Leipzig 1874. Dru Buchdruckerei.“ auf Grund der §§. 11 und 12 des Gesetzes gegen die gemein⸗ gefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Ok⸗ tober 1878 verboten worden. Düsseldorf, den 15. Mai 1879. Königliche Regierung. Abtheilung des Z. e““
und Verlag der Genossenschafts⸗
Nichtamtliches. Deutsches NReich.
Preußen. Berlin, 20. Mai. Se. Majestät der Kaiser und König hörten heute den Vortrag des Polizei⸗ Präsidenten von Madai, arbeiteten mit dem Chef der Ad⸗ miralität, Staats⸗Minister von Stosch, empfingen den kom⸗ mandirenden General des Garde⸗Corps, Prinzen August von Württemberg, Königliche Hoheit, und nahmen im Beisein des Gouverneurs, Generals der Infanterie von Boyen, und des Kommandanten, General⸗Majors Grafen von Wartensleben, militärische Meldungen entgegen.
Später ertheilten Se. Majestät dem Grafen Redern eine Audienz.
— Ihre Majestät die Kaiserin⸗Kbnigin verab⸗ schiedete Sich heute Nachmittag von Ihrer Majestät der Königin Victoria, Allerhöchstwelche morgen nach Schottland abreist.
Ihre Majestät die Kaiserin wird in London die König⸗ liche Familie besuchen und bis Freitag im Buckingham⸗Palace wohnen.
Lord Torrington und Lord Churchill haben den Ehren⸗
dienst bei Ihrer Majestät.
Oberst⸗Kämmerer
— Der Ausschuß des Bundesraths für Rechnungs⸗ wesen, sowie der desondere Ausschuß desselben für das Eisen⸗ bahn⸗Gütertarifwesen hielten heute Sitzungen.
— Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichstages befindet sich in der Ersten Beilage.
— In der heutigen (49.) Sitzung des Reichstages, welcher der Präsident des Reichskanzler⸗Amts, Staats⸗Minister Hofmann, und mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundes⸗ rath und Komnissarien desselben beiwohnten, theilte der Vize⸗Präsident Dr. Lucius ein Schreiben des Präsidenten von Forckenbeck an den Reichstag mit, wonach derselbe wegen des tiefgreifenden Gegensatzes, in welchen er in wichtigen Fragen mit der Majorität des Reichstages gekommen sei, und wegen
seiner angegriffenen Gesundheit, auf dringendes Anrathen seines Arztes mit dem wärmsten Danke für das ihm bisher vom Reichstage bewiesene Vertrauen sein Amt als erster Prä⸗ sident niederlegt und Urlaub auf vier Wochen nachsucht. Der Vize⸗Präsident erklärte, daß er bei dem Unerwarteten der Nachricht am Schlusse der heutigen Sitzung, nachdem sich die Parteien über das einzuschlagende Verfahren inzwischen verständigt haben würden, auf den Gegenstand zurückkommen werde.
Das Haus setzte sodann die zweite Berathung des Zoll⸗ tarifs mit der Pos. 9 fort. Dieselbe lautet:
Getreide und andere Erzeugnisse des Landbaues: a. Weizen, Hafer und Hülsenfrüchte, sowie nicht besonders genannte Getreide⸗ arten 100 kg 1 ℳ b. Roggen, Gerste, Mais und Buchweizen 100 kg 0,50 ℳ c. Malz 100 kg 1,20 ℳ d. Anis, Koriander, Fenchel und Kümmel 100 kg 3 ℳ e. Raps und Rübsaat 100 kg 0,30 ℳ f. Erzeugnisse des Landbaus, anderweitig nicht ge⸗ nannt, frei.
Hierzu lag folgender Antrag von von Mirbach und Günther (Sachsen) vor:
Der Reichstag wolle beschließen: in Nr. 9 der Tarifvorlage den Unterabtheilungen a. und v. folgende Fassung zu geben: a. Weizen, Roggen, Hafer und Hülsenfrüchte, sowie nicht besonders genannte Getreidearten 100 kg 1,00 ℳ b. Gerste, Maiz und Buchweizen 100 kg 0,50 ℳ
Nachdem Abg. Dr. Stephani über die zu diesen Positionen eingegangenen Petitionen im Namen der Petitionskom⸗ nission referirt hatte, ergriff der Kommissarius des Bundes⸗
raths, Geheime Regierungs⸗Rath Tiedemann, das Wort.
s sei eine unbestrittene Thatsache, daß sich Deutschland aus einem Getreide exportirenden Lande in ein Getreide impor⸗ irendes Land verwandelt habe. Von freihändlerischer Seite sei das als eine naturgemäße Folge der steigenden Bepölkerung dargestellt worden, jedoch stehe die Zunahme des Getreide⸗ mports in keinem Verhältnisse zu der Zunahme der Bevölke⸗ ung. Der Kommissar erhärtete durch ein reiches statistisches
Material die Thatsache, daß man auch auf dem Gebiete der Landwirthschaft unter der Ueberproduktion des Auslandes zu leiden habe. Rußland habe seine Eisenbahnen um das Vier⸗ fache vermehrt. Man stehe unter der Herrschaft einer inter⸗ nationalen Preisnotirung. Deutschland sei der Tummelplatz der russischen und amerikanischen Konkurrenz in gleicher Weise wie in früheren Zeiten Deutschland das Schlachtfeld der kämpfenden Nationen gewesen sei. Rußland habe außerordentlich günstige Bodenvorbedingungen für die Getreideproduktion und in Folge dessen außerordentlich niedrige Preise. Dadurch werde die inländische Getreideproduktion, die nicht mit gleich günstigen Produktionsbedingungen arbeite, auf das Tiefste geschädigt, und das Resultat zeige sich in den zahlreichen länd⸗ lichen Subhastationen, deren Zahl der Kommissar für ein Dezennium mittheilte. Dieser Krisis müsse man mit allen Mitteln steuern, wenn nicht eine der Grundlagen des Deutschen Reichs, der Bauernstand, ruinirt und damit Deutsch⸗ land als Kulturstaat vernichtet werden solle. Der neue Zoll werde einigermaßen die übermäßige ausländische Konkurrenz ein⸗ dämmen. Die freihändlerische Behauptung, daß der Konsument diesen Zoll in der Vertheuerung der Lebensmittel bezahlen müsse, halte vor dem prüfenden Auge des Praktikers nicht Stand, denn auch durch ein Chausseegeld von wenigen Groschen auf den
Getreidetransport werde das Getreide nicht theurer, dafür sorge schon die inländische Konkurrenz. Die vorgeschlagenen Zollsätze würden zwar nicht das ausländische Getreide vom deutschen Markte ausschließen, aber sie würden der deutschen Landwirthschaft ermöglichen, den inländischen Markt wieder zu erobern. In diesem Sinne empfehle er dieselben dem Hause zur Annahme.
Der Abg. von Saucken⸗Tarputschen führte aus, daß er nicht einzusehen vermöge, wie man diese Zölle einführen könne, die nach den Deduktionen des Vorredners gar nichts dazu beitrügen, die Krisis der Landwirthschaft zu beendigen. Als Landwirth, der mit den Verhältnissen und den An⸗
den Abgg. Frhr.
vinzen Preußen bekannt sei, müsse er sich gegen diese Zölle erklären, die mit den Interessen derselben keineswegs harmonirten. Die Landwirthschaft als solche sei nicht zurückgegangen, dafür biete namentlich die Provinz Ost⸗ preußen ein schlagendes Beispiel. In früheren Jahren hätten die Besitzer viel genügsamer gelebt und daher größere Kapi⸗ talien gesammelt, aber mit den steigenden Erträgen der Land⸗ wirthschaft durh Vermehrung der Verkehrsverhältnisse und den rentableren Körnerbau seien die Bedürfnisse der Besitzer unverhältnißmäßig gestiegen. Beim Schlusse des Blattes dauerte der Vortrag des Redners fort.
— Der Vorsteher der Geheimen Registratur des Aus⸗ wärtigen Amts, Geheimer Hofrath R. Giehrach, hat gestern die Feier des Tages begangen, an welchem er vor 50 Jahren in den Staatsdienst getreten ist. Se. Maiestät der Imau geruh., demselben bei dieser Gelegenheit in huldreicher Aner kennung seiner treuen und ersprießlichen Dienste den König⸗ lichen Kronen⸗Orden zweiter Klasse zu verleihen, welchen der Reichskanzler Fürst Bismarck ihm mit einem Schreiben in warm anerkennenden Worten übersandt hat. Schon der Vater des Jubilars gehörte dem Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten als Rendant der Legationskasse lange Jahre hindurch an, und war es demselben vergönnt, bei dieser Behörde sein 50⸗ und 60jähriges Dienstjubiläum zu begehen. Bei dem jetzigen Jubilar liegt der seltene Fall vor, daß er seine ganze Dienstzeit ununterbrochen bei einer und derselben Behörde zu⸗ gebracht hat. Nach vollendetem Rechtsstudium trat Herr Giehrach beim Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten in den Registraturdienst ein, fand später auch im Exxeditions⸗ fache Verwendung und bekleidet seit dem Jahre 1865 die Stelle als Vorsteher der Geheimen Registratur. Bei den nahen dienstlichen Beziehungen, welche so viele Jahre zwischen dem Jubilar und den Beamten des Ausnärtigen Amts bestanden haben, würde es den Letzteren doppelt er⸗ wünscht gewesen sein, Herrn Giehrach ihre Glückwünsche per⸗ sönlich aussprechen zu können. Da der Gesundheitszustand des z. Z. in der Rekonvalescenz von einer längeren Krankheit begriffenen verdienten Beamten demselben jedoch nicht den Empfang einer größeren Zahl von Personen gestattete, so wurden ihm von dem Personalienrath sowohl die amtlichen Glück⸗ wünsche des Reichskanzlers und des Staatssekretärs, wie die privaten der Beamten ausgesprochen und im Namen der Letzteren eine kunstvoll ausgeführte Ehrengabe als Andenken überreicht.
— Bezüglich der Erstattung von Reisekosten und Tagegeldern der Civilkommissare für Abschätzung der durch größere Truppenübungen verursachten Flurschäden — Gesetz vom 13. Februar 1875, 5. 14 — ist durch Vereinbarung des Finanz⸗Ministers und des Ministers des Innern mit dem Reichskanzler und Kriegs⸗Minister der Grundsatz festgestellt worden, daß von den Kosten der be⸗ züglichen Abschätzung, außer den Gebühren der Taxatoren, fortan nur diejenigen Beträge auf Reichs⸗Militärfonds zu übernehmen sind, welche unmittelbar durch die Bethei⸗ ligung der militärischen Mitglieder der Abschätzungskommission herbeigeführt werden. Unter entsprechender Abänderung des Reskripts vom 8. August 1869 und Deklarirung des Erlasses vom 19. August ejusd. haben deshalb der Finanz⸗Minister und der Minister des Innern durch Cirkularerlaß vom 14. März d. J. die Regierungen und Landdrosteien dem⸗ gemäß mit Anweisung verfehen, mit dem Bemerken, daß es bei dem in dem vorallegirten Reskripte vom 19. August 1869 ausgesprochenen Grundsatze, wonach innerhalb der Kreise resp. Amtsbezirke, in welchen Flurbeschädigungen abzuschätzen sind, in der Regel die betreffenden Landräthe resp. Kreis⸗ und Amtshauptmänner zu Vorsitzenden der bezüglichen Abschätzungs⸗ kommissionen zu ernennen sind, es auch ferner sein Bewenden behält.
— S. M. Glattdecks⸗Korvette „Freya“, 8 Geschütze, Kommandant Korv. Kapt. von Nostitz, ist am 4. April cr. von Shanghai in See gegangen und am 9. dess. Mts in Hongkong eingetroffen.
Hessen. Darmstadt, 19. Mai. Nach der „Darmst. Ztg.“ empfing der Prinz Alexander von Batten⸗ Herg amrx, lbeee d ceehee eeeee Deputation, welche ihm die Krone des neuen Fürtten⸗ thums in Folge einstimmigen Beschlusses der National⸗ versammlung antrug. Nachdem der Prinz seine Bereitwillig⸗ keit erklärt hatte, die angebotene Krone anzunehmen, stellte er die bulgarischen Abgeordneten Sr. Majestät dem Kaiser von Rußland vor. Später fand in der Kirche des Schlosses Livadia ein feierliches Te Deum statt zu Ehren des Prinzen, welcher sich hierauf nach Odessa einschiffte. In dieser Stadt wird der Prinz am 18. eine Parade abhalten über das 13. Jäger⸗ Bataillon (seine Waffengefährten vom Donauübergang), zu dessen Chef er ernannt worden ist, und sodann nach Wien weiter reisen, wo er am 20. einzutreffen gedenkt. Nachbem sich der Prinz Sr. Majestät dem Kaiser von Oesterreich vor⸗ gestellt hat, reist er nach Berlin, Paris und London, von welch letzterer Stadt er nach Darmstadt zu kommen gedenkt, um sich von Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzog zu ver⸗ abschieden.
Schwarzburg⸗Sondershausen. Sondershausen 17. Mai. (Leipz Ztg.) Der versammelte Landtag hat in, seinen bisherigen Sitzungen in einer zweiten, durch die Ver⸗ fassung vorgeschriebenen Abstimmung die Aufhebung der §§. 88—97 des Landesgrundgesetzes beschlossen, eine Reihe von Gesetzesvorlagen, deren Erlaß in Folge der neuen Justizgesetzgebung nothwendig geworden ist, nach den Anträgen der ständigen Deputation angenommen und in seiner letzten Sitzung den Gerichtsgemein schaftsvertrag mit Preußen, das Ausführungsgesetz zum Ge⸗ richtsverfassungsgesetze und eine Reihe von Spezial⸗ geseteen berathen resp. angenommen.
Mai. Die „Pol. Korr.“ meldet: Aus Konstantinopel vom 18. d.: Die Pforte hat den Mächten die offizielle Mittheilung ge⸗
Oesterreich * Ungarn. Wien, 19.
macht, daß das organische Statut für Ostrumelien durch ein Irade des Sultans die Sanktion erhalten habe. Nachdem nun auch die russisch⸗türkischen Verhandlungen wegen Ueberganges der Verwaltung Ostrumeliens an das neue General⸗Gouvernement zu einem befriedigenden Abschluß geführt worden sind und Aleko Pascha demnächst die Verwaltung über⸗
sichten der Landwirthschaft, namentlich in den Pro⸗
gekehrt. Rußland hat dem Vernehmen nach der Pforte die Zu⸗ sage gemacht, der General Stolypin werde nach der An kunft Aleko Paschas in Philippopel sein Hauptquartier nach einem anderen Orte in der Nähe der Hauptstadt Ostrumeliens verlegen. — Aus Belgrad vom 19.: Die Grenz kommission, welche den französischen Konsul Aubarat zum Präsidenten erwählt hat, ist gestern in Vranya eingetroffen; sobald die serbisch⸗bulgarische Grenze festgestellt sein wird, soll Seitens Serbiens die Räumung der zu Bulgarien gehörigen Orte Tern und Breznik erfolgen. Morgen trifft hierselbst der türkische Gesandte Sermet Pascha ein; eine Deputation serbischer Bürger ist demselben bis Basiasch ent⸗ gegengereist; die Stadt Belgrad bereitet ihm einen festlichen Empfang. Der Gouverneur des französischen „Credit foncier“, Fremy, ist zu Verhandlungen wegen einer serbischen Eisenbahnanleihe hierselbst eingetroffen. Pola, 18. Mai. (Presse.) Von Dalmatien kommend, ist gestern Vormittags die Königliche englische Hacht „98⸗ borne“ mit dem Herzog und der Herzogin von Connau ght hier eingelaufen. Die Nacht führte die Königliche Standarte und wurde mit den vorgeschriebenen Salutschüssen begrüßt. Der interimistische Hafen⸗Kommandant und der Bezirkshaupt⸗ mann stellten sich an Bord vor, worauf der Herzog Mittags die Spitzen der Civil⸗ und Militärbehörden empfing. Sodann besichtigte der Herzog das Arsenal, die Marinekaserne und hierauf die aufgestellte Ehrencompagnie unter den Klängen der englischen Volkshymne. Nachmittags 3 Uhr kam der Herzog in Begleitung der Herzogin ans Land, besichtigte die Arena, die Porta Aurea, den Augustustempel und unternahm eine Rundfahrt durch die Stadt, begleitet vom interimistischen Hafen⸗Admiral, dem Bezirkshauptmann und dem Podesta. Um 4 Uhr erfolgte der Besuch des Marine⸗ Kasinos; um 7 Uhr war Diner an Bord der „Osborne“, zu dem Contre⸗Admiral Barry mit dem Adjutanten Oberst Kraft und der Bezirkshauptmann geladen waren. Abends war Be⸗ such der Theatervorstellung, welcher das Herzogspaar bis zum Schlusse anwohnte. Die Abreise nach Venedig erfolgte um 2 Uhr Nachts. Die Nacht „Osborne“ führt 2 Kanonen und 145 Mann Bemannung. In Begleitung Ihrer Königlichen Hoheiten war als See⸗Offizier Prinz von Battenberg, Bruder des zum Fürsten von Bulgarien gewählten Prinzen Alexander.
Pest, 19. Mai. (W. T. B.) Das Abgeordneten⸗ haus nahm den Gesetzentwurf, betreffend den Ankauf der Waagthalbahn an, verwarf dagegen den Antrag, die Re⸗ gierung aufzufordern, eine Vorlage wegen des Ausbaues der Bahnlinie Trenscin⸗Sillein einzubringen.
Schweiz. Bern, 17. Mai. Der Bundesrath hat heute die Traktanden für die am 2. Juni zusammen⸗ tretende Bun desversammlung festgestellt. Es sind deren zweiundzwanzig, von denen die wichtigsten: der bundesräthliche Geschäftsbericht und die Staatsrechnung von 1878, die Er⸗ gänzung des eidgenössischen Wahl⸗ und Abstimmungsgesetzes, das Gesetz, betreffend die civilrechtlichen Verhältnisse der Nieder⸗ gelassenen und des Aufenthalts, die Nachtragskredite für 1879, die Erhöhung des Eingangszolles, das Bundesgesetz, betreffend Fabrik⸗ und Handelsmarken, und die Motion Foos, betreffend die Revision des vom Banknotenwesen handelnden Art. 39 der Bundesverfassung, welche verlangt, daß dem Bunde allein das Recht zur Banknotenausgabe zustehen soll, ohne RNechts⸗ verbindlichkeit für deren Annahme. — Gegen die Wieder⸗ einführung der Kapuziner in den Kanton Tessin sind
nehmen dürfte, ist General Stolypin nach Philippopel zurück⸗
—
dem Bundesrath Seitens der im Auslande weilenden Tessiner meh⸗ rere Eingaben eingereicht worden. In einer derselben, aus Paris, wird der betreffende Großrathsbeschluß, welcher am 9. März vom Volke angenommen wurde und die Kapuziner wieder zu⸗ gelassen haben will, als nicht im Einklange mit der Bundes⸗ verfassung von 1874 bezeichnet, weshalb die Bundesbehörden ihm ihre Ratifikation versagen möchten.
— 19. Mai. (Wes. Ztg.) Das Gesammtresultat der Abstimmung über die Wiedereinführung der Todes⸗ strafe ist 191 197 Stimmen für und 177 263 Stimmen gegen.
Belgien. Brüssel, 19. Mai. (W. T. B.) Der hiesige Bürgermeister Anspach ist heute gestorben.
Großbritannien und Irland. London, 17. Mai. (Allg. Corr.) Die Anfertigung des Kabels, welches die Kapkolonie mit England in telegraphische Verbindung bringen soll, geht in Greenwich rüstig von Statten. Vor Kurzem segelte der Dampfer „Kangaroo“ mit 364 Meilen Kabel für die Uferenden ab, und gestern verließ das Dampf⸗ Kabelschiff „Seine“ die Themse mit dem zweiten Theilg des Kabels, bestehend aus 1400 Meilen. Der „Seine“ folgt in Kurzem der Dampfer „Calabria“ mit einem weiteren Theile des Kapkabels. G
Ueber die Situation in Birma wird dem „Standard“ aus Mandalay unterm 12. d. M. gemeldet: Der König hat allen Europäern das Betreten des Palastes streng ver⸗ boten. Die Lhama⸗Kachin⸗Stämme befinden sich in offenem Aufstande. Sie zerstörten mehrere Dörfer am Irawaddyflusse und raubten 3000 Ballen Baumwolle, Eigen⸗ thum des Königs. Mandalay bleibt ruhig und, obwohl allerlei Gerüchte in Umlauf sind, schwebt ein undurchdring⸗ liches Dunkel über alles, was im Palaste vorgeht.
Aus Lahore wird dem „Standard“ unterm 14. d. M. gemeldet: Die Vorkehrungen zur Linderung der Hungers⸗ noth in Kaschmir konnten nicht ausgeführt werden, da die Rinderpest den größten Theil der Transportochsen weggerafft hat. Die Leiden der Bevölkerung in Kaschmir sind fürchter⸗ lich das ganze Thal verfügt nicht über Lebensmittel für eine Woche.
Canada. Ottawa, 15. Mai. Der Marquis von Lorne drückte in der Rede, mit welcher er heute das Par⸗ lament des Dominion schloß, die Hoffnung aus, daß der neue Tarif durch Vermehrung der Einkünfte der Kolonie das Gleichgewicht zwischen den Einnahmen und Ausgaben wieder herstellen, die Entwickelung der Landesindustrie fördern und der bestehenden Handelsstockung ein Ende bereiten würde
Halifax, 14. Mai. Das Kanonenboot „Zephyr“” und die Korvette „Druid“ haben Befehl erhalten, nack Neufundland zum Schutz der dortigen Fischerei abzu gehen. — 19. Mai. (W. T. B.) In der heutigen Oberhaus⸗ Sitzung entgegnete der Marquis von Salisbury den Lord Morley, daß die auf die griechische Frage und das Rundschreiben des französischen Ministers der Auswärtigen Angelegenheiten, Waddington, bezüglichen Schriftstück heute vorgelegt swerden würden.
Das „Reutersche Bureau“ meldet aus Simla von heute Jakub Khan habe zu den Unterlagen eines Friedens
“
rtrags seine Zustimmung ertheilt, durch welchen die der englischen Politik in Betreff Afghanistans sichergestellt würden. 1 —— 20. Mai. (W. T. B.) Die „Times“ meldet aus Simla, von gestern, weiter: die Hauptpunkte odes mit Jakub Khan abgeschlossenen V ertrages seien die Annexion der Pässe und eines für Herstellung einer angemessenen Grenze hinreichenden Gebietes, die Anstellung eines englischen Resi⸗ denten in Kabul, die Kontrole der auswärtigen Beziehungen Afghanistans und die Unabhängigkeit der bCöö- jedoch ohne Präjudiz für die Herrschaft über die Pässe.
Im Unterhause erwiderte heute der Schatzkanzler
Norkheote auf eine Anfrage Balfours: der englische Gesandte in Persien habe seine Entlassung genommen; ein Nachfolger sei noch nicht designirt. Der Unter⸗Staats⸗ sekretär Bourke antwortete Mills: die englische Re⸗ gierung habe Chile und Peru ihre guten Dienste ange⸗ boten. Der Schatzkanzler Northcote bestätigte sodann unker lautem Beifall des Hauses, daß die Unterlagen eines Friedensvertrages mit akub Khan vereinbart worden seien. Schließlich brachte Newdegate den Antrag ein, daß kein neuer Vertrag abgeschlossen und überhaupt keinerlei Verpflichtungen eingegangen würden, welche der Kontrole des Hauses über die finanziellen H ülfsquellen und über die Besteuerung präjudiziren oder dieselbe be⸗ schränken oder binden könnten, bevor nicht das Haus über die beabsichtigten Verpflichtungen seine 8 Ansicht ausgesprochen habe. Der Unter⸗Staatssekretär Bourke erklärte sich gegen den Antrag. Ueber einen neu en Han⸗ delsvertrag mit Frankreich könne erst nach Promul⸗ gation des allgemeinen Tarifs. unterhandelt werden; die fran⸗ zösische Regierung habe daher eine Prolongation von 6 Monaten vom Tage der Promulgation des allgemeinen Tarifs an vor⸗ geschlagen. Newdegate zog darauf seinen Antrag zurück.
Frankreich. Paris, 17. Mai. (Fr. Korr.) Das vom „Journal officiel“ veröffentlichte Dekret, welches die Vernichtung des Hirtenbriefes des Erzbischofs von Aix ausspricht, lautet:
„Der Präsident der Republik. Auf den Bericht der Sektion für Inneres, Kulte, Justiz, Unterricht und Schöne Künste, in Anbetracht des am 13. Mai 1879 von dem Erzbischofe von Aix an seine Geistlichkeit und an die Gläubigen, Behufs Verlesung in allen Kirchen seiner Diözese erlassenen Hirtenbriefes; in Anbetracht des Berichts des Ministers des Innern und der Kulte vom 24. April 1879; in Anbetracht der von dem Erzbischofe von Aix auf die Noti⸗ fizirung dieses Berichts ertheilten Antwort; in Anbetracht des Artikels 1 der Deklaration der sfranzösischen Geistlichkeit vom 19. März 1682, des Edikts von demselben Monat, des Dekrets vom 25. Februar 1810 und der Artikel 6 und 8 des organischen Gesetzes vom 18. Germinal des Jahres X.; in Erwägung, daß es ein Fundamentalsatz in dem französischen Staats⸗ rechte ist, daß die Kirche und ihre Diener nur für die geist⸗ lichen, nicht aber für die weltlichen und bürgerlichen An⸗ gelegenheiten ihre Macht empfangen haben; daß, wenn die Bischöfe das Recht haben, dem Staatsoberhaupte ihre Be⸗ merkungen über die weltlichen Angelegenheiten zu unter⸗ breiten, welche ihres Erachtens die Interessen des Glaubens berühren, und wenn sie dieselben als Staatsbürger im Peti⸗ tionswege an die gesetzgebenden Gewalten gelangen lassen oder in Privatschriften veröffentlichen können, dieses Recht doch nicht in Form von Hirtenbriesen ausgeübt werden darf, weil dieselben nur die Belehrung der Gläubigen über ihre religiösen Pflichten zum Gegenstande haben sollen; daß der Erzbischof von Aix, indem er in einem zur Verlesung und Veröffentlichung in allen Kirchen seiner Diözese bestimmten Hirtenbriefe Akte der öffentlichen Obrigkeit kriti⸗ sirte, in denen er eine Drohung für die Religion und einen Eingriff in die Freiheit der Familienväter zu erblicken glaubte, die seiner Gewalt von dem Gesetze gezogenen Schranken über⸗ schritten hat, verfügt nach Anhörung des Staatsraths: Art. 1. Der Hirtenbrief des Erzbischofs von Aix vom 13. April 1879 stellt einen Mißbrauch dar. Dieser Hirtenbrief ist ganz und gar zu vernichten. Art. 2. Der Minister des Innern und der Kulte sowie der Siegelbewahrer und Justiz⸗Minister werden, Jeder für seinen Theil, mit der Ausführung dieses Dekrets beauftragt, welches in die Gesetz⸗Sammlung einzurücken ist.
Gegeben zu Paris, den 16. Mai 1879.
Jules Grévy.“
Die „République francaise“ macht heute den Vor⸗ schlag, man solle den Artikel 204 des Strafgesetzbuchs im Wege der Gesetzgebung dahin amendiren, daß die reni⸗ tenten Bischöfe nicht mit Verbannung, sondern mit gänz⸗ lichem oder partiellem Verluste ihres Staatsgehalts bestraft würden. Das sei praktischer und minder hart; sollte aber der Senat auf diese Fassung nicht eingehen, so bliebe der Regierung freilich nichts Anderes übrig, als das bestehende Gesetz zur Anwendung zu bringen. — Der citirte Artikel lautet:
„Jedes Schriftstück, welches geistliche Instruktionen, gleichviel in welcher Form, enthält, und in dem ein Kultusdiener sich unter⸗ fangen hat, die Regierung oder irgend einen Akt der öffentlichen Be⸗ hörde zu kritisiren oder zu rügen, zieht gegen den Kultusdiener, der das Schriftstück veröffentlicht hat, die Strafe der Verbannung nach sich.“
Die republikanische Linke der Deputirten⸗ kammer, also die stärkste Fraktion der Majorität, hat gestern einstimmig beschlossen, die Wahl Blanqui's in Bordeaux als eine solche, die mit den gesetzlichen Vorschriften schlechterdings unvereinbar sei, für unguͤltig zu erklären. Schon sieht man mit Sicherheit voraus, daß diese Wahl mit IWer gigen höchstens 40 Stimmen umgestoßen werden wird. erübhrigt dann freilich noch die Frage der Begnadigung Blanquis, für welche die Regierung bis spätestens zum 5. Juni einen Beschluß zufassen hat (s.u.). In einer Versammlung —9 repu likanischen Union, welche theilweise aus denselben Mitgliedern besteht, wurde über die Gesetzlichkeit der Wahl Blanqui's keine Entscheidung getroffen, wohl aber von mehreren Rednern dem Bedauern Ausdruck gegeben, daß die Regierung nicht durch rechtzeitige Amnestirung Blanqui's diesen peinlichen Streitfall aus der Welt geschafft hätte. Sehr unzufrieden ist man in diesen Kreisen auch über die Er⸗ nennung des Hrn. Le Myre de Villers zum Gouverneur von Cochinchina, obgleich man die Umwandlung des militä⸗ bi cen Regimes auch dieser Kolonie in cin bürgerliches gut heißt.
„Die Angabe des „Temps“, daß die Preßleitung im Ministerium des Innern aufgelöst oder auf ein kleines Bureau reduzirt werden soll, wird als irrig bezeichnet; es soll nur
leitung abgelöst werden und an die Direktion des öffent⸗ lichen Sicherheitswesens übergehen. Die neulich gesunkene schwimmende Batterie „L’'Arro⸗ gante“ liegt jetzt in einem Trockendock von Toulon, und wird genau untersucht, ob das Fahrzeug auseinandergenommen werden muß. — 19. Mai. (Rép. fr.) Dem Präsidenten ist am Sonn⸗ abend ein neues Begnadigungs⸗Dekret unterbreitet worden, welches 400 Verurtheilte betrifft und die Zahl der seit Erlaß des betreffenden Gesetzes Amnestirten auf 3465 Personen steigen läßt. Am 5. Juni läuft die Wirksam⸗ keit des Gesetzes ab. — Die „Union républicaine“ zählt gegenwärtig 160 Parlamentsmitglieder. — In Paris ist ein neues Journal gegründet worden, welches in nächster Zeit erscheinen soll und den Titel „Le Protectionniste“ führt. Der Zweck desselben wird durch letzteren hinreichend gekennzeichnet. 1
— 19. Mai. (W. T. B.) Der Justiz⸗Minister empfing heute Delegirte der äußersten Linken und sprach sich denselben gegenüber dahin aus, daß die Regierung nicht beabsichtige, die ehemaligen Mitglieder der Kom⸗ mune zu amnestiren; die Regierung werde erst nach dem 5. Juni Rochefort, Vallés, Blanqui und einige Andere
begnadigen, welche auf diese Weise nicht der Vortheile der Amnestie theilhaftig werden würden.
Versatlles, 19. Mat, (WV.W n der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer erklärte der Justiz⸗ Minister Leroyer auf eine Anfrage Baudry d'’Assons: die Regierung habe die Wahl Blanqui's nicht in dem „Journalofficiel“ veröffentlichen lassen, weil diese Wahl unter besonderen Umständen vollzogen sei, welche die Regie⸗ rung nöthigten, sich weitere Entschließungen vorzubehalten. Der Zwischenfall war damit erledigt. Der Deputirte Casse (radikal) sprach sich mißbilligend über die Wahl de Villiers zum Gouverneur von Cochinchina aus. Der Marine⸗ Minister stellte hierauf die persönliche Vertrauensfrage und erklärte, er sei bereit, von seinem Posten zurückzutreten, wenn die Kammer seine Amtsführung tadeln sollte. Casse entgegnete: er habe den Minister nicht angreifen wollen. Damit war auch dieser Zwischenfall erledigt. Lockroy (radikal) brachte seine Interpellation über die Agitationen der Geistlichkeit in der Dibzese Aix ein. Der Redner betonte: der Brief des Erzbischofs von Aix sei beleidigend für das Ministerium; er verlange die gerichtliche Verfolgung und Bestrafung der rebellischen Geistlichkeit und die Trennung von Staat und Kirche. Der Minister des Innern hob in Beantwortung der Interpellation hervor, daß im Kabinet vollkommene Uebereinstimmung bezüglich des Ferry'’'schen Gesetzentwurfs und des Widerstandes gegen die Geistlich⸗ keit herrsche. Die Regierung würde indessen ihre Aufgabe ver⸗ fehlen, wenn sie nicht den in dem Concordate festgesetzten Ge⸗ setzen Achtung verschaffen würde. Der Minister fügte hinzu: wenn die dem Erzbischof von Aix zugeschriebenen Worte, die er bei seinem geistlichen Besuche in Chateaurenard und Vauecluse gebraucht haben soll, sich bestätigen sollten, so würde er den zuständigen Gerichten überwiesen werden. Lockroy sprach dem Minister seinen Dank für diese Er⸗ klärungen aus und gab der Hoffnung Ausdruck, daß dieselben nicht platonischer Natur bleiben möchten. 8
Der Senat hat die Wahl von zwei lebensläng⸗ lichen Senatoren auf den 27. d. M. angesetzt.
Portugal. Lissabon, 17. Mai. (Ag. Hav.) Di Kammer hat das Budget berathen. Mehrere Devputirte griffen die Regierung an wegen der Ausgaben für die reli⸗ giösen Missionen in den Kolonien. Der Minister der Auswärtigen Angelegenheiten, d'Andrade Corvo, er⸗ widerte, daß dieselben der Civilisation in den portugiesi⸗ schen Kolonien eminente Dienste geleistet hätten.
Italien. Rom, 19. Mai. (W. T. B.) Die Depu⸗ tirtenkammer nahm heute den Gesetzentwurf über die Civilehe mit 153 gegen 101 Stimmen an. Nach den zu dem Entwurfe gut geheißenen Amendements wird die straf⸗ gerichtliche Verfolgung gegen die Zuwiderhandelnden eingestellt, sobald die kirchlich getrauten Gatten die Ehe in das Civil⸗ standsregister eintragen lassen.
Türkei. Konstantinopel, 19. Mai. (W. T. B.) Der Sultan hat das organische Statut für Ostrumelien sanktionirt.
Rumänien. Bukarest, 19. Mai. (W. T. B.) Die Deputertenwahlen des das bürgerliche Element repräsen⸗ tirenden zweiten Wahlkollegiums sind für die liberale Partei günstig ausgefallen, die bei der Landbevölkerung be⸗ reits erfolgten Wahlmännerwahlen lassen mit Sicherheit eine weitere Vermehrung der Zahl der liberalen Deputirten er⸗ warten, die Majorität, auf welche die Regierung in der neuen Kammer zu rechnen haben wird, kann daher schon jetzt auf Dreiviertel der Gesammtzahl der Kammermitglieder ver⸗ anschlagt werden.
RNußland und Polen. St. Petersburg, 16. Mai. (Journ. de St. Pét.) Der „Senatszeitung“ zufolge sind durch Kaiserliche Ukase der Geheimrath Fürst Obolensky im Ministerium des Innern zum Staatssekretär und der Geheimrath Galkin⸗Vravsky, Gouverneur von Saratow, zum Chef der Generaldirektion der Gefängnisse ernannt worden.
Die Stadt Rjasan hat am 17./29. April zu Ehren des Regiments der Ordens⸗Dragoner, dessen Chef Se. Majestät der Deutsche Kaiser ist, ein Festmahl ver⸗ anstaltet. Während des Festes richtete der Bürgermeister, Hr. Frolow, im Namen des Magistrats ein Glückwunsch⸗ telegramm an Se. Majestät nach Berlin, auf welches, wie die „Molwa“ meldet, folgende Antwort einging:
„Berlin, 17./29. April.
An den Bürgermeister von Rjasan, Hrn. Frolow. Ich danke Ihnen herzlich, daß Sie sich bei Gelegenbeit der Rückkehr der tapfern Ordens⸗Dragoner Meiner erinnern und dies an demselben Tage, an welchem auch Ich auf die Gesundheit Meines besten Freundes, Ihres Monarchen trinke, der eben eine so schwere Ne e sbe stntzen hat. Wilhelm.
— (St. Pet. Herold.) Die Anordnung der rumänischen Regierung, aus Rußland kommende Juden, welche keine Existenzmittel besitzen, nicht über die rumänische Grenze zu lassen, hat zur Folge gehabt, daß die russische Regierung auf den Antrag des Ministeriums des Aeußern eine gleiche Maß⸗ regel in Bezug auf rumänische Juden, die nach Rußland kommen, beschlossen hat. Die bezügliche Resolution des Minister⸗Comités hat am 23. März (4. April) die Allerhöchste Bestätigung erhalten.
b der 8 Golos“ telegraphirt man aus Astrachan unter
das Bureau für Drucksachen und Buchhandel von der Preß⸗
dem 3./15. Mai:
Auf Anordnung des Gouverneurs von Astrachan ist heute am Astrachanschen Strande eine Quarantäne⸗Agentur eröffnet worden. Dieselbe befindet sich an der Stelle, wo die Umladung der Waaren aus den See⸗ in die Flußschiffe stattfindet. Die Wasser⸗ tiefe beträgt an dieser Stelle gegen 9 Fuß. — Alle Schiffe, die aus den persischen Häfen kommen, unterliegen einer dreitägigen Obser⸗ vation in der Quarantäne⸗Agentur. Die Passagiere und die Equi⸗ page sollen einer medizinischen Besichtigung unterworfen werden. — Gleichzeitig hat der Gouverneur ein Verbot gegen die Einfuhr von Lumpen und getragenen Kleider jeder Art aus den Häfen des Kaspischen Meeres, wie auch aus den persischen und kaukasischen Häfen erlassen. 1 1“ “
Bekanntlich wurde in diesem Frühjahr; von russischen Truppen eine Bewegung in die TDurkmenen⸗Steppe unter⸗ nommen. Wie der „Kawkas“ meldet, hatte die russische Ab⸗ theilung bereits in den ersten Tagen des verflossenen Monats unter folgenden Verhältnissen einen Zusammenstoß mit den Tekinzen:
Zum Transport von Proviant und Munition für den bevor⸗ stehenden Zug nach Achal⸗Teke wurden auf Befehl des Generals Lomakin von den Kirgisen etwa 3000 Kameele gemiethet und die⸗ selben auf den etwa 25 — 60 Werst nordöstlich von Krasnowodsk liegenden Weideplätzen untergebracht. In der Marterwoche meldeten alarmirende Gerüchte: eine große Abtheilung Tekinzen habe die Ab⸗ sicht, die Kameele zu überfallen, dieselben zu rauben und damit auch die beabsichtigte Expedition unmöglich zu machen. Am 31. März
werden daher nach Burnak zwei Compagnien mit einer kleinen Ab⸗ (theilung berittener Milizen abgeschickt. Alles ging gut, und bereits hielt
man die Gerüchte von dem beabsichtigten Ueberfall für ein Märchen, als am 7. April vom Chef der abgeschickten Truppenabtheilung, dem Kapitän Ter⸗Kosorow die Nachricht in Krasnowodsk eintraf, daß die Tekinzen in großer Uebermacht die turkmenischen Auls über⸗
fallen, dieselben zerstört und eine Menge von Frauen und Kindern,
Rinder und Hammel geraubt hätten. Darauf hatten sie sich auch
auf die weidenden Kameele geworfen und einen Theil derselben fort⸗
getrieben. Jetzt galt kein Zaudern mehr: Kapitän Ter⸗Kasorow ver⸗
ließ sein Lager und machte sich mit seinen Truppen auf den Weg,
um die Räuber einzuholen und dieselben zu züchtigen. Um 6 Uhr
Abends stieß die russische Abtheilung unerwartet auf ein Lager, welches
mit knienden Kameelen umgeben war und aus welchem die Russen mit Schüssen empfangen wurden. Die Russen antworteten, und es entwickelte sich ein lebhaftes Feuer. Die russischen Truppen hatten einen schweren Stand, da sie jede Erhöhung im Kampf nehmen mußten und dabei dem Feuer des Feindes ausgesetzt waren. Einige Mal warfen sich die Tekinzen mit blanken Waffen den stürmenden Soldaten entgegen, wurden aber durch wohlgezielte Salven wieder zurückgetrieben. Da die berittene Miliz sich zu einer Rekognosszi⸗ rung entfernt hatte, so waren die Russen bei einem Angriff fast um⸗ gangen worden; sie bemerkten jedoch diesen Versuch des Feindes noch rechtzeitig und trieben ihn zurück. Der Raum, welcher die Russen von dem Lager trennte, war bereits ein sehr geringer, als die Dunkelheit einbrach und den Kapitän zwang, seine ermatteten Sol⸗ daten in eine früher ausgewählte Position zurückzuführen. Auch die Tekinzen benutzten die Dunkelheit, wobei sie 10 Todte und 50 Kameele zurückließen. Kaum war in Krasnowodsk die Nachricht von diesem Zusammenstoß eingetroffen, als sofort General Lomakin selbst mit zwei Compagnien und Geschützen dem Kapitän Ter⸗ Kasarow zu Hülfe eilte. Am Abend des 7. April trafen die Com⸗ pagnien in Burnak ein und marschirten am sfolgenden Morgen weiter. Die Tekinzen hatten sich jedoch bereits zu weit entfernt, und die Truppen kehrten, nachdem sie in brennendster Sonnenhitze 60 Werst zurückgelegt hatten, wieder zurück. Die berittene Miliz war unterdessen auch nicht unthätig gewesen. Sie war auf eine Bande Tekinzen gestoßen und hatte derselben eine große Menge von Hammeln abgenommen. Leider konnten die geraubten Weiber und Kinder nicht befreit werden, da die Tekinzen dieselben wahrscheinlich auf Pferden weitergeschleppt hatten. Eine Frau hatte sich übrigens durch die Flucht gerettet. Dieselbe erzählte, daß die Tekinzen etwa 200 Reiter und mehr denn 1000 Fußsoldaten gezählt hätten. Der Verlust der⸗ selben sei ein sehr großer gewesen, da fast jedes Kameel mit Todten und Verwundeten belastet gewesen sei. Auf russischer Seite wurden 4 Soldaten getödtet und 14 verwundet. Kapitän Ter⸗Kasarow hat eine leichte Kontusion davongetragen. Es verlautet, daß die Tekinzen mit vielen gezogenen Gewehren bewaffnet sind, die sie von den Eng⸗ ländern erhalten haben sollen.
— 19. Mai. (W. T. B.) Nach hier eingegangenen Nachrichten ist in der Stadt Petropawlowsk im Bezirke Akmollinsk (Sibirien) eine Feuersbrunst ausgebrochen. Mehrere Stadtviertel stehen in Flammen.
Amerika. (Allg. Corr.) Washington, 15. Mai. In der heutigen Senatssitzung hielt Mr. Thurmann eine heftige Rede gegen die Bundesaufsicht über die Wahlen. Mr. Law bestritt, daß die Demokraten sich verschworen hätten, die Regierung in ein Chaos zu stürzen, oder daß der Süden ihnen ihre Politik diktire. 1 8
Das Repräsentantenhaus hat bis jetzt alle Amende ments zu der Silbervorlage verworfen, darunter eins, welches das Gewicht des Silberdollars auf 460 Karat festsetzt. Dieser Vorschlag wurde mit 124 gegen 52 Stimmen abgelehnt.
New⸗York, 15. Mai. Der Bundesrichter in Rich mond, Virginia, hat entschieden, daß das konstitutionelle Amendement das in Virginien in Kraft befindliche Gesetz, welches Heirathen zwischen Schwarzen und Weißen bestraft, nicht berühre.
Dr. Andrew D. White, der neu ernannte Gesandte der Vereinigten Staaten für Deutschland, verließ heute New⸗York an Bord des Dampfers „City of Brussels“, um sich auf seinen Posten zu begeben. Derselbe trifft am 25. d. M. in London ein und wird daselbst einige Tage ver⸗ weilen.
Südamerika. (Allg. Korr.) Aus Panama wird unterm 7. d. M. gemeldet, der durch das Bombardement von Pisagua entstandene Vermögensschaden werde auf 1 000 000 Soles geschätzt. ö
Gewerbe und Handel.
Aus dem Geschäftsbericht der Berlin⸗Potsdam⸗Magde⸗ burger Eisenbahn pro 1878 sind folgende Mittheilungen vent⸗ nommen: Die Einnahmen aus dem Verkehr weisen gegen das Vor⸗ jahr eine Zunahme im Personenverkehr von 199 854 ℳ, im Güter⸗ verkehr eine Abnahme von 333 895 ℳ, im Ganzen somit eine Ab⸗ nahme von 134 041 ℳ auf. Der Lokal⸗Personenverkehr weist fast auf allen Stationen eine, wenn auch geringe Vermehrung der Fre⸗ quenz auf. Im Güter⸗, Eilgut⸗ und Viehverkehr ist im Jahre 1878 eine Gesammteinuahme von 6 787 134 ℳ gegenüber 7 121 029 At im Vorjahre erzielt. Im Frachtgutverkehr sind 1878 1 471 553 t, 1877 nur 1 383 971 t, somit 1878 mehr 87 582 t befördert. Gleichwohl weist der Frachtgutverkehr eine Mindereinnahme von 245 497 ℳ auf. Während die Gesammteinnahmen der Berlin⸗Potsdam⸗Magdeburger Bahn 1878 hinter denen des Vorjahres um 178 002 ℳ zurück⸗ geblieben sind, sind auch die Betricbsausgaben um 215 493 ℳ ge⸗ sunken. Der Betriebs⸗Bruttoüberschuß beträgt 1878 6 340 842 ℳ gegenüber 6 303 350 ℳ im Jahre 1877 und ist um 37 491 ℳ ge⸗ stiegen. Dem Ueberschuß des Berlin⸗Potsdam⸗Magdeburger Unter⸗ nehmens tritt die Dividende für die Betheiligung an dem Aktien⸗
kapital der Braunschweigischen Eisenbahngesellschaft zum Hesage henr 18 000 000 ℳ hinzu. Dieselbe ist zur Zeit des Rechnungsabschlusse