1879 / 79 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 02 Apr 1879 18:00:01 GMT) scan diff

Nachricht für Seefahrer. Am 7. huj. beginnt hier eine Prüfung zum i. .418 1. April 1879 „den 1. Apri 1 Der Vorsitzende der Prüfung?⸗Kommission. Schreiber.

Personalveränderungen.

Königlich Preußische Armee.

Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. Berlin, 25. März. Frhr. Schilling v. Cannstadt, Pr. Lt. aggr. dem 4. Garde⸗Regt. z. F. und kommdrt. zur Dienstleist. bei dem Festungsgefängniß in Wesel, zHum Vorstand des Festungsgefängnisses in Danzig ernannt. v. Schweinichen, Major und Vorstand des Festungsgefängnisses in Graudenz, in gleicher Eigenschaft zu dem Festungsgefängniß in Glogau versetzt. Eickemeyer, Hauptm. und Vorstand des Festungsgefängnisses in Posen, ein Patent seiner Charge verliehen. Paris, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 13, zur Dienstleistung bei dem Feftungagefängaiß in Wesel kommandirt. v. Szymonski, Hauptm. und Comp. Chef vom Inf. Regt. Nr. 79, unter Stellung à la suite des Regts., zum Vorstand des Festungsgefängnisses in Graudenz ernannt. Schmelzer, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 79, zum Hauptm und Comp. Chef, Müller, Sec. Lt. von dems. Regt., zum Pr. Lt. befördert. v. Cossel, Sec. Lt. vom Hus. Regt. Nr. 16, in das Hus. Regt. Nr. 11 versetzt. 27. März. von Dresky, Gen. Major und Insp. der 1. Fuß⸗Art. Insp., in seiner Eigenschaft als Insp. zur 4. Feld⸗Art. Insp. versetzt. Wiebe, Gen. Major und Commdr. der 4. Fuß⸗Art. Brig., zum Insp. der 1. Fuß⸗Art. Insp., Rautenberg, Oberst und Abtheil. Chef im Kriegs⸗Ministerium, unter Stellung à la suite des Kriegs⸗Ministe⸗ riums, zum Commandeur der 4. Fuß⸗Art. Brig. ernannt. von der Marwitz, Hauptm. vom Großen Generalstab, zum Generalstab des Garde⸗Corps versetzt. Ukert, Sec. Lt. vom Gren. Regt. Nr. 6, zum Premier⸗Lieutenant befördert. Gentz, Hauptmann und Compagnie⸗Chef vom Infanterie⸗Regiment Nr. 96, dem Re⸗ giment, unter Verleihung des Charakters als Major, aggregirt. Rasetzki, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 59, unter Belass. in seinem Kommdo. als Comp. Offiz. bei der Unteroff. Schule zu Pots dam, in das Inf. Regt. Nr 91 versetzt. v. Kamptz, Sec. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 59, zum Pr. Lt. befördert. Albrecht, Sec. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 46, unter Beförderung zum Pr. Lt., in das Gren. Regt. Nr. 3, Harte, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 77, in das Inf. Regt. Nr. 78 versetzt. Copien II., Sec. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 77, zum Pr. Lt. befördert. Morsbach, Hauptm. à la suite des Ge⸗ neralstabes der Armee und vom Nebenetat des Großen General⸗ stabes, unter Entbindung von dem Verhältniß als Vermess. Dirigent bei der trigonom. Abtheilung der Landesaufnahme, als aggr. zum Inf. Regt. Nr. 68, v. Roeßler, Prem. Lieut. vom Gren. Regt. Nr. 6 und kommdrt. bei der trigonom. Abtheil. der Landesaufnahme, unter Beförder. zum Hauptm. und unter Stellung à la suite des Generalstabes der Armee, behufs Verwendung als Vermess. Dirigent, in den Nebenetat des Großen Generalstabes, Becker, Hauptm. à la suite des Generalstabes der Armee und vom Nebenetat des Großen Generalstabes, unter Entbind. von dem Verhältniß als Vermess. Dirigent bei der trigonom. Abtheil. der Landesaufnahme, als Battr. Chef in das Feld⸗Art. Regt. Nr. 22 versetzt. v. Platen, auptm. à la suite des Inf. Regts. Nr. 57, unter Belass. im sebenetat des Großen Generalstabes, behufs Verwendung als Vermess. Dirigent bei der trigonom. Abtheil. der Landesaufnahme, à la suite des Generalstabes der Armee gestellt. Wirk, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 92, von seinem Kommdo. bei der trigonom. Abtheil. der Landesaufnahme zu dem Kommdo. bei dem Großen Generalstab vom 1. Mai cr. ab auf ein Jahr über⸗ getreten. Tecklenburg, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 87, Stün⸗ kel, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 81, Hunger, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 21, zur Dienstleist. bei der trigonom. Abtheil. der Landes⸗ aufnahme vom 1. April cr. ab auf drei Jahre, Hellmar, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 22 und kommdrt. zur trigonom. Abtheil. der Landesaufnahme, vom 1. April cr. ab auf ein ferneres Jahr zur gedach⸗ ten Abtheil., kommandirt. Reichert, Hauptm. à la suite des Ge⸗ neralstabes der Armee und vom Nebenetat des Großen Generalstabes, unter Entbindung von dem Verhältniß als Vermess. Dirigent bei der topographischen Abtheilung der Landesaufnahme, als Compagnie⸗Chef in das Infant. Regt. Nr. 96 versetzt. v. Weddig, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 91 und kommdrt. zur Dienstleist. bei dem Generalstab, unter Stellung à la suite des Generalstabes der Armee, behufs Verwendung als Vermess. Dirig. bei der topograph. Abtheil. der Landesaufnahme, in den Nebenetat des Großen Generalstabes versetzt. v. Kirchbach, Pr. Lt. à la suite des Generalstabes der Armee und vom Nebenetat des Großen Generalstabes, Vermess. Dirigent bei der topograph. Abtheilung der Landesaufnahme, zum Hauptm. befördert. Maske, Sec. Lt. vom üs. Regt. Nr. 90, in das Inf. Regt. Nr. 46 versetzt. 29. März. rhr. v. Schleinitz, Hauptm. und Flügeladjut. Sr. Hoheit des erzogs zu 1“ hausen, zum Major beförd. Durch Verfügung des Kriegs⸗Ministeriums. 21. März. Leh⸗

mann, Sec. Lt. vom Füs. 82* Nr. 35, kommandrt. zur Dienst⸗

leistung bei der Gewehr⸗ und Munitionsfabrik in Erfurt, zu der in Danzig versetzt.

Abschiedsbewilligungen. Imaktiven Heere. Berlin, 25. März. v. Kitzing, Hauptm. à la suite des Inf. Regts. Nr. 61 und Vorstand des Festungsgefängnisses in Danzig, mit Pens. zur Disp. gestellt. Schallreiter, Pr. Lt. und 2. Offiz. des Festungs⸗ gefängnifsts in Cöln, als Rittm. mit Pens. und der Armee⸗Unif. der Abschied bewilligt. aellmigk, Rittm. a. D., zuletzt Escadr. Chef im Hus. Regt. Nr. 8, der Charakter als Major verliehen.

Im Sanitäts⸗Corps. Berlin, 25. März. Dr. Kre⸗ mers, Ober⸗Stabsarzt 1. Kl. und Regts. Arzt vom Inf. Regt. Nr. 84, zum Inf. Regt. Nr. 13, Dr. Küppers, Ober⸗Stabsarzt 2 Kl. und Regts. Arzt vom Inf. Regt. Nr. 13, zum Inf. Regt. Nr. 84, Dr. Marheineke, Stabs⸗ und Bataillons⸗Arzt vom Garde⸗Schützen⸗Bataillon, zum 2. Bataillon des Eisenbahn⸗Regts., Dr. Haase, Stabs⸗ und Bataillons⸗Arzt vom 2. Bataillon des Eisenb. Regts., zum Garde⸗Schützen⸗Bat., Dr. Engelhardt, Stabs⸗ und Bats. Arzt vom Train⸗Bat. Nr. 14, zum 2. Bat. Inf. Regts. Nr. 27, Dr. Fabricius, Stabs⸗ und Bats. Arzt vom 2. Bat. Inf. Regts. Nr. 27, zum Train⸗Bat. Nr. 14, Dr. Hilde⸗ brandt, Assist. b 1. Kl. vom Drag. Regt. Nr. 19, zum Train⸗ Bat. Nr. 4, Dr. Stechow, Assist. Arzt 1. Kl. vom Gren. Regt. Nr. 7, zum Regt. der Gardes du Corps, Dr. Koßwig, Assist. Arzt 2. Kl. vom Inf. Regt. Nr. 78, zum Füdnr. Regt. Nr. 10, Dr. Schjer⸗ ning, Assist. Arzt 2. Kl. vom Inf. Regt. Nr. 48, zum Garde⸗Schützen⸗ Bat., Dr. Waetzoldt, Assist. Arzt 2. Kl. vom Feld⸗Art. Regt. Nr. 18, zum 2. Garde⸗Drag. Regt., Dr. Hunger, Assist. Arzt 2. Kl. vom Feld⸗Art. Regt. Nr. 8, zum Inf. Regt. Nr. 65 Se Dr. Hoppe, Stabs⸗ und Bats. Arzt vom Füs. Bat. Inf. Regts. Nr. 68, mit Pension und der Unif. des Sanit. Corps, Dr. Richter, Ober⸗S tabsarzt 2. Kl. der Landw. vom Res. Landw. Regt. Nr. 38, Dr. Ziegert, Stabsarzt d. Landw. v. 1. Bat. Landw. Regts. Nr. 44, Dr. Peltesohn, Stabsarzt d. Landw. v. Res. Landw. Regt. Nr. 35, Dr. Kohlhardt, Stabsarzt der Landw. vom 1. Bat. Landw. Regts. Nr. 72, Dr. Nothnagel, Stabsarzt der Landw. vom 1. Vat. Landw. Regts. Nr. 94, der Abschied bewilligt. Dr. Finger, Assist. Arzt 2. Kl. vom Feld⸗Art. Regt. Nr. 2, ausgeschieden und zu den Aerzten der Res. des 1. Bats. Landw. Regts. Nr. 51, Dr. Wallé, Marine⸗Assist. Arzt 2. Kl. von der 1. Matrosen⸗Div., ausgeschieden und zu den Aerzten der Marine⸗Res. des Res. Landw. Regts. Nr. 40, übergetreten. 27. März. Bayer, Sec. Lt. von der Res. des Ulan. Regts. Nr. 15, aus seinem jetzigen Milit.⸗Verhältniß ausge⸗ schieden und gleichzeitig im Sanitätscorps als Assist. Arzt 2. Kl. der Res., unter Vorbehalt der Patentirung, angestellt

Beamte der Militär⸗Verwaltung. Durch Allerhöchste Verfügung. 13. März. Glüer, Pr. Lt. a. D., Zahlmstr. beim 21 Regt. Nr. 17, aus Anlaß seiner Versetzung in den Ruhestand, der Charakter als Rechnungs⸗Rath rerliehen.

Niichtamtliches. Deutsches Reich. 16

Preußen. Berlin, 2. April. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen heute den Vortrag des Wirk⸗ lichen Geheimen Raths von Wilmowski entgegen und empfin⸗ gen später die Meldung des Majors im Generalstabe Grafen von Wedel, kommandirt zur Botschaft in Wien. 3

Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Carl, sowie die Erbprinzlich Hohenzollernschen Herr⸗ chaften verabschiedeten Sich heute bei den Kaiserlichen Majestäten. 3

Den Kammerherrendienst bei Ihrer Majestät der Kaiserin⸗Königin haben die Königlichen Kammerherren Freiherr von Rosenberg und Graf Oeynhausen übernommen.

v

Der Bundesrath trat heute zu einer Sitzung zu⸗ sammen.

Ein aus Zarizyn vom 28. v. M. datirtes Telegramm des Grafen Melikoff enthält folgende Mittheilungen: Der General⸗Major Orlow hat bereits 60 Fischereien an der Wolga besucht und dieselben fast alle in einem tadellosen, viele sogar in einem musterhaften Zustande gefunden. Nur drei waren völlig verwahrlost, und es ist den betreffenden Eigenthümern bei Strafe der Schließung ihrer Fischereien aufgegeben worden, dieselben innerhalb eines Monats in einen geordneten Zustand zu bringen. Die Arbeiter werden überall gut erhalten; Krankheiten sind unter ihnen nicht verbreitet; viele Fischereien haben eigene Spitäler eingerichtet.

Die Untersuchung der Fischereien an der Akhtuba durch den Oberst Davydow ist beendigt. 3

Die Quarantäne des Dorfes Selitrennoje ist nach Ablauf der vorgeschriebenen 42tägigen Frist nach dem letzten Erkran⸗ kungsfalle und nachdem Dr. Béline erklärt hat, daß in dem ganzen ihm unterstellten Bezirke keinerlei verdächtige Kranke vorhanden sind, am 26. v. Mts. nach Abhaltung eines Dank⸗ gottesdienstes aufgehoben worden. Die Freude der Bevölke⸗ rung war eine allgemeine. Nahezu 500 Personen begaben sich sofort auf die Felder, um dieselben zu bestellen und das Vieh auf die Weide zu treiben.

In der ganzen Provinz Astrachan ist jetzt keine Ortschaft mehr von einem Sanitäts⸗Kordon umschlossen; nur der allge⸗ meine Quarantäne⸗Kordon besteht noch.

In Wetljanka fährt man fort, die infizirt gewesenen und verdächtigen Häuser niederzubrennen, und man hoffte, hiermit am 30. v. Mts. zu Ende zu kommen.

In wetteeen Verlaufe der gestrigen (31.) Sitzung setzte der Reichstag die zweite Berathung des Gesetzent⸗ wurfs, betreffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegenständen fort.

§. 2 lautet:

„Die Beamten der Gesundheitspolizei sind befugt, in die Räumlichkeiten, in welchen Gegenstände der in §. 1 bezeichneten Art feilgehalten werden, während der üblichen Geschäftsstunden oder während die Räumlichkeiten dem Verkehr geöffnet sind, ein⸗ zutreten. Sie sind befugt, von den Gegenständen der in §. 1 be⸗ zeichneten Art, welche in den angegebenen Räumlichkeiten sich be⸗ finden, oder welche an öffentlichen Orten, auf Märkten, Plätzen, Straßen oder im Umherziehen verkauft oder feilgehalten werden, nach ihrer Wahl Proben zum Zwecke der Untersuchung gegen Empfangsbescheinigung zu entnehmen. Auf Verlangen ist dem Besitzer ein Theil der Probe amtlich verschlossen oder versiegelt zurückzulassen. Für die entnommene Probe ist Entschädigung in Höhe des üblichen Kaufpreises zu leisten.“

§§. 3 und 4, welche in Verbindung mit §. 2 diskutirt wurden, lauten:

§. 3. „Die Beamten der Gesundheitspolizei sind befugt, bei Personen, welche auf Grund (der §§. 10, 12, 13) dieses Gesetzes zu einer Freiheitsstrafe verurtheilt sind, in den Räumlichkeiten, in welchen Gegenstände der in §. 1 befeloigeten Art feilgehalten wer⸗ den, oder welche zur Aufbewahrung oder Herstellung solcher zum Verkaufe bestimmter Gegenstände dienen, während der in §. 2. angegebenen Zeit Revisionen vorzunehmen. Diese Befugniß beginnt mit der Rechtskraft des Urtheils und erlischt mit dem Ablauf von drei Jahren, von dem Tage an gerechnet, an welchem die Frei⸗ heitsstrafe verbüßt, verjährt oder erlassen ist.

§. 4. Beamte der Gesundheitspolizei im Sinne dieses Ge⸗ setzes sind die ärztlichen Gesundheitsbeamten, sowie diejenigen Be⸗ amten, welche von der höheren Verwaltungsbehörde als solche be⸗ zeichnet werden. Die Centralbehörde des Bundesstaats bestimmt, welche Behörde als höhere Verwaltungsbehörde zu gelten hat.“

Der Abg. Ruppert beantragte, statt der Worte in 8§. 2 und 3 „Gesundheitspolizei“ zu setzen „Polizei“ und §. 4 zu assen:

„Die Zuständigkeit zu den in §§. 2—3 bezeichneten Maß⸗ nahmen richtet sich nach den einschlägigen landesrechtlichen Be⸗ stimmungen.“

Ferner beantragte noch der Abg. Büchner, in §. 3 die Worte „oder Herstellung“ zu streichen und die Regierungs⸗ vorlage wiederherzustellen. Dieselbe lautet:

„Die Beamten der Gesundheitspolizei sind befugt, bei Per⸗ sonen, welche auf Grund (der §§. 10, 12, 13) dieses Gesetzes zu einer Freiheitsstrafe verurtheilt sind, in den Räumlichkeiten, in welchen Gegenstände der in §. 1 bezeichneten Art feilgehalten werden, oder welche zur Aufbewahrung solcher zum Verkaufe be⸗ stimmter Gegenstände dienen, während der in § 2 angegebenen Zeit Revisionen vorzunehmen.“

Alinea I. stimmt mit der Kommissionsfassung überein, also: „Beamte der Gesundheitspolizei im Sinne ꝛc.“

Der Abg. Büchner bat um Annahme seines Antrages. Er wolle den Zutritt zu den Herstellungsräumen nicht ge⸗ statten; es liege in diesem von der Kommission gemachten Zu⸗ satze eine Verschärfung der Bestimmungen, die bedenklich sei, weil die Strafen sehr leicht verhängt werden könnten.

Der Abg. Ruppert befürwortete seinen Antrag. Er wolle die jetzt in den Einzelstaaten bestehenden Organisationen er⸗ halten, indem man statt „Gesundheitspolizei“ einfach „Polizei“ sage und bestimme, daß sich die Zuständigkeit zu den bezeich⸗ neten Maßnahmen nach den Landesgesetzen richte. Besonders liege es im Interesse Bayerns, die bewährte Kontrolle, die jetzt von den Kommunen ausgeübt werde, zu erhalten und diesen schon bestehenden Organen keine ärztlichen Beamten zur Seite zu stellen, die jetzt die Stellung von Sachverständigen einnähmen. 8 8

Der Staatssekretär Dr. Friedberg erklärte sich mit diesem

8 Antrage einverstanden, denn das Gesetz wolle durchaus nicht

in die kommunalen Organisationen eingreifen, sondern sogar die bestehenden Organe nach Möglichkeit ausnutzen.

Die Abgg. Staudy, Windthorst und Dr. Harnier waren mit dem Antrage Ruppert ebenfalls einverstanden, weil der⸗ selbe die bereits bestehende Einrichtung beibehalte.

Der Abg. Graf Luxburg wies besonders darauf hin, daß nach bayerischem Gesetz der Bürgermeister allein die Polizei ausübe; wolle man Amtsärzten die Visitationen übertragen, so käme derselbe auf dem Lande, wo derselbe zugleich praktischer Arzt zu sein pflege, in eine schiefe Stellung.

Bei der Abstimmung wurde der Antrag Büchner abge⸗ lehnt, die Anträge Ruppert dagegen und mit ihnen die §8§. 2, 3 und 4 angenommen.

§. 5 lautet in der Kommissionsfassung:

„Für das Reich können durch Kaiserliche Verordnung mit Zu-

siimmung des Bundesraths zum Schutze der Gesundheit Vor⸗ schriften erlassen werden, welche verbieten:

1) bestimmte Arten der Herstellung, Aufbewahrung und Ver⸗ packung von Nahrungs⸗ und Genußmitteln, die zum Verkaufe be⸗ stimmt sind;

2) das gewerbsmäßige Verkaufen und Feilhalten von Nahrungs⸗ und Genußmitteln von einer bestimmten Beschaffenheit oder unter einer der wirklichen Beschaffenheit nicht entsprechenden Bezeichnung;

.3) das Verkaufen und Feilhalten von Thieren, welche an be⸗ stimmten Krankheiten leiden, zum Zwecke des Schlachtens, sowie das Verkaufen und Feilhalten des Fleisches von Thieren, welche mit bestimmten Krankheiten behaftet waren;

4) die Verwendung bestimmter Stoffe und Farben zur Her⸗ stellung von Bekleidungsgegenständen, Spielwaaren, Tapeten, Eß⸗, Trink⸗ und Kochgeschirr, sowie das gewerbsmäßige Verkzufen und Feilhalten von Gegenständen, welche diesem Verbote zuwider her⸗

gestellt sind; 5) das gewerbsmäßige Verkaufen und Feilhalten von

Petroleum von einer bestimmten Beschaffenheit.“

Der Abg. Nieper beantragte, den §. 5 ganz zu streichen, eventuell sollten die Verordnungen, wenn der Reichstag die Genehmigung versage, sofort außer Kraft treten; genehmigte Verordnungen könnten nur durch Reichsgesetz geändert und aufgehoben werden.

Der Abg. Dr. Reichensperger (Crefeld) erklärte, man könne §. 5 einstweilen entbehren und die Regelung der An⸗ gelegenheit ganz der Gesetzgebung überlassen. Wenn der Reichstag nachträglich eine Kaiserliche Verordnung kassire, so sei doch in der Zwischenzeit die betreffende Industrie erheblich ge⸗ schädigt worden, und dadurch stärke man das Ansehen des Kaisers nicht. Es sei Gefahr vorhanden, daß der Reichstag sich durch eine solche Verordnung in seinem Votum zu sehr vin⸗ kulirt fühle. Diese Fragen seien auch nicht so dringend, daß man damit nicht einige Monate bis zum Zusammentritt des Reichstages warten könne.

Die Diskussion wurde zugleich noch auf §§. 6 und 7 aus⸗ gedehnt; dieselben lauten:

§. 6. Für das Reich kann durch Kaiserliche Verordnung mit Zustimmung des Bundesraths das gewerbsmäßige Herstellen, Ver⸗ kaufen und Feilhalten von oW“ welche zur Fälschung von E. oder Genußmitteln bestimmt sind, verboten oder beschränkt werden.

§. 7. Die auf Grund der §§. 5, 6 erlassenen Kaiserlichen Ver⸗ ordnungen sind dem Reichstag, sofern er versammelt ist, sofort, an⸗ dernfalls bei dessen nächstem Zusammentreten vorzulegen. Dieselben sind außer Kraft zu setzen, soweit der Reichstag dies verlangt.

Der Abg. Dr. Nieper beantragte, §. 7 wie folgt, zu fassen:

„Die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Kaiserlichen Ver⸗ ordnungen sind dem Reichstage bei dessen nächstem Zusammentreten zur Genehmigung vorzulegen. Dieselben treten, soweit der Reichs⸗ tag die Genehmigung versagt, sofort außer Kraft. Die genehmigten Verordnungen können nur durch Reichsgesetz geändert oder auf⸗ gehoben werden.“

Der Ab. Meier (Schaumburg⸗Lippe) erklärte, er habe in der Kommission den Antrag gestellt, das Petroleum aus §. 5 zu streichen, und habe dafür dieselben Gründe, die in der Pctition der Bremer Handelskammer angeführt seien. Uebri⸗ gens hätten die Handelskammern noch mehrerer deutscher Städte Petitionen gleichen Inhalts überreicht. Zur Beseitigung der herrschenden großen Erregung in den betheiligten Kreisen ersuche er die Regierung, die in der Kommission abgegebene Erklärung hier zu wiederholen, daß sie Verordnungen über Petroleum nicht erlassen wolle, ohne vorherige Anhörung der Handelskammern und der Vorsteher großer Verkehrsanstalten.

Der Staatssekretär Dr. Friedberg bemerkte, es sei eine natürliche Voraussetzung, daß Verordnungen dieser Art nicht erlassen würden ohne vorherige gutachtliche Anhörung der kompetenten sachverständigen Korporationen und Personen, schon damit die Verordnung kein Desaveu im Reichstage er⸗ fahre. Das gelte auch vom Petroleum im Speziellen.

Der Abg. Baer (Offenburg) erklärte, es handele sich hier ar nicht um eine zur gesetzlichen Regelung geeignete Materie, ondern um die Anwendung eines vorhandenen Gesetzes, die im Verordnungswege durchgeführt werden müsse.

Der Abg. Dr. Reichensperger (Crefeld) bemerkte, er wünsche nur, daß die im §. 7 konstituirte nachträgliche Prü⸗ fung des Reichstages vor Erlaß der Verordnung erfolgen solle.

Der Abg. Dr. Lasker wies darauf hin, daß der Reichstag mit Weglassung dieses Paragraphen den frucht⸗ barsten Theil des Gesetzes entfernen würde. Hier sei das Reichspolizeirecht zweckmäßig mit der Gesetzgebung in Einklang gebracht, ohne Klagen der Einzelstaaten zu ver⸗ anlassen. Durch das Verordnungsrecht des Kaisers und des Bundesraths sei die schwere Beweglichkeit, welche die Gesetz⸗

ebung habe, vermieden. Eine neue Entdeckung könne täglich rrthümer aufdecken, welche ohne §. 5 noch ein Jahr lang bis zur gesetzlichen RFegelung die oft von einer schwanken⸗ den Majorität abhange bestehen bleiben müßten, während nach §. 5 der Kaiser und Bundesrath die irrthümliche Ver⸗ ordnung sosort im Verordnungswege wieder aufheben könne. Wenn eine allgemeine Verordnung von Reichswegen erfolge, dann sei der Verkehr auch gegen alle abweichende Maßregeln der Einzelstaaten sicher; die Feabde behe sei eine einheitliche. Die Kaiserlichen Verordnungen auf Grund der Gewerbe⸗ ordnungsnovelle seien in analoger Weise der Kontrole des Reichstags unterworfen, und das Ansehen des Kaisers leide darunter nicht. Allerdings werde der Reichstag für die Auf⸗ hebung solcher Verordnungen besondere geschäftsordentliche Regeln treffen müssen; eine einmalige Berathung sei hier nicht angezeigt. Er bitte, den §. 5 nicht zu streichen. Darauf wurden die §§. 5—9 nach Ablehnung der Amendements ge⸗ mäß den Beschlüssen der Kommission angenommen. §. 10 lautet: „Mit Gefängniß bis zu sechs Monaten und mit Geldstrafe bis zu eintausend fünfhundert Mark oder mit einer dieser Strafen wird bestraft: im Handel und Verkehr

1) wer zum Zweck der Täuschun Nahrungs⸗ oder Genußmittel Se oder dadurch verfälscht, daß er dieselben mittels Entnehmens oder Zusetzens von Stoffen

mit dem Schein einer besseren

verschlechtert oder daß er dieselben Beschaffenheit versiebt; 2) wer wissentlich Nahrungs⸗ oder Genußmittel, welche ver⸗ dorben oder nachgemacht oder im Sinne der Nr. 1 verfälscht sind, unter Verschweigung dieses Umstandes verkauft oder unter einer zur Täuschung geeigneten Bezeichnung feilhält..“) Dazu beantragte der Abg. Baer (Offenburg), die Ziffer 1 dahin zu fassen: „wer zum Zwecke der Täuschung im Handel und Verkehr Nahrungs⸗ oder Genußmittel nachmacht oder verfälscht“; in Ziffer 2 zwischen „nachgemacht oder“ und „ver⸗ fälscht“ die Worte: „im Sinne der Nr. 1“ zu streichen. Die Abgg. Büchner, Dr. Günther (Nürnberg) und Ge⸗ nossen beantragten dagegen folgende Fassung:

it Gefängniß u. s. w.: 12. zum Zweck der Täuschung im Handel und Verkehr

Nahrungs⸗ oder Genußmittel nachmacht oder verfälscht;

2) wer wissentlich Nahrungs⸗ oder Genußmittel verkauft oder feilhält, welche verdorben oder nachgemacht oder verfälscht sind;

Der Abg. Baer (Offenburg) bemerkte, er habe gegen die Fassung des §. 10 in der Regierungsvorlage juristische Be⸗ denken. Es sei hier der Versuch gemacht, den Begriff der Verfälschung“ zu definiren, aber dieser Versuch sei mißglückt. Man möge es dem Richter überlassen, in den einzelnen Fällen festzustellen, ob eine strafbare Handlung vorliege.

Der Abg. Dr. Schulze (Delitzsch) beantragte, den ersten Absatz des §. 10 zu fassen wie folgt:

„Wer zum Zweck der Täuschung im Handel und Verkehr Nahrungs⸗ oder Genußmittel nachmacht oder dadurch verfälscht, daß er dieselben mittelst Zusetzen von Stoffen verschlechtert oder den bestehenden Geschäftsgebräuchen gemäß mit dem Schein einer besseren Beschaffenheit versieht.“

Redner sprach sich gegen die Vorlage aus; nach Handels⸗ und Geschäftsgebräuchen würden Aenderungen mit Waaren ange⸗ nommen, um ihnen einen bessern Schein zu geben; dieselben fielen unter diesen Paragraphen, wenn man diese Usancen nicht als berechtigt hinstelle, soweit sie eben unschädlich seien. Der Abg. Dr. Mendel bemerkte, der Versuch des §. 10, eine Definition des Wortes „Verfälschen“ zu geben, sei als mißglückt zu bezeichnen. Derselbe gehe zum Theil zu weit, zum Theil nicht weit genug. Der spanische Wein sei durch⸗ gehends mit Alkohol versetzt, zum Theil, damit er den Trans⸗ port aushalte, zum Theil, zum Zwecke der Täuschung. Hier seien alle Momente des §. 10 gegeben, und mit dem Inkraft⸗ treten des Gesetzes sei der Handel mit spanischen Weinen ver⸗ boten. Wenn Jemand die Wurst mit etwas Semmel ver⸗ setze, um sie etwas schmackhafter und haltbarer zu machen, verfalle er dem §. 10. Die Motive sagten, man könne in Privathäusern auch Wurst ohne Semme machen; nicht Alle aber seien so glücklich, ihr eigenes Schwein schlachten zu können. Der Begriff „Schein einer besseren Beschaffenheit“ sei noch vager. Im vorigen Jahre sei nach den Motiven das Butterfärben „verwerflich“ gewesen, in diesem Jahre sei es gestattet. Er⸗ wecke man nicht den Schein einer besseren Beschaffenheit, wenn man trübes Bier klar mache? Am bedenklichsten er⸗ scheine dies beim Weinhandel. Nach dem Gesetz sei Chap⸗ talisiren und Gallisiren des Weins nur gestattet, wenn man den Wein als so verändert bezeichne. Dagegen könne man den Franzosen dieses Verfahren nicht verbieten, und da man es mit den zur Zeit bekannten chemischen Mitteln nicht nachweisen könne, setze man eine Prämie auf chaptalisirten resp. galli⸗ sirten französischen Wein, den man als Wein verkaufe, wäh⸗ rend der Deutsche ihn nur unter jener Bezeichnung verkaufen könne. Andererseits seien die Kinderpulver, die als Ersatz für Muttermilch vielfach empfohlen und verkauft würden, da sie nur Kohlenhydrate ohne Stickstoffgehalt seien, ungenügend für die Ernährung. Wo sei hier ein Schutz in dem Gesetze? Sehe man von jeder Definition des Wortes „Verfälschen“ ab, und überlasse es dem Richter, im konkreten Falle zu be⸗ urtheilen, ob etwas Strafbares vorliege oder nicht.

Der Bundeskommissar Geh. Ober⸗Regierungs⸗Rath Meyer erwiderte, der §. 10 wolle diejenigen treffen, welche zum Zweck der Täuschung verfälschten, also die Täuschung wollten. Derselbe mache ferner den Versuch, eine Definition des Begriffs „Ver⸗ fälschung“ zu geben; dieser Versuch, würde nicht gemacht wor⸗ den sein, wenn nicht in der Berathung von Sachverständigen der dringende Wunsch nach einer solchen Definition konstatirt worden wäre. Die Exemplifikation des Abg. Mendel auf die Kinderpulver beweise nichts. Seien dieselben in der That werthlos oder schädlich, so könne man den Verfertiger um deswillen belangen, weil er unwahre Thatsachen behauptet habe. Hierauf vertagte sich das Haus um 4 ½ Uhr.

In der heutigen (32.) Sitzung des Reichstag s, welcher der Präsident des Reichs⸗Justizamts, Staatssekretär Dr. Friedberg und mehrere andere Bevollmächtigte zum Bun⸗ desrath und Kommissarien desselben beiwohnten, setzte das Haus die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, be⸗ treffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Ge⸗ nußmitteln und Gebrauchsgegenständen, mit der Berathung des §. 10 fort. Derselbe lautet:

§. 10. Mit Gefängniß bis zu sechs Monaten und mit Geld⸗ strafe bis zu eintausendfünfhundert Mark oder mit einer dieser Strafen wird bestraft:

1) wer zum Zweck der Täuschung im Handel und Verkehr Nahrungs⸗ oder Genußmittel nachmacht oder dadurch verfälscht, daß er dieselben mittels Entnehmens oder Zusetzens von Stoffen verschlechtert, oder daß er dieselben mit dem Schein einer besseren Beschaffenheit versieht;

2) wer wissentlich Nahrungs⸗ oder Genußmittel, welche ver⸗ dorben oder nachgemacht oder im Sinne der Nr. 1 verfälscht sind, unter Verschweigung dieses Umstandes verkauft, oder unter einer zur Täuschung geeigneten Bezeichnung feilhält.

Hierzu lagen folgende Anträge vor:

a) vom Abg. Büchner und Gen.:

Mit Gefängniß u. s. w.: 8

1) wer zum Zweck der Täuschung im Handel und Verkehr Nahrungs⸗ oder Genußmittel nachmacht oder verfälscht;

2) wer wissentlich Nahrungs⸗ oder Genußmittel verkauft fder feilhält, welche verdorben oder nachgemacht oder verfälscht

b. vom Abg. Baer (Offenburg):

c. die Ziffer 1 dahin zu fassen:

„wer zum Zwecke der Täuschung im Handel und Verkehr Nahrungs⸗ oder Genußmittel nachmacht oder verfälscht“ ;

Jb. in Ziffer 2 zwischen „nachgemacht oder“ und „verfälscht“ die Worte „im Sinne der Nr. 1“* zu streichen.

c. vom Abg. Dr. Schulze⸗Delitzsch: b

den §. 10 Nr. 1 der Regierungsvorlage und Kommissions⸗ eschlüsse dahin zu fassen: „oder zum Zwecke der Täuschung im Handel und Verkehr Nahrungs⸗ oder Genußmittel nachmacht, oder dadurch verfälscht, daß er dieselben mittels Entnehmens oder Zusetzens von Stoffen verschlechtert oder den bestehenden Handels⸗ oder Geschäftsgebräuchen zuwider mit dem Schein einer besseren Beschaffenheit versieht“; u. s. w. 8

„Es entspann sich eine längere Debatte über die beste Weise, den Begriff der Fälschung zu definiren, an welcher

8

die Abgg. Dr. Buhl, refeld) Flottwell, Herrlein, Dr. Zinn, sowie der Staatssekretär Dr. Friedberg, der Geheime Regierungs⸗Rath Dr. Finkelnburg, und der Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Meyer betheiligten. Schließlich wurde §. 10, nachdem der Antrag Büchner zurück⸗ gezogen war, in der von dem Abg. Baer beantragten Fassung angenommen. Ohne Debatte wurde §. 11: §. 11. Ist die im §. 10 Nr. 2 bezeichnete Handlung aus Fahrlässigkeit begangen worden, so tritt Geldstrafe bis zu sechs⸗ Mark oder Haft oder Gefängnißstrafe bis zu drei Mo⸗ naten ein.

genehmigt. (Schluß des Blattes)

Nach der im Reichs⸗Eisenbahn⸗Amt aufgestellten in der Ersten Beilage veröffentlichten Nachweisung über die Betriebsereignisse resp. Tödtungen und Ver⸗ letzungen auf deutschen Eisenbahnen erkl. im Jahre 1878 waren im Ganzen zu ver⸗ zeichnen:

510 Entgleisungen und Zusammenstöße fahrender Zag⸗ (127 Courier⸗, Schnell⸗ und Personenzüge, 32 gemischte Züge und 351 Güterzüge resp leer fahrender Lokomotiven), 675 Ent⸗ gleisungen und Zusammenstöße beim Rangiren (82 mit, 593 ohne Betriebsstörung) und 1030 sonstige Betriebsereignisse, welche eine Störung des regelmäßigen Betriebes veranlaßten.

Es verunglückte ein Zug mit Personenbeförderung auf 9773 beförderte Züge dieser Gattung und ein Güterzug auf 3284 beförderte Güterzüge. Bei sämmtlichen Entgleisungen und Zusammenstößen (inkl. beim Rangiren) kommen auf einen Unfall 5 844 349 Achskilometer aller Züge gegen 5 514 465 im Jahre 1877 und 4 377 530 im Jahre 1876.

Von den 324 Fällen, welche zur gerichtlichen Kognition gelangten, wurde in 140 Fällen (43 Proz.) die gerichtliche Untersuchung ohne Erhebung einer Anklage eingestellt, in 73 Fällen (23 Proz.) wurden duech rechtskräftiges Erkenntniß 23. Personen freigesprochen und 58 Personen zu insgesammt 6 Jahren 2 Monaten und 2 Tagen Gefängniß verurtheilt; 111 Fälle (34 Proz.) sind noch unerledigt. Außer den vor⸗ stehend genannten Strafen wurden in 715 Fällen (32 Proz.) 7635 Geldstrafen, 64 Verweise und 32 Entlassungen im Disziplinarwege verhängt.

Nach der zweiten die Tödtungen und Verletzungen be⸗ handelnden Nachweisung sind im Jahre 1878 außer 122 Tödtungen und 13 Verletzungen bei beabsichtigtem Selbst⸗ morde im Ganzen 1641 Personen verunglückt (inkl. der in Folge von Betriebsereignissen Verunglückten) und zwar: 88 Passagiere (24 getödtet und 64 verletzt), 737 Beamte (139 getödtet und 598 verletzt), 537 Arbeiter (97 getödtet und 440. verletzt), 279 fremde Personen (140 getödtet und 139 verletzt).

Von den Verletzten sind noch nachträglich gestorben 85, innerhalb 8 Tagen genesen 165, nach 8 Tagen und vor Ab⸗ lauf von 4 Wochen genesen 369, über 4 Wochen krank ge⸗ nesen 289, über 3 Monate 81, über 6 Monate 38; bei 5 Per⸗ sonen ist eine dauernde Wiederherstellung nicht zu erhoffen; 160 Personen sind noch krank und von 49 ist der Krankheits⸗ verlauf unbekannt.

Von den 1536 Fällen, in denen (exkl. durch Unfälle im Betriebe) Tödtungen und Verletzungen vorkamen, gelangten 891 (58 Proz.) zur gerichtlichen Kognition; von diesen wurde in 792 Fällen (89 Proz.) die Erhebung einer Anklage abge⸗ lehnt, in 18 Fällen (2 Proz.) wurden durch rechtskräftiges Erkenntniß 18 Personen freigesprochen und 8 Personen zu insgesammt 2 Monate 25 Tage Gefängniß verurtheilt; die übrigen 81 Fälle (9 Proz.) sind noch unerledigt. Außerdem wurden in 22 Fällen 115 Geldstrafen, 2 Verweise und 5 Entlassungen im Disziplinarwege verhängt.

Von sämmtlichen Verunglückungen von Personen erkl. Selbstmörder entfallen auf:

A. Staatsbahnen und unter Staatsverwaltung stehende Privatbahnen (bei zusammen 15 616 km Betriebslänge, 20 822 km Geleislänge und 4 266 258 308 geförderten Achskilometern) 1127 Fälle, darunter die größte Anzahl auf die Bergisch⸗Märkische Bahn (173), die Oberschlesische Bahn (168) und die Sächsische Staatsbahn (117); verhältniß⸗ mäßig, d. h. unter Berücksichtigung der geförderten Achs⸗ kilometer und der im Betriebe gewesenen Geleislänge sind die meisten Verunglückungen auf der Westfälischen, der Ober⸗ schlesischen und der Bergisch⸗Märkischen Bahn vorgekommen.

B. Größere Privatbahnen mit je über 150 km Länge (bei zusammen 10 189 km Betriebslänge, 13 464 km Geleis⸗ länge und 2 576 006 854 geförderten Achskilometern) 493 Fälle, darunter die größte Anzahl auf die Rheinische Bahn (114), die Cöln⸗Mindener Bahn (92) und die Magdeburg⸗Halberstädter Bahn (43); verhältnißmäßig sind jedoch auf der Berlin⸗ Görlitzer, der Rechte⸗Oder⸗Ufer⸗ und der Rheinischen Bahn die meisten Verunglückungen vorgekommen. 1

C. Kleinere Privatbahnen mit je unter 150 km Länge (bei zusammen 1062 km Betriebslänge, 1133 km Geleis⸗ länge und 82 831 975 geförderten Achskilometern) 21 Fälle, darunter die größte Anzahl auf die Lübeck⸗Büchener Bahn (6), die Marienburg⸗Mlawkaer Bahn (4) und die Dortmund⸗ Gronau⸗Enscheder (3) bezw. die Tilsit⸗Insterburger Bahn (3); verhältnißmäßig sind auf der Tilsit⸗Insterburger, der Homburger und der Weimar⸗Geraer Bahn die meisten Ver⸗ unglückungen vorgekommen.

Von je 7 245 559 Reisenden wurde Einer getödtet und von je 2 717 084 Einer verletzt gegen 10 879 523 bezw. 1 673 484 im Jahre 1877 und 11 830 447 bezw. 2 957 611 im Jahre 1876 —, dagegen wurde von den im Betriebsdienste thätig gewesenen Beamten der 919. 1877 der 703. und 1876 der 819 getödtet und der 215. 1877 der 199., 1876 der 183. verletzt. G

Es entfällt eine Verunglückung im Jahre 1878 auf 4 220 325 Achskilometer aller Züge und auf 22 km durch⸗ schnittliche Jahresgeleislänge 1877 auf 4 249 558 bezw. 21 und 1876 auf 3 819 306 bezw. 18.

Ein Vergleich der aus je zwei dieser Zahlen resultirenden geometrischen Mittel ergiebt eine Abnahme der Verunglückungen

von circa 2 Prcz. 29 14 Proz. Abnahme im Jahre 1877 na

und 17 Proz. A me im Jahre 1876.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Großherzoglich hessischer Präsident des Gesammt⸗Ministeriums und Minister des Großherzoglichen Hauses und des Aeußern sowie des Innern, Freiherr von Starck, der Präsident des Finanz⸗ Ministeriums, Wirkliche Geheime Rath Schleiermacher und der Ministerial⸗RKath Müller, der Herzoglich sachsen⸗alten⸗ burgische Staats⸗Minister von Gerstenberg⸗Zech und der

Bürgermeister der freien und Hansestadt Hamburg, Dr. Kir⸗

chenpauer, sind in Berlin eingetroffen.

Dr. Reichensperger (Crefeld), von;

v11“ v“

Der zum Kaiserlichen Gesandten am Königlich dänischen Hofe ernannte Freiherr von Magnus ist in Kopenhagen eingetroffen und hat die Geschäfte der Gesandtschaft über⸗ nommen.

S. M. Panzer⸗Korvette „Hansa“, 8 Geschütze, Kom⸗ mandant Korvetten⸗Kapitän Heusner, hat am 3. März cr. Curagao verlassen, ankerte am 7. März auf der Rhede von Port au Prince und beabsichtigte am 13. März wieder in See zu gehen, um einige Häfen Haitis zu besuchen.

Cöln, 1. April. (W. T. B.) Die heutige Feier der Enthüllung des Denkmals des Fürsten von Bis⸗ marck ist äußerst glänzend verlaufen. Bei dem Bankett, an welchem 240 Personen theilnahmen, wurden über 30 000 für ein dem Grafen von Moltke zu errichtendes Denkmal gezeichnet.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 29. März. (Mgd. Ztg.) Das Gesuch oberländischer Gemeinden, die des Gewerbebetriebs im Umherziehen betreffend, hat in der Sitzung vom 26. d. M. den Landtag beschäftigt. Entgegen den Ausschußanträgen ist beschlossen worden, die Petition der Regierung zur Berücksichtigung zu überweisen. Dieser Beschluß hat insofern eine allgemeinere Bedeutung, als der Landtag damit dem Begehren beitritt, daß die Regierung sich bemühen möge, die Steuer von dem Gewerbebetriebe im Umherziehen zu einer Reichssteuer zu machen und damit den Gewerbebetrieb auf das Reichsgebiet auszudehnen.

Sachsen⸗Altenburg. Altenburg, 26. März. Der vor einigen Tagen geschlossene Landtag hat sich in erster Linie mit der Justizorganisation beschäftigt. Nach den gefaßten Beschlüssen wird das Landgericht mit acht Mitgliedern besetzt, wobei der Präsident und ein Direktor mit eingeschlossen sind. Bei demselben werden zwei Staatsanwälte und vier Ge⸗ richtsschreiber fungiren. Amtsrichter werden zusammen 16 ernannt, davon 6 beim Amtsgericht Altenburg, je zwei bei jedem der fünf Provinzialamtsgerichte. Dazu kommen noch 14 Amtsgerichtsassessoren und 11 Gerichtsschreiber. Von den ersteren wird einer vorzugsweise mit Besorgung der Amts⸗ anwaltsgeschäfte beim Amtsgericht Altenburg betraut, ein zweiter eventuell als Gehülfe der Staatsanwaltschaft verwen⸗ det werden.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Gotha, 30. März. (Leipz. Ztg.) Das Stadtverordneten⸗Kollegium hat einem Statut des Stadtraths die Genehmigung ertheilt, nach welchem Tanzbelustigungen in öffentlichen und Vereinslokalen, Konzerte, Theatervorstellungen, musikalische und deklamatorische Vorträge und gymnastische Produktionen einer Steuer unterworfen werden. Für Tanzbelustigungen be⸗ trägt die letztere nach der Dauer des Vergnügens 5—20 (ein Maskenball wird sogar mit 30 50 besteuert), für Konzerte und sonstige Vorträge ꝛc. 3—10 Konzerte zu Wohlthätigkeitszwecken und die Vorstellungen im Hoftheater unterliegen einer Besteuerung nicht.

Belgien. Brüssel, 29. März. (Cöln. Ztg.) Auf die gestern im Senat von d'Anethan im Namen der Rechten abgegebene Erklärung, daß der Unterrichts⸗Minister wegen seiner persönlichen Ansichten in Bezug auf die Religion kein vertrauenswürdiger Mann für das Amt sei, erklärte heute Frère Orban im Namen des Gesammt⸗Ministeriums: „Man hat Herrn Vanhumbeeck einen Vorwurf aus seinen religiösen Ansichten gemacht. Das verletzt das Rechtsgefühl. Wenn irgend welche religiösen Ansichten ein Hinderniß sein sollten, das Vertrauen des Königs zu erlangen, so würde die Freiheit der Kulte nicht mehr bestehen, und man könnte nur Minister sein unter der Bedingung, daß man zur katholisch⸗ apostolisch⸗römischen Religion Der Satz ist aber un⸗ haltbar, man müßte denn behaupten wollen, daß die Ge⸗ wissensfreiheit in Belgien verschwunden sei. Die Opposition würde einem Minister aus seinen religiösen Ansichten einen Vorwurf machen dürfen, wenn er dieselben in unsere Gesetze einfließen lassen wollte. In den der Gesetzgebung vorgelegten Entwürfen ist davon aber keine Spur; denn in allen sind die regiliösen Ueberzeugungen des Landes respektirt. Der Bischof von Tournai ist, wie die „Vérité“ meldet, gestern nach Lille abgereist.

1. April. (W. T. B.) Ihre Majestäten der König und die Königin sind gestern Abend von London hier ein⸗ getroffen. Die Königin war in London von einem Unwohl⸗ sein befallen, doch scheint dasselbe, so viel hier bekannt, keinen ernsteren Charakter zu haben.

Großbritannien und Irland. London, 31. März. (Allg. Corr.) Die neuesten Berichte vom südafrikanischen Kriegsschauplatze reichen bis zum 11. März. Darnach ist die Lage der Dinge seit dem Datum der vorletzten Cappost ziemlich unverändert geblieben. Am 10. März langte das Truppenschiff „Tamar“ mit dem 57. Regiment an Bord in Durban an. Das Schiff „Shah“, welches die ersten Verstär⸗ kungen von St. Helena brachte, schiffte am 5. März Truppen in Durban aus, und man hoffte in Kurzem den Entsatz von Ekowe wagen zu können. Ein Versuch, mit der Besatzung von Ekowe mittelst Signalen in Verbindung zu treten, ist miß⸗ lungen. gDer „Times“ wird unterm 11. d. aus Capetown gemeldet: Man glaubt, die Proviantvorräthe des in Ekowe eingeschlossenen Obersten Pearson dürften nicht bis über März hinaus reichen. Oberst Wood bleibt noch immer hinter seinen Verschanzungen am Goddapad. Seine jüngsten, im Verein mit Bberst Rowland unternommenen Operationen

egen irreguläre Zulubanden auf beiden 31 des Pongolo 8 keine sehr günstige Resultate. Oberst Rowland machte einen erfolglosen Angriff gegen eine Position auf dem Berge Telahu, und in weiteren Versuchen zur Verdrängung des Feindes mußten Rowlands und Bulwers Truppen in Folge der Hartnäckigkeit, mit welcher Umbelini seine starken Stellungen behauptet, sich zurückziehen. Oberst Woods Ope⸗ rationen sind zeitweilig sistirt worden. Seine Kolonne soll durch das Corps, dei sich jetzt an der Tugelagrenze be⸗ findet, wesentlich verstärkt werden.

Wie man dem „Daily Telegraph“ meldet, werden die Truppen vor Ende April nicht in der Lage sein, die Offen⸗ sive gegen Cetewayo wieder zu ergreifen. Das Haupt⸗ quartier Lord Chelmsfords ist nach Durban verlegt woden.

(E. C.) Dem „Globe“ nach, wären am Freitag auf dem Londoner Zollamte für Thee nicht weniger als