offenbar nirceend ein Verlangen danach hervortrat. Die schlimmste Anklage, welche von eifrigen Lutheranern gegen achim in jenen Tagen erhoben worden sei, laute dahin, daß er „das abgöttische Brot“ am Fronleichnamsfest wieder habe umhertragen lassen, und eben dieser Vorwurf diene zum Zeugniß dafür, daß das römische Meßopfer selbst, eine Kommunion des Priesters ohne kommu⸗ mizirende Gemeinde, nirgends wiederhergestellt worden sei. Die über⸗ wiegende Majorität der Geistlichen habe sich, wenn auch seufzend, dem Kurfürstlichen Gebote gefügt und das Interim in jener abge⸗ schwächten Form angenommen; einige Wenige machten Opposition und räumten ihre Pfarrstellen, jedoch wie es scheint ohne eigentlich abgesetzt zu sein. Wo Joachim Bereitwilligkeit gefunden habe, sich seinen Anordnungen im Großen und Ganzen zu füge., habe er im Einzelnen nicht streng auf peinliche Ausführung des ganzen wieder aufgefrischten Ceremoniells gehalten. — Darauf theilte Hr. Ober⸗ lehrer E. Meyer aus Golls „Ouellen und Untersuchungen zur Geschichte der Böhmischen Brüder“ (Prag 1878), einige Nachrichten mit, welche zeigen, daß es unter Albrecht Achilles in den 70 ger Jahren des 15. Jahrhunderts Wal⸗ denser in unserer Mark gab, die von dem katholischen Kle⸗ rus hier wie überall heftig verfolgt wurden. Aus dem Hauptjahre der Verfolgung 1480 bat sich in der „Historia fratrum“, welche in einem der Prager Universitäts⸗Bibliothek gehörigen Kodex des 16. Jahrhundorts steht, ein Brief eines böhmischen Bruders erhal⸗ ten, der den Waldensern ein Schreiben seiner Glaubensgenossen über Glaubensangelegenheiten überbracht hatte.
Daß diese Waldenser aus Oesterreich gekemmen waren, von wo sie geflüchtet waren, als im Anfange der 70-er Jahre dort eine Ver⸗ folgung über sie hereingebrochen war, die ihren Bischof Stephan auf den Scheiterhaufen geführt hatte, — rühre indeß aus einer anderen ebenfalls von Goll mitgetheilten Quelle. Ueber die Verfolgung in der Mark berichtet nun der Brief, als im Jabre 1480 der alte Markgraf, d. h. also Albrecht Achilles, an⸗ läßlich eines Krieges in „eine Stadt in der Nähe der Brüder“ ge⸗ kommen sei, hätten die katholischen Priester ihm ihre Klagen über
die Ketzer mitgetheilt. Albrecht wies die Klagen des Klerus aber zunächst ab, indem er eine Prüfung der Ketzerei verlangte: wären sie Ketzer, so sollten sie widerrufen. Letzteres nahmen nun die Katho⸗ lischen von vornherein als erwiesen an und leiteten daher Vollmacht zur Verfolcung der Brüder ab; sie wollten eines Bürgermeisters bedienen, den sie, falls er Hülfe verweigerte, selbst als Ketzer beim Mark⸗ denunciren drohten. Dieser sollte sich seinerseits bei eschweren, aber der Kurfürst hatte bereits die Mark wieder
Inzwischen hatte die Geistlichkeit aber ein Glaubens⸗
rium mit den Brüdern begonnen, einzelne von ihnen aber sich an den jungen Margkrafen“, d. h. Johann Cicero,
8218 —n
anntlich in der Mark Statthalter war, und erhielten von
ihm eine Verfügung, die sie gegen die Verfolgung schützte. Dies er⸗ bitterte den Kletus aber nur noch mehr, und er nahm einige Wal⸗ denser in Haft, während andere flüchteten. Damals kam der Schreiber des Briefes, der, wie bemerkt, ein Schreiben der Brüderunität in Böhmen zu überbringen hatte, zu ihnen. Er ermahnte sie, dieses Schreiben geheim zu halten, nichtsdestoweniger wurde er mehreten Anhängern Waldenser, welche letztere sich zahlreich gefunden zu haben schei⸗ mitgetheilt, u. a. auch dem Rath „einer Stadt“. Dieser wollte davon eine Kopie anfertigen lassen, aber der damit beauftragte Schrei⸗ ber war ein Priester, der das Schreiben der Geistlichkeit aushändigte. Diese fälschte das Schreiben willkürlich und legte dem Bischof vor, der nun auf Grund desselben das Einschreiten des Markgrafen (Johann Cicero's) verlangte, und eser konnte nicht umhin, seine Einwilligung zu ertheilen.
—
Unvermuthet wurden die Brüder überfallen und gefangen gesetzt und bald mußten sechs Männer und vier Weiber den Scheiterhaufen besteigen. Ein Waldenser, Namens Peter, legte jedoch Berufung an den Markgrafen ein; er wurde von einem Mönch, der Doktor der sieben freien Künste war, verhört und in Predigten, die er vor ver⸗ schiedenen vornehmen Personen und selbst vor dem Markgrafen hielt, für einen Ketzer erklärt. Auch er wurde zum Feuertode verurtheilt, den er standhaft ertrug, indem er es ablehnte, das Sakrament von den katholischen Priestern zu empfangen, und noch entrüsteter den Antrag zurückwies, seine Glaubensbrüder zu verrathen. Die Worte, die er noch an das Volk richten wollte, übertönten die Priester durch Gesang. Jetzt flüchteten die Waldenser allgemein in die Wälder, wo sie in Angst und Sorge noch waren, als der Brief geschrieben wurde; sie baten deshalb die böhmischen Brüder durch den Schreiber des Briefes um Rath und Hülfe, man möchte aber deutsch an sie schreiben, da keiner das Böhmische verstehe. Sie seien entschlossen auszuwandern, falls man sie in der Mark nicht dulden wolle. So weit der Brief. — Wir wissen aus anderen Berichten der böhmischen Brüder, daß die Brüderunität eine Gesandtschaft an sie schickte, an deren Spitze Peter „der Deutsche“ stand; was diese ausgerichtet hat, ist nicht bekannt. Doch steht wiederum fest, daß die Waldenser auswanderten und zwar nach Fulnek in Mähren, wo sie sich mit den böhmischen Brüdern vereinigten.
Die in verschiedenen Zeitungen enthaltene Nachricht, das Central⸗ Comité der Berliner Gewerbe⸗Ausstellung habe, nachdem sämmtliche Kosten der Ausstellung durch die Platzmiethen, den Ueber⸗ schuß der Lotterie, die Verpachtung der Restauration, des Katalogs und durch die Entrée⸗Einnahme der ersten 20 Tage aufgebracht worden, bereits über die Verwendung der Ueberschüsse, welche auf 650 000 ℳ veranschlagt würden, berathen, und beab⸗ sichtige zunächst die Vergütung der den Ausstellern erwachsenen Kosten, ist, wie der Ausschuß der Gewerbe⸗Ausstellung uns mittheilt, unrichtig. In der That ist die finanzielle Lage der Ausstellung eine recht erfreuliche, wenn auch hinter den coursirenden Schätzungen zurückbleibende. Die Lotterie ist als Einnahmequelle nicht vorhanden, sie hat ledig⸗ lich den Zweck, den Ankauf einer größeren Anzahl ausgestellter Ge⸗ genstände — namentlich von den kleineren Gewerbetreibenden — zu ermöglichen, der Ertrag des Loosrerkaufes muß aber in Gewin⸗ nen angelegt werden, die Erzielung und Verwendung von Ueber⸗ schüssen bei der Lotterie ist bei des Konzessionsertheilung ausdrücklich verboten, wird also auch nicht NRtattfinden. Dem Finanzplane der Ausstellung ist die Annahme zu Grunde gelegt, das, wenn den Ein⸗ nahmen aus Platzmiethen, Pachtverträgen ꝛc. ein Ertrag von Ein⸗ trittsgeldern in den fünf Monaten des Bestehens der Ausstellung von 225 000 ℳ hinzutritt (täglich 3000 Besucher zu 50 ₰ gerechnet, wobei die Tage mit erhöhtem Eintrittsgelde eingerechnet sind) nicht allein die Ausgaben gedeckt sein würden, sondern auch noch ein erklecklicher Ueberschuß zur Verwendung für gemeinnützige, dem Ausstellungunter⸗ nehmen verwandte Zwecke übrig blieben. Die Einnahmen in den ersten Wochen haben den Voranschlag weit überschritten. Vom Eröffnungstage bis einschließlich 18. Mai ist die Ausstellung von 121 302 zahlenden Personen besucht worden. Die Summe des ver⸗ einnahmten Eintrittsgeldes wird etwa 80 000 ℳ betragen, also noch lange nicht die Hälfte der Summe, die zur Deckung der Ausgaben erforderlich ist, weshalb noch nicht daran gedacht werden kann, schon über spätere erhoffte Ueberschüsse zu verfügen.
Die Berliner Gewerbe⸗Ausstellung wurde in der Woche vom 12. bis 18. Mai einschließlich von ca. 43 739 zahlenden Personen besucht. Die Gesammtzahl der zahlenden Besucher von der Eröffnung bis zum 19. d. M. betrug 121 302 Personen.
5
Für die Stiftun der deutschen Kriegervereine zum goldenen Hochzeits feste Ihrer Majestäten sind biz zum 24. d. M. bei dem geschäftsführenden Schriftführer an angemel⸗ deren Beiträge zur Errichtung des Nationaldenkmals auf dem Niederwald 42 102 ℳ 32 ₰ eingegangen.
Münster, 17. Mai. (Cöln. Ztg.) Vom 1. bis zum 15. Juni
findet hier eine große Ausstellung westfälischer Alterthü⸗
mer und Kunsterzeugnisse statt, welche der hiesige Alterthums⸗ verein zur Feier seines fünfzigjährigen Stiftungsfestes und im An⸗ schluß an die diesjährige Pfingstversammlung des Hansischen Ge⸗ schichtsvereins veranstaltet hat. Die Ausstellung soll alle in histo⸗ rischer oder künstlerischer Beziehung hervorragenden Erzeugnisse des alten Westfalenlandes von den frühesten Zeiten bis zum Ausgange des vorigen Jahrhunderts in möglichster Vollständigkeit umfassen. Mit eingeschlossen sind solche Kunstwerke und Alterthümer, welche zwar nicht aus Westfalen stammen, wohl aber dauernd in westfälischem Besitze sind. Zu letztern zählt beispielsweise eine dem Frhrn. v. Wendt zugehörende Monna Lisa Leonardo's da Vinci, welche mit dem berühmten Louvrebilde gleichen Namens um den Preis der Ori⸗ ginalität streitet. Unter den kirchlichen Kunstwerken der Ausstellung nehmen die zum ersten Male hier vereinigten Schätze der vier west⸗ fälischen Domkirchen — Münster, Minden, Paderborn und Osna⸗ brück — die erste Stelle ein. Für photographische Aufnahme des Bedeutendsten ist Sorge getragen. Ein beschreibender Katalog wird zu Beginn der Ausstellung gedruckt vorliegen. Nach den bisherigen Anmeldungen und Einläufen rechnet man auf mindestens 2000 Num⸗ mern. So wird die Ausstellung sowohl in quantitativer wie in qualitativer Beziehung alle früher in Westfalen auf demselben Gebiet veranstalteten weit überragen.
St. Petersburg, 25. Mai. (W. T. B.) Nach einer Mel⸗ dung aus Irkutsk, von heute, sind am 3. d. M. neuere Nach⸗ richten von dem Expeditionsschiff „Vega“ in Jakutsk ein⸗ gegangen. Danach benachrichtigte Prof. Nordenskjöld den russt⸗ schen Gouverneur, daß sich die Mitglieder der Expedition auf dem außerhalb jeglicher Gefahr in der Beringsstraße liegenden Dampfer wohl befänden, und daß er im Mai durch den Suezkanal die Rück⸗
reise nach Europa anzutreten beabsichtige. . 8
New⸗York. (N.⸗B. Hdls.⸗Ztg.) Im Nationalpark am YVellowstone ist jetzt zu den anderen Naturwundern ein verstei⸗ nerter Wald entdeckt worden. Die betreffende Gesteinschicht be⸗ findet sich am östlichen Arme des Yellowstoneflusses, mißt ungefähr 5000 Fuß senkrechte Dicke und enthält beinahe in ihrer ganzen Aus⸗ dehnung Schichten von versteinerten Baumstämmen, zum Theil am Boden liegend. An manchen Stellen sind sie so häufig, daß sie zu⸗ erst für die Ueberbleibsel eines neueren Waldes gehalten wurden. Einige der Baumstämme sind 50 bis 60 Fuß lang in einem einzigen Stücke und haben 5 bis 6 Fuß Durchmesser, einer hat sogar zehn Fuß Dicke. Nach den wenigen gefundenen Blättern wurde bestimmt, daß diese Bäume ausgestorbene Arten der Familien Azalee, Magnolien, Lorbeer, Linde, Esche, Persimon, Kornelkirsche ꝛc. repräsentiren. Die Stämme sind zum Theil so gut erhalten, daß sie frisch gehauenem Holze täuschend ähnlich sehen, die Jahresringe sind meist sehr deutlich zu erkennen. Das Holz ist manchmal in Opal oder Achat verwan⸗ delt, und Höhlungen, die sich in ihm befanden, sind mit prächtigen Quarzkrystallen gefüllt.
EIMisa EAFLnn.
R FR Inserate für den Deutschen Reichs⸗ u. Kgl. Preuß. taats⸗Anzeiger, das Central⸗Handelsregister und das
DOeffentlich er Anzeiger. Ee nehmen an: die Annoncen⸗Expeditionen des
„Invalibendank“, Rudolf Mosse, Haasenstein
Preußischen Staats-Anzeigers: Berlin, 8. W. Wilhelm⸗Straße Nr. 32.
Postblatt nimmt ann die Königliche Expedition 1. Steckbriefe und Untersuchungs-Sachen. 5. Industrielle Etablissements, Fabriken des Deutschen Reichs-Anzeigers und Königlich 1
2. Subhastationen, Aufgebote, Verladungen u. dergl.
.Verloosung, Amortisation, Zinszahlung
u. s. w. von öffentlichen Papieren.
Verkäufe, Verpachtungen, Submissionen etc.
und Grosshandel. 6. Verschiedene Bekanntmachungen. 7. Literarische Anzeigen. “ 8. Theater-Anzeigen. In der Börsen- 9. Familien-Nachrichten. beilage.
& Vogler, G. L. Daube & Cc., E. Schlotte, Büttner & Winter, sowie alle übrigen größeren
Annoucen⸗Bureans.
Steckbriefe und Untersuchungs⸗Sachen. Steckbrief. Der unten näher bezeichnete Schrift⸗ setzer August Isidor Wittke ist in den Akten Litt. W. Nr. 46 de 1877 VII. wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt zu drei Monaten Gefängniß verurtheilt worden. Die Strafe hat bisher nicht vollstreckt werden können, da Angeklagter latitirt. Es wird ersucht, denselben im Betretungsfalle fest⸗ zunehmen und mit allen bei ihm sich vorfindenden Gegenständen und Geldern an die Königliche Stadt⸗ voigtei⸗Direktion hierselbst oder an die nächste Ge⸗ richtsbehörde, welche um Strafvvollstreckung hierdurch ersucht wird, abzuliefern. Berlin, den 12. Mai 1879. Königliches Stadtgericht. Abtheilung für Untersuchungsfachen, Deputation VII. für Vergehen. Beschreibung: Alter: 38 Jahre, geboren 11. März 1841, Geburtsort: Berlin, Größe: 174 cm, Haare: kraus, Augen: grau, Nase: dick, Kinn: Mund: gewöhnlich, Stirn: frei, Zähne: schlecht, Gestalt: schlank, Bart: blonder
Übart.
Lronner Mo
SSgrn . * T uIuInmn Schnutr⸗ und braunner Voll
Subhastationen, Aufgebote, Vor⸗ ladungen u. dergl. 14672] 1 Geschehen eeis. tt Alfeld I., am 15. Mai 1879. T. Amtsrichter Errleben, ttuar⸗Gehülfe Becker In Sachen, ztr. die Ediktalladung wegen Realberechtigter an Grundbesitze des Köthners Wilhe Im Thiele erode, schien nach dem nach 11 Uhr erfolgten Auf⸗
2c. c. . Der Komparent Thiele beamtrzagte hiernach Erlaß des Ausschluß⸗ bescheides. 1 Gerichtsseitig ist, nachdem die Behändigungs⸗ ꝛc. Dokumeonte Zu den Akten genommen erkannt und verkündet. Alle Tiezjenigen, welche der Ediktalladung voen 3,0. März 1879 zmwiter Ansprüche, wie folche in der Ediktalladung beschrieben sind, an den in der Eriktalladung gleichfalls beschriebenen Grund⸗ stücken des Kothsaß Thiele in Everode nicht an⸗ —2 und klargelegt haben, werden damit ohne ussich t auf die Wierereinsetzung in den vorigen Stand der hyrothekarischen Forderung, welche der Calenberg⸗Grubenhagen⸗Hildesheimsche ritter⸗ schaftliche Kredit⸗Verein an den Thiele schen Grund r ein vorzustreckendes Darlehn er⸗ zu dessen Tilgung nachgesetzt. Zur Beglaubigung: Erxleben. Becker.
Anfruf. Altsitzer und Arbeitsmann Heinrich Fink vor ca. 4 Jahren aus seinem Wohnorte Tangersdorf, Kreis Templin, mit Zurücklassung seiner der Unterstützung bedürftigen alten Ehefrau, ent⸗ fernt. Im Herbste 1876 hat der ꝛc. Fink auf der Ziegelei zu Weseram bei Brandenburg eine Zeit in Arbeit gestanden und ist seit dieser Zeit sein Auf⸗ enthalt gänzlich unbekannt. Es werden alle Be⸗ hörden und Privatpersonen, welche Kenntniß vom Aufenthalt des ꝛc. Fink haben, ergebenst ersucht, dem unterzeichneten Amtsvorstande hiervon gefäll. Mitteeulung machen zu wellen. afort, den 23. Mai 1879. Dor Amtsvorsteher Vietze.
Verkäufe, Verpachtungen, Submissionen ꝛc.
0 — —2☛ — 8 14669] Suhbmissions⸗Anzeige.
Die Anfertigung, Lieferung und Aufstellung von 3 eisernen Schiebebühnen und einer Aufzieh⸗ vorrichtung für den Bootsschuppen auf der Kaiser⸗ lichen Werft zu Ellerbeck soll
am 7. Juni d. J., Mittags 12 Uhr, im Wege der Submission vergeben werden.
Reflektanten wollen ihre desfallsige und mit der
Aufschrift: „Submission auf Lieferung von 3 Schiebe⸗ bühnen ꝛc.“ versehene Offerte bis zu dem vorangegebenen Termine der unterzeichneten Kommission verschlossen und portofrei einsenden.
Die bezüglichen Bedingungen nebst Zeichnungen liegen in unserer Registratur zur Einsicht aus; auf Verlangen und gegen portofreie Einsendung der Kopialien mit 2 ℳ werden dieselben auch per Post ausgehändigt.
Kiel, den 23. Mai 1879.
Kaiserliche Hafenbau⸗Kommission.
2 n H4666] Cassel⸗Waldkappeler Bahn. Die Anfertigung und Anlieferung der Schlosser⸗ arbeiten für die Bahnhofshochbauten einschließlich der Materialienlieferungen, und zwar: Loos 1: Schlosserarbeiten des Bahnhofes Bettenhausen, veranschlagt mit 3000 ℳ Loos 2: Desgleichen der Bahnhöfe ber⸗ kaufungen, Helsa und Lichtenau, veranschlagt mit 3500 ℳ und Loos 8: Desgleichen des Bahnhofes Wal⸗ 8 9 72 der Halesgelen “ Fürstenhagen un asselbach, veranschla mit 4000 ℳ, 8 wird hiermit öffentlich ausgeboten. „Angebote zur Uebernahme dieser Arbeiten sind bis zu dem auf
Montag, den 9. Jnni, Vormittags 11 Ühr, anberaumten Eröffnungstermin im Abtheilungs⸗ Bureau zu Wehlheiden bei Cassel, Wilhelmshöher Allee Nr. 15, mit entsprechender Aufschrift ver⸗ sehen, verschlossen abzugeben. Musterstücke und Be⸗ dingungen können ebendaselbst eingesehen, die letz⸗ teren mit den Angebotsformularen gegen Einsen⸗ dung von 1,05 ℳ für ein Loos, 1,55 ℳ für zwei Loose und 2,05 ℳ für sämmtliche Loose auch be⸗ zogen werden. 8 Cassel, den 25. Mai 1879.
Der Abtheilungs⸗Baumeister. gez. Cordes.
Verloosung, Amortisation, Zinszahlung u. s. w. von öffentlichen Papieren.
[4662] 4* 5.* 2 —
Homburger Eisenbahn⸗Gesellschaft.
Die durch Beschluß der Generalversammlung der Aktionäre für das Jahr 1878 festgesetzte Dividende beträgt für jede Aktie Litt. A. ℳ 18,85 und kann dieser Betrag, gegen Aushändigung des betreffenden Coupons, bei der Landgrfl. hess. conc. Landes⸗ bank dahier, sowie bei dem Bankhause von Er⸗ langer u. Söhne in Frankfurt a. M. in Empfang
genommen werden. Homburg, den 22. Mai 1879. 1 Der Verwaltungsrath.
6 3 e Bekanntmachung. Zur Amortisation der gemäß Allerhöchsten Privi⸗ legiums vom 28. April 1875 ausgegebenen 4 ½ %gen Kreisobligationen des Kreises Heilsberg im Betrage von 882,000 ℳ, sind für das Jahr 1879 die nachstehenden Apoints ausgelooset: Litt. C. Nr. 6 19 21 32 74 122 136 139 151 und 160, sämmtlich über 600 ℳ, Litt. D. Nr. 2 21 61 63 73 85 96 112 129 175 179 249 251 260 279 297 333 349 356 362 376 391 396 405 435 436 465 472 494 und 524, sämmtlich über 300 ℳ
den hiermit gekündigt und die Inhaber derselben aufgefordert, vom 1. Juli 1879 ab den Nenn⸗ werth derselben nebst den bis zum 30. Juni 1879 fälligen Zinsen gegen Rückgabe der Obligationen mit den Coupons und Talons bei der Kreis⸗Kom⸗ munalkasse in Guttstadt zu erheben.
Der Betrag etwa fehlender, nach dem 1. Juli 1879 fälliger Zinscoupons wird von dem Kapital⸗
*betrage abgezogen. Es wird noch bemerkt, daß die
Die vorstehend spezifizirten Kreisobligationen wer⸗
weitere Verzinsung dieser ausgeloosten Kapit vom 1. Juli 1879 nicht stattfindet. Guttstadt, den 23. Mai 1879. b 1 Die ständische Kommission für den Chausseebau im Kreise Heilsberg.
Verschiedene Bekanntmachungen.
[4682] Bergbau⸗Actien⸗ Gesellschaft 3 „Borussia“¼-¼x. Nachdem das nach dem Turnus in diesem Jahre
aus dem Verwaltungsrathe unserer Gesellschaft aus⸗
scheidende Mitglied Herr Otto Schwartzkopff in der
General⸗Versammlung vom 17. Mai d. J. wieder⸗
emäbea worden ist, besteht der Verwaltungsrath
au
dem Herrn Wilhelm von Born in Dort⸗ mund, Vorsitzender,
dem Herrn Emil Fettich in Ruhrort, dessen Stellvertreter,
dem Herrn Theodor Harig in Magdeburg,
dem Herrn E. Kaselowsky in Berlin,
dem Herrn Otto Schwartzkopff in Magdeburg.
Dortmund, den 19. Mai 1879. (à Cto. 506/5.) Die Direction.
1681] Vergbau⸗Aetien Gesellschaft
„Borussia“.
Wir bringen hiermit zur Kenntniß der Herren Actionaire unserer Gesellschaft, daß der Geschäfts⸗ bericht pro 1878 von Mittwoch, den 28. Mai cr. ab, an folgenden Stellen in Empfang genommen werden kann:
bei der Direction der Disconto⸗Gesellschaft in
Berlin,
bei dem Herrn J. J. Meßmer in Magdeburg,
bei 1 Herrn Wilhelm von Born in Dortmund
un
bei der unterzeichneten Direction in Marten.
Marten, den 19. Mai 1879. (àã Cto. 506/5.)
Die Direction.
“ 82
Berlin:
Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner. Vier Beilagen
leinschließlich Börsen „Beilage).
Erste Beilage
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen S
Berlin, Montag den 26. Mai
“
2
— — — ä—
Nichtamtliches. 8
Berlin, 26. Mai. Im weiteren Verlaufe der vorgestri⸗
cen (52.) Sitzung setzte der Reichstag die zweite Bera⸗ thung des Zollkarifs mit der Position 9c. (Getreide) fort. Es lagen hiezu folgende Anträge vor:
Der Abg. Rickert beantragte, hinter Pos. 9 folgende An⸗ merkung aufzunehmen:
„Anmerkung zu a., b. und e. .
Für die zollamtliche Behandlung des beim Eingang in das Zollgebiet zur Durchfuhr deklarirten Getreides, insbesondere be⸗ züglich der für dasselbe zu bewilligenden Transitläger ohne amt⸗ lichen Mitverschluß werden durch den Bundesrath diejenigen Er⸗ leichterungen gewährt, welche zur Sicherung und Aufrechterhaltung des Durchfuhrhandels erforderlich sind. G“
Für das zur Durchfuhr deklarirte Getreide wird ein Ein⸗ gangszoll nur insoweit entrichtet, als dasselbe zum Verbrauch im Inlande gelangt und nicht durch eine gleiche Menge zur Ausfuhr gebrachten inländischen Getreides ersetzt wird.“
Der Abg. Dr. Delbrück beantragte folgende Anmerkung zu Pos. 9:
388 — Getreide und Hülsenfrüchte werden Transitläger ohne amtlichen Mitrerschluß bewilligt. Auf diese Läger finden die für Privat⸗Transitläger geltenden Vorschriften mit der Maßgabe An⸗ wendung, daß die Lagerung, so weit es zur Erhaltung und Bear⸗ beitung der Waaren erforderlich ist, außerhalb geschlossener Räume stattfinden kann, daß die Behandlung, Umpackung und Theilung der gelagerten Waaren uneingeschränkt und ohne Anmeldung zu⸗ lässig, und daß die Mischung der letzteren mit inländischer Waare gestattet ist.“
Der Abg. Ruppert wollte in diesem letzteren Antrage hinter „Hülsenfrüchte“ noch einschalten: Malz, Raps und Rübsaat. 8
Abg. von Schalscha beantragte im Falle der Annahme des ersten Alinea des Antrages Rickert das zweite Alinea zu
en: ja „Für das zur Durchfuhr deklarirte Getreide wird der Ein⸗ gangszoll bei der Ausfuhr rückvergütigt. Der Nachweis der Iden⸗ tität der Waare ist nicht erforderlich,“ und als Alinea 3 anzufügen: “ „Diese Bestimmung findet Anwend zuch auf Hülsenfrüchte, Raps und andere Früchte der Landwirthschaft, sowie auf Malz.“
Ein Antrag der Abgg. von Flottwell, Graf Udo zu Stolberg und Stelter zu Position 9 und 13 (Holz) lautete:
„Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, bei der Durchfuhr von
Getreide, Malz und Holz jede thunliche Erleichterung in den Kontrolvorschriften auch hinsichtlich des Veredelungsverkehrs ein⸗ treten zu lassen.“
Die Abgg. Udo Graf zu Stolberg und von Flottwell beantragten: 8
Der Reichstag wolle beschließen:
1) in Erwägung, daß durch das Zollgesetz vom 1. Juli 1869 und die vom Bundesrathe erlassenen Regulative die Aufrecht⸗ erhaltung des Transitverkehrs gesichert und die des Veredlungs⸗ verkehrs ermöglicht, und eine Revision dieses Gesetzes zur Zeit nicht thunlich ist, über die obengenannten vier Anträge zur Tages⸗ ordnung überzugehen; 6 . 2
2) den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, dem Reichstage in seiner nächsten Session ein Gesetz uüͤber die Revision des Zollgesetzes vom 1. Juli 1869 im Sinne der gesetzlichen Sicherung des Transit⸗ und Veredelungsverkehrs vorzulegen. 1
Endlich beantragten die Abgg. Staudy und von Schlieck⸗ mann, die oben angeführten 4 Anträge der Zolltarifkommission zu überweisen.
Der Abg. Rickert vertheidigte seinen Antrag. Er habe in der „Nordd. Allg. Ztg.“ gelesen, daß die freie volkswirth⸗ schaftliche Vereinigung, das seien also die bekannten 204, be⸗ schlossen habe, über den Antrag des Abg. Dr. Delbrück und den seinigen zur Tagesordnung überzugehen. Das würde so⸗ viel bedeuten, als daß er und seine Partei ungehört verurtheilt werde. Er hoffe, daß diese Nachricht unbegründet sei, daß man wenigstens bereit sein werde, ihn zu hören und zu ve⸗⸗ nehmen, um welche hochwichtigen Interessen es sich handele. In dieser Hoffnung werde er bestärkt durch die Rede des Reichskanzlers, welcher gesagt habe, er wolle sich über die Frage des Transitverkehrs noch nicht definitiv äußern. Er be⸗ tone nun zunächst, daß es sich durchaus nicht allein um eine Entschädigung des Handels und der Seestädte handele; ganz ebenso seien die Interessen der Landwirthschaft wie die des Handels im Spiele, und er bestreite ganz entschieden, was wiederholt hier behauptet sei, daß auf der linken Seite des Hauses weniger Interesse für die Landwirthschaft vorhanden sei als auf der rechten, er habe ebensoviel Herz für Landwirth⸗ schaft wie Hr. von Mirbach, und er nehme mit Sicherheit an, daß, als derselbe von Feinden der Landwirthschaft gesprochen habe, er Niemand in diesem Hause im Sinne gehabt habe. Er wünsche jedoch die Durchfuhr frei zu haben. Es habe nun bei einer früheren Gelegenheit Hr. Geheimer Rath Burchard behauptet, daß man in Preußen niemals von dem Prinzip der Ieentität abgewichen sei. Dies sei thatsächlich unrichtig. Ebenso unrichtig seien die Behauptungen, welche Fürst Bismarck und der Abg. Dr. Frege gemacht hätten, nämlich, daß das russische Getreide gewissermaßen eine ge⸗ bundene Marschroute durch Preußen habe. Entschieden schwebten dem Reichskanzler frühere Zustände vor, und die heutigen Verhältnisse seien ihm unbekannt. Früher möge es ja so gewesen sein, heute sei das aber ganz anders, ebenso wie auch das, was Fürst Bismarck über den Wassertransport und das Auskeimen des russischen Getreides gesagt habe, durch⸗ aus nicht mehr zutreffe. Seit 10 Jahren, seit Rußland ein Eisen ahnnetz habe, sei der Getreidetransport zu Wasser um zwei Drittel des früheren Betrages zurückgegangen. Die Kaufleute von Königsberg, Danzig und Stettin hätten einen harten Kampf um die Existenz, sie hätten sohr schwer gegen die Konkurrenz der russischen Handelsplätze Riga und Libau zu kämpfen. Der Reichskanzler habe Libau mit Stolp⸗ münde verglichen, ein Vergleich, der bei den faktischen Ver⸗ hältnissen unmöglich sei. Trotzdem man für den Ausbau des Hafens von Stolpmünde sehr viel Geld aus⸗ stheben, habe sich dieser Ort nicht entwickelt und würde ich auch niemals zu einem bedeutenden Seehandelsplatz ent⸗ wickeln, während Libau seit der Entwickelung des russischen Eisenbahnbaues ein gewaltiger Handelsplatz geworden sei. Im Jahre 1872 habe Libau noch 367 Schiffe Eingang und 354
Schiffe Ausgang mit 30 Tausend Lasten gehabt, 1873 habe es 533, 1874 597, 1876 542, 1877, im Jahre der Eröffnung der Bahnen, 882 und 1878 bereits 1278 Schiffe Ausgang mit 135 000 Lasten und 1266 Schiffe Eingang gehabt. Rußland lasse es sich viel kosten, um Riga und Libau zur höchsten Blüthe zu bringen, und während so die Stellung von Königsberg und Danzig immer schwieriger werde, drohe diesen Städten durch die deutschen Zollmaßregeln der völlige Untergang. Und wenn der Reichskanzler meine, die Kapitalisten könnten ja anders wohin wandern, wenn ihnen dort der Handel nicht mehr genug biete, so möchte er doch bemerken, daß er des Kapitals wegen nicht besorgt sei, wohl aber wegen der Tau⸗ sende von Arbeitern, welche beim Getreidehandel Beschäftigung fänden. Mehr als 12 Millionen Mark werde an Arbeitslohn jährlich beim Getreidehandel allein in Königsberg ausgegeben, und diese Tausende von Arbeitern könnten und sollten doch
nicht etwa auswandern? Es werde dem Hause wohl begreiflich
sein, daß die ganze Provinz Ostpreußen, wo die Existenz so vieler Tausende in Frage komme, indignirt und im höchsten Grade erregt sei. (Der Reichskanzler trat in das Haus). Es stehe fest, daß also der Handel in Ostpreußen durch den Ge⸗ treidezoll den höchsten Schaden erleide, daß durch diesen Kampf⸗ zoll aber Rußland gar nicht geschadet, sondern nur bewirkt werde, daß Riga und Libau großartige Emporien würden. Fürst Bismarck habe von den Mischungen, die von den Danziger und Königsberger Kaufleuten mit russischem Getreide vorgenommen würden, gesprochen. Im Namen aller erewerthengzate barte müss er entschieden dagegen Verwahrung einlegen, das'als Fälschung zu bezeichnen, was vor den Augen der ganzen Welt geschehe. Es sei eine ehrenwerthe, legitime Operation, welche die dorti⸗
gen Kaufleute vornähmen, und daß zum Beispiel die Danziger
Mischung an der Londoner Börse einen so hohen Preis er⸗ reiche, liege daran, daß die Danziger Kaufleute dieses Mischen zu einer völligen Wissenschaft entwickelt hätten. Dieselben verständen gerade so zu mischen, wie es die Bäcker in England, Schottland und Irland wünschten. Doch nicht nur
die Kaufleute, auch die dortigen Landwirthe sprächen sich Deshalb habe auch
energisch gegen jeden Getreidezoll aus. die Majorität des landwirthschaftlichen Centralvereins für Westpreußen trotz ihrer Sympathien für das Zoll⸗
projekt des Reichskanzlers den Beschluß gefaßt, den Reichs⸗
kanzler zu bitten, die Durchfuhr unter Nichtfesthaltung der Identität freizugeben. Die dortigen Landwirthe kauften den russischen Roggen zum Verfuttern und verkauften ihren guten Roggen nach Danzig, von wo er mit dem russischen gemischt weiter exportirt werde. Mit dem Weizen sei es ähnlich. Es komme auch vor, daß das inländische Getreide, weil es naß und schlecht sei, der Vermischung mit dem trockenen und russischen Getreide bedürfe, und darum sei es gerade im Inter⸗ esse der höheren Verwerthung der landwirthschaftlichen Pro⸗ dukte unbedingt nothwendig, das frühere Verfahren zuzulassen. Es sei hier nicht blos der Arbeiter, der Kausmann, der Land⸗ wirth, es sei auch der Staat in Bezug auf die Eisenbahnen nteressirt. Wenn der ganze russische Import auf die russischen Exporthäfen abgelenkt werden sollee, was werde der preußische Handels⸗Minister sagen, wenn er das finanzielle Resultat seiner Eisenbahnberechnung dem Hause vorlegen werde? Er (Redner) wolle einmal abwarten, was die diesjährige Rechnung in Preußen in Bezug auf die Staats⸗ bahnen überhaupt für Resultate bringen und was die weitere
Tarifpolitik hinzufügen werde. Die Summe, die bei dem
preußischen Forstetat ausfalle, sei eine Lappalie gegen das, was hier bezüglich des Eisenbahn⸗Etats auf dem Spiele stehe, wenn man Maßregeln ergreife, die den Durchfuhrhandel ver⸗ nichteten. Er hoffe, daß der Reichskanzler, wenn er die Gründe, die er in der Tarifkommission entwickeln werde, erfahren haben werde, ihm bereitwillig Hülfe leisten werde, um schon jetzt im Tarif diejenigen Vorkehrungen zu treffen, welche das Unheil von Deutschland abwenden könnten. Er bitte, daß das Haus alle auf diesen Punkt bezüglichen Anträge nicht durch eine motivirte Tagesordnung erledigen, sondern an eine Kom⸗ mission verweisen möge.
Hierauf ergriff der Reichskanzler Fürst von Bismarck das Wort:
Ich bin weit entfernt, in die geschäftsleitenden Beschlüsse de Hauses mich einzumischen, aber ich besorge doch, daß, wenn eine Frage wie diese, an welche viele andere sich anhängen, in die Kom⸗ mission verwiesen wird, dann die definitive Entscheidung über die⸗ jenigen Fragen, die wir, um schneller zu ihrer Erledigung zu ge⸗ Un gen. im Plenum verhandelt haben, sehr in die Länge gezogen wird. Ich sehe von meinem Standpunkte nicht ein, warum die Prinzipienfrage, die uns hier beschäftigt, nicht ebenso gut im Plenum wie in der Kommission weiter berathen und bis zur dritten Lesung entschieden werden könne. — 1
Es handelt sich nicht um eine Störung des Transithandels, so lange das Zollgesetz von 1869 wirksam ist und dem Transit die Freiheit sichert. Der Bundesrath hat die Berechtigung, diejenigen Erleichterungen zu gewähren, die die Herren Antragsteller. jin deren Namen der Herr Vorredner sprach, durch das Gesetz zu einer ganz
Verpflichtung ausgebildet zu sehen wünschen. Haben Sie 2 gere ““ 1 8 das Geld brinzen sollen, um die Klassensteuer zu ermäßigen, in
nun zu dem Bundesrath, zu den Vertretern der “ die ihrerseits bisher, ich glaube, keinen einzigen Beweis von beson⸗ ders unbilliger Behandlung der materiellen Interessen nach irgend
einer Richtung hin gegeben haben, haben Sie zu denen nicht das
Vertrauen, daß sie auch in dieser Frag⸗ Gerechtigkeit und Vernunft werden walten lassen? (Zuruf links: Nein!)
Wollen Sie den gesetzlichen Zwang — — ich bitte, von dem „Nein“, was dort gesprochen worden ist, Akt zu nehmen. Sie haben also nicht das Vertrauen, daß die Regierungen gerecht und ver⸗
nünftig sich verhalten werden. Der Herr, der der dieses . . tig sei, verschweigt seinen Namen; es wäre mir lieber, ihn genannt zu sehen;
Dementi ins Gesicht wirft, daß sie nicht gerecht und vernün
— er scheint es vorzuziehen, ihn zu verschweigen. — Also ich glaube, die Mehrheit dieser Versammlung wird zu den verbündeten Regierungen das Vertrauen haben, daß sie nach Gerechtigkeit und Vernunft von den Befugnissen, die ihnen zustehen, Gebrauch machen werden; ich glaube aber nicht, daß die verbündeten Regierungen in der Lage sind, einen gesetzlichen Zwang acceptiren zu können, der sie unter allen Umständen nöthigt, auch da, wo die Vermuthung der Zollhinter⸗ ziehung vorliegt, auch da, wo es sich um solche Geschäftstreibende handelt, welche sich nicht mehr im Besitz der Ehrenrechte befinden, welche wegen Schmuggel, wegen Mißbrauch dieser Berechtigung mehrfach verurtheilt sind, doch überall zwangsweise dasjenige bewilligen zu müssen, was bisher ex bono et aequo bewilligt worden ist. Wenn
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Sie das wollen, meine Herren, dann schreiten Sie zu einer Aenderung der Zollgesetzg bung von 1869. Ob eine Revision dieses Zollgesetzes erwünscht ist, lasse ich dahingestellt; wenn sie aber eintritt, dann würde ich in erster Linie den Antrag stellen, daß nicht ganz allgemein die Zusicherung der Transitfreiheit aufsgenommen wird, und daß die Transitfreiheit nicht gesetzlich überall, sondern da, wo sie dem deut⸗ schen Verkehr nützlich oder doch nicht schädlich ist, streckenweise ge⸗ setzlich oder durch Verordnung bewilligt werden könne. Das würde meine Mitwirkung bei der Revision des Gesetzes sein. Und gelegent⸗ lich durch eine Intercalation in dem Tarif diese seit langer Zeit bestehende Gesetzgebung zu ändern, ich weiß nicht, ob die verbündeten Regierungen dazu die Hand bieten werden; ich würde für meine Person Alles aufbieten, zu verhindern, daß sie es thun. Wollen wir diese Zollgesetzgebung von 1869 revidiren, so brauchen Sie nur den Wunsch dahin zu äußern, und die Regierungen werden bereit sein, werden eine Kommission im Bundesrath niedersetzen oder auch im Plenum die Frage in großer Kürze prüfen, ob sie dazu bereit sind. Wir würden ja dann, wenn es sich um Revision dieser Gesetzgebung handelte, noch zwei Verträge, einen mit Holland aus dem Jahre 1851 und einen mit England aus de
Jahre 1865, wo über die Transitverhältnisse vertragsmäßige Be⸗ stimmungen aufgenommen sind, welche bei Erlaß des Gesetzes von 1869 ihre Berücksichtigung gefunden haben, in Betracht zu ziehen haben. Also ich wehre mich nur dagegen, daß bei dieser Gelegenheit ganz außerhalb der Vorlage der verbündeten Regie ungen ein wich⸗ tiges und einschneidendes Gesetz einer Revision unterzogen wird durch eine Tarifposition; das ist gegen den Usus der Gesetzgebung. Wollen wir diese Position ändern, so stellen Sie anheim, in Front und offen eine Revision des Gesetzes von 1869 in Angriff zu neh⸗ men. Von diesen Anträgen, diesen Amendements, zwischen zwei Tarif⸗
positionen dem Bundesrathe das Recht zu nehmen, was er bis jetzt
hat und daraus eben eine gesetzliche Berechtigung ihm gegenüber zu machen, kann ich doch nur dringend abrathen. Ich gebe ja zu, daß die Transitverhältnisse in den Theilen des Reiches, wo der Transit einen kurzen Weg zu machen hat, auf dem er nicht in Konkurrenz mit den Produkten der deutschen Landstriche tritt, durch die er zu fahren hat, etwas Anderes sind, als da, wo er das ganze Deutsch⸗ land durchfährt und die Bewohner der Landstriche, durch die er fährt, von dem Absatze ihrer Produkte auf demselben Wege, an den⸗ selben Verkäufer abhält, namentlich im ganzen Süden, auch im Westen Deutschlands, auch schon im Elbegebiet; es kommt fast nur das Land jenseits der Oder, vielleicht nur das Weichselgebiet bei dieser Scheidung in Betracht, und ich bin nicht berechtigt, irgend eine Zusicherung über die Herstellung eines solchen Unterschieds zu machen, aber ich bin bereit, der Bundesrath wird der Billigkeit und der Aufgabe, die ihm das Zollgesetz stellt, indem es die besprochene Befugniß verlieh, auch in dieser Frage mit Sicherheit Gehör geben.
Die Besorgniß, daß wir die Zufuhr von Getreide von unseren Ostseeprovinzen ablenken, ist, wie mir gesagt wird, vom Herrn Vor⸗ redner mit Angabe der zunehmenden Schiffszahl in Libau unter⸗ stützt worden, die sich seit 1872 von 367 bis auf 1278 im Jahre 1878 gesteigert hat. Ja, meine Herren, das ist ja ganz natürlich, daß auch der Verkehr von Libau sich gesteigert hat, daß die russische Ausfuhr auch über Libau eine stärkere ist, seit das russische Ei en⸗ bahnnetz vollendet worden ist und diese vielen Pferdeweiden, Vieh⸗ weiden und Steppen, die sonst unkultivirt lagen, durch die Nähe der Bahn und der Bahnhöfe zu einträglichen Gütern geworden sind, seitdem die russische Getreideproduktion sich in dem Maße gemehrt hat, daß in den westlichen Provinzen Rußlands eine Wohlhabenheit im Augenblick besteht, die diese Provinzen sonst in Jahrzehnten nicht gekannt haben. Es ist sehr wunderbar, das sie sich nicht viel stärker vermehrt hat. Wenn es für die russischen Produzenten gleichgültig wäre — wenn nicht andere Gründe wären, die sie nach Preußen zögen —, müßte Libau noch viel mehr aufgeblüht sein. Denn wenn Sie die Karte ansehen, so werden Sie finden, daß alle diejenigen rus⸗ sischen Getreideländer, welche östlich von Grodno, od er ich will sagen, von Wilna liegen, daß die näher, zum Theil viel näher nach Libau haben, als nach Preußen hereinzufahren. Von Wilna geht die Eisen⸗ bahn direkt nach Libau und von Dünaburg geht sie die Düna ent⸗ lang nach Riga zu, also die Verbindung mit jenen Häfen fehlt ja nicht und das ganze weite Gebiet, was vielleicht ꝛ, wenn nicht „,10 des russischen Exportes liefert, hat schon immer viel näher nach Riga zu fahren und nach Libau, als nach Preußen.
Es muß also doch noch etwas anderes sein, was sie nach Preußen hinzieht, und das ist, wie ich schon neulich bemerkte, die Existen; großer Handelsplätze mit großem Kapital und Handelsverbindungen, denn große Handelsstädte lassen sich nicht improvisiren und verlegen, und wenn, wie nach dem letzten Beschluß anzunehmen ist, der Zoll⸗ satz für Roggen auf dem niedrigen Satze von 25 bestehen bliebe, so hätte der Zoll doch nur dieselbe Wirkung, als wie eine Fracht von 1 ₰ pro Meile und Centner, auf 25 Meilen, so niedrig also, wie sie selten existirt, auch bei den großen russischen Bonifikationen ist sie immer noch etwas über 1 ₰ pro Centner und Meile. Was will das sagen, wenn es sich um Entfernungen von 200, 250 und 300 Meilen handelt? Da ist ein Unterschied von 25 ₰ pro Centner auf die ganze Tour noch kein Grund, die bisherigen Beziehungen zu verlegen, und die Herren werden das verzollte Getreide gerade so mischen und mahlen können, wie das unverzollte. Ich glaube auch zu demselben Preise, weil ihre Abgeber es eben nicht anders los werden.
In Bezug auf diese Frage des Transits und des Zollersatzes an der Grenze möchte ich doch auch bitten, die finanzielle Seite der Sache etwas mehr in Betracht zu ziehen. Ich habe diese ganze Vorlage betrieben und persönlich eingeleitet im Sinne einer ausge⸗ dehnten finanziellen Reform, um den verbündeten Regierungen und dem Reiche selbst die Mittel zu geben, die ihnen fehlen, um Finanz⸗ quellen zu eröffnen, um drückende direkte Steuern durch weniger drückende indirekte zu ersetzen. Wo sollen aber die Mittel dazu her⸗ kommen, wenn nicht nur die Hauptsteuervorlagen, die gerade, die
meinem Sinne, um sie ganz zu beseitigen, insbesondere um die Grundsteuer und die Grundsteuerbeischläge, wie ich neulich ent⸗ wickelte, für die Landwirthschaft zu vermindern, um die Landwirth⸗ schaft im Innern zu entlasten, wo sollen denn die Beträge dazu her⸗ kommen, wenn die wichtigsten Finanzartikel wie Bier, Tabak ein so wenig eifriges Entgegenkommen finden wie bisher, so daß wir fürch⸗ ten müssen, daß wir mit denen in dieser Session wenigstens den
Finanz⸗Ministern keine weitere Quelle eröffnen können — (Zuruf)
darf ich bitten, fortzufahren. ich habe Zeit und kann schweigen. Die Herren Finanz⸗Minister, ich glaube, sie werden vielleicht in einer späteren Zeit mich in meinen Bemühungen erkennbarer unterstützen, wie bisher, denn um ihre Sache handelt es sich. Wo sollen sie die Mittel herbekommen, um unsere Steuern zu erleichtern, wenn die ertragreichsten kein Entgegenkommen finden, und wenn bei diesen, wo wir bisher noch Hoffnung auf ihr Durchgehen hatten, die finanzielle Wirkung, der finanzielle Ertrag adurch beschränkt wird, daß ein sehr wesentlicher Theil der Einfuhr in die Lage gesetzt wird, daß der 9 der dafür erhoben wird, wie⸗ der vergütet werden muß, und daß sie dem Finanz⸗Minister nur eine geringe Einnahme geben, und daß namentlich auf diese Weise die steuerliche Belastung unseres Kornbedarfs nicht gerechter repartirt wird zwischen dem Auslande und dem Inlande, wie mein Bestreben ist, sondern daß die Quote, die auf das Aus⸗
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