1879 / 137 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 14 Jun 1879 18:00:01 GMT) scan diff

Gesetzentwürfe,

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 14. Juni. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen heute früh militärische Mel⸗ dungen, sowie die Vorträge des Kriegs⸗Ministers und des Geheimen Civilkabinets entgegen.

1 Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz wohnte gestern mit Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Wilhelm den Besichtigungen des Garde⸗Kürassier⸗ Regiments, sowie des 1. Garde⸗Dragoner⸗Regiments bei. Gegen Mittag stattete Höchstderselbe Ihren Kaiserlichen Hoheiten den Großfürsten Alexis und Michael von Rußland im russischen Botschaftshotel Abschiedsbefuche ab, ver⸗ weilte kurze Zeit in dem Atelier des Professors Richter und fuhr um 1 Uhr nach dem Neuen Palais bei Potsdam. Nachmittags 6 ½ Uhr traf Se. Kaiserliche Hoheit wieder in Berlin ein, verabschiedete Sich auf dem Anhalter Bahn⸗ hofe von Sr. Kaiserlichen Hoheit dem Großfürsten Michael und empfing den Professor Reuleaux. Den Thee nahm Höchstderselbe bei Ihren Königlichen Hoheiten dem Großherzog und der Großherzogin von Baden ein. Um 11 Uhr 15 Minuten nahm Se. Kaiserliche Hoheit der Kronprinz von dem Großfürsten Alexis, Kaiserliche Hoheit, auf dem Ostbahnhofe Abschied. .

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Zur Feier der Goldenen Hochzeit Ihrer Ma⸗ jestäten sind folgende weitere Stiftungen begründet worden: Das „Amtsblatt der deutschen Reichs⸗Post⸗ und Tele⸗ graphenverwaltung“ enthält folgenden Allerhöchsten Erlaß: „Auf den Bericht vom 28. v. Mts. will Ich mit dem Aus⸗ druck Meiner vollen Anerkennung und Meines besonderen Dankes für die Mir von den Angehörigen der Reichspost⸗ und Tele⸗ graphenverwaltung zu Meiner Goldenen Hochzeit kundgegebene Theilnahme hiermit gern genehmigen, daß der aus diesem Anlaß gesammelte Betrag von 55 703 75 mit dem Vermögen der Kaiser⸗Wilhelm⸗Stiftung für die Angehörigen der Reich post⸗ und Telegraphenverwaltung vereinigt werde. Schloß Babelsberg, 9. Juni 1879. 8 Wilhelm.“ An den Reichskanzler. Breslau. Ein Damen⸗Comité, welches sich in Folge

einer von Seiten der Frau Gräfin Eberhard zu Stol⸗ berg⸗Wernigerode ergangenen Aufforderung gebildet hatte,

hat durch freiwillige Beiträge ein Kapital von 17 631 29 zusammengebracht, dessen Zinsen zur Erhaltung eines von der

evangelisch⸗lutherischen Diakonissenanstalt Bethanien zu Breslau projektirten Siechenhauses verwendet werden sollen. Diese Stiftung soll den Namen „Kaiser Wilhelm⸗Augusta⸗ Stiftung für sieche und unheilbare Kranke in der evan⸗ gelisch⸗lutherischen Anstalt Bethanien zu Breslau“ führen.

Schönebeck. Um auch den späteren Geschlechtern eine Erinnerung an das seltene Fest zu bewahren, hat die „Beamtenvereinigung für Schönebeck, Salze und Umgegend,“ ganz im Sinne des Erlauchten Jubelpaares, beschlossen, eine Unterstützungskasse zu bilden, deren Er⸗ träge den bedürftigen Hinterbliebenen aller Kategorien, ein⸗ schließlich der Geistlichen und Lehrer, zu gute kommen sollen. In der Stadt Cöln ist von dortigen Bürgern mittelst freiwillig dargebrachter Gaben die Gründung einer Heil⸗ und Pflege⸗Anstalt für Epileptische der Stadt Cöln begonnen worden.

In Jena wurden zur künftigen Erinnerung des festlichen Tages behufs Gründung einer „Herberge zur Heimath“ Sammlungen veranstaltet.

Die vereinigten Ausschüsse des Bu ndesraths für das Seewesen und für Handel und Verkehr hielten heute eine Sitzung.

Das Staats⸗Ministerium 1 Uhr zu einer Sitzung zusammen.

Der Bericht über die gestrige Sitzung des Reichstages befindet sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen (59.) Sitzung des Reichs tages, welcher der Präsident des Reichskanzler⸗Amts, Staats⸗ Minister Hofmann und mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundesrath und Kommissarien desselben beiwohnten, theilte der Präsident mit, daß die Kommission zur Vorberathung des Gesetzentwurfs, betr. einige Abänderungen des Reichsbeamten⸗ gesetzes, gewählt sei und sich unter dem Vorsitz des Abg. Dr. von Schwartee konstituirt habe. Ferner theilte der Präsident mit, daß die betr. die Kontrole des Reichshaus⸗ halts⸗Etats pro 1878/79 und des Landeshaushalts⸗ Etats für Elsaß⸗Lothringen vom 1. Januar 1878 bis 31. März 1879, eingegangen seien.

Darauf setzte das Haus die zweite Berathung des Gesetz⸗ entwurfs, betr. die Verfassung und Verwaltung Elsaß⸗Lothringens, fort. Zunächst hatte der Abg. von Puttkamer (Löwenberg) das Wort, dessen Rede bei Schluß des Blattes noch fortdauerte.

In Betreff der Annahme von Posteleven ist nachstehendes Schreiben des General⸗Postamts an Herrn Th. in Stettin ergangen:

„Ew. ꝛc. wird auf die an den Herrn General⸗Postmeister gerichtete, von demselben zur Erledigung hierher abgegebene Eingabe vom 7. Folgendes ergebenst erwidert:

Die allgemeinen Vorschriften über die Annahme und An⸗ stellung von Civil⸗ und Milttäranwärtern als Beamte im Post⸗ dienste, vom 1. Januar 1876, haben in neuerer Zeit Abänderun⸗ gen nicht erfahren. Auf Grund des §. 7, wonach die Annahme der Posteleven von dem dienstlichen Bedürfnisse abhängig ist, hat nur eine vorübergehende Beschränkung in der Zu⸗ lassung von Posteleven verfügt werden müssen, weil ein zu starker Andrang eingetreten war. us diesem Grunde ist den Kaiserlichen Ober⸗Postdirektionen empfohlen worden, vorübergehend und bis der

normale Stand wieder hergestellt ist, eine engere Auswahl eintreten zu lassen. Daß diese sich nur auf die Tüchtigsten und Geeignetsten richten kann, ist selbstverständlich.“

Der Staatsanwalt als Kläger in Ehesachen ist, nach einer Entscheidung des Ober⸗Tribunals, vom 21. April d. J, zur Leistung des für den Fall der Ediktal⸗Citation vor⸗ geschriebenen Diligenzeides nicht verpflichtet.

Ein Schankwirth, welcher außerhalb des Lokals, für welches ihm die Konzession zum Gewerbe⸗

trat heute Mittags

Dresden und Leipzig, so

betriebe ertheilt ist, ausschänkt, macht sich, nach einem Er⸗ kenntniß des Ober-Tribunals, vom 27. März d. J., da⸗ durch einer Gewerbepolizei⸗Kontravention, nicht aber der Ge⸗ werbesteuer⸗Defraudation, schuldig.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Königlich württem⸗ bergischer Präsident des Staats⸗Ministeriums Dr. von Mitt⸗ nacht und Geheimer Rath von Dillenius sind aus Stutt⸗ gart hier eingetroffen.

Bayern. München, 12. Juni. (Allg. Ztg). Das zu Ehren des Deutschen Kaiserpaares ankäfkich Seiner Goldenen Hochzeitsfeier gestern Abend] auf dem abgehaltene Kellerfest nahm einen glänzenden erlauf. Es hatten sich etwa 2000 Personen, theils in der prachtvoll dekorirten Kellerhalle, theils im Garten eingefunden, so daß schon bei Beginn des Festes kein Platz mehr zu finden war. Unter den Anwesenden befanden sich die Minister von Pfretzschner, Dr. von Lutz und Dr. von Riedel, Regierungs⸗ Präsident Frhr. von Hörman, der preußische Gesandte Graf von Werthern, Polizei⸗Präsident Frhr. von Feilitzsch und die beiden Bürgermeister mit ihren Gemahlinnen. In der Halle spielte die Hünnsche Kaäpelle, während im Gar⸗ ten, der gleichfalls durch Ballons, Lampions ꝛc. er⸗ leuchtet war, die Musik des 1. Artillerie⸗Regiments postirt war. Die Männerchöre wurden vorgetragen von der Münchener Sängergenossenschaft, unter Direktion des Professor H. Schön⸗ chen, und ernteten allgemeinen Beifall. Das reichhaltige Pro⸗ gramm wurde gleichfalls musterhaft durchgeführt. Hr. Uni⸗ versitäts⸗Professor Dr. Bursian toästete auf Se. Majestät den König, welcher in hochherziger Weise die Grundlage zur Einigkeit der deutschen Fürsten angebahnt habe, und Bürger⸗ meister Dr. Erhardt auf das Kaiserpaar, welches heute das seltene Fest der Goldenen Hochzeitsfeier begehe, dessen Tugen⸗ den als leuchtendes Vorbild bezeichnend. Das abgebrannte Feuerwerk war glänzend, das Wetter ungemein günstig. Im Saale des Bürgervereins („Augsburger Hof“) fand gestern ein allgemeiner Studentenkommers statt, an dem sich etwa 400 Studirende der Universität betheiligten, und den durch ihre Gegenwart der preußische Gesandte Graf von Werthern und der Polizei⸗Präsident Frhr. von Feilitzsch, die Professoren Voit, von Brinz, Berchtold, Geyer, Carriere, Sicherer, Bursian und Seitz beehrten. Die Festversammlung war von der gehobensten Stimmung beseelt und verlieh ihren Gefühlen Ausdruck dadurch, daß sie Glückwunschtelegramme an das Deutsche Kaiserpaar und den König Ludwig absandte. Der Gesetzgebungs⸗Ausschuß der Kammer der Abgeordneten hat in seiner gestrigen Abendsitzung die noch weiteren Artikel 34 bis 48 des Gesetzentwurfs, betreffend die Erbschaftssteuer, in erster Lesung erledigt. Einzelne Artikel gaben wohl zu Erörterungen und Modifikationen, je⸗ doch nicht prinzipieller Natur, Veranlassung, in der Haupt⸗ sache aber drang der Regierungsentwurf durch. Als Referent für die zweite Lesung wurde der Abg. Kopp bestimmt; da indessen die Protokolle über die bisherige Sitzung noch im Rückstande sind, so wird der Ausschuß zunüchst, und zwar schon morgen, mit der ersten Lesung des Gesetzentwurfs über

das Gebührenwesen beginnen.

(Leipz. Ztg.)

Sachsen. Leipzig, 13. Juni. Wie in d hat auch noch in anderen Städten Sachsens das Goldene Ehejubiläum Ihrer Kaiserlich Deutschen und Königlich preußischen Majestäten zu entsprechenden Festlichkeiten Anlaß gegeben. Aus den uns heute aus Chemnitz, Zwickau und Königsbrück zugehenden Berichten ersehen wir, daß auch in diesen Städten der Jubel⸗ tag in feierlicher Weise begangen worden ist.

Hessen. Darmstadt, 14. Juni. Der Prinz Alexander und Prinz Ludwig von Battenberg treffen morgen Vormittag hier ein. Dieselben werden ohne Aufenthalt nach Schloß Heiligenberg bei Jugenheim weiter⸗ reisen, woselbst, wie die „Darmstädter Zeitung“ meldet, am Sonntag Familientafel stattfinden wird, zu welcher auch der Landgraf Friedrich von Hessen eintrifft.

Büdingen, 12. Juni. Gestern fand auf dem Eisen⸗ hammer ein festliches Schießen statt, bei welchem der Fürst Ferdinand Max zu Ysenburg⸗Büdingen zu Wächtersbach einen Toast auf das Hohe Jubelpaar, Se. Majestät den Kaiser und Ihre Maäjestät die Kaiserin, ausbrachte. Die sehr zahlreiche Gesellschaft, in welcher sich auch der Prinz Lothar zu Ysenburg⸗Büdingen und der Erbgraf Friedrich zu Men⸗ burg⸗Büdingen befanden, stimmte begeistert in das ausgebrachte Hoch ein. Bei prachtvollem Wetter und Konzert währte das fröhliche Fest bis tief in die Nacht hinein.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Jena, 12. Juni. (Weim. Ztg.) Die seltene Feier des gestrigen Jubeltages versetzte auch unsere Stadt in die freudigste Feststimmung. Am Vorabend ertönte der Zapfenstreich und am Morgen die Reveille in den Straßen der Stadt, welche im reichsten Flag⸗ genschmucke prangte. In den Schulen wurde durch geeignete Ansprachen auf die Bedeutung des Tages hingewiesen und die Schüler der verschiedenen Anstalten dann im Festzuge zum Festgottesdienste geführt. Ein Festmahl vereinigte Nachmitkags Offiziere und zahlreiche andere Theilnehmer im „Bären“, und ein Festkommers die akademischen Bürger Abends in den Rosensälen. Das Kaiserliche Postgebäude, umwunden von Eichenguirlanden, strahlte bis tief in die Nacht im Licht⸗ schmucke unzähliger Lämpchen.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Gotha, 12. Juni. (Gothaische Ztg.) Der Goldene Jubeltag des Deutschen Kaiserpaares ist, wie in allen Theilen des Deutschen Reichs, so auch in den thüringischen Landen festlich gefeiert worden. Aus Coburg, Weimar, Eisenach, Erfurt, Arnstadt, Mühlhausen, Meiningen, Suhl und vielen anderen Städten liegen zahlreiche Festberichte vor, die von der patriotischen Gesinnung der Be⸗ B““ des schönen thüringer Landes erfreuliches Zeugniß geben.

Schwarzburg⸗Rudolstadt. Rudolstadt, 11. Juni⸗ Die „Schw.⸗Rud. Landesztg.“ schreibt: Unsere Stadt mit den grünumrankten Häusern, den schmucken Gärten und Alleen, und umkränzt von den Bergen, bietet in ihrer natürlichen Anmuth das reizendste Bild, dessen Schönheit aber doch noch gehoben wurde durch die Fahnen und Flaggen, welche heut zur Feier der Kaiserlichen Jubelhochzeit von dem Thurme des Schlosses wie von allen Dächern herniederwehten. Die allgemeine Festfreude, welche sich in diesem Schmuck kund⸗ gab, wurde keineswegs dadurch beeinträchtigt, daß man den Geschäften des Alltagslebens in gewohnter Weise oblag, aber sie gewann einen um so vollkommeneren Ausdruck am Abend bei der von den Stadtbehö unter Mitwir

ung der Militär⸗

Kapelle und des militärischen Sängerchores veranstalteten Feier auf dem Anger. Der lieblichbelegene Platz, unter dessen prächtigen Bäumen sich Guirlanden von bunten Lampions hinzogen, gewährte schon vor Beginn der Illumination mit der froh be⸗ wegten Menge, die ihn belebte, einen überaus erfreulichen An⸗ blick, und die Gesänge, welche mit der Instrumentalmusik ab⸗ wechselten, gaben der Feier den besonderen patriotischen Schwung, der die herrliche Bedeutung des so einzig dastehen⸗ den Festtages jedem Einzelnen zum Bewußtsein brachte. Dieser, wir möchten sagen, andachtsvollen Stimmung gab Hr. Ober⸗Bürgermeister Nebrich späterhin in einer kurzen, aber tief ergreifenden und für die Tausende der Zuhörer weithin vernehmlichen Ansprache den rechten Ausdruck, und mit wahrer Begeisterung stimmten Alle ein in das Hoch, welches er dem Kaiserlichen Jubelpaar ausbrachte. Es war ein schöner Moment, als dieses tausendstimmige Hoch erscholl, während die unzähligen Flammen mit ihrem magischen Glanze den unvergleichlich schönen Festplatz noch imposanter erscheinen ließen. Wenn man zurücktrat nach der Schwarzburger Straße, so sah man dort auch die glänzende Beleuchtung des Kaiserlichen Postgebäudes, dessen Fagade von vielen hundert Lampen eingefaßt war. In kleineren Dimensionen, aber ebenfalls vollkommen schön und harmonisch gestaltete sich die Feier, welche gleichzeitig im Garten des Kurhauses Seitens der Gesellschaft „Union“ be⸗ gangen wurde. Vom Saaldamme aus konnte man sich er⸗ freuen an der höchst geschmackvollen Illumination des prächti⸗ gen Gartens, und das Konzert der städtischen Kapelle kam dort ganz vorzüglich zur Geltung, da die Gebäude im Hinter⸗ grunde die Klangwirkung erhöhten.

Elsaß⸗Lothringen. Metz, 11. Juni. (Metz. Ztg.) Zur Feier des heutigen Tages hatte die Stadt ihr Fest⸗ gewand angelegt und waren die Häuser, wie am Geburtstage des Kaisers, beflaggt; galt es doch zu zeigen, daß die Bevölke⸗ rung Antheil nimmt an dem Familienfeste seines Kaiser⸗ hauses. Am Morgen bereits fand in dem Lyceum eine Feier statt, bei welcher unter wechselndem Chorgesange der Direktor Dr. Derichsweiler eine Ansprache an die Versammelten hielt; die begeisterten Worte des Redners waren von zündender Wir⸗ kung, welche sich in einem dreifachen Hoch auf das Erhabene Kaiserpaar entlud. Die städtischen Schulen waren zu gleicher Zeit zu einer kirchlichen Feier in der Kathedrale versammelt. Die übrigen Festlichkeiten fanden programmmäßig statt. In den einzelnen Sommergärten und sonstigen Lokalen waren ebenfalls Fest⸗Concerte arrangirt und auch zahlreich besucht, wenn schon gegen Abend sich ein kleiner Gewitterregen ein⸗ stellte, der indeß die festliche Stimmung nicht zu trüben im Stande war. Beim Dunkelwerden hatten viele Häuser illu⸗ minirt und erreichte der heutige Festtag in jeder Beziehung einen befriedigenden Abschluß. 11““

SOesterreich⸗Ungarn. Wien, 13. Juni. (W. Auf die hierher gerichtete Anfrage, ob das Gerücht, daß Graf Andrassy zu demissioniren beabsichtige, irgend einen Anhalt habe, kann nach eingezogenen Erkundigungen versichert werden, daß dieses Gerücht jeglicher Begründung ent⸗ behrt. Graf Andrassy ist seit einigen Tagen bettlägerig. Dieser Umstand allein könnte, wenn überhaupt etwas, zu jenem Gerüchte Anlaß geboten haben.

Gegenüber den verdächtigenden und entstellenden Be⸗ sprechungen, welche die Absichten der Regierung bezüglich Novibazars von Seiten der „Neuen freien Presse“ finden, veröffentlicht die „Politische Korrespondenz“ ein Communiquè, in welchem es heißt: Ein Beschluß der Regierung in Betreff der Ausführung der Konvention ist noch nicht gefaßt. Hält die Regierung diese Ausführung in einem gegebenen Augenblicke für nothwendig, so werden, entsprechend der Konvention, Militärpersonen den Zustand der Wege und Kommunikationen für die als Garnisonen zu wählenden Orte untersuchen und die für den Einmarsch zweckmäßigen Moda⸗ litäten feststellen. Von dem Resultate dieser Erhebungen wird es abhängen, wie und zu welchem Zeitpunkte die Okkupation statt⸗ finden, ob dieselbe sich auf die in der Konvention genannten drei Punkte, oder auf andere Orte erstrecken, oder ob die Regierung für die nächste Zeit ganz darauf verzichten wird. Jedenfalls werden Finanzrucksichten in erster Linie Ausschlag gebend sein und wird das Unternehmen nur ein Minimum von Kosten in Anspruch nehmen dürsen was ganz im Zu⸗ sammenhang mit den allgemeinen Tendenzen der Regierungs⸗ politik steht. Eben die Möglichkeit, durch die Konvention alle größeren Auslagen zu vermeiden, bildete den Grundgedanken beim Abschluß der Konvention. Dies ist der authentische Sachverhalt. Wie bisher immer, werden die Thatsachen die beste Widerlegung von Verdächtigungen bilden, welche jetzt irgend einem Wahlmanöver zur Basis dienen sollen.

Die Behauptung, daß zwischen der Staatsbahn und der ungarischen Regierung Verhandlungen wegen des Baues der Bahnstrecke Kikinda⸗Panscova eingeleitet seien, ist unbegründet und dementirte die „Budapester Korrespondenz“ bereits bezügliche Gerüchte.

Großbritannien und Irland. London, 12. Juni. (Allg. Corr.) Die „Post“ bemerkt in einem Artikel über die Berliner Festlichkeiten zu Ehren der Goldenen Hochzeit des Deutschen Kaiserpaares, daß die Ehe des Kaiserlichen Paares in seltener und glücklicher Weise sich mit den Geschicken des deutschen Volkes und Landes seit An⸗ fang des Jahrhunderts verkettet habe. Das deutsche Volk könne in seinem Herrscher den nationalen Helden nicht ver⸗ gessen, allein diesmal sei es der Kaiser und Seine Gemahlin, umgeben von einer ihrer wüxrdigen Familie, welchen die Be⸗ geisterung gelte, die sich durch Deputationen, Umzüge, den Donner der Kanonen, die Zurufe der jubelnden Menge und den Glanz unzähliger Illuminationen in Berlin und ganz Deutschland kundgebe. Bei all den Wandlungen, die der Geist unserer Civilisation erlebt, gebe es nichts Bedeutungs⸗ volleres und Beachtenswertheres, als die Art und Weise, wie die Monarchie und das monarchische Prinzip mit den tiefsten und besten Instinkten des Volkes verwachsen sich erweise.

Der „Standard“ schreibt: Unser Berliner Bericht über die Goldene Hochzeitsfeier läßt keine Zweifel darüber auskommen, daß die Nation in ihrer tiefen Anhänglichkeit an den bejahrten Monarchen einig ist. Es liege eine Inbrunst, eine Energie, ein rührender Zug in den Gefühlen, die das deutsche Volk für seinen Herrscher hege, welche in ahnlicher Weise in den Annalen des Königthums vielleicht nicht wieder zu finden seien. Alles habe sich aber auch vereinigt, um den ersten wirklichen Deutschen Kaiser zu einer volksthümlichen Persönlichkeit zu machen. Er sei ein Krieger, und in der

Zuneigung der Menge werde der militärische Nuhm stets

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die erste Rolle spielen; er habe gelebt und gekämpft in jenen

schlimmen Tagen, da Deutschland nur ein „geographischer Begriff“ gewesen und Preußen seine Gesetze nach den Edikten eines fremden militärischen Emporkömmlings zu gestalten hatte. Als das Joch des Fremden gebrochen, seien die langen Jahre des Zweifels und Harrens gekommen, während welcher der jetzige Kaiser sein Loos mit Geduld, Stärke und patriotischer

offnung getragen habe. Sein Leben sei verwachsen mit dem S des modernen Deutschlands. Was dieses gelitten, habe gewonnen, habe es seinen persön⸗ lichen Siegen zu danken. Indem die Nation den Kaiser ehre, ehre sie sich selber und ihre Erfolge. Der Kaiser habe die Genugthuung, zu fühlen, daß, ob er auch dahingehe, seine Dynastie erhalten bleibe, und daß mit der Erhaltung seiner Dynastie die Einheit und Nationalität des Landes ge⸗ sichert sei.

Frankreich. Paris, 12. Juni. (Fr. Corr.) Den letzten Nachrichten aus Algerien zufolge sind alle Versuche der Uled Daud, die anderen Stämme des Aureés und namentlich die Uled⸗Udjana zur Empörung zu verleiten, ge⸗ scheitert. Die Insurgenten haben sich nach der bei Rebad erlittenen Niederlage, wo ihnen 70 Mann getödtet und 80 verwundet wurden, auf El⸗Hamman zurückgezogen, ein zwanzig Lieues südlich von Batna gelegenes Dorf, welches sie bis jetzt noch nicht befestigt haben.

13. Juni. (W. T. B.) Der Justiz⸗Minister Leroyer stelte heute der Senatskommission den Garantie⸗ Gesetzentwurf zu. Die Kommission beschloß nach mehr⸗ fachen Erwägungen mit 6 gegen 2 Stimmen, ihre sich gegen die Zurückverlegung der Kammern nach Paris aussprechenden Beschlüsse aufrecht zu erhalten. Der Conseils⸗Präsi⸗ dent Waddington und der Handels⸗Minister Tirard richteten heute an die Tarifkommission das Ersuchen, die Vorlegung ihrer Berichte zu beschleunigen, damit die Be⸗ rathung der Tarife in den Kammern noch im kommenden Monat Juli stattfinden könne.

Italien. Rom, 12. Juni. (Italie.) Der Senat ist auf Montag, den 16. Juni, zusammenberufen worden. In diesen Tagen sind Schritte gethan worden zu einer Ver⸗ schmelzung der ganzen Linken des Parlaments mit einem einzigen leitenden Ausschuß. 8

Griechenland. Athen, 13. Juni. (W. T. B.) Den griechischen Bevollmächtigten in Konstantinopel für die Ver⸗ handlungen zur Feststellung der griechischen Grenze ist Seitens Ihrer Regierung die Instruktion ertheilt worden, sich genau an das Berliner Protokoll zu halten. Die Einwohnerschaft mehrerer Bezirke der Insel Kreta hat dem englischen Konsul in Canea eine Erklä⸗ rung zugestellt, worin die in dem englischen Blaubuch ent⸗ haltene Angabe, daß Seitens der Bewohner Kretas das Pro⸗ tektorat Englands gewünscht werde, als unrichtig und unbe gründet bezeichnet wird. .

auch er gelitten; was es

Rußland und Polen. St. Petersburg, 12. Juni. (Journ. de St. Pét.) Kraft des Kaiserlichen Ukases vom 23. April/4. Mai hat der General⸗Gouverneur von Moskau für nöthig erkannt, seine Befugnisse auf die Gou⸗ vin Jaroslaw, Twer und Kostroma auszu⸗ dehnen.

13. Juni. (W. T. B.) Die hier eingetroffenen ostru⸗ melischen Delegirten wurden heute von dem Reichskanzler, Fürsten Gortschakoff und dem Gehülfen desselben, dem Wirklichen Geheimen Rath von Giers empfangen.

Amerika. Washington, 11. Juni. (Allg. Corr.) In der heutigen Sitzung der Kepräsentantenkammer erstattete der Münzausschuß Bericht zu Gunsten einer Vorlage, behufs Einführung des metrischen Systems bei Ge⸗ wichten, Maßen und Münzen. Mr. Knott, Vorsitzender des Justizausschusses, unterbreitete Seitens der Demokraten einen umständlichen Bericht über das Veto des Präsidenten Hayes gegen die die militärische Einmischung bei Wahlen verbietende Vorlage.

13. Juni. (W. T. B.) In einer Versammlung von Senatoren der demokratischen Partei wurde über die Silberbill verhandelt. Wahrscheinlich dürfte die Bill zwar im Senate eingebracht, aber nicht mehr in dieser Session berathen werden. Nach hier eingegangenen Nachrichten ist in Point Breeze ein neuer Brand ausgebrochen, durch welchen weitere Petroleumlager zerstört wurden.

Südamerika. (Allg. Korr.) Die „South⸗Pacific⸗Times“, ein in Callao erscheinendes englisches Blatt, veröffentlicht eine Depesche des englischen Minister⸗Residenten in Lima, in welcher derselbe die Mediation Englands in dem zwischen Chile und Peru ausgebrochenen Kriege anbietet, nebst der hierauf erfolgten Antwort Seitens des peruanischen Ministers der auswärtigen Angelegenheiten, Don Manuel Irigoyen, in welcher derselbe sein Bedauern ausspricht, daß das wohlwollende Anerbieten zu spät komme, da der Krieg bereits ausgebrochen sei. Der hierauf bezügliche Passus des Schreibens lautet: „Die freundlichen Vorschläge Ihrer Majestät Regierung kommen daher, wie E. E. selber zu. be⸗ merken beliebten, zu spät in Peru an, um die beabsichtigten humanen Erfolge zu erzielen, und zu einer Zeit, da in Folge des tadelnswerthen Vorgehens Chiles die Interessen und die amour propre der Republik ernstlich engagirt sind und der nationale Geist in höchster und berechtigter Weise angefacht ist.“ Ferner beklagt sich der Minister über die Kriegführung Seitens Chiles, das sich nicht scheue, allen Völkerrechten zum Trotz, wehrlose Städte zu beschießen und in Brand zu stecken, ja sogar den letzten Eisenbahnzug, welcher Jquique mit einer Anzahl Frauen und Kinder verlassen, mit Sprengkugeln beschossen habe.

Uruguay. Montevideo, 9. Mai. Die seit dem Jahre 1871 abgebrochenen diplomatischen Beziehungen zwischen England und Uruguay sind wieder ange⸗ knüpft, und ist der englische Gesandte in Buenos Aires, Mr. Ford, jetzt gleich den Vertretern der übrigen europäischen

Nächte auch in Montevideo beglaubigt worden.

Asien. China. Peking, 14. April 1879. Die amt⸗ liche „Pekings⸗Zeitung“ vom 8. d. Mts. (Kuangsü 5 Jahre 3 Monate 17 Tage) veröffentlicht ein Kaiserliches Edikt über die siegreiche Niederwerfung eines Aufstandes buruttischer und andidschanischer In⸗ urgenten in dem erst kürzlich von China zurückeroberten Gebiete von Kaschgar. Dieses Edikt lautet in der Uebersetzung:

Tso⸗tsung⸗tang hat über die siegreiche

. 16 8

Niederwerfung eines

1““

von buruttischen ¹) und andidschanischen2) Insurgenten an der Grenze angezettelten Aufstandes berichtet:

Wie aus dem Berichte hervorgeht, verband sich im ver⸗

gangenen (chinesischen) Jahre (d. h. vor dem 22. Januar 1879) der andidschanische Bandenführer Alitä⸗shi mit dem buruttischen Insurgenten Aputulehäma (wohl Abdur Rahman) und fiel, die Grenze überschreitend, in die Kaschgarei ein. Liu⸗chin⸗tang2) zog ihm alsbald mit Truppen entgegen, schlug die Feinde, und Alitäshi fiel unter den Streichen des Henkers. Aber nachdem dies geschehen war, ver⸗ band sich Aputulshäma von Neuem mit andidschanischen Bandenführern und brachte einen Aufstand auf chinesischem Gebiet zu Wege. Liu⸗chin⸗tang jedoch machte sich zunächst mit der Bodenbeschaffenheit der Gegend genau bekannt, dann er⸗ sann er eine List, umzingelte die Feinde und schritt zum An⸗ griff. Vom 3. bis zum 12. Tage des ersten Monats des laufenden Jahres (24. Januar bis 2. Februar 1879) wurde an verschiedenen Orten gekämpft; bei Wu⸗pach, Po⸗sze⸗tang und Te⸗le⸗ko ) erfochten die Kaiserlichen Truppen große Siege und ver⸗ folgten sodann den Feind bis an die Grenze. Von den Rebellen⸗ häuptlingen wurden drei, von ihren Anhängern 2000 und einige Hundert getödtet, die Uebrigen entflohen über die Grenze. Die Kaiserlichen Truppen erbeuteten zahllose Waf⸗ fen, Kameele und Pferde. Die Operationen sind von Liu⸗chin⸗tang auf das Ge⸗ schickteste geleitet und alle Anordnungen so getroffen worden, wie es die Umstände erheischten. Er verdient dafür alles Lob und erhält zur Belohnung einen Dolch mit Jade⸗Griff, ein Feuerzeug und vier kleine Tabaksbeutel zum Geschenk. Achtzehn (zum Theil höhere) chinesische Osffiziere welchen allen die üblichen posthumen Ehrenbezeugungen dekretirt wer⸗ den sind in diesen Kämpfen gefallen.

1) Die Burutten (chinesisch Pu⸗lu⸗tée), ein in der Gegend von Kaschgar ansässiger Kirgisenstamm. 2) Andidschan oder Andschiyen, der im Chinesischen gebräuchliche Name für Khokand. 3) Liu⸗chin⸗tang, der chinesische Kommandant in jenen Gegenden, der vielgenannte Eroberer der Kaschgarei. 4) Ein Ort Wus⸗vpach oder U⸗pach ist auf den chinesischen Karten wenig südwestlich von Kaschgar angegeben. Auf europäischen findet ch an ungefähr derselben Stelle des damit wohl zu

si e Opal. Die beiden anderen Orte sind nicht zu finden.

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Statistische Nachrichten.

Auf den zum Bezirk des Stadtgerichts gehörigen Grund⸗ stücken und Gerechtigkeiten Berlins waren nach der im „Just.⸗ Min.⸗Bl.“ veröffentlichten Geschäftsübersicht am Schlusse des Jahres 1877 an Hypotheken und Grundschulden 2020 280 532 eingetragen. Im Geschäftsjahr 1878 sind 155 799 718 Hvpo⸗ theken und 11 604 065 Grundschulden, zusammen 167 463 783 neu eingetragen, dagegen 136 171 950 gelöscht worden, so daß am 1. Dezember 1878 2 051 572 365 verblieben, 31 291 833 mehr als am 1. Dezember 1877. Die Summe der im Geschäfts⸗ jahr 1878 gelöschten Hypotheken und Grundschulden (136 171 950 ℳ) war um 8 913 478 ℳ, die der cingetragenen Hypotheken um 56 822 833 ℳ, die der Grundschulden um 1 119 675 geringer als im Vorjahre.

Zu den am Schlusse des Geschäftsjahres 1877 vorhanden ge⸗ wesenen Grundbuchblättern von 20 832 sind im Jahre 1878 413 neu⸗ angelegte hinzugekommen, wogegen 96 geschlossen wurden. Am 1. De⸗ zember 1878 waren mithin 21 149 vorhanden.

Bei den 11 Grundbuchämtern (zur Zeit sind deren nur noch 10 vorhanden) waren im Geschäftsjahre 1878 29 076 Sachen zu bear⸗ beiten, 288 weniger als im Jahre 1877, Auflassungen fanden 2340 statt (gegen 2616 in 1877), davon 1005 ohne Vertrag, 616 mit ge⸗ richtlichem und 719 mit notariellem Vertrag. Durch Zwangsver⸗ steigerung wurden 626 Eigenthumsübertragungen veranlaßt, gegen 543 im Geschäftsjahre 1877.

Aus den vom Kaiserlichen statistischen Amte kürzlich ver⸗ öffentlichten Ergebnissen der deutschen Gewerbezählung vom 1. Dezember 1875 werden bezüglich des Umfangs der einzelnen Gewerbsarten folgende interessante Einzelheiten ersichtlich: Bergbau⸗, Hütten⸗ und Salinenwesen beschäftigen 433 206 erwerbethätige Per⸗ sonen, die Industrie der Erden und Steine einschl. Töpferei, Porzellan⸗ und Glasfabrikation 265 555, die Metallverarbeitung 419 752, die Maschinenindustrie 322 029. Diese gesammte auf die Montanprodakte begründete Hauptgruppe von Gewerben umfaßt demnach 1 440 542 Mitarbeitende oder 22,3 % der bei der Gewerbeaufnahme im Deutschen Reiche überhaupt gezählten 6 470 630 Gewerbetreibenden. Unter dieser Gesammtzahl sind indeß Land⸗ und Forstwirthschaft, Eisenbahn⸗, Post⸗ und Telegraphendienst, Versicherung, Medizinalgewerbe, Musik, Schaustellungen und Hausir⸗ gewerbe nicht einbegriffen. Die Textilindustrie betreiben 926 767 Personen oder 14,3 %, die Industrie von Bekleidung und Reinigung 1 053 142 oder 16,3 %, von Papier und Leder 187 285, die der Holz⸗ und Schnitzstoffe 464 048, der Heiz⸗ und Leuchtstoffe 42 507. Die Nahrungs⸗ und Genußmittel nehmen 692 600 Er⸗ werbsthätige in Anspruch, die Kunst⸗ und Handelsgärtnerei und die Fischerei 45,090, die chemischen Industrien 51 698, die Baugewerbe 467 309, die polygraphischen 55 719, die künstlerischen Betriebe für gewerbliche Zwecke 13 400. Danach umfassen Fabrik⸗ und Hand⸗ werkbetrieb zusammen 5 440 107, oder 84,1 % aller Erwerbs⸗ thätigen in den bei der Aufnahme berücksichtigten Gewerben. In den Handelsgewerben sind 661 496, in den Ver⸗ keh sgewerben, ohne Eisenbahn, Post und Telegraphie 134 330, für Beherbergung und Erquickung 234 697, zusammen 1 030 523 oder 15,9 % aller gezählten Erwerbsthätigen beschäftigt; so daß sich, diese letztgedachten Gewerbsarten sämmtlich zum Handel gerechnet, die Erwerbsthätigen im Handel einer⸗ und in der Industrie andererseits ungefähr wie 1:6 gegenüberstehen. Von den einzelnen Gewerbsarten deschaäͤftigen mehr als 150 000 Erwerbsthätige: die Schuhmacherei 374 203, Schneiderei 298 923, Tischlerei 230 510, der Steinkohlenbergbau 193 575 und das Maurergewerbe 166 204.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Von dem Prachtwerke „Italien, eine Wanderung von den Alpen bis zum Aetna“ (Stuttgart, J. Engelhorn) ist in einem Doppelheft die 17. und 18. Lieferung der zweiten Auflage er⸗ schienen. Dasselbe beschreibt die Wege nach Rom (von Eduard Paulus) und beginnt dann die Schilderung der Reise „vom Tiber nach dem Aetna“ (von Woldemar Caden), zunächst der Eindrücke auf dem alten latinischen Boden. Das Heft enthält 16 Text⸗Illustrationen: von Ludw. Kurella: Aufbruch ins Gebirge; von Gustav Conz: Dom zu Ancona; von Edmund Kanoldt: San Marino; Gust. Bauernfeind Aquädukt von Spoleto, Prälat Fuggers Grabstein, Etruskische Felsgräber, ontane grande in Viterbo, Haus daselbst; von Lindemann⸗ Civita castellana, Forum romanum, Villa Lante auf dem Janiculus; von Joh. Graf: Schloß Palo; von O. Wisnieski: Rinderhirt in der Campagna; von Ferd. Keller: Grotte der Egeria; von Albert Hertel: Brunnen bei Ariccia, Ponte Nomentano. Von den 6 Tondruckbildern stellen zwei Rom dar (beide von Lindemann⸗ Frommel), eins die Cascaden von Tarin (Th. Weber), eins Orvieto (Rud. Schick), das sechste ist eine von Ed. von Liphart entworfene große Randzeichnung „Roma“, welche den Titel des betreffenden Ab⸗

schnitts bildet.

„Die franzoͤsischen Maler des achtzehnten Jahr⸗ hunderts.“ Eine Sammlung ihrer bedeutendsten Werke. Heraus⸗

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gegeben und mit erlauterndeen Text begleitet voa Alfred von Wurzbach. Photographiedruck pon M. Rommel. Stuttgart. Verlag von Paul Neff. In diesem Werke beab chtigt der Herausgeber, dem Publikum jene Glanzepoche der französischen Malerei vorzuführen, welche das Hofleben Ludwigs XIV. hervorge⸗ rufen und die Regentschaft des Herzogs von Orleans, sowie die Re⸗ gierung Ludwigs XV. zur Entwicklung gebracht haben.“ Sie beginnt mit dem Anfange des achtzehnten Jahrhunderts und endet mit der französischen Revolution und ist ein treuer Spiegel ihrer Zeit, denn keine Epoche künstlerischer Bedeutung hat die Sitten ihres Jahr⸗ hunderts mit solcher Virtuosität zur bildlichen Darstellung gebracht. Die nächste Veranlassung, die Kunst auf die naturalistische Darstel lung hinzulenken, gaben die genialen französischen Porträtisten des siebzehnten Jahrhunderts, die in Rigaud, Nattier, Drouais und Ch. Coypel noch ebenbürtige Nachfolger aufweisen. Von der unwahr empfundenen römischen Historienmalerei und dem italienisch gedachten Heiligenbilde war nur ein kleiner Schritt zur mythologischen Dar⸗ stellung, und hier begegnen uns Meister, wie A. Covypel, Raoux, de Trov, le Moyne und Boucher. Aus der Götter⸗ fabel und dem Theater entwickelt sich endlich Watteau, welcher das ganze Jahrhundert beherrscht und ein Hrer von Nach⸗ ahmern zählt, wie Lancret, Pater, Benard, Vanloo, Eisen, Seb. le Clerc ꝛc. In kurzer Zeit artete diese Schule aus, und Greuze be⸗ deutet bereits eine Reaktion. Es ist für diese Epoche der Kun charakteristisch, daß ihre Produktionen sofort durch die begabtesten Stecher vervielfältigt wurden, und daß die künstlerischen Ideen in den weitesten Kreisen durch den Kupferstich Verbreitung fanden. Die be⸗ rühmtesten Meister des Gtabstichels, die Drevet's, Beauvarlet, de Longeuil, Larmessin, Massard, Aveline, le Bas, Vidal ꝛc. vermittelten die geistvollen, witzigen, oft höchst frivolen Produkte des Pinsels oder Zeichenstiftes dem großen Publikum in den kostbarsten, mit bewun derungswürdiger Meisterschaft ausgeführten Blättern. Es handelt sich demnach bei dieser Publikation nicht nur darum, die bedeutendsten Gemälde, sondern auch zugleich die hervorragendsten Arbeiten des Grabstichels zu reproduziren. 8 Ein erläuternder Text wird eine kurzgefaßte kunstgeschichtliche Darstellung dieser Epoche enthalten und von jahlreichen Original- Illustrationen, Radirungen von und nach Boucher, Delettre, Fra⸗ gonard, Hucquier, de la Jove, Watteau ꝛc. begleitet sein, deren Zweck hauptsächlich der ist, die Bedeutung dieser Schule für ornamentale und kunstgewerbliche Zwecke anschaulich zu machen.

„Die Französischen Maler des achtzehnten Jahrhunderts“ en halten 60 Blätter nach Gemälden der hervorragendsten französischen Meister und erscheinen in 30 Lieferungen à 2 Blatt gr. Folio, Höhe 46 ½ em, Breite 33 6 cm, Preis der Lieferung 2 50 ₰. Monat⸗ lich sollen durchschnittlich 2 Lieferungen ausgegeben werden, so da im Laufe von ungefähr 15 Monaten die 50 Lieferungen in die Hände der Abonnenten gelangen. Einzelne Lieferungen werden nicht ab⸗ gegeben. 8

St. Petersburg, 12. Juni. Die Kaiserliche Ere⸗ mitage sammelt gegenwärtig, wie die „Now. Wr.“ erfährt, Nach⸗ richten über alle bemerkenswerthe Bildnisse der Kaiserin Katha⸗ rina II, die von zeitgenössischen Künstlern in Oelfarben gemalt wurden. Der Direktor der Eremitage, Wirkliche Staatsrath Wassiltschikow, hat den Auftrag, von allen bemerkenswerthen Por⸗ träts der Kaiserin Katharina II., wo sie sich auch finden mögen, photographische Kopien zu bestellen.

Australische Zeitungen berichten über eine Expedition die, gut ausgerüstet, von Sydney nach Neuguinea abgegangen ist Es gehören dazu Baron Maclay, der berühmte russische Gelehrte und Forscher, Chevalier Bruno, der zuerst den Versuch machte, von Australien aus Handelsbeziehungen mit diesem unbekannten Land zu eröffnen, und Kapitän Leeman, der beträchtliche Erfahrungen an der Küste von Neuguinea und anderwärts im Norden besitzt Der schnellsegelnde dreimastige amerikanische Schuner „Saddie F. Caller“ ist für die Expedition gemiethet, und dessen Eigner, Namens Webber, widmet sich mit Leib und Seele dem Projekte und ist that⸗ sächlich Theilnehmer des Unternehmens. Die volle Ausstattung hat 2500 gekostet, und das Fahrzeug ist mit Lebensmitteln für eine 12monatige Kreuzungstour versehen.

Gewerbe und Handel.

Die Nr 14 (vom 15. Mai cr.) der „Zeitschrift für tech⸗ nische Hochschulen, Organ des Allgemeinen deutschen Polytechniker⸗ Verbandes“, herausgegeben vom Akademischen Vereine der Polytechniker zu Hannover (Redacteure: stud. H. Albrecht und stud. A. Joseph in S im Kommissionsverlage von Carl Schüßler in Hannover) hat folgenden Inhalt: Eine bedeutsame Frage aus dem Gebiete der echnischen Hydromechanik, nach einem Vortrage des Geh. Reg. Rath Prof. Dr. Rühlmann, im Hannoverischen Architekten⸗ und Ingenieur⸗ Vereine niedergeschrieben. Chronik der technischen Hochschulen Darm⸗ stadt, Hannover und Wien. Vereinsnachrichten: Akademischer Verein zu Hannorer, Polnischer Akademischer Verein „Ognisko“ zu Wien. Literarische Neuigkeiten. Vermischtes. Inserate.

Neu⸗Brandenburg, 13. Juni. (W. T. B.) Wollmarkt⸗ Zufuhren: 5200 Centner. Der Preisaufschlag gegen das vorige Jahr beträgt 4 15 Kunstwäschen erzielten 180 195 ℳ, Hand⸗ wäschen 170 183

Landsberg a. W., 13. Juni. (W. T. B.) Wollmarkt. Die Zufuhren betragen bis jetzt circa 3000 Centner. Die Wäschen sind befriedigend. Käufer sind erst zum kleinen Theil anwesend.

14. Juni. (W. T. B.) Wollmarkt. Die Zufuhren be⸗ tragen jetzt circa 5000 Ctr. Preise 6 höher als im vergangenen Jahre. Dominialwollen zu 58 62 Thlr. schlank verkauft. Bauern wollen waren wenig begehrt. Benachbarte Fabrikanten und Händler von Berlin sind Käufer.

(Allg. Corr.) Der Ausweis des britischen Handels⸗ amtes für den Monat Mai läßt zum ersten Male seit geraumer et einen mäßigen Wiederaufschwung des Exportgeschäfts ersehen.

er Import dagegen macht noch immer Rückschritte. Im Aus⸗ fuhrwerth zeigt sich gegen Mai des vorigen Jahres ein Zuwachs von 2 ½¼ %, nämlich 16 520 490 o gegen 16 165 075 9 Ein Vergleich mit der Ausfuhr im Mai 1877 (17 461 139 f) ergiebt indeß eine Abnahme von 5 ½ %. An der Zunahme im Export betheiligen sich etwa folgende Artikel: Wollen⸗ und Kammgarn (36 %), Eisen und Stahl (32 %), Baumwollwaaren (12 %), Wollen⸗ und Kammgarn⸗ stoffe (11 %). Kohlen, Seidenstoffe und Wollenfabrikate figuriren dagegen mit einer Abnahme.

In den ersten fünf Monaten dieses Jahres betrug der Ausfuhr⸗ werth 74 242 953 gegen 79 568 762 9 in 1878 und 79 928 47124 in 1877. Die Einfuhr verminderte sich im Mai gegen den ent⸗ sprechenden Monat der beiden vorhergehenden Jahre um 10 ¾ bezw. 20 %, nämlich von 34 647 682 f und 31 028 768 £ auf 27 677 673 £. Die Getreide⸗Einfuhr des Monats verminderte sich um 13 ¼ % quar titativ und 31 ½ % qualitativ. In den ersten fünf Monaten diese Jahres stellte sich der Gesammtwerth der Einfuhr auf 144 872 943 gegen 160 986 751 9 in 1878 und 165 638 033 in 1877.

London, 11. Juni. (E. C.) Lord Derby hat sich brieflich bereit erklärt, in dem Lohnstreite der Kohlenbergwerke Durhams das Amt des Schiedsrichters zu übernehmen, ein Ent⸗ schluß, der von beiden Parteien freudig vernommen worden ist.

New⸗York, 30. Mai. Die „New Yorker Hdlsztg.“ schreibt: Es mehren sich mit jedem Tage die Symptome einer nahen und vollständigen Rekonvalescenz des ganzen Landes, und, ohne uns einer optimistischen Anschauung schuldig zu machen, dürfen wir nunmehr die Behauptung wagen, daß die Aera einer allgemeinen Besserung begonnen hat, und schon der nächsten Herbstsaison ein günstiges Prognostikon zu stellen ist. Waren es bisher nur die ermuthigen den Ernteaussichten, welche Hoffnungen erweckt und genährt. haben, so kommen jetzt auch aus den Fabrikdistrikten zuverläf⸗ sige Berichte über zunechmende Thätigkeit; die Zahl der so lange unbeschäftigt gewesenen Arbeiter nimmt täglich

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