1878 / 266 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 11 Nov 1878 18:00:01 GMT) scan diff

Die Regierungen sind beauftragt worden, den Wahl⸗ kommissarien die genaue Beachtung der in Rede stehenden orschriften zur Pflicht zu machen.

In der Vergrößerung des Rauminhalts eines zur Be⸗ maischung deklarirten Bottichs durch einen die übergährende Maische zurückhaltenden Aufsatz ist, nach einem Erkenntniß des Ober⸗Tribunals, vom 17. Oktober 1878, eine nach der Aller⸗ höchsten Kabinets⸗Ordre vom 10. Januar 1824 strafbare Ein⸗ maischung zu finden.

Der Kaiserliche Gesandte Graf von Brandenburg ist auf seinen Posten in Brüssel zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

S. M. Glattdecks⸗Korvette „Nymphe“, 9 Geschütze, Kommandant Korv.⸗Kapt. Sattig, ist am 9. Oktober d. J. in Rio de Janeiro und S. M. Panzer⸗Korvette „Hansa“, 8 Ge⸗ schütze, Kommandant Korv.⸗Kapt. Heusner, am 6. November d. J. in Plymouth eingetroffen. An Bord Alles wohl.

S. M. Panzer⸗Korvette „Sachsen“, 6 Geschütze, ist am 8. November d. J. und S. M. Panzer⸗Fregatte „Preußen“, 2eeseete am 9. November d. J. in Kiel außer Dienst gestellt.

Bayern. München, 9. November. Der Gesetz⸗ gebungsausschuß der Kammer der Abgeordneten hat heute mit der Berathung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ausführung der Reichs⸗Civilprozeßordnung und⸗Kon⸗ kursordnung begonnen. Die Gesetzentwürfe über die Disziplin der Staatsbeamten, über das Gebührenwesen und die Erbschaftssteuer, welche nach dem, vom Landtage in diesem Punkt aber abgelehnten, ursprünglichen Regierungs⸗ entwurf gleichfalls den Gesetzgebungsausschüssen der Kammern sollten vorgelegt werden, sind, wie die „Allg. Ztg.“ vernimmt, nunmehr auch festgestellt, so daß sie nur noch der Erledigung durch den Staatsrath bebürfen, um jedenfalls unmittelbar nach dem Wiederzusammentritt der Kammern an dieselben gelangen

zu können.

Wmaldeck. Arolsen, 8. November. Inder heutigen Land⸗ agssitzung theilte der Präsident zunächst mit, daß das 8g dem erhaltenen Auftrage gemäß, dem Fürsten die Nückwünsche des Landes zur Verlobung der Prinzessin Emma mit dem Könige der Niederlande dargebracht, und daß Se. Durchlaucht das Präsidium beauftragt habe, Seinen Fürstlichen Dank dem Lande für diese Glückwünsche auszusprechen.

Dann kam zur Berathung:

1) das g8 betreffend die Einführung des preußischen Ausführungsgesetzes zum Deutschen Gerichtsverfassungsgesetze vom 24. April 1878 in die Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont. Nach demselben eeg; das preußische Ausfüh⸗ rungsgesetz in Waldeck⸗Pyrmont Gesetzeskraft, es wird dem Ober⸗Landesgericht in Cassel die Zuständigkeit in allen privat⸗ rechtlichen Angelegenheiten des Fürsten von Waldeck und Pyrmont, sowie der Mitglieder des Fäfelten Hauses über⸗ tragen und das Fürstenthum Waldeck dem Königlichen Land⸗ . zu Cassel, das Fürstenthum Pyrmont dem Königlichen

8 n Ah zu Hannover zugetheilt.

m Allgemeinen wurde bedauert, daß nicht ein besonders aldeck ausgearbeitetes Gesetz vorgelegt sei. Zu Tit. V. „Landgerichte“ sprachen Stände die Erwar⸗ tung aus, daß eine der Bevölkerung des Fürstenthums Waldeck entsprechende Anzahl waldeckischer Richter bei dem Landgerichte Cassel angestellt werde. Eine besonders lebhafte Debatte riefen die §§. 102 und 104 hervor. Nach ersterem sollen die in den Ruhestand tretenden richterlichen Beamten ihr volles Diensteinkommen behalten, während nach letzterem die nicht im höheren Justiz⸗ dienst angestellten Beamten nur drei Viertel ihres Gehalts als Wartegeld haben sollen. Es wurde beantragt, den §. 104 abzulehnen und den daselbst beregten Beamten gleiche Rechte zu gewähren, wie den im §. 102 erwähnten Beamten. Der Regierungskommissar machte geltend, daß die Frage in Preußen reiflich erwogen und prinzipiell so, wie geschehen, von allen Faktoren der preußischen Gesetzgebung für gerecht und billig erkannt worden sei. Man könne der preu sichen Regierung unter keinen Umständen zumuthen, für Waldeck ein anderes Prinzip aufzustellen oder zuzulassen, und möge sich bescheiden, daß der auf Ablehnung des §. 104 gestellte Antrag keine Aus⸗ sicht auf Erfolg haben werde.

Nach lebhafter Diskussion wurde §. 104 und demnächst ein Antrag: 1

„Auf die etatsmäßig angestellten Sekretäre und Boten des Kreis⸗ gerichts und der Amtsgerichte, welche eine anderweitige Anstellung

nicht erhalten, finden die Vorschriften des §. 104 Anwendung“ angenommen.

Zu Art. 6 des Einführungsgesetzes, wonach das Fürsten⸗ Waldeck dem Landgerichte zu Cassel und das Fürsten⸗ thum Pyrmont dem Landgerichte zu Hannover zugetheilt werden soll, war der Antrag gestellt:

„Art. 6 unter der Bedingung anzunehmen, daß die Landes⸗ Justizverwaltung die feste Zusage ertheile, daß sie an einem den Interessen der waldeckischen Bevölkerung entsprechenden Amts⸗ gerichtssitze eine detachirte Strafkammer bilde.“

Der Landesdirektor von Sommerfeld erklärte, er würde es lieber sehen, daß der Landtag das Vertrauen Chns preußi⸗ schen Regierung haben möge, daß dieselbe den Verhältnissen Rechnung tragen und die Angelegenheit bezüglich einer de⸗ tachirten Strafkammer im Interesse des Landes ohne einen derartigen Antrag regeln werde; die Regierung werde die billigen Wünsche des Landes erfüllen, weshalb er bitte, die beantragte Bedingung fallen zu lassen.

Der vorstehend erwähnte Antrag wurde jedoch mit Stimmenmehrheit und dann das ganze Gesetz mit den be⸗ schlossenen Abänderungen einstimmig angenommen.

2) Zu der Staatskasserechnung vom Jahre 1876 fand sich nichts zu erinnern, die Etatsüberschreitungen wurden nach⸗ verwilligt. Die Rechnung schließt ab mit einem Kassenvorrathe von 424 804 99 ₰; die Mehreinnahmen und Minder⸗ ausgaben gegen den Etat betragen 103 470 28 ₰J, die Mindereinnahmen und Mehrausgaben 80, 244 71 ₰, mit⸗ 82 sind gegen den Voranschlag erspart worden 23 225

für

0

3) Auf eine Petition des Landesgymnasiums zu Corbach wurde beschlossen, den Landesdirektor zu ersuchen, dahin wirken zu wollen, daß dem Landesgymnasium zu Corbach zu dessen im nächsten Jahre abzuhaltender 300 jähriger Jubiläumsfeier ein Betrag von 1500 überwiesen werde.

4) Eine die Amortisation der Rothschildschen Schuld be⸗ treffende, an den Landesdirektor gerichtete Interpellation be⸗

antwortete der letztere dahin, daß der Rechtsweg den In⸗

tentionen der Stände Gemäß beschritten, die Klage bei dem elgtüonsgerict S und seines Wissens Ver⸗ nehmlassung in nächster Zeit zu erwarten sser.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 9. November. (W. T. B.) Die „Polit. Korresp.“ bezeichnet die Nachricht eines englischen Blattes über ein angebliches Abkommen zwischen Eng⸗ land und Oesterreich in Betreff der Räumung des turke⸗ schen Gebiets von Seiten der russischen Truppen als unbe⸗ gründet. Ebenso erklärt die genannte Korrespondenz, auf Grund ihr aus St. Petersburg zugegangener Mit⸗ von heute, alle umlaufenden ungünstigen

erüchte über den Gesundheitszustand 182 Kaisers von Rußland für absolut unwahr. Dasselbe Blatt meldet weiter: Aus Athen vom 9. d.: Comunduros kündigte in der Kammer die Absicht an, das ministerielle Projekt wegen Bildung einer starken Armeereserve mit den Anschauungen der Opposition über die Organisirung einer eventuell zu Kriegsdiensten herbeizu⸗ ziehenden Nationalgarde zu kombiniren. Die Kammer verlangte die Vorlegung aller auf die Insurrektion in den türkischen Grenzprovinzen bezüglichen geheimen Aktenstücke. Aus Bukarest: Die nällitäͤrische Besitzergreifung der Dobrudscha soll unter dem Kommando des Generals Angholesku im Laufe der nächsten Woche erfolgen.

10. November. (W. T. B.) Wie von den Zeitungen aus Serajewo von gestern gemeldet wird, hat eine Deputa⸗ tion der Begs dem Ober⸗Kommandanten eine Adresse an den Kaiser überreicht, worin um die Annexion Bos⸗ niens und der Herzegowina durch Oesterreich⸗Ungarn, um die Ausscheidung dieser Länder aus der religiösen Jurisdiktion des Scheik ul Islam und um die Organisirung einer selbstän⸗ digen mohamedanischen Kirchenbehörde für Bosnien und die H8 ferner um die Auflösung der konfessionellen

chulen, dagegen um die Errichtung von Volksschulen, endlich um die Ferheung einer Amnestie gebeten wird. Die Adresse ist von 59 der reichsten und zuverlaässigsten der Mohamedaner von Serajewo becges grt⸗ Auf die von Murtai Beg bei Ueberreichung der Adresse an den Ober⸗Kommandanten Phi⸗ lippowich gerichtete Ansprache erwiderte Letzterer, er sei durch die Adresse um so mehr erfreut, weil dieselbe aus der eigenen Initiative der Mohamedaner hervorgegangen sei. Die Amnestie sei bereits bewilligt.

Pest, 9. November. (W. T. B.) Sicherem Vernehmen nach hat der Kaiser für den Bereich der okkupirten Län⸗ der eine allgemeine Amnestie erlassen und steht die Veröffentlichung einer diesbezüglichen Proklamation an die Bewohner Bosniens und der Herzegowina unmittelbar bevor. Der Budgetausschuß der Reichsdelegation er⸗ ledigte in seiner heutigen Sitzung das Budget des Finanz⸗ Ministeriums. Im Laufe der Berathung erwiderte der Finanz⸗ Minister auf eine bezügliche Interpellation des Abg. Dumba, daß von seiner Seite Alles geschehen sei, um die Ausgabe der neuen Staatsnoten, welche dringend erscheine, zu beschleunigen und daß das einzige Hinderniß für die Ausgabe in der noch zu lösenden Frage des Wappens bestehe. Bei der Diskussion über die Erfondernisse s Kriegs⸗Ministeriums wurde auf den Antrag des Abg. Sturm eine Resolution des Inhalts angenommen, daß die Berathung unter der Wahrung des Rechtes der Reichsvertretung, den Kriegsstand des Heeres 85 8 Rekrutenkontingent festzustellen, vorgenommen wer⸗ en solle.

Der Präsident der ungarischen Delegation, Szlavy, verlas in der heute stattgehabten Konferenz der vngaheischen Delegirten den Text der Ansprache, welche er bei dem morgenden Empfang der Delegation an den Kaiser richten will. Nach der „Pester Korresp.“ berührt diese Rede die Frage des Berliner Mandates, würdigt die tapfere Haltung der Armee und die durch den Feldzug errungenen Erfolge, und drückt die Bereitwilligkeit der Delegation aus, Alles zu thun, was die Großmachtstellung der Monarchie erfordere und was die materielle Kraft des Landes gestatte. Ferner wird die Nothwendigkeit betont, daß die Delegation die Details der

Okkupation und den durch dieselbe zu erreichenden Endzweck

kennen lerne und daran eine Beleuchtung der finanziellen Gesichtspunkte geknüpft. Endlich wird den Gefühlen der Loyalität und Huldigung gegen den Kaiser Ausdruck gegeben, Die Ansprache wurde von der Konferenz mit großem Beifall

aufgenommen.

10. November. (W. T. B.) Der Kaiser empfing Mittag die österreichische Delegation. Der Prä⸗ ident derselben, Graf Coronini, hielt eine Ansprache an den Kaiser, in welcher er unter dem Ausdrucke der Treue und der Ergebenheit versicherte, daß die österreichische Delegation auch diesmal nur ein getreuer Dolmetscher der Gesinnungen ihrer Vollmachtgeber sein werde, wenn sie bei der Berathung und Beschlußfassung über die ihr zugekommenen oder noch ukommenden Vorlagen der gemeinsamen Regierung, durch⸗ rungen von dem Ernste des Augenblicks und in der Sorge für die Wohlfahrt, die Ehre und die Machtstellung der Monarchie, die in deren gestellten Forderungen mit den Rücksichten in Einklang zu bringen bestrebt sein werde, welche sie auf die Finanzlage des Staates und die wirthschaftlichen Bedrängnisse der Bewohner zu nehmen die Pflicht In seiner Er⸗ widerung dankte der Kaiser für die Versicherung der loyalen Ergebenheit und erinnerte an die ernsten Verhältnisse, unter welchen die Delegation zuletzt versammelt gewesen war. Die Ereignisse im Oriente waren damals in eine entscheidende Phase getreten. Man stand an der Schwelle des Kongresses, welcher die Resultate des Krieges mit den Forderungen des europäischen Gleichgewichtes und mit den nahe berührten Interessen der Monarchie in Einklang bringen sollte. Da⸗ mals wurden der Regierung mit dankenswerthem Patriotismus die Mittel bewilligt, welche dieselbe in den Stand setzten, nach beiden Seiten hin ihren Einfluß auf dem Kongresse und nach demselben erfolgreich zur Geltung zu bringen. Der Kaiser sprach sodann seine Befriedigung darüber aus, daß es dem Kongresse gelungen sei, die eminente Gefahr eines europäischen Krieges zu beschwören. Der Berliner Friede habe einen neuen Zustand in den Balkanländern ge⸗ sgaffen. seine konsequente allseitige Durchführung, für welche die Regierung des Kaisers mit aller Vertragstreue eintreten werde, sei geeignet, die Wiederkehr von Gefahren, die den Frieden Europas und die Interessen Oesterreichs bedrohten, wirksam zu verhindern. Zur Erreichung dieses Zieles haben

die in Berlin versammelten Mächte beschlossen,

daß die

1116“

81161“

Okkupation und Administration Bosniens und der Herzegowina Oesterreich⸗Ungarn übertragen werde. Er der 575 habe diese Aufgabe übernommen und bedauere, daß bei der tiefen Zerrüttung der inneren Verhältnisse jener Länder es nicht möglich war, die Okkupation fried⸗ lich durchzuführen. Der Widerstand, den anarchische Ele⸗ mente den wohlwollenden Absichten Oesterreichs entgegensetzten, sei durch die Tapferkeit der braven Truppen in kurzer Zeit gewichen. Die aus der allgemeinen Wehrpflicht FS-h n gene Armee habe bei dieser Gelegenheit die Probe ihrer Tüch⸗ tigkeit glänzend bestanden, wozu der Kaiser die Delegirten be⸗ glückwünscht. Die rasche durchgreifende Lösung der militä⸗ rischen Aufgabe habe die Bevölkerung Bosniens und der Herze⸗ gowina von dem Terrorismus der Aufwiegler befreit und es dem Kaiser möglich gemacht, die Rückberufung eines beträchtlichen Theiles der Okkupationstruppen anzuordnen. Es werde nun das ernste Bestreben der Regierung sein, die Opfer, welche die Durchfüh⸗ rung der Aufgabe erheische, mit der sinanziellen Lage der Monarchie in Einklang zu bringen, um den Eintritt des Momentes thunlichst zu bee slermnigen, in welchem die Verwaltung Bosniens und der Herzegowina aus den Mitteln dieser Länder selbst bestritten werden können. Die Hoffnung, daß dies gelingen werde, erscheine um so begründeter, als die Beziehungen Oesterreichs zu allen Mächten fortwährend die besten seien. Es seien schwere Ofer, welche von den Delegationen verlangt würden, große historische Ereignisse seien mit nicht gewöhnlichen Anforderungen an die herangetreten. Der Kaiser hege das Vertrauen, daß der Patriotismus seiner Völker und die Einsicht ihrer Vertreter hinter der Größe des geschichtlichen Momentes nicht zurückbleiben werde, daß die Delegirten ihre Bemühungen mit denen der Regierung vereinigen werden, damit das begonnene Werk zur Erhaltung des europäischen Friedens, zum Wohle und Ruhme der Monarchie, zur Kon⸗ solidirung ihrer inneren und äußeren Verhältnisse einem glück⸗ lichen Ende zugeführt werde.

11. November. (W. T. 8) Die Ansprache, welche der Präsident der ungarischen Delegation bei dem F Empfange an den Kaiser richtete, entspricht der ereits schon unter dem 9. d. von hier gemeldeten Analyse. Die Kaiserliche Antwort war derjenigen analog, welche auf die Ansprache des Präsidenten der österreichi Delegation ertheilt wurde.

Großbritannien und Irland. 2 vember. (W. T. B.) Bei dem gestrigen Lordmgyors⸗ banket in der Guildhall berührte Lord Beaconsfield in seiner Rede zunächst die indische Frage und hob hervor, daß ein Einfall in Indien von der Nord⸗ und Westgrenze physisch unausführbar sei. Indessen könnten England dort leicht Verlegenheiten bereitet werden. Als es sich darum handelte, derartige Inkonvenienzen zu beseitigen, seien Umstände eingetreten, welche die ernsteste Erwägung erfordert vfitten. Man habe sich entschlossen, hiermit, wenn mög⸗ ich, ein Ende zu machen und die erforderlichen Maß⸗ regeln dazu ergriffen. Wenn dieselben zur vollen Ausführung gelangt seien, so würde dieser Theil der Grenze aufhören, eine Quelle der Beunruhigung zu sein; es sei zu hoffen, daß man alsdann in guten Beziehungen mit den nächsten Nach⸗ barn würde leben können, und vielleicht sei die Stunde nicht fern, wo dies möglich sei. Der Premier kam sodann auf die mit der Pforte wegen der Abtretung von Cypern abge schlossene Konvention und hob hervor, daß in Folge derselben das Euphratthal sich in den Händen eines Alliirten befinde, welchem England seinen Beistand aus unmittelbarer Nähe leisten könne. England werde so in der von ihm verfolgten Politik die verhängnißvolle Suprematie eines einzigen Staates ver⸗ hindern können. Die Ergebnisse des Berliner Kongresses hätten dem Sultan die Unabhängigkeit seiner Hauptstadt und die unbezwingbare Kontrole der Dardanellen gesichert. Was die Nichtausführung des Berliner Vertrages betreffe, so sei nur die der Türkei für die Febrrguaprung vor⸗ geschriebene Zeit verstrichen, alle wichtigen Bestimmungen des Berliner Vertrages aber auf dem Wege der Erfüllung. Die Insinuation, daß irgend eine Macht der vollständigen Ausführung des Berliner Vertrages sich entziehen wolle, müsse er entschie⸗ den zurückweisen. Die englische Regierung sei entschlossen, auf der buchstäblichen Ausführung des Vertrages zu bestehen; sie werde, wenn nothwendig, an das englische Volk appelliren, um den Vertrag mit aller Energie und unter Benutzung aller ihrer Hülfsquellen aufrecht zu erhalten. Die politische Lage sei gegenwärtig gewiß eine ernste, aber keine gefahrvolle. Wenn die englische Bevölkerung ihrer Vorfahren würdig bleibe, werde das Reich niemals eine Minderung seiner politischen

Stellung erleiden.

11. November. (W. T. B.) Ueber die Rede Lord Beaconsfields beim Lordmayorsbanket sprechen sich, mit Ausnahme der „Daily News“, sämmtliche Morgenblätter äußerst befriedigt aus. Die „Times“ meint, Lord Beacons⸗ field werde sich in seiner Ueberzeugung nicht getäuscht sehen, daß das englische Volk ihn darin unterstützen werde, daß der Bervliner Vertrag buchstäblich zur Ausführung gebracht werden müsse. England werde niemals vergessen, daß seine Ehre mit dem Vertrage verknüpft sei, und daß seine Festigkeit in dieser Finficht und Mäßigung in seiner Orientpolitik die leitenden Grundsätze des Landes sein sollten.

11. November. (W. T. B.) Ein Telegramm aus Bombay, von heute, übermittelt eine Meldung der „Times of India“, wonach man in Simla, im Gegensatz zu den bisherigen Verlautbarungen, wieder der Hoffnung auf eine friedliche Lösung der mit Afghanistan bestehenden Schwierig⸗ keiten Raum giebt, und annimmt, daß Rußland zur Erhal⸗ tung des Friedens eine Pression auf den Emir von Afghani⸗ stan ausüben werde, zumal der Emir selbst auf militärische Erfolge gegen die Engländer keine großen Hoffnungen setze. Der ngtüsche Oberbefehlshaber war nach Peshawur abgegan⸗ gen; es hieß, die Divission Brown werde im Falle des Kriegs⸗ ausbruchs zunächst zur Verwendung kommen. In der Er⸗ haltung der Verbindungen mit Quettah waren große Schwierigkeiten eingetreten.

Frankreich. Paris, 8. November. (Fr. C.) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer in Versallles gelangte der Bericht des Hrn. Langlois über das Budget des Kriegs⸗Ministeriums zur Vertheilung. Nach Uiesem Berichte wird das Effektiv der französischen Armee auf Friedens⸗ fuß im Jahre 1879 sich auf 469 310 Mann und 110 799 Pferde belaufen, das ist um 1674 Mann und 75 Pferde mehr als im Jahre 1878. Die Gensd'armerie ist bei diesem Effektiv nicht mit eingerechnet. Die von der Regierung für das Heer verlangten Kredite betragen in Summa 553 043 150 Frcs.,

8 8 11“

7176 759 Fres.

5 886 998 Frces. mehr als im Vorjahre. Der

verlangt Färbftriche im Gesammtbetrage von Das 11“ üi . ervativen Parteien, welche sich um eine Wiederwa 9. 112 wird, wie der „Frangais“ ankündigt, erst Anfang nächster Woche der Oeffentlichkeit übergeben werden. Als Verfasser des Schriftstücks wird Hr. Delsol, Senator für das Aveyron⸗Departement, genannt.

Spanien. Madrid, 9. November. (W. T. B.) Die Gerüchte von einer bevorstehenden Kabinetskrisis werden von den der Regierung nahestehenden Blättern mit dem Be⸗ merken für unbegründet erklärt, daß das Ministerium das Vertrauen der Cortes und dasjenige der Krone in gleichem

Maße besitze.

Rußland und Polen. St. E111“ 10. No⸗ vember. (W. T. B.) Die durch die auswärtige resse ver⸗ breitete Nachricht, die Rückkehr des Kaisers aus Livadia stehe früher bevor, als die Rückkehr ursprünglich in Aussicht enommen, ist vollständig unbegründet. Die Rückkehr Sr. Majestät soll wie gewöhnlich zum St. Georgsfest erfolgen, einer Beschleunigung derselben ist keine Rede. unwahr sind auch alle Behauptungen von einer Indisposition des Kaisers. Die bezüg⸗

das ist Ausschuß

von Gänzlich Erkrankung oder

lichen Behauptungen sind schon durch einzelne Botschafts⸗

dementis widerlegt. Es kann hinzugefügt werden, daß die Nachrichten aus Livadia über das Befinden Sr. Majestät völlig zufriedenstellende sind. Graf Schuwaloff kehrt nach London zurück. Er wird dort in der Lage sein, die unmittel⸗ barsten Anschauungen des Kaisers darzulegen. Der Tag der Rückkehr steht noch nicht fest. Eine Kommission zur Enquete über den Sozialismus, von der verschiedene Zeitungen sprechen, ist nicht niedergesett und die Niedersetzung einer solchen auch nie in Aussicht genommen gewesen. Damit kennzeichnet sich alles über Vorsitzenden und sonstige Details richtete.

8t (W. T. B.) Hiesige amtliche Kreise bezeichnen es als evident, indem sie jede anderweitige Behauptung widerlegen, daß Rußland lediglich auf dem Boden des Berliner Vertrags allen Vorkommnissen in der Türkei gegenüber zu verharren habe. Dem entspricht in der vollsten und korrektesten Weise das Verhalten des diesseitigen Botschafters in Konstantinopel, des Fürsten Lobanoff. Verlange er einerseits von der Pforte die pünktliche Erfüllung der in Berlin übernommenen Ver⸗ pflichtungen, für welche sich die Macht der türkischen Regierung nicht immer ausreichend zeigt, so weiß er sich andererseits auch gebunden, was an ihm ist, von aller Unruhstiftung in Macedonien abzumahnen. Weder die Pforte, noch irgend eine andere Macht wird die Korrektheit der Haltung des Fürsten Lobanoff in Konstantinopel bestreiten können. Im Uebrigen ist es außer Frage, daß man hier eine Verständigung mit England sowohl in Europa wie in Asien lebhaft wünscht. Die im eigenen Lande nicht durchdringende Autorität der türkischen Regierung macht diese Verständigung für Europa vielfach wünschenswerth; in Asien gilt es, durch Verständigung den Einfluß beider Mächte in diesem Welttheil zu erhalten, ihm für beide konvenable Grenzlinien zu ziehen und die asiatischen Stämme nicht zu einer Erhebung aufzureizen.

Türkei. Konstantinopel, 29. Oktober. Die in deutschen Blättern über eine Hungersnoth in Palästina verbreiteten Nachrichten können als sehr übertrieben bezeichnet werden. So reduzirt sich die besprochene Aus⸗ wanderung eines ganzen Bezirkes in Folge mangelnder Lebensmittel auf die Thatsache, daß die Bewohner von Han⸗ Junes, um Steuerplackereien zu entgehen, sich vorübergehend zerstreut hatten, jedoch ihre früheren Wohnsitze ohne Weiteres wieder bezogen, nachdem die türkische Regierung ihnen die Steuerrückstände erlassen hatte.

Die letzte Ernte ist im Allgemeinen eine gute gewesen, und die Bevölkerung von Palästina beginnt, sich von dem im verflossenen Jahre empfundenen Nothstande zu erholen.

10. November. (W. T. B.) Nach Salonichi sind von hier Truppenverstärkungen abgegangen. Der Gouverneur von Salonichi hat die von ihm bewirkte Be⸗ waffnung von 5000 muselmännischen Freiwilligen mit dem Hinweis auf die Annäherung bulgarischer Banden gerecht⸗ fertigt, von welchen Gewaltthaten und Grausamkeiten be⸗ gangen werden. Die Russen haben den Distrikt von Malgara wied er besetzt.

Dänemark. Kopenhagen, 9. November. (W. T. B.) Im Folkething hat der Finanz⸗Minister eine Vorlage, be⸗ treffend eine der Insel St. Croix bis zum 31. Dezember 1880 zinsfrei zu gewährende Anleihe von 1 200 000 Kronen, sowie die Bewilligung eines vermehrten Staatszuschusses an die dortige Zuckerfaktorei, eingebracht.

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund⸗ heitsamts sind in der 44. Jahreswoche von je 1 Be⸗ wohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 25,8, in Breslau 22,8, in Königsberg 26,4, in Cöln 21,7, in Frankfurt a. M. 20,0, in Hannover 17,7, in Cassel 24,4, in Magdeburg 20,6, in Stettin 22,8, in Altona 20,4, in Straß⸗ burg 23,0, in München 29,3, in Nürnberg 22,8, in Augsburg 32,8, in Dresden 23,0, in Leipzig 17,0, in Stuttgart 14,9, in Braunschweig 18,5, in Karlsruhe 23,8, in Hamburg 23,1, in Wien 24,2, in Buda⸗ pest 31,9, in Prag 29,5, in Triest 30,5, in Basel 12,6, in Brüssel 24,0, in Paris 20,4, in Amsterdam 22,2, in Kopenhagen 22,2, in Stockholm 20,1, in Christiania 17,0, in St. Petersburg 30,2, in Warschau 26,3, in Odessa 32,2, in Bukarest 24,1, in Rom 22,9, in Turin 21,3, in Athen —, in Lissabon 26,8, in London 20,4, in Glasgow 20,8, in Liverpool 31,1, in Dublin 23,9, in Edinburgh 24,7, in Alexandria (E söten 37,8. Ferner aus früheren Wochen: in New⸗ Vork 24,7, in Philadelphia 17,7, in Boston —, in Chicago 14,6, in San Franzisko 17,2, in Calcutta 34,7, in Bombay 35,1, in de 5a . ährend der Berichtswoche herrschten an fast allen deutschen Beobachtungsstationen südliche und südwestliche nur am ersten Tage der Woche machten sich in München und Karls⸗ ruhe östliche, resp. südöstliche und am Schluß der Woche an mittel⸗ deutschen Stationen südöstliche, in München und Karlsruhe nordöst⸗ liche Windrichtungen geltend. Die Temperatur der Luft sank in den letzten Tagen der Woche, in Muünchen bis 4,6 Grad R. Nieder⸗ schläge waren nicht selten, in den letzten Tagen der Woche an meh⸗ als Schnee. Das Barometer stieg langsam, etig. 8 Die Sterblichkeitsverhältnisse haben sich im Vergleich zur Vor⸗ woche in den meisten größeren, besonders deutschen Städten erheblich günstiger gestaltet. Die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl ist für die deutschen Städte (auf 1000 Bewohner und aufs Jahr be⸗

rechnet) von 23,2 der Vorwoche auf 22,7 gesunken; und zwar be⸗ theiligte sich das Säuglingsalter ein wenig mehr, die höheren Alters⸗ klassen (über 60 Jahr) etwas weniger an der Gesammtsterblichkeit als in der vorangegangenen Woche.

Unter den Todesursachen ist ein Nachlaß der meisten Infektions⸗ krankheiten bemerkbar. Die Masern herrschen zwar in Nürnberg noch in ausgedehnter Weise, verlaufen jedoch meist gutartig. Das Scharlachfieber und diphtherische Affektionen haben in den meisten Städten weniger Todesfälle veranlaßt, 1— die Zahl derselben im Allgemeinen in vielen Städten, wie in Berlin, Wien, München, Dresden, Breslau, Königsberg, Danzig, Essen, Liverpool, Birming⸗ ham u. a. noch eine größere ist. Unterleibstyphen forderten im Ganzen weniger Opfer, doch ist die Zahl derselben in Berlin, Wien, Breslau, München eine größere als in der Vor⸗ woche. In Breslau ist ein neuer Erkrankungs⸗, jedoch kein weiterer Todesfall an Flecktyphus zur Kenntniß ge⸗ kommen. Darmkatarrhe und Brechdurchfälle haben ihren bös⸗ artigen Charakter verloren und erscheinen fast in derselben Zahl wie in der vorhergegangenen Woche. Lungenphthisen und akute Ent⸗ zündungen der Athmungsorgane, wie akute Gelenkrheumatismen führten häufiger zum Tode. Die Zahl der Pockentodesfälle ist meist eine geringere als in der Vorwoche; sie sank in London auf 3, in Pest auf 5, in Paris auf 2, in Warschau auf 6, in St. Peters⸗ burg auf 25. In Wien stieg sie auf 9, und auch in London war die Zahl der Neuerkrankungen erheblich gesteigert. Aus Iserlohn wird 1 Todesfall an Varicellen gemeldet. In New⸗Orleans betrug die Zahl der in der ersten Oktoberwoche am gelben Fieber Gestorbenen noch immer 343. 1“

Kunst, Wissenschaft und Literatur. 8

Gotha, 8. November. (Eeipz. 8tg) Am 15. d. M. feiert der als Lexikokograph bekannte Professor Emil Georges sein fünf⸗ zigjähriges Arbeitsjubiläum auf dem Gebiete der lateinischen Lexiko⸗ graphie, da er im Jahre 1828 mit Lünemann die Ausarbeitung der 7. Auflage des Schellerschen lateinisch⸗deutschen Wörterbuches begann.

„Norddeutsches Lesebuch.“ Mit besonderer Berücksich⸗ tigung der Bedürfnisse der einklassigen Volksschule herausgegeben unter Mitwirkung von Dr. L. Meyn und Dr. A. Sach von H. Keck und Chr. Johansen. 14. Auflage mit Illustrationen von H. Leutemann u. A., gr. 8., (VIII. u. 330 S.) ungebunden 1 Halle a/S., Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses. Das „Norddeutsche Lesebuch“t, im Jahre 1868 im Auftrage des Ministeriums bearbeitet, als Musterbuch für die einklassige Volks⸗ schule in weiteren Kreisen längst bekannt, hat in der jetzt erschienenen 14. Auflage noch viele Verbesserungen erfahren. Abgesehen von ein⸗ zelnen kurzen Anmerkungen, welche die Lesestücke erläutern, und von neuen Illustrationen, ist auch auf die Ausstattung in Druck und Papier besondere Sorgfalt verwendet worden. Der Petitdruck ist aus dem Buche fast ganz verschwunden, und das Papier zeichnet sich durch Weiße und Dauerhaftigkeit aus.

Von der kleinen Schrift: „Das soziale Elend der Großstädte. Mit besonderer Rücksicht auf Wien und Berlin dar⸗ gestellt von Ed uard Deutsch“ ist die zweite vermehrte Auflage er⸗ schienen. Der Verfasser hat es sich zur Aufgabe gemacht, durch That⸗ sachen und Ziffern nachzuweisen, daß mit dem schnellen Anwachsen der Großstädte die Entartung der Jugend, das Vagabundenthum, die Prostitution, die Fälschung der Nahrungsmittel, die Selbst⸗ morde, sowie andere soziale Uebel, welche die Gesellschafts⸗ ordnung in ihren Grundfesten ernstlich bedrohen, progressiv steigen. Ferner beleuchtet der Verfasser die Ursachen des sozialen Elendes und giebt Rathschläge, wie die Familie, der Staat, die Gemeinde und die private Vereinsthätigkeit zur Bekämpfung des sozialen Uebels beitragen können. In dieser Richtung kann die Broschüre anregend wirken und die Freunde des sittlichen und materiellen Gedeihens der Eroßstädte erneut bestärken, der weiteren Verbreitung der gedachten Uebelstände nach Kräften entgegen zu arbeiten.

Gewerbe und Handel.

In Casablanca und Umgegend ist nunmehr seit dem 13. v. M. kein weiterer Fall von cholera⸗ähnlichen Erkrankungen oder Pocken vorgekommen. In Folge dessen haben, dem früher ge⸗ meldeten*) Beschlusse gemäß, die Konsuln den ausgehenden Schiffen vom 25. v. M. ab reine Gesundheitspässe ertheilt. Da auch die von Mazagan und Magador in Casablanca eintreffenden Schiffe bereits mit solchen Pässen versehen sind, und es demnach als fest⸗ stehend geltend darf, daß die Epidemie in den maroccanischen Häfen erloschen ist, so erwartet man dort mit Ungeduld die Aufhebung der in den südeuropäischen Häfen, namentlich auch in Gibraltar, an⸗ geordneten lästigen Quarantänemaßregeln. *)

Die Handelsausweise des britischen Handels⸗ amtes für den Monat Oktober sind abermals ungünstig. Im Ausfuhrwerth zeigt sich gegen Oktober des vorigen Jahres eine Verminderung von 6 ¼ % und gegen Oktober 1876 von 3 %, näm⸗ lich 17 255 459 Pfd. Sterl. gegen resp. 18 372 639 Pfd. Sterl. und 17 779 274 Pfd. Sterl. In den ersten 10 Monaten diese Jahres betrug der Ausfuhrwerth 162 181 636 Pfd. Sterl. gegen 166 058 212 Pfd. Sterl. in 1877 und 168 814 721 Pfd. Sterl. in 1876. Unter den Ausfuhrartikeln figuriren Kohlen neben einer Zunahme von 27 000 t in der Quantität mit einer Werthverminderung von 35000 Pfd. Sterl. Baumwollgarn, Baumwollstoffe, Eisen und Stahl haben ebenfalls verminderte Werthbeträge aufzuweisen, während Leinenstoffe sowie Wol⸗ len und Kammgarnfabrikate quantitativ wie qualitativ abgenommen haben. Seidenstoffe sind indeß im Werthe von 155 576 Pfd. Sterl. auf 163 587 Pfd. Sterl. gestiegen. Die Einfuhr verminderte sich im Oktober gegen den entsprechenden Monat des vorhergehenden Jahres um 19 %, nämlich von 36 537 002 Pfd. Sterl. auf 29 582 303 Pfd. Sterl. Die. Abnahme des Einfuhrwerthes in den ersten zehn Monaten dieses Jahres beträgt ca. 16 Mill. Pfd. Sterl. Die Weizeneinfuhr im Oktober fiel von 6 083 782 Ctr. im Werthe von 3 837 414 Pfd. Sterl. auf 4 897 981 Ctr. im Werthe von 2 424 783 Pfd. Sterl. Dagegen stieg ein wenig die Einfuhr von Gerste, Hafer und Rohbaumwolle (letztere von 1 536 310 Pfd. Sterl. auf 1 781 257 Pfd. Sterl.), Kaffee verminderte sich von 457 635 Pfd. Sterl. auf 215 713 Pfd. Sterl. Rohzucker von 1 688 005 Pfd. Sterl. auf 857 362 Pfd. Sterl, und Thee von 1 851 721 Pfd. Sterl. auf 979 660 Pfd. Sterl. Die Gold⸗ und Silbereinfuhr im Okto⸗ ber 1878 betrug 5 026 836 Pfd. Sterl. gegen 2 612 339 Pfd. Sterl. im Vorjahre und 4 464 238 Pfd. Sterl. vor zwei Jahren. Der Gesammtwerth der Gold⸗ und Silbereinfuhr für die ersten zehn Monate 1878 war 26 234 811 Pfd. Sterl. gegen 31 494 339 Pfd. Sterl. im Vorjahre und 32 988 901 Pfd. Sterl. vor zwei Jahren. Der Gold⸗ und Silber⸗Ausfuhrwerth betrug im Oktober 1 591 217 Pfd. Sterl. gegen 3 459 354 Pfd. Sterl. im Vorjahre und 3 483 079 Pfd. Sterl. vor zwei Jahren. Der Gold⸗ und Silber⸗Ausfuhrwerth für die ersten zehn Monate war 22 832 049 Pfd. Sterl. gegen 34 825 639 Pfd. Sterl. im Vorjahre und 19 638 594 Pfd. Sterl. vor zwei Jahren. 8

London, 10. November. (W. T. B.) Dem „Observer“ zufolge wurde bei der jüngsten Anwesenheit des egyptischen Finanz⸗Ministers Wilson in Paris ein Vertrag mit dem Créditfoncier und dem französischen Syndikat abeeschlossen, in welchem sich diese ver⸗ Fesc n ihren Besitz an egyptischen Werthpapieren nicht an den

karkt zu bringen, und zwar während eines Zeitraums, der ausreichend lang bemessen sei, um inzwischen einer Belebung des egyptischen und der Entwickelung der neuen Administration Zeit zu assen.

Paris, 10. November. (W. T. B.) Das große Syndikat für die s. g. egyptische 105⸗Millionen⸗Schuld ist gestern in dem Comptoir d'Escompte üsemmeneeketen und hat die Verlängerung des Vertrages in Betreff der für Egypten kontra⸗ hirten Pfandschuld beschlossen. Der Vertrag wurde darauf vom Vorsitzenden des Comptoir d'Escompte und einem Vertreter Wil⸗

*) S. Reichs⸗Anzeiger v. 7. d. M. **) S. Reichs⸗Anzeiger v. 2. d. M.

11“

sons unterzeichnet. Nach dem gedachten Vertrag gesteht das Syndikat der egyptischen Regierung einen Fetemotenfl he von fünfzehn Monaten zu, innerhalb deren die Rückzahlung in zwei Ter⸗ minen zu bewirken ist. Andererseits bewilligt die egyptische Re⸗ gierung dem Syndikate einen Ergänzungsbetrag, durch welchen die Differenz zwischen dem augenblicklichen Werthe der Pfandobjekte und dem börsenmäßigen Course der ““ ausgeglichen wird. Das Syndikat erhält das Optionsrecht auf 229 000 Titres der uniftzirten Schuld, welche einen Theil dieser Pfandobiekte bilden, zu Coursen, welche zwischen 300 und 350 festgesetzt werden. Außerdem wurde noch festgestellt, daß der Crédit foncier diejenigen 141 000 Titres der unifizirten Schuld nicht cediren darf, welche er zu einem Course be⸗ sitzt, der niedriger ist als diejenigen Course, zu welchen der Vorkauf durch das Syndikat erfolgt. St. Petersburg, 11. November. (W. T. B.) Aus ein⸗ gegangenen und hier vorliegenden authentischen Berichten aus dem Innern des Reiches ist die bemerkenswerthe Thatsache zu konstatiren, daß die Handels⸗ und Fabrikverhältnisse sehr befriedigende sind und dem Anschein nach auch bleiben werden. Die großen Messen in Füee betgnes und in Charkow (hier besonders in Wolle) sind sehr günstig ausgefallen, und die Fabriken im Gouverne⸗ ment MWlademir haben ein ausgezeichnetes Jahr.

Verkehrs⸗Anstalten.

Die Moskau⸗Kursker Eisenbahn hat den Güterverkehr wieder aufgenommen. Die auf die Kursk⸗Charkow⸗Azower Eisenbahn übergehenden Güter werden in Folge dessen auch von der Dünaburg⸗Witebsker Bahn wieder zum Transport an⸗ genommen.

Triest, 11. November. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Venus“ ist heute früh 9 Uhr mit der ostindischen Ueberlandpost aus Alexandrien hier eingetroffen. 1

Necw⸗York, 9. November. Das n; „Mosel“, Kapt. H. A. F. Neynaber, vom Norddeutschen Lloyd in Bremen, welches am 27. Oktober von Bremen und am 30. Oktober von Southampton abgegangen war, ist gestern 7 Uhr Morgens wohlbehalten hier angekommen.

Baltimore, 9. November. Das Postdampfschiff „Leipzig“, Kapt. Fr. Pfeiffer, vom Norddeutschen Lloyd in Bremen, welches am 23. Oktober von Bremen abgegangen war, ist gestern wohbehalten hier angekommen.

Berlin, 11. November 1878.

Bericht über die Wirksamkeitdes Kaiserin Augusta⸗

Vereins für deutsche Töchter im Jahre 1877.

Die Ansprüche, welche im verflossenen Jahre an die Hülfe des Kaiserin Augusta⸗Vereins erhoben worden sind, haben sich nahezu in denselben Grenzen bewegt, welche der Verwaltungsbericht über das Jahr 1876 aufzuweisen hatte.

An regelmäßigen Erziehungsbeihülfen wurden im Ganzen 12 075 verausgabt gegen 11 850 im Jahre 1876. Die Zahl der durch diese Beihülfen unterstützten Töchter betrug 63 (61 im Jahre 1876), von denen 45 Töchter Beihülfen von je 150 und 18 in dürftigerer Lage befindliche Beihülfen von je 300 erhielten. Die außerordentlichen Unterstützungen für Badekuren, Vorbereitungsunterricht zum Lehrerinberufe ꝛc. haben 825 (675 weniger als 1876) betragen.

Obschon mehrere der bisher unterstützten Töchter durch Ueberschreitung des 17. Lebensjahres der Pflege des Vereins entwachsen sind, so ist doch eine Minderung der Ansprüche an denselben noch nicht hervorgetreten, wie aus der folgenden, die Jahre 1873— 77 umfassenden Uebersicht erhellt.

Nach Maßgabe der statutarischen Bestimmungen wurden an regelmäßigen Erziehungsbeihülfen gewährt:

ahl der unter⸗ Gesammtsumme der tützten Töchter. Beihülfen. 48 8 7140 =ℳ 8100 10875 11850

Die Steigerung dieser Ausgaben, welche sich namentlich seit dem Jahre 1874 bemerklich macht, hat theils in der er⸗ höhten Zahl der Unterstützten, theils aber darin ihren Grund, daß seit jenem Zeitpunkte die Erzieh 1nee,ggche⸗ die 8 nur 150 im Jahre betrugen, in Fällen besonderer Be⸗ ürftigkeit auf 300 erhöht worden sind.

Zur Bestreitung dieser Ausgaben haben die Zinsen des Vermögens, das dem Verein bei seiner Begründung in frei⸗ willigen Beiträgen zugeflossen war, nicht ausreichen können, viel⸗ mehr hat, wie das unzweifelhaft im Sinne der Geber gelegen war, zur Erfüllung der Vereinszwecke das Kapital selbst mit herangezogen werden müssen.

Der Vermögensbestand betrug am Se des Jahres 1873 127 771 47 erminderung 1874 126 372 1 399 20 3 1875 .. . 120 368 6 004 26

1876. 112 739

1877. 105 312 IbEI

Sa. N59 1 Wenn S das Vereinsvermögen im Laufe von 5 Jahren eine progressive Verminderung von zusammen 22 459 41 erleiden mußte, um den hülfsbedürftigen Töchtern der in dem Kriege gegen Frankreich auf dem Felde der Ehre gefallenen Offiziere und Militärbeamten die 8 e Fürsorge zu widmen, so darf der Verwaltungsrath doch auf Grund sorgfältiger Ver anschlagung die Ueberzeugung hegen, daß die Ansprüche, welche an den Verein im Laufe der nächsten etwa 10 Jahre noch er⸗ hoben werden können, auch dann noch Berücksichtigung und aus den Vereinsmitteln Befriedigung finden werden, wenn diese Mittel durch freiwillige Gaben nicht mehr erheblich ver⸗ mehrt werden sollten. 1 1 Die Rechnung des Jahres 1877 ist mit den Belegen ver⸗ glichen und richtig befunden worden. Es betrug:

J. Einnahme.

Bestand aus 1876. 2 839 01 Beiträge für 1877 88 140 Binsen von Kapitalien 5 230

rlös veräußerter Kapita⸗

vahn Wegen Todesfall zurück⸗

Erziehungs⸗

L““

LE“ ““

15 559 01

II. An jährlichen Erziehungs Beihülfen . . . . . 12 075 3

An außerordentlichen Bei⸗ 825 „oFLL

b“ An Verwaltungsausgaben 46 95

Mithin ist Bestand baar. .. E

12 946 95 2 612 06