1879 / 76 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 29 Mar 1879 18:00:01 GMT) scan diff

derartige Sendungen aus eigener Initiative untersuchen zu lassen bezw. zu sistiren? Glaube dies der General⸗Postmeister, so möge er es heute hier bestätigen! Oder gabe es wirklich eine Deutungsmöglichkeit des Reskriptes, wonach derartiges zulässig wäre? Dann wäre das Postgeheimniß nicht mehr gewahrt!

Der General⸗Postmeister erklärte sich mit den An⸗ schauungen des Vorredners durchaus einverstanden. Er kon⸗ statire, daß nach dem Inhalt seiner Verfügung nur diejenigen Sendungen angehalten werden dürften, deren strafbarer In⸗

lt schon äußerlich erkennbar sei. Mit den Worten „u. s. w.“ eien solche Sendungen gemeint, welche entweder in offenen Umhüllungen aufgegeben oder der Verzollung wegen im Zoll⸗ amt geöffnet seien. Auch Glaspackete würden unter diese Kategorie fallen. Dagegen sei es in keinem Falle möglich, daß die Postbeamten Packete aus eigener Initiative öffnen dürften. Der Wortlaut der Verfügung biete ihm daher keinen Anlaß zu irgend einer Aenderung.

Der Abg. Windthorst protestirte dagegen, daß Beschwerden der Sozialdemokraten aus rein formellen Gründen in so kate⸗ gorischer Form zurückgewiesen würden. Das „u. s. w.“ in der Verfügung des General⸗Postmeisters sei keinesw gs zu billigen, und die Beschwerden des Abg. Liebknecht ihrem In⸗ halte nach dazu angethan, eine Untersuchung über ihre Wahr⸗ heit anzustellen. Der Kampf gegen die Sozialdemokratie müsse mit Energie, aber auch mit Gerechtigkeit geführt und jede ihrer Klagen deshalb ruhig und sachlich vom Reichstage ge⸗ prüft werden.

Hierauf wurde die Diskussion geschlossen.

Nachdem sich der Abg. Liebknecht in einer persönlichen Bemerkung gegen den Vorwurf, seine früheren Angaben seien nicht genügend substantiirt gewesen, verwahrt hatte, wurde die dritte Berathung des Etats geschlossen.

Der Betrag der Matrikularbeiträge wurde auf 90 371 390 festgestellt.

Das Anleihegesetz, wonach der Betrag von 63 148 571 im Wege des Kredits flüssig zu machen ist, wurde in dritter Berathung unverändert genehmigt, desgleichen das E ats⸗ gesetz. Der Etat balanzirt demnach in Einnahme und Aus⸗ gabe für 1879/80 mit 540 796 537 ℳ, die ordentlichen Aus⸗ gaben betragen 419 022 949 ℳ, das Erxrtraordinarium 121 773 588

Auf eine Anfrage des Abg. Windthorst, ob der Präsident die Osterferien erst kurz vor Palmsonntag eintreten lassen wolle, erwiderte derselbe, daß dies allerdings seine Absicht sei, und würden die Ferien Freitag oder Sonnabend vor Palm⸗ sonntag beginnen.

Hierauf vertagte sich das Haus um 5 ¼ Uhr.

In der heutigen (29.) Sitzung des Reichstages, welcher der Präsident des Reichskanzler Amts, Staats⸗Minister Hofmann, und mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundes⸗ rath sowie Kommissarien desselben beiwohnten, theilte der Präsident mit, daß die Pläne des Kollegienhauses für die Universität Straßburg, welche zwar noch nicht definitiv seien, zur Ansicht im Hause aus⸗ lägen. Ueber eine Anzahl von Petitionen, die mit dem gestern bewilligten Etat im Zusammenhang stehen, ging das Haus auf Antrag der Budgetkommission theils zur Tages⸗ ordnung über, theils wurden sie durch die Feststellung des Etats für erledigt erklärt. Nur die Petition des Magistrats zu Glogau die Veräußerung des durch Niederlegung der Festung Glogau gewonnenen Stadterweiterungsterrains be⸗ treffend wurde gegen den Widerspruch des Bundesbevoll⸗ mächtigten General⸗Lieutenant von Voigts⸗Rhetz auf Antrag des Abg. Rickert dem Reichskanzler zur Erwägung überwiesen. (Schluß des Blattes.)

Die Einnahmen der Post⸗ und Telegraphen⸗ Verwaltung haben im Reiche für die Zeit vom Beginn des Etatsjahres bis zum Schlusse des Monats Februar 1879 (verglichen mit der Einnahme in demselben Zeitraum des vorigen Etatsjahres) betragen: 114 613 278 (+ 2 709 730 ℳ), die der Reichseisenbahnverwaltung 33 412 640 (+½ 1 048 404 ℳ)

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich bayerische Staats⸗Minister der Finanzen von Riedel ist von München, und der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Groß⸗ herzoglich badische Staats⸗Minister, Präsident des Staats⸗ Ministeriums und des Handels⸗Ministeriums Turban von Karlsruhe hier eingetroffen.

S. M. Glattdecks⸗Korvette „Luise“, 8 Geschütze, Kommandant Korvetten⸗Kapitän Schering, ist am 3. März cr. in Colombo auf Ceylon eingetroffen und hat am 5. desselben Monats die Reise nach Kalkutta fortgesetzt.

Aus dem Wolffschen Telegraphen⸗Bureau.

Rom, Sonnabend, 29. März. Wie der „Italie“ be⸗ richtet wird, hat die zur Prüfung des Eisenbahnbetriebes ein⸗ gesetzte Kommission gestern Vormittag eine Sitzung abgehal⸗ ten, in welcher der Bericht Laporta’s über den Rückkauf der römischen Bahnen verlesen wurde. Die Kommission votirte einstimmig eine Tagesordnung, in welcher die Nothwendigkeit

des Rückkaufes anerkannt, zugleich aber der Regierung an⸗ gerathen wird, den gegenwärtigen Betrieb aufrecht zu erhal⸗ ten, um der Kommission zur Prüfung des Eisenbahnbetriebes im Königreiche volle Freiheit zu sichern. Der General Corte, ehemals Präfekt von Palermo, ist zum Präfek.en von Florenz ernannt worden. Ihre Majestät die Königin Victoria ist gestern um 5 Uhr in Baveno eingetroffen.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Berlin, den 29. März 1879.

Cöln, 29. März, 12 Uhr 21 Min. früh. Die eng⸗ lische Post vom 28. März früh, planmäßig in Verviers um 821 Uhr Abends, ist ausgeblieben. Grund: Unbekannt.

Die Königliche Gärtner⸗Lehranstalt zu Sans⸗ souci bei Potsdam vollendete vorgestern das einhundert⸗ undzwölfte Semester ihrer Thätigkeit durch eine Ab⸗ gangsprüfung von 18 Eleven, die unter Leitung des Di⸗ rektors der Anstalt Hofgarten⸗Direktor Jühlke in den Hörsälen der Gärmes Dehrunstalt unter Theilnahme des Königlichen Garten⸗Inspektors Bouché und des Kuratoriums der Anstalt stattfand.

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1.“ Von den auf der Anstalt befindlichen 32 Eleven wurden am 27. März d. Js. 18 Eleven entlassen, und zwar mit dem Prädikat Gartenkünstler 13 Eleven und mit dem Prädikat Kunstgärtner 5 Eleven, in Summe 18 Eleven, so daß ein Bestand verblieb von 14 Eleven. Hiervon gehören an: v der Provinz Brandenburg. Pommern... 5 Holstein S Hamburg dem Königreich Sachsen . . . .. Großherzogthum Oldenburg .. den sächsischen Herzogthümern . .. An neu aufgenommenen Eleven werden gezählt 17, war: aaus der Provinz Brandenburg Rheinland

und

5

22 1 .

2 1 Preußen 1 Sachsen 11 1 1 4

„1u”“ Holstein. der Stadt Hamburg . .. den sächsischen Herzogthümern 17 Eleven

Bestand der Eleven für den neubegonnenen Kursus 317 Fleven.

Wenn die Königliche Gärtner⸗Lehranstalt, wie oben nach⸗ gewiesen, 13 Eleven mit dem Prädikat Gartenkünstler und 5 dergleichen mit dem Zeugniß eines Kun st⸗ gärtners hat entlassen können, so soll damit nicht etwa ausgedrückt sein, daß diesen Gartenkünstlern oder Kunstgärt⸗ nern bereits die Meisterschaft innewohne, sondern es soll da⸗ mit nur bezeichnet werden, daß der von der Anstalt scheidende angehende Gärtner von verständiger Ordnung, von schicklicher Gruppirung der Gegenstände der das Leben der Men⸗ schen verschönernden Gartenkunst beseelt ist, und daß die Thätigkeit, welche er veranlaßt, die Uebung, die er bei⸗ bringt und der Wetteifer, den er für diese Kunst des öffent⸗ lichen nationalen Lebens, sowohl in schöner als nützlicher Be⸗ ziehung hegen und pflegen wird, gewissermaßen eine Bürg⸗ schaft des künftigen Erfolges in sich schließt.

Die Gärtner⸗Lehranstalt hat gegenwärtig das Glück, sich der wirksamen Unterstützung und Theilnahme des Ministers für Landwirthschaft, Domänen und Forsten Dr. Frieden⸗ thal in reichem Maße zu erfreuen. Sie hat in ihrer instruk⸗ tiven, dem Garteninspektor Lauche unterstellten gärtnerischen Werkstatt am Wildpark, sowie in der von dem Garten⸗ inspektor Wrede zu Alt⸗Geltow bei Potsdam bewirth⸗ schafteten Königlichen Landesbaumschule Erfolge aufzuweisen, die Jedermann vor Augen liegen und die als Kulturbeispiele geeignet sind, eine vielseitige Vermittelung des Fortschritts der gesammten Gärtnerei in den Provinzen unseres Vater⸗ landes herbeizuführen.

Der Königliche Ministerial⸗Kommissarius, Geheimer Ober⸗ Regierungs⸗Rath Heyder, der Garten⸗Direktor Jühlke und der Gartenbau⸗Direktor Gaerdt bilden zusammen das Kura⸗ torium, in welchem der Ministerial⸗Kommissarius den Vorsitz führt, der auch an dem vorgestrigen Tage den abgehenden Eleven die Zeugnisse unter mannigfaltigen Ansprachen aushändigte, während die Eleven von den beiden übrigen Mitgliedern des Kuratoriums mit den besten Glück⸗ und Segenswünschen ent⸗ lassen wurden.

Bemerken müssen wir noch schließlich, daß die Aufnahme von neuen Eleven zum beginnenden Kursus vom 1. April 1880 ab bereits, wegen Mangel an Raum, hat ab⸗ geschlossen werden müssen.

Die Preller⸗Ausstellung in der Nationalgalerie, die VII. der durch Fürsorge des Hrn. Diretter Jordan zu Stande gebrachten Kollektiv Ausstellungen zur Veranschaulichung des ganzen Studienganges einzelner deutscher Meister findet bezeichnend genug für den Kunstgeschmack unseres Publikums einen beschämend ge⸗ ringen Zuspruch. Während man sich vor dem großen Skandal⸗ und Spektakelbilde in der Akademie drängend den Platz streitig macht, kann es Einem hier begegnen, daß man sich ganz vereinsamt in manchen Kabineten findet. Und doch zeigt sich hier schon auf den kleinen Studienblättern, das Walten des Genius, während auf der ungeheuren Leinwand dort zwar Raum genug für eine auf Befriedi⸗ gung niedriger Sinnlichkeit gerichtete Spekulation, für ideale Er⸗ hebung aber nicht ein Quadratzoll übrig bleibt.

Den Besucher der Ausstellung grüßen im ersten Zimmer ein Portrait Friedrich Prellers, gemalt von Martersteig 1848, also als der Künstler 44 Jahre zählte, und eine Büste desselben von Prof. Kopf in Rom, aus den letzten Lebensjahren. Den Kreis der Gönner und Freunde Prellers bringen zwei Kollektionen von Bildnissen in Blei, von ihm selbst in verschiedenen Jahren gezeichnet, zur Anschauung. Das Hauptinteresse unter ihnen beansprucht der durch Vervielfältigung allbekannte geistvolle Kopf Goethe’'s auf dem Todtenbette. Von den anderen Porträts nennen wir den Dichter Hoffmann von Fallersleben, Joseph Joachim in jüngeren Jahren, den genialen Zeichner Bona entura Genelli, Dr. Albert von Zahn, die Maler Bellermann und Hummel, des Künstlers Studiengenossen, und ein Selbstportrait.

Daneben aber beginnen schon hier die Landschaftsstudien in Blei, Feder, Tusche und Oel aus Italien, Norwegen, Rügen, Tirol und

hüringen. Sie zeigen zum Theil einen kräftigen Realismus des

Könnens, lassen aber bereits in der Wahl der Motive den Zug zum Großartigen und Idealen deutlich erkennen Wie Preller auch schon damals es liebte, die Landschaft in lebendigste Wechselbeziehung zu der figürlichen Staffage zu setzen, davon spricht die kleine poetische Oelskizze zum „Erlkönig“, mit den gespensterhaften „alten Weiden so grau“ am See in düsterer, mondbeschienener Landschaft, an welcher der Pater mit dem Kinde und über ihnen der geisterhafte Erlkönig vorbeijagen.

In dem Korrider zur Linken sind die Kartons und Farben⸗ skizzen zu den 1836 im Wielandzimmer des Schlosses zu Weimar ausgeführten Wandmalereien zum „Oberon“, nebst den Entwürfen und Aktstudien zu den bezüglichen allegorischen Kompositionen für denselben Raum ausgestellt. Das heroische wie das lyrische Element gelangen in den großen Wandbildern zu einem der Dichtung ent⸗ sprechenden Ausdruck, nicht aber in gleichem Maße das komische. Die landschaftlichen Hintergründe lassen bereits die spätere Meisterschaft ahnen, die klassische Behandlung der figür⸗ lichen Kompositionen in den dazu gehörigen Allegorien aber zwingt uns Erstaunen über seine Vielseitigkeit ab. Nebenher enthält dieser Raum eine Anzahl Allotria der Künstler⸗ laune: humcristische Bleistiftzeichunuungen aus dem Skizzenbuch der gemeinschaftlich mit Bellermann, Thon und Hummel im Jahre 1840 unternommenen Studienreise nach Norwegen. Daß der Humor dieser Blätter bei aller Feinheit der Charakteristik etwas Gemessenes, Gravitätisches als Beigeschmack hat, ist für die ernstere Sinnes⸗ richtung Prellers bezeichnend. Hier finden sich ferner auch einige ausgeführte Landschaften aus seiner früheren Zeit, die schon damals nur wenig Vedutenhaft⸗Realistisches mehr an sich haben, das dann später fast gänzlich der freien idealen Komposition weicht.

Unter den zahlreichen Landschaftsstudien aus Italien, Deutsch⸗ land und Skandinavien, in Blei, Feder, Sepia, Wasserfarben und Oel, welche im ersten großen Oberlichtsaal vereinigt sind, fesseln

namentlich die Felsenstudien aus Norwegen und Tyrol, deren Nach⸗ wirkungen sich noch in den eigenthümlich schroffen, kraftoollen, zu dem Heldengeschlechte der 12——— Dichtung in treffende Zu⸗ sammenstimmung gebrachten Felssormationen seiner Odvysseebilder deutlich erkennen lassen; ferner aber auch die vorzüglichen Meer⸗ studien, ebensalls von der norwegischen Küste, von Helgoland, Rügen und Ostende. Unter den nicht eben zahlreichen aus⸗ geführten Oelgemälden ist namentlich eine „Brandung an der norwegischen Küste“ aus dem Jahre 1856 von groß⸗ artiger Wirkung und ergreifender Stimmung. In demselben Saale haben aber auch noch einige Gemälde aus der letzten Periode des Schaffens des Künstlers Platz erhalter, darunter eine Cam⸗ pagna⸗Landschaft mit dem Torre de Schiavi und dem Blick auf das Sabinergebirge vom Jahre 1870 und eine prächtige Ideallandschaft mit bacchischer Staffage, deren Motiv der Serpentara entlehnt ist, sowie eine andere mit jagenden Centauren und Faunen (Motiv aus Hehen), welche ganz jene zauberische ver lärte Farbe, jene edle Klassi⸗ zität zeigen, die wir an seinen Odyssee⸗Kompositionen bewundern. Ddie folgenden 4 kleineren Kabinette enthalten vorwiegend Land⸗ schaftsstudien und einzelne Akte neben einigen Oelgemälden aus früherer Zeit. Besonders interesant sind die liebevollen Baum⸗ schlagstudien, die wir hier antreffen, namentlich die für die südlichen Landschaften so charakteristischen knorrigen Oelbäume, von denen ihm Sorrent die schönsten Exemplare darbot. Sie sind nebst den hier ebenfalls zusammengestellten prächtigen Eichenstudien aus Ettersburg, dem Thüringer Walde u. s. w. die Urbilder zu den großartig stylisirten Bäumen seiner Odvsseeland⸗ schaften. Eine grandiose Tyreler Alpenlandschaft (Delgemälde) zeugt von ebenso feiner Beobachtung als treuer, stimmungsvoller Wieder⸗ gabe der erhabenen Hochgebirgsnatur.

Indessen das Hauptinteresse beansprucht doch der nun folgende Oberlichtsaal, der den Odysseelandschaften gewidmet ist, dem Werke, welches, wie der Katalog mit Recht sagt, „in allem Betracht zu den größten künstlerischen Leistungen unserer Zeit gehört und in welchem sich die Summe ernsten Strebens, großer Konzeption und freier Meisterschaft darstellt, die Prellers Namen unsterblich macht.“ Die allmaͤhliche Entstehung dieser herrlichen monumentalen Schöpfung läßt sich hier so bequem und eingehend studiren, wie dies noch nicht möglich gewesen und auch wohbl später nicht leicht wieder möglich sein dürfte. Die frühesten Kompositionen sind die 9 Entwürfe zu den 1834 in Temperafarben im sogenannten römischen Hause zu Leipzig ausgeführten Bildern. Als zweite Phase folgen dann jene 16 Kohlen⸗ zeichnungen aus den Jahren 1854—1856, die einen der schönsten Schätze der Nationalgalerie bilden und hier zur Vergleichung gegen⸗ übergestellt sind. Sie waren es, welche 1858 auf der Kunstausstel⸗ lung in München so allgemeine Bewunderung erregten und den kunst⸗ sinnigen Großherzog Karl Alexander bewogen, dem Künstler die Ausfüh⸗ rung derselben in größerem Maßstabe zu übertragen. Diese erfolgte in den Jahren 1865 bis 1869 im Museum zu Weimar und zwar in Wachsfarben. Die letzte Bearbeitung in der Größe der ausgeführten Wandgemälde mit den Predellen⸗Kompositionen und dem Figurenfriese, welcher die Landschaften umzieht, ist bekanntlich im Besitze des Leipziger Museums. Die wunderbar schönen, kleinen Farbenskizzen dazu aber bilden neben jenen Kohlenzeichnungen und den Entwürfen zu dem Figurenfriese den Glanzpunkt der Preller⸗Ausstellung. Es hieße Eulen nach Athen tragen, wollte man auf die längst hinreichend ge⸗ würdigten Schönheiten dieser Schöpfungen näher eingehen; sind sie doch durch Vervielfältigung in Pbot ographie, Lichtdruck und Holz⸗ schnitt (namentlich in den vortrefflichen billigen Publikationen von Alphons Dürr in Leipzig) längst Gemeingut des deutschen Volkes, das auf diesen nationalen Kunstschatz stolz sein darf.

Derselbe Saal enthält ferner einige große Oelgemälde aus den

Jahren 1874 und 75, also der reifsten Zeit des Künstlers: eine Land⸗ schaft aus der römischen Campagna, mit Boas und Ruth als n. die Acqua acetosa bei Rom und die Tempel von Pästum, gleich herrlich in der Farbe wie ideal in der Auffassung. Der reizende allegorische Genelli⸗Fries, welcher in dem darauf folgenden Korridor Platz gefunden hat, ist ein Gedächtnißblatt zum Andenken an seinen Freund Bonaventura Genelli und pietätvoll ganz Behandlungs⸗ und Darstellungsweise des berühmten Zeichners gehalten.

Das letzte Zimmer endlich enthält einige Radirungen, sowie mehrere Kompositionen zur Bibel und andere figürliche und land⸗ schaftliche Zeichnungen in Blei und Feder aus der letzten Zeit seines Lebens und noch aus seinem Todesjahre 1878, welche jedoch bei allem Adel und aller Großartigkeit des Gedankens und der Konzeption den gewaltigen Eindruck seines großen Hauptwerkes nicht zu über⸗ bieten vermögen. 8 1X“ .

8 b1““

Die morgen, Sonntag, im Stadt⸗Theater stattfindende Vorstellung des Mosenthalschen Schauspiels „Die deutschen Komödianten“ dürfte noch dadurch bedeutend an Interesse gewinnen, daß außer den bisherigen Gästen, Frl. Anna Haverland und Hrn. Julius Simon, auch noch Fr. Elsa Ernst darin mitwirkt, die, wie seiner Zeit am Residenz⸗Thater, die „Caroline Neuber“ spielt, aus welcher Partie die Künstlerin eine hochinteressante Charakterstudie zu schaffen wußte.

Im Belle⸗Alliance⸗Theater beginnt im Laufe der nächsten Woche Hr. Eduard Weiß, der beliebte Komiker des Krollschen Theaters, ein Gastspiel, und zwar als Orchesterdiener Eisbock in dem Lebensbilde „Der Verlobungsteufel“ von Reich.

Die an der Königlichen Hochschule für Musik be⸗ stehende Abtheilung für ausübende Tonkunst veranstaltete gestern unter Leitung des Hrn. Professors Rudorff im Saale der Sing⸗ akademie ihre XXII. Aufführung. Vortrage kam zunächst Mo⸗ zarts C-der Sinfonie mit der Fuge. Das Orchester, welches ganz aus Schülern der Hochschule zusammengesetzt war, brachte die schöne Tondichtung zum gelungensten Ausdrucke. Sorgfältige, von warmer Hingebung für die Sache zeugende Ein⸗ studirung und Reinheit in der Intonation rereinigten sich mit verständnißvoller Auffassung des musikalischen Gedankens und Klar⸗ heit und Präzision in den Details, und die Wärme und der Eifer, mit wel⸗ chen jeder der jungen Mitwirkenden sichtlich bemüht war, seinen Antheil an der Ausführung nach besten Kräften zu geben, machten einen sehr wohl⸗

thuenden Eindruck. Das wesentlichste Verdienst um das Gelingen hat sich freilich der Herr Dirigent durch die mühsame Einübung und treffliche Leitung des Werkes erworben. Nach der Sinfonie trug

Chor und Orchester der Hochschule folgende sieben Chöre aus Cheru⸗ bini's prächtigem Requiem in C-moll vor: Introitus, Graduale, Dies irae Offertorium, Sanctus, Pie Jesu, und das Agnus Dei. Hatte bei dem Vortrage der Mozart'schen Sinfonie die Instrumentalklasse der Königlichen Hochschule für Musik eine gründliche Ausbildung an den Tag gelegt, so bekundete durch den Vortrag der Chöre des Requiems auch die Gesangklasse eine sehr sorgfältige Schule. Zwar waren die vier Stimmen nicht stark be⸗ setzt, doch wurde dieser Mangel durch die wirksame Oekonomie und Ferwerthung der zu Gebote stehenden Mittel ausgeglichen, so daß die imposanten, schwungvollen Chöre unter Leitung des Hrn. Rudorff zu voller Geltung kamen. Das zahlreiche Auditorium folgte den Vor⸗ trägen mit andauernder Theilnahme und lebhafter Anerkennung.

Redacteur: J. V.: Riedel. Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner.

Vier Beilagen seinschließlich Börsen⸗Beilage).

sen gegen die und dem Ausbruche der d wegung durch die Verhastung zahlreicher Notabeln zuvor⸗

der Truppenverstärkungen

habe. Weiter schreibt dasselbe Blatt: Dr. Kiem graphirt aus Wetljanka vom 27., daß sich das erkrankte

stimmte indeß mit der Majorität.

Deut

Berlin, Sonnabend, den 290. März

“]

Aiichtamtliches. bbbbee——“]; Beayern. Erlangen, 26. März. Das „Erl. Tagebl.“ schreibt: Die Zustimmungsadresse an den Reichs⸗ kanzler findet in allen Gemeinden unseres Wahlkreises leb⸗ ste Zustimmung, namentlich in der Industriestadt Fürth. ie Zahl der Unterschriften ist, gutem Vernehmen nach, eine sehr bedeutende. Auch ist die Agitation allenthalben im Wachsen, kaum wird mehr von etwas Anderem gesprochen. Anhalt. Dessau, 27. März. (Leipz. Ztg.) Die erzogliche Familie hat heute eine Reise nach dem süd⸗ lichen Frankreich angetreten. Vorgestern wurde bei Staß⸗ furt der Bau der neuen Eisenbahn über Egeln nach Blumberg begonnen.

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Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 28. März. (W. T. B.) Das

Abgeordnetenhaus begann heute die Besprechung der

Antwort des Handels⸗Ministers auf die Interpellation, be⸗ treffend die Handelsbeziehungen zu Serbien. Im Laufe der Debatte erklärte der Handels⸗Minister, keine wei⸗ teren Mittheilungen machen zu können, da die Verhandlungen mit Serbien im Gange seien und einen günstigen Verlauf nähmen, ihm aber gegenwärtig Reserve auferlegten. Die Berathung des Budgets beginnt am nächsten Montag. 8

Die „Friedensfreunde“ hielten heute eine zahlreich besuchte Versammlung behufs Wahl eines Delegirten für das Pariser Comite. Die Berathung wird am Montag fort⸗

gesetzt.

erst 8 Tage nach Beendigung ihrer Arbeiten hierher zurück⸗ kehren, sich aber nicht auflösen. Der französische Botschafter Fournier tritt seine Reise nach Paris am 1. k. Mts. an. Aus Scutari: Es bestätigt sich, daß die türkischen Behörden eine ziemlich weit verzweigte Verschwörung der Albane⸗ Autorität des Sultans entdeckt haben anscheinend gefährlichen Be⸗

Es wird nur das Eintreffen bedeuten⸗ erwartet, um die Entwaffnung der Albanesen vorzunehmen. Nach einem ausführ⸗ lichen Berichte der „Polit. Korresp.“ aus Philippopel hatte der Finanzinspektor Schmidt beabsichtigt, seine Inspek⸗ tionsreise bis Burgas auszudehnen, war aber, auf Abrathen des Generals Stolypin, welcher ein ernstes bewaffnetes Ein⸗ schreiten für unmöglich erklärte, mit dem französischen Kommissär Coutouly am 25. d. M. nach Philippopel zurückgekehrt, wo Finanzinspektor Schmidt alsbald seine Demission erklärte. Der französische Kommissar Coutouly erstattete der Kommission

gekommen sind.

über die Vorfälle in Slivno Bericht und die Kommission

faßte hierauf den bereits bekannten Beschluß, daß sie den

Art. 19 des Berliner Vertrages nicht durchzuführen vermocht Dr. Kiemann tele⸗

zehnjährige Mädchen zeitweise schon außer Bett befinde, daß

neue Erkrankungen nicht vorgekommen seien, daß die Demo⸗

lirung und Verbrennung der verseuchten Häuser fortdauere und daß er morgen nach Samianowska in Quarantäne gehe, um sich daselbst der Kommission wieder anzuschließen. Triest, 28. März. (W. T. B.) Bei der heute vom ersten Wahlkörper vorgenommenen Wahl wurden die von

der Wählerversammlung aufgestellten 12 österreichisch⸗

liberalen Kandidaten mit großer Majorität gewählt.

Schweiz. Bern, 28. März. (W. T. B.) Der Ständ e⸗ rath und der Nationalrath haben sich, und zwar der Stände⸗ rath mit 27 gegen 13 Stimmen, der Nationalrath mit 76 gegen 49 Stimmen, darüber geeinigt, den Art. 65 der Verfassung

zu beseitigen und durch die folgende Bestimmung zu ersetzen: „Wegen politischer Vergehen darf kein Todesurtheil ge⸗ fällt werden.

Körperliche Strafen sind untersagt.“ Somit ist das unbedingte Verbot der Todesstrafe aufgehoben. Der Beschluß der beiden Räthe unterliegt indeß noch der Volks⸗

abstimmung.

Großbritannien und Irland. London, 27. März. (Allg. Corr.) Unter der Minorität, welche in der Oberhaus⸗ sitzung am Dienstag für den von dem Marquis von Lansdowne gestellten Tadelsantrag gegen die Re⸗

gierung in der Zulufrage stimmte, befindet sich auch Lord Derby. Sein ehemaliger Kollege, Lord Carnarvon, Für den Tadelsantrag gaben im Ganzen 2 Herzöge, 5 Marquis, 13 Earls, 3 Vis⸗ counts und 38 Lords ihre Stimmen ab. Mit der Regierung stimmten außer ihren Anhängern 14 Whigpairs, darunter die Herzöge von Bedford und Grafton. Die englischen Mitglieder der bulgarischen Grenzregulirungskommission verlassen binnen einer Woche England, um ihre Funktionen wieder aufzunehmen. General Hamley ist zum Chef der Expedition ernannt worden, der ein kleines Detachement Genietruppen beigegeben wird.

Die Regierung hat wieder ein parlamentarisches

Schriftstück veröffentlicht, welches eine Depesche Sir

Bartle⸗Frere's an den Kolonial⸗Minister enthält, worin derselbe weitere Argumente vorbringt, um die unum⸗ gängliche Nothwendigkeit des dem Zulukönige gestellten Ultim atums zu beweisen, und zugleich darauf hinweist, daß die Frage, ob Krieg oder Frieden, bereits seit zwei Jahren eine schwebende gewesen sei. Die Depesche ist datirt aus Pietermaritzburg in Natal, 12. Februar, und bemerkt bezüglich des Unsterns des 24. Regiments, daß derselbe aller menschlichen Wahrscheinlichkeit nach die Folge einer

Mißachtung der Befehle Lord Chelmsfords gewesen, während alle früheren und späteren Ereignisse den Beweis lieferten, welche unsichere Stellung wir in Natal und in Transvaal eingenommen, einem solch gefährlichen Nachbar gegenüber, auf einer so viele hun⸗ dert Meilen langen unbeschützten Grenze. Es habe zu jener

Die „Polit. Korresp.“ bringt folgende Meldungen: Aus Se Hnalse. .e nalh Natmal gehen

Konstantinopel: Die ostrumelische Kommission soll

Zeit nichts vorgelegen, was darauf hätte schließen lassen kön⸗

nen, daß die dem General zur Verfügung stehenden Truppen ihrer Aufgabe nicht hinreichend gewachsen wären. Es sei möglich, mit diesem oder jenem Stamme einen hinkenden Frieden abzuschließen, die Regierung sollte jedoch nur auf einen Frieden eingehen, welcher die Suprematie Englands über alle Stämme sicher stellte, die bis jetzt Cetewayo aner⸗ kennen. Dies sei die einzige Garantie für Frieden, Sicher⸗ heit und gute Regierung und fortschreitende Civilisation in der Kolonie und dem benachbarten Territorium.

Aus Lahore wird dem „Reuterschen Bureau“ unterm 25. d. M. telegraphirt: „General Tytler griff gestern eine Streitmacht von 3000 Shinwarris unweit Peshbolak an. Der Feind verlor 200 Mann, während die Verluste auf britischer Seite unerheblich waren. Während des Gefechts führten die bengalischen Lanzenreiter eine glänzende Attaque aus. Die Unterhandlungen zwischen der indischen Regie⸗ rung und Jakub Khan nehmen ihren Verlauf.“

Aus Bombay wird dem „Reuterschen Bureau“ unterm 26. ds. telegraphisch gemeldet:

Hier eingegangenen Privatmeldungen aus Mandalay zufolge, herrscht daselbst Ruhe. König Thebau soll seit der Entsendung britischer Verstärkungen nach Birma seine Bereit⸗ willigkeit ausgedrückt haben, Zugeständnisse zu machen. Den birmanischen Ministern hat die Meldung, daß britische Verstärkungen nach Birma dirigirt werden, beträchtliche Un⸗ ruhe bereitet. Theinnen, der Häuptling einer der birmanischen Tributstaaten, hat dem Befehle des Königs, nach Mandalay zu kommen, nicht Folge geleistet.

(E. K.) Die Regierung hat mit der „Eastern Tele⸗ graph Company“ einen Vertrag wegen Legungeines Kabels nach Südafrika abgeschlossen. Das Kabel soll von Aden

und so das Kapland mit dem großen orientalischen Tele⸗ graphennetze verbinden, wird also nicht, wie es bei einem Landtelegraphen durch Afrika unvermeidlich wäre, Störungen durch feindliche Stämme ausgesetzt sein. 2000 englische Meilen Kabel, die für die australischen Kolonien fertig gestellt worden sind, können sofort für die südafrikanische Leitung verwendet werden. Die Unternehmer haben sich verpflichtet, die Linie von Durban (Natal) nach Zanzibar bis Ende Juli und das ganze Kabel bis Ende November zu legen. Die Regie⸗ rung hat sich zu einer Einnahmegarantie verpflichtet, deren Höhe zwar noch nicht festgesetzt ist, die sich aber wahrschein⸗ lich auf nicht weniger als jährlich 60 000 Pfd. Sterl. be⸗ laufen wird.

28. März. (W. T. B.) Die amtliche „London Gazette“ macht bekannt, daß für den verstorbenen Prinzen Waldemar von Preußen vom 30. d. bis 13. k. Mts. Hoftrauer eintrete. Zum englischen Kommissar für die Feststellung der türkischen Grenze in Asien ist Clarke ernannt worden. 1

Im Oberhause lenkte heute Lord Hantley die Auf⸗ merksamkeit des Hauses auf die gedrückte Lage des Han⸗ dels und der Landwirthschaft und richtete die Anfrage an die Regierung, ob sie beabsichtige, eine Untersuchung über die Ursachen dieser Verhältnisse anzustellen. Der Premier, Earl Beaconsfield, erklärte hierauf: er glaube nicht, daß eine Verminderung der Steuern die Landwirthschaft bessern würde. Der jetzige Nothstand der Landwirthschaft sei bei⸗ spiellos. Hervorgerufen sei derselbe einmal durch die Auf⸗ hebung des Schutzzolles, wodurch sich die schlechten Ernten fühlbar machten, weil sie nicht durch höhere Preise aufgewogen werden könnten; sodann sei aber die auswärtige Konkurrenz höchst nachtheilig für die Landwirthschaft. Der Handelsstand sei zwar eben⸗ falls gedrückt, doch sei dieser Zustand nicht identisch mit dem der Landwirthschaft; der Ackerbau habe in Folge des An⸗ wachsens und der Beförderung der Konkurrenz abgenommen, während der Handel Englands im Auslande zugenommen habe. Derselbe habe nur durch die niedrigeren Preise ge⸗ litten; diese seien wiederum hervorgerufen worden durch die Entdeckung der Goldlager im Jahre 1852, die seitherige Gold⸗ strömung nach Europa und durch die Einführung der Gold⸗ währung in mehreren Ländern. Dadurch sei das Silber ent⸗ werthet worden. Eine Untersuchung würde jetzt kein besonderes Resultat ergeben, später wäre jedoch eine Untersuchung der Ursachen des veränderten Metallwerthes und der Wirkung desselben auf den Handel vielleicht erwünscht. 1

Im Unterhause erklärte der Parlaments⸗Unter⸗Stauts⸗ sekretär im Departement für Indien, Stanhope, auf eine Anfrage Forsters: Der Regierung sei keine Nachricht aus

ndien zugegangen, daß die Unterhandlungen mit Jakub

han abgebrochen seien, und daß der Vormarsch nach Kabul anbefohlen worden sei. Die Nachrichten der Regierung stimmten mit den bezüglichen Nachrichten des „Standard nicht überein. Im weiteren Verlaufe der Sitzung wurde die Debatte über das Tadelsvotum Dilke'’s fortgesetzt und schließlich die Weiterberathung auf Montag vertagt. Im Laufe der Debatte griff Peel (konservativ) den General Chelmsford und Bartle⸗Frere, sowie Hollan d (kon⸗ servativ) die Regierung heftig an. Der Staatssekretär des Krieges, Stanley, vertheidigte namentlich Chelmsford auf das Wärmste. 8b .

Frankreich. Paris, 27. März. Das heutige „Jour⸗ nal Ffavekeic⸗h veröffenilicht den sntermatishalen Postver⸗ trag vom 1. Juni 1878, sowie Dekrete, betreffend die Er⸗ nennung des bisherigen Präfekten der Charente Inferieure, Regnauld, zum General⸗Direktor der bürgerlichen und finanziellen Angelegenheiten der Regierung von Algier, an Stelle des Hrn. le Myre de Vilers, der zu anderen Funktionen abberufen worden. Zum Präfekten des Departements Charente Inferieure ist der bisherige Präfekt der Haute⸗Marne, La⸗ garde, ernannt worden. 1 1

(Fr. Korr.) Der „Temps“ meldet, daß die Regie⸗ rung die Frage wegen der Rückkehr der Kammern nach Paris eigentlich nur insofern prinzipiell lösen wolle, als der Art. 9 der Verfassung aufgehoben werden soll. Um die Kammern in Paris vor einem Gewaltstreiche zu schützen, soll gleichzeitig ein Verbot jeder Ansammlung von Menschen

nzeiger.

in einem gewissen Umkreise um den Sitz der Nationalversamm⸗ lung erlassen werden.

In den verschiedenen Gruppen der Linken des Senats einigte man sich dahin, den Art. 9 der Verfassung durch folgende Bestimmung ersetzen zu wollen: „Der Sitz er Regierung und der Kammern wird durch ein Gesetz be⸗

immt.

28. März. (W. T. B.) In einer von den Bureaus der Linken des Senats und der Kammer heute Vormittag abgehaltenen gemeinsamen Ver sammlung, an welcher indeß das Bureau des linken Centrums des Senats nicht Theil nahm, wurde beschlossen, die Thätigkeit des Kon⸗

resses einzig und allein auf die Frage der Rückkehr der

ammern nach Paris zu beschränken. Die Majorität der Kommission des Senats scheint gewillt, ihren Widerspruch gegen jede Modifikation aufrecht zu erhalten.

Versailles, 27. März. (W. T. B.) Von den heute durch die Abtheilungen des Senats gewählten Mitgliedern der Kommission für die Berathung der Vorlage, betreffend die Rückverlegung der Kammern nach Paris, sind 7 gegen die Annahme des Gesetzentwurfs und nur 2 günstig für den⸗ selben gestimmt. Die Minister hatten in den Abtheilungs sitzungen erklärt, daß die Regierung den Gesetzentwurf accep tire, die Rückkehr der Kammern nach Paris als gefahrlos be⸗ trachte und bereit sei, die Bedingungen der Rückkehr zu dis kutiren und dabei alle wünschenswerthen Garantien zu geben.

Spanien. NKadrid, 27. März. (Ag. Hav.) Die

Zahlbewegung ist in vollem Gange. Nach den Wahlen

wird das Ministerium zur Besetzung der vakanten Posten schreiten.

Italien. Rom, 27. März. (Gazzetta d'Italia.) Als Vertreter der italienischen Regierung bei der am 30. d. M. in Bern stattfindenden Konferenz der bei dem Bau der St. Gotthardbahn interessirten Staaten wird der In⸗ genieur Ferruccio sich dorthin begeben.

28. März. (W. T. B.) Bei der in der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer fortgesetzten Berathung des Einnahmebudgets erläuterte der Minister Depre tis nochmals das finanzielle Programm des Mini⸗ steriums. Derselbe bezeichnete die von Minghetti beantragte Tagesordnung wohl als logisch, aber überflüssig und erklärte sich schließlich für die Annahme der von Crispi amendirten Motion Cairoli's. Die Abgg. Cairoli und Crispi waren hier⸗ mit einverstanden, worauf Mordini, Nicotera und Ercole ihre respektiven Tagesordnungen zurückzogen. Alsdann wurde, nachdem die Motion Minghetti's von der Kammer verworfen worden, unter namentlicher Abstimmung mit 241 gegen 88 Stimmen die von Cairoli beantragte Tagesordnung mit dem Amendement Crispi's angenommen.

Neapel, 28. März. (W. T. B.) Der Kassationshof verwarf heute die von Passanante eingereichte Nichtig⸗ keitsbeschwerde.

Türkei. Konstantinopel, 27. März. (W. T. B.) Nach amtlichen Berichten zeigt die verhältnißmäßig ruhige Haltung der bulgarischen Bevölkerung in den von den russischen Truppen geräumten Ortschaften jetzt, daß man die Gefahren überschätzt hatte, welche der Rückzug der Okku⸗ pationsarmee für das Land mit sich bringen würde. Ueberall ist es den türkischen Behörden gelungen, in ihren betreffenden Distrikten die Ordnung vollkommen aufrecht zu erhalten, ohne daß dabei jedoch die Festigkeit und Wachsamkeit außer Acht gelassen worden ist, welche der Charakter der gegenwärtigen, gewissermaßen einen Uebergang bildenden Situation gebietet.

28. März. Der Sultan hat, ungeachtet der vom Groß⸗ vezier Khereddin Pascha dem französischen und österreichischen Botschafter gemachten bezüglichen Zusicherungen, den Berat für den Bischof Hassun in Folge von Schritten der Antihassunisten zurückgezogen. Khereddin Pascha hat darauf um seine Demission gebeten. 1

Philippopel, 28. März. Die internationale Kommission in Ostrumelien hat in fortgesetzter Be⸗ rathung des Statuts das Kapitel X., die Kultusangelegen⸗ heiten betreffend, angenommen. Nach einer Bestimmung dieses Kapitels wird das bulgarische Exarchat ermächtigt, nunmehr die Investitur der bulgarischen Bischöfe in Ostrumelien vom General⸗ Gouverneur Ostrumeliens zu verlangen. Der bezügliche An⸗ trag ist von dem franzöüisch är ausgegangen und

en Kommiss n in zwar in Folge der beharrlichen Weigerung der Pforte, für Besetzung der vakanten bischöflichen Stühle der bulgarischen Kirche Macedoniens das Erforderliche zu veranlassen.

Asien. (Allg. Corr.) Aus Akyab in Hinterindien wird unterm 24. März telegraphirt: Am Sonnabend wurde die Eingeborenenstadt von Akyab durch eine Feuersbrunst zer⸗ stört. Der angerichtete Schaden wird auf eine halbe Million Pfd. Sterl. geschätzt. Tausende von Menschen sind obdachlos. Die Ursache des Brandes war eine zufällige.

Statistische Nachrichten.

Aus einer in dem amtlichen Werke „Statistische Nach⸗ richten von den preußischen Eisenbahnen⸗ (XXV. Band 1878, Berlin, Ernst & Korn) enthaltenen Zusammenstellung über die Entwickelung des Eisenbahnwesens in Preußen 1844 1877 heben wir Folgendes hervor: Im Jahre 1844 waren nur 861,14 km Eisenbahnen im Betriebe, in den Jahren 1847 (1792,09 km), 1854 (3696,48 km), 1867 (7185,08 km), 1874 (14 207,98 km) verdoppelten sich diese Zahlen, bis sie im Jahre 1877 17819,42 km erreichten. Den größten Zuwachs brachte, ab⸗ gesehen von der Erweiterung des Eisenbahnnetzes durch Hinzutritt der neuen Provinzen, das Jahr 1875 mit 1685,79 km, demnächst 1876 mit 1292,48 km, 1871 mit 1278,63 km, 1873 mit 1031,39 km und 1847 mit 889,38 km (98,52 % der im Jahre 1846 betriebenen Bahnlänge).

Die doppelgeleisigen Bahnen haben sich von 1844 bis 1877 von 135,95 km (15,79 %) auf 6513,92 km (36,56 %) vermehrt.

Das konzessionirte Anlagekapital betrug im Jahre 1844 113 183 400 ℳ, 1862 1 039 112 400 ℳ, 1870 2 0414 455 573 ℳ, 1877 3 804 283 650 ℳ; davon in Aktien 1844 82 222 500 ℳ, 1862 432 779 850 ℳ, 1870 996 545 424 ℳ, 1877 1 653 106 908 Zas verwendete Anlagekapital belief sich 1840 auf 101 598 201 ℳ,