1878 / 260 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 04 Nov 1878 18:00:01 GMT) scan diff

. 8 tember 1878, im Geltungsbereiche des preußischen Allgemeinen Landrechts von der väterlichen Gewalt nicht dadurch be⸗ freit, daß er eine abgesonderte Wirthschaft im Sinne des §. 210 Allgemeinen Landrechts, Theil II., Titel 2 einrichtet, sondern er wird nur alsdann von der väterlichen Gewalt be⸗ freit, wenn er zu einem Posten avancirt (wenn er beispiels⸗ weise die Charge als Hauptmann nder Rittmeister erlangt), in welcher er der väterlichen Hülfe zu seiner Unterhaltung nicht mehr bedarf.

uqꝗbd— Der Königliche Gesandte am I“ ofe, Wirkliche Geheime Rath Graf von Flemming, hat ich mit der Gesandtschaftskanzlei von Baden⸗Baden nach

Karlsruhe zurückbegeben.

Der frühere General⸗Konsul des Norddeutschen Bundes in St. Petersburg, Heinrich von Witt ist daselbst am 22. v. Mts. nach längerem Leiden verstorben.

S. M. gedeckte Korvette „Elisabeth“, 19 Geschütze, ist am 2. November in Danzig außer Dienst gestellt worden.

Bayern. München, 3. November. (W. T. B.) Der Erzbischof von Bamberg ist, von Rom kommend, gestern jeer eingetroffen.

Karlsruhe, 1. November. (C. Z.) Bei der allgemeinen Berathung der Einführungsgesetze zu den Reichsjustizgesetzen in der Zweiten Kammer st die Frage, ob die einzelnen Bestimmungen des badischen Land⸗

rechts, welche durch die Reichsgesetze außer Wirksamkeit treten müssen, besonders bezeichnet und ausdrücklich aufgehoben werden sollen wie es die Ansicht der Justizkommision des Hauses oder ob die Ordnung des Verhältnisses des Reichs⸗ echts zum Landrecht der Wissenschaft und der gerichtlichen Praxis überlassen werden soll welchen Standpunkt die Regierungvorlage einnimmt —, durch die Annahme eines Antrages des Abg. Kiefer und Genossen im Sinne der Kommission entschieden worden. Damit tritt die Kammer der Auf⸗ fassung bei, daß die mit den Reichs⸗Justizgesetzen nicht über⸗ einstimmenden Vorschriften des Landrechts durch Aufhebung oder Abänderung dieser Vorschriften in dem Einführungs⸗ heset⸗ auszuscheiden seien. Es werden zu diesem Zwecke die etreffenden Theile der Kommissionsanträge zur Entgegen⸗ nahme der Erklärungen der Regierung über die Einzelbestim⸗ mungen und zur weiteren Berichterstattung an die Kammer wieder der Justizkommission überwiesen. Die Kammer trat sodann gestern in die Einzelberathung ein. Nach der Re⸗ ierungsvorlage soll für das Großherzo thum Baden ein

berlandesgericht mit dem Sitze in Kürlskuhe bestimmt werden. Mit ersterem ist die Kommission einverstanden; dagegen beantragte sie, daß Sitze und Bezirke der Landgerichte gleichfalls durch Gesetz festgestellt, die Sitze und Bezirke der Amtsgerichte aber zwar zu⸗ nächst durch Verordnung bestimmt werden sollen, nach dem 1. Oktober 1882 jedoch auch nur durch Gesetz verändert wer⸗ den können. Für die Regierungsvorlage wurde das bis jetzt in dieser Beziehung in Baden unbestrittene Verordnungsrecht der Regierung, das konstitutionelle Herkommen und die Zweck⸗ mäßigkeit geltend gemacht. Die Kammer lehnte jedoch den An⸗ trag des Abg. Turban und Genossen auf Wiederherstellung der Regierungsvorlage ab und nahm in der Abendsitzung den Antrag der Kommission an. Der heutige und morgende Feier⸗ tag bringt in die Thätigkeit der Kammer wieder eine kurze

Hesterreich⸗Ungarn. Wien, 2. November. (W. T. B.)

Wehrausschuß des Abgeordnetenhauses be⸗ betreffend die Verlängerung und Wirksamkeit des Wehrgesetzes, nicht in

Der schloß, die Regierungsvorlage, Berathung zu ziehen, nachdem der Minister für Landes⸗ vertheidigung, Horst, erklärt hatte, daß jedenfalls vor dem 8. Dezember von der jetzigen, resp. einer neuen Regierung ein diese Vorlage amendirender oder ganz neuer Gesetzentwurf 8g Zuziehung des jetzt vorliegenden werde eingebracht werden.

Die „Pol. Korr.“ meldet: Aus Konstantinopel: Die Pforte dirigirt in der Besorgniß, daß die Russen aus Anlaß des Aufstandes in Nordmacedonien zu einer Besetzung dieser Provinz schreiten könnten, alle von Konstantinopel abgehenden Truppenverstärkungen hauptsächlich nach Seres und Strumnitza. Auch von Pristina und Scopia gehen beträchtliche Truppenabtheilungen nach Macedonien. Der Sultan hat neuerdings Osman Pascha mit der Ueberwachung der Befestigungsarbeiten auf der Vertheidigungslinie Tschataldja⸗Derkos beauftragt. General Totleben hat sänmelich russische Linien bis Luleburgas inspizirt. Das russische Hauptquartier trifft Vorbereitungen für die Ueberwinterung eines großen Theiles der Armee in der Umgebung von Adrianopel. Die Führer der Insur⸗ rektion auf Kreta schicken sich an, die Insel zu verlafen,

Pest, 2. November. (W. T. B.) Der Minister⸗Präsident Tisza hat in der heutigen Sitzung des Abgeordneten⸗ hauses den Berliner Vertrag abschriftlich auf den Tisch des Hauses niedergelegt. Bei der Vorlegung des Vertrages wandte sich der Minister⸗Präsident Tisza gegen die Behaup⸗ tung, daß der Berliner Vertrag die Okkupation Bosniens von einer vorgängigen Konvenkion Ueenbie mache. Der Minister⸗Präsident erklärte nochmals, daß er für die von der Regierung befolgte Politik die Verantwortung übernehme. Der Minister des Auswärtigen sei aber nur den Delegationen verantwortlich. Internationale Verträge, welche durch die berechtigten Faktoren zu Stande gekommen seien, könnten nicht von der Legislative eines Staates angefochten werden ohne daß dadurch die Basis des gesammten internationalen Rechtes erschüttert werde. Tisza stellte aͤuf das Bestimmteste die Evxistenz einer in Reichstadt getroffenen Abmachung in Abrede.

Der Antrag des Minister⸗Präsidenten, die Wahl der Delegation am Dienstag vorzunehmen, wurde angenommen.

Großbritannien und Irland. Bombay, 3. Novem⸗ ber, (W. T. B.) Wie das Journal „Pioneer“ als authentisch meldet, wird in dem an den Emir Schir Ali abgegangenen Ultimatum eine Antwort bis zum 20. d. Mts. gefordert, widrigenfalls die englischen Truppen sofort in Afghanistan einrücken würden. 5

Frankreich. Paris, 2. November. (Fr. C.) Garnier einer der Veteranen der republikanischen Partei und weiland Mitglied der provisorischen Regierung von 1848 und der Regierung der Landesvertheidigung von 1870, ist hier gestern Abend, im Alter pon 76 Jahren plötzlich gestorben.

talien. Rom, 2. November. (W. T. B.) Der Finanz⸗ Minister hat Ellena und Axerio mit definitiven Instruktionen für den mit Oesterreich abzuschließenden 1I11“ versehen. Dieselben begeben sich heute Abend wieder nach Wien

Türkei. Konstantinopel, 2. November. (W. T. B.) Die türkische Regierung hat bestimmt, daß die Kaimes bei den Steuerzahlungen zum Course von 280 per Livre enfn⸗ nehmen sind. Die Pforte hat neuerdings an den russi⸗ schen Botschafter, Fürsten Lobanoff, eine Mittheilung

in Betreff der von den Bulgaren begangenen Exzesse“

gerichtet.

Rumänien. Bukarest, 2. November. (W. T. B.) Der Minister des öffentlichen Unterrichts, Chitzou, hat seine Demission gegeben.

Eine neue Kappost vom 8. v. M. überbringt fol⸗

gende Nachrichten: b Allenthalben herrscht ausnahmsweise Ruhe. An der Grenze ist alles unverändert, und die Entwaffnung nimmt ohne Widerstand ihren Fortgang. Den Gaikas sind jenseits des Flusses Kei neue Niederlassungen überwiesen worden; dieselben wurden Kapitän Blhyt formell übergeben. In einer Ansprache des Kapitäns Blyth dankten die Häuptlinge der Regierung für die in ihrem Inter⸗ esse ausgeführte Maßregel. Der Gouverneur befindet sich in Maritz⸗ burg, wo ihm zu Ehren ein großes Bankett gegeben wurde. r empfing Botschaften von Cetywayo, deren Inhalt jedoch unbekannt ist. Kreli soll mit 20 Anhängern und einigen Zulus, die ihm Cetywayo als Geleit in das Zululand gesandt hatte, den Umzimubu überschritten haben. Unter den Insurgenten an der nördlichen Grenze herrschen innere Zerwürfnisse, und deren Unterwerfung wird leicht sein. In Transvaal ist das Gerücht im Umlauf, daß der König der Swazies sich geweigert habe, ein Kontingent gegen Secocoein auszusenden, und seine Treue zweifelhaft sei. Die allge⸗ meinen Wahlen beschäftigen die Aufmerksamkeit in hohem Grade.

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund⸗ heitsamts sind in der 43. von je 1000 Be⸗ wohnern, auf den Jahresdurchschnitt bere hnet, als gestorben emeldet: in Berlin 26,2, in Breslau 26,1, in Königsberg 28,0, in

öln 21,7, in Frankfurt a. M. 17,9, in Hannover 17,7, in Cassel 19,7, in Magdeburg 20,0, in Stettin 22,2, in Altona 17,5, in Straß⸗ burg 18,4, in München 29,0, in Nürnberg 22,8, in Augsburg 42,2, in Dresden 15,3, in Leipzig 23,3, in Stuttgart 22,4, in 25,9, in Karlsruhe 18,5, in Hamburg 19,7, in Wien 25,3, in Buda⸗ pest 33,7, in Prag 29,8, in Triest 26,4, in Basel 17,8, in Brüssel 24,0, in Paris 19,6, in Amsterdam 21,5, in Kopenhagen 17,2, in Stockholm 17,3, in Christiania 9,7, in St. Petersburg 34,7, in Warschau 25,7, in Odessa 38,0, in Bukarest 26,9, in Rom 21,1, in Turin 27,0, in Athen —, in Lissabon 32,0, in London 21,1, in Glasgow 20,9, in Liverpool 27,5, in Dublin 23,5, in 18,5, in Alexandria (Egypten) 43,2. Ferner aus früheren Wochen: in New⸗ 24,8, in Philadelphia 14,7, in Boston —, in Chicago 15,4, in

an Franzisko 16,0, in Calcutta 33,2, in Bombay 35,9, in Madras 56,6.

An den deutschen Beobachtungsstationen waren in der Berichts⸗ woche meist südliche Windrichtungen vorherrschend, nur um die Mitte der Woche wechselten in Breslau, München und Cöln dieselben vor⸗ übergehend mit westlichen Luftströmungen ab. Die Luftwärme ent⸗ im Allgemeinen dem Monatsmittel. Es regnete häufig und

esonders in der 2. Wochenhälfte. Das in den ersten Tagen der Woche rasch fallende Barometer stieg um die Mitte der Woche, sank nud stieg aber in den letzten Tagen abermals, erreichte jedoch die heim Beginn der Woche eingenommene Höhe nicht wieder. 8

Die Sterblichkeitsver hältnisse der meisten größeren, namentlich der deutschen Stäbte, haben sich im Vergleich zur Vorwoche wesentlich günstiger gestaltet. Die Gesammtsterblichkeitsverhältnißzahl für die deutschen Städte sank auf 23,2 von 24,0 der Vorwoche (auf 1000 Bewohner und aufs Jahr berechnet) und weist eine erhebliche Ab⸗ nahme der Sterblichkeit des Säuglingsalters in fast allen Städte⸗ gruppen nach, sowie eine Steigerung der Sterblichkeit der höheren Altersklassen.

Unter den Todesursachen gewannen von den Infektionskrank⸗ heiten Scharlachfieber und diphtherische Affektionen größere Ausdeh⸗ nung, während Darmkatarrhe und Brechdurchfälle der Kinder einen weiteren Rückgang erfuhren. Die Masernepidemie in Nürnberg zeigt noch keinen weiteren Nachlaß; das Scharlachfieber tritt in Ber⸗ lin, Danzig, Breslau vermehrt auf, in Essen läßt die Epidemie ein wenig nach; in Liverpool und Birmingham ist der Stand der Epidemien noch unverändert. Diphtherische Affektionen fordern in vielen Städten zahlreiche Opfer, so in Berlin, Wien, München, Pest, Stuttgart, Danzig, Dresden u. a. Unterleibstyphen waren etwas vermehrt, namentlich in italienischen Städten, doch treten sie zur Zeit in keiner größeren Stadt als gefahrdrohende Epidemte auf. Aus Breslau wird 1 Todesfall an Flecktyphus gemeldet. Darm⸗ katarrhe und Brechdurchfälle der Kinder haben in fast allen größeren Städten erhebliche Rückgänge aufzuweisen, nur in Wien und St. Petersburg war die Zahl der Todesfälle etwas größer als in der vorangegangenen Woche. Ruhrtodesfälle kamen nur in vereinzelten Fällen vor. Die Pocken forderten in London 4 Opfer, in Wien 6, in Pest 8, in Paris 3, in Warschau 12, in St. Petersburg 28. Aus Nürnberg wird 1 Todesfall an Varicellen gemeldet. Das gelbe Fieber verlief in Rio de Janeiro während des Monats August und der ersten Hälste des September äußerst mild; dagegen wütheten die Pocken mit außergewöhnlicher Heftigkeit. Innerhalb der 6 bereits erwähnten Wochen erlagen den⸗ selben 634 Personen.

Das Herzogliche Staats⸗Ministerium in Meiningen hat kürz⸗ lich eine Statistik der Selbstmordfälle und der tödt⸗ lichen Verunglückungen im Herzogthum Sachsen⸗Mei⸗ ningen veröffentlicht. Danach sind in dem vierzigjährigen Zeitraum von 1838 bis Ende 1877 im Ganzen 1396 Selbstmordfälle vorge⸗ kommen, bei welchen das männliche Geschlecht mit 1107 oder 79,3 %, das weibliche Geschlecht mit 289 oder 20,7 % betheiligt gewesen ist. In den einzelnen Dezennien dieses Zeitraums ist eine stetige Zunahme der Selbstmordfälle ersichtlich. Die Zahl derselben betrug von 1838 bis einschließlich 1847 228 oder 0,63 % der Gestorbenen, von 1848 bis 1857 294 oder 0,78 % der Gestorbenen, von 1858 bis 1867 381 oder 0,91 % der Gestorbenen und von 1868 bis 1877 493 oder 1,06 % der Gestorbenen. Auf je 1000 Einwohner kommen Selbstmörder in den Jahren 1838 1847 0,15, 1848 1857 0,18, 1858 1867 0,22, 1868 1877 0,26. Während im Zeitraum von 1838 bis 1877 die jährliche durchschnittliche Zunahme der Bevölkerung nur 0,73 % betragen hat, haben die Selbstmorde im gleichen Zeitraum durchschnittlich um 3,70 % zugenommen. Für die fünf letzten Jahre 1873 1877 liegen eingehendere Nachweise vor. Aus denselben ergiebt sich, daß von 248 Selbmord⸗ fällen dieser Periode 171 auf Personen entfallen, welche ihren Wohn⸗ ort auf dem Lande haben und 77 auf Städtebewohner. Auf je 10 000 Landbewohner kommen 4,29 männliche, 0,86 weibliche auf je 10 000 Stadtbewohner 4,16 männliche und 1,03 weibliche Selbst⸗ mörder. Unter denselben befanden sih nach ihrem Familienstande: 70 Ledige (28,2 %), 121 Verheirathete (48,8 %), 39 Verwittwete (15,7 %) und 18 unbekannten Familienstands (7,3 99). Was das Alter der Selbstmörder betrifft, so entfallen auf das 10.—1 Lebensjahrl2, auf das 20.— 29.: 38, auf das 30.— 39.: 28, auf das 40.— 49.: 48, aufdas 50.—59. 48, auf das 60.— 69: 40, auf das 70.— 79.: 19, auf das 80. Jahr und darüber 3 Selbstmorde, während in 12 Fällen das Alter unbekannt eblieben ist. Zieht man Beruf, Stand und Gewerbe in Betracht, o stehen in erster Linie Angehörige der Industrie und des Bau⸗

wesens 93 (37,50 %) sodann Handarbeiter und persönliche Dienste

Leistende 49 (19,76 %), und Landwirthschaft Treibende 43 (17,34 %) während Handel und Verkehr, Forstwirthschaft, Bergbau und Hütten⸗ wesen, sowie andere Berufsarten nur gering an den Selbstmordfällen

betheiligt sind. Ursachen des Selbstmordes sind vorzugsweise Melan. cholie und Lebensüberdruß, unordentliches Leben und Trunksucht, Scham und Furcht vor Strafe, Geistesstörung und häuslicher Kum⸗

mer gewesen.

Tödtliche Verunglückungen haben von 1838 1877 zusam⸗ men 2193 stattgehabt, wovon 1666 (76 %) auf das männliche und 527 (24 %) auf das weibliche Geschlecht entfallen. Die absolute Zahl solcher Verunglückungen ist seit 1838 etwas gewachsen, nicht aber die relative Zahl im Verhältniß zu den Gestorbene. Während 1838 1,37 Personen von 100 Gestorbenen verunglückt sind, entfallen auf 1877 nur 1,27 Personen auf 100 Gestorbene. Was die Art der Verunglückung betrifft, so kommen auf die Jahre 1873 1877 von 352 Fällen u. a. auf Ertrinken 72 (20,5 %), Sturz und Fall 67 (19,0 %), Ueberfahren 39 (11,1 %), Erschlagen von fallenden Gegen⸗ ständen 33 (9,3 %), Brandwunden 25 (7.1 %), Verschüttung 25 (7,1 %), Verbrechen und Vergehen Dritter 22 (6,2 %), während Ver⸗ unglückungen durch Maschinen, Erfrieren, unabsichtliche Selbstverwun⸗ dung ꝛc. weniger häufig vorgekommen sind.

Die „Chem. Ztg.“ theilt folgende Korrespondernz aus Lissabon mit: Unsere Bergwerksproduktion hebt sich von ahr zu Jahr. An Bleierzen wurden in Portugal gewonnen in den Jahren 1830 bis 1850: 702 metr. t im annähernden Werthe von 284 000 Fr., in den Jahren 1871/75: 10 858 t im Werthe von 2 390 000 Fr.; Kupfererze wurden gefördert: im Jahre 1851/55: 724 t im Werthe von 192 000 Fr., im Jahre 1871/75: 8892 t im Werthe von 1 983 000 Fr. Der Abbau der Kupferkieslagerstätten wurden erst in der Periode von 1856/60 ernstlich in Angriff genom⸗ men; der Ertrag war damals 44 780 t im Werthe von 1 493 000 stieg aber 1871/75 auf 844 278 t im Werthe von 26 982 000

r. An Antimonerzen wurden 1836/50 nur 117 t, 39 000 Fr. werth, gewonnen; 1871/75 betrug die Produktion 866 t im Werthe von 407 000 Fr. Die Gewinnung von Manganerzen belief sich 1856/60 auf 400 t im Werthe von 27 000 Fr., 1871/75 auf 41 608 t und 3 301 000 Fr. An Eisenerzen wurden 1866/70 6699 t im Se 77 000 Fr., 1871/75 dagegen 96 180 t = 730 000 Fr. gefördert.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

„Der Malayische Archipel, Land und Leute“ ist der Titel eines neuen, im Verlage von Gustav Weigel in Leipzig er⸗ schienenen dreibändigen Werkes von C. B. H. von Rosenberg. Der Verfasser, welcher 30 Jahre hindurch (1840 1871) in den niederländischen Kolonien, theils als Offizier, theils als Regierungs⸗ beamter zubrachte, hat diese Zeit wohl benutzt, indem er sich ent⸗ weder in amtlicher Eigenschaft oder aus eigenem Antriebe, ungeachtet der ihm allenthalben drohenden persönlichen Gefahren, der Erfor⸗ schung dieser zum Theil in Europa nach gänzlich unbekannten Insel⸗ länder und dem eingehenden Studium der Sitten und Kebens⸗ weise der vielen, häufig noch kannibalischen Völkerschaften unterzog. Jahre lang als Assistent des berühmten Geologen Dr. F. Junghuhn thätig, wurde ihm auch Gelegenheit, an der Hand dieser wissenschaftlichen Kapazität seine Beobachtungen mit dem Auge des ernsten Denkers und erfahrenen Forschers zu machen, und be⸗ deuten seine Erfahrungen, welche in dem genannten Werke ge⸗ sammelt vor uns liegen, daher auch mehr als die Schilderungen von den Erlebnissen eines laienhaften Reisenden. Der Verfasser weiß das Unterhaltende mit dem Belehrenden zu verbinden und während der Laie, welcher in der Lektüre nur eine anregende Unter⸗ haltung sucht, hier vollauf seine Befriedigung findet, wird auch dem Fachmann, dem Gelehrten oder Naturforscher des Neuen und Inter⸗ essanten genug geboten.

Speziell auf ethnographischem und naturhistorischem Gebiet zeigt sich der Autor bewandert und auch seine geographischen Be⸗ trachtungen sind jedenfalls das Resultat ernster Studien und scharfer Beobachtungsgabe. Mit reger Theilnahme begleitet man den geist⸗ vollen Reisenden und liebenswürdigen Plauderer auf seinen Touren an der Westküste Sumatras, in den Batta und Padanger Gebirgs⸗ ländern, auf den Mentawej⸗Inseln, Eugano und Benkalen, in Singkel, dem Atji⸗Reiche, auf den Banjak⸗ und Nias⸗Inseln, wäh⸗ rend der Jahre 1845 bis 1856.

Mit gleichem Interesse folgt man ihm während der folgenden Jahre auf seinen Reisen nach den Molukken, Neu⸗Guinea und Java, woselbst er auch längere Zeit als Beamter der Regierung für geodä⸗ sische und natarwissenschaftliche Untersuchungen thätig war.

In übersichtlicher, knapper Form sind diese Schilderungen in 3 Bänden zusammengefaßt. Band 1 behandelt speziell Sumatra, Band 2 Java, Band 3 Neu⸗Guinea mit allen umliegenden Insel⸗ gruppen. Das werthvolle Werk ist durch zahlreiche, zumeist nach den 2 des Verfassers gefertigte, Illustrationen bereichert und empfiehlt sich auch, neben dem fesselnden Inhalt durch elegante Aus⸗ stattung, vortrefflichen Druck in großer Antiqua und durch den ver⸗ hältnißmäßig geringen Preis von 18

Von der in Carl Heymanns Verlag hi rselbst erscheinenden „Zeitschrift für Gesetzgebung und Praxis auf dem Gebiete des deutschen öffentlichen Rechtes“, herausgegeben von dem Ober⸗ Tribunals⸗Rath W. Hartmann, ist das sechste Heft des vierten Bandes ausgeg ben. Das Heft enthält außer einer Reihe von Ent⸗ scheidungen und Erlassen von Gerichten und anderen Behörden und der Besprechung von neu erschienenen juristischen Schristen die Fort⸗ setzung des Aufsabes: „übersichtliche Darstellung der in Oesterreich geltenden gesetzlichen Bestimmungen auf dem Gebiete der inneren Verwaltung“ von Dr. C. von Kißling.

In demselben Verlage erschien: „Das Deutsche Gerichts⸗ kostenwesen, enthaltend das Gerichtskosten esetz vom 18. Juni 1878, die Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige vom 30. Juni 1878, die Gebührenordnung sür Gerichtsvollzieher vom 24. Juni 1878.“ Für den praktischen Gebrauch bearbeitet von Carl Pfafferoth. Geh. Registrator im Reichsjustizamte. Das Buch, welches einen Theil der in Carl Heymanns Verlage erscheinenden „Justizgesetzgebung des Deutschen Reiches“ von Dr. von Sarwey und G. Thilo bildet, bezweckt, denjenigen Beamtenklassen, welchen hauptsächlich die Handhabung dieser Gesetze zufallen wird, ein Mittel zu gewähren, velches ihnen ermöglicht, zur Lösung von Zweiseln und Bedenken bezüglich der für den einzelnen Fall anzuwendenden Bestimmungen zu gelangen. Das Werk fügt dem Gesetzestext in möglichster Kürze diejenigen Theile der umfassenden und dabei zum großen Theile legislative Er⸗

Lörterungen enthaltenden Motive bei, welche zur Auslegung erforder⸗

lich und geeignet erscheinen; es reiht erläuternde Bemerkungen daran, welche die Grundprinzipien des Gesetzes klar legen, den Sinn und den Zusammenhang der einzelnen Bestimmungen erschließen und deren Anwendung auf einzelne Gestaltungen des Prozeßverfahrens vorführen sollen; es giebt endlich einen für das Verständniß der Gesetze unent⸗ behrlichen Abdruck der in Bezug genommenen Vorschriften anderer Reichsgesetze. Kurze einleitende Uebersichten des Inhalts einzelner Abschnitte, sowie einige an die Darstellung des Prozeßganges sich an⸗ Pcsfena Beispiele der Gebührenberechnung in bürgerlichen Rechts⸗ treitigkeiten dürften im Uebrigen der leichteren praktischen Hand⸗ habung förderlich sein.

Von den „Geschichtsblättern 13 Stadt und Land Magdeburg“, Mittheilungen des Vereins für Geschichte und Alterthumskunde des Herzogthums und Erzstistes Magdeburg, heraus⸗ gegeben vom Vorstande des Vereins (Magdeburg, Schäfer'sche Buch⸗ handlung: A. Rüdiger), ist vor Kurzem das 3. Heft des 13. Jahr⸗ sanges 1878 ausgegeben worden. Dasselbe bringt zunächst nteressante Mittheilungen über Hochzeitsgebräuche des Magde⸗ burger Landes, vom öu Dr. Philipp Wegner. Dann folgen „Aktenstücke und Urkunden zur Geschichte des Klosters U. L. Fr. zu Magdeburg im 16. Jahrhundert“, von Dr. G. Hertel, sowie die Fortsetzung der Abhandlung von F. Winter: „Der dreißig⸗

14“ ““ 8— ö“

Revangelischen Gustav⸗Adolf⸗Stiftung statt. Gesange

schließen, zu gliedern.

korrespondirenden Mitgliede der Gesellschaft, Dr. Kohl

jährige⸗Krieg in der Landschaft südwestlich von Magdeburg“, und zwar 88 eit 8 der Wittstocker Schlacht bis nach Baners Tode (Oktober 1636 bis Ende 1641). Sprachlich und kulturhistorisch interessant und die „Beiträge zu Magdeburger Häuser⸗ und Straßennamen aus sirkundlichen Zeugnissen vor 1631“, vom Oberlehrer Hülße. Unter der Rubrik „Literatur“ wird die Schrift von Dr. Georg Wendt: Die Nationalität der Bevölkerung der deutschen Ostmarken, vor dem Beginne der Germanisirung“ (Göttingen 1878), welche den Beweis unternimmt, daß die neu einwandernden Deutschen in Pom⸗ mern, Brandenburg und Böhmen nur Slaven vorfanden, einer kriti⸗

schen Beleuchtung unterzogen. Land⸗ und Forstwirthschaft.

München, 31. Oktober. Mit dem eben begonnenen Winter⸗ semester der hiesigen Universität tritt der mit derselben verbundene höhere forstliche Unterricht ins Leben und werden die für den⸗ selben neuberufenen Professoren über folgende Gegenstände Professor D.. liest über „Waldwerthrechnung und forstliche Statik;“ Peofessor De. Gayer über „Waldbau; Professor Dr. Eber⸗ mayer über „Pflanzenchemie“ und Professor Dr. von Baur über „Holzmeßkunde;“ von den bisherigen Professoren dozirt Dr. P. Roth 1) über „Forstrecht und Forstpolizei, mit besonderer Rücksicht auf die bayerischen Gesetze“ und 2) über „Forst⸗ und Jagdgeschichte Deutsch⸗ sanbo.

Gewerbe und Handel.

Vom Berliner Pfandbrief⸗Institut sind bis Ende Oktober 1878 39 vo h 4 ½ prozentige und 8 645 400 5 prozentige, zusammen 48 635 100 Pfandbriefe ausgegeben, wovon noch 39 282 900 und 7 983 600 5 pro⸗ entige, zusammen 47 266 500 Pfandbriefe verzinslich sind. Es nd zu sicher. aber noch nicht abgehoben 3 761 400 ℳ; in der Feststellung begriffen 2 Darlehnsgesuche auf Grundstücke zum Feuer⸗ versicherungswerthe von 512 050 ℳ; im Laufe des Monats Oktober 1878 angemeldet 8 Grundstücke mit einem Feuerversicherungswerthe von 948 725 . . 1

Nach dem Geschäftsbericht der Berliner Weißbier⸗ Brauerei Gericke hat der Umsatz im Betriebsjahre 1877 1878 die Höhe von 23 980 t oder 656 t mehr als im Vorjahre erreicht. An Malz wurden produzirt 9507 Ctr., im Vorjahre 6576 Ctr., also mehr 2931 Ctr. Der Bruttogewinn beziffert sich auf 75 752 Unter Hinzurechnung von 11 797 Gewinn des Vorjahres ergiebt sich eine Gesammtsumme von 87549 Nach Abzug der General⸗ Unkosten, sowie eines Deleredere und nach Abschreibungen in Höhe von 32 052 verbleibt ein Nettogewinn von 18 337 ℳ, welcher zur Vertheilung einer 2 prozentigen Dividende benutzt werden soll. Die übrig bleibenden 1113 kommen zum Vortrag auf neue Rechnung.

Brüssel, 4. November. (W. T. B.) In dem Prozesse gegen den Spekulanten Philippart ist derselbe von der Anklage wegen Vertrauensmißbrauchs und Unterschlagung freigesprochen wor⸗ den, dagegen wegen einfachen Bankerotts zu 6 Monaten Gefängniß verurtheilt worden, da er sich trotz Kenntniß seiner geschäftlichen Lage in große Engagements eingelassen habe. b

Glasgow, 2. November. (W. T. B.) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sich auf 199 600 Tons gegen 165 300 Tons im vorigen Jahre. Zahl der im Betrieb befindlichen Hochöfen 88 gegen 88 im vorigen Jahre.

Die „New⸗Yorker Hdls.⸗Ztg.“ äußert sich in ihrem vom 18. v. Mts. datirten Wochenbericht über die Geschäftslage fol⸗ gendermaßen: Im Geldmarkt machte machte sich Seitens der Dis⸗ conteurs grobe Zurückhaltung bemerkbar, die weniger einem Miß⸗ trauen entspringt, als der Befürchtung, daß in nächster Zeit eine Geldklemme eintreten könnte, für welche Eventualität man gerüstet sein möchte. Selbst beste indossirte Platzwechsel waren diese Woche, je nach ihrer Sicht, unter 6 % p. a. schwer anzubringen, und für nicht indossirtes Papier ersten Ranges mußte bis über 7 % p. a. be⸗ willigt werden. Im Goldmarkt ist es Anfangs dieser Berichts⸗ woche so wild hergegangen, daß man sich in die Zustände der sechs⸗ ziger Jahre versetzt glaubte. Nach mannichfachen Schwankungen fiel schließlich das Agio von dem höchsten Punkte 1 ½ % auf ½ à 8 %, welchen Punkt es auch seit Mitte der Woche nicht wie⸗ der überstieg. Der beim Schluß des letzten Referats im Wechselmarkt herrschende Druck wurde schon gegen Mitte dieser Woche wesentlich erleichtert durch die Nachricht, daß eine halbe Million Dollars von Europa nach hier unterwegs und zum Ankauf von Wechseln bestimmt sei. Bald darauf stellte sich eine starke Frage ein zur Beschaffung des Rembourses für ca. drei Millionen Dollars Bundesobligationen, welche in London zur Rücksendung nach hier ge⸗ kauft waren, und für kurze Sichten trat ein starker Avanz ein, von welchem auch 5 Sichten etwas profitirten; die Frage richtete sich jedoch größtentheils auf Banquierpavier. Beim Ankauf von Pro⸗ duktentratten, namentlich auf England, geht man mit großer Vorsicht zu Werke; Continental⸗Devisen sind leichter verkäuflich. Heute ent⸗ wickelte der Markt eine äußerst feste, auf steigende Course deutende Tendenz. Auf das Waaren⸗ und Produktengeschäft übte die in Eng⸗ land öb einen lähmenden Einfluß. Dies gilt namentlich von Brodstoffen.

Verkehrs⸗Anstalten⸗

New⸗York, 1. November. Das Postdampfschiff „Main“, Kapt. J. Barre, vom Norddeutschen Lloyd in Bremen, welches am 20. Oktober von Bremen und am 22. Ottober von

Southampton abgegangen war, ist heute 9 Uhr Morgens wohlbehalten

hier angekommen.

New⸗York, 2. November. (W. T. B.) Der Dampfer „France“ von der National⸗D ampfschiffs⸗Compagnie (C. Messingsche Linie) ist heute hier eingetroffen.

Berlin, 4. November 1878.

„In der Neuen Kirche fand am vergangenen Sonnabend Abend die Jahresversammlung der Berliner Ortsvereine der ze. Nach dem ge „Ein feste Burg ist unser Gott“ schilderte Prediger Schmeidler, anknüpfend an Matthäi 20, Vers 26 28, die wirksame Thaͤtigkeit des Gustav⸗Adolf⸗Vereins. Der Vorsitzende des Hauptvereins für die Provinz Brandenburg, Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Meyer, erstatt te alsdann den Jahresbericht. Aus diesem war zu entnehmen, daß der Berliner Frauen⸗Verein im letztverflossenen Jahre 3444 baar an Konfit⸗ manden⸗Anstalten, Schulen und Kirchen gesandt hat. Für Bekleidung

armer Konfirmanden spendete der genannte Verein 1763 22 ₰.

Die Einnahmen des Berliner Ortsvereins betrugen im verflossenen Jahre 13 615 12 Es bleiben mithin zur Ver⸗ sind dem Hauptverein

Ortsverein zählt im Ganzen 1083

„Der Vorstand beabsichtige nun, den Berliner Orts⸗ verein in vier Gruppen, die sich an die vier Berliner Diözesen an⸗ ie In dieser Weise hoffe man ein größere Be⸗ theiligung Seitens der evangelischen Bürger Berlins zu erzielen.

Mit Gesang schloß die Jahresversammlung. 1

„Gesellschaft für Erdkunde“ wählte in ihrer am Sonnabend stattgehabten Monatssitzung ihren ea für das ; als erster Vorsitzender ging der Dr. Nachtigall aus der or, als dessen Stellvertreter der Professor Dr. Hartmann und der Korvetten⸗Kapitän Freiherr von Schleinitz. Nachdem der derzeitige Vorsitzende, reiherr von Richthofen, dem verstorbenen kohl in Bremen berichtete er Näheres über die

einen ehrenden Nachruf gezollt,

deutscherseits nach Afrika ausgerüsteten Expeditionen. Danach wird der Hofrath Rohlfs Anfang Dezember von Tripolis aufbrechen und zur selben Zeit der Dr. Buchner in Loanda eintreffen. In Erwägung, daß ein glücklicher Verlauf der Expedition theilweise davon abhänge, daß die Sultane des innern Afrika die Reisenden wohlwollend aufnehmen, und daß es die Ehre des deutschen Namens erfordere, dem Sultan von Wadai, dem der Dr. Nachtigall so viel zu verdanken habe, dafür eine ““ zu zollen, hatte die Segeschest eine Immediatein⸗ gabe an Se. Kalserliche und Königliche Hoheit den Kronprinzen ge⸗ richtet und um Ueberlassung von geeigneten Ehrengeschenken gebeten; die Eingabe selbst ist zustimmend beantwortet worden. Den ersten Vortrag des Abends hielt alsdann der Professor Dr. Curtius über die neuesten Kartenaufnahmen von Attika. Redner legte seinen anziehenden Ausführungen des unter dem Titel „Atlas von Athen“ im Verlage von Dietrich Reimer hierselbst neu erschienene Karten⸗ werk zu Grunde, das als ein Denkmal deutschen Fleißes betrachtet werden 7 an welchem Militärs, Gelehrte und Künstler wett⸗ eifernd gearbeitet haben. Hierauf sprach noch der Dr. Stolze über seine Reisen und Ausgrabungen in Persien.

Auf Anregung „des Vereins für Kunst und Wissenschaft

trat schon im Frühlng dieses Jahres ein Comité zusammen, welches sich die Aufgabe stellte, dem Andenken Lessings in Ham⸗ burg ein Denkmal zu errichten. Die Vorarbeiten dieses Comités sind, den H. N.“ zufolge, nun so weit gediehen, daß die Konkurrenz⸗ entwürfe der zu diesem Behufe aufgeforderten Künstler in der Mitte dieser Woche in der alten Schauenburgerstraße daselbst ausgestellt werden können, . „Laut Cirkularschreiben der Regierung des Kantons Tessin an sämmtliche eidgenössischen Stände sind vom 1. Oktober 1877 bis 30. September 1878 im St. Gotthard⸗Hospiz 10 601 arme Reisende verpflegt wurden, worunter 107 Kranke und halb Erfrorene eine längere Pflege in Anspruch nahmen. Die ausgetheilten Ra⸗ tionen beliefen sich auf 39 470; ebenso wurden auch verschiedene Kleidungsstücke bedürftigen Reisenden verabreicht. Die Totalausgaben des Hospizes betrugen 12 935 Fr. 45 Cts., die Totaleinnahmen da⸗ gegen 12 395 Fr. 35 Cts.

Rom, 30. Oktober. (J. C.) Vom Professor Palmieri liegen die beiden nachstehenden Bulletins über die neue Phase vor, in welche der Vesuvausbruch getreten ist:

„Neapel, 28. Oktober, 9 Uhr Vormittags. Gestern gab es einen Augenblick, in welchem der Krater beinahe erloschen erschien. Später gelangte er wieder zu einer mäßigen Kraft, welche fortdauert.“

„Neapel, 29. Oktober, 9 Uhr Vormittags. Der Krater ist in der verflossenen Nacht erloschen. Während der langen und schwachen Eruptionsperioden pflegt es vorzukommen, daß die Thätigkeit des Eruptionsschlundes für einige Zeit aufhört, nach welcher das Feuer dann wieder erscheint. In den gestrigen Nachmittagsstunden deuteten die sismischen Apparate auf Ruhe hin und heute Morgen zeigen sie sich leicht wieder bewegt.“

Ein trauriges Unglück ereignete sich am 31. v. M. Morgens im Irischen Kanal. Der Dampfer der National Line „Helvetia“ und der Admiralitätskutter „Fanny“ stießen in der Nähe des Leuchtthurmfelsen Tuskar (SW. von Wexford) aufeinander. Die „Fanny“ ging unter und mit ihr versanken 17 Personen der Mann⸗ schaft, der kommandirende Offizier eingeschlossen, in den Fluthen. Die „Helvetia“, welche sich auf der Reise von Liverpool nach New⸗ York befand, lief, wie man der „Cöln. Ztg.“ schreibt, in Queens⸗ town an und setzte 7 der Geretteten aus Land. Die „Fanny“ hatte mit einer Bemannung von 24 Mann unter dem Befehle des Ober⸗Offiziers Grete am 30. Oktober Queenstown verlassen und war nach Dublin in See gegangen. Auf ihrer Fahrt lief sie in verschiedenen Küstenwachtstationen an, um Waaren auszuladen, und befand sich etwa um 3 Uhr in der Nähe des Tuskar Es wehte ein starker Nordnordost, die See ging schwer, im Uebrigen aber war das Wetter klar. Ungefähr um 14, in einem Augenblick, als die „Fanny“ sich westlich vom Tuskar befand, stieß die „Helvetia“ mit ihr zusammen und traf sie an dem Hauptsteuerbalken gerade in der Wasserlinie Kaum zwei Minuten vergingen und der Kutter war versunken. Verschiedene Leute kletterten in das Tauwerk, auch düsensgen, welche unten Wacht hielten und die im Nachtgewande auf Deck gestürzt waren. Als die „Fanny“ unterging, sprangen sie von dem Bug derselben auf den der „Helvetia“. Auf diese Weise wurden 7 gerettet. Bemerkenswerth ist, daß von ihnen 5 zu der Wache, welche sich unter Deck befunden hatte, ge⸗ hörten, nur 2 zu der Deckwache. Fünf andere kletterten über das Bugspriet der „Helvetia“, drei Mann hielten sich an einem Seile fest, aber sie fielen ins Wasser, bevor Hülfe gebracht werden konnte, und wurden nicht mehr gesehen. Keine Zeit wurde von denen ver⸗ loren, welche auf dem Dampfer im Dienst waren, um jedwede Hülfe zu leisten. Schwimmgürtel und Seile wurden über Bord geworfen, und zwei Boote mit größtmöglicher Schnelligkeit ins Wasser gelassen Trotz aller dieser Anstrengungen gelang es nicht, auch nur einen ein⸗ zigen Mann aus dem Wasser aufzufischen. Der Dampfer blieb bis Tagesanbruch an der Unglücksstelle, aber trotz sorgsälkigen Suchens sah man keine Spur vom Wrack oder von den Schwimmgürteln, welche ausgeworfen waren. Die „Helvetia“ setzte dann ihre Reise nach Queenstown fort und landete, wie oben gesagt, die Geretteten, welche an Bord mit allem Nothwendigen, insbesondere mit Kleidern, ausgestattet worden waren. Die Schiffbrüchigen wurden dann später in Queenstown auf das Wachtschiff Jeenge. übergeführt.

Frederick Downing, erster Deckoffizier der „Fanny“*, sagt aus: „Ich löste die beiden dienstthuenden Offiziere um 8 Uhr Abends ab und blieb im Dienst auf Deck. Das Wetter war schön bei mäßigem Winde und wir fuhren unter zweimal gerefftem Hauptsegel. Um 8 Uhr legten wir in Tramore Bay bei, um Rettungsgeräthe auszu⸗ laden, die wir in Queenstown an Bord genommen hatten. Wir landeten ebenfalls Vorräthe an den Küstenwachtstationen zu Bon⸗ mahon und Dumore und liefen um 11 Uhr 55 Minuten nach dem Leuchtschiffe von Coneybeg. Um Mitternacht ward ich abgelöst und legte mich sofort schlafen. Etwa um 3 Uhr Morgens ward ich auf⸗ geschreckt durch den Ruf der Wache auf Deck und das Läuten der Brandglocke. Ich sprang auf und rief: „Räumt das untere Deck!“ Alle Leute von unten stürzten auf das Oberdeck, und wir fanden, daß ein großer Dampfer auf uns angerannt war. Die Leute schrien nach Tauen. Ein solches hing über dem Bug des Dampfers und ich sah, wie drei von unseren Leuten daran hingen, sie fielen aber ab und ertranken. Die „Fanny“ war zur Zeit auf Backbord⸗ wendung und der Dampfer traf uns links in der Mitte des Schiffes abwärts, schnitt uns bis zur Wasserlinie durch und der Kutter sank in weniger als zwei Minuten. Verschiedene unserer Leute kletterten in die Takelage und da die „Fanny“ am Bug untersank, so wurden wir emporgehoben und sprangen auf den Bug des Dampfers. Sieben von uns kamen glücklich an, aber zwei fielen ab und ertranken wie die drei, welche vorher an dem Seile gehangen hatten. Auf dem Verdeck des Dampfers suchte ich nach Tauen, fand aber keine, und lief zur Brücke, um den Kapitän zu bitten, ein Boot herabzulassen, um die Ertrinkenden zu retten. Ich fand dann, daß man schon damit beschäftigt war. Zwei Bote wurden vom Dampfer herabgelassen, aber Niemand wurde aufgefunden. Ich hörte, daß schon vorher ausgeworfen worden seien. Der Dampfer blieb an der Stelle bis zum Tageslicht, aber keine Spur vom Wrack oder von den Rettungsbojen ward gesehen. Wir hatten zwei Bote an Bord der „Fanny’, aber beide wurden bei dem Zusammenstoße zerdrückt.“ Auf die Frage, was er über die That⸗ sache denke, daß nur zwei Mann von der Deckwache gerettet wurden, während fünf von der Wache, die unter Deck war, sich retteten, sagte er, daß er glaube, die ersteren wären durch den Vorfall aufgeregt worden und durch den Dienst in Anspruch genommen gewesen. Die ausgeworfenen Rettungsbojen waren mit einer Patentvorrichtung ver⸗ sehen, welche

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im Wasser ein phosphorescirendes Licht ausstrahlt.

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Die Mehrzahl der Umgekommenen waren verheirathete Leute und der Ober⸗Offizier hinterläßt eine Frau und Familie, die in Kings⸗ town wohnen. Die „Helvetia“ erlitt keinen Schaden, so weit man sich darüber vergewissern konnte. 6

Im Laufe des gestrigen Tages traf aus dem Bereiche des I., II. und III. Armee⸗Corps der Herbst⸗Ersatz für das Garde⸗Corps in größeren Transporten hier ein. Die Mann⸗ schaften erhielten über Nacht in üblicher Weise Quarkier und ge⸗ langten heute im Exerzirhause des 2. Garde⸗Regiments z. F. in der Karlstraße an die resp. Truppentheile zur Vertheilung.

Am Sonnabend begann im Königlichen Opernhause Hr. Wachtel als „Troubadour“ sein neues Gastspiel. Der Künstler wurde von dem ausverkauften Hause auf das Freundlichste bewillkommnet und erzielte durch seine unverändert jugendlich frische Stimme den glän⸗ zendsten Erfolg. 8 Mallinger und Hr. Betz gelangten indessen auch neben Hrn. Wachtel zur vollsten Geltung.

Der dieswöchentliche neus Cyklus der Böttcherschen Soirsen im Konzertsaal des Königlichen Schauspielhauses bietet eine seit Jahren nicht gesehene, jetzt durchgreifend umgestaltete Wanderung durch Ostindien, welche die merkwürdigen Tempel⸗ und Palast⸗ bauten Hindostans zur Anschauung bringt, die üppige Wald⸗ und Dschungelvegetation illustrirt und die dortige Thierwelt in lebens⸗ vollen Jagd⸗ und Kampfszenen dem Besucher vorführt. Der wissenschaftliche zweite Akt faßt die neuesten Resultate astronomischer Forschung in Bezug auf die spektroskopisch ermittelte Beschaffenheit und Bewegung der F sterne zusammen und erschließt das Wes der sogenannten „Nebelflecke“.

Der Zoologische Garten hat aus der Hagenbeckschen Thier⸗ Karawane einige der hervorragendsten uad interessantesten Thiere er⸗ worben, namentlich 2 kleine Elephanten, 2 Reit⸗Dromedare, 1 Sango⸗ Kuh, 1 Zebu⸗Stier u. a. Gestern fand das erste Winter⸗Konzert im Saale statt.

Wetterbericht vom 3. November 1878, 8 Uhr Morgens.

B auf ee; de2c Wind. Millimeter.

767,6 NNW., leicht

759,0 NW., leicht

754,5 SW., missig

755,5 SSW., frisch

769,0 880., still 1 772,1 NNO., mässig Brest .. 770,7 0No., leicht Helder ... 762,8 NNW., leicht 26 761,1 NW., still

amburg 761,3 NSW., mässig Swinemünde 760,7 WSW., stil! Neufahrwass. 761,8 SSW., leicht Memel.. . 759,8 s., still wolkigzy) 768,4 N., still bedeckt Crefeld ... 763,4 WNW., schwach Nebel Karlsruhe .. 764,3 SW., schwach Neb-l Wiesbaden. 763,5 SW., leicht bedeckts) Cassel.... 763,0 NNW., still Nebel München. 761,1 SW., mässig Dunst Leipzig.. 762,6 NNW., leicht Nebel) 1I161“ 761,1 N., lsicht bedeckt Breslau. .. 759,0 N§O., mässig Regen¹0)

¹) See ruhig. ²) Seegang leicht. ³) Seegang leicht. ⁴) Früh

Thau. ⁵) Nebel. 6⁶) See ruhig. ⁷) Ziemlich grobe See, Nachts Regenböen. ⁶⁸) Gestern dichter Nebel. 9) Seit Nachmittag dichter Nebel. 1⁰) Schneeflocken.

Aunmerkung. Die Stationen sind in 3 Gruppen geordnet! 1) Nordeuropa, 2) Küstenzone ven Irland bis Ostpreussen, 3) Mittel- europa südlich dieser Küstenzone. Innerhalb jeder Gruppe ist die Reihenfolge von West nach Ost eingehalten.

Uebersicht der Witterung.

Das barometrische Miaimum im Nordosten ontfernt sich ins Eismeer. Auf den britischen Inseln dauert die nördliche Luftström- mung bei meist trübem Wetter und unveränderter Temperatur noch an, doch hat das Steigen des Barometers aufgehört. In Deutsch- land herrscht bei wenig bewegter Atmosphäre und fortdauernd nie- driger Temperatur an vielen Orten Nebel.

Deutsche Seewarte.

Wetterbericht vom 4. November 1878. 8 Uhr Morgens.

Barometer auf

8 0 Gr. u. d. Meere s- Stationen. spiegel reduc. in

Millimeter. 757,4 752,1 753,0 754.6

g—

Temperatur Wetter.

Stationen. in 9 Celsius

8 —½

Aberdeen Kopenhagen

Stockholm.. Petersburg. Moskau . ..

Cork

wolkig¹) Nebel halb bed. bedeckt wolkenlos Rlb. be ²) bedeckts) wolkig

hl . bed. 4) bedeckt⁵) Dunsté) Nebel

—₰

8 i.

S=SSom

*

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S0S

SSboeeH O0z bo 00 G⸗

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*

Temperatur in 9 Celsius 5⁰ C.=40 R.

Wind. Wetter.

OC.

Aberdeen... Kopenhagen. Stockholm .. Haparanda .. St. Petersburg 750,0 0., still bedeckt Moskau 762,0 880., still halb bed. EETEE——3* NNW., schwach sbalb bed. ¹) Brest 762,5 N., still bedeckt²) Helder. 754,2 NW., still Regen öq617871717 No., leicht wolkig ee Rres . 7752,8 NoO., still heiter) Swinemünde . 750,2 NO., schwach bedeckt*) Neoufahrwass. 746,5 N., stark Regen5) Memel 17746,7 NNO, mässig Regene) ““

761,6 N., still bedeckt 11I11 W., schwach bedeckt7, Karlsruhe . 758,6 SW., schwach bodeckds) Wiesbaden. 756,6 SW., stilt bedeckts) Cassel.. 754,1 SSW., leicht wolkigio) München 758,2 W., mässig bedecki Leipnig.. 17653,5 W., schwach bedecktu¹) Berlin 651, 4 NW. still Nebol¹²) Breslau.

S., mässig 0., stark NNO., leicht N., leicht

Regen wolkig heiter bedeckt

gLbbene ꝙ0 0d do

S022g. —00SSß—0

S0 80

L

8*

ee SSe bo Pbo Sn

749,7 WNW., mässig Schnee

leicht. ²) Seegang schwach. ⁴) Soegang leicht. ³) Ziemlich grobe See, böig. Seegang leicht. ⁷7) Nebel, Nachts Regen. *) Neblig, Nachts Regen. ¹⁰) Nachts Regen. früh Regen. ¹²) Nachts Regen,

Anmerkung. Die Stationen sind in drei Gruppen geordnet 9 Nord-Europa, 2) Küstenzone von Irland bis Ostpreusse

ru

S

¹) SeeganL ³) Rsif, neblig 6) Nachts Schnee.

11) Gestern Nebel

Mittel-Puropa, südlich dieser Küstenzone. Innerhalb jeder ppe ist die Reihenfolg, von West nach Ost eingehalten. Uebersicht der Witternng.

In ganz Mitteleuropa ist das Barometer stark gefallen, ein

tiefes barometrisches Minimum zeigt sich in Polen, welches mit dem vorgestern im Mittelmeer exeschienenen identisch scheint, doch fehl- ten gostern und heute die Nachrichten aas Oesterreich und Italien wegen Telegraphenstörung. Während auf den britischen Iuseln die nördlichen Winde nach immer fortdauern, sind auf der Ostsee Nord- ostwinde eingetreten, die theilweise stark wohen, jedoch zunächst dem Södwesttheil der Ostsee nur die wärmere Luft vom Meere ge- bracht haben. Von Dorpat bis Brellau regnete oder schneite es heute Morgen überall. In Lappland ist das Barbmeter gestiegen und leichter Frost eingetreten. Deutsche Seewar

³⁸) Nachts Regen,