Güter aller Art, gegen 1 132 045 t im Vorjahr, mithin 61 207 t weniger. Die Ergebnisse hieraus belaufen sich: beim Personen⸗ verkehr auf 2 546 559 gegen 2 681 173 im Jahre 1876, sonach 134 614 d. i. 5,02 % weniger, und beim Güterverkehr auf 4 016 096 gegen 4 880 192 in 1876 oder 863 815 oder 17,7 % weniger; einschließlich der Nebenerträgnisse betragen die In⸗ traden des Güterverkehrs 4 365 297 gegen 5 232 343 in 1876. Aus sonstigen Quellen wurden insgesammt 609 307 vereinnahmt gegen 537 296 im Vorjahre; diese Position weist sonach eine Steigerung von 72 010 gegen 1876 aus. Nach dem Abschlusse der Betriebsrechnung betragen die Einnahmen inkl. der Reste aus den Vorjahren 8107 758 ℳ; hiervon gehen jedoch ab die für 1878/79 zu übertragenden Einnahmereste von 655 221 ℳ, so daß sich die Ist⸗Einnahme auf 7 452 536 stellt. Die gesammten Ausgaben incl. der Ausgabereste aus vorderen Jahren betragen 5 599 942 ℳ, wovon jedoch die bereits in Rechnung gezogenen Reste aus den Vorjahren mit 300 079 abgehen, so daß zu verrechnen bleiben 5 299 862 Der wirkliche Ueberschuß beträgt daher 2 152 673 bezw. nach Abzug von 906 ℳ, welche auf separate preußische Rechnung gehen, 2 151 767 Be⸗ hufs Vertheilung des Ueberschusses geht inde noch hinzu die in der Ausgabe enthaltene Einkommensteuer, welche dem Königreich Preußen allein zur Last fällt, mit 12 750 ℳ, so daß insgesammt 2 164517 zur Vertheilung gelangten und zwar nach Maßgabe des verwendeten Anlagekapitals an das Königreich Preußen 1 484 581 und an das Großherzogthum Hessen 679 935 Unter Absetzung der als wirkliche Betriebsausgaben nicht zu betrachtenden Beträge von insgesammt 1 454 375 (nämlich: Zuschaß zur Krankenkasse der Werkstätte⸗Arbeiter, sowie aus der Betriebskasse zu leistende Pensionen ꝛc. 82 975 ℳ; für Erneuerungen und Erweiterungen von Bahnanlagen 1 343 182 ℳ, sowie für Neubeschaffung von Loko⸗ motiven ꝛc. 28 218 ℳ) belaufen sich die Ausgaben auf nur 3 845 485 gegen 4 796 013 in 1876, mithin 950 523 = 19,82 % weniger. Die Betriebsausgaben betragen von den Betriebseinnahmen 50,11 % gegen 55,75 % in 1876. Das Anlagekapital, welches sich in 1877/78 Zum den Betrag von 445 404 vergrößerte, betrug am Ende des Jahres 52 390 408 ℳ, wovon auf die Königlich preußischen Bahn⸗ strecken 35 933 103 und auf die Großherzoglich hessischen Strecken 16 547 305 entfallen. Der Restüberschuß präsentirt eine Ver⸗ zinsung dieses Anlagekapitals von 4,132 %.

In der Generalversammlung der Aktionäre der Gußstahl⸗ und Waffenfabrik Witten, vorm. Berger & Comp., wurde einstimmig Decharge ertheilt. Aus der Bilanz ergiebt sich ein Bruttogewinn von 548 178 ℳ, wovon 324 680 zu Abschreibungen verwendet worden sind, so daß ein Reingewinn von 223 498 verbleibt, der nach Beschluß der Generalversammlung folgendermaßen vertheilt wird: 202 500 sollen als Dividende (4 ½ %) zur Vertheilung an die Aktionäre gelangen, 5 % oder 11 174 zum Reservefonds abgeführt werden, 7500 dem Aufsichtsrath als garantirte Tantième zufallen und der Vortrag auf neue Rechnung in Höhe von 2323 dem Direktorium als Gratifikation für die Geschäftsführung üb rwiesen werden. Die Bilanz balanzirt mit 5 984 802 Debitoren figu⸗ riren mit 978 856 ℳ, Effekten mit 12 000 ℳ, das Kassakonto mit 199 ℳ, das Wechselkonto mit 10 988 ℳ, während Kreditoren mit 183 812 und der Reservefond mit 39 704 zu Buch stehen. Dsa Aktienkapital beträgt 4 500 000

In der ordentlichen Generalversammlung der Vereinigten chemischen ““ zu Leopoldshall (Aktiengesellschaft) am 19. Oktober wurde der Geschäftsbericht unter Vorlegung der llans, vorgelesen und die vorgeschlagene Dividende von 3 % ge⸗ nehmigt.

Antwerpen, 19. Oktober. (W. T. B.) Bei der heutigen Wollauktion waren 2344 B. angeboten, von denen 1550 B. verkauft wurden. Preise waren flau, theilweise 5 Cts. niedriger, als die Eröffnungspreise.

London, 21. Oktober. (W. T. B.) Heute findet eine vor⸗ läufige Vernehmung der Direktoren und des Sekretärs der City⸗ of⸗Glasgow⸗Bank statt, welche am vorigen Sonnabend zur Haft gebracht worden sind. 4 Glasgow, 19. Oktober. (W. T. B.) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sich auf 198 500 Tons gegen 163 800 Tons im vorigen Jahre. Zahl der im Betrieb befindlichen Hochöfen 92 gegen 87 im vorigen Jahre. .“

Verkehrs⸗Anstalten. .

Die Generalkonferenz der deutschen Eisenbahnverwaltungen zur Fartbi aenig der Tarifreform ist nunmehr auf den 30. d. M. berufen; dieselbe wird im Architektenhause hierselbst stattfinden.

Berlin, 21. Oktober 1878.

Die Anthropologische Gesellschaft beschäftigte sich in der Sitzung vom Sonnabend eingehend mit den zur Zeit hier im Zoologischen Garten weilenden Nubiern Dieselben sind in den letzten Tagen vom Professor Hartmann und den Herren Dr. Nachtigal und Hildebrandt in Bezug auf ihre Abstammung, von den Preofessoren Lepsius, Dellmann und Prätorius in Betreff der bei ihnen in Betracht kommenden linguistischen Erscheinungen und vom Professor Virchow hinsichtlich ihrer Körperverhältnisse untersucht worden. Prof. Virchow berichtete nunmehr der Gesellschaft über die interessanten Resultate jener Untersuchungen. Die Gruppe der Nubier setzt sich demnach zusammen aus Angehörigen von zehn ver⸗ schiedenen Stämmen, und zwar ist der Stamm der Chalenga durch 14, der der Marca durch 6, der der Dialin durch 3 Nubier vertreten, während 2 Stämme je 2, 5 nur je einen Repräsentanten aufzuweisen haben. Die vielgenannte Frau gehört dem Stamm der Marca an. Sprachlich gehört die Mehrzahl der hier anwesenden Nubier, namentlich die vom Stamm der Chalenga, der Sprach⸗ familie Petscha zu, einer Sprachfamilie, deren Stellung zu den übrigen Sprachen eine ungemein zweifelhafte ist. Der kleinere Theil der Nubier spricht dagegen die Casiasprache, die von allen Gelehrten als letztes Derivat der Des⸗Sprache angesehen wird. Ihrer bedienen sich u. A. die Marca. Beide Sprachgruppen lassen sich geographisch leicht sondern; während die he olescenden mehr den Norden Nubiens angehörten, bewohnen die Anhänger der Casia den Süden. Letztere stehen somit geographisch wie auch linguistisch den Abessiniern näher und scheinen gleich diesen semitischen Ursprungs zu 8 Die Sprache der Petscha reicht wahrscheinlich bis zu den älte⸗ teen Zeiten zurück und ist rielleicht schon gesprochen word n, als noch das alte Egypten existirte. Thatsache ist, daß sich zur Zeit die Petschasprache immer mehr ausbreitet, während die Casia⸗ sprache an Gebiet verliert. Zwischen beiden Sprachgruppen ein⸗ gezwängt waren in früheren Jahren noch 2 Völkerschaften, die wahr⸗ scheinlich die letzten Reste einer Urbevölkerung darstellen. Gegen⸗ wärtig haben sie sich sprachlich ganz der Hauptbevölkerung unter⸗ geordnet. Interessant ist es, daß die beiden Ben⸗famo der Gruppe als Angehörige eines dieser Stämme des Heikotastammes erkannt wurden: Alle hier anwesenden Nubier sprechen arabisch, wie überhaupt das Arabische die Sprache des Verkehrs ist. Einige der Nubier be⸗ herrschen nur die arabische Sprache, so namentlich die 3 Djalin, deren Stamm am meisten von allen nubischen Stämmen mit Negerblut vermischt ist. Die Djalins zeichnen sich auch dadurch aus, daß sie keine festen Wohnsitze aufzuweisen haben, sondern zer⸗ streut zwischen den einzelnen Stämmen leben. Wie nun durch die Sprache eine Trennung in zwei Gruppen sich ermöglichen läßt, so hat sich auch eine analoge Scheidung in Bezug auf die Körper⸗ verhältnisse gefunden; eine wesentliche Verschiedenheit zeigt der Nasenindex, der bei den Petschastämmen 75,5, bei den Casia⸗

stämmen 62,5 beträgt. Diese Verschiedenheit ist auch die, die bei der

Betrachtung am ersten in die Augen fällt, da die geringeren Ab⸗ weichungen der Schädelform durch die Haartracht verborgen werden. In Beziehung auf die Gesammtstellung hat sich für beide Gruppen ergeben, daß sie weit entfernt sind, in irgend welchem Zusammen⸗ hang mit den Negern zu stehen. Allerdings beeinträchtigt die dunkle Hautfarbe den Gedanken, daß wir es hier verwandteren Leuten zu thun haben sollen, ungemein. Diese setzt sich aus 2 Tönen zusammen, einen helleren nterton, bald mehr gelb, bald mehr roth, und einen dunkleren Oberton, der sich an einzelnen Theilen intensiv schwarz, an andern mehr grauschwarz, nie aber blauschwarz wie bei den Negern zeigt. Eigenthümlich ist es, daß die Theile des Körpers, die unbedeckt sind, also namentlich das Gesicht, heller wie die bedeckten sind. Auch hier zeigen die beiden Gruppen insofern einen Unterschied, els d völker etwas heller wie die Petschaleute sind. Wie es nun den Anschein hat, sind alle nubischen Stämme aus Südarabien ein gewandert; wann dies freilich geschehen ist, wird sich wohl schwer feststellen lassen, nur so viel läßt sich vermuthen, daß die Petscha⸗ völker früher wie die Casiavölker ihren jetzigen Wohnort betreten haben. Professor Hartmann knüpfte hieran noch einige Bemer⸗ kungen, in denen er das Gesagte im Wesentlichen bestätigte, während Hr. Hildebrandt Geräthe afrikanischer Stämme vorlegte. Die zweite afrikanische Thier⸗Karawane, welche sich vor der bevorstehenden Abreise mit der bereits hier anwesenden ver⸗ einigte und nun den imposanten Bestand von 31 Nubiern und einer Nubicrin repräsentirt, zeigt sich mit dem reich vermehrten Thier⸗ bestand bei günstiger Witterung im Zoologischen Garten täglich Vor⸗ mittags von 10 bis 12 Uhr, Nachmittags von 2 Uhr ab. Beim Dunkelwerden wird die ganze Bahn, auf der sich die Karawane zeigt, durch elektrisches Licht erhellt.

Bad Wildungen. Die letzte Kurliste ist bereits am 21. Sep⸗ tember ausgegeben worden. Sie schließt ab mit 1691 Nummern gegen⸗ über 1543 in 1877. Mit den Kurlisten ist aber die Saison noch nicht geschlossen, Bäder sind bis zum 10. Oktober gegeben worden. In der zweiten Hälfte September und sogar noch Anfang Oktober fanden sich zu einer relativ nicht unbedeutenden Zahl alter Kur⸗ gäste noch neue ein. Zu Anfang Oktober war außer Deutschland noch England, die Niederlande, Italien, selbst Chile durch einen Einwohner von Valparaiso vertreten. Zu den 1691 Kurgästen und Fremden haben die Niederlande 69, Rußland 41, Amerika 26, England 21, Oesterreich 11, Schweiz 8, Frankreich 6 Italien 5, Schweden, Java und Belgien je 4, Porlugal 2, Spanien, Rumänien, Dänemark und Japan je 1 Person gestellt. b

Die Kur war, wenn sie auch nicht alle Theile befriedigt hat, doch im Ganzen eine gute zu nennen, was nicht von vielen Bädern gesagt werden kann. 1“ 1

Durch eine neue wohlgelungene Musiktribüne, deren Akustik hesgessgnes ist, hat unser Bad eine weitere Verschönerung er⸗

alten.

Die Kaiserliche Orer⸗Postdirektion zu Cassel, welche die Be⸗ deutung der immer steigenden Frequenz unseres Bades richtig er⸗ kannt, hat neben dem Post⸗ und Telegraphen⸗Amt in Stadt Wil⸗ dungen zu Anfang Juli im Badelogirhause ein Post⸗ und Tele⸗ graphen⸗Bureau eingerichtet und läßt die Fahrposten bis zu demsel⸗ ben gehen. Diese neue Einrichtung ist allgemein mit lebhaftem Danke aufgenommen. Wie wir hören, liegt es in der Absicht der Badeverwaltung für das nächste Jahr ein eignes Postgebäude in der Nähe des Bade⸗Logirhauses zu erbauen.

Am 15. S ptember machten von Cassel aus gegen 125 Mit⸗ glieder der daselbst tagenden Versammlung der Naturforscher und Aerzte in Folge ergangener Einladung einen Abstecher nach Wildungen. Alle Theilnehmer waren von der Gegend, den Quellen, den Bade⸗ einrichtungen ꝛc. sehr befriedigt. Ihre Erwartungen waren nach allen Seiten hin weit übertroffen worden. Das schönste Wetter begün⸗ stigte den Ausflug. 1

Das Projekt einer Sekundärbahn von Wildungen nach Statio Wabern Main⸗Weser⸗Bahn scheint in ein günstiges Stadium

etreten sein. Der Königliche Regierungs⸗ und Baurath Lange zu

Eaßel hat das Projekt geprüft, für rentabel erklärt und in die Fand genommen. Das Unternehmen hat hierdurch einen neuen Aufschwung ügs und ist die Hoffnung gegründet, die Bahn b t zu sehen.

Mons, 19. Oktober. (W. T. B.) Unter d den hiesigen Steinbrüchen ist ein Strike ausgebrochen. Eine Abtheilung Gensd'armerie hat sich bereits nach dem betreffenden Distrikt begeben, auch haben Linientruppen den Befehl zum Abmarsch erhalten.

London, 21. Oktober. (W. T. B.) Bei einem am Sonn⸗ abend bei Pontyprid (2) stattgehabten Eisenbahnunfall sind 12. Personen getödtet und einige 40 verwundet worden.

Stockholm, 17. Oktober. (Hamb. Korr.) Von der Norden⸗ skjöldschen Expedition erhielt das Marine⸗Ministerium gestern Abend aus Irkutsk ein Telegramm folgenden Inhalts: „Wir trafen am 27. August vor dem Lenastrom ein. Die Reise ostwärts wird ohne Aufenthalt fortgesetzt. Hoffen die Behringsstraße in diesem Jahre zu erreichen. Das Meer ist fast eisfrei. Alles wohl. Palander.“ Der Absender des Telegramms, Hr. Palander, ist Marine⸗Offizier, und vom König ernannter Führer des Nordenstkjöldschen Expeditions⸗ schiffes ega⸗ Diese kurze telegraphische Meldung ist von hoher Bedeutung. Die Mündung des Lena liegt ein gut Stück Weges östlich vom Cap Tscheljuskin, welches Professor Nordenskjöld als am schwierigsten zu passirende Stelle auf der ganzen Nordost⸗ Passage bezeichnet hat. Die Nordenskjöldsche Expedition hat somit bisher einen über Erwarten günstigen Verlauf genommen, und wenn dieselbe, wie Nordenskjöld hofft, vor Ende September die Behrings⸗ straße erreicht, wird man binnen nicht recht langer Zeit aus einem ostasiatischen oder japanischen Hafen die Mittheilung erwarten dürfen, daß Nordenskjöld die große geographische Aufgabe: die so viel besprochene Nordost⸗Passage zu finden, gelöst hat. .

Das Friedrich⸗Wilhelmstädtische Theater „begeht in nächster In die Feier der 300. Aufführung der unverwüstlichen Straußschen Operette „Die Fledermaus“. Derselben wird eine vom Kapellmeister Arno Kleffel eigens für diesen Tag komponirte Ouver⸗ türe vorangehen, in welcher ein Potpourri aus sämmtlichen hier zur Aufführung gelangten Straußschen Opern und Operetten zu einem Melodienkranze vereinigt ist. 1

Die rtalie nischen Opernvorstellungen im Kroll⸗ schen Theater gewinnen mit jedem Tage mehr die Gunst des Publikums. Die vierte Wiederholung der Verdi'schen Oper „Die Macht des Schicksals“ ging gestern, Sonntag, unter vielem Beifall in Scene. Morgen findet auf vielseitiges Verlangen eine Wieder⸗ holung von „La Traviata“ mit Sigra. Saurel in der Titelrolle statt.

Morgen tritt Hr. Herrmann Karlowa zum 3. Male im National⸗Theater und zwar als „Othello“ auf.

Die unterhaltenden Soiréen des Physikers Hrn. Bött⸗ cher im Konzertsaale des Königlichen Schauspielhauses bieten in dieser Woche ein neues, interessantes Programm, indem der erste Akt des Abends eine Wanderung durch Unter⸗Italien illustrirt, die vor⸗ nehmlich durch jene Gegenden geht, in denen die lieblichsten Landschafts⸗ gefilde mit den Kampfplätzen unterirdischer Naturgewalten stetig wechseln. Das vulkanische Sizilien sowie die weitere und engere Um⸗ gebung Neapels bilden den Höhepunkt dieser romantischen Exkursion, die schließlich in einem Besuche Pompejis gipfelt, dessen neuerdings aufgegrabene Architekturen von spannendem Interesse sind. Der zweite Akt illustrirt das Wesen der großen Planeten. namentlich der Sonne, deren physikalische Verhältnisse und zeitiger Zustand auf

Grund der Resultate der Spekralanalyse dargelegt werden.

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