1879 / 69 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 21 Mar 1879 18:00:01 GMT) scan diff

über die Unterbringung der kranlen Soldaten verständigen. Hierauf wurde der Antrag der Kommission genehmigt.

Für den Neubau eines Garnisonlazareths in Spandau, erste Rate, wurden statt 200 000 nur 125 000 bewil⸗ ligt. Die zum Bau eines Fortifikations⸗Dienstgebäudes zu Torgau gefordeten 38 500 wurden estrichen. Das Extraordinarium des Militäretats für Sachsen wurde mit Ausnahme eines Postens von 205 000 für den Neubau einer Dampfmahlmühle in Dresden in Höhe von 91 195 bewilligt. Desgleichen das Extraordinarium für Württem⸗ berg in Höhe von 631 318 ““

Bei dem außerordentlichen Etat des Extraordinariums brachte Abg. Graf von Heerbenden den Umstand zur Sprache, daß seit einigen Jahren für Staatsbauten ameri⸗ kanische Bauhölzer, besonders yellow-pine und pitch-pine, in zu hohem Maße Verwendung finde. Die amerika⸗ nischen Hölzer seien nicht allein nicht besser, sondern häufig schlechter als die deutschen ganz vorzüglichen Hölzer, besonders die Kiefer. Es komme hinzu, daß sich das amerikanische Holz bedeutend theurer stelle. Das Beispiel der Hintansetzung der heimischen Produkte, die von oben gegeben werde, führe dazu, daß ein immer größeres Mißtrauen in die Qualität des deut⸗ schen Holzes Platz greife. Schon jetzt sei in dem Holzverkauf aus den Staatsforsten ein bedeutender Rückgang zu konsta⸗ tiren, und er möchte die Reichsregierung bitten, dafür zu sor⸗

en, daß das heimische Holz in Zukunft mehr benutzt werde i Staatsbauten und nicht ohne Grund zurückgesetzt werde, Nachtheil Deutschlands und zum Vortheil des Aus⸗ andes.

Der Bundesbevollmächtigte, Staats⸗Minister von Kameke erwiderte, es verstehe sich von selbst, daß die einheimischen Produkte den fremden nach Möglichkeit vorgezogen würden. Wenn trotzdem amerikanische Hölzer verwendet worden seien, so liege das darin, daß die deutschen Hölzer nach dem Urtheile der Architekten das nicht leisteten, was die amerikanischen leisten, die elastischer, gerader gewachsen und astloser seien als die deutschen. Dieselben würden nicht da verwendet, wo man Kiefernholz anwende, sondern da, wo man Eichenholz verwen⸗ den müßte. Schon von anderer Seite sei dieselbe Klage laut geworden. Verwendet seien bei sämmtlichen fortifikatori⸗ schen Arbeiten nur neun Kubikmeter. Bei den anderen Bauten, Kasernen und Lazarethen, wo die Dielung und die Treppenstufen eine höhere Haltbarkeit erforderten, als das Kiehnholz gewähre, sei auf amerikanisches Holz im Werthe von 450 000 in einer Bauzeit von 5 Nhren kon⸗ trahirt worden, so daß also jährlich 90 000 für ameri⸗ kanisches Holz verausgabt seien. Das sei doch ein verschwin⸗ dend kleiner Bruchtheil gegenüber dem gesammten Holz⸗ verbrauch der Militärverwaltung. Ein Versprechen, gar kein amerikanisches Holz mehr zu verwenden, könne er nicht ab⸗ geben; denn die Durchführung desselben wäre unmöglich. Er könne nur versprechen, daß die inländischen Produkte nach Möglichkeit vorgezogen würden.

Der Abg. Richter (Hagen) bemerkte, er hätte an dieser Stelle die Eröffnung des Zollkrieges von Oberschlesien nicht erwartet. Bisher sei der Krieg nur zu Lande gegen die Eisenbahnen geführt worden, jetzt kehre man sich auch gegen die Einfuhr des Holzes zu Wasser. Jeder Verkäufer lobe

gern seine Waare, und im Abgeordnetenhause habe unlängst

ein Kollege beim landwirthschaftlichen Etat die Karpfen aus dem Spreewalde gelobt. Zu welchen Konsequenzen würde man kommen, wenn ebenso, wie vom Grafen Frankenberg, auch von anderer Seite Gutachten von Interessenten über die Vorzüge der Waaren, die sie verkaufen möchten, hier verlesen würden? Bereits in der Budgetkommission sei dem Grafen Frankenberg die Auskunft geworden, daß die Militärverwaltung jährlich noch nicht für 30 000 Thlr. amerika⸗ nisches Holz verbraucht habe, aber wie auch die ziffernmäßigen Widerlegungen gegen die Herren nichts nützten, habe Graf Frankenberg auch hier die Klagen vom Rückgange der Holz⸗ preise in Deutschland in Folge der Einfuhr amerikanischen Holzes wiederholt. Nicht ein Viertel des Holzes preußischer Staatsforsten sei PVau⸗ und Nutzholz, und der Rückgang der Preise hänge einfach damit zusammen, daß jetzt überhaupt weniger gebaut werde. Die Militärverwaltung möge sich durch diese Bestürmungen der Interessenten nach keiner Richtung beirren lassen und dort kaufen, wo es für die Staatskasse am vortheilhaftesten sei. Gerade die Art, wie die offiziöse Presse jetzt gegen das amerikanische Holz auftrete habe doch das Wolffsche Telegraphen⸗Bureau Artikel der „Nordd. Allg. Ztg.“ in dieser Beziehung verbreitet mache ihn miß⸗ trauisch gegen die Anfechtungen, welche die Urtheile unbefangener Architekten über den verschiedenen Werth der Hölzer anstellten. Ein Unbefangener müsse finden, daß wenn jetzt die inlän⸗ dischen Holzproduzenten ihr Holz nicht so theuer verkauften, wie sie wünschten, dies dieselben Gründe habe, aus denen jetzt allgemein die Preise niedriger seien, nur daß nicht jeder Andere die Möglichkeit finde, sich hierüber im Reichstage zu be⸗ schweren. Der Abg. Frhr. von Mirbach bemerkte, daß in den preußischen Forsten nicht blos Brennholz geschlagen werde; besonders die Staatsforsten lieferten die feineren Qualitaten Kiefernnutzholz, die noch lange nicht so verwerthet würden, wie sie es verdienten. Uebrigens handle es sich gar nicht um Privatinteressen, denn in Privatforsten seien diese feineren Qualitäten gar nicht vorhanden, es kämen lediglich die Staats⸗ forsten in Betracht. Der Abg. Graf Frankenberg erklärte, der Abg. Richter stelle beim Etat immer die Sparsamkeit in den Vordergrund; er sollte es auch hier thun, denn das amerikanische Holz sei theurer als das deutsche. Wenn er so fortfahre, sich des amerikanischen Holzes anzunehmen, dann werde er der Ehren⸗ mitgliedschaft des Cobdenklubs nicht mehr lange entgehen. Uebrigens müsse er dem Abg. Richter noch bemerken, daß man das Holz eben, wenn es als Bauholz nicht zu verwerthen sei, als Brennholz einschlage, daher rühre denn die große Pro⸗ duktion von Brennholz. Der Abg. Richter (Hagen) erwiderte, das Haus werde es

verstehen, wenn er es verschmähe und unter seiner Würde halte, auf derartige Insinuationen irgend etwas zu erwidern. Graf Frankenberg wisse so wenig von preußischen Staats⸗

forsten, daß ihm nicht bekannt sei, wie unter ganz normalen Verhältnissen der Holzertrag derselben an Bau⸗ und Nutzholz noch nicht ein Viertel des gesammten Holzertrages sei! Er stelle allerdings die Interessen der Sparsamkeit immer voran und wünsche deshalb kein Monopol in der Versorgung mit Holz. Uebrigens möchte er die Herren bitten, wenn sie wieder einmal über die bessere oder geringere Qualität gewisser Holz⸗ sorten debattiren wollten, gleich Proben mitzubringen und auf

genehmigt. weiterungsbau des Baracken⸗Kasernements bei Hagenau nur 212 400 bewilligt. tung einer Kaserne von fünf Compagnien des 20. Infanterie⸗ Regiments in Wittenberg 200 000 ℳ“ war schon vom

Der Abg. Graf ,— bemerkte, er überlasse es

hen Urtheile des Hauses, wer mit Insinuationen begonnen abe. ein Privatinteresse in die Schuhe zu schieben.

Der Vorredner habe es nicht unterlassen, ihm sofort

Hierauf wurde die Diskussion geschlossen und Titel 1 Sodann wurden statt 505 624 für den Er⸗

Die Position „Neubau und Ausstat⸗

Bundesrath in der Budgetkommission zurückgezogen, es er⸗ folgte demgemäß die Streichung. Tit. 48 verlangt als erste Rate für den Bau eines Kasernements für das 1. Bataillon des 6. Westfälischen Infanterie⸗Regiments, welches bisher in Soest kasernirt war, in Detmold 50 000

Der Abg. von Bockum⸗Dolffs brachte einen Brief der Lokalbehörden von Soest zur Kenntniß des Hauses, worin dieselben erklärten, daß alle Motive für eine Dislokation des Bataillons, namentlich die mangelnde Beschaffung eines ge⸗ eigneten Schießplatzes, demnächst beseitigt sein würden.

n. klar. 1 h 1 asernirt werden; ein geeigneter Schießplatz sei bis jetzt nicht vorhanden und die Dislokation des Bataillons daher jetzt an⸗ gezeigt. Deshalb beantragte die Budgetkommission die Be⸗ willigung der Position.

Der Bundesbevollmächtigte General⸗Lieutenant von Voigts⸗Rhetz konstatirte, daß das Einvernehmen zwischen Be⸗ völkerung und Garnison in Soest bisher das beste gewesen sei, nur lokale Verhältnisse bedingten die Dislokation.

Der Abg. Richter (Hagen) hielt die Schießstandsfrage in Soest bis jetzt nicht so vollständig geklärt, um Soest seine Garnison zu nehmen. Gleicher Ansicht war der Abg. Windt⸗ horst, der eventuell Osnabrück an Stelle von Detmold setzen wollte, wo bereits genügende Kasernements vorhanden seien. Beide beantragten, die Position für dieses Jahr abzulehnen. Der Bundesbevollmächtigte General⸗Lieutenant von Voigts⸗ Rhetz stellte es als zweifellos hin, daß ein für die Adjazenten genügend sicherer Schießstand in Soest nicht zu finden sei. Auf die Frage, ob Osnabrück an Stelle von Detmold zu setzen, könne er jetzt nicht eingehen. 1b Der Abg. von Bockum⸗Dolffs wies darauf hin, daß die Stadt Soest Bauplatz und Material für ein neues Kaserne⸗ ment bewilligen wolle, daß also gegen Detmold eine erhebliche Ersparniß erzielt würde.

Der Abg von Kleist⸗Retzow hielt das Dislokationsrecht der Truppen für ein Reservatrecht des Kriegsherrn, in das der Reichstag nicht eingreifen dürfe.

Der Bundesbevollmächtigte Staats⸗Minister von Kameke versprach sich von der Vertagung der Entscheidung kein für Soest günstiges Resultat. 8 Die Abgg. Windthorst, Richter (Hagen) und Referent Hammacher erklärten sich gegen den von dem Abg. von Kleist⸗ Retzow proklamirten Staatsrechtssatz, wenn eine Geldbewilli⸗ gung mit der Dislokation verbunden sei. Die Position wurde abgelehnt.

Tit. 55. Ein weiterer Antrag der Budgetkommission ging dahin, 125 000 als erste Rate zum Neubau eines Kaserne⸗ ments für zwei Escadrons des Hessischen Husaren⸗Regiments Nr. 14 in Cassel zu streichen.⸗

Der Abg. Freiherr von Ende bat unter Hinweis auf die gegenwärtige geradezu gesundheitsgefährliche Lage der Kaser⸗ nenlokalitäten um die Bewilligung der Position. Eine Schwa⸗ dron sei in Wilhelmshöhe untergebracht, eine im Marstall in Cassel, beides gänzlich ungeeignete Lokalitäten. Im Uebrigen seien zwei Escadrons miethsweise auf sechsmonatliche Kün⸗ digung untergebracht und zwar ebenfalls in durchaus gesund⸗ heitsschädlichen Räumen.

Der Abg. Dr. Weigel konnte die Ausführungen des Vorredners vollinhaltlich nur bestätigen und bat ebenfalls um die Bewilligung.

Nachdem auch der Bundesbevollmächtigte General⸗ Lieutenant von Voigts⸗Rhetz sich für die Genehmigung ausge⸗ sprochen hatte, bewilligte das Ses den Titel.

Statt 900 000 zum Neubau und Ausstattung von Kasernen nebst Zubehör für 2 Bataillone 1. Hessischen In⸗ fanterie⸗Regiments Nr. 81 in Frankfurt a. Main (dritte Rate) wurden nur 700 000 bewilligt, zu welcher Höhe die Forderung bereits von Seiten des Bundesraths ermäßigt worden war.

Die zum Bau eines Kasernements für das von Grimma und Lausigk nach Leipzig zu verlegende 2. Husaren⸗Regi⸗ ment Nr. 19 als erste Rate geforderten 1 000 000 be⸗ antragte die Kommission zu streichen, welcher Antrag ohne jede Diskussion angenommen wurde.

Hiermit war das Extra⸗Ordinarium des Militäretats erledigt.

Es folgte der mündliche Bericht der Budgetkommission über den Titel des Etats des Auswärtigen Amts „zur Unterstützung deutscher Schulen und anderer vater⸗ ländischer Unternehn ungen im Auslande 75 000 ℳ“. Die Kommission beantragte, diese Summe zu bewilligen, gleich⸗ zeitig aber

1) den Reichskanzler zu ersuchen, bei Aufstellung des nächst⸗ jährigen Reichshaushalts⸗Etats darauf Bedacht zu nehmen, daß „der zoologischen Station in Neapel“ ein erhöhter Zuschuß im Gesammtbetrage von 30 000 überwiesen werde;

2) durch diesen Beschluß die Eingabe der Professoren Helm⸗ holtz, Virchow und du Bois⸗Reymond vom 6. März d. J. für erledigt zu erklären.

Der Abg. Dr. Lucius erklärte, nur dann dem Antrage der Budgetkommission zustimmen zu können, wenn der Beitrag ein widerruflicher bleibe. Uebrigens sei er zweifelhaft, ob es nicht besser sei, die Unterstützung auswärtiger Institute den betreffenden Regierungen oder auch Privaten zu überlassen, zumal die Finanzlage des Deutschen Reiches sehr nothwendige Ausgaben, wie den Ankauf eines Gebäudes für das Reichs⸗ Gesundheitsamt, nicht gestatte. 8

Der Abg. von Bennigsen konstatirte, daß das Reich eine dauernde rechtliche Verpflichtung mit der Gewährung des Zu⸗ schusses nicht übernehme. Augenblicklich könne man das mit schweren Opfern zu seiner jetzigen Höhe gebrachte Institut, das auch im Auslande viel Anerkennung gefunden habe, nicht bem ihm durch finanzielle Noth drohenden Untergange über⸗

assen.

Der Abg. Windthorst wollte die Position genehmigen, behielt sich aber für jedes folgende Jahr die Prüfung der Sachlage vor.

Der Abg. Dr. Hänel bemerkte, das Institut, von einem deutschen Gelehrten im Auslande gegründet, habe außeror⸗

Der Referent Abg. Dr. Hammacher legte das Sachver⸗ Das Bataillon müsse jetzt auch in Soest neu

8

die feste Zusicherung einer Unterstützung gegeben werde, z Grunde zu gehen. Der Abg. Freiherr von Maltzahn⸗Gültz trug bei der knappen Finanzlage des Reiches Bedenken die Bewilligung auszusprechen. Der Abg. Dr. Lasker bemerkte, es handele sich überhaupt nicht um eine Bewilligung, sondern um die Ueberweisung einer Petition an die Reichsregierung, welche gewiß die vollste Berücksichtigung verdiene, weil es sich um die Interessen der Wissenschaft handele und die Petition von den drei für die vo liegende Angelegenheit kompetentesten Gelehrten Europa unterzeichnet sei. Hierauf wurden die Anträge angenommen. Es folgten Wahlprüfungen: Die r23 des Abg. Rein⸗ hardt (Schwarzburg Sondershausen) wurde auf den Antrag des Referenten der Wahlprüfungskommission Abg. Dr. Mayer (Donauwörth) beanstandet, und der Reichskanzler ersucht, be⸗ züglich der eingegangenen Proteste die nöthigen gerichtlichen enee zu veranlassen, worauf sich das Haus um 4 ½ Uhr vertagte.

In der heutigen (24.) Sitzung des Reichstages, welcher der Präsident des Reichskanzler Amts, Staats⸗Minister Hosmann, und mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundes⸗ rath und Kommissarien desselben beiwohnten, theilte der Präsident mit, daß ein Gesetzentwurf, betreffend die Konsular⸗ gerichtsbarkeit, eingegangen sei. Sodann bestätigte der Abg

Stumm in einer kurzen Bemerkung vor der Tagesordnun

die thatsächliche Richtigkeit der gestern von dem Abg. Sonne⸗ mann gemachten Angaben, entschuldigte jedoch sein Miß⸗ verständniß mit einem Artikel der „Frankfurter Zeitung“.. Die Interpellation der Abgg. Dr. Witte (Rostock) und Dr. Stephani, die Betheiligung deutscher Industrie an den in Sidney und Melbourne in Australien projektirten Ausstellung betreffend, vermochte der Präsident des Reichs⸗ kanzer⸗Amts heute nicht zu beantworten, weil die Antwort noch von einigen schwebenden Ermittelungen abhänge. Er versprach einen geeigneten Tag zur Beantwortung der Interpellation mit dem Präsidenten des Hauses zu vereinbaren Der Antrag des Abg. Kayser, betreffend die Aufhebung de

gegen den Abg. Fritzsche bei dem Königlichen Stadtgericht z

Berlin schwebenden Strafverfahren während der Dauer der Session wurde ohne Debatte angenommen. 8

einer finanziellen Krisis und laufe Gefahr, wenn ihm nicht

Es folgte die Berathung des Antrages der Abgg

von Seydewitz, von Helldorff⸗Bedra, Ackermann, welcher lautet

Der Reichstag wolle beschließen: den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, einen Gesetzentwurf vor zulegen, durch welchen die Gewerbeordnung nach folgenden Richtungen hin abgeändert wird. 8 I. Zu §. 32: Die Erlaubniß zum Betrieb des Gewerbes als Schauspielunternehmer ist dann zu versagen, wenn die Behörde auf Grund von Thatsachen die Ueberzeugung gewinnt, daß dem Nachsuchenden die zum Betrieb des beabsichtigten Gewerbes er⸗ forderliche Zuverlässigkeit oder Bildung abgeht. 8 II. Zu §. 33: Die Erlaubniß zum Betriebe der Gastwirth⸗ schaft, Schankwirthschaft oder des Kleinhandels mit Branntwein oder Spiritus ist auch dann zu versagen, wenn ein Bedürfniß zu einer solchen Anlage nicht vorliegt. 8 III. Zu §§. 34, 26, 56 61, 63: 1) Das Gewerbe von Auk⸗ tionatoren darf nur von Personen betrieben werden, welche als solche von den verfassungsmäßig dazu befugten Staats⸗ und Kom⸗ munalbehörden oder Korporationen bestellt und konzessionirt sind. 2 Bei dem Gewerbebetriebe im Umherziehen ist der erkauf der Waaren im Wege der Versteigerung zu ver⸗ bieten. 3) Die Heranziehung der Wanderlager zu den Ge⸗ meindelasten ist an jedem Orte, in welchem dieser Gewerbe betrieb stattfindet, bis zu demjenigen Betrage zu gestatten, welcher von dem Betriebe eines stehenden Gewerbes von gleichem Umfang für die Dauer eines Jahres zu leisten wäre. 4) Zur Sicherun dieser Bestimmung ist den Inhabern von Legitimationsscheinen welche Waaren in ihren Verkaufestellen feilbieten, die Verpflich⸗ tung zur Anmeldung dieses Gewerbebetriebes bei der Ortsbehörde aufzuerlegen. IV. Der Titel VI. (§S§. 84 104) über die Innungen ist im Sinne weiterer Entwickelung der den Innungen zustehenden gewerbe⸗ rechtlichen Befugnisse vollständig um uarbeiten und dabei insbesondere von folgenden Gesichtspunkten auszugehen: 1) Die Innungen sind für bestimmte Bezirke zu bilden und konnen aus Gruppen verwandte Gewerbe bestehen. 2) Ein Zwang zum Eintritt in die Innung fin⸗ det nicht statt. 3) Vom Eintritt in die Innung sind diejenigen ausgeschlossen, welche sich nicht im Besitz der bürgerlichen Ehren rechte befinden und welche in Folge gerichtlicher Anord nung in der Verfügung über ihr Vermögen beschränkt sind. 4) Die Theilnahme an der Innung kann von statutarisch festzustellenden Voraussetzungen, insbesondere rücksichtlich der Lehr lings⸗ und Gesellenverhältnisse, sowie eines Eintrittsgeldes ab hängig gemacht, auch die Ablegung einer Meisterprüfung gefordert werden. 5) Bei Bildung einer neuen Innung bezüglich Umbildun einer bereits bestehenden Innung nach Maßgabe der hier nieder gelegten Grundsätze, muß denj nigen, welche das betreffende Ge werbe mindestens ein Jahr lang selbständig betrieben haben, die Mitgliedschaft bei der Innung auch ohne Nachweis über die Lehr⸗ lings⸗ und Gesellenzeit, und ohne Meisterprüfung auf Ver langen gewährt werden. Gewerbetreibenden, welche aus Bezirken, in denen Innungen nicht bestehen, ihren Wohnsitz i den Bezirk der Innung verlegen, darf der Zutritt zu derselben bei Erfüllung der sonstigen statutenmäßigen Bedingungen nicht versagt werden, wenn sie den Nachweis der Befähigung durch längeren selbständigen Betrieb des Gewerbes oder Ablegung einer Prüfun geführt haben. 6) Die Innung ist die legitime Vertreterin des be⸗ treffenden Gewerbes. Ihr steht die Wahl für die Schieds⸗ gerichte und etwaige höhere gewerbliche Vertretungskörper zu Sie ist über die den fraglichen Eewerbszweig be⸗ treffenden öffentlichen Einrichtungen gutachtlich zu hören. 7) In den Bezirken, und für diejenigen Gewerbe, für welche In nungen nach Maßgabe dieser SIm gebildet worden sind können nur Mitgrieder der Innung Lehrlinge zur Ausbildung an nehmen. 8) Die Innung hat die Aufgabe, durch geeignete Ein⸗ richtungen den Gemeingeist unter den Meistern zu wahren, und das Bewußtsein der Standesehre, der Rechte und Pflichten selb⸗ ständiger Meister gegenüber den Lehrlingen und Gesellen, den Mitmeistern und dem Publikum lebendig zu erhalten. 9) Der Innung steht zu: 2. die Aufsicht über die Fach⸗ schulen; b. die Abnahme von Gesellen⸗ und Meisterprüfungen und Ausstellung der desfallsigen Zeugnisse; c. die Aufsicht über das Lehrlingswesen, insbesondere die Entscheidung über die Aufhebung oder Dauer des Lehrverhältnisses oder den Uebergang in ein an⸗ der s Gewerbe; d. die Aufsicht über das Gesellenwesen, ins besondere über die von den Gesellen zu führenden Legitimationen; e. die Verwaltung der Kranken⸗, Hülfs⸗, Spar⸗ und Invalidenkassen der Innung; f. die Fürsorge für die invaliden Gesellen, wie

für die Wittwen und Waisen der Innungsmitglieder und Ge sellen. 10) Die Gesellen der Innung sind berechtigt, durch ge

sellenprüfungen, den an invalide Gesellen, Wittwen und Waisen von Gesellen zu gewährenden Unterstützungen und bei der Kassenverwaltung Theil zu nehmen. 11) Die exekutivische Bei⸗

treibung der Innungsbeiträge und der von den Innungsgenossen

den Tisch des Hauses niederzulegen.

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1 ““

dentliche wissenschaftliche Früchte getragen.

Es befinde sich in

wegen Verletzung statutarischer Vorschriften verwirkten Geldstrafen

wählte Vertreter in einem durch Statut festzustellenden Umfange, an den Befugaissen der Innungsverwaltung, speziell bei den Ge-

im Verwaltungswege, durch die Gemeindebehörden, kann durch die Landesgesetzgebung festgestellt werden. 12) Den Gemeinde⸗ behörden steht das Recht zu, die Innungen zu überwachen, und die Abhülfe etwaiger Mißstände herbeizuführen. Das Statut, sowie Beschlüsse über Abänderungen des Statuts und über Bildung oder Auflösung einer Innung bedürfen der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. 13) Die zur Zeit gesetzlich bestehenden Innungen können ihre Statuten nach Maßgabe vorstehender Grund⸗

5 8 sätze abändern.“

Der Abg. Ackermann motivirte den Antrag mit dem Hin⸗ weis, daß die Gewerbefreiheit nicht da als unantastbares Dogma gelten dürfe, wo ein guter Erfolg derselben nicht zur Seite stehe. Er betonte den Zusammenhang dieses Antrages mit den analogen in früheren Sessionen von seiner Partei gestellten Anträgen. Die Theaterfreiheit habe sich verderblich

erwiesen für die Moralität des Volkes und deshalb sei es

erforderlich, zu der ursprünglichen Regierungsvorlage für die Gewerbeordnung zurückzukehren. Die Fragen der Beschränkung der Schankkonzessionen und

der Besteuerung der Wanderlager seien schon vielfach im Reichstage erörtert worden und auch eine zeitgemäße Rekon⸗

struktion des Innungswesens sei durchaus nothwendig. Er empfehle seinen Antrag dem Hause zur Annahme. Der Präsident des Reichskanzler⸗Amts erklärte, daß dem Bundesrathe ein Ge⸗ setzentwurf, betr. die Ergänzung des §. 32 der Gewerbe⸗ ordnung zur Berathung vorliege, welcher bald an das Haus gelangen werde. Die Frage der Wanderlager und Waarenauktionen werde im Zusammen⸗ hange mit einer Revision des Tit. III. der Gewerbeordnung hoffentlich in der nächsten Session geregelt werden, jedoch schon jetzt werde man Mißstände in diesen Gewerbebetrieben auf dem Verwaltungswege abstellen, indem man die⸗ selben allgemein als Gewerbebetriebe im Umherziehen qualifizirt und sie der Kommunalbesteuerung unterwirft. Die Maßregeln behufs Wiederbelebung des Innungswesens

werde von den Resultaten der durch das Cirkular des preu⸗

ßischen Handels⸗Ministers angeregten Versuche abhängen. Ohne Noth werde die Regierung nicht an den

lagen der Gewerbeordnung rütteln. Der Abg. Wiggers

Parteien halte, den von konservativer Seite angeregten Sturm gegen die Freiheiten der Gewerbeordnung abzuwehren. Da, wo gewisse Einschränkungen derselben im Interesse des allgemeinen Wohles nothwendig seien, habe die Regierung Vorlagen in Aussicht gestellt, es sei also jetzt nicht angezeigt, solche aus der Initiative des Hauses vorzubringen.

kommissarische Berathung desselben. t aber den Standpunkt, von welchem aus seine Partei in diese

heren Anträgen seiner Partei, namentlich in dem Antrage Galen zur Gewerbeordnung, zum Ausdruck komme. (Schluß des Blattes.)

Der Diskont der Reichsbank ist heute auf 3 pCt. und der Lombard⸗Zinsfuß für Waaren wie Effekten auf 4 pCt. ermäßigt worden.

Der finnische Eingangszoll auf verzinntes Eisenblech ist durch Beschluß 18 Senats für Finnland auch für das Jahr 1879 auf 1 Fin. pro Lispfund fest⸗ gesetzt worden.

Nach einem Erkenntniß des Ober⸗Verwaltungs⸗ gerichts vom 15. Januar d. J. bezieht sich §. 76 Nr. 1 des Gesetzes vom 3. Juli 1875 (die Erhebung eines Kosten⸗ Pauschquantums findet nicht statt, wenn der unterliegende Theil eine öffentliche Behörde ist) nur auf die Fälle, in denen die Behörde als solche für sich selbst Partei ist, nicht auf die⸗ jenigen, in denen sie nur als Organ, als Vertreterin eines anderen Rechtssubjekts (z. B. einer Eisenbahngesellschaft) auftritt.

Das Gericht, bei welchem eine stempelpflichtige nicht bestempelte Urkunde vor Ablauf von vierzehn Tagen nach ihrer Ausstellung produzirt wird, ist, nach einem Erkennt⸗ niß des Ober⸗Tribunals vom 18. Februar 1879, nicht verpflichtet, den Stempel einfach nachzukassiren und vom Pro⸗ duzenten mit den Gerichtsgebühren einzuziehen.

Königsberg, 18. März. Die Ansprache, mit welcher der Königliche Kommissarius, Ober⸗Präsident von Horn den zweiten Provinzial⸗Landtag der Provinz Ost⸗ preußen heute geschlossen hat, lautet wie folgt:

Hochgeehrte Herren!

Die ungewöhnlich große Zahl der zu Ihrer Berathung und Beschlußfassung gelangten, zum nicht geringen Theile wichtigen Angelegenheiten hat Ihrer diesjährigen Session eine längere Dauer gegeben, als Ihren persönlichen Interessen zusagen konnte.

Mit Befriedigung aber werden Sie auf das Ergebniß Ihrer, in anstrengender Thätigkeit geführten, durch gründliche Vorarbeiten Ihres Ausschusses und Ihrer Kommissionen vorbereiteten Verhand⸗ lungen blicken können.

Ohne der Provinz neue Opfer anzusinnen, haben Sie mit Be⸗ willigung ausreichender Mittel für die Provinzialverwaltung und für die Erweiterung mehrerer Provinzialanstalten den Haushalts⸗Etat für das bevorstehende Rechnungsjahr feststellen können.

Durch Ihre Beschlüsse ist der Weiterbau von Provinzial⸗ und

Kreischausseen für die nächsten Jahre gesichert, wegen der für gewisse

Oertlichkeiten sich empfehlenden Kieschausseen eine allgemeine Be⸗ stimmung getroffen, und auch der Verbesserung von Gemeindewegen Berücksichtigung zu Theil geworden.

Die von Ihnen gefaßten Beschlüsse, betreffend erleichterte Be⸗ dingungen bei Gewährung von Darlehnen zu Bodenverbesserungen, entsprechen ohne Zweifel dem Bedürfnisse der Sache, da es Beruf der Provinz ist,-Unternehmungen dieser Art, wenn sie zweckmäßig 2 sind, nach Möglichkeit zu unterstützen, während allerdings

nternehmungen, welche auf unsicheren Voraussetzungen beruhen, und die Ueberzeugung eines günstigen Erfolges nicht gewähren, eine För⸗ derung Seitens der Provinz nicht erwarten dürfen.

Ihre Entschließung, die Taubstummenanstalten der Provinz zu erweitern, ist als ein höchst erfreuliches Ereigniß zu bezeichnen. Denn wenn auch diese Maßregel dem auf dem Gebiete des Taubstummen⸗ wesens leider obwaltenden Nothstande nicht völlig abhilft, so ist sie doch ein beträchtlicher Schritt zur Erreichung befriedigender Zustände.

Ihre Bewilligung einer Summe zur Inventarisirung der Bau⸗ denkmäler der Provinz ist dankbar zu begrüßen als der erste Anfang eines Unternehmens, welches im Interesse der einheimischen Geschichts⸗ forschung, der Kulturgeschichte und der Kunstgeschichte der Provinz jede Förderung verdient, und, wie zu hoffen, unter fernerer Pflege Resultate haben wird, welche das Unternehmen ähnlichen Leistungen anderer, auf diesem Gebiet länger thätigen Prooinzialverbände würdig anreihen wird.

Die Trennung des Marienstiftes von dem Löbenichtschen Hospitale, zweier Stiftungen, welche in ihrer Gesammtheit ein ehrwürdiges Denkmal landesväterlicher Fürsorge des ersten Regenten des Herzog⸗ thums Preußen aus unserem Herrscherhause bildeten, ist unter den

hoffentlich

Grund⸗

d Deshalb bitte er um Ablehnung des Antrags. Der Abg. Dr. Frhr. von Hertling sprach im Namen seiner politischen Freunde dem Antrage seine Sypathien aus und wünschte eine eingehende Der Redner präzisirte Fiskus bis nach Einsicht der alten Akten auszusetzen, erklärte

2 2 . 2 . s. fi de L d 2 Mij s zn 9 9 Prüfung eintreten wolle, als denjenigen, welcher in den frü⸗ sich der Landtag auf Widerspruch des Königlichen Landtags

veränderten Umständen für beide Anstalten in hohem Grade wünschenswerth geworden. Sie haben dieser Maßregel Ihre Zustimmung ertheilt, und ihre Ausführung durch Bewilligung einer entsprechenden Abfindungssumme für das Marienstift ermöglicht. Die alsbald einzuleitenden weiteren Verhandlungen werden hoffentlich in bes Kürze zu einem für beide Anstalten ersprießlichen Abschlusse ühren.

Mit Wohlwollen haben Sie die Anträge von Anstalten, Vereinen und Gesellschaften, welche wohlthätige und wissenschaftliche Zwecke verfolgen, auf Gewährung von Beihülfen aufgenommen, durch ent⸗ sprechende Bewilligungen berücksichtigt und damit den gedachten An⸗ stalten und Genossenschaften nicht allein eine wesentliche materielle Unterstützung, sondern auch eine nicht minder werthvolle Ermuthigung in ihren Bestrebungen zu Theil werden lassen. Ich mag es mir nicht versagen, dem Danke, welchen Ihnen die Betheiligten schulden, auch meinerseits hiermit Ausdruck zu geben.

Mit Befriedigung darf es hervorgehoben werden, daß im Wesentlichen und in den meisten wichtigeren Fragen die Auffassung des Landtages sich in Uebereinstimmung befunden hat mit derjenigen der verwaltenden Organe des Provinzialverbandes. Eine solche, lediglich von der Rücksicht für das Wohl der Gesammtheit geleitete und getragene einmüthige Wirksamkeit gewährt eine erfreuliche für die weitere gedeihliche Entwickelung unseres Gemein⸗

esens.

Mhge inzwischen die uns Allen theure Provinz, möge das ge⸗ sammte Vaterland vor schmerzlichen und erschütternden Ereignissen be-een bleiben, mögen beide einer glücklichen Zukunft entgegen⸗ gehen.

„Mitit diesem Wunsche schließe ich kraft der mir gewordenen Er⸗ mächtigung den zweiten ostpreußischen Provinzial⸗Landtag.

Wiesbaden, 18. März. In der heutigen (3.) Plenar⸗ sitzung des Kommunal⸗Landtages brachte nach Verlesung des Protokolls der letzten Sitzung der Abg. Schneider folgen⸗ den Antrag ein:

85 Der Kommunal⸗Landtag wolle beschließen, an die Königliche Staatsregierung das Ersuchen zu richten, bei der bevorstehenden Re⸗ vision der Reichsgesetzgebung in Zollangelegenheiten und der Steuer⸗ gesetzgebung des Reichs, ihre Fürsorge dafür eintreten zu lassen, daß denjenigen Erwerbszweigen, welche den Wohlstand des hiesige Bezirks in hervorragender Weise begründen, nämlich: Getreide⸗ und Weinbau, die Viehzucht und die Eisenindustrie im Verhältnisse zum

fihj 8 2 fj * F 4 Aus e f erli S 6 5 8 nispreche führte aus, daß er es für eine Lebensaufgabe der liberalen Ausland der erforderliche Schutz gewährt und eine entsprechende

Erleichterung an der direkten Besteuerung verschafft werde.

Der Antrag ist unterstützt von 14 anderen Abgeordne en.

Der Vorsitzende gab zur Motivirung seines Antrages dem Abg. Schneider nach Erledigung der Tagesordnung das Wort.

Nachdem die eingegangenen Eingaben den betreffenden Kommissionen überwiesen waren, wurde in die Tagesordnung eingetreten.

Mit dem Bericht der Wegebaukommission, welche bean⸗ tragt, die Beschlußfassung über die Rückgewähr eines im fiskalischen Walde belegenen Steinbruchsterrains an den

kommissars nicht einverstanden, und ward diese Angelegenheit zur anderweiten Berichterstattung in die Kommission zurück⸗ gewiesen. UHUeber eine Eingabe der Grube Friedrichssegen wurde äauf Antrag der Wegebau⸗Kommission zur Tagesordnung über⸗ gegangen.

Der Antrag des ständischen Verwaltungsausschusses, be⸗ treffend den Austausch von Chaussee⸗Grundeigenthum gegen Grundeigenthum der Hessischen Ludwigs⸗Eisenbahngesellschaft, wurde auf Bericht der Wegebau⸗Kommission genehmigt.

Auf die Berichte der Eingabenkommission:

1) wurde die von dem ständischen Verwaltungsausschuß getroffene provisorische Wahl eines bürgerlichen Mitgliedes und Stellvertreters der Ober⸗Ersatzkommission für die 4. Infanterie⸗ Brigade vom Landtage ratihabirt,

2) ein Gesuch der Feuerwehr zu Herborn, um Gewährung eines Zuschusses zur Anschaffung von Feuerlöschgeräthschaften, wurde an den kommunalständischen Ausschuß zur ressortmäßigen Beschlußfassung verwiesen,

3) die Erhebung des vierfachen Betrages der Abgaben zu dem Fonds zur Entschädigung für getödtetes lungenseuchekrankes Rindvieh ward genehmigt,

4) wurde dem Reglement zur Ausführung des §. 13 des Gesetzes vom 13. März 1878, betreffend die Unterbrin⸗ Kinder die Genehmigung des Landtags ertheilt,

lec das Gesuch der Direktion der Rettungsanstalt zu Marienstatt um Gewährung einer Unterstützung wurde dem landständischen Ausschusse zur Berücksichtigung bei Veraus⸗ gabung der für Unterbringung der verwahrlosten Kinder aus⸗ geworfenen 6000 überwiesen,

6) über das Gesuch des David Allendörfer zu Miehlen um Entschädigung für ein verunglücktes Pferd wurde zur Tagesordnung übergegangen,

7) desgleichen über das Gesuch des J. H. Besier um Er⸗ höhung seiner Invalidenpension.

Nach Beendigung der Tagesordnung begründete der Abg. Schneider seinen obenerwähnten Antrag in sehr eingehen⸗ der und auf statistische Beläge gestützter Weise, und wurde darauf die Phh-ecese des Antrages mit großer Ma⸗ jorität beschlossen. In der weiteren Diskussion wurde beschlossen, den Antrag Schneider nicht in eine Kommission zu verweisen, sondern in einer der nächsten Plenarsitzungen zu verhandeln. Hiermit wurde die Sitzung geschlossen.

Wiesbaden, 20. März. (W. T. B.) Der Kommu⸗ nal⸗Landtag hat den Antrag, in welchem die Regierung um die Einführung von Schutzzöllen ersucht wird, mit 18 gegen 5 Stimmen angenommen.

Bayern. München, 19. März. Das „Gesetz⸗ und Verordnungsblatt“ Nr. 9 publizirt das Gesetz vom 23. Februar 1879 zur Ausführung der Reichs⸗Civil⸗ prozeßordnung und Konkursordnung. Dasselbe tritt gleichzeitig mit dem Gerichtsverfassungsgesetze für das Deutsche Reich, vom 27. Januar 1877, in Kraft. Die „Allg. Ztg.“ schreibt: Nach dem 1. Januar d. J., also zu einer Zeit, wo der Handelsvertrag mit Oesterreich bereits in Wirksamkeit ge⸗ treten war, jedoch noch vor der Genehmigung desselben durch den Reichstag, wurden, auf eine vom Münchener Handels⸗ verein erlangte Vorsichtsverfügung hin, zehn Wagen der österreichischen Elisabethbahn im hiesigen Bahnhof mit Beschlag belegt. Nachdem der Vertrag die Zustimmung des Reichstages und damit auch der Art. 17 desselben Gesetzeskraft erlangt hatte, beantragte die genannte Bahn die Wiederauf⸗ hebung der Beschlagnahme ihrer Wagen. Das Königliche Handelsgericht hierselbst hat jedoch vor einigen Tagen diesen Antrag abgelehnt, weil die Beschlagnahme vor der Genehmi⸗

ung des Vertrages durch den Reichstag erfolgt sei und dem 1 rt. 17 eine rückwirkende Gesetzeskraft nicht eingeräumt werden ͤ1116161616A6A6AA“

Braunschweig. Braunschweig, 20. März. (W. T. B.) Von dem vereinigten Magistrats⸗ und Stadtverordneten⸗ Kollegium ist heute der bisherige Polizeidirektor Pockels zum Ober⸗Bürgermeister gewählt worden.

HOesterreich⸗Ungarn. Wien, 20. März. (W. T. B.) Die „Polit. Korr.“ meldet aus Konstantinopel: Die Kundgebungen der Bevölkerung von Slivno gegen den Finanz⸗Direktor Schmidt haben sich auch am 17. d. fortgesetzt. Die bulgarische Miliz war genöthigt, die Volksmenge, welche die Wohnung Schmidts förmlich be⸗ lagerte, mit den Gewehrkolben zu vertreiben; einige Miliz⸗ männer wurden durch Steinwürfe verwundet.

Großbritannien und Irland. London, 19. März. (E. C.) Im Oberhause stellte Lord Truro gestern seine Interpellation bezüglich der Botschaft, welche Ihre 1 Majestät die Königin an Lord Chelmsford anläßlich der Niederlage bei Isandula gerichtet hat. Earl Beaconsfield erwiderte: Kraft der Reichsverfassung kann von der Krone nichts ohne den verantwortlichen Rath ihrer Minister gethan werden. Aber die Weise, in welcher der edle Lord seine An⸗ frage gestellt hat, steht nicht im Einklange mit dem allgemein beobachteten konstitutionellen Herkommen. Er weist auf eine Botschaft hin, die von Ihrer Majestät unter der Ver⸗ antwortlichkeit der Regierung an den Ober⸗Befehls⸗ haber der Truppen in Süudafrika gesandt wurde. Als Ihre Majestät Kunde von dem Vorgange in diesem Welttheile erhielt, drückte sie ihre Sympathie mit ihrer Armee in dem von derselben erlittenen großen Verluste aus, und zu gleicher Zeit gab sie der Zuversicht Ausdruck, daß der Ober⸗Befehls⸗ haber und seine Truppen im Stande sein dürften, ihren Ruf und ihre Ehre aufrecht zu erhalten. Eine solche Antwort ge⸗ ziemte ihrer erlauchten Stellung als Souveränin des Reiches, und es war ein Verfahren, wie solches bei vielen anderen Gelegenheiten beobachtet worden. Wäre diese Botschaft vor ihrer Absendung dem Parlament unterbreitet worden, so würde dies die eigentlichen sympathischen Gefühle, deren Aus⸗ druck beabsichtigt war, vernichtet haben. Es ist nichts ge⸗ schehen, was nicht streng konstitutionell ist. (Beifall1’))

Im Unterhause erkundigte sich zunächst Mr. Richard, ob ein Ultimatum an den König von Birma gesandt worden sei. Der Schatzkanzler erklärte, die Regierung habe keine Kenntniß von einem solchen Schritte. Sir Robert Peel fragte an, ob die Vertrauensbotschaft, welche die Königin an Lord Chelmsford sandte, die Sanction der Regierung sowie die des Höchstkommandirenden der Armee, des Herzogs von Cambridge, erhalten habe. Der Kriegs⸗Minister erwiderte: „Es ist wahr, daß beim Empfange der telegraphischen Nachricht von der ersten Nieder⸗ lage bei Isandula von mir eine Vertrauensbotschaft an Lord Chelmsford gesandt wurde. Dies geschah natürlich vor der Ankunft der amtlichen Depeschen und des Berichts der Unter⸗ suchungskommission. Die Botschaft war, wie schon gesagt, eine persönlicher Sympathie und des Vertrauens in den edlen Lord im Allgemeinen. Ich wüßte nicht, daß sie Lord Chelms⸗ ford als den Ober⸗Befehlshaber unserer Streitkräfte in Süd afrika bezeichnete. Sie wurde indeß von mir übermittelt, ohne daß ich es für nothwendig erachtete, meine Kollegen in der Angelegenheit zu Rathe zu ziehen. Ich allein bin ver⸗ antwortlich dafür.“ B

20. März. (W. T. B.) Von der Regierung ist heute die neuerdings zwischen dem Staatssekretär des Auswärtigen, Marquis von Salisbury, und dem russischen Reichskanzler, Fürsten Gortschakoff, gewechselte diplomatische Kor⸗ respondenz veröffentlicht worden. Die Depesche des Marquis von Salisbury vom 26. Januar d. J. stimmt mit dem am 11. d. M. von Wiener Blättern veröffentlichten Texte überein. In der vom 8. Februar datirten Antwort des Fürsten Gortschakoff heißt es: er wolle auf keinerlei Polemik eingehen, da er das Nützliche und Praktische einer solchen nicht einzusehen vermöge. Uebrigens enthalte die Depesche des Marquis von Salisbury nichts, was nicht im Prinzip mit der Art und Weise übereinstimme, in welcher die russische Regierung die Ausführung des Ber⸗ liner Vertrags ansehe. Die Depesche lasse aber erkennen, daß die englische Regierung sich einige Male über die Absichten der russischen Regierung und diejenigen ihrer politischen Agenten getäuscht habe. Der Berliner Vertrag habe Prin⸗ zipien aufgestellt, deren Auslegung und Anwendung Meinungs⸗ verschiedenheiten hervorrufen könne. Die russischen Agenten seien durch den Gang der Ereignisse dazu berufen, innerhalb der Grenzen des Berliner Vertrages die Interessen der Be⸗ völkerungen zu wahren, zu deren Vertheidigung Rußland den Krieg gesführt habe. Die russische Regierung glaube, daß das allgemeine Einverständniß (entente) sehr er⸗ leichtert werden würde, wenn diese Bevölkerungen anderer⸗ seits die Ueberzeugung gewönnen, daß ihre Interessen inner⸗ halb der nämlichen Vertragsgrenzen wirksam gesichert sein würden, sobald die russischen Truppen nicht mehr da seien, um dieselben zu beschützen. Alles, was die englische Regie⸗ rung und ihre Agenten als möglich und geeignet erachten würden, um den Bevölkerungen Vertrauen, Mäßigung und Resignation einzuflößen und so eine billige und friedliche Aus⸗ führung des Berliner Vertrags herbeizuführen, werde der Unterstützung Rußlands begegnen.

Der Depesche des Fürsten Gortschakoff ist eine Notiz bei⸗ gegeben, welche mehrere thatsächliche Bemerkungen zu ver⸗ schiedenen in der Depesche des Marquis von Salisbury er⸗ wähnten Punkten enthält. 8

In der heutigen Sitzung des Unterhauses er⸗ widerke auf eine Anfrage Montagu’'s der Schatzkanzler Northcote: Er habe keine offizielle Kenntniß von einer Be⸗ wegung russischer Truppen in der Gegend des Kaspischen Meeres, habe aber sonst davon gehört; die Bestimmung der gedachten Truppen sei ihm nicht bekannt.

Frankreich. Paris, 19. März. (Fr. C.) Dem Budgetausschuß der Deputirtenkammer ist gestern ein Gesetzentwurf des Ministers des Innern zu⸗ gegangen, nach welchem in dem Budget von 1879 ein Kredit von einer Million Francs zur Linderung der durch die Handelskrise verursachten Leiden ausgeworfen werden soll. Aus mehreren Departements, heißt es in den Motiven, haben wir Berichte erhalten, nach denen es unmöglich ist, den Antrag auf einen außerordent⸗ lichen Kredit zur Linderung des in den Gewerbs⸗ bezirken durch die Arbeitslosigkeit herbeigef hrten Nothstandes länger hinauszuschieben. Wir hatten gehofft, daß die von der

Privatthätigkeit gebrachten Opfer genügen würden, alle Noth