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klärung ist in den betreffenden Zeit ungsberichten unrichtig wiedergegeben worden, und es haben sich hieran Befürchtun⸗ gen Seitens der Interessenten in Königsberg geknüpft, welche durch den Wortlaut jener Erklärung widerlegt werden, welcher nach dem stenographischen Bericht folgendermaßen lautete: . „Dagegen sind in drei Punkten technische Schwierigkeiten erwachsen, welche überwunden werden müssen, ehe an die defi⸗ nitive Ausführung des Projekts gegangen werden kann. Es sind dies erstens die Einsprüche, welche sich .“ auf die Gefahr, welche davon befürchtet wird, daß nach Wegfall der Nogat in ihrer bisherigen Verfassung die Tiefe des Wasserstandes des Pillauer Tiefs sich in einer Weise vermindern würde, daß die Schiffahrt leidet, zweitens die Befürchtung, welche die Stadt Danzig wegen der Gefährdung ihrer Schiffahrtsinteressen von einem Theil des Projekts, von dem Durchstiche des Danziger Haupts, hegt; endlich drittens sind es die Bedenken, ob die Dirschauer Brücke im Stande sein wird, in ihrem gegenwär⸗ tigen Zustande die vergrößerten Wassermassen, welche in ha⸗ kunft der Weichsel bei Dirschau zuströmen werden, zu fa en und durchzulassen. Nachdem die Verhandlungen, welche mit den Interessenten gepflogen worden sind, und die Ausführun⸗ gen, welche sich auf die von mir bezeichneten Schwierigkeiten beziehen, vor wenigen Wochen in meine Hände gelangten, beabsichtige ich nunmehr, die technische Entscheidung über die bezeichneten drei Punkte herbeizuführen, und zwar durch die höchste technische Instanz unseres Landes, die bezügliche Bau⸗ behörde im Handels⸗Ministerium.“
— Im weiteren Verlaufe der gestrigen (13.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten setzte das Haus die zweite Berathung des Etats des Ministeriums
es Innern fort. In der Spezialdebatte über das
Sozialistengesetz versuchte der Abg. von Ludwig den Grund der
starken Entwicklung der Sozialdemokratie lediglich auf die Gesetz⸗ gebung der letzten Jahre zurückzuführen und empfahl dem Hause
die gründliche Umkehr auf allen Gebieten des Staatslebens und Rückkehr von den bisher befolgten Prinzipien zu dem lten preußischen. Wahlspruch: „Suum cuique“. Der
Redner billigte die vom Minister angeordneten Schritte, und rühmte die Energie, mit der derselbe die 88 gesetzlich übertragene Verantwortlichkeit aufgefaßt habe. Aber gleich⸗
wohl würde es ein großer Irrthum sein, wenn man nun die
Hände in den Schooß legen und glauben wollte, daß die Ge⸗ fahr besiegt oder zu ihrer Besiegung auch nur ein wesentlicher Schritt geschehen sei. Es sei absolut nothwendig, positiv der
ozialdemokratie entgegenzutreten und soziale Reformen ein⸗ tführen. Darauf bestritt der Abg. Richter (Hagen) die Wirksam⸗ eit der von der Regierung ergriffenen Maßregeln; dieselben seien vielmehr geeignet, die Heilung des Uebels zu hemmen, denn durch die rigorosen Mittel erzeuge man im Volke eine
Erbitterung, welche es den antisozialistischen Bestrebungen der bürgerlichen Mittelklassen mehr und mehr erschwere, in bessern⸗ dem Sinne einzuwirken. In sehr ungeschickter Weise habe das Preßbureau die allgemeine freudige Stimmung beim Ein⸗ zuge des Kaisers als ein Symptom der durch den Aus⸗
auntand beypopgoruüfonop Perebzanhehee dor (emntthor nahme üstand Nverersergenen ergggegte Uoer ÜPcelhiarger
dargestellt. An jenem Tage habe man keineswegs an den kleinen Belagerungszustand, sondern einzig und allein an den Kaiser gedacht. Das Fest sei aus der freien Initiative der Bürgerschaft hervorgegangen und habe in allen Schichten der Berliner Bevölkerung einen Anklang und eine Theilnahme efunden, wie niemals eine andere Feier vorher. Einem solchen Feweise von Patriotismus gegenüber möge die Regierung doch ernstlich Bedenken tragen, den Boden der Hauptstadt als einen durch und durch von antimonarchischen Agitationen durch⸗ wühlten darzustellen, und Maßregeln zu treffen, die als der Ausfluß eines tiefen Mißtrauens die Bevölkerung ungerecht treffe. Der Abg. Graf Bethusy⸗Huc bemerkte, er halte es für zweifel⸗ haft, ob es zweckmäßig sei, eine Besprechung einer Maßregel in einem Partikularlandtage herbeizuführen, welcher darüber keine beschließende Stimme habe, sowie darüber, ob dieses nicht ein Eingriff in die Rechte des Reichstages sei. Aber diese Maß⸗ regel greife so tief in die Rechte der Privaten ein, daß ihre Wichtigkeit den Redner über diese politischen Zweifel hinweg⸗ setze. Der Abg. Virchow habe selbst anerkannt, daß er in der Stellung des Ministers sich ebenfalls die Frage gestellt haben würde, ob er von seinen gesetzlichen Befugnissen Gebrauch machen solle Die Rede des Abg. Virchow könne zu einem erheblichen Mißver⸗ ständniß Anlaß geben. Derselbe habe hinsichtlich der größeren und geringeren Strafbarkeit und Respektabilität der Indi⸗ viduen 8. solchen unterschieden, die sich zum Königsmord hinneigten und solchen, welche sich nur zur Revolution mit gewaffneter Hand entschließen würden. Gewiß habe es der Abg. Virchow nicht gewollt, aber diese Deduktion könne leicht die Auslegung erfahren, daß in dem gesetzgebenden Körper Preußens die Revolution mit gewaffneter Hand irgend welche Vertretung und Rechtfertigung sinde. Solchen Verdacht müsse er entschieden zurückweisen. Der Abg. Virchow habe der Politik der Regierung in ihren Zwecken und Zielen Schuld an der Sozialdemokratie gegeben. In jener Zeit habe aber die Re⸗ gierung ihre Gegner kennen lernen müssen, um zu beurtheilen, wer der gefährlichere sei. Die Ziele der Regierungspolitik seien die Einigung der deutschen Nation in ein Reich und die Kräfti⸗ gung der inneren und äußeren Stellung gewesen, Ziele, welche die Fortschrittspartei längst vor dem Eintritt des Fürsten Bismarck in das Ministerium auf ihre Fahne geschrieben hatte. Könne die Fortschrittspartei es denn gar nicht vergessen, daß der Fürst Bismarck dazu andere Mittel angewendet habe, als ihre vollkommen unbrauchbaren? Derselbe habe die Mittel ge⸗ wählt, die er allein habe wählen können. Aber die Fortschritts⸗ partei habe gegen die Reichsverfassung gestimmt, gegen die Mehrzahl der Organisationsgesetze, ja, gegen den Frieden, den der siegreich wiederkehende Kaiser dem Parla⸗ mente vorgelegt habe. Die anfängliche Konzession des Abg. Virchow, daß der Minister gesetzmäßig verfahren sei, habe der⸗ selbe später so restringirt, daß der Abg. Richter gar nicht nöthig gehabt hätte, diese Maßregel als eine absolute Thorheit darzustellen. Ob dieselbe nothwendig gewesen, vermöge er, Redner, nicht zu beurtheilen, aber wenn die Regierung die Ueberzeugung von der Wahrscheinlichkeit der Gefahr gehabt, dann zaͤtse sie ihre Pflicht verletzt, wenn sie nicht die geeigneten Repressions⸗ maßregeln ergriffen hätte. Wie die verantwortlichen Minister die Erlasse des Kaisers, so kontrasignire diese ministerielle Maßregel das gesammte Volk. Er glaube nicht, daß die ausgemiesenen Personen zum Königsmord fähig seien, aber die Lehren dieser Sekte könnten in hirnverbrannten Köpfen den Plan des Königsmords erzeugen. Die sozialdemokratische Presse habe auch vor Erlaß des Sozialistengesetzes
tate der russischen Nihilisten so apotheosirt, daß
. Andeutungen und Besorgnisse mitgetheilt.
ir Aller Gedächtniß sei, zu betheiligen.
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ihre milde Beurtheilung anderer ähnlicher Vorgänge nicht
ausgeschlossen habe. Sei das eine Logik, daß man die offene
Agitation nicht unterdrücken solle, weil man die geheime nicht
treffen könne? Stellte man die Frage, so würde das anze Land die Antwort ertheilen: die Regierung habe ihre flicht gethan!
Der Abg. Dr. Hänel führte aus, diese Bemerkung des Vor⸗ redners sei doch nur zutreffend, wenn das Volk sich entweder nach dem Wunsche des Grafen Bethusy blindlings den An⸗ ordnungen des Ministeriums unterwürfe, oder wenn es voll⸗ kommen über die Begründung der Maßregeln orientirt wäre. In der Rede des Ministers seien keine, die Sicherheits⸗ maßregeln begründende Thatsachen, sondern nur allgemeine Er habe gar nicht erwartet, daß der Minister “ sage, denn eine un⸗ zeitige Publizität könne nur der Beobachtung der Thatsachen schädlich sein. Es sei aber doch gewiß, daß jede geheime Ver⸗ bindung unter der Klausel des Strafgesetzes stehe; schon jetzt seien entsprechende kriminalistische Untersuchungen im Gange. Erst nach der Beendigung derselben könne ein sicheres Urtheil über das Vorhandensein solcher geheimen revolutionären Ver⸗ bindungen abgegeben werden. Einstweilen könne weder eine Billigung noch eine Verurtheilung des Verfahrens des Mini⸗ steriums stattfinden. So berechtigt die Maßregel sei, so wider⸗ spreche sie doch einigermaßen dem im Volke alteingewurzelten monarchischem Gefühle, das an die Rückkehr, die „joyeuse entrée“ des Monarchen die Gefühle der Milde und Gnade knüpfe. Die soziale Frage bewege die Welt; ihr Zweck sei die Hebung der niedersten Volksklassen auf ein höheres mora⸗ lisches Niveau; die Fortschrittspartei wolle dies Ziel auf dem Wege der allmählichen Entwickelung erreichen und bekämpfe deshalb diejenige Partei, welche die Erreichung dieses Zieles auf die Gewalt ftele⸗ die Sozialdemokratie. Könnte man es ihr verargen, daß sie auch die Erreichung politischer Ziele auf friedlichem Wege befürwortet? Auf die Ausführungen des Grafen Bethusy eingehend, erwiderte Redner, daß die Fort⸗ schrittspartei für die beiden süddeutschen Verträge, aber gegen den bayerischen wegen seiner Reservatrechte und demnächst dennoch für die deutsche Verfassung im Ganzen gestimmt habe. Graf Bethusy habe den Protest ausgesprochen, als ob irgend Jemand hier im Hause an revolutionäre gewaltfame Tendenzen dächte. Im Namen nicht blos seiner (des Redners) Partei, sondern der großen Majorität des Hauses weise er die Berechtigung des Vorredners zu solchen Protesten zurück.
Der Abg. von Rauchhaupt erklärte sich Namens seiner Partei der Staatsregierung und besonders dem Minister des Innern dankbar für die loyale Erläuterung und ausführliche Darlegung der in Folge des Sozialistengesetzes getroffenen Maßnahmen. Gegen die lichtvollen Ausführungen
des Ministers des Innern sei bisher noch nicht ein Argument
vorzubringen möglich gewesen. Um so mehr sei es nicht nur ein politischer Fehler der Fortschrittspartei gewesen, an die Regierung überhaupt die heutige Anfrage zu richten, sondern noch ein weit größerer, die folgende Debatte daran zu knüpfen. Es sei durch dieselbe der tiefe Riß zu Tage ge⸗ treten, welcher die Anschauungen der Fortschrittspartei nicht
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der nationalliberalen Partei trenne. Denn der Abg. Virchow habe die Politik der Regierung angeklagt und verurtheilt, wer aber das thue, erkläre sich gegen die ganze Politik und gegen die Entwickelung Preußens seit länger als zehn Jahren. In Wirklichkeit freue sich Berlin über die Vorsicht der Polizei und sei dem Ministerium dafür dankbar, daß es ihm durch die besprochenen Maßregeln möglich gemacht worden sei, eine ungestörte Feier der Rückkehr des Kaisers zu begehen. Ohne Ausnahmemaßregeln wäre es nicht möglich gewesen und sei es nicht möglich, wieder ruhige und sichere Zustände herzustellen. Er hoffe, daß die Worte des Ministers des Innern alle Gemüther beruhigt hätten. 8
Der Abg. Dr. Lasker erklärte, die Diskussion verlange gebieterisch, daß auch die nationalliberale Partei ihre Stel⸗ lung zu dem Gesagten kennzeichne. Es sei ungerecht, wenn die Abgg. von Rauchhaupt und Graf Bethusy den Rednern von der Linken den Vorwurf machten, diese Diskussion her⸗ vorgerufen zu haben; schon die „Prov.⸗Korr.“ habe mitge⸗ theilt, daß die Regierung im Landtage über die Verhängung des kleinen Belagerungszustandes Mittheilung machen werde. Der Redner ging alsdann auf die Genesis des Sozialistengesetzes näher ein, und namentlich auf den Punkt, daß bei Verhängung bestimmter Maßregeln dem Reichstage Rechenschaft zu geben sei. Die Erklärung des Ministers des Innern habe das Haus darüber beruhigt, daß es nicht Verschwörungen gewesen seien, die den Anlaß abgegeben haben, wie es, — er wisse nicht, ob offiziöse Federn oder Prratinteressen — verbreitet hätten. Der Abg. Dr. Virchow habe ja selbst gesagt, daß er als Minister ebenfalls diese Maßregel verhängt haben würde, eine rückhaltlosere Zustimmung könne doch schwerlich ab⸗ gegeben werden. Allerdings habe es durch die Rede des Abg. Virchow durchgeklungen, als ob alle Schuld für das Gesetz denjenigen aufgebürdet werden solle, die es beschlossen haben. Das Resultat der Diskussion sei nur das, daß Partei gegen Partei nach außen hin die Verhandlung benutzt hätten, um sich soviel als möglich gegenseitig zu schaden. Der Redner sprach schließlich die Hoffnung aus, daß die Maßregel nicht einen Tag länger in Kraft bleiben werde, als es die gebie⸗ terische Nothwendigkeit erheische; die Nothwendigkeit der Aus⸗ weisung zu beurtheilen, sei noch Niemand in der Lage.
Hierauf wurde die Diskussion geschlossen; es folgten eine Reihe persönlicher Bemerkungen der Abgg. Grafen Bethusy⸗ Huc, Rickert, Windthorst und Richter (Hagen), und des Prä⸗ sidenten von Bennigsen.
Nach dieser besonderen Diskussion wurde die herkömmliche an Titel 1 (Gehalt des Ministers) anknüpfende allgemeine Debatte über das Ministerium des Innern eröffnet. Der erste Redner, der Abg. Bachem, schilderte in einstündiger Rede den Einfluß des Kulturkampfes auf die Beamten; wäh⸗ rend schon früher Katholiken schwer zu höheren Aemtern hätten gelangen können, seien sie jetzt fast aus allen Aemtern entfernt. Landräthe und Bürgermeister würden nicht be⸗ stätigt, wenn sie nicht versprächen, mit besonderer Lust und Liebe die kirchenpolitischen Gesetze auszuführen. Der Redner führte eine ganze Reihe einzelner 8 an, und zog daraus den Schluß, daß die Selbstverwa tung am Rhein vollständig vernichtet sei. Er ging dann des Weiteren, stets unter An⸗ führung einzelner Fälle, darauf ein, daß die Beamten mit Rücksicht auf den Kulturkampf ernannt und angehalten würden, sich in diesem Sinne am öffentlichen Leben, in der Rheinprovinz besonders an den Bestrebungen des deutschen Vereins, der wegen der Konitzerschen Konduitenlisten wohl noch Gerade sehr viele
Beamten hätten zu diesen Listen das Material geliefert. Beamten lebten oft im schärfsten Konflikte mit den Kreisen 8 denen sie zu wirken hätten, so daß die Zwistigkeiten sich auch auf andere Gebiete als das Urchenpolitische allein ausdehnten Gerade diese Beamten, welche als Kulturkämpfer aufgetreten seien vielfach diejenigen, welche sich Amtsvergehungen und be. sonders Veruntreuungen hätten zu Schulden kommen lassen weil über diese Beamten keine genügende Kontrolle geube werde. Der Redner warnte schließlich den Minister davor 5 “ Beziehung in die Fußtapfen seines Vorgängers zu reten.
Der Minister des Innern Graf zu Eulenburg klärte, die Anzahl der Spezialfälle, die der Vorredner an⸗ geführt habe, in diesem Augenblicke nicht beleuchten zu kör⸗ nen, doch werde es dessen auch nicht bedürfen. Der Minister wolle nur kurz die allgemeinen Gesichtspunkte besprechen, unter denen der Vorredner die Einzelfälle zusammengefaßt habe. G
sei unrichtig, wenn er andeute, als ob der kulturkämpferische
Gesichtspunkt der bei Beamtenernennungen maßgebender sei und daß die Beamten angehalten würden, sich an politischen Thätigkeit zu betheiligen, speziell an dem deutschen Vereine. Waz die Veruntreuungen von Beamten angehe, so hänge die angeblich mangelnde Kontrole nicht mit ihrer politischen Richtung zusammen. Es sei oft sehr schwer, selbst bei gründlicher Kontrole Defekte zu entdecken. Aber die späte Entdeckung mit mangelnder Kontrole in Zusammenhang zu bringen, dafür fehle jeder Anhalt. Der kulturkämpferische Gesichtspunkt se auch gar nicht der maßgebende bei der Besetzung von Be⸗ amtenstellen. Das allerdings werde auch er thun, ebenso wie sein Vorgänger, daß er weder Männer selbst anstelle noch zur Anstellung empfehlen dürfe, von denen er nicht annehmen könne, daß sie in loyaler Weise die Gesetze des Staates beobachten. Danach müsse man um so mehr ver⸗ fahren in einer Zeit, wo zu seinem lebhaften Bedauern die Gegensätze sich so schroff gegenüberständen, wo die gesellschaft⸗ lichen Beziehungen der Beamten mit ihrer Umgebung es oft sehr schwer machten, fest 9 bleiben auf dem Boden des Gesetzes. Da treffe freilich auch wohl einmal der Staat Männer bei Besetzungen, die nicht den Kreisen ge⸗ nehm sind, in denen sie wirken. Das sei der Regierung nicht angenehm; denn sie wünsche auch ein gutes freundliches Ver⸗ hältniß zwischen der Bevölkerung und den Beamten; aber wenn eines aufgeopfert werden müsse, dieses Verhältniß oder din Pfaüe so sei das nicht die Befolgung der Pflicht. Diese ehe höher.
Hierauf wurde die weitere Diskussion vertagt und nach einer persönlichen Bemerkung des Abg. Bachem die Sitzung geschlossen.
— In der heutigen (14.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher am Ministertische der Minister des Innern Graf zu Eulenburg und mehrere Regierungskomn⸗ missarien beiwohnten, theilte der Präsident mit, daß vom Abg. Dr. Paur eine Interpellation, betreffend die Pensions⸗ verhältnisse und die Lage der Wittwen und Waisen der Lehrer eingegangen sei. Weiter theilte der Präsident mit, daß der Abg. Bürgers gestorben sei. Das Haus ehrte das Andenken des Verstorbenen durch Erheben von den Sitzen. Der Antrag des Abg. Windthorst (Meppen), betreffend die Einstellung des Strafverfahrens gegen den Abg. Dr. Franz, wurde ohne De⸗ batte angenommen. Es folgte die erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Aufbringung der Ge⸗ meindeabgaben. Zunächst erhielt das Wort der Abg. Löwe (Berlin). Derselbe behauptete, die Regierung habe die früheren Kommissionsbeschlüsse nur in nebensächlichen Punkten in dieser Vorlage acceptirt, dagegen habe sie in den Hauptpunkten, namentlich in Betreff der Schlachtsteuer ihren ursprünglichen Standpunkt beibehalten. Seine Partei bleibe ebenfalls bei ihrer Meinung über diese Fragen stehen. Das sei auch der Fall in Bezug auf die Steuerexemtionen der Beamten. Die Beamten seien mit ihren Forderungen vollkommen berechtigt, aber der Staat wälze hier seine Verpflichtungen auf die Kommunen ah. Auch die Steuerfreiheit des Fiskus müsse in einer für die Kommunen billigeren Weise geregelt werden. Die Regie⸗ rungsvorlage sei 1 Auch sei jetzt bei der offenen Frage der Reichssteuerpolitik der ungünstigste Zeitpunkt für die Berathung eines solchen Gesetzes. Das Gesetz sei auch jetzt nicht unbedingt nothwendig, die Bedürfnisse einzelner Kommunalverbände könnten besonders geregelt werden. Eine nochmalige kommissarische Berathung der Vorlage sei nicht zu empfehlen. (Schluß des Blattes.)
— Nach einem Reskript des Ministers der geistlichen 2c. Angelegenheiten ist die Frage nach der Auslegung des §. 1 des Gesetzes vom 4. Mai 1843 wegen der Außer⸗ und Wiederincourssetzung der auf jeden Inhaber unter öffent⸗ licher Autorität ausgefertigten Werthpapiere dahin ent⸗ schieden worden, daß nicht die evangelischen Gemeinde⸗
Kirchenräthe (Presbyterien), sondern die Königlichen Super⸗
intendenten gemäß §. 1 jenes Gesetzes und §. 2 der Verord⸗ nung vom 16. August 1867 für befugt zu erachten sind, die von ihnen außer Cours gesetzten Papiere der beregten Art auch wieder in Cours zu setzen. Ist die Außercourssetzung solcher Papiere durch die Gemeinde⸗Kirchenräthe ꝛc. selbst er⸗ folgt, so bedarf es zur Wiederincourssetzung derselben nach §. 3 des Gesetzes vom 4. Mai 1843 und §. 4 der Verordnung vom 16. August 1867 eines gerichtlichen Vermerks.
— Der General der Kavallerie Hann von Weyhern, II11 General des II. Armee⸗Corps, ist wieder ab⸗ gereist.
Hessen. Darmstadt, 9. Dezember. (W. T. B) Bulletin über das Befinden der Frau Großherzogin von Mittags 12 ½ Uhr: Das Fieber hat sich nicht “ die Anschwellung im Halse und diejenige der Drüsen ist stärker. mnmmeeemnn
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 7. Do⸗ zember. (Leipz. B1g) Durch Höchstes Dekret vom 29. v. M. ist die zweite ordentliche Landessynode der evangelischen Kirche des Großherzogthums auf Sonntag, den 29. Dezember, einberufen. Dreselbe wird sich jedoch, dem Vernehmen nach, alsbald nach ihrer Eröffnung vertagen und erst gegen Mitte Januar zur Fortsetzung Ugen Berathungen wieder zusammen⸗ treten. — Der landständische Rechnungsausschuß ist na Beendigung seiner Geschäfte heute wieder auseinander gegangen.
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 9. Dezember. (W. T. Der „Polit. Korresp.“ wird aus Konstantinopel v 8. d. gemeldet: der Großvezier Kheyreddin Pascha betonter vh
om
dem Empfange christlicher Würdenträger, der Sultan
die Gleichheit aller An Unterschied der Konfessionen zur vollen Wahrheit machen. —
ehörigen des türkischen Reiches ohne
In Adrianopel wurde ein Engländer wegen Ein⸗
schmuggelung von Pulver verhaftet, derselbe entkam jedoch und fluͤchtete in das englische Konsulat, welches die Aus⸗ lieferung verweigerte. Konsulatsgebäude ein und nahmen den Engländer fe
b 2 b (W. T. B.) Das Unterhaus verhandelte in seiner heutigen Sitzung über den Antrag
Die Russen drangen in das
Pest, 9. Dezember.
““ den Berliner Vertrag zur Berathung auf die agesordnung zu setzen. Mehrere Redner, darunter Graf Apponyi, sprachen für den Antrag. Nach den Erklärungen
des Minister⸗Präsidenten, in welchen dieser ausführte, daß eine Abstimmung über die Gültigkeit oder die Nichtannahme
internationaler Verträge unstatthaft sei, wurde der Antrag Iranyi's mit 151 gegen 96 Stimmen abgelehnt. — Der
„Pester Lloyd“ schreibt, in einer gestern bei dem Minister⸗
Präsidenten Tisza stattgehabten Konferenz, welcher alle ungarischen Delegirten der liberalen Partei bei⸗ wohnten, wurde einstimmig die Ansicht ausgesprochen, für die Okkupationskosten pro 1879 ein Pauschale von 20 Mill. zu votiren. 1 — 10. Dezember. (W. T. B.) Die vereinigten Ausschüsse der ungarischen Delegation beriethen gestern Abend über die auf die Okkupation Bosniens und der Herzegowina bezügliche Kreditvorlage pro 1879. Nach längerer Debatte wurde der dem bezüglichen Be⸗ schlusse der österreichischen Delegation entsprechende Antrag Hegedue's, unter dem Vorbehalt einer nachträglichen Ver⸗ rechnung 20 Millionen zu bewilligen, angenommen. Andrassy hatte im Laufe der Berathung die Kompetenz der Delegation als zweifellos dargelegt. Graf Apponyi meldete in Separatvotum an.
1 — Aus der Rede, mit welcher der Graf Andrassy bei der Berathung des Etats des Auswärtigen Amtes in der österreichischen Delegation am 6. d. Mts. die Orient⸗ politik Oesterreichs darlegte und welche Rede wir ihrem we⸗ jentlichen Gedankengange nach bereits in einem telegraphischen Auszuge mitgetheilt haben, tragen wir nach der „W. Z.“ folgende Stelle nach, in welcher sich Graf Andrassy gegen die Behauptung des Delegirten Dr. Demel bezüglich der Haltung Deutschlands wendete:
Der Herr Delegirte sagte, es errege seinen Verdacht, daß die Idee, uns nach Osten zu schieben, und also auch die Idee der Okkupation, von Deutschland angeregt worden sei, von wo uns nichts Gutes komme oder gekommen sei. Nun, ich könnte heute meine Rede nicht endigen, ohne auf diesen Punkt zurückzukommen. Es wäre nicht nur unpolitisch, es wäre meinerseits geradezu illoyal, wenn ich auch nur einen Anklang in dieser Richtung ohne Erwiderung ließe. Deutschland hat uns auf dem Kongresse als ehrlicher und treuer
Freund zur Seite gestanden. Will man aber, indem man die Okkupation verdammt, Deutschland oder speziell dessen Reichs⸗ kanzler für die Idee der Okkupation verantwortlich machen, so empört sich in mir mein Innerstes. Es liegt hierin vor Allem wenig Wahr⸗ scheinlichkeit;h wenn man mir auf der einen Seite vorwirft, so selbständig zu sein, daß ich nach innen gegenüber allen Vertretungen und deren ausgesprochenen Anschauungen dennoch an dieser Idee fest⸗ gehalten habe, so muß man mir doch die nämliche Festigkeit auch nach außen zumuthen. Wäre also die Idee von wem immer ge⸗ kommen und sie wäre nicht die richtige für Oesterreich⸗Ungarn ge⸗ wesen, ich hätte sie mit Entschiedenheit zurückgewiesen. Sie ist aber gar nicht von Deutschland angeregt worden. Die Protokolle be⸗ weisen, daß die Anregung zu dieser Idee von England
ist, und England wird doch nicht verdächtigt p unter die Feinde Oesterreichs zu gehören? Ich frage aber — hiervon abgesehen — in welche Stel⸗ lung würden wir, wenn diese Anschauung auch in Regie⸗ rungskreisen oder in größeren Kreisen Eingang fände, Deutschland gegenüber gerathen? Vor dem Kongresse wurde ich angegriffen in olge einer Rede, in der Fürst Bismarck in persönlich für mich sehr chmeichelhafter Weise sich geäußert hat. Es wurde gesagt, das sei nur persönlich, Deutschland gehe entschieden mit Rußland! es hätte auch darin, daß Rußland und England sich geeinigt hätten, gegen uns gewirkt. Das wurde also Deutschland vorgeworfen, und zwar mit vollem Unrecht, denn — ich wiederhole — Niemand war auf dem Konaresse, der nicht sagen muß, Deutschland habe sowohl dem euro⸗ päischen Frieden als uns speziell ehrliche und verläßliche Unterstützung gewährt. Nun aber: wie sollte sich Deutschland eigentlich stellen, um uns recht zu thun? Unterstützt es uns nicht bis zu einem Grad, wie es nicht kann, ohne sich mit andern Mächten in Antagonismus zu setzen, so wird es als gegen uns gesinnt verdächtigt — leiht es uns aber seine Unterstützung, wie es dies im vorliegenden Falle ehrlich gethan hat, dann wird es wieder verdächtigt. Mir ganz unbegreiflich, denn wenn man anführt, es wolle uns aus Deutschland verdrängen, so muß man doch bedenken, daß wir aus Deutschland längst draußen sind und daß, wenn es überhaupt Ab⸗ sichten gegen uns gehabt hätte, eine ganz andere Modalität da wäre, als jene, uns die Okkupation von Bobnien und der Herzegowina anzurathen, nämlich ein engeres Zusammengehen mit irgend einer Macht, die den unsrigen entgegengesetzte Interessen hätte. Wenn also Deutschland nicht ausschließlich für uns einsteht, so klagen wir es an, gegen uns zu sein; steht es aber in irgend einer Frage für uns ein, so heißt es, es wolle uns nach dem Osten treiben. Welche Verhältnisse würden sich da gestalten, wenn diese Ideen auch in Regierungskreisen maäßgebend wären? Ich glaube aber nicht blos in Regierungskreisen herrschen diese Ansichten nicht, sie sind in gar keinen Kreisen Oesterreich⸗Ungarns vorwaltend; denn jeder Mensch muß das Gewicht des natürlichen Verhältnisses zwischen uns und den Nachbarn fühlen. und ich glaube, Herr Dr. Demel fühlt es so gut wie wir Alle.
Grvoßbritannien und Irland. London, 9. De⸗ ember. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Ober⸗
auses begründete der Staatssekretär für Indien, Lord Cranbrooke den von ihm am letzten Donnerstag angekün⸗ digten Antrag, nach welchem die Kosten für den Krieg gegen Afghanistan aus den Einkünften Indiens bestritten werden sollen. Lord Cranbrooke wies hierbei darauf hin, daß der Ueberschuß der Einnahmen der indischen Regierung gegen ihre Ausgaben gegenwärtig 2 136 000 Pfd. Sterl. betrage. Die Ausgaben fuͤr den Krieg gegen Afg anistan würden für das gegenwärtige “ auf 1 ¼ Mill. Pfd. Sterl. ge⸗ schätzt. Diese Last sei 1 somit im Stande zu tragen. Sodann erklärte der Redner in Bezug auf die politische Seite der Frage, daß die Verhältniffe in Centralasien sich seit dem Hahre 1868 wesentlich verändert hätten. Es sei wohl genug Raum für Rußland in Mittelasien, aber kein Raum für Rußland und England in Afghanistan. Die Ant⸗ wort des Emirs Schir Ali auf das Ultimatum sei der Regierung am Tage der Eröffnung des Parlamentes noch nicht bekannt gewesen. Der Krieg sei England aufgezwungen woörden; die Regierung habe ihn unternommen zur Wahrung der Ehre und Sicherheit des Reiches. Lord Halifax begrün⸗ dete darauf seine am Freitag angekündigte Resolution. Im Laufe der Debatte sprachen Lord Derby und Lord Car⸗ narvon gegen die von der Regierung befolgte Politik.
Graf
Sell⸗ ic wurde die Fortsetzung der Berathung auf Dienstag vertagt.
m Unterhause erklärte der Schatzkanzler North⸗ cote auf eine Anfrage Havelocks: der Regierung seien keine weiteren direkten Nachrichten aus Kabul zugegangen. Graf Schuwaloff habe nach seiner Rückkehr den Marquis von Salisbury benachrichtigt, daß der russische Gesandte Afgha⸗ nistan verlassen habe. Von anderer Seite habe die Regierung erfahren, daß er bereits nach Europa zurückgekehrt sei. — Auf eine Anfrage Dilke's erwiderte der Unter⸗Staats⸗ sekretär Bourke: der deutsche Botschafter, Graf Münster, habe dem Marquis von Salisbury im September eine vertrauliche Mittheilung, betreffkendd die Ausfüh⸗ rung des Berliner Vertrages, gemacht; dieselbe könne indessen nicht veröffentlicht werden. Hinsicht⸗ lich der Befugnisse der Gerichte auf Cypern den Aus⸗ ländern gegenüber habe kein Schriftwechsel zwischen den Mächten stattgefunden. — Im weiteren Verlaufe der Sitzung entwickelte Whitbread seine am Freitag angekündigte Re⸗ solution, in welcher die Politik der Regierung, die zu dem Kriege mit Afghanistan geführt habe, gemißbilligt wird. Whitbread erklärte, der Krieg sei ungerecht und müßte sofort nach dem ersten Waffenerfolge auf das Schnellste be⸗ endigt werden, ohne dem Emir eine zu große Demüthi⸗ gung aufzuerlegen. — Eine Anfrage Elcho's beant⸗ wortete der Schatzkanzler Northcote dahin, daß die Rhodope⸗Commission keinen gemeinschaftlichen Bericht erstattet habe; dagegen hätten 4 Kommissarien ihren respektiven Regierungen einzelne, jedoch identische Berichte erstattet. Das Kabinet berathe gegenwärtig darüber, wie dem Uebelstande abzuhelfen sei. Darüber Auskunft zu geben, ob die Regierung den ihr zugegangenen Bericht für glaubwürdig erachte, lehnte der Schatzkanzler ab. Elcho zeigte darauf an, daß er seine Fraße demnächst wiederholen werde. Nachdem im weiteren Ver Sitzung Forster noch energische Angriffe gegen die Politik der Regierung gegenüber Afghanistan gerichtet und den unternommenen Krieg als einen unnöthigen und ungerechten bezeichnet hatte, wurde die Fortsetzung der Debatte auf Dienstag vertagt.
Lahore, 9. Dezember. (W. T. B.) General Stewart ist gestern in Quettah eingetroffen und hat den Ober⸗ befehl über die bei Quettah stehende Division übernommen. Eine in das Déêfilé von Khorteck unternommene Re⸗ kognoszirung ergab, daß dasselbe nicht besetzt ist. General⸗ Major Biddulph hat in Folge 1 Befehl erhalten, mit 85 G Truppen vorzurücken und das Defilé zu besetzen.
Spanien. Madrid, 9. Dezember. (W.] T. B.) „In dem Kongresse gab der Minister⸗Präsident Canovas die Erklärung ab, daß die Regierung nicht die Absicht habe zu verhindern, daß ein Republikaner als Vertreter Frankreichs nach Madrid komme. Die Beziehungen Spaniens zu der französischen Republik seien durchaus freund⸗ schaftliche. †2
Italien. Nom, 9. Dezember. (W. T. B.) In der Sitzung der Deputirtenkammer beantwortete der
riegs⸗Minister die Anfrage Mordini's, betreffend das Vorfinden von Proklamationen des Barsantiklubs bei “ einer Kaserne, dahin, daß ein belangloses Ereigniß das Gerücht in die Zeitungen gebracht habe, in einer Kaserne des Militärdistrikts Luca seien Proklamationen des Barsantiklubs vorgefunden. Weder dort noch in anderen Kasernen fand eine derartige Konfiskation statt. Mordini er⸗ klärte sich durch die Zusicherung, daß in der Armee kein Ele⸗ ment von Indisziplin vorgefunden worden sei, befriedigt. Der Minister⸗Präsident Cairoli legte sodann den Berliner Vertrag mit den Protokollen und den Entwurf zu einer Reorganisation der Centraladministration des Staates vor. Der Finanz⸗Minister brachte darauf einen Gesetzentwurf, betreffend die Zustimmung zu der Pariser Münzkonvention, zur Vorlage.
Das Haus setzte demnächst die Debatte über die Inter⸗ pellationen fort. Vare sprach sich gegen jede, ein Miß⸗ trauensvotum gegen das Kabinet implizirende Motion aus. Das Verhalten des Ministeriums sei ein gesetz⸗ und verfassungsmäßiges gewesen. Nicotera kritisirte das Mini⸗ sterium bezüglich seines Verhaltens in der Frage der öffent⸗ lichen Sicherheit und erklärte, er werde gegen das Ministe⸗ rium stimmen. Toscanelli sprach für die Politik des Mi⸗ nisteriums. — Die Debatte ward darauf geschlossen und die Tagesordnungen begründet. Mancini erklärte, sich den Prinzipien des Ministeriums bezüglich des Vereins⸗ und Ver⸗ sammlungsrechtes anschließen zu wollen, er billige indeß nicht die Mittel, die hierbei angewendet wurden. Avezzana ent⸗ wickelte die Motion, durch welche dem Ministerium das volle Vertrauen ausgesprochen wird.
8 Griechenland. Arhen, 3. Dezember. (W. †. B.) Die Kammer nahm das Einnahmebudget an und geneh⸗ migte die Konvention bezüglich der Staatsschulden.
Türkei. Konstantinopel, 28. November. In der Nacht vom 20. zum 21. Oktober ist, wie bereits früher in den Zeitungen erwähnt, zu Adjemler bei Brussa auf einen deutschen Schutzgenossen, den Müller Albert Küpper, in der von demselben bewohnten Mühle ein Mordversuch ausgeführt worden, bei welchem der Genannte schwere Verletzungen erhalten hat. Die Kaiserliche Botschaft in Konstantinopel hat seiner Zeit bei der tür⸗ kischen Regierung die nöthigen Schritte gethan, um die Er⸗ mittelung und strenge Bestrafung der Schuldigen zu erreichen. Auch ist behufs Wahrung der diesseitigen I“ alsbald ein Beamter des Kaiserlichen Konsulats in Konstantinopel an den Ort der That entsendet worden. Nach den Aussagen des Verletzten und seiner Frau ist das Verbrechen von drei, ihrer Kleidung und Bewaffnung nach zu den rumelischen Emigranten gehörigen Personen verübt worden, welche mit den Müllerknechten des Küpper in Einver⸗ nehmen gestanden zu haben scheinen. Es haben bereits zahlreiche Verhaftungen stattgefunden, und steht zu hoffen, daß den türkischen Behörden bei der Feneehg. mit welcher die Untersuchung geführt wird, die Ermittelung der Schuldigen gelingen werde.
—. 9. Dezember. (W. T. B.) Heute hat ein anßer⸗ ordentlicher Ministerrath stattgefunden, welchem auch die früheren Minister und andere politische Persönlich⸗ keiten beiwohnten. Es wurde ein Hat über die einzu⸗ führenden Reformen berathen. Osman Pascha hat einen Entwurf zu einer durchgreifenden Reyrganisation der
Armee ausgearbeitet. — Die Anführer der Aufständischen in Mesopotamien haben ihre Unterwerfung angeboten. Die Pforte verlangt jedoch eine schriftliche Erklärung ihrer Unterwerfung.
Dänemark. Kopenhagen, 9. Dezember. (W. T. B.) In einem der Regierung aus Saint⸗Croix zugegangenen Telegramme wird die Nothwendigkeit einer unverzüglichen Hülfe hervorgehoben. Im Folkething soll morgen ein neuer Gesetzentwurf über die Saint⸗Croix zu gewährende Hülfe ein⸗ gebracht werden.
Almerika. Washington, 9. Dezember. (W. T. B.) Die Repräsentantenkammer lehnte mit 154 gegen 91 Stimmen den Gesetzentwurf ab, durch welchen die Aus⸗ prägung von Trade⸗Dollars für die Zukunft unter⸗ sagt und angeordnet werden sollte, daß dieselben an die Banken abgegeben werden, um in Dollars, die der Silberwährung entsprechen, umgeprägt zu werden. — Der Sch atzsekretär Sherman hat weitere 5 Millionen Bonds zur Amorti⸗ sation einberufen.
Aus dem Wolffschen Telegraphen⸗Bureau.
Darmstadt, Dienstag, 10. Dezember. Bulletin. Nach einer sehr unruhigen Nacht hat sich bei der Frau Großherzo⸗ gin das Fieber auf gleicher Höhe erhalten, die diphtherische Erkrankung auf der linken Mandel und der Rachenschleimhaut ist im Fortschreiten, die Lymphdrüsen der linken Halsseite sind stärker angeschwollen.
Pest, Dienstag, 10. Dezember, Vormittags. In der gestern Abend stattgehabten Sitzung der vereinigten Ausschüsse der ungarischen Delegation hatte sich Graf Andrassy mit der Antrage Hegedue's, welcher, wie bereits gemeldet, mit großer Majorität angenommen worden ist, einverstanden erklär Zugleich hatte sich Graf Andrassy gegen den durch die An nahme des Antrages Hegedue's abgelehnten Antrag Falk ausgesprochen, welcher empfahl, auf die Berathung der Kredi vorlage wegen der Unzulänglichkeit derselben nicht einzugehen und den beantragten Kredit von 20 Millionen nur mit der ausdrücklichen Erklärung bewilligen wollte, daß die Delega tion für die Okkupation nichts weiter votire, bis die beider seitigen legislativen Versammlungen über das Verhältniß de okkupirten Länder zur Monarchie entschieden hätten.
London, Dienstag, 10. Dezember, Vormittags. Wi die „Times“ meldet, hat der Ingenieur Albert Lentner mi der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗Aktien⸗Gesellschaf einen Kontrakt zur Hebung der „Pommerania“ abgeschlossen — Nach einem Telegramm des „Standard“ aus Tabris vor 9. d. würde die Abtretung von Khotur an Persien in etw 14 Tagen erfolgen.
„Bukarest, Dienstag, 10. Dezember. Das nisterium entwickelte in beiden Kammern sein Programm, dessen wesentliche Punkte folgende sind: Aufrechterhaltung der besten Beziehungen zu allen Mächten, Ausführung des Ber liner Vertrages, Revision des Artikels 7 der Verfassung, die Sicherung der Unabhängigkeit und der Rechte des Landes un endlich das Bestreben, die Nation zum Wohlstande zu führen
St. Petersburg, Dienstag, 10. Dezember, Vormittags An der gestern anläßlich des St. Geo gsfestes stattgehabten Bewirthung der Ritter des St. Georgs⸗Ordens, welche in der festlich geschmückten Mandège des Ingenieurschlosses stattfand, nahmen gegen 4000 Personen Theil. Um 1 Uhr Nachmittag traf der Kaiser ein und begrüßte die anwesenden Großfürsten und Generale. Sodann vähert sich Se. Majestät den Speise⸗ tischen und trank auf das Wohl der Inhaber des ruhmvollen Ordens. Demnächst brachte der Großfürst⸗Oberkommandirende ein Hoch auf den Kaiser aus, das mit enthusia⸗ stischen Hurrahrufen aufgenommen wurde, während die Musi die Nationalhymne spielte. Es solg sodann noch ein Toast des Kaisers auf den Großfürsten⸗Thronfolger. Abends um 5 ½ Uhr fand im Winterpalais ein Diner statt, zu welchem alle Ritter der höheren Ordensklassen geladen waren. Den ersten Trinkspruch brachte Se. Majestät der Kaiser Alexander auf das Wohl Sr. Majestät des Deutschen Kaisers aus, in welchem er denselben als den ältesten Ritter des St. Georgs⸗ Ordens, als seinen Freund und als besten Kenner des Helden⸗ muthes der russischen Armee feierte. Stürmische Hurrahs folgten diesem Toast und die Musik spielte die preußische Hymne. Der zweite Toast galt den Rittern des St. Georgs⸗ ordens, wobei der Kaiser hervorhob, die junge russische Armee habe sich während des letzten Feldzuges des Heldenmuths und der Traditionen der alten russischen Armee würdig erwiesen.
St. Petersburg, Dienstag, 10. Dezember, Vormitt Der „Regierungsbote“ veröffentlicht ein Handschreiben des Kaisers an den Minister des Innern Timascheff, in welchem er das Entlassungsgesuch desselben unter Danksagung für seine bisher geleisteten treuen Dienste annimmt und dem Minister den Wladimir⸗Orden 1. Klasse verleiht. Durch eine weitere Verordnung des Kaisers wird Timascheff zum Mitgliede des Reichsrathes ernannt und Geheim⸗Rath Makoff interimistisch mit der Leitung des Ministeriums des Innern beauftragt.
Statistische Nachrichten.
Das jüngst erschienene Heft der „Nachrichten über Industrie, andel und Verkehr aus dem statistischen Departement im Kaiser⸗ ich Königlich österreichischen Handels⸗Ministerium“ enthält eine
Uebersicht über den neuesten Stand der Telegraphen in den Staaten Europa'’s, dem wir folgende Angaben entnehmen: Im Jahre 1877 betrug in Großbritannien und Irland, bei einem Flächeninhalte von 314 951 qkm und einer Gesammtbevölkerung von 33 589 419, die Länge des Staats⸗Telegraphennetzes 40 388 km. Linien und 174 533 km Drähte; an Anstalten bestanden 3761 Staats⸗ und 1555 Eisenbahn⸗ und Privatstationen mit einem Personal von 11 474 Beamten und 8135 Apparaten. Der interne Korrespondenz⸗ verkehr bezifferte sich auf 19 453 496 Depeschen, der internationale auf 2 420 096, zusammen 21 873 592. Gehührenfreie und Dienstdepescher. waren 420 940. Die Einnahmen vetrugen 13 335 420 Fl. 5. W., die ordentlichen Ausgaben 11 666470 Fl., die außerordentl cen 279 560 Fl Der interne Tarif für 20 We cte war: 50 S8r g I”* Auf 100 qfg femen 1928 bm Fmie und 84 da Drösre. Es kam eine Staait 8. 84 egn 81²8930 Eivrohner, auf 10,7 um Linie und auf 46,4 km Drähte. Non 1. Heveschen 88.9 — 11,1 ö5teüctiönate 1 li ige Depeschen. Auf 1 km Linie — Hröüise 125, auf 1 Staatsstation 5816 und auf “ 109 951 gebührenpflichtige Depeschen. An Einnahmen uf 109“ „2 am Linie 330 Fl. 5. W, auf 1 Staatsstation 3543 Fl. 8 2——h Pezahlte Depeschen 80,9 Fl. Die ordentlichen Ausgaben be⸗ kugen auf 1 km Linie 288 Fl., auf 1 Sraatsstation 2102 Fl., auf