1879 / 50 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 27 Feb 1879 18:00:01 GMT) scan diff

für die verbündeten Regierungen nicht gegeben war, Erhebungen zu veranstalten, wie die Interpellation sie bezeichnet. Er hat aber mit ebensoviel Recht bemerkt, daß für die verbündeten Regierungen eine dringende Aufforderung in den damaligen Verhandlungen gelegen habe, sich materiell mit der Frage einer Revision des Haftpflicht⸗ gesetzes zu beschäftigen. Meine Herren, dieser indirekten Auf⸗ forderung sind die verbündeten Regierungen, wenigstens die Reichs⸗ regierungen in vollem Maße nachgekommen. Es ist die Frage der Revision des Haftpflichtgesetzes in all den Beziehungen, welche in der vorigen Debatte zur Sprache kamen, einer gründlichen Erwägung unterzogen worden. Allerdings wurde es dabei nicht für nöthig und zweckmäßig erachtet, zunächst Erhebungen zu veranstalten, wie der Interpellant sie in seiner Anfrage näher bezeichnet, und ich er⸗ aube mir zunächst die Gründe darzulegen, aus welchen eine solche Möglichkeit einer Aenderung des Haftpflichtgesetzes nicht für ersprießlich gehalten wurde. Meine Herren! Wenn man die Fragen, um die es sich handelt, nämlich einmal die Frage der Ausdehnung der Haftpflicht auf andere Gewerbe, als diejenigen, die jetzt unter das Gesetz fallen und die Frage der „Beweislast“, um es kurz zu sagen, auf Grund thatsächlicher Ermittelungen untersuchen wollte, so müßten diese Ermittelungen einen Umfang an⸗ nehmen, der nicht durchzuführen wäre ohne gesetzliche Maßregeln. Es würde nicht genügen, daß man die Zahl der Unfälle konstatirt, es würde nicht genügen, daß man die Veranlassung der eingetretenen Beschädigungen in den einzelnen Fällen, so weit es möglich ist, kon⸗ statirt, es müßte auch für jeden Fall untersucht werden, ob unter den bestimmten Verhältnissen eine Verschuldung des Unternehmers vor⸗ handen war und ob es an der unrichtigen Vertheilung der Beweis⸗ last lag, daß das Gesetz nicht wirksam, eine Entschädigung nicht gezahlt wurde. Eine solche, auf die einzelnen Fälle eingehende Untersuchung würde voraussetzen, daß die Verhältnisse nach allen Richtungen hin genau ermittelt werden könnten, und es würde dazu eine gesetzliche Verpflichtung der Unternehmer gehören, über alle diese Punkte Auskunft zu geben. Aber abgesehen davon würde eine solche auf jeden einzelnen Fall speziell eingehende Untersuchung eine enorme Zeit und einen Aufwand von Kosten in Anspruch genommen haben, der mit dem Resultat einer solchen Ermittelung nicht im Verhältniß gestanden haben würde. Denn, meine Herren, es liegen ja bereits in der preußischen Unfallstatistik, wenn sie auch nicht ganz vollständig ist, es liegen in den Berichten der Fabrikinspek⸗ toren, die der Herr Vorredner schon angeführt hat, Materialien be⸗ ts vor, und ich darf mich vielleicht darauf beziehen, daß der Herr Vor⸗ redner selbst bei der Debatte im vorigen Jahre den Antrag, Er⸗ hebungen zu veranlassen, bekämpft hat. Es war damals dieser An⸗ rag gestellt von den Herren Abgg. Struckmann und Buhl. Der Hr Abg. von Hertling erklärte, am meisten würde er bedauern, wenn dieser Antrag angenommen würde, der zunächst nur Erhebungen ver⸗ anlassen wolle, denn die seien nicht mehr nöthig. Meine Herren! Die Regierung hat von Ermittelungen, von thatsächlichen Erhebungen zunächst abgesehen, sie hat sich aber die Frage vorgelegt, wie das Haftpflichtgesetz auf Grund des bereits jetzt vorhandenen Materials etwa abzuändern sei, und so sehr die Reichs⸗ regierung die Gruünde anerkennt, die dafür sprechen, daß dem Haft⸗ pflichtgesetz eine größere Ausdehnung und eine eingreifendere Wirk⸗ samkeit beigelegt werden möge, so war es doch bei den großen Schwie⸗ rigkeiten der Frage, die auch der Herr Vorredner anerkennt, nicht möglich, jetzt schon zu einem Resultat zu gelangen. Es ist gewiß richtig, und ich erkenne es vollkommen an, daß gerade die jetzige Zeit, daß die Verhältnisse, die uns zum Erlaß des Gesetzes gegen die Sozialdemokratie genöthigt haben, eine ernste Aufforderung enthalten, auch positiv vorzugehen und insbesondere auf dem hier in Rede stehenden Gebiete den Arbeiter gegen Unrecht zu schützen. Aber, neine Herren, man muß dabei doch mit großer Vorsicht zu Werke gehen, wenn man nicht in den dopp lten Fehler verfallen will, ein⸗ eine Prämie für den leichtsinnigen und nachlässigen zu schaffen, und auf der anderen Seite die In⸗ dustrie mit einer Last zu beladen, welche sie in der jetzigen Zeit am wenigsten zu tragen im Stande ist. Meine Herren, man muß in dieser Beziehung vorsichtig sein, hauptsächlich bei der Frage der Aenderung der Beweislast, denn wie diese. Aenderung birhen wird, das ist sehr schwer zu sagen. Ich mache übrigens bei diesem Anlaß auf einen Punkt aufmerksam, der sowohl in der Debatte vom vorigen Jahre, als auch heute wieder vom Herrn Vorredner, wie mir scheint, nicht genügend hervor⸗ gehoben ist. Der §. 2 des Haftpflichtgesetzes macht aller⸗ dings den Unternehmer nur dann schadenersatzpflichtig, wenn seinen Leuten eine Verschuldung zur Last fällt, die Beweislast selbst aber wird prozessualisch durch das Haftpflichtgesetz nicht nor⸗ mirt, im Gegentheil bestimmt §. 6 des Haftpflichtgesetzes, daß der Richter in dieser Sache nach seiner freien Ueberzeugung zu urtheilen hat. Das Gericht hat, wie es in §. 6 wörtlich heißt, „über die Wahrheit der thatsächlichen Behauptungen unter Berücksichtigung des gesammten Inhalts der Verhandlungen nach freier Ueberzengung zu entscheiden“. Es ist also dem Richter keineswegs verwehrt, auch ohne ein förmliches Beweisverfahren in dem Sinne, daß die Rolle des B weises und Gegenbeweises zwischen dem Kläger und dem Be⸗ klagten vertheilt wurde, auf Grund der Ermittelung der gesammten Thatsachen ein Urtheil zu fällen, und nun wird gch die Sache in der Regel so gestalten, daß die Präsumtion, die der Herr Vorredner vom Gesetze aufgestellt wissen möchte, vom Richter selbst aufgestellt werden muß. Eine gesetzliche Aufstellung derartiger Präsumtionen ist deshalb sehr bedenklich, weil man sehr leicht dazu kommt, eine Prä⸗ sumtion aufzustellen, die im Einzelfall nicht richtig und vielleicht für den Arbeitgeber viel zu günstig ist. Es können ja alle durch s oder Verordnung verlangten Vorsichtsmaßregeln wirklich ewesen sein, und es kann dennoch durch Verschuldung eines der des Arbeitsgebers ein Unfall veranlaßt sein. Jedenfalls würde es nicht genügen, wenn das Gesetz nur ganz all⸗ gemein Merkmale aufstellen wollte, unter welchen der Arbeitgeber von der Verpflichtung frei wird. Das ist auch, wenn ich nicht irre, die Ansicht des Herrn Vorredners und die Ansicht, die der Hr. Abg. Dr. Lasker im vorigen Jahre ausgesprochen hat, daß für jeden ein⸗ zelnen Gewerbsbetrieb nach dessen Natur die Punkte bezeichnet werden müssen, die, wenn sie vom Arbeitgeber bewiesen werden, ihn von der Haftpflicht befreien, und das wird erst dann möglich sein, wenn Alt. 120 der neuen Gewerbeordnung zur Ausführung kommt, wenn also der Bundesrath, bezw. die Landesregierungen für den einzelnen Fabrikbetrieb bestimmt haben werden, welche Schußmaßregeln noth⸗ wendig sind. Ehe solche Bestimmungen vorliegen, würde eine all⸗ gemeine Aenderung der Beweislast, wie gesagt, sehr leicht entweder dazu führen, daß ein Unternehmer auch in solchen Fällen, wo ihn keine Schuld trifft, haftpflichtig würde, oder daß er haftfrei würde, obgleich eine Schuld vorhanden ist. 8 Meine Herren! Ich deute diese Schwierigkeiten nicht an, um überhaupt abzulehnen, daß eine Aenderung des Gesetzes auch in dieser Richtung eintreten koͤnnte, sondern nur, vm Ihnen klar zu machen, welche Schwierigkeiten es hat, in dieser Richtung vorzugehen, und weshalb es bis jetzt den verbündeten Regierungen noch nicht möglich war, einen Gesetzentwurf über Abänderung des Haftn flicht⸗ gesetzes vorzulegen. Dabei möchte ich noch auf einen Punkt hin;⸗ weisen, der auch von dem Herrn Vorredner schon berührt ist. Er sieht einen wesentlichen Nutzen des Gesetzes in dessen vorbeugender Wirk⸗ samkeit, er erwartet auch von der Verschärfung des Haftpflichtgesetzes vor allem die Wirkung, daß weniger Unfälle vorkommen. Meine Herren, ich bin damit vollkommen einverstanden, aber um dem Haft⸗ pflichtgesetze diese Wirksamkeit zu sichern, dazu gehört nicht allein, daß wir seine Bestimmungen verschärfen, sondern es gehört auch dazu, daß wir gewisse Ursachen beseitigen, die in der bezeichneten Richtung die Wirksamkeit des Haftp flichtgesetzes abgeschwächt haben. Hierbei kommen die Unfallsversicherung en, ich meine diejenigen Ver⸗ sicherungen in Betracht, die gerade für die dem Haftpflichtgesetz unter⸗ liegenden Unfälle eingegangen werden. Es ist in den Berichten der Fabriken⸗Inspektoren, auf die auch der Herr Vorredner Bezug nahm,

Enquete über die

nach dem Gesetze haftpflichtig

ist, die Entschädigungspflicht auf die Versicherungsgesellschaft überträgt, eine Beeinträchtigung der vorbeu⸗ genden Wirksamkeit des Gesetzes mit sich bringt. 8

Es hat aber diese Versicherung gegen die Unfälle des Haftpflicht⸗

esetzes auch noch den weiteren Uebelstand zur Folge, daß die Gesell⸗ schaften nur dann zahlen, wenn der Unternehmer gerichtlich ver⸗ urtheilt ist und daß somit für alle Fälle dieser Art nicht eine güt⸗ liche Vereinbarung zwischen Arbeiter und Arbeitgeber, sondern die Nothwendigkeit eines gerichtlichen Verfahrens mit all seinen Ge⸗ hässigkeiten berbeigeführt wird. Insofern wirkt das Haftpflicht⸗ gesetz, wie es jetzt zur Ausführung gelangt, geradezu verstimmend auf das Verhältniß zwischen Arbeiter und Arbeitgeber ein. Es hat die entgegengesegt. Wirkung von der, die man von ihm hoffte, nämlich auf die Stimmung des Arbeiters gegenüber dem Arbeitgeber vesöhnend einzuwirken. Es kommt weiter, meine Herren, bei der Frage in Betracht, ob nicht der Weg im Allgemeinen vorzuziehen ist, auf den der Antrag des Hrn. Abg. Stumm im Allgemeinen hinweist ich will dabei nicht gerade von der speziellen Richtung, von der Art der Ausführung, die der Abg. Stumm empfiehlt sprechen aber darauf möchte ich aufmerk⸗ sam machen, daß vielfache Beschädigungen der Gesundheit der Arbeiter, wie auch der Herr Vorredner angedeutet hat, durch die allmählichen schädlichen Einflüsse bestimmter Fabrikationszweige ent⸗ stehen und daß diese Beschädigungen nicht unter das Haftpflichtgesetz fallen Nach diesem Gesetz werden nur Verletzungen akuter Natur, wenn ich mich so ausdrücken darf, berücksichtigt, während dann, wenn der Arbeiter durch die langsam wirkenden Folgen der Arbeit selbst seine Gesundheit auss Spiel setzt und dies ist, auch abgesehen von den besonderen gesundheitsschädlichen Einflüssen, bestimmter Fa⸗ brikationszweige, nur zu häufig der Fall das Haftpflichtgesetz ihm keine Hülfe leistet. Sollen wir nun das ist die Frage lieber auf dem Wege der Invalidenversorgung die ein soziales Band zwischen Arbeit⸗ geber und Arbeiter knüpft Abhülfe schaffen oder sollen wir es thun auf dem Wege der Verschärfung des Haftpflichtgesetzes, welches in jedem einzelnen Falle der Anwendung den Arbeiter in einen juristischen Gegensatz, in eine feindliche Stellung zu dem Arbeitgeber treten läßt? Meine Herren, nachdem ich die verschiedenen Gesichts⸗ punkte vorgetragen habe, die bei der bisherigen Erörterung der Frage im Schoße der Reichsregierung zur Sprache gekommen sind, kann ich nur wiederholen, daß die Regierung dieser Angelegenheit ihr leb⸗ haftes Interesse nach wie vor zuwendet, daß es aber nicht möglich ist, fini Vorlage für die jetzige Session mit Sicherheit in Aussicht zu ellen. Auf Antrag des Abg. Frhrn. zu Franckenstein wurde in eine Besprechung der Interpellation eingetreten.

Der Abg. Bebel glaubte den wahren Hauptgrund für die Zögerung der Regierung darin zu erkennen, daß bei einer Aenderung des Haftpflichtgesetzes besonders dem Staat als größtem Arbeitgeber neue Verpflichtungen auferlegt werden möchten. Ueberhaupt gehe die Gesetzgebung langsam, wenn die Rechte der besitzenden Klassen getroffen würden. Die nothwendige Klarheit über diese Materie müsse sich die Regierung unschwer verschaffen können. Die Haftpflicht, die der §. 1 für Eisen⸗ bahnen vorschreibe, müsse unbedingt für alle Gewerbe eingeführt werden, so daß ausschließlich der Unter⸗ nehmer mit seinem Vermögen für seine Verpflichtungen aufzukommen habe. Thatsächlich würden allerdings Fälle eintreten, wo der Unternehmer nicht im Stande sei, denselben nachzukommen. Um dieser Eventualität vorzu⸗ beugen, müsse die Versicherungspflicht der Unternehmer für ihre Arbeiter gesetzlich eintreten, und eine allgemeine Kasse unter direkter Leitung des Staates begründet und verwaltet werden. Da das Prinzip der Haftpflicht bereits feststehe und die Erweiterung derscecon, allseztig als Bedürfniß anerkannt werde, so glaube er, daß sein Vorschlag sich sehr zur Durch⸗ führung empfehle. Der Abg. Dr. von Goßler erklärte, es bedürfe wohl kaum der Versichcrung, daß keine politische Partei, namentlich nicht die seinige, dem Grundgedanken der Interpellation abgeneigt sei. Auch seine Partei halte ihrerseits den Antrag auf Re⸗ vision des Haftpflichtgesetzes in sich begründet, weil sie sich von vornherein darüber nicht getäuscht habe, daß das Gesetz in die gemeinen Rechte der einzelnen Bundesstaaten tief ein⸗ greife und weil es auf praktischen Erfahrungen beruhe, welche ihrer Natur nach im Laufe der Zeit zu Veränderungen führen könnten. Wenn er sich gegen die Interpellation zum Worte gemeldet habe, so sei dies natuͤrlich nur in der Hinsicht geschehen, daß er gegen die Direktiven Bedenken habe, welche der Reichs⸗ regierung mitgegeben werden sollten, um das Gesetz im Sinne der Interpellanten Wahrheit werden zu lassen. Namentlich habe er sich gegen die Anschauung des Interpellanten zu wenden, daß es bei dieser Materie wohl angezeigt sei, der Regierung den legislativen Stoff zu gewähren und sie zu ersuchen, dem Stoff die legislative Form zu gewähren. Der Stoff sei keines⸗ wegs greifbar und begrenzbar, wie man es verlangen müsse. Der Interpellant selber habe in seinen Ausführungen damit geschlossen, daß es nothwendig sei, die Gesichtspunkte zu finden, unter denen man die Regelung des Gesetzes eintreten lassen solle. Er habe sie aber weder gegeben noch angedeutet, daß er sie mit einiger Sicherheit geben könne. Darin möchte er (Redner) aber dem letzten Vorredner auf das Bestimmteste widersprechen, daß die Gesichts⸗ punkte, welche die Regierung abgehalten habe, bereits jetzt eine Regelung des Gesetzes eintreten zu lassen, nicht in den Motiven zu suchen seien, welche sie als maßgebend bezeichnet habe. Der Interpellant wolle zwar die Bestimmungen des Haftpflicht⸗ esetzes in seinem §. 2, also die Haftbarkeit der Unternehmer fün die Schuld ihrer Angestellten, auf sämmtliche, besonders

gefährliche Gewerbebetriebe ausdehnen, der Vorredner aber wolle weit über die gestellten Anträge hinaus, wie bei den Eisenbahnen, auch bei den übrigen Gewerben dem Unter⸗ nehmer die Beweislast dafür aufbürden, daß die Beschädigung durch höhere Gewalt oder durch eigenes Verschulden des Be⸗

schädigten erfolgt sei. Alle Diejenigen, welche die Geschichte des Gesetzes von 1871 kennten, würden die Gründe begreifen, welche zu einer Exemtion der Eisenbahnen geführt hätten. Er verstehe nicht, wie der Vorredner die ungemessene Haftbarkeit der Arbeit⸗ geber mindern wolle, wenn nicht unter Anerkennung des im §. 4 liegenden Prinzips. Der Interpellant habe nicht be⸗ gründet, weshalb er abweichend von dem „Antrage Stauffen⸗ berg“ und der Resolution der Gewerbekommission die Haft⸗ pflicht statt auf andere Gewerbebetriebe auf sämmtliche aus⸗ dehnen wolle. Der Interpellant scheide die für das Publikum besonders gefährlichen Betriebe, also die Transportgewerbe aus, und habe er (Redner) keine Wünsche vernommen auf Aenderung der diesbezüglichen Gesetzesbestimmungen. Die Interpellation beziehe sich auf den Schutz der Arbeitnehmer. Es sei ein schöner Gedanke, daß der Interpellant den Schutz der Arbeiter außer bei akuten Unfällen auch bei denjenigen Gewerben durchführen wolle, die erfahrungsgemäß langsam, aber sicher die Gesundheit des Arbeiters schädigen. Diesen

Einwirkung der Arbeit geschaffen werden, und Arbeiterversiche⸗ rungen müßten eintreten. Man müsse sich beim Haftpflichtgesetz auf diejenigen Gewerbe beschränken, bei denen der Arbeiter mit elementaren Kräften in Berührung trete; man dürfe auch nur diejenigen Gewerbe treffen, welche objektiv gefährlich seien und nicht nur durch den Zutritt besonderer Umstände. Man müsse das Prinzip des §. 2 beibehalten, einzelne Gewerbe aufzählen und dieselben gewissermaßen klassifiziren; das sei aber sehr schwierig, weil die Gefährlichkeit vieler Ge⸗ werbe zweifelhaft sei, z. B. die Fischerei auf Flüssen und Landseen sei gefahrlos, die Küstenfischerei dagegen äußerst ge⸗ fahrvoll. Ebenso sei es mit den Baugewerben und der Land⸗ wirthschaft; der ländliche Arbeiter könne aus einer Luke, vom Heuwagen, fallen, sei darum die Landwirthschaft ein gefähr⸗ liches Gewerbe? Sei es nicht viel gefährlicher, bei Glatteis in Berlin über die Straße zu gehen, als alle solche Gewerbe zu betreiben? Er möchte noch hinweisen, das sei heute noch nicht betont auf den Schutz, den heute schon der verletzte Arbeiter darin finde, daß das Gericht die Höhe der Ent⸗ schädigung ganz frei und selbständig bemessen könne. Das sei ja schon eine wesentliche Errungenschaft im Sinne der Inter⸗ pellanten. Das Verhältniß zwischen Arbeitgebern und Arbei⸗ tern lasse sich nicht unter einige Rechtssätze fassen, es sei ein auf persönlichen Beziehungen beruhendes. Die neuere Gesetz⸗ gebung habe dieses Band leider etwas gelockert; suche man dasselbe wieder fester zu knüpfen, statt es weiter zu lockern. Es würde sehr schwer sein, eine allgemeine Formel zu finden. Jeder, der sich mit derartigen legislativen Aufgaben beschäftigt habe, wisse, daß es schwierig sei, für alle Fälle einen richtigen Maßstab zu finden. Auf vielen Gebieten der Industrie wür⸗ den die Paragraphen des Landrechtes vollständig ausreichen; die Lösung der Frage sei überhaupt nicht auf dem speziellen Gebiet der Gewerbegesetzgebung, sondern nur auf dem Boden des gemeinen Rechts möglich.

Der Abg. Löwe (Berlin) betonte, er müsse gleichfalls erklären, daß er und seine Partei von der heutigen Auskunft vom Bundes⸗ rathstisch höchst überrascht worden seien gegenüber der Ein⸗ müthigkeit, mit welcher das Haus im vorigen Jahre die Dringlichkeit der Regelung dieser brennenden Frage anerkannt habe. Mit dem Abg. Bebel sei Redner der Meinung, daß die Reichsregierung Anstand genommen habe, eine Regelung herbeizuführen, aus Gründen, die in der augenblicklichen wirthschaftlichen Konstellation lägen. Eine solche Rücksicht beeinträchtige aber die Interessen sowohl der Arbeitnehmer wie auch der Arbeitgeber. Die Berichte der Fabrikinspektoren stellten evident klar, daß noch nicht einmal diejenigen Sicher⸗ heitsvorrichtungen überall angebracht seien, die das Haftpflicht⸗ gesetz von 1871 vorschreibe. Um so schlimmer stehe es dem⸗ nach jetzt mit der Sorge für Leben und Sicherheit der Ar⸗ beiter. Acht Jahre lang habe die Regierung Zeit gehabt, die Frage der Stellung der Baugewerke unter das Haftpflicht⸗ gesetz auch juristisch zu erwägen; aber trotz der vorjährigen Berathungen stelle sie sich jetzt auf einen ablehnenden Stand⸗ punkt. Die Ausführungen des Präsidenten des Reichskanzler⸗ Amtsseien durchaus ungenügend; die Angelegenheit vertrage eine solche leichte dilatorische Behandlung nicht mehr. Die Zwangs⸗ kassen, welche die Regierung vorschlage, würden den Zweck durchaus verfehlen. Dagegen gehe der Abg. Bebel zu weit, wenn er die Ausdehnung des Gesetzes auf alle Betriebe ohne Unter⸗ schied verlange; es werde doch Niemand zweifelhaft sein, daß der Eisenbahnbetrieb ganz anderer Natur sei als der gefähr⸗ lichste Gewerbebetrieb im übrigen. Jedenfalls aber müsse das Haus auf der baldigen Vorlegung eines bezüglichen Gesetz⸗ entwurfs energisch bestehen.

Hierauf ergriff der Staats⸗Minister Hofmann noch einmal

das Wort: Meine Herren! Der Hr. Vorredner hat an einer Aeußerung, di ich in meinem ersten Vortrage gethan habe, eine Folgerung geknüpft die mich fürchten läßt, daß diese Aeußerung nicht blos von ihm, son⸗ dern vielleicht auch von anderen Mitgliedern dieses hohen Hauses mißverstanden sein kann.

Ich habe unter den verschiedenen Gesichtspunkten, die bei der Erwägung der Frage einer Revision des Haftpflichtgesetzes zur Gel⸗ tung kommen müssen, auch denjenigen hervorgehoben, ob es nicht rich⸗ tiger sei, die Zwecke, die man bei der Revision des Haftpflichtgesetzes im Auge hat, dadurch zu erreichen, daß man den Weg geht, welchen der Antrag des Hrn. Abg. Stumm im Allgemeinen bezeichnet, d. h. daß man Altersversorgungs⸗ und Invaliden⸗Kassen für die Arbeiter ins Leben ruft, um auch diejenigen Arbeiter schadlos zu halten, die nicht durch einen plötzlichen Unfall, sondern durch die langsam wirkenden Schädlichkeiten des Fabrikbetriebs arbeitsunfähig geworden sind. Ich habe jedoch ausdrücklich erklärt, daß ich damit keineswegs den Antrag des Hrn. Abg. Stumm in allen seinen Theilen vertreten möchte, daß ich nur in der von mir bezeichneten Richtung den Gedanken für erwägungswerth halte. Ich möchte aber hier noch ausdrücklich bemerken, daß ich unter dem in dem Stummschen Antrage bezeichneten Wege auch eine Möglichkeit verstehe, fakultativ derartige Altersversorgungs⸗ und Invalidenkassen ins Leben zu rufen.

Ich möchte also meine Bemerkungen nicht dahin mißverstanden sehen, als ob ich mich bereits für obligatorische Kassen, wie sie der Hr. Abg. Stumm ins Auge faßt, erklärt hätte.

Der Abg. Dr. Hammacher bemerkte, ein Gewerbe, das an und für sich gefährlich sei, gebe es nicht. In der dem Hause vorgelegten Denkschrift, welche vom Geheimen Regierungs⸗Rathe Dr. Engel verfaßt sei, lese man, daß die meisten Unglücks⸗ fälle bei der Fischerei vorkämen. Und doch sei an manchen Stellen dieselbe völlig gefahrlos, ebenso wie das Arbeiten in Bergwerken bald mehr oder weniger oder gar nicht gefährlich sei. Der §. 4 des Haftpflichtgesetzes sei in der That sehr be⸗ denklich. Jedoch sei derselbe darum vorgeschlagen worden, weil man Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeit⸗ nehmer in beider Interesse möglichst vermeiden und so viel wie möglich friedliche Beilegung vorhandener Differenzen herbeiführen wollte. Das ganze Gebiet, das das Haus heut diskutire, sei ein hoch wichtiges zur Pazifizirung und Harmonisirung der bürgerlichen Gesellschaft, darin stimmten alle Seiten des Hauses überein und sicherlich wollten Alle, daß eine möglichst humane und gerechte Auffassung des Verhältnisses zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern immer mehr Platz greife. Wenn von Seiten der Regierung dem Hause in dieser Beziehung Vorschläge zu weiterer Ausdehnung des Haftpflichtgesetzes gemacht würden, so sei er gern bereit mitzuarbeiten und eventuell seine Zustimmung zu geben.

Der Abg. Dr. Franz vertheidigte die Interpellation gegen die vom Staats⸗Minister Hofmann an ihr geübte Kritik und bedauerte, daß derselbe sich so stark negativ ausgesprochen habe. Die Einwürfe oder richtiger Vorwürfe, die der Abg. von Gosler gegen die Interpellation erhoben habe, seien nicht zutreffend, namentlich sei der Sprachgebrauch

Gedanken könne man im Haftpflichtgesetz nicht regeln; hierbei

mehrfach darauf hingewiesen worden, daß wie diese Art der Versiche⸗ rung, wonach der Unternehmer bei jedem Unfalle, wegen dessen er

müsse im Arbeitslohn eine Art Prämie gegen die schädliche

„lebensgefährliche Industrien“ klar und bestimmt genug, um dem Richter die nöthige Direktive bei der Interpretation des

tber die Haftpflicht zu geben. 2 wünsche ein herzliches Verhältniß zwischen den den 22 Pes⸗. aber nicht aus nisse eine solide gesetzliche Basis 8

Die Diskussion wurde v

Zesetzes über die

Uhr vertagte.

In der heutigen (11.) Sitzung Hofmann und mehrere Präsident mit, daß eingegangen seien: ordentlichen Ausgaben und Ehrncsien: waltung und auf Reste aus und der Bericht über die Thätigkeit des

1877/78. Sodann trat das Haus in die Berathung des Stumm e welcher lautet: „Der Reichstag wolle beschließen: Den Herrn Reichskans zu ersuchen, dem Reichstage in der nächsten Sbfärn eseEme entwurf vorzulegen, welcher auf die Einführung obligatorischer 8n der bergmännischen Knappschaftsvereine zu bil⸗ vnghe 1“ und Invalidenkassen für alle Fabrikarbeiter Dazu lag folgender Unterantrag des Abg. Gü⸗ Nürn⸗ g bg. Günther (Nürn⸗ „Der Reichstag wolle beschließen: Den Herrn Rei zu ersuchen, unverzüglich die durch die bTö 1876 geforderten Erhebungen über Krankheits⸗, Invaliditäts⸗ und Sterblichke tsstatistik vornehmen zu lassen und nach deren Abschluß dem Reichstage einen Gesetzentwurf vorzulegen, welcher die üdesg von hlsfgersoeganos. und Invalidenkassen auf Grund ceiwilliger genossenschaftlicher Theil ür s 1 erufs⸗ klassen cenöalie⸗ und fördert“. ö Der Abg. Stumm motivirte seinen Antrag mit einer längeren Darlegung der wohlthätigen .—.— welche die bergmännischen Knappschaftsvereine ausgeübt hätten. Der Redner wandte sich sodann gegen die in Bezug auf seinen Antrag gefaßte und denselben entschieden verwerfende Reso⸗ lution der Hirsch⸗Dunckerschen Gewerkvereine, welche voll⸗ ständig grundlos sei. Sein Antrag sei auch keine unmittel⸗ bare Folge des Sozialistengesetzes, denn schon in früheren Jahren habe er ähnliche, aber viel weitergehende Anträge ge⸗ 1 bige B ehg. Korrelat zum Haft⸗ pflichtgesetz. (Beim Schlusse des Blattes dauerte der V des Redners fort.) 1 S

Der Kaiserliche General⸗Konsul zu Livorno, Christia Franz Appelius, ist daselbst 8 19. d. Mts. jgestorben. Der Kaiserliche Dienst verliert in ihm einen bewährten Be⸗ amten, welcher 37 Jahre lang seiner konsularischen Wirksam⸗ keit mit Eifer und Erfolg obgelegen hat.

Nachdem mittelst Allerhöchster Ordre vom 21. Oktobe v. J. für die Königlichen Oberförster der Rang der füns⸗ ten Klasse der höheren Beamten der Provinzialbehörden (§. 5 der Verordnung vom 7. Februar 1817) anerkannt worden ist hat der Minister des Innern durch Cirkularerlaß vom 4. d. M. bestimmt, daß den Königlichen Oberförstern, sowohl den im unmittelbaren Staatsdienste, als auch den bei der Königlichen Hausfideikommiß⸗Verwaltung angestellten, auch für Dienstreisen, welche sie in der Eigenschaft als Forstpolizei⸗ Anwälte vorzunehmen haben, Reisekosten und T age⸗ gelder nach den den Beamten der fünften Nangklasse gesetz⸗ lich zustehenden Sätzen, und zwar vom 21. Oktober v. J., dem Tage des Erlasses der Allerhöchsten Ordre ab, zu gewähren sind.

Die in vielen Miethskontrakten unter §. 2 ent⸗ haltene Bestimmung: „Die verabsäumte oder nicht vollständige Bezahlung der Miethe und der Nebenabgaben am festgesetzten Tage hebt diesen Vertrag vollständig auf, sodaß Miether auf Verlangen des Vermiethers die Wohnung ohne voraus⸗ gegangene Kündigung, bei Vermeidung der Ermission sofort räumen muß; der Miether ist aber in diesem Falle ver⸗ pflichtet, noch vor der Räumung die volle Miethe für die Dauer des Kontrakts zu bezahlen“ hat nach einem Erkenntniß des Ober⸗ Tribunals, IV. Senat, vom 31. Oktober 1878, die Bedeu⸗ tung, daß der Miether für die volle Dauer, in der er thatsächlich in Ausübung des Miethsrechts bleibt, die Miethe zu zahlen hat; dagegen hat er, falls der Vermiether auf Grund dieser Bestimmung von seinem Ermissionsrecht Gebrauch macht, nicht die Verpflichtung, die Miethe für den übrigen Theil des Quartals oder die folgenden Quartale zu entrichten, auch wenn der aufgelöste Miethskontrakt noch auf eine lange Zeit sich erstreckt hat.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Fürstlich schwarz⸗ burg⸗sondershausensche Staats⸗Minister P9. Für 8 lepsch ist in Berlin angekommen.

Bayern. München, 24. Februar. (Allg. Ztg.) Die Kammer der Abgeordneten vollzog heute n. n.), des Gesetzgebungsausschusses. Hierauf folgte die Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Kosten der Gerichtsver⸗ fassu ng. Es waren dazu 12 verschiedene Modifikations⸗ anträge eingebracht worden, welche theils Vermehrung, theils Verminderung der Aemter und Gerichte bezwecken. Der Re⸗ ferent Hauck und der Korreferent Vaillant rechtfertigten die Ausschußbeschlüsse und sprachen für den Gesetzentwurf. Schels erklärte sich gegen den Organisationsplan, ebenso Kopp. Der Minister des Innern und der Justiz⸗Minister vertheidigten eingehend den Organisationsplan, wobei letzterer die Anschul⸗ digung Schels, daß man sich von politischen Gründen leiten ließe, mit Protest zurückwies.

25. Februar. Bei der heute in der Abgeordneten⸗ kammer fortgesetzten Generaldebatte über den Gesetzentwurf, betreffend die Kosten zur Durchführung der Gerichtsver⸗ fassung, verlangte von Schlör eine bestimmte Erklärung: ob, wie Crämer beantragt, die Regierung die Errichtung von 20 statt 28 Landgerichten im Interesse des Landes für zulässig erachte. Frankenburger erörterte und vertheidigte eingehend den Crämerschen Antrag und die preußische Gerichtsorganisa⸗ tion, weil dieselbe größere Landgerichtssprengel einführe, als die hier beantragten. Horn erklärte sich gegen zu große Ge⸗ richtssprengel und gegen den Antrag Crämer. Der Justiz⸗ einister vertheidigte sehr entschieden, besonders Frankenburger begenüber, seinen Organisationsplan. Faver Frhr. von Hafen⸗ rädl sprach gegen, Rußwurm für die Regierungsvorlage. Nachdem für dieselbe noch Dr. von Schauß gesprochen hatte, beschloß die Kammer den Schluß der Generaldebatte. Nach sem Schlußwort des Referenten, der für die Regierungsvor⸗

Antrages

Auch er (Redner) Arbeitern und dem Verhält⸗

hierauf geschlo ier⸗ mit die Interpellation erledigt, rern

welcher der Präsident des Neichstan sarndes andere Bevollmächtigte zum Bundes⸗

desselben beiwohnten, theilte der die Uebersichten der der laufenden Ver⸗ den 2. 1871 bis 1876/77 Ueberwachung des Auswanderungswesens itoemmisarazun

v“ 8 8 1“ 8 1 —. 26. Februar. (W. I B.) Das Kollegium der hiesigen Gemeinde⸗Bevollmächtsgten hat in 8. ebees Sitzung den Erlaß einer an den Reichstag zu übermittelnden, gegen Vieh⸗ und Getreidezöle gerichteten Resolution mit 27 gegen 22 Stimmen abgelehnt.

Sachsen⸗Coburg⸗EGotha. Gotha, 26. Februar (Gothaische Ztg.) Der gemeinschaftliche ganbes hat gestern die Regierungsvorlage über die neue Organisa⸗ tion der Justizbehörden, die Ausführungsgesetze zur deutschen Reichs⸗Justizgesetzgelung, das Gesetz über die Hülfs⸗ vollstreckung in das unbenegliche Vermögen, die Straf⸗ festsetzung durch Verfügung der Polizeibehörden und die neue Schiedsmannsordnung durchmneg nach den Anträgen der Rechts⸗ kommission meist durch Enbloc⸗Annahme erledigt. Heute ist der Landtag vertagt worden. Morgen tritt der gothaische Sonderlandtag zusammen.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 26. Februar. Die „Polit Korresp.“ theilt mit: Um die Tee, 2, der ürafen der ersten bulgarischen Nationalversammlung zu er⸗ höhen, wurden auch die Vertreter der Mächte hierzu ein⸗ geladen. Dieselben sollten ein Protokoll über die feierliche Eröffnungssitzung mitunterfertigen. Der österreichisch⸗ungarische Vertreter glaubte jedoch, vorerst seine Unterschrift dem frag⸗ lichen Protokolle entziehen zu sollen, weil dasselbe in russischer, ihm nicht verständlicher Sprache, abgefaßt war. Derselbe stellte jedoch seine Unterzeichnung für den Moment in Aussicht, in welchem ihm eine authentische Uebersetzung des Protokolls vorliegen wird. Aus Adrianopel meldet dasselbe Blatt: In Folge der gegen die Bulgaren wegen des Attentats auf den griechischen Metropoliten eingeleiteten Untersuchung und in Folge des Andranges von bulgarischen Auswanderern welche Rumelien wegen der Räumung durch die Russen ver⸗ lassen, herrscht hier große Aufregung. Die russische Militär⸗ behörde hat daher entsprechende Vorsichtsmaßregeln ge⸗ troffen. Seit acht Tagen sind über 40 000 Bulgaren aus Rumelien nach Adrianopel gekommen. Die russische Behörde und Reouf Pascha ergriffen Maßregeln, um dieselben zu be⸗ Faftigen. 88eehä verlangen Terrain zur An⸗

elung in rumelien. is gesern ieß Russen Rumelien. cH—*.— (L. Ztg.) Der

Niederlande. Haag, 23. Februar. Kolonien⸗Minister van Bosse is vorgestern verstorben. in den Zeitraume von 1848

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Als Finanz⸗Minister (viermal bis 1871), als Kolonien⸗Minister (zmeimal nach 1871), und in der Zwischenzeit als Abgeordneter zu der 2. Kammer der Generalstaaten, auch für Amsterdam, übte er auf die politischen Ereignisse in den Niederlanden während der letzten dreißig Jahre einen großen Einfluß aus. Die interimistische Ueber⸗ nahme des vakanten Portefeuilles der Kolonien ist dem Minister des Innern, Kappeyne van de Copyello, übertragen worden.

Großbritannien und Irland. London, 25. Februar (Allg. Korr.) Drei weitere Transportschiffe sind mit Truppen nach dem Kap abgegatgen. Der Dampfer „Ma⸗ nora“ verließ London am Sonnabend mit einer Batterie der 5. Artillerie⸗Brigade und emer Train⸗Abtheilung. Er nahm auch einen Schleppdampfe: von 7 t mit, der zur Aus⸗ schiffung der Truppen benutzt werden soll. Die „Queen Margareth“ segelte am Sonrtag ebenfalls mit einer Train⸗ Abtheilung, bestehend aus 240 Nann, 235 Pferden und Maul⸗ eseln und 14 Waggons, ab. De „City of Paris“ verließ Queenstown am Sonnabend mit dem 21. Füsilier⸗Regiment. Gestern wurde in Southampton an Bord des „Oly mpus“ eine Batterie der Königlichen Artillerie, bestehend aus 150 Mann, 140 Pferden und 6 neunpfündigen Geschützen, ein⸗

geschifft. 27. Februar. (W. T. B.) Der Schatzkanzle Lord Northcote, wird heute im öbsf. en ar⸗ lage, betreffend die Bewilligung eines Extrakredits von 1 500 000 Pfd. Sterl. zur Bestreitung der Kosten des Krieges gegen die Zulus einbringen. In Bezug auf diese Vorlage erfährt der „Standard“, daß der verlangte Kredit unbeanstandet bewillig: und die am 19. d. M. von dem Deputirten Dilke angemeldete Resolution zurückgezogen werden würde. In Wedderburn () ist bei der Wahl eines Unterhausmitgliedes der Kandidat der liberalen Partei Haddington, mit 921 Stimmen gewählt worden. Der der konservativen Partei, Macdonald, erhielt 723 Stimmen.

Frankreich. Paris, 26. Februar. (W. T. B. Senator Claude (Departement Vosges) 82 282 88 Minister⸗Präsidenten Waddington eine Deputation von Indu striellen der Normandie, der Departements Somme Nord, Vosges, Aisne, Pas de Calais und aus Paris vor. In sei⸗ ner Erwiderung auf die Ansprache derselben erklärte Waddington: Die Regierung sei fest entschlossen, die Aera der Diskussion so bald als möglich zu schließen und zum Handeln überzu⸗ gehen. Der Amnestie⸗Gesetzentwurf sei das letzte Wort der Regierung. Die Regierung werde ferner jedem Antrage auf Versetzung der Minister vom 16. Mai in den An⸗ klagestand entgegentreten. Wenn diese Fragen erledigt sein würden, so würden sich die Kammern mit der wirthschaft⸗ lichen Frage zu beschästigen haben. Der Minister⸗Präsident sprach die Hoffnung aus, daß die Enquetekommission für die Tarife und die Steuern eine alle Interessen befriedigende Lösung herbeiführen werde. Brisson ist zum Präsiden⸗ ten der Budgetkommission gewählt worden. 27. Februar. (W. T. B.) Major Labordsre, der im Dezember 1877 seinen militärischen Oberen, weil er einen Staatsstreich für bevorstehend hielt, den Gehorsam ver⸗ sagte und deshalb aus dem Dienste entlassen worden war ist nach der heutigen Publikation des „Journal officiel“ zum Bataillons⸗Chef ernannt worden. Der „Rappel“ schreibt, Gambetta selbst sei dagegen inisterium v 7 der Prozeß ““ m vom 16. Mai 1877 der Prozeß

Türkei. Konstantinopel, 26. Februar. (W. T. B

Die von der Pforte vorgeschlagenen Modifikationen 2 griechischen Grenze sind als unzureichend befunden wor⸗ den und hat die Pforte deshalb den Kommissaren in Prevesa

wegen anderweiter Modifikationen der Grenze Inst 4 kommen lassen. fiko enze Instruktionen zu⸗

Rumänien. Bukarest, 26. Februar.

Deputirtenkammer hat beschlossen, (W. T. B.) Die

lage eintrat, wurde der Beginn der Spezialdebatte auf mor⸗ gen vertagt. ö1““ 8

die gegenwärtige

erscheinende:

2*

Berathung der Vorlage über die Revision der Verfas sung eintreten und so dem bezüglichen Beschlusse des Ber⸗ liner Kongresses gerecht werden zu können. Die este Lesung des gedachten Gesetzentwurfs wird unverzüglich in der Kammer wie im Senate erfolgen.

Bulgarien. Tirnowa, 256. Februar. Die Notabeln versammlung hat heute die Wahlprüfungen beendet und sämmtliche Wahlen bis auf 6 bestätigt. Außerdem wurde beschlossen, die Anträge der Delegirten aus Rumelien durch eine außerparlamentarische Kommission von 20 Mitglie⸗ dern, welche sofort gewählt wurden, prüfen zu lassen. 15 Feehen der 7 zu der gemäßigten Partei.

S er Notabelnversam nächsten Sonnabend anberaumt.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 26. Februar. (W. T. B.) Das auch von dem hiesigen Herold⸗ zirte Börsengerücht, der Finanz⸗Minister Greigh habe seine Entlassung und der Präsident des dritten Departe⸗ ments des Reichsraths, Abaza, sei als sein Nachfolger designirt, ist durchaus unbegründet. Unrichtig ist Penso die eee von 8 einer ausländischen 2 „da es sich augenblicklich überhau äches deens nicht . 8 8

er „Regierungsbote“ veröffentlicht in einem Extra⸗ blatt folgende Mittheilung: Gestern früh Licht im in der unter dem Prof. Botkin stehenden therapeutischen Abtheilung der Michailoffschen Klinik der Bauer Prokoffjeff mit einem leichten Anfall der Krankheit, welche im Jahre 1877 in Astrachan durch Prof. Deppner beobachtet wurde. Bei dem Patienten war eines Tages ein krankhafter Zustand eingetreten. Am darauf folgenden Tage hatte sich in der linken Achselhöhle eine Beule gebildet, welche am 22. d. aufbrach. Am 24. d. bildete sich in der rechten Achselhöhle eine Beule. Am 25. d. trat ein ziemlich bedeutender Fieberzustand ein, bei hoher Temperatur, und die Haut bedeckte sich mit einem Ausschlag. Professor Botkin hält dies für einen leichten Fall der astrachanschen Krankheit. Die thera⸗ peutische Abtheilung, in welcher sich der Kranke be⸗ findet, ist streng isolirt worden, und zur Beobachtung des Kranken sind daselbst ein Arzt, zwei Studenten und zwei Krankenwärter belassen worden. Die Sachen des Kranken wurden, sämmtlich verbrannt. Die 48 Personen, mit welchen Prokoffjeff zusammen gewohnt hat, sind in ein besonders konstruirtes Observationslokal außerhalb St. Petersburg übergeführt worden, ebenso die Sachen derselben, letztere um daselbst desinfizirt oder nöthigenfalls verbrannt zu werden. Dieses Lokal soll auf 42 Tage isolirt bleiben. Der Theil des Hauses, in welchem Prokoffjeff als Hausknecht gedient hat soll desinfizirt werden. Zu diesem Zwecke werden alle Be⸗ wohner in eine größere geräumige Wohnung übergeführt. Ueber den Zustand Prokoffjeffs wird fortan täglich offiziell

berichtet werden. (W. T. B.) Bezüglich des Berichts

(W. T. 8.)

b— 27. Februar. des „Regierungsboten“ über den hiesigen angebliche estf

sagt das „Journal de St. 1 Sanitätskommission unter dem Vorsitze des Stadt⸗ präfekten den Kranken untersucht habe und der Ansicht sei daß keinerlei Symptome der Pest vorhanden seien, sondern daß es sich nur um eine einfache lokale Inflammation handele; demnach sei auch keine Gefahr vorhanden gewesen. Mehrere Mitglieder des Medizinalraths werden den Kranken heute nochmals untersuchen und definitiven Bericht erstatten. 8 General Graf Loris⸗Melikoff telegraphirt aus Zarizin, vom 26. d. M.: Es sind keine neuen Er⸗ krankungen oder Todesfälle an der Epidemie vor⸗ gekommen. Die Kälte beträgt 8 Grad. Die Ueberfahrt über die Wolga bei Astrachan ist ganz eingestellt. Gestern ist der Prosektor der Moskauer Universität, Bjelin, nach S elitren n abgereist, Behufs Desinfektion der Gräber und des Dorfes. Der österreichische Arzt Dr. Bjesadetzky hat sich gestern nach Wetljanka begeben; ebendorthin werden morgen Professor Eichwald und Professor Hirsch abreisen. Taschkent, 19. Februar. (Int. Tel.⸗Ag.) General Rasgonow wird mit der afghanischen Gesandtschaft anr⸗ 88 Februar, um 11 Uhr Vormittags, in Taschkent ein⸗ Dr. Jaworskij meldet aus Masari⸗Scherif, daß Schir Ali im linken Beine den Brand 5 n zaß

schon bis zum Knie erstrecke. Sein Zustand sei hoffnungslos.

Aus dem Wolffschen Telegraphen⸗Bureau.

Charkow, Donnerstag, 27. Februar. Der am 21. d. M. durch einen Schuß verwundete Gouverneur, General⸗Lieutenant Fürst Krapotkin, ist heute früh 6 Uhr gestorben.

Statistische Nachrichten.

Die Zeitungspresse in England. Dem „News Preß⸗Directory“ für 1879 zufolge werden jetzt im Vereinigten Köpir⸗ reich von Großbritannien und Irland 1763 Zeitungen veröffentlicht. Davon kommen 1366 auf England (in London erscheinen 339, in den Provinzen 1027), 61 auf Wales, 174 auf Schottland, 141 auf Irland und 21 auf die Kanalinseln. Von der Gesammtzahl sind 151 Tagesblätter, von denen 107 in England, 3 in Wales, 21 in Schottland, 18 in Irland und 2 auf den britischen Inseln erscheinen. Ein Vergleich mit den Zeitungsstatistiken von 1854 bekundet den Fortschritt, welchen die englische Presse während der letzten 25 Jahre gemacht hat, denn in dem gedachten Jahre gab es im Vereinigten Königreich nur 624 Journale, von denen 20 täglich erschienen. Die Zahl der gegenwärtig in Großbritannien und Irland herausgegebenen Monats⸗ und Vierteljahrs⸗ eitschriften beträgt 953, von denen 264 einen streng kirchlichen Charakter tragen, und die Staatskirche, Römisch⸗Katholiken die Wesleyaner, Methodisten, Baptisten, Unab⸗ hängigen und andere christliche Sekten repräsentiren.

Das britische Handelsamt hat einen Ausweis über den durch die Eisenbahnunfälle während der ersten drei Quar⸗ tale des Jahres 1878 verursachten Verlust an Menschenleben veröffentlicht. Danach beläuft sich die Zahl der Getödteten auf 797, die der Verletzten auf 4452. Durch Unfälle, welche Eisenbahnzügen zugestoßen, wurden 17 Personen getödtet und 1020 verletzt, während durch andere Personen 357 Personen ihr Leben verloren und 603 Verletzungen davontrugen. Ferner wurden durch Unfälle auf Eisen⸗ bahnen, die nicht durch die Bewegung von Zügen verursacht worden,

46 Personen getödtet und 1458 verletzt. 337 Bahnbedienstete und

Bahnarbeiter wurden, während sie ihrem Berufe oblagen, getödtet

und 1371 verletzt.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Die in der Abenheimschen Verlagsbuchhandlung in Stuttgart „Deutsche Handwerker⸗Bibllolbet⸗

Session bis zum 27. März zu verlängern, um noch in die

Schmidt⸗Weißenfels verfolgt die löbliche Absicht, dem Hand⸗