1879 / 45 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 21 Feb 1879 18:00:01 GMT) scan diff

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 20. Februar. (W. T. B.) Im Abgeordnetenhause machte der Präsident Rechbauer die Mittheilung, daß er den Gesetzentwurf über die Organi⸗ sirung des obersten Rechnungshofes demnächst auf die Tages⸗ ordnung stellen werde. Von dem Handels⸗Minister wurde der Weltpostvertrag zur verfassungsmäßigen Behandlung vor⸗ gelegt. In Beantwortung von Interpellationen in Betreff der Teplitzer Heilquellen wies der Ackerbau⸗Minister auf die von der Regierung angeordneten Vorkehrungen und auf die jüngsten Beobachtungen hin, welche schon theilweise günstigere Hoffnungen erweckten. Die Regierung werde alle nothwen⸗ digen Maßregeln treffen. . Die „Polit. Korresp.“ meldet aus St. Petersburg von heute: Der Kaiser hat heute die Ratifikation des russisch⸗türkischen Friedensvertrages vollzogen; man erwartet das Eintreffen des vom Sultan ratifizirten Ver⸗ trages, um alsbald die Ratifikationen auszuwechseln. Aus Bukarest: Die rumänische Regierung hat durch ihre diplo⸗ matischen Vertreter die Signatarmächte des Berliner Vertrages davon benachrichtigt, daß sie, in der Hoffnung auf die even⸗ tuelle endgültige Entscheidung der Mächte zu Gunsten der Einverleibung des Forts Arabtabia in das rumänische Ge⸗ biet, Befehl zur vorläufigen Räumung des gedachten Forts gegeben habe. Aus Konstantinopel: Für die augen⸗ dlicklich zwischen dem österreichischen Botschafter, Grafen Zichy, und dem türkischen Minister des Auswärtigen, Karatheodory Pascha, stattfindenden Verhandlungen ist Munif Effendi zum zweiten Bevollmächtigten der Pforte ernannt worden. Pest, 20. Februar. (W. T. B.) Im Unterhause machte der Präsident in warmen Worten Mittheilung von dem heute Vormittag erfolgten Ableben des Abg. Eduard Zsedenyi; das Haus beschloß, aus Pietät für den Verstorbe⸗ nen die heutige Sitzung alsbald wieder zu schließen.

Großbritannien und Irland. London, 20. Fe⸗ bruar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Unter⸗ hauses antwortete der Schatzkanzler Northcote auf eine bezügliche Anfrage Cartwrights: er habe den Bericht Harrisons über die türkischen Finanzen noch nicht empfangen; eine Zusage, daß die Erneuerung des Kom⸗ missariates zur Beiziehung und Kontrole der für die türkische Anleihe etwa verpfändeten türkischen Einkünfte ohne vor⸗ gängige Genehmigung des Parlaments nicht stattfinden solle, sei Seitens der Regierung nicht ertheilt worden. Das Finanz⸗ projekt des Marquis von Tocquevillle sei noch nicht er⸗ wogen worden. Was die Vorgänge in Kairo anbelange, so bestätigten die der Regierung zugegangenen Nachrichten, die stattgehabten Unruhen und den Rücktritt des Justiz⸗Ministers Nubar Pascha; von einer Demission des Finanz⸗Ministers Rivers Wilson sei ihm nichts bekannt. 21. Februar. (W. T. B.) Earl Beaconsfield ist wieder hergestellt. Das Armeebudget für das Finanz⸗ jahr 1878/79 beziffert sich auf 15 645 700 Pfund Sterling gegen 17 791 300 Pfd. Sterl. im Vorjahre. Der Bestand der Armee, mit Ausschluß der in Indien stehenden englischen Trup⸗ pen, zählt 135 625 Mann gegen 135452 Mann im Vorjahre. Kalkutta, 20. Februar. (W. T. B.) Nachrichten aus Mandalay zufolge hat der König von Birma mehrere Prinzen des Königshauses und deren Familienangehörige tödten lassen und die jüngst ernannten Minister wieder durch die früheren ersetzt.

Frankreich. Paris, 20. Februar. (W. T. B.) Gestern Abend fand auf der deutschen Botschaft ein großer Empfang statt, welchem der Präsident Grévy mit Gemahlin, der Präsident der Deputirtenkammer Gam⸗ betta, der Präsident des Senats Martel und andere hervor⸗ ragende Persönlichkeiten beiwohnten.

Versailles, 20. Februar. (W. T. B.) tirtenkammer begann heute die Berathung der Amnestie⸗ vorlage. Louis Blanc beharrte auf dem Verlangen, daß volle Amnestie gewährt werde; nach ihm ergriff der Bericht⸗ erstatter der Kommission, Andrieux, das Wort. Der Justiz⸗ Minister Leroyer brandmarkte darauf in einer längeren Rede die Kommune auf das Schärsste und stellte in Abrede, daß dieselbe nur eine durch die damaligen Umstände herbeigeführte Explosion gewesen sei. Der Kommune⸗Aufstand sei vielmehr eine lange vorbereitete sozialistische Bewegung gewesen, die da⸗ nals zur Vollendung gekommen sei. Dieser Umstand sei um soerschwerender, als die Kommune in Gegenwart des Feindes zum Ausbruch gelangt sei. Es sei unmöglich, auch diejenigen Theil⸗ nehmer an jenem Aufstande zu amnestiren, welche behaupten, daß sie die Kommune wiederherstellen und die Akte verherrlichen würden, um deren Willen sie verurtheilt worden waren. Der Justiz⸗Minister bestritt, daß die Majorität der öffentlichen Meinung einer vollen Amnestie günstig sei; das Land weise eine solche zurück. Er würde eine solche Amnestie nicht an⸗ erkennen, selbst wenn die überwiegende Majorität eine solche verlangen sollte. Die Deputirten müßten die Regierung unterstützen, wenn sie das Bewußtsein hätten, daß die Regierung Recht habe. Die Amnestievorlage in ihrer gegenwärtigen Fassung nehme nur 1150 Verurtheilte von der Amnestie aus. Diese könnten auf andere Weise be⸗ gnadigt werden. Schließlich ersuchte der Minister die Kam⸗ mer, der Regierung ihr Vertrauen nicht zu versagen. Nach dieser sehr beifällig aufgenommenen Rede wurde die Sitzung einige Minuten unterbrochen, während viele Depu⸗ tirte den Justiz⸗Minister auf das Wärmste beglückwünschten. Nach Wiederaufnahme der Sitzung vertheidigte Maquet (Intransigent) den Antrag auf Gewährung voller Amnestie. Sodann wurde die Generaldebatte geschlossen und die Bera⸗ thung der einzelnen Artikel der Amnestievorlage auf morgen vertagt.

Der Senat nahm mit 159 gegen 3 Stimmen den Ge⸗ setzentwurf, betreffend die Reorganisation der Kirche augs⸗ burgischer Konfession an. Der Entwurf bewilligt dieser Kirche eine konstituirende Synode.

Italien. Rom, 20. Februar. (W. T. B.) Der Papst empfing am heutigen Jahrestage seiner Erwählung die Kar⸗ dinäle und Prälaten und eine Anzahl anderer Personen und nahm eine Glückwunschadresse des heiligen Kollegiums entgegen.

Türkei. Konstantinopel, 20. Februar. (W. T. B.) Nach einer der Pforte zugegangenen Nachricht wurde der riechische Erzͤblschof von Adrianopel von Bulgaren 28 mißhandelt; die Russen verhafteten die Schuldigen und General Totleben sicherte die strengste Bestrafung derselben zu. Unter den Notablen der hiesigen muselmännischen Be⸗ völkerung circulirt eine an den Sultan gerichtete

Dig Depu⸗

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Rußland und der dadurch herbeigeführten Räumung Ru meliens von russischen Truppen, sowie wegen der neuesten Finanzmaßregeln der Dank der Bevölkerung ausgespro⸗ chen wird.

Numänien. Bukarest, 20. Februaär. (W. T. B.) Auf Befehl der Regierung haben die rumänischen Truppen heute das Fort Arabtabia geräumt. Der Pestkordon ist noch nicht gezogen worden.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 21. Februar. (W. T. B.) General Loris⸗Melikoff meldet aus Zarizin, vom 20. d. M.: Im ganzen General⸗Gouvernement einschließ⸗ lich der von Kirgisenhorden bewohnten Distrikte sind neue Er⸗ krankungen nicht vorgekommen, ebensowenig sind von früher en erkrankte Personen vorhanden. Die ausländischen Aerzte ind hier angekommen und haben sich mir heute vorgestellt. Die Kommunikation über die Wolga bei Astrachan findet mittelst Booten statt.

Amerika. New⸗York, 20. Februar. (W. T. B.) Hier vorliegende Meldungen aus Kingston berichten über ein Treffen, welches zwischen den Insurgenten und den Truppen der Regierung von Hayti am 9. d. M. stattgefunden hat. Die Regierungstruppen verloren 25 Todte und 89 Ver⸗ wundete; die Verluste der Aufständischen waren beträchtlicher. Man erwartet, daß es, sobald die Truppen Verstärkungen erhalten haben werden, zu einem entscheidenden Kampfe kommen werde.

Afrika. Egypten. Kairo, 20. Februar. (W. T. B.) Der Khedive hat im Einvernehmen mit den Ministern alle zur Sicherung der öffentlichen Sicherheit erforderlichen getroffen, weitere Ruhestörungen haben nicht statt⸗ gefunden.

8 Bekanntmachung. Es wird hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß der Bd. 82 der im amtlichen Auftrage herausgegebenen Ent⸗ scheidungen des Königlichen Ober⸗Tribunals in Carl Hey⸗ manns Verlag hierselbst erschienen ist. Berrlin, den 20. Februar 1879.

Namens 8 Redaktions⸗Kommission: Dhr. Sonnenschmidt.

Nr. 11 des „Amtsblatts der Deutschen Reichs⸗ Post⸗ und Telegraphenverwaltung“ hat folgenden Inhalt: Verfügungen: Vom 16. Februar 1879: Rechnerische Behandlung der binterlegten Beträge an Eilbestellgeld für Telegramme. Vom 17. Februar 1879: Wiederherstellung der Scepostverbindung mit Dänemark. Vom 15. Februar 1879: Eröffnung der Eisenbahn M. Gladbach⸗Rörmond.

Landtags⸗Angelegenheiten.

Im 3. Mag deburger Wahlbezirk (Kreise Jerichow I. und II.) ist an Stelle des verstorbenen Ober⸗Präsidenten a. D. v. Bonin der Rittmeister a. D. und Rittergutsbesitzer v. Britzke zu Wachau zum Mitgliede des Hauses der Abgeordneten gewählt

Der Königliche Kreissekretär A. Selle hat die Bestimmun⸗ gen über die Bildung von Vereinen zur Bestattung von Leichen ehe⸗ maliger Krieger, über die zulässigen Begräbnißfeierlichkeiten, über die Uniformirung der Vereinsmitglieder, sowie über die von den Ver⸗ einen errichteten Kranken⸗, Begräbniß⸗ urd Unterstützungskassen nebst genehmigten Statuten derartiger Vereine gesammelt und in einer kleinen Schrift unter dem Titel: „Die Krieger⸗ und Land⸗ wehrvereine in Preußen“ vor Kurzem im Verlage von F. W. Becker & Comp. in Arnsberg und Lüdenscheid veröffentlicht. Es haben sich unter den verschiedenartigsten Benennungen als Kriegervereine, Landwehrvereine, Unterstützungs⸗ und Begräbnißvereine, Waffen⸗ brüderschaften gebildet, welche neben Pflege der Treue und Anhäng⸗ lichkeit an Kaiser und Reich und an frühere Standesgenossen die im Lande herrschende Achtung für kriegerisches Verdie st fortdauernd wach halten, den soldatischen Geist beleben und in diesem Sinne ge⸗ sellige und Unterstützungszwecke verfolgen. Der Verfasser hat der patriotischen Sache dadurch einen Dienst erwiesen, daß er die auf das Kriegervereinswesen Bezug habenden Bestimmungen in der vor⸗ liegenden Schrift zusammenstellte. Der Preis des Büchelchens beträgt

nur 75 ₰.

Marburg, 18. Februar. Der 21. d. Mks., der Tag, an welchem Friedrich Karl von Savigny vor hundert Jahren ge⸗ boren wurde, wird von Seiten der Universität mit einer Feier begangen werden. Dem akademischen Redeaktus wird eine Gedächt⸗ nißfeier in weiteren Kreisen sich anschließen, denn Savigny hat zum allergrößten Theil seine Universitätsstudien in Marburg absolvirt, hier die juristische Doktorwürde erworben und seine glänzende Lauf⸗ bahn als Rechtslehrer hier begonnen hier endlich sein epoche⸗ machendes Werk über den „Besitz“ geschriebean.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Von dem Generalcomité des Land⸗ soeben ein „Handbuch des Großgrundbesitzes in Bayern“ ein stattlicher Band von 27 Druckbogen. Derselbe enthält die Beschrei⸗ bung von mehr als 400 Gütern, außerdem das offizielle Verzeichniß der Grundbesitzer des Kreises, welcher mehr als 50 Gulden (85,71 ℳ) Grundsteuer⸗Simplum hat, statistische Tabellen über Bevölkerung, Vertheilung und Ertrag des Grundbesitzes, Viehstand und Viehhal⸗ tung, endlich eine geographische Karte und eine geognostische Ueber⸗ sichtskarte des Königreichs. .X“

Gewerbe und Handel.

Laut Bekanntmachung des Königlich dänischen Ministeriums des Innern vom 14. d. Mts. ist die Einfuhr von lebendem Horn⸗ vieh aus den Vereinigten Staaten von Amerika nach Dänemark bis auf Weiteres verboten.

Unter zahlreicher Betheiligung begannen heute Mittag gegen 12 Uhr im „Englischen Hause“ die Verhandlungen der General⸗ versammlung der deutschen Spiritusfabrikanten. Der Rittergutsbesitzer Kiepert (Marienfelde), der die Versammlung er⸗ öffnete und leitete, theilte mit: Der Verein der deutschen Spiritus⸗ fabrikanten habe im Laufe des verflossenen Jahres einen erheblichen Mitgliederzuwachs erhalten; es gehören jetzt 799 Mitglieder dem Vereine an. Es sei dem Vereine gelungen, zu Biesdorf bei Berlin eine Versuchsbrennerei gegen 8000 pro anno zu pachten. In dieser Versuchsstation sei auch eine Fabrikation für Preßhefe eingerichtet. Die Gesammteinnahmen des Vereins betrugen im verflossenen Ge⸗ schäftsjahre 49 388 8 ₰, die Ausgaben 46 682 96 ₰, der Kassenbaarbestand 27056 91 ₰, die Brennereischule kostete dem Verein 1075 85 ₰, die Versuchsbrennerei 13 897 Alsdann

München, 17. Februar. wirthschaftlichen Vereins in Bayern herausgegeben, erschien

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Adresse, worin demselben wegen des Friedensschlusses mit

berichtete Hr. Dr. Delbrück: das Organ des Vereins „Zeitschrift 1“

von Wiegand, Hempel

für piritus⸗Industrie“, im Verlage & Parey hierselbst erscheinend, habe 1400 Abonnenten. Der Zudrang zu der Brennereischule des Vereins sei erheblich. Von 60 Aufnahmegesuchen konnten jedoch nur 43 Berücksichtigung finden, welche Schüler an den Vorlesungen und praktischen Uebungen Theil nehmen. Der Verein besitze außerdem eine Glasbläserei, in der eine Anzahl für die Versuchsbrennerei nothwendiger Instrumente, ganz besonders Normal⸗Alkoholometer gefertigt werden. Es wurde alsdann eine Statutenänderung beschlossen, aus denen mitzutheilen ist: „Zweck des Vereins ist die Förderung gemeinsamer Interessen der Spiritusfabrikanten in Deutschland. Der Verein wirkt zur Erreichung dieses Zweockes a. durch die Verhandlungen der Vereinsversammlungen, b. durch die Unterhaltung: 1) eines chemischen Laboratoriums, 2) einer Versuchsbrennerei, 3) einer Brennereischule, 4) einer Zeitschrift, 5) einer Glasbläserei, 6) eines Auskunftsbureaus. Andere Mittel zur Erreichung der Vereinszwecke sind nicht ausgeschlossen. Die Mitgliedschaft wird erworben durch einfache Beitrittserklärung und durch Zahlung eines jährlichen Bei⸗ trages ron 10 mit einem Zuschlag von 1 pro 1000 jähr⸗ lich zu zahlender Maischraumsteuer. Der Gesammtbeitrag braucht jedoch 60 nicht zu übersteigen. Für Mitglieder, welche nicht Brennereibesitzer sind, gilt der einfache Satz von 10 ℳ.“ Alsdann hielt Hr. D⸗r. Delbrück einen Vortrag über Gährungsführung.

„— Der Bericht der German Bankof London pro 1878 zeigt, wie die „B. Börs.⸗Ztg.“ meldet, ein wesentlich hinter den Er⸗ wartungen zurückbleibendes Resultat. Das Gewinn⸗ und Verlust⸗ Konto weist einen Bruttogewinn von 51 000 Pfd. Sterl. auf, welcher sich nach Abzug der Geschäftslasten auf 37 000 Pfd. Sterl. reduzirt. Hiervon sollen nach Absetzung der vorschriftsmäßigen Reserve 30 000 Pfd. Sterl. als 5 %ige Dividende vertheilt werden. Um dieses Resultat herbeizuführen, muß der bestehende Reservefonds mit 25 000 Pfd. Sterl. in Ansprvch genommen werden, da ein im vorigen Jahre erlittener Verlust in gleicher Höhe zu decken ist.

Berlin, 21. Februar 1879.

Zur Feier des 100 jährigen Geburtstages F. C. von Sa⸗ vigny’s fand heute Mittag in der Aula der Universität ein Fest⸗ aktus statt, dem Se. Kaiserliche und Kaiserliche Hoheit der Kron⸗ prinz, der Minister der geistlichen ꝛc. Argelegenheiten Dr. Falk, der Unter⸗Staatssekretär Sydow, der Ministerial⸗Direktor Greiff, zahlreiche Ministerial⸗Räthe, die Präsidenten v. Strampff und Mühler, der Bürgermeister Dunker, der Stadt.Schulrath Bertram und ein zahlreiches Publikum, meist Studirende der Universität, bei⸗ wohnten. Mor der Rednertribüne war die Büste Savigny's zwischen Palmen und Topfgewächsen aufgestellt. Nachdem der Senat der Universität den Saal betreten, begann der akademische Gesangverein die Motette: „Lobe den Herren“’. Daraufergriff Prof. Bruhns, der gegenwärtige Inhaber des Lehrstuhls Savigny's das Wort, um sein Andenken zu feiern und namentlich den nicht juristischen Kreisen die Bedeutung Savigny’s wieder ins Gedächtniß zurückzu⸗ rufen. Mit beredten Worten schilderte er des Jubilars imposante Erscheinung, die fesselade Leichtigkeit seines Vortrages und seine Wirksamkeit in wissenschaftlicher Beziehung, die Savigny’s politische und legislative Thätigkeit weit überrage. Auf diese seine wissenschaftliche Bedeutung ging sodann der Redner näher ein. Mit Savigny habe jene Strömung in der juristischen Wissenschaft begon⸗ nen, die dem Rationalismus des vorigen Jahrhunderts mit Erfolg entgegentrat und deren Anschauungen noch jetzt im rechtlichen Leben geltend seien. Mehr als ein halbe Jahrhundert habe es freilich gedauert, ehe sich die neuen Theorien, die, im Gegensatz zu den früheren auf dem Naturrecht basirten Theorien, in der geschichtlichen Rechts⸗ entwickelung ihre Grundlage suchten, ihrer legislatorischen Verwirk⸗ lichung sich nähern konnten. Dann gab der Redner eine Skizze der literarischen Wirksamkeit Savigny’s. Der Gesang: „Den Samen edler Lehren trägt“ schloß die Feier.

Im wissenschaftlichen Verein in der Singakademie wird morgen, Sonnabend, Nachmittag um 5 Uhr, Hr. Direktor Dr. Jordan einen Vortrag über Landschaftsmalerei halten.,

„Teplitz, 21. Februar. (W. T. B.) Das vom Prof. Sueß über das Thermenunglück abgegebene Gutachten lautet günstig. Prof. Sueß schlägt darin vor, die Mündung der Urquelle durch die Abteufung eines Schachtes zu vertiefen, um während der kommenden Saison ein benutzbares Wasser zu haben, dann die Quellen durch eine Vertiefung derselben bis zu 60 m gegen etwaige in den Kohlen⸗ werken sich ereignende Wechselfälle zu sichern, außerdem aber noch an einer anderen noch zu ermittelnden Stelle eine zweite selbständige Abteufung vorzunehmen. Das Gutachten räth aus medizinischen Rücksichten und wegen einer zu befürchtenden Gefähr⸗ dung der Schönauer Quellengruppe von einer Tiefbohrung ab und hofft zuversichtlich auf ein ferneres glückliches Gedeihen der Stadt Teplitz. Der Direktor der geologischen Reichsanstalt, Hauer, ist mit dem Ingenieur Sigmondi heute hier eingetroffen; der Sprengtechniker Mahler wird morgen erwartet. Morgen nach dem Gottesdienste soll dann um 10 Uhr Vormittags unter einer entsprechenden Feierlichkeit mit der Abteufung begonnen werden.

Warschau, 20. Februar. (W. T. B.) In Folge einer ober⸗ halb Warschau eingetretenen Eis verstopfung ist die Weichsel ausgetreten, und droht für eine Strecke von 10 Werst die Gefahr, daß der Weichselfluß sich ein anderes Flußbett wähle. Eine Abthei⸗ lung Sappeure ist heute abgeschickt worden, um den Eisdamm mittelst Dynamit zu sprengen; der Zugang zu dem Eisdamm ist aber durch das Austreten des Flusses sehr erschwert.

Ueber eine in Texas und Oregon wild wachsende Pflanze, deren Blätter durch die merkwürdige Eigenschaft, von Norden nach Süden zu zeigen, den Jägern der Prärien den Dienst eines Kompasses leisten sollen, bringt das Jahrbuch der Erfindungen einige Mittheilungen, die zwar weiterer Ergänzung bedürfen, aber doch an schon von allge⸗ meinerem Interesse sind. Die ersten Angaben über die Pflanze aus den Jahren 1842 und 1843 stammen von dem Unionsgeneral Alford, der der American Association for the Advancement of Science von Massachusets, unter Berufung auf das Zeugniß seiner Offi⸗ ziere, berichtete, daß die Wurzelblätter jener Pflanze ihre Spitzen nach Süd und Nord und ihre Flächen nach Ost und West kehren. Nach Professor Asa Gray und Th. Meehan ist die Pflanze ein Korbblüther und hat den Namen Silphium Iaciniatum. Sie ist perennirend und erreicht eine Höhe bis zu 1,8 m. Die Ur⸗ sache für das eigenthümliche Verhalten der Blätter wird in der gleich großen Empfänglichkeit beider Blattflächen für das Licht ge⸗ sucht. Abweichend von anderen Arten der Gattung Silghium, welche auf der unteren Blattseite zwei bis drei Mal soviel dem Gas⸗ austausche dienende 1☚ enthalten und auf der oberen empfänglicher für die Lichtwirkungen sind, hat laciniatum eine auf beiden Seiten ähnlich gebildete Epidermis und in Folge davon auf beiden eine gleich große Empfänglichkeit für das Licht. Eine gleiche Vertheilung des Lichtes aber würde ermöglicht durch die Stellung des Blattes in eine von Norden nach Süden gerichtete Vertikalebene.

Redacteur: J. P.: Riedel.

Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner.

Drei Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).

Berlin:

Erste Beilage

s-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Königreich Preußen.

Forst⸗Akademie Eberswalde. Sommer⸗Semester 1879. 8 Unterrichtsgegenstände.

Ober⸗Forstmeister Danckelmann: Methoden der Forst. abschätzung. Waldwerthberechnung und forstliche Statik. Allgemeine Wirthschaftslehre. Forstliche Exkursionen, dabei Probe⸗ abschätzung eines größeren Waldkörpers.

Forstmeister Bando: Forstverwaltungskunde. Forst⸗ schutz. Forstliche Exkursionen.

Oberförster Weise: Forstliches Repetitorium.

Prof. Dr. Remels;: Allgemeine und theoretische Chemie. Mineralogie. Repetitorium in Chemie. Uebungen im Be⸗ stimmen vo. Mineralien und Gesteinen. Geognostische und boden⸗ kundliche Exkursionen.

Chemiker Schütze: Bodenkunde. Bodenkundlich⸗chemisches Praktikum. Bodenkundlich⸗geognostische Exkursionen.

Prof. Dr. Brefeld: Spezielle Botanik mit besonderer Be⸗ rücksichtigung der Forstpflanzen. Botanische Exkursionen.

Prof. Dr. Altum: Allgemeine Zoologie. Wirbelthiere. Präpariren. Zoologische Exkursionen.

Prof. Dr. Müttrich: Physik. Mechanik. Examina⸗ torium in Physik und Metereologie.

Dr. Schmidt: Mathematisches Repetitorium.

Oberförster Runnebaum: Waldwegebau. Feldmessen und Nivelliren. Planzeichnen.

Kreisgerichts⸗Rath Raetzell: Civilrecht I. Theil.

Die Vorlesungen beginnen für den II. und III. Kursus Montag, 8 April; für den neu eintretenden I. Kursus Donnerstag, den . Mai.

„Meldungen von Studirenden, welche sich für den Privatforst⸗ dienst vorbereiten wollen, oder von Ausländern, sind unter Bei⸗ fügung der Zeugnisse über Schulbildung, forstliche Vorbildung, Führung, ferner unter Vorlegung eines Attestes über die zum Auf⸗ enthalte auf der Forst⸗Akademie erforderlichen Subsistenzmittel an den Unterzeichneten zu richten.

Eberswalde, den 18. Februar 1879.

Der Direktor der Forst⸗Akademie. Danckelmann.

41. Ziehung des vormals Nassauischen Domänenkasse⸗ Anlehens von 2 600 000 Fl., d. d. 14. August 1837, in Prämienscheinen à 25 Fl.

Die Listen der bei dieser Ziehung verloosten Prämienscheine und der auf dieselben gefallenen Prämien liegen bei dem Bankhause der Herren M. A. von Rothschild & Söhne in Frankfurt a. M., bei allen Königlichen Regierungs⸗ und Bezirks⸗Hauptkassen, bei der Königlichen Kreiskasse in Frankfurt a. M., den Königlichen Domänen⸗ Rentämtern und Steuerkassen des hiesigen Regierungsbezirks, sowie im Bureau der Königlichen Regierung hier, Bahnhof⸗Straße Nr. 13, Zimmer Nr. 25, zur Einsicht offen.

Ferner ist diese Liste zur Einsicht aufgelegt bei sämmtlichen Königlichen Steuerkassen der Regierungsbezirke Arnsberg und Cöln, bei den Königlichen Steuerkassen der 13 Kreisstädte des Regierungs⸗ bezirks Coblenz und bei den Königlichen Steuerkassen zu Andernach, Boppard, Braunfels, Ehringshausen, Kirchen, Kirn und Krofdorf.

Es wird hierbei darauf aufmerksam gemacht, daß für die Fälle, wo die Einlösung der Prämienscheine nicht bei dem Bankhause der M. A. von Rothschild & Söhne zu Frankfurt a. M., noch ei der Königlichen Regierungs⸗Hauptkasse hier, oder der König⸗ lichen Kreiskasse in Frankfurt a. M., sondern bei einer der anderen Kassen bewirkt werden soll, durch diese Kasse vor der am 1. Mai stattfindenden Auszahlung die betreffenden Prämien⸗ scheine an den Unterzeichneten zur Prüfung einzusenden sind, weshalb diese Scheine einige Zeit vor dem Rückzahlungstermine eingereicht werden können. .

Wiesbaden, den 14. Februar 1879.

Der Regierungs⸗Präsident. von Wurmb.

Statistische Nachrichten.

Nach Mittheilung des statistischen Bureaus der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 9. Februar bis incl. 15. Februar er. zur Anmeldung gekommen: 155 Eheschließungen, 920 Lebendgeborene, 35 Todtgeborene und 534 Sterbefälle.

Das neueste Heft der vom Kaiserlich Königlich österreichischen Handels⸗Ministerium herausgegebenen „Nachrichten über Industrie, SH und Verkehr“ enthält die Statistik des österreichischen

o stwesens im Jahre 1877. In diesem genannten Jahre zählte das Postgebiet der im Reichsrathe vertretenen Länder bei einer Aus⸗ dehnung von 300 190,90 qkm mit 21 752 000 Bewohnern 11 unter dem Handels⸗Ministerium stehende Postdirektionen und 4006 für den Manipulationsdienst bestimmte Postanstalten auf 3706 Postkursen, mit einer Gesammtlänge von 43 642 km. Diese Postanstal⸗ ten unterscheiden sich in 221 ärarische, als: 183 Postämter, 38 fahrende Postämter auf Eisenbahnen (Postambulanzen), dann in 3785 nicht ärarische Postanstalten als: 3214 Postämter und Postexpeditionen, 559 Postämter mit Poststation (Poststalldienst) und 12 Poststationen allein. Außerdem unterhält die österreichische Postverwaltung 45 Postämter auf fremdem Staats⸗

ebiete in Europa, Asien und Afrika, und zwar Postämter in Kon⸗ und Alexandrien, von welchen das erstere direkt dem Handels⸗Ministerium und das letztere der Postdirektion in Triest untersteht. Die übrigen 43 Postämter sind theils Konsulats⸗, theils Lloyd⸗Postexpeditionen, je nachdem der Postdienst von Organen der Konsulate oder der Lloyd⸗Agentien versehen wird. Von diesen stehen 17 unter der Postdirektion in Triest und die anderen 26 Expeditionen unter dem Postamte in Konstantinopel. Im Jahre 1877 wurden 15 Postanstalten neu kreirt und 124 aufgelassen, daher auch im Ganzen die Zahl der österreichischen Post⸗ anstalten gegen das Vorjahr (4115) um 109 sich vermindert hat. Im Vergleich zum Areale und zur Bewohnerzahl entfielen 1877 im Allgemeinen 74,9 qkm und 5429 Einwohner auf je ein Postamt. Im Jabre 1877 betrug die Zahl des Postpersonals bei den Direk⸗ tionen 237, bei den ärarischen Postämtern 7188, bei den nichtärari⸗ schen Postämtern 5684, zusammen 13 109 gegen 12 976 im Jahre 1876. Die Zahl der täglich für Postbeförderung benutzten Eisenbahnzüge betrug 902 und die Gesammtzahl der von den Eisenbahnposten (Ambulanzen) durchlaufenen Kilometer 25 516 636. Von der österreichischen Post wurden im Jahre 1877 befördert 202 649 510 Briefe, 31 152 400 Korrespondenzkarten, 24 580 410 Druck⸗ sachen, 4 625 590 Waarenproben, 63 842 342 Zeitungen und 10 443 855 Postanweisungen, so daß die ganze Stück⸗ zahl des Briefpostrerkehrs betrug 336 945 970 gegen 324 056 768 im Jahre 1876. Die Stückzahl des Fahrpostverkehrs war 28 502 058 Stück gegen 28 091 226 im Jahre 1876. Es wurden nämlich beför⸗ dert: 3 687 940 ordinäre Packete, 10 347 940 Geldbriefe, 10 683 940 Werthsendungen und 3 782 238 Sendungen mit Postnachnahme. Die

Berlin, Freitag, den 21. Februar

Gesammteinnahme des Postbetriebes betrug 14 845 190 Fl. Davon entfielen 8 115 720 Fl. auf das Briefpostvorto und 5 121 410 Fl. auf das Fahrpostporto. Die ordentlichen Betriebsausgaben beziffer⸗ ten sich mit 14 277 620 Fl., die außerordentlichen mit 55 740 Fl. Ueberschüsse hatten Nieder⸗Oesterreich, Ober⸗Oesterreich, Steier⸗ mark, Kärnten, Küstenland, Böhmen, Mähren, Schlesien; Unterschuß: Salzburg, Krain, Tirol und Vorarlberg, Galizien, Bukowina, Dalmatien und die Postanstalten in der Türkei. Neu und interessant ist in der vorliegenden Post⸗ statistik die Angabe der Herkunfts⸗ und Bestimmungsländer der inter⸗ nationalen Briefpostsendungen, nach welcher über 66 % dieser Sen⸗ dungen aus dem Deutschen Reiche nach Oesterreich und nahezu 63 % aus Oesterreich nach dem Deutschen Reiche abgegangen sind. Auch die kurze Uebersicht über die Ergebnisse des Postverkehrs in den europäischen Staaten gewährt viele interessante Anhalts punkte zur Vergleichung und Beurtheilung der Verkehrsverhältnisse Europas.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Von den Ergänzungen und Erläuterungen der Preußischen Rechtsbücher durch Gesetzgebung und Wiseenschaft, 6. Ausgabe, neu bearbeitet von Dr. Ludwig v. Roenne, Appella⸗ tions⸗Gerichts⸗Vize⸗Präsident a. D., ist soeben in R. v. Deckers Verlag (Marquardt & Schenck) hierselbst die 12. Lieferung erschienen. (4. Bg. 25. Preis 3,75 ℳ) Dieselbe umfaßt den größten Theil des 15. Titels, sowie den 16., 17. und 18. Titel und einen Theil des 19. Titels des II. Theils des Allgemeinen Landrechts und enthält insbesondere einen sorgfältig gearbeiteten Kommentar der Vormundschaftsordnung. Die völlige Neubearbeitung der in obigen Titeln behandelten Materien hat, wie die Verlagshandlung bemerkt, die Förderung des in juristi⸗ schen Kreisen beliebten Werkes etwas verzögert, jedoch wird dasselbe in nächstbevorstehender Zeit zur Vollständigkeit gelangen und dann den ihm in der juristischen Literatur angewiesenen Ehrenplatz würdig aussüllen. Der Schluß des Werkes ist unter der Presse.

Die bekannte pädagogische Zeitschrift „Haus und Schule“, herausgegeben von Hrn. Provinzial⸗Schulrath Spieker in Hannover, ist mit dem soeben begonnenen zehnten Jahrgange wieder in den Verlag ron Carl Meyer (Gustav Prior) in Hannover übergegangen. Das Blatt will dem Unterrichte und der Erziehung unserer Jugend im evangelisch⸗christlichen, im echt deutschen Sinne seine Kräfte widmen und zugleich das Haus der Schule und die Schule dem Hause immer williger dienstbar machen, so daß es die stille verborgene Arbeit in Haus und Schule zur Heranbildung eines Geschlechtes pflegt, welches in treuer, vaterländischer, christlicher Ge⸗ sinnung heranwachse und eine Zeit herbeiführen helfe, in welcher es der Familie nicht an fleißigen Arbeitern, dem Vaterlande nicht an thatkräftigen Bürgern, der Kirche nicht an lebendigen Gliedern fehle. Wie das Blatt diese Tendenz bisher unentwegt be⸗ folgt hat, so wird es ihr auch in Zukunft treu bleiben, dafür zeugen die sechs ersten Nummern dieses Jahr⸗ ganges, welche wiederum alle Vorzüge aufweisen, durch welche „Haus und Schule“ seit zehn Jahren nach und nach eine weite Ver⸗ breitung in der Provinz Hannover und über ihre Grenzen hinaus sich zu verschaffen gewußt hat. Der Inhalt ist reich und bringt neben Unterhaltendem und Belehrendem auch Besprechungen von pädagogisch wichtigen Zeitereignissen und Zeitfragen, sowie von speziell pädagogischen und methodischen Fragen, Nachrichten längeren und kürzeren Inhalts aus dem Schulleben, Gedichte, Sentenzen, Notizen, Rathschläge, Räthsel ꝛc. Auch der Verleger wendet dem Blatte seine besondere Sorgfalt zu, sowohl durch eine vorzügliche Ausstattung in Druck und Papier, als auch durch die unentgeltliche Beilegung eines monatlich zwei⸗ mal in gleichem Format und Umfang erscheinenden „Pädagogischen Literaturblattes“, redigirt vom Rektor Dr. Werther in Elms⸗ horn. Lehrer, Eltern und Schulvorstände werden sich überzeugen, daß ihnen hier für den geringen Preis von 5 jährlich Vortreff⸗ liches geboten wird. Alle Buchhandlungen und Postanstalten nehmen Bestellungen an; Probenummern sind durch jede Buchhandlung, wie auch von der Verlagshandlung gratis zu beziehen.

Von Hirths Formenschatz der Renaissance“ liegen nunmehr auch die Hefte 2 bis 5 des Jahrgangs 1879 vor (monatlich erscheint eine Lieferung, der Jahrgang beginnt mit Ok⸗ tober des Vorjahres). Wir konnen es nicht unternehmen, die in diesen Heften enthaltenen 72 Kunstblätter einzeln aufzuführen, und bemerken nur, daß dieselben in bekannter Vollendung namentlich ornamentale Werke von berühmten Meistern der italienischen und deutschen Renaissance wiedergeben. Die Bedeutung des mehrfach be⸗ sprochene Werkes liegt nicht allein darin, daß dem Handwerker Vor⸗ bilder vorgeführt werden, welche er gedankenlos nachahmen kann, son⸗ dern in der Erziehung zu feinerem Stilgefühl, ohne welches unsere Künstler und Gewerbtreibende niemals die Höhe der alten Meister erreichen können. Der Juwelier oder Schreiner, der nur Vorbilder aus dem Kreise seines Handwerkes sucht, wird zeitlebens, selbst bei der gediegensten Technik, ein stilisti⸗ scher Dilettant sein: er wird weder Neues schaffen, noch seinen Werken den Zauber künstlerischer Empfindung verleihen können. In dieser Beziehung nun ist der „Formenschatz“ eine wahre Fundgrube. Schon die 320 Blätter, welche in diesem volkethümlichen Werke bis⸗ her erschienen sind, eröffnen dem Unkundigen eine neue Welt; wer nur einigen Formensinn besitzt, wird schon durch das tägliche An⸗ schauen dieser Blätter, durch das immer wiederholte Vergleichen und Nebeneinanderhalten derselben sehr bald ein gewisses Gefühl der Sicherheit bekommen, das mit der Zeit zum selbständigen Urtheil erstarken muß. Der billige Preis des Werkes aber macht es möglich, jedem Kunstjünger und Lehrling dieses Bildungsmittel als Eigen⸗ thum in die Hand zu geben. Der „Formenschatz“ ist durch jede Buchhandlung oder direkt von der Verlagshandlung von G. Hirth in Leipzig und München zu beziehen.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Ueber das Gestütwesen in Preußen entnehmen wir dem Werke „Preußens landwirthschaftliche Verwaltung in den Jahren 1875, 1876, 1877 nach einem Sr. Majestät dem Könige von dem Minister für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten erstatteten Berichte“ (Berlin, Wiegandt, Hempel u. Parey Paul Parey, 1878) Felpeides⸗ In Preußen bestanden im Jahre 1866 3 Hauptgestüte:

rakehnen (1732 von König Friedrich Wilhelm I. errichtet), das Friedrich Wilhelms⸗Gestüt bei Neustadt a. D. (1788 von König Friedrich Wilhelm II. begründet), und Graditz (1815 mit dem ün. zogthum Sachsen an Preußen übergegangen); ferner 13 Lanzgestüt⸗ Farställe (Hengstdepots), welche im Lande vertheilt, dem pferdezüchten⸗ den Publikum ihre Deckhengste zur Benutzung darbieten: Trakehnen, Insterburg, Gudwallen (diese 3 mit dem Hauptgestüt Trakehnen verbunden), Lindenau (mit Neustadt a. D. verbunden), Döhlen 88. Graditz verbunden), Marienwerder, Zirke, Leubus, Celle, Dillen⸗ urg, Warendorf, Wickrath und Traventsal, die letzten 8 als selbständige verwaltet. Im Jahre 1878 zählten etatsmäßig Trakehnen 15 Hauptbeschäler und 300 Mutterstuten, das riedrich⸗Wilhelmsgestüt 5 Hauptbeschäler und 120 Mutterstuten, Graditz 8 Hauptbeschäler und 150 Mutterstuten, die Landgestütsmar⸗ ställe 1485 Beschäler. Unter dem in der Berichtsperiode erworbenen Zuchtmaterial sind hervorzuheben: 1874 Marsworth (für Tra⸗ kehnen) angekauft zum Preise von 105 000 ℳ, 1876 Dread⸗

kehnen) 32 200 Für die Landgestüte sind in neuerer Zeit starke Beschäler beschafft und die Zahl bis zum Jahre 1877 78 auf 1800 erhöht worden; im Etat 1878— 79 ist noch auf einen wei⸗ teren Zugang von 73 Hengsten Bedacht genommen worden. 8

Eine in den Jahren 1875 und 1876 berufene Enquete⸗Kommission hat wesentliche Veränderungen in der Gestütverwaltung angeregt, die auch zur Ausführung gekommen sind:

1) Das Friedrich⸗Wilhelms⸗Gestüt ist im Jahre 1877 nach dem geeigneteren Beberbeck im Regierungsbezirk Cassel verlegt worden. Da die Räumlichkeiten hier nicht ausreichten und in Beberbeck nur die Hauptbeschäler mit 75 Zuchtstuten nebst Nachzucht Auf⸗ nahme finden konnten, so ist der Rest von 40 Mutterstuten von Neustadt a. D. nach Graditz translozirt worden. Mit dem Gestüt zu Beberbeck sind das Domänenvorwerk Sababurg und die Domäne Beberbeck pachtweise verbunden worden.

2) Die Trennung der Hauptgestüte von den Landgestüten ist vollständig durchgeführt worden. Von dem Hauptgestüt Trakehnen wurden die litthauischen Landgestütsmarställe Gudwallen und Inster⸗ burg getrennt und unter selbständige Verwaltungen gestellt. Das Landgestüt Trakehnen ist nach Rastenburg verlegt worden. Der mit dem Friedrich⸗Wilhelmsgestüt seither verbundene brandenburgische Landgestütsmarstall Lindenau wurde zu einem selbständigen Landgestüt erhoben und in den Räumen des Friedrich⸗Wilhelmsgestüts unter⸗ gebracht, während das demselben Direktor unterstellte sächsische Land⸗ gestüt von Graditz in die Lindenauer Stallräume verlegt wurde. Durch diese Organisation sind die Zuchtgestüte Trakehnen, Graditz und Beberbeck lediglich auf die Züchtung beschränkt worden.

3) Die Landgestüte sind vermehrt worden: das Pommersche Land⸗ gestüt zu Labes wurde im Jahre 1876 eröffnet und 1877 für Schlesien ein zweites Beschälerdepot in Cosel eingerichtet.

Die Zahl der von den Landgestüten besetzten Deckstationen be⸗ trug im Jahre 1874 541, 1876 638; die Zahl der von Landbeschälern gedeckten Stuten 1874 83 479, 1876 77 843.

Die Gestütverwaltung von Graditz, wo die Vollblutzucht kon⸗ zentrirt ist, hat im Jahre 1877 79 800 Rennpreise erzielt.

Der Pferde⸗Ankaufsfonds ist von 1867 bis 1877 78 von 180 000 auf 806 000 gewachsen, demgemäß ist auch die Zahl der ange⸗

kauften Beschäler von 56 in 1867 auf 192 in 1877—78 gestiegen.

8 Gewerbe und Hanbdel.

v 8 E

Dem Verwaltungsbericht der Städtischen Bank zu Breslau für das Jahr 1878 sind folgende Angaben entnommen: Der Zinssatz der Bank, welcher dem der Reichsbank entsprach, betrug für Wechsel durchschnittlich ca. %, für Lombard 5 ½ %. Verluste ergaben sich erheblich weniger als im Vorjahre, so daß, ungeachtet geringeren Umsatzes, der erzielte Reingewinn um 19 200,84 höher ist als im Vorjahre; er beträgt, abzüglich aller Unkosten 238 348 ℳ, welches einer Verzinsung von ca. 7,94 % des Stammkapitals von 3 000 000 entsprechen würde. Der Vorstand der Bank hat für eventuelle Verluste ein Delkredere⸗Konto geschaffen, welchem aus dem Reingewinn 50 000 überwiesen wurden; um diesen Betrag ver⸗ mindert sich der an die Stadt⸗Hauptkasse abzuführen de Ge⸗ winn, nämlich auf 188 348 ℳ; die Stadtgemeinde erhält somit ca. 6,28 % Zinsen für das dem Institute überwiesene Kapital. Der Kassenumsatz belief sich im Debet und Credit auf 93 396 397,48 (8 747 000 ℳ). Der Wechselbestand betrug Ende Dezember 1877 5 833 960 ℳ, hierzu traten im Laufe des Jahres Wechsel in von 29 111 507 ℳ; Ende 1878 verblieben im Bestande 4 582 254 Im Wechseldiskontgeschäft war in Folge einer Fälschung ein Verlust von 13 735 zu beklagen. Diskontzinsen wurden im Jahre 1878 eingenommen 236 222 (— 55 903,83 ℳ). betrug die auf 1. Januar 1878 vorgetragene Summe der Darlehne 2 526 550 ℳ; im Laufe des Jahres neu ausgeliehen wurden 10 325 650 (+ 4 950 850 ℳ), zurückgezahlt 9 962 100 ℳ, so daß Ende 1878 ausgeliehen blieben 2 890 100 ℳ. An Zinsen hat das Lombardgeschäft eingebracht 124 336 (+ 10 899 ℳ). Im De⸗ positengeschäft betrug der Bestand aus 1877 3 470 120 ℳ, durch Einzahlungen im Jahre 1878 traten hinzu 4 161 350 Rückzah⸗ lungen wurden 4 796 980 geleistet, es verblieben daher ult. 1878 im Bestande 2 834 490 An Devpositenzinsen wurden gezahlt 117 364 ℳ, es blieben noch zu vergütigen 43 205 Eine Verän⸗ derung in dem sst nicht eingetreten, dagegen ist der Courswerth nicht unerheblich gestiegen.

Die Ungarische Escompte⸗ und Wechslerbank hat im vergangenen Jahr folgende Geschäftsresultate erzielt: Laut Bilanz hat das Institut in allen Geschäftszweigen zusammen einen Bruttogewinn von 189 668 Fl. erzielt, von welchem 121 247 Fl. für Zinsen Regie⸗ kosten, Steuer und Abschreibungen abgehen und sonach 68 421 Fl. als reiner Gewinn des Jahres 1878 verbleiben. Hierzu kommen 494 Fl. Eewinnrest⸗Vortrag von 1877, so daß sich ein Gewinn⸗ Saldo von insgesammt 68 915 Fl. ergiebt. Von diesen 68 915 Fl. werden abgerechnet 26 250 Fl. 5 prozentige Aktienkapit alzinsen pro 1878 und im Sinne der Statuten 4267 Fl. 10 % für den Reservefonds von 42 665 Fl. und endlich 6399. Fl. 15 % als Tantième für die Direttion von 42 665 Fl., zusammen 36 916 Fl., wonach ein Betrag von 31 999 Fl. zur Vertheilung an die Aktionäre erübrigt. Die Direktion schlägt vor, davon 31,500 Fl. zur Verthei⸗ lung einer 60„¹%igen Superdividende auf 5250 Aktien zu verwenden, den verbleibenden Restbetrag von 499 Fl. aber auf die Rechnung des Jahres 1879 vorzutragen. Die Direktion beantragt ferner, den am 1. April 1879 fällig werdenden Aktiencoupon mit 5 Fl. für 5 % Zinsen und 6 Fl. für 6 % Superdividende, zusammen mit 11 Fl. sofort einzulösen, was einer 11 ¹%igen Verzinsung entspricht.

Wien, 21. Februar. (W. T. B.) Die Nachricht, daß in dem Bauprozesse des Baron Klein gegen die siebenbürgische Bahn ein Ausgleich erzielt worden sei, wird der „Presse“ von zuverlässiger Seite mit dem Hinzufügen bestätigt, daß die siebenbürgische Bahn 100 000 Fl., nach der abzuhaltenden Generalversammlung in drei⸗ monatlichen prolongirbaren Accepten und 700 000 Fl. in vier halb⸗ jährigen Raten bezahlt. Der Betrag von 100 000 Fl. wird gedeckt den Antheil an der Inrestitionsanleihe, die 700 000 Fl. sollen durch eine bis einschließlich JFanuar 1881 dauernde Kürzung der Coupons um die Hälfte aufgebracht werden. Für die Kürzung der Coupons soll die Regierung, welche 20 000 Aktien besitzt, ihre Zu⸗ stimmung zugesichert haben. Newcastle, 20. Februar. (W. T. B.) Unter den Werft arbeitern auf dem Tyne ist heute ein allgemeiner Strike aus⸗ gebrochen; mehrere tausend Arbeiter weigern sich, ihre Beschäftigung wieder aufzunehmen.

Verkehrs⸗Anstalten. 8

Aus Kopenhagen liegen folgende Telegramme des „W. T. B.“ vom Tage vor: Die Eis⸗ und Schiff. fahrtsverhältnisse im Sunde sind unverändert. Der Eisen⸗ bahnbetrieb in Seeland und auf Fünen ist wieder aufgenommen worden, in Jütland ist der Bahnbetrieb nur bis Randers möglich. Heute Abend geht kein Schiff von Korsör ab. Der große Belt ist wieder mit Eis belegt, der Eistransport von Seeland nach Falster hat wieder begonnen. Die Dampfschiffahrt zwischen Korsör⸗- Kiel ist wieder eingestellt. Die Eisenbahn zwischen Friedericia⸗ Vamdrup ist wieder fahrbar.

nought (für das Friedrich⸗Wilhelmsgestüt) 60 000 ℳ, 1877 The Palmer (für Graditz) 155 000 1 d Frijonnier (für Tra

Southampton, 20. Februar. Der Schrauben⸗ dampfer des Norddeutschen Lloyd „Köln“ ist heute hier

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Im Lombardgeschäft