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G 8 8 8 ..“ — Um die Länder
seii die klassische Bildung, die nur das Gymnasium gewähren
könne, erforderlich. Der Regierungskommissar, Geheimer Re⸗ ierungs⸗Rath Dr. Wehrenpfennig erklärte, er kenne keine olche Werke in lateinischer Sprache, aus welchen der Architekt in seinem Fache noch etwas lernen könne, dagegen englische und französische, in denen die Forschungen über die Bauwerke des Alterthums niedergelegt seien. Die Gewerbeschulen hätten schon seit 1850 als Vorbereitungsanstalten für das Baufach gedient und ebenso auch für das Maschinenwesen. Die That⸗ sachen bewiesen auch, daß im Publikum selbst das Ver⸗ langen herrsche, den jungen Leuten mehr die Real⸗ als die Gymnasialbildung zu Theil werden zu lassen; denn in den letzten Jahren seien aus den Realschulen viel mehr Studirende für das Bau⸗ und Inge⸗ nieurfach hervorgegangen, als aus den Gymnasien. Die be⸗ deutendsten Architekten und Ingenieure Berlins, sogar der gegenwärtige Direktor der Kunstakademie seien nicht auf den Gymnasien, sondern auf der hiesigen Königlichen Gewerbe⸗ schule gebildet. Der Regierungskommissar bat um Ablehnung des Antrages Forchhammer. Bei der Abstimmung wurde der Antrag Forchhammer abgelehnt und der Antrag der Kommission ange⸗ nommen. Herr von Schöning berichtete ferner über die Petition des Neulander Entwässerungsverbandes um Unterstützung der im dortigen Deichverbande eingerichteten Entwässerungs⸗ anlagen Seitens det Staatsregierung und beantragte, die Petition der Staatsregierung zur Erwägung zu überweisen. Das Haus trat dem Antrage ohne Debatte bei. Derselbe Berichterstatter referirte über die Petition des Grafen von Wachtmeister zu Bassendorf bei Tribsees, betreffend die Nutzungsrechte, welche der Familie des Petenten nach des Letzteren Behauptung, aun dem Domänengut Verchen früher zuge⸗ standen haben sollen und beantragte motivirte Tagesordnung. Nach kurzer Debatte wurde der Antrag angenommen. Ebenso wurde auf Antrag des Herrn Bitter die Petition des pensio⸗ nirten Gestütwärters Seidenschuur zu Berlin und Genossen, zu veranlassen, daß das Pensionsgesetz vom 27. März 1872 uch auf ihre Beamtenkategorie angewendet werde, durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt und um 4 Uhr 20 Mi⸗ n die Sitzung geschlossen. Nächste Sitzung Montag 11 Uhr.
— Im weiteren Verlause der gestrigen (53.) Sitzung setzte das Haus der Abgeordneten die Berathung des Generalberichtes der Budgetkommission fort und trat in die Diskussion über die von der Kommission beantrag⸗ ten Resolutionen IV. und V. ein. Die Kommission beantragte zu erklären:
IV. Im Interesse einer geordneten Finanzwirthschaft ist es geboten: das Gesetz vom 25. Mai 1873, betreffend die Klassen⸗ nd Einkommensteuer, dahin abzuändern, daß es ermöglicht wird, n dem Staatshaushalts⸗Etat jährlich so viel an Klassen⸗ und Einkommensteuer in Ansatz zu bringen, als zur Deckung des je⸗ weiligen Ausgabebedarfs erforderlich ist, — und ferner . V. Die im Interesse des Deutschen Reichs und Preußens an⸗ estrebte Vermehrung der eigenen Einnahmen des Reichs liegt nur ann im preußischen Staatsinteresse, wenn die volle Gewähr dafür gegeben wird, daß der hierdurch, sei es durch Herabminderung der Matrikularbeiträge unter den im Etat von 1879/80 vorg -sebenen Satz, sei es durch direkte Ueberweisung verfügbarer Einnahmen vom Reich, für Preußen disponibel werdende Betrag, insoweit über denselben nicht mit Zustimmung der Landesvertretung im Etat eine anderweitige Verfügung getroffen ist, jährlich unverkürzt zur Herabminderung der Klassen⸗ und klassifizirten Einkommen⸗ steuer verwendet werde.
Zu diesen Resolutionen lag eine Reihe von Amendements Es beantragten:
1) Abg. Freiherr von Minnigerode:
as Haus der Abgeordneten wolle beschließen:
In Erwägung, daß eine im Wege der Quotisirung herbeizuführende
Herabminderung bez. Nichterhebung der klassifizirten Einkommen⸗
steuer einer gesunden Finanzpolitik nicht entspricht, weil dadurch
das mobile Kapital einseitig erleichtert bez. befreit werden würde, während gleichzeitig Grund⸗ und Gebäudesteuer unverändert zur
Forterhebung gelangen
und in Erwägung, daß die zum Woble des Deutschen Reichs und Preußens angestrebte Vermehrung der eigenen Einnahmen des Reichs bestimmt sein muß, vorweg die Matrikularbeiträge zu be⸗ seitigen und, durch die darüber hinaus für Preußen sich ergebenden Ueberschüße, einmal das Gleichg:wicht der zur Zeit an einem De⸗
fizit krankenden preußischen Staatsfinanzen dauernd wieder herzu⸗ steller, und weiter die Steuerlast der Kommunen bez. Kommunal⸗ bände durch finanzielle Beihülfen zu erleichtern,
über die unter IV. und V. von der Kommission zur Prüfung des
Staatshaushalts⸗Etats beantragten Resolutionen zur Tagesordnung
überzugehen. .
2) Abg. Freiherr von Hüne:
1) Den ersten Absatz der Resolution V. zu streichen und an dessen Stelle zu setzen:
Für den Fall einer Vermehrung der eigenen Einnahmen des
Deutschen Reiches muß im preußischen Staatsinteresse vorher gesetzlich festgestellt werden.“
2), Im zweiten Absatz gegen das Ende hinter dem
„unverkürzt“ einzuschalten:
„zur Ueberweisung eines Theiles der Grund⸗ und Gebäudesteuer an die Gemeinden und“ 3) Abg. Lauenstein:
Im zweiten Absatz der Resolution snb Nr. V. den Satz: einsoweit üͤber denselben nicht mit Zustimmung der Landesvertre⸗ tung im Etat eine anderweitige Verfügung getroffen ist“, folgen⸗ dermaßen zu fassen:
„insoweit über denselben nicht mit Zustimmung der Landesver⸗
tretung durch Ueberweisung eines Theiles der Grund⸗ und Ge⸗ bäudesteuer an die Kommunalverbände oder auf andere Weise Verfügung getroffen ist“, ferner sub V. gegen Ende die Worte „im Etat“ zu streichen.
4) Abg. von Rauchhaupt:
An Stelle der von der Budgetkommission unter IV. und V. des Generalberichts beantragten Resolutionen zu setzen:
„Zu der angestrebten Vermehrung der eigenen Einnahmen des Deutschen Reiches seine volle Zustimmung in der Erwartung aus⸗ zusprechen, daß es dadurch gelingen werde, hinreichende Beträge disponibel zu machen, um nicht nur das Gleichgewicht im preu⸗ ßischen Staatshaushalts⸗Etat dauernd wieder herzustellen, sondern auch durch Ueberweisung von Grund⸗ und Gebäudesteuer die Kommunalverbände finanziell zu erleichtern und die Klassen⸗ und klassifizirte Einkommensteuer herabzumindern.“
Der Referent Abg. Rickert empfahl die Annahme der Kommissionsvorschläge. Die Resolution IV. bewege sich lediglich auf dem Boden, auf ajoritã
vor.
2
Worte
Wor
dem die Majorität des Haufes
schon seit Jahren stehe, spreche nur dieses Prinzip aus und sei daher absichtlich ganz allgemein gehalten, ohne auf die Modalitäten der Quotisirung einzugehen. Diesem Standpunkt des Hauses gegenüber habe die Regierung sich bisher immer ablehnend verhalten. Dagegen habe sie sich geneigt gezeigt, einer Verständigung in der Richtung der Nr. V. der Kom⸗ missionsvorschlage. Der Antrag Minnigerode beruhe auf einer
Regieru
mission mission
bedürfe.
über die hoffe, erklären
derselbe mische.
Wort:
aber der Der
Der
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Deutung
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daß die
falschen Auffassung des Kommissionsantrages, der nur der
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— daß,
schlagenen Richtung vorzugehen. g spreche nichts Anderes aus, als was auch die Ansicht der Kom⸗
diesem Sinne aufgefaßt wissen wolle. gegenwärtig offen gelassen werden, weil im Augenblicke nach Lage der Dinge ein positiver Ausspruch des Werth haben würde, da er doch erst einer gesetzlichen Regelung
vorhergehen lassen. gewesen, daß dies in dieser Ses daher die vorliegende positive Erklärung ausreichend sein würde, zumal die Regierung versichere, eine gesetzliche Regelung erfolgen solle. haupt jedoch sei eine vollständige Negation der Kommissions⸗ vorschläge, indem er thatsächlich Alles beim Alten lasse und den Fortschritt, den jene Vorschläge herbeiführen sollten, illusorisch mache. Denn da man nie sicher sein kögne, ob eine Einigung in an⸗ derer Weise erfolgen würde, so werhe man immer wieder zur Schuldentilgung greifen müssen. Bei den Berathungen der Kom⸗ mission sei der Finanz⸗Minister nicht zugegen gewesen, und es sei daher nicht möglich gewesen,
daß der Minister heute, womöglich vor der
Boden eine Verständigung zu suchen. — habe man gegen den Kommissionsvorschlag eingewendet, daß
nur für eine Pflicht gerade des halten, die Hindernisse eine Regelung seines gegenständen. Haus nicht blos dem preußischen, Vaterlande einen wesentlichen Dienst erweisen.
Hierauf
Meine Herren! Gestatten Sie mir zunächst eine Bemerkung, die mit dieser Nummer nur in losem Zusammenhange steht, zu der mir
ganze Berathung über die Resolution hinsichtlich der Eisenbahnfraze eine auch Seitens sion beobachtet worden sei. leider nicht genau hören können, ob sich diese Bemerkung nur auf die Rentabilitätsberechnung, die zunächst erwähnt wurde, oder auf das ganze Programm der Staatsregierung. darauf Werth legen,
werde und bemerke daher ausdrücklich, daß ich die volle schwere Be⸗ deutung, die die Aus dehnung des Staatseisenbahnbesitzes hat, vollkommen anerkenne, daß ich die Vermehrung der Betriebsverwaltungen und den Einfluß, der daraus für den Staatshaushalts⸗Etat und seine eststellung folgt, ind, sicher nicht unterschätzt habe, daß ich aber nach reiflicher Er⸗ wägung zu der Ueberzeugung gekommen bin, daß diese Bedenken, wenn
und verkehrspolitischen Pründe nicht zu entkräften vermögen, die für Erhänzung — ich sprecht nicht in abstracto, sondern preußischen Staate, bei unserer Lage der Verhältnisse Ergänzung des Staatsbahnnetzes zwingend sprechen.
daher durchaus dem Programm zu, dels⸗Minister in seiner gestrigen gesprochen hat. stimmt habe, habe ich mich auch als Finanz⸗Minister für verpflichtet
nur zu hindern, sondern nach aller Möglichkeit zu fördern. Ich habe dies aussorechen müssen, um einer Mißdeutung vorzubeugen, die aus den letzten Worten des Herrn Referenten in dieser Beziehung hervorgeht.
Faktor in der Einnahme für den Staatshaushalts⸗Etat lediglich aus finanzwirthschaftlichen Gründen motivirt, er hat die politischen Er⸗ wägungen, aus denen diese Forderung sonst wohl gestellt und bekämpft worden ist, ganz außer Betracht gelassen, und ich folge ihm darin. Ich beschränke mich auch auf die finanzwirthschaftliche Seite der Frage, und von dieser Seite aus Forderung angeführten Gründe nicht verkennen.
schaftlichen Rücksichten auch zu der Nothwendigkeit führen, das bewegliche Spatium nicht zu weit auszudehnen. Ich weise zunächst auf eine Bemerkung, die der Herr Referent selbst in dieser Beziehung gemacht hat, hin. berührt hat,
gegenwärtig geschieht, zeitig neue Anleihen aufnehmen muß. Grundsatzes dahingestellt, aber gerade, wenn man dahin kommt, die von Staatsschuld von dem Vorhandensein von Ueberschüssen abhaͤngig Ueberschüsse auch entstehen, nicht zu sehr beschränken dem man es in Frage setzt, ob man etwa sich ergebende Ueberschüsse g⸗ zur Herabminderung von Steuern verwenden will.
ine Staats haushalt Staat kann nicht wie ein Privatmann seine Ausgaben lediglich nach den Einnahmen berechnen, er die Einnahmen nach den nothwendigen Ausgaben bestimmen, dabei ist nicht zu vergessen, daß in den Ausgaben eine sehr bedenkliche Elastizität liegt, daß die Wünsche und Bedürfnisse fähigkeit haben und daß es gewiß im Interesse der Solidität der ganzen Finanzverwaltung dringend wünschenswerth ist, diese Beweglichkeit der Einnahmen nicht ganz gleich zu machen Aber das Wichtigste in dieser Rücksicht ist, um dem beweglichen Spa⸗ tium eine bestimmte Schranke zu geben, für mich das Interesse der Steuer⸗ zahler und das Interesse der nächstbetheiligten Kommunen. Meine Herren! Wohin ich auch die eingeleitete Reform unserer Kommunal⸗ steuergesetzgebung führen mag, Hauptsache die Kommunen und sämmtliche Kommunalverbände mit ihren Einnahmen darauf angewiesen sein werden, sich an dem Maß⸗ stab der direkten Staatssteuer zu terung der Staat ihnen auch in dieser Beziehung — das ’1 Frage Erleichterung dieser an direkter Staatssteuer würde in einem hohen Grade entwerthet werden, wenn in dem Einnahmesoll der Staatssteuer eine
die wirthschaftliche Aufgabe der Gemeinden nachtheiliger eine große Unsicherheit in Bezug auf die Höhe der direkten Personal⸗ steuer des Staats. 8
Ich habe auf diese Momente nur hinweisen wollen, um zu be⸗ weisen, daß auch die Forderung, die in Nr. IV. gestellt ist, selbst vom finanzwirthschaftlichen Standpunkt aus ihre Grenzen finden muß. Eine bestimmte Erklärung in Bezug auf diese Resolution abzugeben, hat die Staatsregierung keine Veranlassung; wir
tiefgreifende Reform der direkten Steuer in Angriff
g freie Disposition geben solle, in der hier vorge Der Antrag Lauenstein sei ausdrücklich in der Kom⸗
daß man die Resolution in Nur solle die Frage
gewesen sei. Es konstatirt worden,
auses keinen
Der Antrag Hüne wolle die gesetzliche Regelung Die Kommission sei indeß überzeugt ssion nicht mehr möglich sei und
daß in der nächsten Session Der Antrag Rauch⸗
eine bestimmte Aufklärung Regierung zu erhalten. Redner Diskussion, bereit sei, auf diesem Von mancher Seite
Stellungnahme der
werde, ob die Regierun
sich in das Materielle der Reichsfinanzverwaltung ein Das sei nicht der Fall. Die Kommission habe es preußischen Landtages ge⸗ zu beseitigen, welche dem Reiche für⸗ Finanzwesens nach dieser Richtung ent⸗ Durch Annahme der Resolutionen werde das sondern auch dem deutschen
ergriff der Finanz⸗Minister Hobrecht das 9 I
Schluß der letzten Diskussion Veranlassung giebt. Herr Referent erwähnte in seinen letzten Worten, daß die
Mitwirkung des Finanz⸗Ministers erfolgt sei und daß meiner Kommissarien ein Schweigen in der Kommis⸗ Ich habe bei der Unruhe des Hauses
bezog,
r . 1 Ich muß doch
daß in dieser Beziehung nicht eine falsche 8
meinem Schweigen während der vorigen Diskussion gegeben
sehr würdige, die Bedenken, die daraus entnommen
scharf prüft und gliedert, die volkswirthschaftlichen in unserem — für die Ich stimme für welches sich der Herr Han⸗ ausführlichen Darlegung aus⸗
Und nachdem ich als Staats⸗Minister dem zuge⸗
von meinem Ressortstandpunkte aus die Ausführung nicht
Herr Referent hat die Forderung nach einem beweglichen
kann ich das Gewicht der für die r Ich halte aber für doch auch darauf hinzuweisen, daß dieselben finanzwirth⸗
Er kam auf das Thema zurück, welches er schon früher einmal daß nämlich die Staatsschuldentilgung nicht so gebun⸗ sollte wie es jetzt der Fall ist, daß es unrichtig sei, wie es Staatsschulden abzuzahlen, wenn man gleich⸗ Ich lasse die Richtigkeit des
daß solche
so wird man die Möglichkeit, do 1 dürfen, in⸗
zu machen,
zweite Erwägung liegt in der Art und Weise, wie der
jährlich zu Stande kommt und festgesetzt wird. Der
muß, wie es ja in diesem Jahre geschieht, eine sehr große Expansions⸗
der Elastizität der Ausgaben.
das halte ich zweifellos, daß in der
Erleich⸗ ist können, jede Antheilen
halten und welche wird gewähren
Zukunft vẽ Ueberweisung von
Art,
jede
der
sehr er⸗ Nichts würde für den Haushalt,
Schwankung stattfände. Da sein, als
sind ja Alle darin einig, möglich ist, ohne daß eine 3 genommen wird, Herr Referent ja auch sagt — eine
Ausführung ihrer Forderung nicht
wie
1“
es, glaube ich, der
nicht begonnen werden kann, so lange die Mittel dazu nicht zur Verfügung sind und daß es daher gegenwärtig zu keinem Zwecke fübren könnte, in eventuelle Dis kussion zu treten über derartige Reformen, die sich doch nicht zur Zeit ermöglichen lassen. Das, was Zin diesem Augenblick die Landesvertretung meines Erachtens, sobald es sich um eine Vermehrung der Einnahmen des Reichs und eine Verstärkung der preußischen Ein⸗ nahmen durch Ueberweisungen Seitens des Reichs handelt, fordern kann, das glaube ich, ist in dem Generalbericht von dem Herrn Referenten ganz angemessen ausgedrückt:
Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, bedeutet die Ein⸗ führung von beweglichen Steuern lediglich die Bethätigung des Willens, daß der Volksvertretung die Mitwirkung bei der Disposition über den im Reiche geforderten Mehr⸗ betrag an Steuern, insbesondere zum Zwecke der Er⸗ leichterung bei den direkten Steuern — nicht vorenthalten werden soll. Es handelt sich dabei nicht um ein Mehr von Rechten, welches für die Volksvertretung in Anspruch genommen wird, son⸗ dern um eine Maßregel, welche verhüten soll, daß die gegen⸗ wärtigen Rechtsverhältnisse nicht l⸗diglich zu Ungunsten der Ver⸗ tretung des Landes und zugleich zu Ungunsten unserer gesammten finanziellen Entwicklung geändert werden; es handelt sich um eine Maßregel, welche dem Lande die Gewähr bieten soll, daß die Steuerreform im Reiche nicht lediglich auf eine Erhöhung der Steuerlast hinauskommt.
Meine Herren! Ich habe freilich nur für meine Person in der Budgetkommission die Form bezeichnet, in welcher nach meiner Ueber⸗ zeugung eine Zusicherung ertheilt werden könne, die dieser For⸗ derung genüge und die im Stande wäre, den Einwand, der ja bisber mit einem gewissen Erfolge in den Beratbungen des Reichstags einer sachlichen und unbefangenen Erörterung der Steuer⸗ vorlagen entgegengestellt ist, zu beseitigen. Es hatte sich auch die Budgetkommission im Anschluß an diese meine Erklärung bemüht, eine Form zu finden, die dem Sinne derselben möglichst entsprach.
Heute bin ich in der Lage, auf Grund einer Allerhöchsten Ka⸗ binets⸗Ordre Sr. Majestät des Königs zu bestätigen, was ich in der Kommission erklärte. Se. Majestät der König hat mich ermächtigt, das ausdrückliche Einverständniß der Koöniglichen Staatsregierung damit zu erklären:
daß, insoweit durch die Steuerreformen des Reichs der Ma trikularbeitrag Preußens unter den in unserem Haushalt pro 1879/80 vorgesehene Betrag sinkt oder aus den Reichseinnahmen verfügbare Mittel dem preußischen Staatsbaushalt überwiesen werden und über diese Mehreinnahmen (resp. Ersparnisse) nicht mit Zustimmung der Landesvertretung behufs Bedeckung der Staatsaus⸗ gaben oder behufs Ueberweisung eines Theils des Ertrages der Grund⸗ und Gebäudesteuer an die Kommunalverbände Verfügung getroffen ist, ein — vorbehaltlich der nöthigen Abrundung — gleicher Be⸗ trag für das betreffende Jahr veranlagte Klassen⸗ und klassifizirte Einkommensteuer zu erlassen ist. b
Meine Herren! Was die einzelnen Anträge betrifft, so muß ich Namens der Königlichen Staatsregierung einen Werth darauf legen daß ein Antrag angenommen wird, indem das Haus sich in einem gleichen Sinne ausspricht, wie die Zusicherung, die Erklärung, di ich eben abzugeben im Stande war. Die unter Nr. 258 vorliegende. von dem Abg. von Rauchhaupt vorgeschlagene Resolution kann ja der Staatsregierung insofern am allerangenehmsten sein, als sie zugleich den Ausdruck eines Vertrauens enthält. Ich würd mich daher sehr freuen, wenn sie angenommen würde. Sollte sie aber nicht angenommen werden, so öchte ich doch den Antrag stellen und die Herren, zugestimmt haben, dringend bitten, ihre Antrag zu vereinigen, der nach meiner Ueberzeugung den Sinn des⸗ jenigen wiedergiebt, was ich Namens der Staatsregierung zu erklären berechtigt war. Ich glaube, daß wohl am meisten diesem Sinne entsprechen wird der Antrag der Kommission unter Nr. V. mit den von dem Abg. Lauenstein vorgeschlagenen Abänderungen.
ihm
„ die
andere Antrag angenommen wird; darauf abe allerdings einen bohen Werth, daß das Haus zu einer Beschluß⸗ fassung kommen möge, die eine Uebereinstimmung mit der von mir abgegebenen Erklärung ausdrückt. Die Staatsregierung würde darin
nicht nur mit Freuden das Zustandekommen einer Verständigung
überhaupt erblicken, sondern auch für sich daraus die Verpflichtung entnehmen, dem nächsten Landtage einen Gesetzentwurf, entsprechend den von mir abgegebenen Erkläcungen, zu machen.
Der Abg. Lauenstein erklärte sich im Ganzen mit den
Anträgen der Budgetkommission einverstanden und wünschte
nur noch, das von ihm beantragte Amendement angenommen zu sehen. Nöthig seien konstitutionelle Garantien dafür, daß der Erlaß an Matrikularbeiträgen wirklich zur Entlastung der
untersten Klassensteuerstufen verwendet werde. Die heutige Erklärung des Finanz⸗Ministers habe ihn sehr befriedigt. Die Resolutionen von Minnigerode und von Nauchhaupt müsse Redner durchaus verwerfen, da sie auf konstitutionelle Garantien verzichteten und konservativer sein wollten, als das Ministerium. 8
Der Abg. von Benda trat für die Anträge der Kommission ein. Die Forderung der Quotisirung stütze sich auf bestehen⸗ des Recht. Schon die heutige Erklärung des Finanz⸗Ministers zeige Entgegenkommen. Eines der vielen Hindernisse, welche der Ordnung der Finanzen im Reiche im Wege ständen, sei so wenigstens beseitigt. Redner wandte sich gegen die kon⸗ servativen Amendements, welche die Lösung der Finanzfrage bedeutend erschwerten und ein höchst ungerechtes Verhältniß zwischen direkten und indirekten Steuern herbeizuführen geeignet seien. Hinsichtlich der indirekten Steuern dürfe man nicht zu weit gehen. Redner berief sich auf ausländische Zeugnisse. Auch die Times habe in neuester Zeit wiederholt erklärt, man müsse die Steuer empfinden als das was sie sei, darin liege der größte Schutz gegen übermäßige Anspannung der Ausgaben. mehr man die indirekten Steuern erhöhe, um so mehr müsse man die obersten Stufen der Einkommensteuer erhöhen. Darum müsse er sich entschieden gegen die Resolution von Rauchhaupt aussprechen, gegen das Amendement Lauenstein habe er nichts einzuwenden.
Der Abg. Frhr. von Hüne beantragte nunmehr unter Zurückziehung seines oben mitgetheilten Antrages, den Absatz I. der zweiten Resolution der Kommission zu streichen und statt dessen zu sagen:
„Für den Fall der Vermehrung der eigenen Einnahmen des Reiches erachtet es das Haus der “ unter dankbarer Annahme der mit Allerhöchster Ermächtigung abgegebenen Erklä⸗ rung des Finanz⸗Ministers für erforderlich, daß ꝛc.“ Se
Der Abg. Graf Limburg⸗Stirum erklärte sich entschieden gegen die erste Resolution der Budgetkommission. Dem Steuer⸗ zahler sei es ganz gleich, an wen er die direkten Steuern ent⸗ richte, ob an den Staat oder an die Kommune. Durch An⸗ nahme der Resolution IV. würde man die größten Schwan⸗ kungen in der Erhebung der direkten Steuern eintreten lassen, die heute schon Seitens der Kommunen in schwankendem Maße erhoben würden. Der eigentliche Gedanke dieser Reso⸗ lution sei aber, dem Landtage das Einnahmebewilligungsrecht
u verschaffen. Der Artikel 109 der Verfassung würde dadurch been nicht angegriffen, aber das, was er der Krone garan⸗ tire, in seinem Werthe erheblich vermindert. Das Einnahme⸗ bewilligungsrecht sei in allen Ländern das Kriterium dafür, ob die Krone das unumschränkte Recht der Ministerernennung habe oder ob sie die Minister aus der Majorität des Parlaments
16“ 8
vwürde,
die Art der Steuererlasse nicht geäußert; mit
“
Stimmen auf einen andern
n Aber, meine Herren, ich habe daran kein besonderes Interesse, ob nun der eine oder der rlegt die Staatsregierung)
nehmen müsse. der letzteren Art sei es traurig bestellt. Gegenüber einer Dynastie aber, wie wir sie hätten, welche in treuer Pflichterfüllung und persönlichen Regententugen⸗ den von keiner, die je gewesen, übertroffen werde, sollte man zuletzt daran denken, die Machtbefugnisse der Krone zu schwächen und den Schwerpunkt in das Parlament zu verlegen. Der Resolution V. würden er und seine Partei, die Gemäßigtkonservativen, beistimmen, weil die Nationallibe⸗ ralen, mit denen seine Partei seit Jahren zusammen⸗ gewirkt, diese konstitutionelle Garantie fordern, sofern sie der Steuerreform im Reiche zustimmen sollten. Die indirekten Steuern des Reiches würden hoffentlich in einigen Jahren höhere Ueberschüsse abwerfen, als zur Deckung der Matrikular⸗ beiträge nöthig. Dann müsse den Gemeinden durch Ueber⸗ lassung der Grund⸗ und Bodensteuer geholfen werden. Er wünschte wohl, daß der Druck der Klassensteuer gemildert aber nur durch eine beständige Reform, nicht durch Beweglichmachung; das Interesse des Staates, d. h. das seiner Finanzen, würde durch Schuldentilgung genügend gewahrt. Er meine übrigens, daß nach der Erklärung der Regierung die Resolution als ein bloßer Monolog überflüssig sei.
Der Abg. Dr. Hänel sprach gegen die Ausführungen des Vorredners, dem er den Rath gebe, sich einmal in Bayern, wo die Quotisirung längst eingeführt sei, zu erkundigen, wann das geschehen sei; dann werde er zu seiner Beruhigung erfahren, daß dadurch die Machtverhältnisse zwischen Krone und Landesvertretung keineswegs verschoben seien. Die Quotisirung sei noch lange kein unbeschränktes Steuer⸗ bewilligungsrecht, sie sei im Grunde nichts als die Sicherung des Ausgabewilligungsrechts. Wenn also die Staatsregierung eine solche entgegenkommende Erklärung abgebe, so acceptire seine Partei diese Erklärung bestens, aber zu besonderem Danke verpflichte sie das nicht. Denn die Regierung habe ihre Erklärung abgegeben zur Resolution V., nicht zu IV., und wenn man ganz offen sein wolle, so könne man nicht verkennen, daß seine Partei etwas ganz anderes denke, als die Staatsregierung. Der Finanz⸗Minister habe sich über t solchen allge⸗ meinen Bemerkungen, wie die, daß das vew. im nationalen Interesse auf seine eigenen Füße gestellt werden müsse, lasse sich doch in der That nicht viel anfangen. Gewiß sei auch er gern bereit, zu diesem Ziele mitzuwirken, aber nur vorbe⸗ haltlich der konstitutionellen Rechte des Reichtages und unter der Bedingung, daß die Einnahmequoten, die die Einnahmen des Reichs vermehren sollen, sich auch finanziell und rationell rechtfertigen lassen. Die indirekten Steuern, wie sie jetzt vor uns entständen, enthielten eine schwere Ungerechtigkeit gegen⸗ über den ärmeren Klassen. Den jetzt ventilirten Steuer⸗ projekten gegenüber könne er sich nicht jetzt schon mit der Art und Weise beschäftigen, wie die daraus hervorgehenden Be⸗ träge am besten zu vertheilen seien.
Der Abg. Freiherr von Minnigerode begründete das von ihm eingebrachte Amendement namentlich von dem staatsrecht⸗ lichen Gesichtspunkte aus, um dem sung „Die bestehenden Steuern werden forterhoben“ auch fernerhin seine volle Wahrheit zu lassen und ihn nicht seinem Inhalte nach von den unberechenbaren Zufällen abhängig zu machen, die mit der Nothwendigkeit jeder Verständigung von Jahr zu Jahr verbunden feien. Dem Vorredner, der die Quotisirung als etwas ganz Harmloses hingestellt habe, müsse er entgegnen: die Quotisirung sei die Mutter des Konfliktes. Das konservative Steuerprogramm sei dagegen ein⸗ fach auf Sparsamkeit berechnet und werde zur Er⸗ füllung dessen beitragen, was die Reichsverfassung ver⸗ lange, zur Einführung von selbständigen Reichssteuern. Redner sei gezwungen gewesen, die Ansicht seiner Partei aus⸗ zusprechen, nachdem aus der Budgetkommission wesentlich vom liberalen Standpunkt aus auf diesem Gebiete vorgegangen sei. Dort habe die Beutevertheilung begonnen, nicht seine Partei habe sie in Anregung gebracht. Weshalb überhaupt so viel Aufhebens? Es bestehe kein Gegensatz zwischen Reich und Staat, sondern beide hätten sich in gemeinsamer Ope⸗ ration zu ergänzen. Im Lande habe man kein Ver⸗ ständniß dafür, daß die finanzielle Kalamität im Staats⸗ haushalt einseitig dazu ausgenutzt werden solle, dem Ab⸗ geordnetenhause mehr Rechte zu erobern und vollends, wer würde schon in nächster Zeit berufen sein, das Testament, was die liberale Partei hier gewissermaßen heute machen wolle, zu exrequiren? Es müsse ihm daran liegen, diesen Bestre⸗ bungen gegenüber hier einen Markstein zu setzen, der über die Kritik seiner Gegner und über die Pläne seiner Partei keinen Zweifel ließe.
Der Abg. Graf von Bethusy⸗Huc hielt den Gegenstand, welcher das Haus heut beschäftige, für die Hauptaufgabe des Landtages, weil er dem Reichstag freie Bahn für die Steuer⸗ reformen schaffen solle, welche vom ganzen Lande und allen Parteien des Hauses gewünscht werden. Eine Vermehrung der Steuerlast, soweit die Einnahmen des Reiches zur Bestreitung der Bedürfnisse nicht ausreichen, würde sich nicht umgehen lassen; Ersparnisse im Verkehrswesen oder bei der Unterrichtsverwaltung würden kaum möglich sein; dem Abg. Richter, der eine Verminderung des Militär⸗ budgets vorschlage, werde er auf dieses Gebiet nicht folgen, denn er halte Ausgaben im Interesse der Sicherheit des Staates für die produktivsten Anlagen. Er kenne keine indirekte Steuer, welche dem ärmeren Manne eine so große Entlastung zuführen könnte, wie er es wohl möchte, aber man “ doch erwägen, daß durch Verwendung der Kommunalabgaben dem Armen viele Vortheile erwüchsen, durch welche er für die Last der indirekten Steuern entschädigt. werde. Der Abg. Hänel habe in der Resolution unter V ein direktes Anerkenntniß der für das Reich in Aussicht ge⸗ nommenen Steuerreformpläne erblickt; aber er glaube, ein Eingehen auf diesen Gedanken würde dem Reichstage und seinen Beschlüssen vorgreifen. Das Haus wolle heute die Re⸗ solution fassen, an das Gesetz aber später herangehen. Er halte zwar die Resolution unter IV. für inopportun und überflüssig, werde aber dafür stimmen. Entschieden müsse er ich gegen den Verdacht verwahren, als ob seine
artei die Rechte der Krone beeinträchtigen wollte: her — wolle — diese Nechte nur nicht ungemessen auf dem Papiere ausgedehnt wissen und glaube, daß die vir⸗ tuellen Rechte der Krone durch die Resolution nur gewahrt würden. Dem Staate Preußen würde es schlecht anstehen, wenn er durch seinen Partikularismus der Entwickelung des Reiches hindernd in den Weg treten wollte. Wir erlebten heute den historischen Moment, wo das Centrum zum ersten Rale die Hand biete, sich mit der Regierung auf dem Ge⸗ biete der Wirthschaftspolitik zu verständigen und er sage ihm dafür seinen persönlichen Dank.
Artikel 9 der Verfas⸗
Der —
Frhr. von Hüne erklärte, das Werth darauf, der Resolution eine vollständig neutrale Hal⸗ tung zu geben, und habe er seinen Antrag zum zweiten Theil der Resolution zu Gunsten des Antrages Lauenstein zurück⸗ gezogen, weil er ihm die Majorität sichern wolle; er erwarte, daß das Haus seinen Antrag zum ersten Theil annehmen und es seiner Partei so ermöglichen werde, für den zweiten Theil zu stimmen.
Der Abg. Dr. Lasker erklärte, seine politischen Freunde hätten seit zehn Jahren die Quotisirung angestrebt. Er wolle nun mit der we zu den Resolutionen kein materielles Urtheil aussprechen, und nehme die Resolution V. nur an, weil dadurch ein materielles Hinderniß Seitens Preu⸗ ßens gegenüber der Reichs⸗Finanzpolitik fortgeräumt werde. Er wolle aber sich freie Hand behalten, im Reichstage in jeder ihm angemessen erscheinenden Weise Kritik üben zu können.
Hierauf wurde die Diskussion geschlossen und nach einem kurzen Resumé des Referenten unter Ablehnung der Anträge von Minnigerode und von Rauchhaupt die Resolution IV. der Budgetkommission betr. die Quotisirung angenommen. Demnächst ebenso Resolution V. der Kommission mit den Amendements von Hüne und Lauenstein.
Es folgte die Diskussion über die letzte Resolution der Kommission:
„VI. Die Königliche Staatsregierung aufzufordern, dahin zu wirken, daß in Zukunft das Etatsagesetz für das Deutsche Reich früher festaestellt wird, als das Etatsgesetz für Preußen.
„Der Abg. Dr. Lucius (Schleusingen) beantragte über diesen Antrag Uebergang zur Tagesordnung und begründete dies damit, daß es ein gefährliches Präzedenz enthalte, wenn die preußische Landesvertretung in dieser Frage in den Gang der Reichsgesetzgebung einzugreifen unternehme, und würde ein solcher Eingriff den Interessen des Reiches durchaus nicht entsprechen.
.“Der Abg. Dr. Virchow vertrat den Antrag der Kom⸗ mission, welcher innerhalb derselben keinen Widerspruch ge⸗ funden habe.
Der Abg. Windthorst (Meppen) erklärte, sachlich mit dem Antrage der Kommission einverstanden zu sein, doch möchte er bitten, ihm zu sagen, wie dessen Ausführung zu ermög⸗ lichen sei. — Den Antrag Lucius könne er nicht acceptiren, 5 er sich mit seiner Motivirung nicht einverstanden erklären önne.
Hierauf wurde der Kommissionsantrag angenommen, und vertagte sich das Haus um 4 ¼ Uhr.
— In der heutigen (54.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister für die land⸗ wirthschaftlichen Angelegenheiten Dr. Friedenthal, der Minister des Innern Graf zu Eulenburg und mehrere Regierungs⸗ kommissarien beiwohnten, wurde der vom Herrenhause in ver⸗ änderter Fassung zurückgelangte Gesetzentwurf, betreffend die Ausführung der deutschen Civilprozeßordnung en bloc ange⸗ nommen und das Schreiben des Präsidenten des Herrenhauses, betreffend eine redaktionelle Aenderung in dem Entwurf einer Schiedsmannsordnung für erledigt erklärt. Sodann geneh⸗ migte das Haus in erster und zweiter Berathung den Gesetz⸗ entwurf, betreffend die Abänderung der Wegegesetze im Re⸗ gierungsbezirk Cassel.
Es folgte die Berathung des vom Herrenhause in ver⸗ änderter Fassung zurückgelangten Gesetzentwurfs, betr. die Befähigung für den höheren Verwaltungs⸗ dienst. Der Abg. Dr. Petri sprach sein Bedauern darüber aus, daß das Herrenhaus die auf die besonderen Verhältnisse des ehemaligen Herzogthums Nassau bezüglichen, vom Ab⸗ geordnetenhause aufgenommenen, Bestimmungen abgeändert habe, was wohl daher komme, daß leider dieser Landestheil Vertretung im Herrenhause sei. Redner empfahl seinen
ntrag:
„Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: Im §. 16 Abs. 1 statt der Worte „und Ober⸗Amtmänner in den hohen⸗ zollernschen Landen“ zu setzen: „Ober⸗Amtmänner in den hohen⸗ zollernschen Landen und Amtmänner in dem vormaligen erzog⸗ thum Nassau“ v
zur Annahme.
Der Abg. Dr. Lieber unterstützte diesen Antrag und suchte aus den früheren Verhandlungen des Hauses und den früheren Etatsvorlagen nachzuweisen, daß die nassauischen Amtmänner Richterqualität haben müßten. Der Minister des Innern, Graf zu Eulenburg, gestand zu, daß man bei der Auswahl der nassauischen Amtmänner nicht immer ganz glücklich gewesen sei, man habe sich aber bemüht, die vor⸗ gekommenen Mißgriffe wieder gut zu machen. Aus solchen Vorfällen dürfe man aber keine Rückschlüsse auf die rechtliche Natur machen. Die Organisation, daß die Amtmänner in Nassau zwischen den Landräthen und den Ortspolizeibehörden ständen, sei keine besonders glückliche, aber die Friktionen hätten sich im Laufe der Zeit bedeutend vermindert. Bei dieser Vor⸗ lage sei jedenfalls nicht der Platz, diese Organisation zu ändern. Die Auffassung, daß die nassauischen Amtmänner richterliche Qualität haben müßten, sei von dem Momente an, wo die Trennung zwischen Justiz und Verwaltung dort durchgeführt worden sei, eine rechtsirrthümliche. Das Haus möge nicht an diesem Punkte das höchst wichtige Gesetz scheitern lassen. Der Abg. Frhr. von Heere⸗ man ersuchte die Regierung um Auskunft, wie sie sich bei der Besetzung der Landrathsstellen bis zum Jahre 1884 verhalten werde, davon werde seine Entscheidung über diese Vorlage abhängen. Der Abg. Windthorst (Bielefeld) rieth den nassauischen Abgeordneten, die von ihnen angeregte pro⸗ vinzielle Frage von diesem Gesetze zu trennen und in einer besonderen Resolution zum Austrag zu bringen. Mit der Vertagung der Entscheidung über die Landrathsfrage bis zum Jahre 1884 erkläre er sich unter den obwalten⸗ den Umständen einverstanden. Der Minister des Innern befürwortete die Beschlüsse des Herrenhauses mit der Erwä⸗ gung, daß es bis jetzt nicht möglich gewesen sei, eine Verstän⸗ digung der gesetzgebenden Faktoren über die Landrathsfrage Febecutühgen. und daß es in Rücksicht auf die Wichtigkeit der
orlage gerathen erscheine, die Entscheidung dieser Frage bis zu geeigneterer Zeit zu verschieben. Der Abg. Rickert erklärte, daß er jetzt unter Wahrung seines prinzipiellen Standpunktes zu der Landrathsfrage für die Beschlüsse des Herrenhauses stimmen werde. Der Abg. Hundt von Hafften tadelte es hauptfächlich, daß in der Provinz Posen nicht Männer zu Landräthen be⸗ stellt würden, welche sich des Vertrauens der Kreise erfreuen, sondern Beamte, welche diesen wichtigen Posten nur als Durch⸗ gangsposten betrachten. Er nannte als zu dieser Kategorie gehörig einige Namen, was Seitens des Abg. von Wilamowitz⸗Möllen⸗ dorff mißbilligt wurde. Der Abg. Richter (Hagen) sprach sich dahin aus, daß er durchaus nicht wuͤnsche, daß in
Centrum lege
dem künftigen Gesetze über die Befähigung zum Landraths⸗ amte erheblich erleichterte Bedingungen gegen die für den höheren Verwaltungsdienst gestellten vorgeschrieben würden. Nachdem der Abg. Dr. Petri seine Rechtsanschauung über die nassauische Amtmannsfrage derjenigen des Ministers gegen⸗ über aufrecht erhalten zu wollen erklärt hatte, wurde die Vorlage in der Fassung des Herrenhauses angenommen. (Schluß des Blattes.)
— Der Vorstand einer Synagogengemeinde hatte bei dem Minister des Innern darüber Beschwerde geführt, daß die jüdi⸗ schen Mitglieder der Civilgemeinde für verpflichtet er⸗ achtet worden seien, zu den Kosten der Unterhaltung bezw. Ver⸗ größerung des Kommunal⸗Friedhofes beizutragen. Der Minister hat diese Beschwerde für begründet nicht erachtet. Da der gedachte Todtenhof als eine kommunale Anstalt bestehe, so sei die Unterhaltung und im Bedürfnißfall die Vergrößerung desselben als eine Gemeindelast anzusehen, zu welcher sämmtliche Mitglieder der Gemeinde ohne Rücksicht auf die Konfession beizutragen haben. Aus dem kommunalen Charakter des Todtenhofes folge, daß auch die jüdischen Mit⸗ glieder der bezüglichen Gemeinde gleich allen übrigen Ge⸗ meindemitgliedern sich des gedachten Todtenhofes zur Beerdi⸗ gung von Leichen bedienen dürfen, wogegen ihnen die Be⸗ rechtigung fehle, zu verlangen, das ihnen eine besondere Ab⸗ theilung des Kommunal⸗Todtenhofes zur ausschließlichen Be⸗ nutzung überwiesen werde. Wenn dieselben von dieser Befugniß keinen Gebrauch machen, vielmehr ihren eigenen Begräbnißplatz unterhalten wollen, wie ihnen nach §. 58 des Gesetzes vom 23. Juli 1847 gestattet sei, so könne dieser Um⸗ stand sie von der Verpflichtung, zur Unterhaltung und noth⸗ wendigen Vergrößerung des der bürgerlichen Gemeinde ge⸗ hörigen Friedhofes beizutragen, nicht befreien.
— In den deutschen Münzstätten sind bis zum 8. Februar 1879 geprägt worden, an Goldmü⸗ nzen: 1 249 311 100 ℳ Doppelkronen, 404 873 220 ℳ Kronen, 27 969 845 ℳ Halbe Kronen, hiervon auf Privatrechnung 362 701 110 ℳ Vorher waren geprägt: 1 248 128 280 ℳ Doppelkronen, 404 942 710 ℳ Kronen, 27 969 925 ℳ Halbe Kronen, hiervon auf Privatrechnung 361 427 150 ℳ Summa 1 682 154 165 ℳ
1I1““ Bevollmächtigte zum Bundesrath, Herzogli sachsen⸗meiningensche Staats⸗Minister Giseke ist von Berlin wieder abgereist.
Baden. Karlsruhe, 14. Februar. 8 der Zw eiten Kammer erklärte heute der Staats⸗ Minister Turban, in Beantwortung der Interpellation, betref⸗ fend die Vorlage über die Strafgewalt des Reichs⸗ tags, eine Regelung der Angelegenheit sei nothwendig, die Regierung habe ursprünglich aber die Ansicht gehabt, daß die Regelung der Initiative des Reichstags zu überlassen sei. Der prinzipielle Einwand sei indeß fallen gelassen worden, nachdem das Unannehmbare aus dem Gesetzentwurfe entfernt worden sei.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 13. Februar. (Th. C.) Der Landtag ist auf den 27. d. M. zur Wieder⸗ aufnahme seiner Thätigkeit einberufen worden. Dieselbe wird sich zunächst und hauptsächlich auf die Berathung der hin⸗ sichtlich der Justizorganisation mit anderen thüringischen Staaten abgeschlossenen Verträge und der Ausführungsgesetze zu den Reichs⸗Justizgesetzen erstrecken.
Schwarzburg⸗Sondershausen. Sonders hausen, 13. Februar. (Leipz. Ztg.) Der Landtag hat den Staats⸗ vertrag wegen Herstellung einer Eisenbahn von Erfurt über Arnstadt, Plaue und Suhl nach Grimmenthal und
Ritschenhausen einstimmig genehmigt.
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 14. Februar. (W. T. B.) In einer heute stattgehabten Versammlung von etwa 80 Abgeordneten, welche bei der Abstimmung über den Ber⸗ liner Vertrag im Abgeordnetenhause gegen denselben stimmten, wurde ein Antrag Dumba's angenommen, nach welchem die anwesenden Abgeordneten erklären, daß sie, unbeschadet der bestehenden Kluborganisation und vorbehaltlich des weiteren Beitritts von verfassungstreuen Abgeordneten, in den die Fol⸗ gen der Okkupation, namentlich die Finanzlage betreffenden Fragen zu Besprechungen zusammentreten und sich zu gemein⸗ samen Beschlüssen vereinigen wollen. Ein aus 14 Mitgliedern bestehendes Comité soll eingesetzt werden zur Einberufung der Versammlungen und zur Erstattung von Vorschlägen. Das Comité soll aus je 4 Mitgliedern des alten und des neuen Fortschrittsklubs, aus 3 keinem Klub angehörenden Abgeord⸗ neten und aus je einem Mitglied der Demokraten, des Klubs der Linken und der Großgrundbesitzer bestehen.
— Die „Polit. Korresp.“ meldet: Aus Konstantinopel
vom 13. d. M.: General Totleben ist heute zu einer Be⸗ sprechung mit dem Fürsten Lobanoff hier eingetroffen. — Der englische Botschafter Layard hat seine Abreise von hier auf nächsten Mittwoch festgesetzt. — Der gestrige Ministerrath war mit den auf das Verhältniß zwischen der Pforte und Oesterreich bezüglichen Angelegenheiten beschäftigt. — Aus Bukarest: Der russische Minister⸗Resident Baron Stuart wird provisorisch durch den russischen Konsul Jacobson in Jassy ersetzt, der indeß blos in der Eigenschaft eines Chargé d'affaires fungirt. — Aus St. Peters⸗ burg: Der vom hiesigen deutschen Botschafter entsendete Arzt, Dr. Leweß, hat in Sarepta vollkommen ausreichende Kordons, rationelle Quarantäne⸗Einrichtungen, sowie eine sehr strenge Handhabung aller Details vorgefun⸗ den, der Gesammteindruck, den derselbe von den Einrichtungen erhielt, ist ein höchst befriedigender. Die Gerüchte von ver⸗ dächtigen Krankheitsfällen, die in Borissoglebsk, Kaluga und I vorgekommen sein sollen, sind durchaus unbe⸗ gründet. Triest, 14. Februar. (W. T. B.) Der gestern aus Konstantinopel hier eingetroffene Lloyddampfer,Achilles“ erhielt heute die Erlaubniß, zu landen und frei zu verkehren. Schweiz. Bern, 13. Februar. (Bund.) Gestern wurde der neue französische Gesandte Challemel⸗Lacour vom Bundesrathe in offizieller Audienz empfangen.
Großbritannien und Irland. London, 14. Fe⸗ bruar. (W. T. B.) In der heutigen Si ung des Ober⸗ auses erklärte auf eine Anfrage Earl Granvilles der Marquis von Salisbury: es hätten zur Zeit der Ver⸗ tagung des Parlaments Kommunikationen mit Rußland,
.28. 92 Afghanistans, stattgefunden, in deren Folge dis russische Mission von Kabul ghberufen worden seix.
(W. T. B.) In
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