1879 / 111 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 13 May 1879 18:00:01 GMT) scan diff

dem Prozeßgericht erster Instanz nach Maßgabe der bisherigen Vor⸗

schriften zu erlassenden Exekutionsbefehls unter entsprechender An⸗ wendung des §. 17. G §. 22. Im Bezirke des Appellationsgerichtshofes zu Cöln sind die Urtheile, welche in einem nach den bisherigen Vorschriften ver⸗ handelten Rechtsstreit erlassen sind, in der durch die bisherigen Vor⸗ schriften bestimmten Form auszufertigen. Dasselbe gilt für die vor dem Inkrafttreten der Deutschen Civilprozeßordnung notariell auf⸗ genommenen Urkunden und gerichtlich aufgenommenen Vergleiche.

Die nach den bisherigen Vorschriften ertheilten Nusfertigungen solcher Urtheile und Urkunden vertreten, soweit sie vollstreckbar sind, die Stelle der vollstreckbaren Ausfertigung. An Stelle der §S§. 664 bis 667, 669, 671 der Deutschen Civilprozeßordnung kommen die ent⸗ sprechenden bisherigen Vorschriften zur Anwendung.

§. 23. Ein im Bezirke des Appellationserichts zu Celle nach den bisherigen Vorschriften für vollstreckbar erklärter Zahlungsbefehl und eine in diesem Bez rke vor dem Inkrafttreten der Deutschen Civilprozeßordnung ertheilte vollstreckbare Ausfertigung einer Ent⸗

cheidung oder einer Urkunde gilt als vollstreckbare Ausfertigung nach den Vorschriften der Deutschen Cioilprozeßordnung.

§. 24. In den im §. 17 bezeichneten Rechtsgebieten findet das Verfahren über die Rechtfertigung eines Arrestes nach den bisherigen Vorschriften statt, sofern der Antrag auf Erlaß des Arrestbefehls bereite vor dem Inkrafttreten der Deutschen Civilprozeßordnung ge⸗

ellt war.

Im Bezirke des Appellationsgerichtshofes zu Cöln finden auf ein Prozeßverfahren behufs Gültigkeitserklärung eines Arrestes oder einer Beschlagnahme (Artikel 557, 558, 819, 820, 822, 826 der Rheinischen Civilprozeßordnung) die Vorschriften der eutschen Civil⸗ prozeßordnung Anwendung, sofern nicht bereits vor dem Inkraft⸗ treten derselben die Klage erhoben ist.

Im Bezirke des Appellationsgerichts zu Celle finden zum Zwecke der Aufhebung des Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung, welche ohne vorheriges Gehör des Gegners erlassen sind, die §§. 804, 805 der Deutschen Civilprozeßordnung Anwendung, sofern nicht be⸗ reits vor dem Inkrafttreten derselben eine Gegenvorstellung er⸗ hoben ist.

§. 25. Die fernere Pfändung von Gegenständen des bewegliche. Vermögens, welche vor dem Inkrafttreten der Deutschen Civilprozeß⸗ ordnung in Beschlag genommen, gepfändet oder überwiesen sind, er⸗ folgt nach den Vorschriften der Deutschen Civilprozeßordnung. Die Abschrift des Protokolls über die fernere Pfändung beweglicher kör⸗ perlicher Sachen ist, wenn die Zwangsvollstreckung durch das Gericht geleitet wird, dem letzteren einzureichen.

Im Falle der ferneren Pfändung von Forderungen oder anderen Vermögensrechten finden die §§. 750 bis 753 der Deutschen Civil⸗ prozeßerdnung und der §. 17 des Ausführungsgesetzes zu derselben Anwendung.

§. 26. Die §§. 750 bis 753 der Deutschen Civilprozeßordnung und der §. 17 des Ausführungsgesetzes zu derselben finden auch dann Anwendung, wenn die Theilnahme mehrerer Gläubiger an der Zwangsvollstreckung in eine Forderung durch eine vor dem Inkraft⸗ treten der Deutschen Civilprozeßordnung erfolgte Beschlagnahme oder Ermächtigung zur Einklagung der Forderung oder durch den Beitritt eines Gläubigers zu diesen Maßregeln hergestellt ist. Die Beschlagnahme und der Beitritt zu derselben stehen der Pfändung, die Ermächtigung zur Einklagung und der Beitritt zu derselben stehen der Ueberweisung im Sinne der erwähnten Vorschriften der Civil⸗ prozeßordnung gleich.

Die Bestimmungen des §. 753 Abs. 1, 3 bis 5 finden jedoch keine Anwendung, wenn die Klage gegen den Drittschuldner vor dem. Inkrafttreten der Deutschen Civilprozeßordnung anhängig geworden ist.

Die nach §. 750 der Deutschen Civilprozeßordnung erforderliche Anzeige ist dem nach §. 29 für das Vertheilungsverfahren zuständigen Gerichte zu erstatten.

§. 27. Wird durch die Theilnahme mehrerer Gläubiger an einer Vollstreckungsmaßregel ein Vertheilungsverfahren nothwendig, so finden die §§. 758 bis 768 der Deutschen Civilprozeßordnung An⸗ wendung, sofern das Vertheilungs⸗ (Distributions⸗ Prioritäts⸗) Ver⸗ fahren nicht bereits vor dem Inkrafttreten der Deutschen Civil⸗ prozeßordnung eröffnet worden ist.

Im Bezirke des Appellationsgerichtshofes zu Cöln tritt die An⸗ wendung der bezeichneten Vorschriften der Deutschen Civilprozeß⸗ ordnung ein, sofern vor dem Inkrafttreten derselben die Ernennung eines Richterkommissars nach Maßgabe des Artikels 658 der Rhei⸗ nischen Civilprozeßordnung noch nicht stattgefunden hat.

§. 28. Ein vor dem Inkrafttreten der Deutschen Civilprozeß⸗ ordnung eröffnetes Vertheilungsverfahren über Besoldungen oder andere an die Person des Schuldners gebundene fortlaufende Ein⸗ künfte ist nur ruͤcksichtlich der Einkünfte des laufenden Kalenderjahres nach den bisherigen Vorschriften fortzusetzen. Ein Beitritt zu der erfolgten Beschlagnahme findet nach dem Inkrafttreten der Deutschen Civilprozeßordnung nicht mehr statt. Eine nachher erfolgende Pfän⸗ dung der Einkünfte hat neben den Wirkungen der Pfändung auch die Wirkung des Beitritts zu dem eröffneten Verfahren, insoweit der⸗ selbe nach den bisherigen Vorschriften zulässig ist.

§. 29. Für ein nach den bisherigen Vorschriften fortzusetzendes Vertheilungs⸗ (Distributions⸗, Prioritäts⸗) Verfahren ist das Amts⸗ gericht, im Bezirke des Appellationsgerichtshofes zu Cöln das Land⸗ gericht zuständig, zu dessen Bezirk der Sitz des nach den bisherigen Vorschriften zuständigen Gerichts gehört.

In einem solchen Verfahren kann die in den bieherigen Vor⸗ schriften begründete Befugniß, sich nach der Eröffnung des Verfah⸗ rens an demselben zu betheiligen, auch nach dem Inkrafttrelen der Deutschen Civilprozeßordnung ausgeübt werden.

§. 30. Sind in einem nach den bisherigen Vorschriften zu be⸗ handelnden Vertheilungsverfahren Streitpunkte im Wege des Pro⸗ zesses ohne Erhebung einer besonderen Klage zu erledigen, so bestimmt sich die sachliche Zuständigkeit der Gerichte nach den bisherigen Vor⸗ schriften unter Anwendung der §§. 8 bis 11 dieses Gesetzes. 116“ Vorschriften der Deutschen Civilprozeßordnung über die Einstellung, Beschränkung und Aufhebung der Zwangsvollstreckung, sowie über die Geltendmahhung von Einwendungen, welche die Zwangsvollstreckung betreffen, finden auch dann Anwendung, wenn die Zwangsvollstreckung im Uebrigen nach den bisherigen Vorschriften zu erledigen ist.

Die Vorschriften der Rheinischen Civilprozeßordnung über die Einstellung der Zwangsvollstreckung auf Grund der Einlegung eines Rechtsmittels kommen neben den Vorschriften der Deutschen Civil⸗ prozeßordnung zur Anwendung.

§. 32. Rechte, welche ein Gläubiger voc dem Inkrasttreten der Deutschen Civilprozehordnung durch Beschlagnahme, Pfändung oder Ueberweisung erlangt hat, bleiben in Kraft auch gegenüber einer Pfändung, welche binnen zweier Jahre nach diesem Zeitpunkte be⸗ wirkt wird. Der Gläubiger, für welchen die spätere Pfändung er⸗ folgt ist, hat gegenüber jenem Gläubiger diejenigen Rechte, welche er erlangt haben würde, wenn die Pfändung nach den bisherigen Vorschriften als Pfändung oder als Beitritt oder Anschluß zu der früheren Maßregel erfolgt wäre.

In den Landestheilen, in welchen vor dem Inkrafttreten der Deutschen Civilprozeßordnung nach dem bisherigen Rechte durch die E Pfandrecht begoündet 88 F dieses Pfandrecht

gubiger die im §. 709 der Deutschen Civilprozeßordnu bezeichneten Rechte. 8 sche 8 8. 35. Die Uebergangsbestimmungen für die Zwangsvollstreckung 9S das unbewegliche Vermögen werden durch besonderes Gesetz ge⸗ troffen.

§. 34. Entmündigungssachen und gerichtliche Aufgebote sind nach den bisherigen Vorschriften zu deeh 88 dem kraft reten dieses Gesetzes das Verfahren beantragt war.

Aufgebote zum Zwecke der Kraftloserklärung von Urkunden, so⸗ fern sie nach den bisherigen Vorschriften außergerichtlich stattfinden,

Zweiter Titel. Strafsachen.

—.35. Die vor dem Inkrafttreten des Deutschen Gerichts⸗ verfassung gesetzes bei den aufgehobenen Gerichten anhängig gewor⸗ denen Strafsachen gehen, sofern für das weitere Verfahren die Vorschriften der Deutschen Strafprozeßordnung und des Forstdiebstahlsgesetzes vom 15. April 1878 Anwendung finden, auf die ordentlichen Gerichte nach Maßgabe der denselben beigelegten Zuständigkeit über. Die Ueberweisung von Strafsachen an die Schöffengerichte in Gemäßheit des §. 75 des Deutschen Gerichts⸗ verfassungsgesetzes kann auch dann erfolgen, wenn das Hauptverfahren vor dem Inkrafttreten des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes er⸗ öffnet worden ist.

Insoweit für das weitere Verfahren die bisherigen Vorschriften maßgebend sind, kommen die §§. 8, 9, §. 11 Abs. 1 dieses Gesetzes

zur entsprechenden Anwendung. Die Gerichte zweiter Inlanz ent⸗

scheiden in der Besetzung mit der durch die bishergeltenden Bestim⸗ mungen vorgeschriebenen Anzahl von Mitgliedern.

SF. 36. Auf das Verfahren bei nicht öffentlichen Zustellungen in Strafsachen, welche nach den bisheri en Gesetzen verhandelt wer⸗ den, finden die §§. 37, 38, 41 der Deutschen Strafprozeßordnung Anwendung.

Zustellungen durch die Post sind, sofern das Schriftstück vor dem Inkrafttreten der Deutschen Strafprozeßordnung zur Post gegeben ist, auch gültig, wenn sie nach Maßgabe der bisherigen Vorschriften bewirkt werden.

§. 37. In Strafsachen, welche nach den bisherigen Vorschriften verhandelt werden, finden die Vorschriften der Deutschen Straf⸗ prozeßordnung über die Berechtigung zur Verweigerung eines Zeug⸗ nisses (§§. 51 bis 55), über die Verpflichtung zur Erstattung eines Gutachtens (§§. 75, 76), über die Vernehmung und Beeidigung von Zeugen und Sachverständigen (§§. 49, 56 bis 64, 66 bis 71, 79, 80), über die zur Erzwingung eines eugnisses oder Gutachtens zulässigen Maßregeln (§S§. 50, 69, 77), über die Beschlagnahme und Durch⸗ suchung, sowie über die Verhaftung und vorläufige Festnahme (§§. 93 bis 132) entsprechende Anwendung.

§. 38. Wird in Strafsachen, welche nach den bisherigen Vor⸗ schriften verhandelt sind, die Wiederaufnahme des durch rechts⸗ kräftiges Urtheil geschlossenen Verfahrens beantragt, so ist für die Entscheidung über den Antrag, sowie für die Verhandlung und Ent⸗ scheidung in dem wieder aufgenommenen Verfahren dasjenige Ge⸗ richt zuständig, welches zuständig sein würde, wenn das frühere Ver⸗ fahren auf Grund der Vorschriften der Deutschen Strafprozeß⸗ ordnung, des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und der zur Aus⸗ führung derselben erlassenen Landesgesetze stattgefunden hätte. Wird das Urtheil des Berufungsgerichts in einer Sache angefochten, in welcher nach den Vorschriften der Deutschen Strafprozeßordnung die ersfung nicht stattfindet, so ist das Gericht erster Instanz zu⸗

ändig.

§. 39. Die bisherigen Vorschriften über die Frist für die Ein⸗ legung des Einspruchs gegen einen richterlichen Strafbefehl finden auf die vor dem Inkrafttreten der Deutschen Strafprozeßordnung erlassenen Strafbefehle Anwendung, mag die Zustellung des Befehls vor oder nach jenem Zeitpunkte erfolgt sein.

„§. 40. Für das gerichtliche Verfahren bei der Strafvollstreckung (§§. 483, 494 der Deutschen Strafprozeßordnung) aus Urtheilen, welche von den aufgehobenen Gerichten erlassen sind, ist in den bis⸗ her zur Zuständigkeit der Einzelrichter gehörigen Sachen das Amts⸗ gericht, in allen anderen Sachen das Landgericht zuständig. Die Vorschrift im ersten Satze des §. 11 dieses Gesetzes findet ent⸗ sprechende Anwendung.

. 41. Tritt ein in Gemäßheit der Vorschriften der Artikel 34 bis 45, 50 des Gesetzes vom 3. Mai 1852, des §. 9 des Gesetzes vom 25. April 1853, betreffend die Kompetenz des Kammergerichts zur Untersuchung und Entscheidung wegen der Staatsverbrechen, der Artikel 465 bis 478 der Rheinischen Strafprozeßordnung oder der §§. 453 bis 460 der Strafprozeßordnung vom 25. Juni 1867 er⸗ lassenes vorläufiges Strafurtheil in Folge der Selbstgestellung oder Haftnahme des Verurtheilten außer Kraft, so hat das nach Vor⸗ schrift des §. 40 für das gerichtliche Verfahren bei der Strafvoll⸗ streckung zuständige Gericht die Einstellung der letzteren anzuordnen und die Verhandlungen an das nach §. 35 Abs. 1 für das weitere Verfahren zuständige Gericht abzugeben.

§. 42. Insoweit die Verfolgung von Beleidigungen und Körper⸗ verletzungen nach den bisherigen Vorschriften im Wege des Civil⸗ prozesses stattfand, richtet sich die Erledigung eines anhängigen Verfahrens nach den Bestimmungen der §§. 1, 2, 3, §. 35 Abs. 2 dieses Gesetzes.

§. 43. Insoweit nach den Bestimmungen der Deutschen Straf⸗ prozeßordnung die Vollstreckung der Entscheidungen nach den Vor⸗ schriften über die Vollstreckung der Entscheidungen der Civilgerichte zu erfolgen hat, finden auf eine vor dem Inkrafttreten dieses Ge⸗ setzes anhängig gewordene Vollstreckung die im ersten Ti ies Gesetzes enthaltenen Vorschriften entsprechende Anwendung.

Drtt1 Allgemeine Bestimmungen.

§. 44. Die Gerichtsbarkeit für die Verhandlung und Entscheidung derjenigen bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und Stra fsachen, welche nach den bisherigen Prozeßgesetzen von dem Ober⸗Tribunal zu erle⸗ digen gewesen wären, wird durch ein besonderes Gesetz geregelt, so⸗ fern diese Gerichtsbarkeit nicht in Gemäßheit des §. 15 des Ein⸗ führungsgesetzes zum Deutschen Gerichtsverfassungsgesetze dem Reichs⸗ gericht übertragen wird.

§. 45. In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und Strafsachen,

welche nach den bisherigen Vorschriften zu erledigen sind, finden hin⸗ sichtlich der Gewährung der Rechtshülfe, der Oeffentlichkeit und Sitzungspolizei, der Berathung und Abstimmung und der Gerichts⸗ ferien die Vorschriften der §§. 87 bis 91 des Ausführungsgesetzes zum Deutschen Gerichtsverfassungsgesetze vom 24. April 1878 ent⸗ sprechende Anwendung.

§. 46. Die vor dem Inkrafttreten des Deutschen Gerichts⸗ verfassungsgesetzes erlassenen Schreiben, durch welche ein Gericht um Rechtshülfe oder in bürgerlichen Rechtestreitigkeiten um Zwangs⸗ vollstreckung ersucht wird, sind zur weiteren Veranlassung an das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Amtshandlung vorgenommen werden soll, abzugeben.

§. 47. Auf die im §. 19 Nr. 1, 3 des Ausführungsgesetzes zum Deutschen Gerichtsverfassungsgesetze vom 24. April 1878. bezeichneten Rechtsstreitigkeiten finden nur die Vorschriften der §§. 2, 3, 44, auf die im §. 19 Nr. 2 jenes Gesetzes bezeichneten Rechtsstreitigkeiten nur die Vorschriften der §§. 2, 3, 8, 9, 11, 44 des gegenwärtigen Gesetzes Anwendung.

§. 49. Die Bestimmungen der §§. 1 bis 47 treten gleichzeitig

mit dem Dautschen Gerichtsverfassungsgesetze in Kraft.

In anhängigen Sachen können schen vor diesem Zeitpunkte

Ladungen vor diejenigen Landesgerichte erfolgen, welche an die Stelle

der aufgehobenen Gerichte treten. In Strassachen bestimmt sich die krafttreten des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes die neuen Prozeß⸗ gesetze zur Anwendung kommen, nach den Vorschriften der letzteren. Ucrkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.

Gegehen Berlin, den 31. März 1879.

(L. S.) Wilhelm.

Gr. zu Stolberg. Leonhardt. Falk. von Kameke. Friedenthal. von Bülow. Hofmann.

Gr. zu Eulenburg. Maybach. Hobrecht.

Angekommen: Se. Ercellenz der General⸗Intendant

sind nach diesen Vorschriften nur dann zu erledigen, wenn eine öffent⸗ b liche Bekanntmachung des Aufgebots bereits erfolgt ist.

der Königlichen Schauspiele, von Hülsen, von Hamburg

G ““

Bekanntmachung auf Grund des Reichsgesetzes vom 21. Oktober 1878.

Auf Grund des §. 12 des Reichsgesetzes gegen die gemein⸗ gefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Okto⸗ ber 1878 wird hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß die vom 3. Mai 1879 datirte Nr. 18 des 3. Jahrganges der in Genf erscheinenden und von J. Ph. Becker redigirten periodischen Druckschrift: „Le Précurseur. Organe dé-

mocratique social des associations des travailleurs“ nach §. 11 des gedachten Gesetzes durch die unterzeichnete Landespolizei⸗ behörde verboten ist. 8 Berlin, den 12. Mai 1879. Königliches Polizei⸗Präsidium EE“

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Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlen, 13. Mai. Se. Majestät der Kaiser und König empfingen heute früh 9 Uhr zunächst den Polizei⸗Präsidenten von Madai und begaben Sich dann gegen 10 Uhr nach dem Exerzierplatz am Kreuzberge, wo eine Vorstellung des 3. Garde⸗Regiments z. F. stattfand.

Von dort in das Palais zurückgekehrt, nahmen Se. Majestät in Gegenwart des Kommandanten, General⸗Majors Grafen von Wartensleben, militärische Meldungen entgegen und empfingen den von Urlaub zurückgekehrten General⸗Feld marschall Freiherrn von Manteuffel, sowie Se. Hoheit den Erbprinzen von Sachsen⸗Meiningen.

Später hörten Se. Majestät die Vorträge der Hofmarschälle des Chefs der Admiralität, Generals von Stosch, und des Chefs des Militärkabinets, General⸗Adjutanten von Albedyll.

v4“ die Kaiserin⸗Königin ist gestern Abend in Coblenz eingetroffen und wird heute Abend nach Ostende weiter reisen.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Rechnungswesen und für Elsaß⸗Lothringen, der Ausschuß für

Rechnungswesen, sowie der Ausschuß für das Eisenbahn⸗ Gütertarifwesen hielten heute Sitzungen.

.— Im weiteren Verlaufe der gestrigen (43.) Sitzung setzte der Reichstag die erste Berathung der Gesetz⸗ entwürfe, betreffend die Besteuerung resp. Nachver⸗ steuerung des Tabaks, fort. Der Abg. Lender (Baden) sprach sich mit Entschiedenheit vom land⸗ und volkswirthschaft⸗ lichen Standpunkt gegen den Gesetzentwurf aus. Die Vorlage habe in den Kreisen der Tabakbauer die größte Erregung hervorgerufen, und er könne konstatiren, daß das nicht in Folge künstlicher Agitation geschehen sei, sondern daß die Land⸗ wirthe diese Vorlage fast als ein Verbot der Fortsetzung des inländischen Tabakbaues ansähen. Man klage über das Darniederliegen der Industrie, aber die Landwirthschaft und ganz besonders der Tabakbau bedürfe noch viel mehr des Schutzes. Gerade kleinere Leute bauten in seiner Heimath den Tabak, und diese würden durch die Annahme resp. Ausführung der Vorlage ruinirt sein. Zunächst würde der Handel und die Fabrikation, wenn die hohen Sätze der Vorlage bewilligt würden, durch die bedeutende Verminde⸗ rung des Konsums, welche nothwendigerweise erfolgen müsse, geschädigt. Dadurch werde die Nachfrage nach inländischem Tabak geringer, dieser Tabak noch schlechter bezahlt werden, und dabei solle derselbe die hohe Steuer tragen. Ebenso sei die in der Vorlage für den Tabakbauer vorgeschlagene Haft⸗ pflicht in Bezug auf die Steuer für ihn unannehmbar. Auch das Verhältniß der Besteuerung des inländischen und aus⸗ ländischen Tabaks würde nach diesem Gesetze derart sein, daß mon die Vorlage verwerfen müsse. Dieses Mißverhält⸗ niß würde bewirken, daß die Steuer für eine inländische Zweipfennig⸗Cigarre und eine theure Havanna dieselbe wäre. Der Preis der ersteren würde sich verdoppeln, während der

in solche Ladungen aufzunehmende Verwarnung, sofern nach dem In⸗

Raucher von importirten Cigarren den Zoll gar nicht empfin den würde. Die Interessen der Tabakbauer, der Händler und Fabrikanten seien aber durchaus solidarisch, und der Abg. von Schmid thue ihm Unrecht, wenn derselbe ihm und seinen badischen Landsleuten Lokalpatriotismus vorwerfe. Auch er sei der Ansicht, daß eine endgiltige, entscheidende Beschluß⸗ nahme nothwendig sei. Aber keinesfalls würde er darum der Lizenzsteuer zustimmen können, und ebenso meine er, daß Landwirthschaft und Handel Hand in Hand gehen müßten, um die Gefahr der Nachbesteuerung abzuwenden. Vom Standpunkt der ausgleichenden Gerechtigkeit aus, hoffe er, werde die Kommission bemüht sein, den richtigen Weg zu finden, um endlich die Beunruhigung von den Interessenten zu nehmen und zu verhindern, daß Tabakbau, Fabrikation und Handel in Deutschland untergehe.

Der Abg. Fritzsche erklärte sich gegen die Vorlage. Die Annahme derselben würde auch gar nicht zur dauernden Be⸗ ruhigung dieser Industrie führen. Die Bedürfnisse des Reichs seien fortdauernd im Steigen begriffen, man möge dieser Er⸗ scheinung durch Sparsamkeit, namentlich im Militäretat, be⸗ gegnen. Für eine Erhöhung der Steuern seien seine sozial⸗ demokratischen Freunde nur in bestimmten Ausnahmefällen, wo die bestimmte nothleidende Industrie des Schutzes bedürf⸗ tig sei. Die indirekte Besteuerung führe nothwendig zu einer ganz ungerechten Vertheilung der Steuerbelastung. Im Staate müßten aber die Rechte Aller gleich, die Pflichten aber ver⸗ schieden sein, je nach der Kraft des Einzelnen. Was die Vorlage speziell betreffe, so sei zu bedenken, daß eine Preiserhöhung von 10 für das Tausend Cigarren eintrete. Diese Vertheuerung würde eine Verringerung des Konsums und dann auch der Produktion herbeiführen; die Tabakarbeiter⸗ Krankenkasse habe jetzt schon 25 Proz. Kranke an manchen Orten, so daß dieselbe Tausende von Mark jährlich zusetze; wenn die Vorlage angenommen würde, werde diese Kasse, die mit 30 000 fundirt sei, sicher bankerott. Mit der Annahme der Nachsteuer würden die kleinen Fabrikanten vollständig ver⸗ nichtet. Die Durchführung der Lizenzsteuer würde mehr Kosten erfordern, als dieselbe einbringe. Zu alledem komme, daß die Regierung bisher durch Nichtbeseitigung der Konkurrenz der Zuchthausarbeit die Tabakindustrie arg geschädigt habe. Redner erinnerte daran, daß die preußische Regierung im Jahre 1865 im preußischen Abgeordnetenhause die Erklärung abgegeben, die Erhebung der Steuern beruhe auf der Erfahrung. Diese habe gezeigt, daß die Verminderung einer Steuer auf nothwendige

Verbrauchsgegenstände den Verbrauch vermehre, die Erhöhung

dagegen vermindere. In England habe der Verbrauch an Tabak nach Einsührung der erhöhten Steuer fast um die Hälfte abgenommen. Die deutsche Tabakindustrie brauche den allerdings hohen Schutzzoll, den ihr diese Vorlage biete, nicht, wenn man ihr nur die hohe Steuer erlasse. Schaffe man lieber Schutz gegen die Einführung fremder Arbeitskräfte. Wie die betrügerische Verlockung zum Auswandern strafbar sei, so sollte das auch mit der betrügerischen Verlockung zur Ein⸗ wanderung der Fall sein, damit diese Seelenverkäuferei der fremden Arbeiter von Provinz zu Provinz ein Ende nehme.

Der Abg. Dr. Buhl erklärte, was zunächst die Nach⸗ besteuerung anlange, so müsse auf sie entweder ganz verzichtet, oder mindestens müsse der inländische und ausländische Tabak verschieden behandelt werden. Er sei zudem der Ansicht, daß die Tabakindustrie nicht in der Lage sei, so schnell ihr Be⸗ triebskapital in dem Grade zu erhöhen, als es nöthig sei, wenn sie die beantragte hohe Steuer tragen solle. Darum glaube er, wäre es das Zweckmäßigste, einen Uebergangs⸗ zustand zu schaffen, und schlage er ein allmählich steigendes System der Besteuerung (Staffelzölle) vor. Zweckmäßig würde es sein, in diesem Jahre für inländischen Tabak die Morgen⸗ steuer beizubehalten, für ausländischen den Satz aber auf 30 zu normiren, im folgenden Jahre dann den inländischen Tabak mit 8 bis 10 ℳ, den ausländischen mit 35 zu be⸗ steuern, und später die Erhöhung nach und nach bis etwa 50 eintreten zu lassen. Die Maximalgrenze müsse schon jetzt gesetzlich fixvirt werden. Den inländischen Tabakbau müsse man für den Vortheil des bereits steuerfrei importirten fremden Tabaks dadurch entschädigen, daß man ihm für das nächste Jahr noch die jetzige Morgensteuer lasse. Die Rücksicht eines allmählichen Ueberganges müßte gegen einen so schwer ge⸗ störten Industriezweig walten An Stelle der Haftpflicht des inländischen Tabakbauers müßte nur eine Anzeigepflicht treten, wodurch die Kontrole wesentlich erleichtert würde. Die Ausführungsbestimmungen über das Verwiegen des Tabaks müßten der Landesgesetzgebung vorbehalten werden, weil sonst dieser Prozeß in der Praxis zu viel Schwierigkeiten verursachen würde. Jedenfalls hege auch er den Wunsch, daß jetzt die Angelegenheit definitiv in einer Weise erledigt werde, welche nicht zu störend für den Tabakbau und die Tabakindustrie sei. Die Lizenzsteuer könne er auch nicht befürworten. Jedenfalls sei es eine dringende Nothwendigkeit, im Interesse des ganzen Tabakbaues und der ganzen Tabakindustrie, daß endlich die Tabaksteuerfrage definitiv geregelt würde.

(Während dieser Rede war der Reichskanzler Fürst Bismarck in das Haus getreten, verließ dasselbe aber in kurzer Zeit wieder). 1

Der Abg. Kopfer (Mannheim) kritisirte die Vorlage unter Beibringung zahlreicher statistischer Notizen in ablehnender Weise; die gesunde Entwicklung der Tabakindustrie werde durch diese Vorlage in empfindlicher Weise geschädigt; die vor⸗ geschlagenen Steuersätze seien en weder zu hoch oder über⸗

flüssig, er prophezeie nach Annahme dieses Gesetzentwurfes

den baldigen Untergang der ganzen Tabakindustrie. Redner wandte sich gegen die von dem Vorredner vorgeschlagene stufenweise Erhöhung der Steuer, weil eine solche Unsicherheit des Zustandes einer gesunden Entwicklung der Industrie zu⸗ wider sei. Er bekämpfe ferner die Kontingentirung des Tabakbaues, die ebenso unzulässig sei, wie etwa eine Be⸗ schränkung der Einfuhr. Der inländische Tabakbau habe nicht verhältnißmäßig mehr zugenommen als der Import. Ungarische und amerikanische Tabaksorten würden zu so billigen Preisen eingeführt, daß der inländische Tabak nicht damit konkurriren könne. Tie Differenz zwischen Zoll und Steuer müsse, wenn derinländische Dabak der Konkurrenz gewachsen bleiben solle, mit Erhöhung der Zollsätze. zunehmen. Ein Ausgleich mit der Zuckersteuer sei nicht geboten, denn die Zuckersteuer treffe den großen Fabrikanten, die Tabaksteuer aber Tausende von kleinen Ge⸗ werbetreibenden. Diese Industrie dürfe man nicht ruiniren, während man der Noth auf anderen Gebieten abzuhelfen suche. Redner wendete sich sodann gegen alle aus finanziellen Rück⸗ sichten für die Tabaksteuervorlagen angeführten Gründe, indem er meinte, daß der Finanznoth durch Ersparnisse, namentlich bei dem Militäretat, abgeholfen werden müsse. Die Regierung verfolge in Wahrheit noch immer das Ziel des Monopols, und es wäre besser, wenn sie dies wenig⸗ stens offen erklärte. Bei der großen Ausbildung, die die deutsche Tabakindustrie erreicht habe, sei aber die Einführung des Monopols ganz unzuträglich. Die nöthigen Entschädigungs⸗ summen würden weit mehr als 687 Millionen, die die Kom⸗ mission angenommen habe, betragen. In Frankreich und Oesterreich habe bei der Einführung des Monopols keine solche Industrie bestanden. Redner kritisirte sodann die einzelnen Bestimmungen der Vorlage, namentlich die Kontrolvorschriften für die Steuer auf inländischen Tabak, die er unerträglich und bei niedrigeren Zollsätzen überflüssig finde. Die Haus⸗ industrie, die sich neben dem Tabakbau mit Herstellung von Fabrikaten befasse, könne unter dieser Kontrole nicht bestehen. Durch die Haftung für die Steuer Seitens des Bauern werde für diesen der Tabak unverkäuflich, so daß der Tabakbau in ganz Süddeutschland sehr zurückgehen werde.

Der Abg. von Puttkamer (Löwenberg) hielt mit dem Abg. Meier ebenfalls dafür, daß eine baldige Regelung der Tabak⸗ steuer dringend geboten sei. Wenn der Reichstag heute vor

der schweren Aufgabe stehe, legitime Interessen in Einklang zu bringen mit dem finanziellen Bedürfnisse des Reiches, so büßte man damit etwas, was man ein halbes Jahrhundert hindurch versäumt habe; man hätte die Frage der Tabak⸗ steuer eher regeln müssen. Von der neuen Vorlage gestehe er, daß ihre Form für ihn nicht sehr viel Verführerisches habe, und nur die Zwangslage, in dieser Session etwas zu Stande zu bringen, mache diese Kost einigermaßen schmackhaft. Ein System, das hochwerthige Erzeugnisse mit 3 bis 4, aber minderwerthige mit 100 bis 200 Prozent besteuere und nur dem Gewicht nach die Steuer festsetze, habe keinen An⸗ spruch auf den Namen einer rationellen Steuer, aber er und seine Partei wüßten, daß etwas anderes dafür nicht in dieser Session werde zu erreichen sein. Der Bundesrath schlage dem Hause, wie der Minister Hobrecht ausgeführt habe, einstimmig die Gewichtssteuer vor, und der Reichstag werde ich in diese Nothlage fügen müssen. Die Hauptfehler seien, daß die verschiedenwerthigen Tabake mit einem gleichen Satze besteuert werden, und daß man sich an den hülf⸗ und wehr⸗ bestfun Steuerzahler, an den Pflanzer, halte; das sei kaum rationell. Eine wesentliche Ermäßigung der Steuersätze, wie sie der Abg. von Marschall wollte, entziehe der Vorlage den finanziellen Boden. Wenn sich auch jetzt der Zoll zur Steuer wie 3:2 verhalte, während er früher wie 6:1 gestanden habe, so sei doch dem deutschen Tabakbau ein genügender Schutz gesichert, da die Steuer um 20 niedriger sei, als

der Zoll, während diese Differenz früher nur 10 betragen hätte. In dem Moment, wo der Pflanzer seine Ernte ver⸗ kaufe, sollte die Steuer bezahlt werden; sonst werde ein Kampf eintreten zwischen Pflanzer und Händler, wobei der erster⸗ große Gefahr laufe, so große Gefahr, daß ihm der ganze Tabakbau verleidet werde. Die Besorgniß davor habe jetzt schon eine Einschränkung des Tabakbaues zur Folge gehabt. Seines Erachtens nach hieße es der Vorlage ihren F rauben, wenn man den Eingangszoll für ausländischen Taba

wesentlich herabsetzen wollte, und er werde dafür eintreten, daß die vorgeschlagenen 120 für je 100 kg aufrecht er⸗ halten blieben. Man werde Bedacht nehmen müssen, ob man nicht eine Schutzmaßregel für den inländischen Tabakbauer dem Händler gegenüber finden könne. Doch das gehöre nicht der General⸗ sondern der Spezialdebatte an. Auf eine Tabak⸗ nachsteuer ganz zu verzichten, sehe er sich außer Stande, denn man dürfe der illegitimen Spekulation nicht noch den Stempel der Legalität aufdrücken, man dürfe nicht zwei Jahxe auf den Ertrag warten, den das Haus dem Reiche mit diesem Gesetze sichern wolle. Redner nahm Gelegenheit, wegen der Steuer⸗ reform die neulich von dem Abg. Lasker vorgetragenen An⸗ sichten über die Grundsteuerverhältnisse zu beleuchten. Es handle sich nicht um ein Geschenk von einer Milliarde an den Grundbesitz, sondern die Grundsteuer solle nur der Kommune übertragen werden; an einen Erlaß sei gar nicht gedacht. Außerdem sei 1871 bei der Grundsteuerregulirung den in der Grundsteuer Erhöhten entweder gar keine oder eine ge⸗ ringere Entschädigung gegeben, als der Abg. Lasker mitge⸗ theilt habe: nämlich der neunfache Betrag, nicht der dreizehnfache. Es sei sehr gefährlich, andere Leute der Unkenntniß der preußischen Gesetze zu zeihen, wenn man selbst darin nicht sehr sicher sei und die Sache nur aus der Vogelperspektive betrachte. An⸗ gesichts der Nothlage, in der sich Grundbesitzer und Kom⸗ munen in gleichem Maße befänden, sei es Aufgabe der Ge⸗ setzgebung, zu helfen, und sie könne es. Alles das dränge auf den Ausbau des indirekten Steuersystems bis zu dem Grade, daß ganz lästige und drückende Steuern in den Einzelnstaaten beseitigt werden könnten. Strebe man diesem Ziele zu, so habe man mitgewirkt bei einer wahrhaft heilsamen Reform.

Die Generaldiskussion wurde hierauf geschlossen.

Abg. Richter (Hagen) konstatirte hierauf, daß die Fort⸗ schrittspartei in der zweitägigen Debatte nicht zum Worte gekommen sei. 1. 8

Abg. Dr. Lasker bemerkte persönlich, daß er vom Abg. von Puttkamer hinsichtlich der Aufhebung der Grundsteuer und der Schenkung von 1 Milliarde an den Grundbesitz miß⸗ verstanden sei, und werde er das Weitere bei der Debatte über die Kornzölle darüber ausführen. 1

Abg. v. Puttkamer (Löwenberg) verlas hierauf den Text der bezüglichen Stelle der Laskerschen Rede aus dem amtlichen Stenogramm, welcher die Richtigkeit der Citate beweise.

Die Vorlage wurde darauf an eine Kommission von 28 Mitgliedern verwiesen, worauf sich das Haus um 4 ½ Uhr auf Mittwoch 12 Uhr vertagte.

Die zur Zeit bestehenden Vorschriften über die Ausbildung für den Försterdienst, wie sie im Regu⸗ lativ vom 8. Januar 1873 enthalten sind, können in mancher Beziehung nicht mehr als ausreichend erachtet werden, um eine den Anforderungen des Dienstes entsprechende Ausbildung und Befähigung der Anwärter zu sichern. Insbesondere hat sich die Nothwendigkeit geltend gemacht, bestimmte Anordnun⸗ gen zu treffen, um zu verhindern, daß nicht junge Leute mit ungenügender Schulbildung zur Försterlaufbahn zugelassen wer⸗ den, und um dafür zu sorgen, daß die Ausbildung während der Lehr⸗ zeit zweckmäßig betrieben wird. Außerdem stehen die Vorschriften, des Regulativs von 1873 nicht mehr durchweg in Ueber⸗ einstimmung mit der neueren Militär⸗Gesetzgebung, namentlich dem Reichs⸗Militärgesetze vom 2. Mai 1874, der Ersatz⸗ ordnung vom 28. Septeinber 1875 und dem Militär⸗Pensions⸗ gesetze. Deshalb hat der Finanz⸗Minister ein neues Regulativ vom 15. Februar d. J. erlassen, welches an die Stelle des Regulativs vom 8. Januar 1873 getreten ist.

Das neue Regulatiov weicht von dem früheren hauptsäch⸗ Uich in den g .. 40, 42 und 44 wesentlich ab. Die wichtigsten Aenderungen bestehen in der Verschärfung der Bedingungen für den Ein⸗ tritt in die Forstlehre bezüglich des Alters, der nachzuweisen⸗ den Schulkenntnisse, körperlichen Befähigung (§. 2), in der Beschränkung freier Wahl des Lehrherrn (§. 3), in der Vor⸗ schrift, daß die Anmeldung der Lehrlinge bei der Inspektion der Jäger und Schützen künftig nicht mehr durch die Land⸗ räthe, sondern durch die Forstmeister zu bewirken ist (§. 7), in der Bestimmung, daß sortan die Abgrenzung zwischen den Klassen X J. und A. II. lediglich nach den Prüfungsprädikaten: genügend oder besser einerseits, und ziemlich genügend anderer⸗ seits erfolgt (§§. 14 und 38), und in der Aufhebung des Zwanges der Forstversorgungsberechtigten zur Annahme anderer als der Staatsförsterstellen (§. 30).

Der General ⸗Lieutenant von Gottberg, Comman⸗ deur der 26. (1. Königlich Württembergischen) Division, ist mit Urlaub von Stuttgart hier eingetroffen.

Württemberg. Stuttgart, 12. Mai. (W. T. B.) Die Vermählung des Herzogs Georg von Leuchten⸗ berg mit der Prinzessin Therese, Tochter des Prinzen Peter von Oldenburg, hat gestern in Gegenwart des Königs und der Königin, sowie des Hofes stattgefunden.

Sachsen⸗Meiningen⸗Hildburghausen. Meiningen, 10. Mai. (Magd. Ztg.) Nachdem der Landtag in seinen jüngsten zwei Sitzungen das Ausführungsgesetz zur Straf⸗ prozeßordnung angenommen, sowie 1500 zur Erweite⸗ rung der hiesigen Gefängnißbauten bewilligt hat, gelangte auch die Proposition für ein neues Landtagsgebäude zur Genehmigung; es sind dazu 130 000 bewilligt. Der vorgelegte Etat auf die Periode 1880—1882 ist gegen früher einfacher und übersichtlicher ge⸗ ordnet, auch ist ein außerordentlicher Etat ver⸗ mieden; die Positionen des letzteren, wie z. B. die Zins⸗ garantie für die Gera⸗Eichicht⸗Bahn mit 134 000 ℳ, sind auf den Ordinar⸗Etat übernommen. In diesem, der in Landes⸗ kasse und Domänen⸗Etat getheilt ist, hat man die Matrikular⸗ beiträge außer Ansatz gelassen; als eine außeretatsmäßige Einnahme stellt die Regierung 29 000 aus der französischen Kriegskostenentschädigung in Aussicht. Der Landes⸗Etat weist ohne Steuererhöhung eine Gesammteinnahme von 2 620 000 und sonach ein Mehr von 80 191 gegen das Vorjahr nach; der Domänen⸗Etat schließt mit 2 075 500 und dadurch um 15 995 niedriger als im Vorjahre.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 12. Mai. (W. T. B.) Die „Polit. Korresp.“ meldet aus Ragusa: Die Ueber⸗ nahme von Spizza Seitens Oesterreichs ist gestern feier⸗ lich erfolgt; die Truppen rückten ohne jeden Zwischenfall ein. In Suttomore wurden die österreichischen Behörden von dem montenegrinischen Abgesandten im Auftrage des Fürsten Nikita begrüßt. Der Vertreter Montenegros hielt an die versam⸗ melte Bevölkerung eine Ansprache, in welcher er dieselbe zur Treue für den neuen Herrscher aufforderte. Sodann erfolgte die formelle Uebergabe unter Ziviorufen. Eine aus Susan eingetroffene Deputation bat, dem Kaiser von Oesterreich die Gefühle der Freude und unwandelbaren Treue der Bevölke⸗ rung auszudrücken. Die Ankunft anderer Deputationen zu demselben Zwecke ist angekündigt. 1 Die laufende Woche bezeichnet voraussichtlich den Ab⸗ schluß der Thätigkeit des Reichsrathes. Beide Häuser desselben haben noch eine Reihe von unaufschiebbaren legislatorischen Arbeiten der Erledigung zuzuführen. Das Herrenhaus wird nebst dem Staatsvoranschlage für 1879 noch eine Anzahl Vorlagen auf der Tagesordnung finden, die im Abgeordnetenhause zum Theil bereits durchberathen sind, theils in dieser Woche noch zur Verhandlung gelangen.

Schweiz. Bern, 10. Mai. (Bund). Für die den Bahnverwaltungen obliegende zollamtliche Behandlung der Güter ist vom Bundesrathe unter dem 27. August 1878 ein Maximaltarif aufgestellt worden. Während die übri⸗ gen Verwaltungen die von ihnen in Folge dessen erlassenen Tarife mit dem 1. November 1878 in Vollzug gesetzt haben, haben die Direktionen der westschweizerischen Bahnen, der Jura⸗Bern⸗Luzern⸗Bahn und der Paris Lyon⸗Mittelmeerbahn um Revision jenes Maximalta ifs nachgesucht. Der Bundes⸗ rath ist, laut Mittheilungen aus der gestrigen Sitzung, auf dieses Begehren nicht eingegangen, sondern hat den drei Gesellschaften zur Einführung neuer entsprechender Ta⸗ rife einen letzten Termin auf Ende dieses Jahres angesetzt. Behufs der Revision der gekündigten Handelsverträge mit Deutschland und Belgien werden die Kantone ein⸗ geladen, jene Verträge näher zu prüfen und die von ihnen vorzuschlagenden Abänderungen an denselben zur Berücksich⸗ tigung bei den bezüglichen Verhandlungen mitzutheilen. Das am 14. Februar erlassene Rindvieh⸗Einfuhr⸗ verbot wurde gegenüber den französischen Departements Doubs, Jura und Oberrhein (Belfort) aufgehoben, dagegen dem Elsaß gegenüber aufrechterhalten.

Großbritannien und Irland. London, 10. Mai. (Allg. Corr.) Die Meldung der „Daily News“, daß die Re⸗ gierung Anstalten treffe, um weitere 5000 Mann Truppen nach dem südafrikanischen Kriegsschauplatze zu senden, hat bis jetzt noch keine amtliche Bestätigung gefunden. In Chatham lief indeß gestern der kriegsministerielle B fehl ein, sämmtliche daselbst stationirten Offiziere und Mannschaften des Armeedienst⸗Corps (Train) für die unverzügliche Absen⸗ dung nach dem Kap in Bereitschaft zu halten. Die in Portsmouth stationirte Compagnie des Armeedienst⸗Corps erhielt ebenfalls Marschbefehl nach Natal. Vom Kriegsamte wurde auch eine wesentliche Verstärkung der am Kap statio⸗ nirten Genietruppen angeordnet.

(E. C.) Der „Iron Duke“, welcher bekanntlich 1875

mit dem Panzerschiff „Vanguard“ kollidirte, das noch immer nicht gehoben ist, ist laut gestern eingegangenen Nachrichten bei Shanghai gestrandet und sitzt fest. Das genannte Panzer⸗ schiff ist 6034 Tons groß und hat 4268 Pferdekraft, 14 Ge⸗ schütze und 457 Mann Besatzung. Es ist das Flaggenschiff des Vize⸗Admirals Corte, Commandeurs der chinesischen Station, und steht unter der Leitung des Kapitäns H. J. Cleve⸗ land. Das Schiff verließ Davonport im Sommer des vorigen Jahres. 12. Mai. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Unterhauses erwiderte der Unter⸗Staatssekretär Bourke auf eine Anfrage Baxters: ihm sei nichts von einem Ueberein⸗ kommen der Türkei mit Rußland bekannt, nach welchem erstere auf das Recht, Garnisonen im Balkan zu haben, und bestimmte Plätze von Ostrumelien zu besetzen, ver⸗ zichtet habe. Der Staatssekretär der Kolonien, Hicks⸗ Beach, erklärte: die Boers hätten ihr Lager am 18. April aufgelöst und seien friedlich heimgekehrt; die Konferenz Bartle⸗Frore's sei günstig abgelaufen. Der Schatz⸗ kanzler Northcote theilte mit, daß die Pfingstferien vom 27. Mai bis zum 9. Juni dauern würden.

Frankreich. Paris, 11. Mai. (Fr. Korr.) Das „Journal des Debats“ sagt: Die Frage der Rückkehr der Kammern nach Paris wird ohne Zweifel bald zur Ent⸗ scheidung gelangen. Gerade, weil Paris der Ausdruck und die Zusammensassung der Mannigfaltigkeit und Einheit Frank⸗ reichs zugleich ist, muß es der Sitz seiner Vertreter sein, aber wegen dieses ungeheuren Gewichts von Paris in der Wage der Gesammtlräfte des Landes bedeutet auch die Pariser Polizei die Landespolizei. Es ist von der „Reépublique française“ unvorsichtig und ungeschickt, diese beiden Fragen zu vermischen. Ob die Kammern in Versailles bleiben oder nicht, immer würde man, was schon längst hätte geschehen sollen, die Befugnisse der Regierung einer⸗ und des Gemeinderaths andererseits bei der Ueberwachung und Leitung der Präfektur zu regeln haben. Daß die Pariser Polizeipräfektur eine wesentlich städtische Einrichtung sei, kann nicht zugegeben werden. Der wahre Polizeipräfekt ist der Minister des Innern: ihm liegt der Schutz der Ordnung im Lande ob. Ohne auf administrative Einzelheiten hier einzugehen, wollen wir nur den Satz aufstellen, daß die Angelegenheiten der allgemeinen Sicherheit die Regierung und nicht den Gemeinderath angehen. Man muß also die beiden Fragen der Rückkehr der Kammern und der Reorganisirung der Polizei wohl auseinandex halten. Die letztere hätte schon entschieden sein sollen, ehe man die erstere aufwarf, und man darf in ihr keinen Akt des Mißtrauens oder der Feindselig⸗ keit gegen die Pariser Bevölkerung erblicken. Die Rückkehr der Kammern halten wir schlechterdings für eine politische Pflicht. Wie? Man sagt immer, Paris könne ganz Frank⸗ reich in Brand stecken, und man läßt es in den Händen eines Gemeinderaths? Seht Ihr denn nicht, Ihr Gesetzgeber, daß ihr selber die Kommune macht? Nur die Kammern und die Regierung können dieser gefährlichen Gewalt ein Gegengewicht bieten. Darum unterstützen wir ganz entschieden die Rückkehr der Kammern, ohne in dieser Frage, wie die „République frangaise“ unvorsichtiger Weise thut, die des Verhältnisses der Polizeipräfektur zum Gemeinderathe und zur Regierung z1 mischen. Ob die Kammern zurückkommen oder nicht, mar wird immer verhüten müssen, daß sich ein Staat im Staat

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