1879 / 100 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 29 Apr 1879 18:00:01 GMT) scan diff

Entwurf noch in dieser Session zu Stande komme.

giren zu lassen. Es wäre freilich möglich gewesen, die Dis⸗ parität der gesetzlichen Bestimmungen des Anfechtungsrechts innerhalb und außerhalb des Konkurses auf dem Wege der Spezialgesetzgebung zu erledigen; indessen sei dann die Gefahr vorhanden, daß damit das hauptsächlich angestrebte Ziel gleich⸗ mäßiger Ferebfe. und eines einheitlichen Rechts nicht erreicht werden würde. m so mehr habe sich deshalb die Reichs⸗ gesetzgebung der Sache angenommen, als einerseits eine An⸗ zahl von Staaten, z. B. Preußen, die Materie im Vertrauen auf erstere zu regeln unterlassen hätten, und andererseits die in anderen deutschen Staaten in Angriff genommenen Ent⸗ würfe die wesentlichsten Abweichungen von einander zeigten. Es sei der veüngendste Wunsch der Reichsregierung, daß der

Der Abg. Dr. Mayer (Donauwörth) bemerkte, die durch⸗ aus nothwendige Uebereinstimmung zwischen den Grundsätzen bei der Anfechtung im Konkurse und außerhalb desselben sollte nach den Motiven zur Konkursordnung durch die Partikular⸗ gesetzgebung herbeigeführt werden. In Bayern und Württem⸗ berg seien nur die betreffenden Bestimmungen in den Aus⸗ führungsgesetzen zu den Reichs⸗Justizgesetzen nach gründlicher Berathung in den Kammern Gesetz geworden. Diese Gesetze könnten neben dem hier vorgeschlagenen Reichsgesetz nicht be⸗ stehen und wären von der bayerischen und württembergischen Regierung auch sicherlich nicht ausgearbeitet worden, wenn ihnen die Ausarbeitung des vorliegenden Entwurfs im Reichs⸗ Justizamt bekannt gewesen wäre. Das Reichs⸗Justizamt nun, welches von den Gesetzentwürfen der Einzelstaaten Kenntniß gehabt, habe ein mindestens befremdliches Verfahren be⸗ obachtet, indem es den Einzelregierungen von der Bearbeitung des Reichsgesetzes nichts mitgetheilt habe. Er vermuthe, daß die dese und württembergischen Bevollmächtigten im Bundesrathe nur aus diesem Grunde gegen dieses Gesetz ge⸗ stimmt hätten, und möchte vom Bundesrathstische aus er⸗ fahren, ob diese Vermuthung zutreffe.

Der Staatssekretär Dr. Friedberg erwiderte, obgleich es nicht herkömmlich sei, über Abstimmungen im Bundesrathe hier gewissermaßen offizielle Erklärungen abzugeben, könne er doch bestätigen, daß die bayerische und württembergische Re⸗ gierung gegen dieses Gesetz gestimmt hätten, weil sie glaubten, daß für ihre Lande dem Bedürfniß bereits durch eigene Ge⸗ setze genügt sei. Die Mehrheit des Bundesrathes habe da⸗ gegen beschlossen, den Entwurf dem Reichstage vorzulegen. Das Reichs⸗Justizamt habe diesen Entwurf nicht ohne alle Noth und wider die Wünsche der deutschen Regierungen auf⸗ gestellt, sondern es sei von einer deutschen Regierung gefragt, ob eine reichsgesetzliche Regelung nicht der Partikulargesetz⸗

ebung vorzuziehen sei. Das Amt, welches zu dieser Meinung SS. habe dies allen Regierungen im Mai 1877 mitgetheilt und gebeten, ihm alle diese Materialien zu übersenden, um darauf⸗ hin zu prüfen, ob wirklich der Weg der Reichsgesetzgebung be⸗ schritten werden solle. Die bayerische Regierung habe ein gleiches Schreiben erhalten und dem Reichs⸗Justizamt eine ausführliche Denkschrift über den bayerischen Rechtszustand eingesandt. Aehnlich hätten es die anderen Regierungen gemacht; keine

aber habe an das Reichs⸗Justizamt den Wunsch gerichtet, es

möchte doch die Inangriffnahme 85 Gesetzgebung ganz unterlassen, vielmehr verlangten einzelne Staaten, namentlich Preußen, die reichsgesetzliche Regelung. Nun habe er aller⸗ dings, nachdem er einmal an die Aufstellung des Gesetzentwurfs gegangen sei, nicht wieder die einzelnen Regierungen gefragt, ob eine jede mit dem vorher schon theilweise mitgetheilten Ent⸗ wurf zufrieden sei; denn hierzu sei ja der Bundesrath berufen. Hier habe die bayerische Regierung, die inzwischen mit der Gesetzgebung vorgegangen sei, im Justizausschuß und später im Plenum gegen das Gesetz gestimmt. Wenn es sich aber frage, ob eine Gesetzgebungsfrage einheitlich für das Reich zu regeln sei, könne es doch nicht entscheidend sein, ob eine oder die andere, wenn auch sehr wichtige Regierung es inzwischen vorgezogen habe, die Frage so gut es eben gehe durch die Landesgesetzgebung für sein Rechtsgebiet zum Aus⸗ trag zu bringen. Freilich müßten nun schon fertig gewordene Gesetze wieder verschwinden. Das sollten aber die Abgeord⸗ neten der betreffenden Staaten in bundesfreundlicher Rücksicht auf diejenigen Staaten, in deren Gesetzgebung die Lücke im Vertrauen auf das Reich unausgefüllt geblieben, hinnehmen. Er hoffe demnach, daß die Meinung, als sei die g. Justizverwaltung gegen irgend welche deutsche Regierung nicht mit der nöthigen Rücksicht vorgegangen, in diesem Hause nicht Boden gewinnen werde.

Der Abg. Dr. Bähr (Cassel) stellte anheim, zu beschließen, daß analog dem neuesten englischen Gesetze Mobiliarveräuße⸗ rungen oder Verpfändungen des Schuldners für Unwetscn erklärt würden, wenn der Schuldner im Besitze des veräußer⸗ ten Gegenstandes geblieben und der Vertrag nicht in ein

öffentliches Register eingetragen sei. Der Abg. von Schmid (Württemberg) hielt zur Heit da die wichtigsten Partikularstaaten Bayern und Württemberg die Sache schon Hesetlich geregelt hätten, das Bedürfniß nach der einheitlichen Regelung durch Reichsgesetz nicht für so dringlich, daß man nicht bis zum Erlasse des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches warten könne.

Der Abg. Dr. Wolffson erklärte eine reichsgesetzliche Rege⸗ lung der Sache für nothwendig, und wies auf die Präzedenz der Einführung der Konkursordnung hin. Er beantragte, den Entwurf der Kommission von 21 Mitgliedern zu über⸗ weisen, welche bereits mit der Berathung des Gesetzes, be⸗ treffend die Konsulargerichtsbarkeit, beauftragt sei.

Der Abg. Freiherr von Maltzahn⸗Gültz beantragte dem⸗ gegenüber, diese Vorlage einer besonderen Kommission von 21 Mitgliedern zu überweisen. Der Antrag Wolffson wurde darauf angenommen, und die Vorlage an die Konsularkommission überwiesen. Es folgte die dritte Berathung des Gesetzentwurfs, be⸗ treffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genuß⸗ mitteln und GeNan hsgFgenstemnte ghr. Der Abg. Dr. Zimmermann beantragte, diesen Gegen⸗ stand für heute von der Tagesordnung abzusetzen, besonders auch in Anbetracht der geringen Asgog der Anwesenden, event. die Beschlußfähigkeit des Hauses festzustellen. edner wie vor für bedenklich, daß die Polizeibeamten allgemein befugt sein sollten, an Stelle von Gesundheitsbeamten den Verkehr mit nicss rungs⸗ und Genußmitteln zu kontroliren, vielmehr müsse es den Einzelstaaten überlassen werden, die Qualisikation dieser Beamten zu bemessen. Er hätte ferner die Aufnahme einer Präventivmaßregel in das Gesetz gewünscht, dahin gehend, daß wer überhaupt giftige Stoffe und Farben zu⸗ bereite und in den Verkehr bringe, gezwungen werden solle,

erklärte, er halte es nach

roße Zahl von Uebertretungen abgeschnitten würde. Lanptbedenken aber richte sich dagegen, daß der Gesetzentwurf den Begriff der „Verfälschung“ allgemein definire, während die Gesetzgebung anderer Staaten hier spezielle Bestimmungen für die einzelnen Fälle enthalte. Dieser Antrag wurde vom Hause abgelehnt, nachdem vom Bureau des Hauses die Be⸗ schlußfähigkeit desselben nicht bezweifelt worden war.

Der Dr. Harnier sprach seine Genugthuung aus über die Wirkung, welche die zweite Lesung des Entwurfes in den betheiligten Kreisen gefunden habe. Die Besorgnisse und Befürchtungen seien geschwunden, als könnten mit diesem Gesetze auch berechtigte Manipulationen neben schwindlerischem Treiben getroffen werden, und man sehe der Wirksamkeit des neuen Gesetzes mit Vertrauen entgegen.

Der Abg. Dr. Zimmermann befürwortete die Annahme der von ihm zu einzelnen Paragraphen gestellten Amende⸗ ments, die indessen noch nicht pedruckt und vertheilt seien, um Präventivmaßregeln gegen Mißdeutungen oder mißbräuchliche Anwendungen des Gesetzes zu treffen.

Die Generaldiskussion wurde geschlossen, und §. 1 ohne Debatte angenommen. Als der Präsident den §. 2 zur Debatte stellte, sprach der Abg. Dr. Zimmermann abermals seine Zweifel über die Beschlußfähigkeit des Hauses aus. Da dies⸗ mal das Bureau nicht übereinstimmend der entgegengesetzten Ansicht war, erfolgte die Auszählung des Hauses durch Namens⸗ aufruf, der die Anwesenheit von 199 Mitgliedern ergab also genau die zur Beschlußfassung erforderliche Anzahl von anwesenden Abgeordneten. §§. 2—3 wurden darauf nach den Beschlüssen zweiter Lesung genehmigt.

§. 4 lautet in der Fassung der zweiten Lesung:

„Die Zuständigkeit der Behörden und Beamten zu den in §§. 2 und 3 bezeichneten Maßnahmen, Revisionen, Untersuchungen ꝛc. richtet sich nach den einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen.“

Der Abg. Ruppert beantragte einen Zusatz, nach welchem landesrechtliche Bestimmungen, welche der Polizei weiter⸗ ehende Befugnisse beilegten, als es diese Vorlage thue, un⸗

erührt fortbestehen sollten. Das Haus trat diesem An⸗ trage bei. 8

8§. 5—9 wurden unverändert genehmitgt.

§. 10 lautet in der Fassung der zweiten Lesung:

„Mit Gefängniß bis zu 5 Monaten und mit Geldstrafe bis zu eintausendfünfhundert Mark oder mit einer dieser Strafen wird bestraft: 1) wer zum Zwecke der Täuschung im Handel und Kürtecr Nahrungs⸗ oder Genußmittel nachmacht oder ver⸗ ã ae. c. 8

Die Abgg. Dr. Schulze⸗Delitzsch und Dr. Braun beantrag⸗ ten ad 1 zu fassen: „wer zum Zweck der Täuschung im Handel und Verkehr Nahrungs⸗ oder Genußmittel nachmacht oder dadurch verfälscht, daß er dieselben mittels Entnehmens oder Zusetzens von Stoffen verschlechtert, oder daß er dieselben den bestehenden Handels⸗ oder Geschäftsgebräuchen entgegen mit dem Scheine einer besseren Beschaffenheit versieht.“

Der Abg. Dr. Braun (Glogau) vertheidigte diesen Antrag

aus dem Gesichtspunkte, daß auch den Mißbräuchen, die mit dem Gesetz getrieben werden könnten, vorgebeugt werden müsse. Der Begriff der Usancen und Geschäftsgebräuche stehe im Handelsgesetzbuche und sei also für den Richter auf diesem Gebiete maßgebend; seine Einführung in das Gesetz könne also keinen Bedenken begegnen. Natürlich seien nur solide Geschäfts⸗ und Handelsgebräuche gemeint. Redner nahm ins⸗ besondere auf den Wein zug; in Frankreich sei es erlaubt, in Jahren, wo die Krescenz sehr schwach sei, insbesondere bei den ““ andere als die richtigen Bezeichnungen zu wählen. Der Abg, Bär (Offenburg) bemerkte, man müsse doch zwischen berechtigten und unberechtigten Geschäftsgebräuchen, Geschäftskniffen unterscheiden; letztere in Schutz zu nehmen, könne doch nicht Aufgabe des Gesetzes sein; deshalb werde er gegen den Antrag Schulze⸗Braun stimmen.

Der Abg. Windthorst meinte, der allgemeine Fälschungs⸗ begriff genüge in diesem Paragraphen als klare Regel für den Richter nicht. Der Antrag Braun schütze aber nicht genug gegen die mißbräuchlichen Geschäftsusancen. Er beantrage die Streichung der letzten Worte des Antrages Braun nach „ver⸗ schlechtert“. Das Beste wäre, die Regierungsvorlage anzuneh⸗ men mit der Maßgabe, daß hinter „verschlechtert“ ein Punkt gemacht würde.

Der Bundeskoommissar Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Meyer sprach gegen die Aufnahme der „bestehenden Ge⸗ schäftsgebräuche“ in den Tenor des Gesetzes; die Ausführung des Gesetzes würde dadurch völlig illusorisch gemacht werden. 4 Der Abg. Dr. Schulze⸗Delitzsch entgegnete, man würde die berechtigten Interessen des Fabrikanten⸗ und Kaufmanns⸗ standes auf das Aergste verletzen, wenn man die bestehenden Geschäftsgebräuche unberücksichtigt lassen und allein mit der Polizeiwillkür in diesen Angelegenheiten vorgehen wollte. Die e des Bundeskommissars über die Ausführbarkeit des

esetzes mit der qu. Klausel könne er nicht theilen.

Der Abg. Dr. Braun bemerkte, von „Geschäftskniffen“ stehe

nichts in seinem Antrage; was solide Handelsgebräuche seien, werde der Richter doch wohl beurtheilen können, event. moge er auf das Gutachten der Handelskammern rekurriren. Die Wissenschaft thue teghaue sehr übel daran, die deutsche In⸗ dustrie und Landwirthschaft in ihrem Interesse zu beschränken und die Konkurrenz Deutschlands mit dem Auslande dadurch zu schwächen. 1 Der Abg. Löwe (Berlin) führte an dem Beispiel der in⸗ ländischen Chokoladenfabrikation aus, daß das Verbot des Zusetzens von Mehl zu Chokolade den ganzen deutschen Export in diesem Artikel lahm legen würde.

Der Abg. Dr. Reichensperger (Crefeld) erklärte, er sei der Ansicht, daß es doch besser wäre, solche Beispiele, wie das mit der Chokolade nicht anzuführen; kein Richter werde einen Fabri⸗ kanten wegen Fälschung bestrafen, welcher bei der Chokoladen⸗ anfertigung in mäßiger Weise Mehl anwende. Der Abg. Braun habe sich auf ein Gebiet begeben, auf dem er mehr bewandert ei als er, aber auch er (Redner) verstehe etwas vom Wein und könne den Kollegen Braun beruhigen, so schlimm, wie der⸗ selbe meine, verurtheilten die Richter nicht, aber was einmal Fälschung sei, müsse auch als solche geahndet werden.

Der Abg. Dr. Buhl trat gegen den Vorschlag des Abg. Windthorst und für den Antrag Braun ein und bemerkte wiederholt, daß die Weinbauern dem ganzen Gesetze zunächst mit Besorgniß entgegensähen. Der Antrag Braun wurde hierauf abgelehnt, und §. 10 angenommen.

§. 12 lautet nach den Beschlüssen der 2. Füung.

„Mit Gefängniß, neben welchem auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann, wird bestraft: 1) wer vorsätzlich Gegenstände, welche bestimmt sind, Anderen

Sein

eignet ist, ingleichen wer wissentlich Gegenstände, deren Genuß die menschliche Gesundheit zu beschädigen geeignet ist, als Nahrungs⸗ oder Genußmittel verkauft, feilhält oder sonst in Verkehr bringt;

wer vorsätzlich Bekleidungsgegenstände, Spielwaaren, Tapeten, Eß⸗, Trink⸗ oder Kochzeschirr oder Petroleum derart her⸗ gestellt, daß der bestimmungsgemäße oder vorauszusehende Gebrauch dieser Gegenstände die menschliche Gesundheit zu beschädigen ge⸗ eignet ist, ingleichen wer wissentlich solche Gegenstände verkauft, feilhält oder sonst in Verkehr bringt. 8

Der Versuch ist strafbar.

Tod eines Menschen verursacht worden, so tritt Zuchthausstrafe bis zu fünf Jahren ein.“

Der Abg. Dr. Dreyer beantragte, den letzten Absatz zu streichen, und begründete dieses Verlangen besonders damit, daß das ganze Gesetz ein Polizei⸗, kein Strafgesetz sei und daher nicht Zuchthausstrafen festzusetzen habe.

Der Bundeskommissar Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Meyer bat, die Vorlage unverändert anzunehmen. Der Charakter des Strafgesetzes hafte dem ganzen Entwurfe an, und schon die Annahme der §§. 10 und 11 habe gezeigt, daß auch der Reichstag dieser Ansicht sei.

Der Abg. Dr. Lasker hielt die Spezialstrafgesetzgebung für ein großes Uebel. Der richtige Ausdruck des Gesetzes wäre gefunden, wenn das Haus bei §. 9 abgeschlossen hätte. Da überhaupt schon viele Gegner des ganzen Gesetzes im Hause seien, so wäre es auch politisch, mindestens den Antrag des Abg. Dreyer anzunehmen, wenn nicht noch besser den ganzen §. 12 zu streichen

Der Abg. Staudy bat, den 8.8 Dreyer abzulehnen, welcher den Geist der ganzen Vorlage alteriren würde. Nachdem der Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Meyer sich wiederholt gegen das Amendement Dreyer ausgesprochen, wurde dasselbe abgelehnt und §. 12 unverändert angenommen, ebenso §. 13, welcher für den Fall, daß der Genuß oder Ge⸗ brauch des Gegenstandes die menschliche Gesundheit zu zerstören geeignet ist, Zuchthausstrafe bis auf Lebenszeit zuläßt.

Der Rest des Gesetzes gab zu keiner Diskussion mehr Anlaß; die definitive Abstimmung über das ganze Gesetz findet am Mittwoch statt. Hierauf wurde die Sitzung um 5 ¼ Uhr auf Mittwoch 11 Uhr vertagt.

Der Präsident theilte mit, daß er beabsichtige, auf die Tagesordnung der müettia i eea das Wechselstempelsteuer⸗ gesetz und für die dann folgende Sitzung am Donnerstag die erste Lesung des Zolltarifs, der Brau⸗ und Tabaksteuergesetze auf die Tagesordnung zu setzen. 8

Der Abg. Richter (Hagen) hielt es für besser, den Be⸗ schluß über das Wechselstempelsteuergesetz auszusetzen, bis die anderen Steuergesetze erledigt seien. Die erste Lesung des Zolltarifs und der Steuervorlagen schon am Donnerstag vor⸗ zunehmen, scheine ihm bedenklich. Denn trotz aller Versiche⸗ rungen, daß die Vorlagen dem Reichstage sofort nach dem Beginn der Ferien zugehen sollten, seien dieselben erst am Schluß der vorletzten oder im Laufe der letzten Woche ver⸗ theilt worden, obgleich die offiziöse Presse dem Reichstag einen Vorwurf daraus gemacht habe, daß er so früh in die Ferien gegangen sei. Er, Redner, sei bis jetzt kaum im Stande ge⸗ wesen, die Vorlagen durchzulesen.

Der Präsident von Forckenbeck bemerkte, daß ein Beschluß über die Donnerstagssitzung erst nach Schluß der Mittwochs⸗ sitzung gefaßt werden könne.

Die Aussetzung der Berathung des Wechselstempelsteuer⸗ gesetzes wurde vom Hause nicht gebilligt.

Der Kaiserliche Gesandte in Athen, Geheime Lega⸗ tions⸗Rath von Radowitz ist nach Berlin einberufen worden und hat die Reise hierher bereits angetreten. Während seiner Abwesenheit von Athen fungirt der Legations⸗Sekretär, Frei⸗ herr von Plessen als interimistischer Geschäftsträger.

Der Großherzoglich badische Gesandte am hiesigen Allerhöchsten Hofe, Freiherr von Türckheim, ist von Sr. Köni lichen Hoheit dem Großherzog von Baden zum Geheimen erster Klasse mit dem Prädikat „Excellenz“ ernannt worden.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Königlich bayerischer Ober⸗Appellationsgerichts⸗Rath Kastner, König⸗ lich württembergischer Ober⸗Steuer⸗Rath von Moser und Großherzoglich mecklenburg⸗schwerinscher Ober⸗Zolldirektor Oldenburg sind hier wieder eingetroffen.

Sucht ein Exekutor, welcher den Befehl zur Pfän⸗ dung von Mobilien hat, nach den von ihm vermißten arrestirten Sachen irrthümlich in Behältern nach, welche dem Exequenden nicht gehören und welche zu durchsuchen der Exekutor an sich nicht befugt ist, so ist, nach einem Erkenntniß des Ober⸗ Tribunals, vom 20. März 1879, dennoch der ihm entgegen⸗ gesetzte Widerstand strafbar.

Bayern. München, 28. April. (W. T. B.) Auf den Wunsch der sächsischen Theilnehmer ist die von der hiesigen Handelskammer auf Mitte Mai einberufene Delegirten⸗ konferenz auf unbestimmte Zeit vertagt worden.

Sachsen⸗Altenburg. Altenburg, 27. April. (L. Ztg.) Gestern Abend ist der General⸗Superintendent, Geheime Konsistorial⸗Rath Dr. th. Braun hier gestorben. Ihre Föcieriche Haheit die Prinzessin Albrecht von Preußen wird heute Altenburg wieder verlassen.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 28. April.

(W. T. B.) Der Kaiser hat ein Handschreiben an den Minister

des Innern gerichtet, in welchem er saßt, eine reinere Freude hätte ihm kaum geschaffen werden können, als die⸗ jenige sei, welche ihm in den letzten Tagen durch die Liebe seiner Völker bereitet worden sei. Er und die Kaiserin seien tief bewegt von diesen spontanen Kundgebungen aufrichtiger Liebe aus allen Ständen und Schichten der Bevölkerung. Er sei stolz und glücklich, Völker, wie sie dieses Reich umfasse, als seine Familie betrachten zu können. Die rauschenden Festlichkeiten seien vorüber, aber die dankbare Erinnerung werde nie aus dem Herzen des Kaisers schwinden. Am Schlusse weist der Kaiser den Minister an, es allgemein zu verkünden, daß der Kaiser und die Kaiserin Allen auf das Herzlichste danken. Kronprinz Rudolf und Prinz Leopold von Bayern sind heute nach Spanien abgereist.

Alle Blätter schildern den großartigen Eindruck des gestrigen Festzuges. Die Ringstraße und die Praterstraße prangen noch heute im Festschmucke und die große Masse der Fremden, welche alle Gassen bevölkert, läßt kaum erkennen,

als Nahrungs⸗ oder Genußmittel zu dienen, derart herstellt, daß

sie als giftig zu deklariren, wodurch von vornherein eine

der Genuß derselben die menschliche Gesundheit zu beschädigen ge⸗

daß die eigentliche Festwoche mit dem gestrigen Tage ihren Abschluß gefunden hat. ämmtliche Bahnen hatten zum

1u”

Ist durch die Handlung eine schwere Körperverletzung oder der

estzuge Extrazüge veranstaltet, die bis auf ätz⸗ v Veia⸗ uf das letzte Plätz

Die „Pol. Korr.“ meldet aus Belgrad vom 28. d. M.: Der Sektionschef Popovic und der Direktor des Zoll⸗ amts Raskalfic sind zu Vertretern der serbischen Regierung bei den Verhandlungen über den Handelsvertrag mit Oesterreich⸗Ungarn ernannt worden und begeben sich demnächst nach Wien. Der Minister der Auswärtigen Angelegenheiten beabsichtigt, die Großmächte zu ersuchen, eine Entscheidung bezüglich der Gebirgsgrenze zwischen Serbien und der Türkei zu treffen, um eine Wieder⸗ holung von Einfällen der Arnauten zu verhindern. Die Re⸗ gierung hat eine Abschätzungs⸗Kommission in die neuen serbischen Gebietstheile entsendet, um die Besitzverhältnisse der Mohamedaner und der Serben zu regeln.

29. April. (W. T. B.) Nach einer Meldung der „Neuen freien Presse“ hat Aleko Pascha einem Mitarbeiter des genannten Blattes gegenüber geäußert, er werde gegen die Mitte des Monat Mai an seinem Bestimmungsorte ein⸗ treffen. Ein detaillirtes Programm habe er noch nicht aus⸗ arbeiten können. Der Gouverneur von Ostrumelien werde leichzeitig der Machtvollstrecker der europäischen Kommission ein. F allen wichtigen Fragen werde die Majorität der Kommission das entscheidende Wort sprechen. Der Gouverneur werde zwischen der Psorte und der Kommission eine vermit⸗ telnde Stellung einnehmen. Die Pforte werde dem Gouverneur keine Befehle ertheilen, welche ihn in Gegensatz zu der Kom⸗ nission bringen könnten. Die Bevölkerung werde Ruhe halten, um die Wiederkehr der türkischen Truppen unnöthig zu machen. Sollte das Einrücken türkischer Truppen in Ost⸗ rumelien erforderlich sein, worüber die europäischen Mächte zu entscheiden hätten, so würde er das Land wieder verlassen müssen. „Der Gouverneur von Ostrumelien könne nicht gleich⸗ zeitig Fürst von Bulgarien sein, dies widerstrebe dem Ber⸗ liner Vertrage. Mit der Frage seiner Kandidatur habe er sich noch nicht beschäftigt, weil er keinerlei Veranlassung dazu gehabt habe. Die größte Aussicht auf Erfolg habe die Kan⸗ didatur des Prinzen Battenberg.

Niederlande. Amsterdam, 28. April. (W. T. B. Ihre Majestäten der König und die Königin in 82 gleitung Ihrer Königlichen Hoheiten des Großherzogs und der Großherzogin von Sachsen⸗Weimar heute früh die Hauptstadt verlassen und ihren feierlichen Einzug im Haag ge⸗

halten.

Belgien. Brüssel, 27. April. (Cöln. Ztg. An dem Briefwechsel zwischen dem König Lolne8 879 dem Papste ist kein wahres Wort; der „Osservatore Romano“ und der „Courrier de Bruxelles“ erklären die ganze Meldung für unwahr. Das vielbesprochene Plakat, durch welches die Provinzial⸗Gouverneure im Auftrage der Regierung den Hauptinhalt des vom Unterrichts⸗Minister über den Ar⸗ tikel 4 der S chulgesetzvorlage erlassenen Rundschreibens zur allgemeinen Kenntniß des Volkes gebracht haben, soll am nächsten Freitag im Repräsentantenhause zum Gegen⸗ stande einer Interpellation Seitens der Klerikalen gemacht werden. Der aus Frankreich gebürtige Pater Ernest (Konstantin Lemaire), der sich allzu eifrig mit belgischer Politik befaßt hat, ist aus dem Kapuzinerkloster zu Mons, in welchem er sich befand, auf Befehl der Regierung heraus⸗ gefordert und des Landes verwiesen worden. Dasselbe ist einem aus Deutschland gebürtigen Vikar, Namens Heller, widerfahren, der in Arquennes (Hennegau) von der Kanzel herab offene Empörung gegen die bürgerliche Behörde gepredigt hat. Das nächstjährige große Nationalfest wird auch mit einer Industrie⸗, Acker⸗ und Gartenbau⸗Aus⸗ stellung verbunden sein, die am 15. Juni eröffnet wer⸗

den soll.

Großbritannien und Irland. London, 26. April. (Allg. Corr.) Der „Standard“ schreibt: „Da die Blokade peruanis er Häfen durch die chilenische Flotte einige Besorgnisse für die britischen Interessen ist es befriedigend zu eifaaen, daß der Oberbefehlshaber an der Pacific⸗Station mit seinem Flaggenschiffe „Triumph“ und einigen kleineren ungepanzerten Schiffen seines Geschwaders eine Kreuzungstour an der peruanischen Küste ange⸗ treten hat.“

In Bezug auf den am Kap zu Grunde gegangenen Transportdampfer „Clyde“ wird gemeldet, daß dieses starke, aus Eisen gebaute Schiff von 2283 Tonnen Gehalt nicht weniger denn 120 Tonnen Schießbedarf für die Artillerie, außerdem eine große Menge Gewehrpatronen und eine schwere Ladung von Mundvorräthen, vornehmlich von präservirtem Fleisch an Bord geführt habe. Die gesammte Ladung ist mit dem Schiffe verloren gegangen.

Im Unterhause brachte am Donnerstag Mr. Peter Rylands, liberaler Vertreter für Burnley, folgende An⸗ träge ein: 1) Das Haus betrachtet mit Bedauern die große Vermehrung der Staatsausgaben. 2) Eine solche Ausgabe, für welche die gegenwärtige Regierung Ihrer Majestät ver⸗ antwortlich ist, ist nach der Meinung des Hauses nicht noth⸗ wendig, um für die Sicherheit des Landes im Inlande oder den Schutz seiner Interessen im Auslande Sorge zu tragen. 3) Die zur Bestreitung der gegenwärtigen Ausgaben erforder⸗ lichen Steuern beeinträchtigen die Operationen der Landwirth⸗ schaft und Fabrikation und vermindern die Fonds für die Beschäftigung von Arbeitern in allen Zweigen der Industrie und sind in Folge dessen Kigee an Pauperismus und Ver⸗ brechen zu erzeugen und die lokalen und allgemeinen Leiden des Volkes zu vergrößern. 4ü) Das Haus ist der Meinung, daß unverzüglich Schritte gethan werden sollten, um die gegen⸗ wärtigen Ausgaben auf einen solchen Betrag zu reduziren, der nicht allein das Gleichgewicht zwischen den Einnahmen und Ausgaben wieder herstellen, sondern auch den britischen Steuerzahlern eine wesentliche Erleichterung gewährt.

Vom afghanischen Kriegsschauplatze geht dem „Reuterschen Bureau“ folgende Depesche zu: Am 22. d. wurde ein Detachement britischer Truppen unter Kapitän Crengh, das sich auf dem Marsche befand, um Khamdakta zu verstärken, in Mhairavis von 1200 Mohmunds umzingelt. Nachdem Verstärkungen aus Lundokotal Ferbeigerwfer worden, wurde das Dorf erfolgreich entsetzt. Auf britischer Seite wurden 25 Mann getödtet oder verwundet, während der feindliche Verlust an Todten und Verwundeten 74 betrug. Nach dem 1 kehrte die britische Streitmacht nach Dekka zurück, ohne auf Widerstand zu stoßen.

Queensland. (Australien.) Brisbane, 26. März. Unter den Eingeborenen in den nördlichen Distrikten

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28. April. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Unterhauses erklärte der Baeenenh er. Fe1n 8es eine Anfrage Goldsmids: Frankreich und England hätten keine gemeinsame Note an den Khedive gerichtet, aber beide es für nothwendig erachtet, ihm ihre An ichten über seine jüngste Aktion auszusprechen. Die bezügliche De⸗ pesche sei bereits abgegangen, daher sei es unthunlich, den Inhalt derselben mitzutheilen. Der Unter⸗Staatssekretär Bourke erwiderte dem Marquis von Hartin ton, er werde die weiteren auf die egyptische Frage bezüglichen Schrift⸗ stücke vorlegen, sobald die Unterhandlungen beendet seien. Auf eine Anfrage Chamberlains antwortete der Unter⸗Staats⸗ sekretär Bourke: Die ostrumelische Kommission habe die Berathungen des organischen Statuts beendet und dasselbe unterzeichnet, der Sultan habe dasselbe jedoch noch nicht rati⸗ fizirt. Das Statut werde dem Parlamente zugehen, sobald die Ratifikation erfolgt sei. Auf eine Anfrage Monks ent⸗ egnete Bourke: die Berichte aus Kreta lauteten sehr unbe⸗ riedigend; der englische Konsul glaube, der wirkliche Grund für die mißlichen Verhältnisse auf Kreta sei der Mangel an einer tüchtigen Polizei. Der Schatzkanzler Northcote erwiderte Denison: die Unterhandlungen bezüg⸗ lich Ostrumeliens dauerten noch fort; es bestehe ein universelles Einvernehmen, die strikte Aus⸗ führung des Berliner Vertrages zu fordern. Schließlich wurde die Debatte über die von Rylands be⸗ antragte Resolution fortgesetzt, welche die große Ver⸗ mehrung der Staatsausgaben tadelt und eine sofortige Reduktion derselben empfiehlt (s. o.). Im Laufe derselben griff namentlich Gladstone die Finanzpolitik der Regierung auf das Heftigste an. Die Strafe für die enormen Ausgaben, die die Regierung gemacht, für die Zwecke, um derentwillen die⸗ selben bewirkt worden, und für die Prinzipien, nach denen die Regierung dabei zu Werke gegangen, werde nicht aus⸗ bleiben. Ganz besonderen Tadel verdiene aber, daß auf das Gleichgewicht der Einnahmen und Ausgaben nicht Bedacht ge⸗ nommen werde. Der Schatzkanzler Northeote trat für die Regierung ein und hob namentlich hervor, daß die Politik der Regierung keine aggresive sei, daß indeß der Frieden und die Prosperität des Landes nur erhalten und gefördert werden könnten, wenn beide die Achtung zur Unterlage hätten, die man der Stärke zolle. Der Antrag Rylands wurde schließlich mit 303 gegen 230 Stimmen, also mit einer Majorität von 73 Stimmen für die Regierung, abgelehnt.

Frankreich. Paris, 26. Avpril. (Fr. Corr.) n seiner Eigenschaft als Präsident des fetera ths 1-e h hat der Minister des Innern und der Kulte, Lepore, in einer Versammlung, welche der Cercle du commerce in Auxerre ihm zu Ehren veranstaltete, eine Rede gehalten, in welcher er, nach der in dieser Stadt erscheinenden „Constitution“, u. A. sagte: „Die Republik ist jetzt definitiv gegründet; aber es wäre ein großer Irrthum, zu glauben, daß unsere Gegner auch schon die Waffen niedergelegt haben. Sie sind auf der Lauer, um auch den geringsten Fehler, den wir begehen könnten, gleich auszunutzen; sie sind geschlagen, aber nicht niedergeschlagen. Darum ist es für die republikanische Partei nöthiger als je, einträchtig zusammen zu halten. Ich kann Ihnen diese Einigkeit nicht dringend genug ans Herz legen, zumal in der letzten Zeit einige Symptome von Spaltung aufgetreten sind. Einigkeit in der Partei, Mäßigung in der Regierung, das soll unser Wahlspruch sein Für die Beziehungen der Kirche zum Staate muß einstweilen das Konkordat als maßgebend gelten, und diese Norm müssen wir mit Entschiedenheit festhalten. Man darf nicht sagen lassen, daß die Regierung die Religion angreifen will. Viel⸗ mehr wollen wir nur die Gewissensfreiheit vertheidigen, die Gewissensfreiheit für Jedermann. Dabei soll aber auch das Konkordat für Niemanden ein todter Buchstabe bleiben. Ich werde ihm Achtung verschaffen bei allen Mitgliedern der Geist⸗ lichkeit, wie hoch sie auch stehen mögen. Der Priester soll von der Kanzel nur Glaubenslehren predigen. Wenn er unsere Institutionen angreift, wenn er sich Schmähungen gegen die Staatsbeamten oder tteten erlaubt, müssen seine Ausschreitungen geahndet werden. Sie können darauf rech⸗ nen, daß ich in jedem Falle mit der größten Festigkeit darüber wachen werde, daß ein Jeder dem Gesetze gehorche, ohne darum im Verkehr mit der Geistlichkeit den Anstandsrücksich⸗ ten zu nahe zu treten, die ich auch sonst aller Welt gegenüber beobachte.“

(Cöln. Ztg.) Die Verfolgungen, welche gegen den Erzbischof von Aix eingeleitet worden sind, süen die Klerikalen in den höchsten Zorn versetzt. Wenn aber die Gesetze in ihrer ganzen Strenge gegen sie in Anwendung kommen, so könnte man den Erzbischof von Aix bereits heute des Landes verweisen. Die betreffenden Artikel des Strafges etzes lauten nämlich: „Art. 204. Jede Schrift, welche geistliche Instruktionen, unter welcher Form es auch sein mag, enthält, und in welcher der Kultus⸗Minister, die Regierung oder irgend eine Handlung der Staatsbehörde getadelt wird, zieht die Ver⸗ bannung gegen den Geistlichen nach sich, der sie veröffentlicht hat.“ Art. 205. „Wenn die im vorstehenden Artikel erwähnte Schrift eine direkte Herausforderung zum Ungehorsam gegen die Gesetze oder andere Akte der Staatsbehörde enthält, oder darauf abzielt, einen Theil der Bürger gegen die übrigen aufzuwiegeln oder zu bewaffnen, so wird der Geistliche der sie veröffentlicht hat, mit der Deportation be⸗ straft.⸗ Art. 206. „Wenn die in der bischöflichen Schrift enthaltene Herausforderung einen Aufruhr oder eine Empörung zur Folge hat, deren Beschaffenheit gegen einen oder mehrere Schuldigen zu einer strengeren Strafe als die der Deportation Anlaß giebt, so wird diese Strafe, welche immer sie sein mag (also auch die Todesstrafe) bei dem der Herausforderung schuldigen Geistlichen in Anwendung kommen.“ Wahrscheinlich wird es bei dem Erzbischof von Aix bei einfachem Tadel durch den Staatsrath sein Bewenden haben. Die Gesetze Ferry’s werden von der Deputirtenkammer mit großer Mehrheit an⸗ genommen werden; jetzt ist es aber auch sicher, daß dieselben, ungeachtet des Widerstandes Laboulaye's und seiner Freunde von der äußersten Rechten des linken Centrums, im Senat durchgehen werden. Die Klerikalen wollen deshalb dadurch, daß sie eine Unzahl von Amendements stellen, erzielen, daß die Sache auf die nächste Session verschoben werde. Die Re⸗ ierung wird jedoch die Dringlichkeit für die Gesetze verlangen, o daß, falls man die Verhandlung auch noch so sehr in die Länge zieht, sie doch noch in diesem Sommer zur Annahme kommen.

28. April. (W. T. B.) Bei der gestern im Depar⸗ tement Droͤme vorgenommenen Ersatzwahl zur Depu⸗

der Kolonie sind Unruhen ausgebrochen. Es wurden viele Leichen aufgefunden. 8

tirtenkammer wurde ein Bonapartist gewählt. Von

E11u.“.“ [“ 1

50 Generalrät en. die ihre Stimmen bezüglich des Ge⸗ setzentwurfs Ferry's über den höheren Unterricht abgegeben, haben sich 30 gegen und 20 für denselben aus⸗

gesprochen.

Spanien. Madrid, 26. April. (Ag. Hav. Die „Epoca“ berechnet das Resultat der 22 wie folgt: 320 Ministerielle, 46 Konstitutionelle, 12 Demokraten, 6 Gemäßigte, 10 Progressisten, 6 Independente, 5 Ultramon⸗ tane und 1 ohne bestimmte Parkeifarbe. Die Dppofttin werde sonach 100, die Regierungspartei dagegen 320 Stim⸗ men zählen. Die Netagen melden, daß die Cubaner 6 e er 1 Konstitutionellen und 17 Ministerielle gewählt

„— 29. April. (W. T. B.) Die Infantin Christine, zweite Tochter des Herzogs von Montpensier, angs vorigen Monats in Sevilla erkrankte, ist gestern achmittag gestorben. In Folge des Todesfalls wird Se Majestät der König sich heute nach Sevilla begeben.

Italien. Rom, 28. April. (W. T. B.) Die Depu tirtenkammer hat die mit Deutschland und der Schwei abgeschlossene Zusatz⸗Konvention über die Gotthard bahn mit 192 gegen 25 Stimmen genehmigt.

Rumänien. Zukarest, 27. April. Wie man der W. „Pr.“ von hier meldet, wird am 10./23. Mai, dem Jahrestage der Thronbesteigung des Fürsten Carl, die Armee einen Ehrensäbel mit goldenem Griff und kostbarer Toledoklinge dem Fürsten überreichen. In der Klinge sind eingravirt die Inschriften: „Dem treuen Fürsten, dem tapferen Heerführer. Die römische Tugend ist wieder erwacht“.

Bulgarien. Tirnowa, 28. April. (W. T. B.) Die bulgarische Notablenversammlung ist ge⸗ schlossen worden, nachdem alle Mitglieder derselben vorher die Verfassung unterzeichnet hatten. Die neu gewählte Deputirtenversammlung wird morgen eröffnet und beginnt wahrscheinlich alsbald mit der Vornahme der hursrn 2 wahl. Ein Theil der Deputirten, der indeß nur eine kleine Minorität bildet, scheint gewillt, die Vertagung der Fürsten⸗ wahl bis dahin zu beantragen, wo die Südgrenze Bulgariens festgestellt sei. Von englischer Seite wird, wie es heißt, die Kandidatur des Prinzen Waldemar von Dänemark unterstützt, die Kandidatur des Prinzen von Battenberg scheint vor⸗ bäufhg indeß die einzige, welche Aussicht auf Erfolg haben

8 Rußland und Polen. St. Petersburg, 25. April. (Journ. de St. Pêt.) Der „Regierungsbote“ zeigt an, daß Se. Majestät der Kaiser auf den Bericht der Direktion der vereinigten obersten militärischen Gerichtshöfe des Landheeres und der Marine befohlen hat, daß der Artikel 277 des Mi⸗ litärstrafgesetzbuchs vom Jahre 1875, der die Fälle auf⸗ zählt, in denen Tödtung und Verwundung nicht als Ver⸗ brechen angerechnet werden, durch einen speziellen Paragraphen folgenden Inhalts ergänzt werden soll, welcher lautet: „Wenn Tod oder Wunden die Folgen der Anwendung von Waffen Seitens derjenigen Truppen sind, welche von bürger⸗ lichen Behörden behufs Ausübung der ihnen obliegenden Pflichten zu Hülfe gerufen wurden, und man die in dieser Beziehung in Kraft bestehenden Vorschriften nicht außer Acht gelassen hat.“

„— 29. April. (W. T. B.) Gegenüber den von Wiener Blättern ausgesprochenen Vermuthungen, daß die Mission des Grafen Schuwaloff auf Bildung einer Art heiligen, gegen das revolutionäre Treiben gerichteten Bundes abziele, will das „Journal de St. Pétersbourg“ wissen, Graf Schu⸗ waloff werde mit den österreichisch⸗ungarischen Staatsmännern nur über die Maßregeln verhandeln, welche die Erfüllung des Berliner Vertrages und die Sicherung des Friedens im Orient bezwecken.

Amerika. Washington, 25. April. (Allg. Corr. (Per Kabel.) In der gestrigen Sitzung des 1 8 theidigte der Senator Conkling in einer energischen Rede die Bundesaufsicht über die Wahlen und die Anwesenheit des Militärs bei denselben, im Falle es nothwendig sein sollte. Den Vorschlag der demokratischen Partei, der Regie⸗ rung die Gelder für. den Staatsdienst zu verweigern, im Falle der Präsident Hayes die Verwerfung des Armeegesetzes mit seinem Veto belegen sollte, erklärte er für unkonstitutionell und verrätherisch. Mr. Conkling schloß seine Rede mit einer Belobung der vom General Grant befolgten Politik zum Schutze der Wahlen. Sämmtliche republikanischen Amende⸗ ments wurden mit 35 gegen 25 Stimmen verworfen. Die Abstimmung trug einen strikten Parteicharakter.

(GWeitere Meldung.) Der Senat nahm heute durch ein striktes Parteivotum das Armeebudgetgesetz an. Das⸗ selbe wird nunmehr dem Präsidenten zur Unterzeichnung unterbreitet werden.

Afrika. Tunis, 14. April. Heute fand hier für eine Strecke von 86 Kilometern die Einweihung und Eröffnung der Eisenbahn statt, welche binnen der zwei nächsten Jahre bis zur algierischen Grenze verlängert werden und die Verbindung zwischen Tunis und Algier her⸗ stellen soll. Der Bey nebst seinen Ministern, sowie die aus Paris und Algier eingetroffenen Direktoren der Bahn wohnten der Eröffnungsfeier bei.

Whydah, 21. März. (Allg. Corr., via Liverpool.) Das portugiesische Kriegsschiff weilt noch immer hier, um die Auslieferung eines vom König von Dahomey gefangen gehaltenen portugiesischen Unterthanen abzuwarten.

Aus dem Wolffschen Telegraphen⸗Bureau.

MNom, Montag, 28. April, Abends. Der italienische Delegirte bei der Kommission für die Regulirung der serbisch türkischen Grenze, Major Velini, ist heute nach Belgrad ab⸗ gereist. Die Deputirtenkammer ist mit der Berathung der Vorlagen über die Eisenbahnbauten beschäftigt. 1

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Die Erzählung „Und sie kommt doch!“ von Wilhelmin von Hillern, und die Novelle „Eisen“, von G. zu Putlitz, welch beide durch die „Deutsche Rundschau“ vortheilhaft bekannt gewor⸗ den, sind jetzt auch in besonderen Ausgaben, erstere in 3, letztere in 2 Bänden, im Verlage von Gebrüder Pätel hierselbst erschienen. Genf. (Allg. Ztg.) Der Ankauf des in Mittelfranken aus⸗

gegrabenen Skeletts des Archäopteryx durch Professor K. Vogt

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