1878 / 305 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 28 Dec 1878 18:00:01 GMT) scan diff

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 28. Dezember. Se. Majestät der Kaiser und König empfingen heute die General⸗ Adjutanten, General der Kavallerie Graf von der Goltz und General⸗Lieutenant von Kessel, und nahmen demnächst in Gegenwart des Gouverneurs und des Kommandanten mili⸗ ische Meldungen und hierauf die Vorträge des Kriegs⸗ Ministers, sowie des Majors von Brauchitsch vom Militär⸗ kabinet entgegen.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm gestern Vormittag um 11 ¾ Uhr mili⸗ tärische Meldungen 1 und stattete um 1 ½ Uhr dem Großfürsten Alexis von Rußland und dem Prinzen Arnulf von Bayern Besuche ab. . Nachmittags um 5 Uhr nahm Höchstderselbe mit Sr. Königlichen solen dem Prinzen Wilhelm an dem Diner bei Ihren Majestäten Theil. v11““

Das die Revision des Zolltarifs betreffende Schreiben des Reichskanzlers, dessen Berathung in der Sitzung vom 23. d. M. auf der Tagesordnung des Bundes⸗ raths sand, hat folgenden Wortlaut:

FE den 15. Dezemb er 1878. Nachdem der Bundesrath auf Grund der Vorlage vom 12. No⸗ vember l. J. (Nr. 123 der Drucksachen) die Einsetzung einer Kom⸗ mission zur Revision des Zolltarifs beschlossen hat, beehre ich mich, nachstehend die Gesichtspunkte darzulegen und zur geneigten Er⸗ wägung zu stellen, welche mir bei dieser Revision als leitende vor⸗ schweben und in deren Richtung ich amtlich zu wirken bestrebt bin.

In erster Linie steht für mich das Interesse der finanziellen Re⸗ form: Verminderung der direkten Steuerlast durch Vermehrung der auf indirekten Abgaben beruhenden Einnahmen des Reichs.

Wieweit Deutschland in der finanziellen Entwickelung seines Zollwesens hinter anderen Staaten zurückgeblieben ist, zeigt die unter 1 anliegende Uebersicht. Das hier dargestellte Verhältniß würde sich noch ungünstiger für Deutschland gestalten, wenn zu den für Oesterreich⸗Ungarn, Frankreich und Italien aufgeführten Be⸗ trägen der Einnahme an Grenzzöllen die Summen hinzugefügt würden, welche diese Staaten an Stelle des Zolls vom ausländischen Tabak in der Form des Monopolertrages beziehen und welche zu Gunsten der Gemeinden als Oktroi erhoben werden.

Es beruht nicht auf Zufall, daß andere Großstaaten, zumal solche mit weit vorgeschrittener politischer und wirthschaftlicher Ent⸗ wickelung die Deckung ihrer Ausgaben vorzugsweise in dem Ertrag der Zölle und indirekten Steuern suchen.

Die direkte Stener, welche in einem für jeden einzelnen Steuer⸗ pflichtigen im Voraus festgestellten Betrage dem einzelnen Besteuerten abgefordert und nöthigenfalls durch Zwang von ihm beigetrieben wird, wirkt ihrer Natur nach drückender als jede indirekte Abgabe, die in ihrem Betrage sowohl der Gesammtheit als dem Einzelnen gegenüber an den Umfang des Verbrauchs besteuerter Gegenstände sich anschließt und, soweit sie den einzelnen Konsumenten trifft, von diesem in der Regel nicht besonders, sondern in und mit dem Preise der Waaren entrichtet wird. In dem größten Theile Deutschlands haben die direkten Steuern einschließlich der Kommunalabgaben eine Höhe erreicht, welche drückend ist und wirthschaftlich nicht gerechtfertigt erscheint. Am meisten leiden unter derselben gegenwärtig diejenigen Mittelklassen, deren Ein⸗ kommen sich etwa in der Grenze bis zu 6000 bewegt und welche durch exekutorisch beigetriebene oder über ihre Kräfte gezahlte direkte Steuern noch häufiger als die Angehörigen der untersten Steuerklassen in ihrem wirthschaftlichen Bestande untergraben werden. Soll die Steuerreform, wie ich es für erforderlich halte, in ihren Erleichte⸗ rungen bis zu diesen Grenzen reichen, so muß sie bei der Revision des Zolltarifs auf einer möglichst breiten Grundlage beginnen. Je er⸗ giebiger man das Zollsystem in finanzieller Hinsicht gestaltet, um so größer werden die Erleichterungen auf dem Gebiete der direkten Steuern sein können und sein müssen.

Denn es versteht sich von selbst, daß mit der Vermehrung der indirekten Einnahmen des Reichs nicht eine Erhöhung der Gesammt⸗ steuerlast bezweckt werden kann. Das Maß der Gesammtsteuerlast ist nicht durch die Höhe der Einnahmen, sondern durch die Höhe des Bedarfs bedingt, durch die Höhe der Ausgaben, welche im Ein⸗ verständniß zwischen Regierung und Volksvertretung als dem Be⸗ dürfniß des Reichs oder Staats entsprechend festgestellt wird. Höhere Einnahmen zu erzielen, als zur Bestreitung dieses Bedürfnisses un⸗ bedingt erforderlich sind, kann niemals in der Absicht der Regierungen liegen. Dieselben haben nur dahin zu streben, daß das Erforderliche auf die relativ leichteste und erfahrungsmäßi; minder drückende Weise aufgebracht werde. Jede Steigerung der indirekten Einnahmen des Reichs muß deshalb die nothwendige Folge haben, daß von den direkten Steuern oder von solchen indirekten Steuern, deren Er⸗ hebung von Staatswegen etwa aus besonderen Gründen nicht mehr wünschenswerth erscheint, soviel erlassen oder an Kommunalverbände überwiesen wird, als für die Deckung der im Einverständnisse mit der Volsvertretung festgesetzten Staatsausgaben entbehrlich wird.

Nicht in Vermehrung der für die Zwecke des Reichs und der Staaten nothwendigen Lasten, sondern in der hebertrvanm eines größeren Theils der unvermeidlichen Lasten auf die weniger drücken⸗ den indirekten Steuern, besteht das Wesen der Finanzreform, zu deren Verwirklichung auch die Zolltarifrevision dienen solll..

Um eine d eser Rücksicht entsprechende Grundlage für die Re⸗ vision zu gewinnen, empfiehlt es sich meines Erachtens, nicht blos einzelne Artikel, welche sich dazu besonders eignen, mit höheren Zöllen zu belegen, sondern zu dem Prinzip der Zollpflichtigkeit aller über die Grenze eingehenden Gegenstände, welches in der preußischen Zoll⸗ Gesetzgebung vom Jahr 1818 an als Regel aufgestellt war und später in der Eingangsabgabe des Vereins⸗Zolltarifs bis zum Jahre 1865 seinen Ausdruck fand, zurückzukehren.

Von dieser allgemeinen Zollpflicht würden diejenigen für die Industrie unentbehrlichen Rohstoffe auszunehmen sein, welche in Deutschland gar nicht (wie z. B. Baumwolle) und nach Befinden auch die, welche nur in einer ungenügenden Quantität oder Qualität erzeugt werden können. 3

Ade nicht besonders ausgenommenen Gegenstände sollten mit einer Eingangsabgabe belegt sein, die nach dem Werthe der Waaren und zwar unter Zugrundlegung verschiedener Prozentsätze, je nach dem Bedarfe der einheimischen Produktion, abzustufen wäre. Die hiernach zu bemessenden Zollsätze würden auf Gewichtseinheiten, wie dies in dem bestehenden Zolltarif die Regel ist, zurückzuführen und danach zu erheben sein, soweit nicht nach der Natur des Gegenstands eine Er⸗ hebung des Zolls per Stück (wie bei dem Vieh) oder unmittelbar nach dem Werth (wie bei Eisenbahnfahrzeugen, eisernen Flußschiffen) sich mehr empfiehlt.

Nach den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Statistischen Amts

(Statistik des Deutschen Reichs, Band XXXII. S. II. 93) betrug im Jahre 1877 der geschätzte Werth der Waareneinfuhr (Eingang in den freien Verkehr) rund 3877 Millionen Mark. Hiervon fallen laut 2 2 auf bisher zollfreie Artikel rund 2853 Millionen Mark.

In dieser Summe ist der Werth einer Reihe von Artikeln ent⸗ halten, welche auch in Zukunft zollfrei zu lassen sein werden, weil sie unter die obenbezeichnete Kategorie der für die Industrie unentbehr⸗ lichen Rohstoffe fremder Herkunft fallen oder weil sie, wie gemünztes Metall, sich ihrer Natur nach nicht zu einem Gegenstande der Ver⸗ ollung eignen. Außerdem würden die Positionen in Abzug 5 bringen 1b für welche etwa auch in Zukunft die Freiheit der Durchfuhr andern Ländern vertragsmäßig gewährleistet oder im Interesse des

ö“ 8 .X.“

nländischen Verkehrs gesetzlich zugelassen werden soll. Es kommt ferner in Betracht, daß die Belegung jetzt zollfreier Artikel auch mit einer mäßigen Eingangsabgabe, doch Einfluß auf den Verbrauch dieser Artikel üben kann.

Welcher Betrag hiernach an der obigen Summe von 2853 Mil⸗ lionen Mark abzusetzen wäre, um den Gesammtwerth der jetzt zoll⸗ freien, nach meinem Vorschlag künftig der Zollpflicht unterliegenden Gegenstände zu ermitteln, dies läßt sich mit irgend welcher Zu⸗ nicht berechnen. Wollte man indessen auch annehmen, daß selbst die Hälfte der obengenannten Summe was ohne Zweifel zu hoch gegriffen ist als Werth auch tünftig zollfreier Ein⸗ und Durchfuhr in Abzug kommen müßte, so bliebe immerhin noch eine, jetzt zollfreie, künftig und nach den ursprünglichen bis 1865 gültigen Grundsätzen Preußens und des Zollvereins zollpflichtige Einfuhr im Werthe von etwa 1400 Millionen Mark. Wird ferner angenommen, daß die hiervon künftig zu erhebenden Eingangsabgaben auch nur durchschnittlich 5 % des Werths betrügen, so würde sich die Ver⸗ —— jährlichen Zolleinnahmen auf 70 Millionen Mark

elaufen.*

Dieser Vermehrung der Zolleinnahme würde eine wesentliche

Erhöhung der Zollerhebungs⸗ und Verwaltungskosten nicht gegenüber⸗ stehen, da eine wenn auch nur summarische Revision der die Zoll⸗ renze passirenden zollfreien Güter jetzt ebenfalls stattfindet. Die be⸗ tehenden Einrichtungen an der Zollgrenze und im Innern würden voraussichtlich auch zur Verzollung aller jetzt zollfreien, künftig zoll⸗ pflichtigen Gegenstände ausreichen oder doch nicht in sehr erheblichem Maße zu erweitern sein; sie würden durch Vermehrung der zoll⸗ pflichtigen Artikel vielfach nur noch besser ausgenützt und einträg⸗ licher gemacht werden, als es jetzt der Fall ist.

Wenn hiernach vom finanziellen Gesichtspunkte aus, auf welchen ich das Hauptgewicht lege, die von mir befürwortete Wiederherstellung der Regel allgemeiner Penvftch sich empfiehlt, so läßt ein solches System sich meines Erachtens auch in volkswirthschaftlicher Be⸗ ziehung nicht anfechten. 3

Ich lasse dahingestellt, rb ein Zuftand vollkommener, gegen⸗ seitiger —— des internationalen Verkehrs, wie ihn die Theorie des Freihandels als Ziel vor Augen hat, dem Interesse Deutschlands entsprechen würde. So lange aber die meisten der Länder, auf welche wir mit unserem Verkehr angewiesen sind, sich mit Zollschranken umgeben, und die Tendenz zur Erhöhung derselben noch im Steigen begriffen ist, erscheint es mir gerechtfertigt und im wirthschaftlichen Interesse der Nation geboten, uns in der Befriedigung unserer Bedürfnisse nicht durch die Besorgniß einschränken zu assen, daß durch dieselben deutsche Produkte eine geringe Bevor⸗ zugung vor ausländischen erfahren. 1

Der jetzt bestehende Vereinszolltarif enthält neben den reinen

inanzzöllen eine Reihe von mäßigen Schutzzöllen für bestemmte ndustriezweige. Eine Beseitigung oder Verminderung dieser Zölle wird, zumal bei der gegenwärtigen Lage der Industrie, nicht rathsam erscheinen; vielleicht wird sogar bei manchen Artikeln im Interesse einzelner besonders leidender Zweige der heimischen Industrie, je nach dem Ergebniß der im Gange befindlichen Enqueten eine Wieder⸗ derstennng höherer oder Erhöhung der gegenwärtigen Zollsätze sich empfehlen.

Schutzzölle für einzelne Industriezweige aber wirken, zumal wenn sie das durch die Rücksicht auf den finanziellen Ertrag gebotene Maß überschreiten, wie ein Privilegium und begegnen auf Seiten der Vertreter der nicht geschützten Zweige der Erwerbsthätigkeit der Abneigung, welcher jedes Privilegium ausgesetzt ist. Dieser Abnei⸗ gung wird ein Zollsystem nicht begegnen können, welches innerhalb der durch das finanzielle Interesse gezogenen Schranken, der ge⸗ sammten inländischen Produktion einen Vorzug vor der ausländi⸗ schen Produktion auf dem einheimischen Markte gewährt. Ein solches System wird nach keiner Seite hin drückend erscheinen können, weil seine Wirkungen sich über alle produzirenden Kreise der Nation

gleichmäßiger vertheilen, als es bei einem System von Schutzzöllen Die Minderheit der Be⸗

für einzelne Industriezweige der Fall ist. r B völkerung, welche überhaupt nicht produzirt, sondern ausschließlich konsumirt, wird durch ein die gesammte nationale Produttion begün⸗ stigendes Zollsystem scheinbar benachtheiligt. Wenn indessen durch ein solches System die Gesammtsumme der im Inland erzeugten Werthe vermehrt und dadurch der Volkswohlstand im Ganzen gehoben wird, so wird dies schließlich auch für die nicht pro⸗ duzirenden Theile der Bevölkerung und namentlich für die auf festes Geldeinkommen angewiesenen Staats⸗ und Gemeindebeamten von Nutzen sein; denn es werden der Gesammtheit dann die Mittel zur Ausgleichung von Härten zu Gebote stehen, falls sich in der That eine Erhöhung der Preise der Lebensbedürfnisse aus der Ausdehnung der Zollpflichtigkeit auf die Gesammteinfuhr ergeben sollte. Eine solche Erhöhung wird jedoch in dem Maße, in welchem sie von dem Konsumenten befürchtet zu werden pflegt, bei geringen Zöllen voraus⸗ sichtlich nicht eintreten, wie ja auch umgekehrt nach Aufhebung der Mahl⸗ und Schlachtsteuer die Brod⸗ und Fleischpreise in den früher davon betroffenen Gemeinden nicht in einer bemerkbaren Weise zurückgegangen sind. 8

Eigentliche Finanzzölle, welche auf Gegenstände gelegt sind, die im Inlande nicht vorkommen und deren Einfuhr unentbehrlich ist, werden zum Theil den Inländer allein treffen. Bei Artikeln dagegen, welche das Inland in einer für den einheimischen Verbrauch ausreichenden Menge und Beschaffenheit zu erzeugen im Stande ist, wird der ausländische Produzent den Zoll allein zu tragen haben, um auf dem deutschen Markt noch konkurriren zu können. In solchen Fällen endlich, in denen ein Theil des inlän⸗ dischen Bedarfs durch auswärtige Zufuhr gedeckt werden muß, wird der ausländische Konkurrent meist genöthigt sein, wenigstens einen Theil und oft das Ganz des Zolls zu übernehmen und seinen bis⸗ herigen Gewinn um diesen Betrag zu vermindern. Daß Grenzzölle auf denct Gegenstände, welche auch im Inland erzeugt werden, den ausländischen Produzenten für das finanzielle Ergebniß mit heran⸗ ziehen, geht aus dem Interesse hervor, welches überall das Ausland gegen Einführung und Erhöhung derartiger Grenzzölle in irgend einem Gebiete an den Tag legt. Wenn im praktischen Leben wirklich der inländische Konsument es wäre, dem der erhöhte Zoll zur Last fällt, so würde die Erhöhung dem ausländischen Pro⸗ duzenten gleichgültiger sein. 1

Soweit hiernach der Zoll dem inländischen Konsumenten über⸗ haupt zur Last fällt, tritt er hinter den sonstigen Verhältnissen, welche auf die Höhe der Waarenpreise von Einfluß sind, in der Regel weit zurück. Gegenüber den Preisschwankungen, welche bei bestimmten Waarengattungen durch den Wechsel im Verhältniß von Angebot und Nachfrage oft binnen kurzer Zeit und bei geringer örtlicher Entfer⸗ nung der Marktplätze von einander bedingt wird, kann ein Zoll, der etwa 5 bis 10 % vom Werth der Waare beträgt, nur einen verhält⸗ nißmäßig geringen Einfluß auf den Kaufpreis üben. Andere Momente, wie die Ungleichheiten der Frachtsätze bei den Differenzialtarifen der Eisenbahnen, wirken in dieser Beziehung viel einschneidender vermöge der Einfuhrprämie, die sie dem Auslande, oft zum vielfachen Betrage jedes vom Reiche aufzulegenden Zolles, auf Kosten der deutschen Produktion gewähren. Ich bin deshalb auch der Ueberzeugung, daß mit der Revision der Grenzzölle eine Revision der Eisenbahntarife nothwendig Hand in Hand gehen muß. Es kann auf die Dauer den einzelnen Staats⸗ und Privat⸗Eisenbahnverwaltungen nicht die Be⸗ rechtigung verbleiben, der wirthschaftlichen Gesetzgebung des Reiches nach eigenem Ermessen Konkurrenz zu machen, die Handelspolitik der verbündeten Regierungen und des Reichstages nach, Willkür zu neutralisiren und das wirthschaftliche Leben der Nation den Schwan⸗ kungen auszusetzen, welche im Gefolge hoher und wechselnder Ein⸗ fuhrprämien für einzelne Gegenstände nothwendig eintreten.

Die Rückkehr zu dem Prinzip der allgemeinen Zollpflicht ent⸗ spricht der jetzigen Lage unserer handelspolitischen Verhältnisse. Nach⸗

*) Der Seacset in dem bis vor 13 Jahren gültigen Tarif b und des ei benannte Einfuhrgegenstände 15 Sgr. für den Centner. 8

gestellt.

ollvereins war für alle im Tarif nicht als zoll⸗

dem der Versuch, mit Oesterreich⸗Ungarn einen neuen Tarifvertrag zu vereinbaren, respektive den bisherigen zu prolongiren, gescheitert ist, sind wir (abgesehen von den in den Verträgen mit Belgien und der Schweiz enthaltenen Tarifbestimmungen) in das Recht selbst⸗ ständiger Gestaltung unseres Zolltarifs wieder eingetreten. Bei der bevorstehenden Revision des Zolltarifs kann nur unser eigenes Inter⸗ Fe maßgebend sein. Dieses Interesse wird vielleicht demnächst zu neuen

erhandlungen über Tarifverträge mit dem Aus and führen Sollen aber solche Verhandlungen mit der Aussicht auf einen für Deutschland glücklichen Erfolg begonnen werden, so ist es nötbig, vorher auf dem autonomen Wege ein Zellsystem zu schaffen, welches die gesammte inländische Produktion der ausländischen gegenüber in die möglichst günstige Lage bringt.

Dem Bundesrath stelle ich ergebenst anheim, die vorstehenden Bemerkungen der Kommission, welche behufs Revision des Zolltarifs zufolge des Beschlusses vom 12. d. M. eingesetzt wird, zur Erwägnng gefälligst überweisen zu wollen.

von Bismarck. An den Bunde rath.

In der Anlage 1 sind nach Fraktion die

Durchschnittseinnahmen an Grenzzöllen in folgenden Sta ten zusammengestellt: Deutsches Reich (1873 1877) 119 688 266 (2,833 pro Kopf der Bevölkerung), Oesterreich⸗Ungarn (1872 1876) 46 465 675 (1,26 pro Kopf der Be⸗ völkerung), Frankreich (1873 1876) 177 288 472 (4,88 pro Kopf der Italien (1873 1877) 81 643 560 (2,97 pro Kopf der Bevölkerung), Rußland (1872 1876) 190 272 000 (2,65 pro Kopf der Bevölkerung), Groß⸗ britannien (1. April 1872/73 1876/77)412 221 192 (12,59 pro Kopf der Bevölkerung), Schweden (1874 1878) 22 275 000 (5,03 pro Kopf der Bevölkerung), Dänemark (1875/76— 1876/77) 20 346 008 (10,60 pro Kopf der Bevölkerung), Amerika (U. S8. of A.) (1. Juli 1872/73 1876/77) 629 911 645 (16,34 pro Kopf der Bevölkerung).

Anlage? enthält ein Verzeichniß der Mengen der im Jahre 1877 in den freien Verkehr des deutschen Zollgebiets zollfrei eingegangenen Artikel, im Gesammtwerth auf 2 853 233 750 geschätzt.

Nachdem die Königlichen Eisenbahn⸗Direktionen ur Erhaltung und Förderung einer lebendigeren Verbindung der Eisenbahnverwaltung mit Vertretern der Eisenbahn⸗Verkehrs⸗ interessen von dem Handels⸗Minister angewiesen worden sind, mit Delegirten der wirthschaßtlichen Korpo⸗ rationen und Verbände ihres Bahnbereichs behufs gemeinsamer Erörterung wichtigerer Verkehrsfragen in periodischen Konferenzen zusammenzutreten und hierneben zur Erleichterung schleunigerer Informationen auf die Bestellung eines ständigen Ausschusses thunlichst hinzuwirken, beabsichtigt der Handelsminister auch für die Zentralverwaltung der Eisenbahnen eine Einrichtung zu treffen, welche es ermöglicht, in ähnlicher Weise Ansichten und Gutachten über wichtigere, das Eisenbahnwesen betreffende Fragen von allgemeinerer Bedeutung aus den Kreisen der Verke rentere setign in un⸗ mittelbarer Berührung mit geeigneten Vertretern derselben ent⸗ gegenzunehmen. Zu dem Ende ist vorläufig nur versuchs⸗ weise in Aussicht genommen, eine beschränkte Zahl ange⸗ sehener, mit den allgemeinen Verkehrsinteressen des Landes vertrauter Männer aus den Kreisen des Handels, der In⸗ dustrie, der Land⸗ und Forstwirthschaft, sowie auch der Privat⸗ eisenbahnen zu einem wirthschaftlichen Beirath der Central⸗Eisenbahn⸗Verwaltung zu vereinigen. Die Zusammenstzung und der Geschäftsgang dieses Beiraths werden durch ein besonderes Regulativ geregelt, den Konferenzen des⸗ selben auch je nach Umständen Kommissarien der übrigen Ressorts, insbesondere des landwirthschaftlichen wie des Finanz⸗ ressorts beiwohnen.

Der Königlich belgische Gesandte Baron Nothomb ist auf seinen hiesigen Posten zurückgekehrt und hat die Leitung der Gesandtschaft wieder übernommen.

Sachsen⸗Meiningen⸗Hildburgyhausen. Meiningen. (Eisen. Ztg.) Die Regierung hat am 20. d. M. das Dissi⸗ denten⸗ und das Finanzgesetz gleichzeitig veröffentlicht. Das Finanzgesetz bestimmt die Forterhebung der Steuern auf das Jahr 1879 nach dem Gesetze von 1875. Der mitpubli⸗ zirte Etat besteht aus Domänen⸗ und Landesetat. Ersterer schließt in Einnahme mit 2 058 505, in Ausgabe mit 1 523 391 ab; der Ueberschuß von 535 114 wird zu gleichen Theilen zwischen Herzog und Land getheilt; die feie Civilliste ist mit 394 286 aus den Domänen eingestellt. Der Domänenertrag hat sich um 203 225 höher als im Vor⸗ jahre gestellt, weil Domänengüter und Forsten besser rentirten. Der Landesetat schließt in Einnahme und Ausgabe mit 2 534 809 Die direkten Steuern sind mit 1 056 150, die indirekten mit 355 500 etatisirt, beide 138 000 höher als im Vorjahre. Bei den Ausgaben bleibt der Matrikular⸗ beitrag mit 300 000 unverändert; die Justiz ist um 51 240, die Kirchen und Schulen um 46 000 höher ein⸗

Sesterreich⸗Ungarn. Wien, 26. Dezember. Das

Herrenhaus ist, der „Presse“ für Sonnabend, den

28. d., zu einer Sitzung einberufen, auf deren Tagesordnung die Wehrvorlagen, der Handelsvertrag mit Deutschland, die Vorlage, betreffend den italienischen Vertrag, und Ergänzungs⸗ wahlen in die Delegation sich befinden.

Schweiz. Zürich, 28. Dezember. (W. T. B.) Der 8 Anarchist Brousse, Verfasser der bekannten Artikel der „Avant⸗Garde“, ist in Vevey verhaftet worden.

Genf, 27. Dezember. (W. T. B.) Der Bundesrat hat in der gerichtlichen Untersuchung gegen das Journa „L'Avant⸗Garde“ Marec Morel (Waadtland) zum General⸗ und Berdez (ebendaher) zum Untersuchungsrichter ernannt.

Großbritannien und Irland. London, 27. De⸗ zember. (W. T. B.) Eine Extra⸗Ausgabe der „London Gazette“ veröffentlicht ein Schreiben der Königin an den Staatssekretär des Innern, Croß, vom 26. d. M., in welchem die Königin ihren und des Großherzogs von Hessen Dank ausspricht für die ihnen anläßlich des Ablebens der Großherzogin Alice Seitens der ganzen Nation dargebrachten sympathischen Kund⸗ gebungen der Theilnahme. Ihre Majestät hebt hervor, sie wisse diese Theilnahme um so höher zu schätzen, als dieselbe bei der gegenwärtigen bedrängten Lage des Landes erfolgte, welche Niemand mchr beklage als die Königin selbst. 3

28. Dezember. (W. T. B.) Die „Times“ sieht die Ankunft Jakub Khans in Jellalabad als ein Zeichen an, daß ein beträchtlicher Theil der Bevölkerung Afghanistans

eneigt sei, mit England zu unterhandeln. Jedenfalls müsse der künftige Beherrscher von Afghanistan das Versprechen leisten, daß er unter keinen Umständen ermangeln wolle, ein Freund der Freunde und ein Feind der Feinde der englischen Regierung zu sein, und die englische Regierung müsse für die Erfullung dieses Versprechens ausreichende Bürgschaften er⸗ halten. Diese Nothwendigkeit erheische zwar ein Vorschieben der bisherigen Grenze von Indien, indeß werde die Regierung weise und gerecht handeln, wenn sie nur mäßige Bedingungen stelle. Nach hier vorliegenden Nachrichten aus Capetown, vom 10. d. M., werden heute die Abgesandten des Königs Cetewayo an der Grenze zur Entgegennahme der Botschaft des Gouver⸗ neurs erwartet. Wie verlautet, werden in der Botschaft die Entwaffnung und Entlassung der Zulutruppen, die Abtretung der Bai von Santa Lucia und die Zulassung eines britischen Residenten zu dem Gebiete der Zulus verlangt. Obgleich die letzten 11“ Cetewayo’'s versöhnlicher Art gewesen sein sollen, so hält man doch vielfach den Ausbruch der Feind⸗ seligkeiten für nahe bevorstehend.

Frankreich. Paris, 26. Dezember. Ein im „Journal officiel“ erschienenes Dekret des Präsidenten ernennt eine Kommisssion, welche die Grundgesetze und organi⸗ schen Verordnungen der französischen Kolonien durch⸗ sehen und geeignete Reformvorschläge machen soll. Diese Kommission besteht aus den Senatoren Graf Rampon, Schölcher, General Frebault, de Laserve, Graf Desbassayns de Richemont, Baron Lareinty, General de la Jaille und Desmazes, den Abgg. Bethmont, de Mahy, Godissart, Lacas⸗ cade, Godin, Langlois und G. Perin, sowie einigen Beam⸗ ten des Marine⸗Ministeriums. 8

27. Dezember. (W. T. B.) Das Journal „France meldet, daß der Bey von Tunis trotz des Widerspruchs des französchen Konsuls das Eigenthum eines Franzosen, des Grafen Saucy, zu verletzen versucht habe; das Journal will wissen, daß Seitens des französischen Ministers des Aus⸗ wärtigen ernste Maßregeln ergriffen werden würden, um für diese Unbill eine Genugthuung zu erlangen. Das Blatt ist der Meinung, der Bey habe auf diese Weise eine Krisis her⸗ beiführen wollen, üht Frin edh zu nöthigen, seine definitiven Absichten bezüglich einer Annexion von Tunis oder eines Protektorates über das Land kund zu thun.

Italien. Rom, 27. Dezember. (W. T. B.) Der Minister⸗Präsident Depretis und der englische Botschafter Paget hatten gestern eine längere Kon⸗ ferenz, in welcher die zwischen dem italienischen Konsul auf Cypern und dem englischen Generalgouverneur über das Exequatur und die Anerkennung der Kapitulationen ent⸗ standenen Differenzen nahezu vollständig behoben worden sind.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 28. De⸗ zember. (W. T. B.) Staatsrath Schmitt ist zum Direktor der Kanzlei der 3. Abtheilung der Geheimen Kanzlei des Kaisers ernannt worden.

Afrika. Egypten. Kairo, 27. Dezember. (W. T. B.) Von der Winterresidenz des Khedive, dem Abdinpolaste, ist etwa die Hälfte durch Feuer zerstört worden. Die egyptischen Staatseinnahmen in den Monaten Januar bis Oktober d. J. betrugen 5 ½ Million d. Sterl. gegenüber 6 750 000 Pfd. Sterl. im Vorjahr.

us dem Wolffschen Telegraphen⸗Bureau.

ien, Sonnabend, 28. Dezember, Vormittags. Die angeblich in Pest und Gödöllö umlaufenden Attentats⸗ gerüchte werden von dem „Telegraphen⸗Korrespondenz⸗Bureau“ als Erfindungen bezeichnet, die auf Gerüchte zurückzuführen eien, welche vor etwa drei Wochen zirkulirten und bereits amals völlig unbeglaubigt und unrichtig waren.

Paris, Sonnabend, 28. Dezember, Mittags. Der „Agence Havas“ sind von der spanischen Grenze Mittheilungen zugegangen, wonach eine gegen 400 Mann starke Bande Be⸗ Fereae Labata, in der Provinz Barcelona, sich gezeigt haben soll.

New⸗York, Sonnabend, 28. Dezember. Nach hier ein⸗ etroffenen Nachrichten war in Tepic (Mexiko) eine Rebellion ausgebrochen, welche nach kurzer Dauer unterdrückt worden

ist. Gegen 80 Insurgenten sind hingerichtet worden. Der österreichische Konsul in New⸗Orleans, Bader, hat sich ertränkt.

Statästische Nachrichten.

Nach dem von der General⸗Direktion der Dougnen in Paris veröffentlichten „Tableau général du commerce de la Fra ce“ reprä- 1“ der Spezialhandel Frankreichs mit dem Aus⸗

ande im Jahre 1877 cinen Gesammtwerth von 7106,1 Mill. Fr. gegen 7564,0 Mill. Fr. in 1876, hat also eine Abnahme um 457,9 Mill. Fr. erfahren. Die Einfuhr Frankreichs hatte einen Werth von 3669,8 Mill. Fr. (gegen 1876 weniger 318,6 Mill. Fr.), die Ausfuhr einen solchen von 3436,3 Mill. Fr. (gegen 1876 weniger 139,3 Mill. Fr.). Das Deutsche Reich partizipirte an dem Werthe der Einfuhr mit 372,8 Mill. Fr. (gegen 1876 weniger 16,2 Mill. Fr.), an demjenigen der Ausfuhr mit 395,1 Mill. Fr. (gegen 1876 weniger 36,1 Mill. Fr.). Die hauptsächlichsten Artikel des Verkehrs zwischen Deutschland und Frankreich waren in 1877 (bez. 1876) folgende: 1 Einfuhr Frankreichs aus Deutschland: Schlacht⸗ vieh 40,5 Mill. Fr. (1876 50,8), Holz 33,6 Mill. Fr. (1876 25,3), Baumwollengewebe 23,7 Mill. Fr. (1876 26,9), Steinkohlen und Koks 22,3 Mill. Fr. (1876 21,9), Garn aller Art 19,1 Mill. Fr. 1876 30,9), rohe Häute und Felle 14,7 Mill. Fr. (1876 20,7), ollenwaaren 12,9 Mill. Fr. (1876 11,5), Maschinen und mechanische Instrumente 12,7 Mill. Fr. (1876 10,6), Bier 11,7 Mill. Fr. 1876 10,7), Cerealien 10,8 Mill. Fr. (1876 5,1), chemische Produkte 70, Mill. Fr. (1876 4,4), Gewebe, Bänder ꝛc. aus Seide 6,5 Mill. Fr. (1876 6,3), Oelsämereien 6,5 Mill. Fr. (1876 0,9), Hopfen 6,4 Mill. Fr. (1876 11,6), Thon⸗, Glas⸗ und Krystallwaaren 6,4 Mill. Fr. (1876 5,7), Blei 6,3 Mill. Fr. (1876 3,0), Hanf 5,7 Mill. Fr. (1876 3,4), Rohseide 5,6 Mill. Fr. (1876 9,2), Papier, Bücher, Stiche 5,5 Mill. Fr. (1876 5,3), Metall⸗ Pogaren 54 Mil. Fr. (1876,54) Schafwolle 5,4 Mill. Fr. (1876 5,3), Zink 5,3 Mill. Fr. (1876 4,2), zubereitete Häute 5,2 Mill. Fr. 8 4,9 Mill. Fr. (1876 7,2), Fleisch, frisch und ge⸗ alzen 3,8 Mill. Fr. (1876 4,1). Eisenerz, Roheisen ꝛc. 3,8 Mill. Fr. S 3,0), Kupfer 3,8 Mill. Fr. (1876 2,6), Hüte von Stroh, Rohr ꝛc. 3,7 Mill. Fr. (1876 5,3), Melasse 3,4 Mill. Fr. (1876 1,3), Branntwein und Spiritus 3.1 Mill. Fr. (1876 1,1).

2) Ausfuhr Frankreichs nach Deutschland: Wein 27,7 Mill. Fr. (1876: 33,7), rohe Baumwolle 24,2 Mill. Fr. (1876: 31,8), Wollenwaaren 23,7 Mill. Fr. (1876: 29,2), Getreide 23,1 Mill. Fr. (1876: 21,6), Seidenwaaren 23,0 Mill. Fr. (1876: 21,4), Mercerie 21,0 Mill. Fr. (1876: 21,7), Mehl 19,4 Mill. Fr. (1876: 20,9), Rohseide 10,7 Mill. Fr. (1876: 11,5), Schafwolle

und Abfälle davon 9,7 Mill. Fr. (1876: 10,2), Vieh 9,3 Mill. Fr. (1876: 12,5), Bijouterien 9,1 Mill. Fr. (1876: 7,9), Metallwaaren und Werkzeuge aus Metall 8,7 Mill. Fr. (1876: 10,0), rohe Häute und Felle 8,4 Mill. Fr. (1876: 8,2), zubereitete Felle 7,1 Mill. Fr. (1876: 5,2), chemische Fabrikate 6,2 Mill. Fr. (1876: 6,0), Mode⸗ artikel und künstliche Blumen 6,8 Mill. Fr. (1876: 6,5), Lederwaaren 6,5 Mill. xr. (1876: 7,5), Farbeholz ⸗Ex⸗ trakte 5,8 Mill. Fr. (1876: 4,0), Gerberlohe 5,8 Mill. Fr. (1876 5,8), Papier, Bücher ꝛc. 5,7 Mill. Fr. (1876 6,2), Sämereien aller Art 5,7 Mill. Fr. (1876 5,6), raffinirter Zucker 5,5 Mill. Fr. göng 9,1), Pferde 5,2 Mill. Fr. (1876 3,7), Holz 4,1 Mill. Fr. 1876 6,0), Garn aller Art 4,2 Mill. Fr. (1876 4,5), Maschinen 3,5 Mill. Fr. (1876 3,0), Pariser Industrieartikel 3,6 Mill. Fr. (1876 4,9), Tafelfrüchte 3,1 Mill. Fr. (1876 6,0), Schmuckfedern 3,0 Mill. Fr. (1876 2,5).

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Von der im Verlage von J. Guttentag (D. Collin) hier⸗ selbst erscheinenden „Sammlung Deutscher Reichsgesetze“ sind jüngst wiederum folgende zwei Bändchen erschienen: 1) „Rechtsanwalts⸗ ordnung für das Deutsche Reich’“ mit Anmerkungen und Sach⸗ register und 2) „Gerichtskostengesetz. Gebührenordnung für Gerichtsvollzieher. Gebührenordnung für Zeugen⸗ und Sachverständige; mit Anmerkungen, Kostentabellen und Sachr gister. Beide Bändchen, welche sich wegen ihrer übersichtlichen Anlage und zweckmäßigen Form für den praktischen Gebrauch vor⸗ züglich eignen, sind von dem Königlichen Kreisrichter R. Sydow in Halle herausgegeben.

Gewerbe und Hanbel.

Die Verordnung des Gesundheitsamts zu Gibraltar, betref⸗ fend die bereits erwähnte Herabsetzung der QOuarantäne“), ent⸗ hält folgende nähere Bestimmungen:

Schiffe, welche aus maroccanischen Häfen Mogador aus⸗ genommen mit reinem Gesundheitspaß und ohne Kranke an Bord in Gibraltar eintreffen, haben sich einer dreitägigen Quarantäne zu unterziehen; die aus Mogador kommenden Schiffe dagegen blei⸗ ben einer einundzwanzigtägiger Quarantäne unterworfen.

Rinder, Geflügel und andere Vorräthe, mit Ausnahme von Fleisch, werden, unter Beobachtung der geltenden Vorsichtsmaßregeln, zugelassen; Güter und Waaren jedoch erst nach einer dreitägigen Quarantäne.

Von der Zulassung ausgeschlossen sind: Häute, Leder, Schuhe, Federn, Wolle und andere Gegenstände, welche den Ansteckungsstoff weiter zu verbreiten geeignet sind.

Nach neueren Berichten aus Canea auf Creta ist in den letzten Tagen weder in der Stadt, noch in deren nächster Umgebung ein neuer Erkrankungsfall an Blattern vorekommen, sodaß die daselbst vor einiger Zeit mit großer Heftigkeit aufgetretene**) Blattern⸗ epidemie als im Erlöschen begriffen angesehen wird. Diese günstige Wendung ist offenbar den seit etwa 14 Tagen dort wieder einge⸗ tretenen normalen Witterungsverhältnissen zuzuschreiben.

Seitens der Aeltesten der Kaufmannschaft von Berlin wer⸗ den folgende neuen „Usancen für den Berliner Woll⸗ handel“ mitgetheilt, welche Anwendung finden, soweit nicht zwischen den Kontrahenten besondere Vereinbarungen getroffen sind: § 1. Bei Geschäftsabschlüssen in Wolle versteht sich der bedungene Preis netto Tara. Bei Berechnung des Taragewichts sind die Wollschnüre nicht zu berücksichtigen. Das Taragewicht wird vorläufig nach der einseitigen Angabe des Verkäufers berechnet. Stellen sich später Differenzen bezüglich des Taragewichts heraus, so ist der Käufer ver⸗ pflichtet, binnen 6 Monaten nach dem Tage der Uebergabe die Säcke dem Verkäufer in trockenem Zustande franko zurückzusenden und zwar bei Verlust des Anspruchs auf Vergütung der Gewichts⸗ differenz. Falls die Säcke zurückgegeben werden, gehen sie in das Eigenthum des Verkäufers zurück. § 2. Der Verkäufer hat dem Käufer die Wolle zuzuwiegen und trägt die Kosten des Wägens. §. 3. Die Zahlung des Kaufpreises, welcher sich netto Kasse und ohne Ab⸗ zug versteht, ist sofort nach Verwiegung der Wolle, und falls Ver⸗ käufer es verlangt, vor derselben zu leisten. Verkäufer ist aber verpflichtet, die Assekuranz für die nächsten acht Tage auf alleinige Rechnung zu übernehmen, so lange in dieser Zeit die Wolle auf seinem Lager sich befindet. §. 4. Ist das Geschäft über Rücken⸗ wäschen geschlossen, so darf die Waare weder Lammwollen noch un⸗ gewaschene Wollen, noch Waschlocken, noch auch Sterblingswollen, noch endlich solche Wollen enthalten, welche erst nach dem Scheeren gewaschen sind. §. 5 Erfolgt der Abschluß des Geschäfts „mit 11““ so werden fünf Prozent vom Preise in Abzug gebracht.

In der außerordentlichen Generalversammlung der Land⸗ und Baugesellschaft auf Aktien, Lichterfelde, vom 21. d. M. wurden die beiden Gegenstände der Tagesordnung: 1) Genehmi⸗ gung der unentgeltlichen Ueberlassung eines Terrains von ca. 25 Morgen an die Reichs⸗Militärverwaltung zum Zwecke der Erbauung eines Kasernements und 2) Antrag auf Ermächtigung des Aufsichts⸗ rathes, bei Verkäufen von Terrains oder Hochbauten Aktien der Gesellschaft in Zahlung nehmen zu dürfen, einstimmig genehmigt.

(N. Zürch. Ztg) Um eine Umgehung des Verbots der Vieheinfuhr von Deutschland nach Frankreich auf dem Umwege durch die Schweiz zu verhindern, hat der schweizer Bundesrath unter dem 24. Dozember folgenden Beschluß gefaßt: 1) Rindvieh, Schafe und andere wiederkäuende Thiere, welche aus

Deutschland in die Schweiz geführt werden, dürfen erst wieder über

eine andere, als die deutsche Grenze, aus dem Lande geführt werden, nachdem sich dieselben mindestens 14 Tage in der Schweiz aufge⸗ halten haben. 2) Für Schafe und Rinder, welche aus Deutschland eingeführt werden, dürfen keine Gesundheitsscheine ausgestellt werden, bis mindestens 14 Tage nach Abgabe des vom Grenzinspektor ausge⸗ stellten und von der Zollstation gestempelten Passirscheins (§. 15 der bundesräthlichen Verordnung, betreffend Maßregeln zur Verlilgung der Maul⸗ und Klauenseuche vom 3. Juli 1873). 3) Uebertretungen dieser Vorschriften werden mit einer Buße von 100—500 Fr. bestraft.

„Stettin, 27. Dezember. (W. T. B.) Heute fand hier eine Di⸗ rektions⸗ und Vermaltungsrathssitzung der Berlin⸗Stettiner

Eisenbahngesellschaft statt, behufs Feststellung der den Kom⸗ missarien für die weiteren, am Montag im Handels⸗Ministerium stattfindenden Verkaufsbesprechungen zu ertheilenden Instruktionen. Die Montagssitzung fällt daher hier aus.

Meiningen, 23. Dezember. (Mgdb. Ztg.) Eine soeben aus⸗ gegebene amtliche Zusammensellung über die Gestaltung des ge⸗ sammten Staatsschuldenwesens im Jahre 1877 giebt einen erfreulichen Beleg über die fortschreitende regelrechte Tilgung. Die sämmtlichen Staatsschulden betrugen zu Ende des vorigen Jahres

12 464 624 ℳ; diese Ziffer bekundet gegen das Vorjahr eine Ver⸗ minderung um 154 411 ℳ, Das Prämienanlehen (7 Fl.⸗Loose) allein ist um 60 622 gemindert und besteht noch zu Anfang dieses Jahres in der Höhe von 5 680 633 Von der neuen Schuld ist das aus den Jahren 1862—63 herrührende Anlehen um 70 971

emindert und besteht noch in der Höhe von 2 527 630 Diesem Anlehen steht zwar auch noch ein Activum in 5000 Stück Werra⸗ bahn⸗Aktien gegenüber, doch sind diese nicht geeignet, zum Nennwerth in Aufrechnung gebracht zu werden.

London, 23. Dezember. Wie die „Engl. Corr.“ schreibt, haben die Fabrikdistrikte vor Allem unter der gegenwärtigen Noth zu leiden. In Sheffield, der Stadt der Messerwaaren, soll die Noth größer sein, als sie je gewesen seit Bestehen derselben. Die Miethpreise sind um ein Drittel gefallen, gehen aber selbst dazu nicht ein. Der „Mayors Fund“ daselbst unterstützt gegenwärtig 12 000 Leute, Tausende aber melden sich überhaupt nicht um Unter⸗ stützung. Eine bezeichnende Thatsache ist es, daß sehr viele Leute, die früher hohe Löhne verdienten, jetzt brotlos sind. In Glasgow waren am 30. November 3091 Leute außer Beschäftigung, und i ner⸗

*) Siehe Reichs⸗Anzeiger vom 24. d. M. **) Siehe Reichs⸗Anzeiger vom 27. v. M.

halb 14 Tagen stieg diese Zahl bis auf 4368. Darunter befinden sich viele Familienväter, so daß die Noth deshalb eine noch weit höhere Anzahl von Leuten betrifft. In Liverpool sind die Kajen mit Arbeitern überfüllt, die auf einen gelegentlichen Verdienst warten. Die Thatsache, daß die Noth nach einer so lang andauernden Ge⸗

drücktheit des Handels eintritt, macht sie um so fühlbarer, als in den 1- Zeiten der vergangenen zwei Jahre die Reserven erschöpft

wurden.

London, 28. Dezember. (W. T. B.) Das Comité der Kohlengrubenbesitzer von Yorkshire und Lancaster trat gestern in Sheffield und Lancaster zusammen, um die Delegirten der Grubenarbeiter zu hören, welche die Zurücknahme der Bekannt⸗ machung der Arbeitgeber, betreffend die Herabsetzung der Löhne um 12 ½ %, verlangten. Die Arbeitgeber lehnten diese Forderung ab Der Ausschuß der Grubenarbeiter wird sich am 6. Januar versam meln, um über den Beschluß der Arbeitgeber zu berathen, und sein Entschließung bei der nächsten, am 9. Januar stattfindenden Vereini⸗ gung der Arbeitgeber bekannt geben. Sollte der Strike zum Aus bruch kommen, so würde derselbe gegen 60 000 Arbeiter umfassen.

Verkehrs⸗Anstalten.

Southampton, 27, Dezember. Das Postdampfschiff „Neckar“, Kapt. W. Willigerod, vom Norddeutschen Lloyd in Bremen, welches am 14. d. M. von New⸗York abgegangen war, ist heute 8 Uhr Morgens wohlbehalten hier angekommen und hat, nach Landung der für Southampton bestimmten Passagiere, Post und Ladung, 10 Uhr Vormittags die Reise nach Bremen fortgesetzt. Der „Neckar“ überbringt 77 Passagiere und volle Ladung. Der Dfumgpfer hatte auf der Reise einen 4 Tage andauernden Orkan zu

estehen.

Berlin, 28. Dezember 1878.

Ueber das Winckelmanns⸗Fest in Bonn wird der „Cöln. Ztg.“ geschrieben: 1 Die am 9. Dezember wie alljährlich vom Verein von Alter⸗ thumsfreunden im Rheinlande veranstaltete Feier von Winckelmanns Geburtstag fand unter zahlreicher Betheiligung im Kaiserhof in Bonn Statt. Unter den Anwesenden bemerkte man den Prinzen von Meiningen, den Feldmarschall von Herwarth, viele Angehörige der Universität, mehrere Kölner und andere auswärtige Theilnehmer. Auch die Damen fehlten diesem wissenschaftlichen Kreise nicht. Eine Ausstellung kleinerer römischer Alterthümer, besonders von den letzten Ausgrabungen des Bonner Castrums herrührend, wie Pläne und Zeichnungen desselben dienten zur Illustrirung des ersten Vortrags. Professor aus'm Weerth widmete als Vereinspräsident der Be⸗ deutung des Tages einige Worte und bezeichaete dann den Bericht über die Ausgrabungen des römischen Castrums in Bonn als ein der Manen Winckelmanns nicht unwürdiges Geburtstagsgeschenk. Ausgehend von der Annahme, daß Cäsar seine zweite Rheinbrücke bei Bonn schlug, dieselbe für eine weitere Verwendung zur Hälfte stehen ließ, am linksrheinischen Ufer mit großartigen Befestigungen und einer Besatzung von 12 Cohorten versah, gelangte der Vor⸗ tragende zu dem Schlusse, daß diese Befestigungen zum Schutze der Brücke als die erste Anlage des unterhalb Bonn am Wichelshof belegenen militärischen römischen Lagers anzusehen

seien. Wenn die Konservirung der Brücke auf eine durch die E folge hervorgerufene Entschließung Cäsars, die römische Machtsphäre über den Rhein auszudehnen, hindeute, so sei von Augustus und Drusus diese erweiterte Politik aufgenommen worden, wie dies die große linksrheinische Befestigungslinie Fanten, Bonn, Weißenthurm und Mainz mit den rechtsrheinisch vorgeschobenen Werken Aliso, Niederbiber und der Saalburg klar ausdrücke Das von Augustus oder Drusus erbaute und aus den Brückenbefestigungen Cäsars hervor⸗ gegangene Bonner Castrum sei deshalb ein bemerkenswerthes Glied in der großen Offensivpolitik gewesen, aber alsobald auch zu einer lediglich defensiven Bedeutung herabgesunken, als erstere unter Claudius endgültig aufgehoben wurde. Die seit dem vorigen Jahre durch das Bonner Provinzialmuseum methodisch in Angriff ge⸗ nommenen, schon im Jahre 1820 einmal begonnenen Ausgra⸗ bungen des Castrums beschränkten sich bisher auf die Offen⸗ legung der Gebäude des südlichen Drittheils des Rücllagers, der Retentura des Castrums. Zwei große, je 80 m lange In⸗ fanteriekasernen, eine dritte, horizontal dazu liegende Kavalleriekaserne mit vorliegenden Pferdeställen; ferner ein kleinerer Bau für die Vexillarii, jene Truppe vom übrigen Dienste befreiter Veteranen, welchen die Führung der Feldzeichen der Reiterei, des Vexillums, anvertraut war; dann ein großes Magazin mit Schlachthaus sind bereits bloßgelegt und festgestellt worden. Eine Menge kleinerer Funde, daranter mehrere hundert Münzen, welche sich in den durch⸗ gängig aus Tuffstein Räumen fanden, tragen zur Kennzeich⸗ nung von Zweck und Zeit der Erbauung wesentlich bei. Daß nach der durch den Aufstand des Civilis (70 n. Chr.) herbeigeführten Zerstörung auf den ältern Fundamenten ein durchgängiger Neubau unter Domitian statt⸗ fand, erweisen die vielen Ziegel mit dem Stempel der von diesem Kaiser errichteten Leg. I. Minerva pia fidelis. Nach den bisher ge⸗ wonnenen Ergebnissen lassen die Fortsetzungen der Ausgrabungen auf großen Umfang der Anlage, eine weitere Anzahl bereits festgestellter Gebäude, wie überhaupt darauf schließen, daß das Bonner Castrum sowohl nach der Größe wie nach den baulichen Einrichtungen das bedeutendste bisher bekaunt gewordene sei.

Professor Justi sprach über den holländischen Maler Johann van Scorel (1495— 1562), einen der ersten nordischen Künstler, den seine Wanderjahre über Italien hinaus ins Morgenland führten und der, als er auf der Rückreife von Palästina nach Rom kam, durch seinen Landsmann Papst Hadrian IV. die Aufsicht über die

Kunstschätze des Belvedere erhielt, wo er Gelegenheit hatte, sich ganz in die Werke des eben verstorbenen Raphael und des Michel⸗Angelo hineinzuleben, und nun der erste wurde, der konsequent den neuitalie⸗ nischen Stil in Holland einführte. Deshalb wurde er von seinen Zeitgenossen wie Fr. Floris und van Maucer verehrt als der Er⸗ leuchter und Bahnbrecher der neuen Malerei. Seine Persönlichkeit erregt die forschende Neugier noch dadurch, daß fast alle seine großen Werke im Bildersturm von 1566 untergingen und die Kenntniß von ihm sich so verlor, daß von den Beoisserées durch Unter⸗ schiebung der von den seinigen gänzlich verschiedenen Werke eines Cölner Meisters ein Pseudo⸗Scorel geschaffen wurde. Die neue dings besonders im Museum von Harlem wieder zu Tage gekom⸗ menen Werke Scorels, wie die Taufe im Jordan, die pilgerbildnisse, zeigen, daß er au er jener traditionellen Bedeutung auch ein Por⸗ trätist von energischer Charakteristik war (Ant. Mor war sein Schüler) und einer der ersten eigentlichen Landschafter, so daß er, der bisher blos für einen Manieristen wie Coxcie und Heemskerk galt, auch als Begründer zweier Fächer angesehen werden kann, in denen der holländischen Schule die höchsten und eigenthümlichsten Leistungen beschieden waren.

Geheimer Rath Schaaffhausen erläuterte eine Anzahl ausgestell⸗ ter merovingisch⸗fränkischer Grabfunde, welche in Folge lücklicher Ausgrabungen von Seiten des Bonner Provinzial⸗Museums ürzlich in Meckenheim zu Tage traten.

London, 27. Dezember. (W. T. B.) Nach einem bei Lloyds eingegangenen Telegramme aus Kingston auf Jamaica, von heute, ist der amerikanische Dampfer „Emily Souder“, welcher New York am 8. d. M. verlassen hatte, um sich nach San Domingo, Port⸗Plate und Panama zu begeben, zwei Tage nach der Abfahrt untergegangen. Zwei Personen von der Mannschaft sind bei Kingston gelandet. Man besorgt, daß die Passagiere und die übrige Mannschaft ertrunken sind.

Im Victoria⸗Theater ist der Andrang zu den Auf⸗ führungen der neuen Feerie „Dornröschen“ ein fortwährend wachsender. Während der Festtage mußte die Abendkasse ausfallen.

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