Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 2. Juli. Se. Majestät der Kaiser und König machten, laut Meldung des „W. T. B.“ aus Ems, gestern Nachmittag eine Spazierfahrt und wohnten am Abend der Vorstellung im Theater bei.
Die Kur setzen Se. Majestät in der gewöhnlichen Weise fort.
— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz besichtigte gestern früh von 9 ¼ Uhr ab das Lehr⸗Infanterie⸗Bataillon auf dem Schloßplatz am Neuen Palais bei Potsdam.
— Se. Königliche Hoheit der Prinz Carl hat den Domänenpächtern Becker in Klukowo, Horn in Stewnitz und Petrich in Louisenhof den Charakter als Königlich
inzlicher Ober⸗Amtmann verliehen.
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— Im weiteren Verlaufe der gestrigen (69.) Sitzung setzte der Reichstag die zweite Berathung des Zolltarifs mit der Diskussion der Pos. 35 (Stroh⸗ und Bastwaaren) fort. Dieselbe lautet nach der Kommissionsvorlage: 4
Stroh⸗ und Bastwaaren: a. Matten und Fußdecken von Bast, Stroh, Schilf, Gras, Wurzeln, Binsen und dergleichen; auch an⸗ dere Schilfwaaren, ordinäre, gefärbte und ungefärbte 100 kg 3 ℳ; b. Strohbänder 100 kg 18 ℳ; c. alle nicht unter a. und d. be⸗
riffenen Stroh⸗ und Bastwaaren, insbesondere Stroh⸗ und astgeflechte; Decken, Vorhänge und ähnliche Waaren aus ungespaltenem Stroh; die in a. und c. genannten
Stroh⸗ und Bastwaaren in Verbindung mit anderen Materialien,
soweit sie dadurch nicht unter Nr. 20 fallen, 100 kg 24 ℳ;
d. Hüte aus Stroh, Rohr, Bast, Binsen, Fischbein, Palmblättern
und Span 1) ohne Garnitur 1 Stück 0,20 ℳ, 2) mit Garnitur
1 Stück 0,40 ℳ Anmerkung zu d.: Hute aus Haar⸗ oder Hanf⸗
geflechten, aus Sparterie, sowie aus Geflechten von sogenannter
Baumwollensparterie und Stroh werden wie Strohhüte behandelt.
e. Sparterie aller Art 100 kg 90 ℳ N.
Der Abg. Schwarz beantragte zu b. im Interesse der württembergischen Exportindustrie den Zoll auf Strohbänder auf 14 ℳ herunterzusetzen. 1
Der Abg. Gerwig schloß sich diesem Antrag an, da die Fabrikanten mit 14 ℳ ganz zufrieden sein könnten.
Nachdem der Bevollmächtigte zum Bundesrath Ober⸗ Steuer⸗Rath von Moser sich gegen den Antrag erklärt hatte, wurde derselbe abgelehnt und Pos. 35 nach der Kommissions⸗ vorlage unverändert angenommen.
Die hierauf folgende Position 17 lautet nach der Kom⸗ missionsvorlage:
Kautschuck und Guttapercha, sowie Waaren daraus. a. Kautschuck und Guttapercha, roh oder gereinigt, Kaut⸗ schuckhornmasse (Hartgummi), auch polirt oder mit eingepreßten Dessins versehen in Platten, Stäben, Röhren und dergleichen, frei; b. Kautschuckfäden außer Verbindung mit anderen Materialien, oder mit baumwollenem, leinenem oder wollenem rohem (nicht gebleichtem oder gefärbtem) Garn nur dergestalt umsponnen, um⸗ flochten oder umwickelt, daß sie ohne Ausdehnung noch deutlich erkannt werden können; Kautschuckplatten, aufgelöster Kautschuck, 100 kg 3 ℳ; c. grobe Waaren aus weichem Kautschuck, unlackirt, ungefärbt, un⸗ bedruckt, Hartgummiwaaren, alle diese Waaren auch in Verbin⸗ dung mit anderen Materialien, sofern sie dadurch nicht unter Nr. 20 fallen; übersponnene Kautschuckfäden 100 kg 40 ℳ, d. feine Waaren aus weichem Kautschuck, lackirt, gefärbt, bedruckt, oder mit eingepreßten Dessins; alle diese auch in Verbindung mit anderen Materialien, soweit sie dadurch nicht unter Nr. 20 fallen 100 kg 60 ℳ; e. Gewebe aller Art mit Kautschuck über⸗ zogen, getränkt oder durch Zwischenlagen aus Kautschuck verbunden oder mit eingeklebten Kautschuckfäden; Gewebe aus Kaut⸗ schuckfäden in Verbindung mit anderen Spinnmaterialien, Strumpf⸗ und Posamentirwaaren in Verbindung mit Kautschuckfäden 100 kg 90 ℳ Anmerkungen zu e.: 1) Kautschuckdrucktücher für Fabriken und Kratzenleder, künstliches, für Kratzenfabriken, beide auf Er⸗ laubnißschein unter Kontrole frei, 2) Schläuche aus Hanf, Maschinentreibriemem und Wagendecken aus gro⸗ ben Zeugstossen, in Verbindung mit Kautschuck 100 kg 24 ℳ
Der Abg. von Kardorff als Referent führte aus, daß die einzige von der Kommission beschlossene Aenderung die Er⸗ mäßigung der Zölle auf Hartgummi sei; worauf Pos. 17. ohne weitere Debatte genehmigt wurde. 8
Die darauf folgende Pos. 21 hat nach den Kommissions⸗ beschlüssen folgende Fassung:
Lederund Lederwaaren: a. Leder aller Art, mit Ausnahme des unter b. genannten, ungefärbtes; gefärbtes Juchtenleder; Perga⸗ ment; Stiefelschäfte 100 kg 18 ℳ; b. Sohlleder, sowie Brüsseler und dänisches Handschuhleder; auch Korduan; Marokin; Saffian; gefäcbtes Leder, mit Aurnahme des unter a. genannten; lackirtes Leder 100 kg 36 ℳ Anmerkung zu b.: Halbgare, sowie bereits gegerbte, noch nicht gefärbte oder weiter zugerichtete Ziegen⸗ und Schaffelle 100 kg 3 ℳ; c. grobe Schuhmacher⸗, Sattler⸗, Riemer⸗ und Täschnerwaaren, sowie andere Waaren ans ungefärbtem oder blos geschwärztem lohgarem Leder, oder aus rohen Häuten, alle diese Waaren auch in Verbin⸗ dung mit anderen Materialien, soweit sie dadurch nicht unter Nr. 20 fallen, 100 kg 40 ℳ; d. feine Lederwaaren von Korduan, Saffian, Marolin, Brüsseler oder dänischem Leder, von sämisch⸗
nd weißgarem Leder, von gefärbtem Leder, von lackirtem Leder
und Pergament, auch in Verbindung mit anderen Materialien, soweit sie dadurch nicht unter Nr. 20 fallen; feine Schuhe aller
100 kg 60 ℳ Anmerkung zu c. und d.: Grobe Schuh⸗
macher⸗ und Täschnerwaaren aus grauer Packleinwand, Segeltuch,
— oher Leinwand, rohem Zwillich oder Drillich, oder grobem unbe⸗
drucktem Wachstuch werden wie grobe, Waaren aus feinem Wachs⸗
uch, Wachs mußelin, Wachstafft u. dergl. wie feine Lederwaaren
ehandelt; e. Handschuhe 100 kg 100 ℳ
Hierzu beantragte der Abg. von Bühler (Oehringen), in Pos. 212. die Regierungsvorlage (24 ℳ) wiederherzustellen; ferner: „Stiefelsohlen, Stiefelschäfte“ unter 21 b. mit 36 ℳ zu verzollen.
Die Abgg. Sonnemann, Wöllmer, Löwe (Berlin) wollten das Sohlleder aus 21 b. gestrichen wissen; Abg. Oechelhäuser beantragte hinter Sohlleder in 21 b. einzuschalten: „ausschließ⸗ lich Vacheleder;“ ferner hinter 21 a. und b. die Anmerkung zuzufügen: „Lederabfälle (Flanken, Hälse, Köpfe) 15 ℳ⸗ End⸗ lich beantragten die Abgg. Dr. Zinn, Kreutz und Gen. in Ac. und 21 d. Kollsäte von 54 resp. 80 ℳ einzusetzen.
Der Abg. von Kardorff vertrat als Referent der Kom⸗ mission deren Anträge. Dieselben erreichten die Zollsätze bei Weitem nicht, die bis 1865 bestanden Sür und damals durch den französischen Handelsvertrag ermäßigt worden seien, ohne daß diese Ermäßigung der deutschen Lederindustrie irgendwie Nutzen gebracht hätte. Er konstatire mit Genugthuung, daß in den Kommissionsverhandlungen die Thatsache sich ergeben habe, daß die vielfach gegen die Armeeverwaltung erhobenen Vorwürfe, als habe sie mit Umgehung des deutschen Leders vielfach Submissionen auf Hemlockleder ausgeschrieben, durch⸗
aus unbegründet seien.
Der Sal usatz, den befürworte, wolle in erster Reihe die Ueberschwemmung des deutschen Marktes mit amerikanischem Sohlleder fernerhin verhindern; er bitte, mit Ablehnung der Amendements den Kommissionsanträgen zuzustimmen.
Der Abg. von Bühler befürwortete seinen Antrag. Der von der Kommission vorgeschlagene Zollsatz sei zu niedrig, um ernstlich Hülfe schaffen zu können. Die Regierungsvorlage dagegen scheine die richtige Höhe zu treffen.
Der Abg. Sonnemann erklärte, es widerspräche der Logik, das grobe Sohlleder mit dem feinen Handschuhleder auf gleiche Zollstufe zu setzen. Wollte man lohgares Leder zu dem nie⸗ drigen Zollsatz einführen, dagegen gefärbtes Leder hoch be⸗ steuern, so würde die Konkurrenz des Hemlockleders nicht vom deutschen Markte ausgeschlossen, da man nur das ganz reine Hemlockleder als solches erkennen könnte. Die Kommission habe nun alles Sohlleder dem hohen Zollsatz unterworfen, weil überhaupt das ausländische Sohlleder zum größten Theil überseeisches Hemlockleder sei. Indessen seien von 112 000 Centnern Leder, welche im Jahre 1878 in Deutschland importirt seien, nur 48 000 überseeisches gewesen. Die überseeische Leder⸗ einfuhr betrage dem Gewichte nach nur 5 Proz., dem Werthe nach sogar nur 3 ½ Proz. der Produktion Deutschlands; wäh⸗ rend man im Jahre 1878 eine Mehrausfuhr an Leder und Lederwaaren im Werthe von 77 Mill. Mark in Deutschland gehabt habe, habe der Werth der Ausfuhr Amerikas nur 3 Mill. Mark betragen. Der deutsche Lederimport aus Ame⸗ rika betreffe im Allgemeinen Leder von so geringer Qualität, daß die deutschen Gerber gar nicht damit konkurriren wollten. Der von der Kommission vorgeschlagene Zollsatz betrage 18 Proz. des Werthes, d. i. mehr als in irgend einem ande⸗ ren Staate. Rechne man hierzu 5 Proz. an Transvportkosten und Spesen, so werde der deutschen Schuhwaarenindustrie das Rohmaterial so vertheuert, daß die Kleinindustrie, die Hunderttausende ernähre, während die deutschen Ger⸗ bereien nur 20 000 Personen beschäftigten, einen schweren Schaden erleide, und die deutsche in der Entwickelung begriffene Schuhwaaren⸗Großindustrie ihre Export⸗ fähigkeit einbüße, da man ihr Rückvergütung des Zolls nicht bewilligt habe. Dabei schneide man einem Staate wie Chile einen ganz geringen Exporthandel nach Deutschland ab und riskire, daß man dort den jetzt sehr bedeutenden Import deutscher Waaren ausschließe. Hem ’ockleder sei übrigens auch ein dauerhaftes Material, nur nicht so elegant wie das loh⸗ gare. Man habe auch keinen Grund, seinen Gebrauch aus Gesundheitsrücksichten zu beschränken. Wenn das Haus also nicht wolle, daß statt des Leders Schuhe eingeführt würden, so lasse man es bei dem niedrigeren Zollsatze bezüglich alles Sohlleders.
Der Bundeskommissar Ministerial⸗Rath Dr. Mayr empfahl die Annahme der Kommissionsbeschlüsse, durch welche es am besten ermöglicht werde, die hart bedrängte deutsche Gerberei gegen die Konkurrenz des überseeischen Hemlockleders zu schützen, welche auch andere Länder, zum Beispiel Oesterreich und Frankreich, abzuwehren bestrebt seien, so daß Deutschland der alleinige Ablagerungsplatz dieses Leders werden könnte. Das Vacheleder werde jedenfalls im amtlichen Waarenverzeich⸗ niß zur Gruppe a., die Stiefelsohlen und Schäfte zur Gruppe b. gestellt werden. Die Herabsetzung des Zolls auf Flanken, Hälse und Köpfe sei eine Herabsetzung des Lederzolls für große Quantitäten wirklichen Leders. Wären dies nur Abfälle, so müßten sie als solche ganz zollfrei sein.
Der Abg. Dr. Majunke bemerkte, von der Logik des Abg. Sonnemann könne kein Lohgerber existiren, der Kommissions⸗ vorschlag entspreche dem praktischen Bedürfniß. Das Vache⸗ leder dürfe nicht niedriger als anderes besteuert werden, da man sonst dem amerikanischen Leder den Anschein von Vache⸗ leder geben würde. Die kleinen Handwerker, welche Schuh⸗ waaren fabrizirten, hätten von der Erhöhung des Zolls keinen Nachtheil.
Der Abg. von Kardorff füerte aus, wenn auch nicht alles Sohlleder, das importirt werde, aus Amerika komme, so entfalle auf das europäische Sohlleder doch nur ein geringer Bruchtheil des Imports. Von den 48 000 Centnern Sohlleder, welche importirt würden, seien ⅞ schlechtes amerikanisches Hemlockleder. Die sogenannten Großindu⸗ striellen der Schuhwaarenproduktion seien nur Händler, nicht Fabrikanten. Bei allem Nutzen, den ihr Geschäft für den Verkehr haben möge, habe es doch sehr viel Schatten⸗ seiten. Das moralische Band, welches Meister und Gesellen, sowie die Mitglieder einer Genossenschaft verbinde, bestehe zwischen diesen großen Händlern und ihren Arbeitern nicht. Die Händler drückten die Löhne in der rücksichtslosesten Weise herunter, und wenn ihr Geschäft nicht gehe, so würden große Massen von Arbeitern plötzlich brotlos. Halte man das Be⸗ dürfniß der Gerber und Besitzer von Schälwaldungen dagegen, so verdiene dieses weit mehr Berücksichtigung.
Unter Ablehnung aller Amendements wurden Position 35a. und b. nach den Beschlüssen der Kommission genehmigt.
Der Abg. Kreutz beantragte, den Zoll auf grobe Schuh⸗ macher⸗ und Sattlerwaaren von 40 auf 45 ℳ zu erhöhen. Uumnmittelbar, nachdem der Antragsteller seinen Antrag kurz mit einem Hinweis auf den Nothstand des betreffenden Industriezweiges motivirt hatte, wurde ein Schlußantrag ge⸗ stellt, der mit einer schwachen Majorität abgelehnt wurde.
Der Abg. Löwe (Berlin) bemerkte in Bezug auf den Schlußantrag, daß, wenn das Haus, wie ja loyaler Weise nicht geschehen sei, den Schlußantrag angenommen hätte, da⸗ mit nur an seine Partei die Aufforderung ergangen wäre, fortzugehen, denn, wenn man nach einem Redner der Ma⸗ joritat schließen wolle, so heiße das geradezu, der Minorität das Wort verbieten, oder es seine Partei werde zu der Revanche⸗ maßregel gezwungen, sobald das Haus nicht vollzählig sei, die Auszählung oder namentliche Abstimmung zu beantragen. Es sei Süags logisch, bei einem hohen Schutzzoll auf das Rohmaterial auch das Fabrikat höher zu verzollen, aber die Thatsachen seien stärker als die Logik. Die Schuhe würden besonders für die Leute, welche sie in großer Zahl, wenn auch nicht so fein gearbeitet gebrauchten, wie die Wohlhabenden sie trügen, erheblich vertheuert werden. Alle kleinen Zölle summirten sich, man lege einen Zoll auf Schuhe, Kleider, Wäsche, Lebensmittel und bilde sich ein, daß man in heutiger Zeit durch Erhöhung der Löhne einen Ausgleich herbeiführen könne. Davon werde allein die Großindustrie einen 37 haben. Man denke sich immer, das Hemlockleder sei absolut schlecht; ebenso gut, wie es gutes und schlechtes Eichenlohleder gebe, gebe es auch gutes und schlechtes Hemlockleder. Wenn das Haus jetzt über den Kommissionsvorschlag hinaus die Einführung der Schuh⸗ waaren erschwere, schließe man gerade die Waaren aus, die trotz ihrer Billigkeit für die armen Leute dieselben Dienste
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die Kommission
leisteten, wie die aus Eichenlohleder gefertigten. Es sei ja sehr bequem, um gutes Eichenlohleder zu erhalten, dasselbe drei Jahre liegen zu lassen, man könne bei einer solchen In⸗ dustrie sehr gut schlafen. Aber die Amerikaner interes⸗ sirten sich für die Entwickelung der Chemie und stellten durch andere Gerbstoffe als Lohe in kürzerer Zeit ein gutes Leder her. Nun komme man mit Schutzzoll, um sich gegen die Fortschritte der Wissenschaft zu verwahren. Deutschland sollte doch von dem billigen ameri⸗ kanischen Material zu profitiren suchen, aber der Abg. von Kar⸗ dorff behaupte, daß dieser Zwischenhandel illegitim sei; der Händler brauche nur seinen Laden zu schließen und seine Arbeiter seien brotlos. Sei es denn beim Handwerker oder beim Groß⸗ industriellen anders? Wenn ein Bergwerk still stehe, würden die Arbeiter auch entlassen. Der Reichstag dürfe bei seinen Beschlüssen die große Masse der Konsumenten nicht unberück⸗ sichtigt lassen! Der Antrag müsse aber einen nothwendigen Bedarfsartikel vertheuern. Lasse man es wenigstens bei den Anträgen der Kommission!
Der Abg. Ruppert bat dagegen, den Antrag Kreutz anzu⸗ nehmen, da derselbe ein richtigeres Verhältniß des Zolles auf Schuhwaaren zu dem auf Leder herstelle.
Der Antrag Kreutz wurde hierauf angenommen.
Der Abg. Dr. Zinn beantragte, den Zoll auf feine Leder⸗ waaren von 60 ℳ auf 70 ℳ zu erhöhen, weil die für den Antrag Kreutz geltend gemachten Gründe hierfür noch in weit höherem Maße sprächen. Dem Abg. Löwe gegenüber mache er darauf aufmerksam, daß nach dessen eigenem Zugeständniß in dem Lande der höchsten Schutzzölle, in Amerika, die größten Fortschritte in der Wissenschaft der Bearbeitung des Sohlleders gemacht worden seien.
Auf die Anregung des Abg. Dr. Beseler erklärte der Bundes⸗ kommissar, daß er zu diesen Anträgen keine Stellung genom⸗ men habe, weil durch die Kommissionsbeschlüsse das ganze System der Lederzölle in der Regierungsvorlage geändert worden sei.
Der Antrag Zinn wurde mit 141 gegen 96 Stimmen angenommen, im Uebrigen die Position 21 nach der Kom⸗ missionsvorlage genehmigt.
Pos. 40, welche nach dem Kommissionsbeschlusse lautet: Wachstuch, Wachsmusselin, Wachstafft: a. grobes un⸗ bedrucktes Wachstuch (Packtuch) 100 kg 12 ℳ., b. anderes, auch Ledertuch, Buchbinderleinen (Buchbinderzeugstoffe) 100 kg 30 ℳ, c. Wachsmusselin, Wachstafft 100 kg 50 ℳ,
wurde ohne Debatte angenommen. Hierauf vertagte sich das Haus um 3 ½ Uhr.
— In der heutigen (70.) Sitzung des Reichs⸗ t ages, welcher mehrere Bevollmächtigte zum Bundesrath und Kommissarien desselben beiwohnten, setzte das Haus die zweite Berathung des Zolltarifs mit Pos. 2 (Baumwolle und Baumwollenwaaren) fort. Dieselbe lautet:
Baumwolle und Baumwollenwaaren: 38. Baumwolle, rohe, kardätschte, gekämmte, gefärbte frei, b. Baumwollwatte 100 kg 1,50 ℳ, c. Baumwollengarn, ungemischt oder gemischt mit Leinen, Seide, Wolle oder anderen vegetabilischen oder animalischen Spinnstoffen: 1) eindrähtiges, roh a. bis zur Nr. 17 englisch 100 kg 12 ℳ, 5. über Nr. 17 bis Nr. 45 englisch 100 kg 18 ℳ, y. über Nr. 45 bis Nr. 60 englisch 100 kg 24 ℳ, 3. über Nr. 60 bis Nr. 79 englisch 100 kg 30 ℳ, s. über Nr. 79 englisch 100 kg 36 ℳ; 2) zweidrähtiges, roh a. bis zur Nr. 17 englisch 100 kg 15 ℳ, 5. über Nr. 17 bis Nr. 45 englisch 100 kg 21 ℳ, 7. über Nr. 45 bis Nr. 60 englisch 100 kg 27 ℳ, 0. über Nr. 60 bis Nr. 79 englisch 100 kg 33 ℳ, ⸗, über Nr. 79 englisch 100 kg 39 ℳ; 3) ein⸗ und zweidrähtiges, gebleicht oder gefärbt, a. bis zur Nr. 17 englisch 100 kg 24 ℳ, 5. über Nr. 17 bis Nr. 45 englisch 100 kg 30 ℳ, p. über Nr. 45 bis Nr. 60 englisch 100 kg 36 ℳ, 0. über Nr. 60 bis Nr. 79 englisch 100 kg 42 ℳ, e. über Nr. 79 englisch 100 kg 48 ℳ, 4. drei⸗ und mehrdrähtiges, roh, ge⸗ bleicht, gefärbt 100 kg 48 ℳ, 5) mehrfach gezwirnter Nähfaden, auch akkommodirter(zum Einzelverkauf vorgerichteter) Nähfaden 100 kg 70 ℳ, 6) Dochte, ungewebte 100 kg 24 ℳ, d. Waaren aus Baumwolle allein oder in Verbindung mit Metallfäden, ohne Beimischung von Seide, Wolle oder anderen unter Nr. 41 genannten Thierhaaren: 1) rohe (aus rohem Garn verfertigte) dichte Gewebe mit Ausschluß der aufgeschnittenen Sammete; Tüll roh und ungemustert 100 kg 80 ℳ, 2) gebleichte, dichte Gewebe auch appretirt, mit Ausschluß der auf zeschnittenen Sammete 100 kg 100 ℳ, 3) alle nicht unter Nr. 1, 2 und 5 begriffene dichte Gewebe; rohe (aus rohem Garn verfertigte) undichte Gewebe mit Ausschluß der Gardinenstoffe, soweit sie nicht unter Ziffer 1 fallen; Strumpfwaaren; Posamentier⸗ und Knopfmacherwaaren; auch Gespinnste in Verbindung mit Metallfäden 100 kg 120 ℳ, 4) alle undichte Gewebe, wie Jaconet, Musselin, Tüll, Marly, Gaze, soweit sie nicht unter Nr. 1 und 3 begriffen sind 100 kg 200 ℳ, 5) Spitzen und alle Stickereien 100 kg 250 ℳ An⸗ merkungen zu d.: 1) Baumwollene Fischernetze neu 100 kg 3 ℳ, 2) ganz grobe Gewebe aus rohem Gespinnst von Baumwoll⸗ abfällen, welche das Ansehen von grauer Packleinwand haben und zu Preßtüchern, Putzlappen ꝛc. verwendet werden, auch in Verbin⸗ dung mit anderen Spinnmaterialien oder einzelnen gefärbten Fäden 100 kg 10 ℳ, 3) rohe dichte Gewebe für Schmirgel⸗ tuchfabriken auf Erlaubnißschein unter Kontrole, ingleichen Schmirgeltuch frei. “
Hierzu lagen folgende Aaänderungs⸗Anträge vor: 1) Von den Abgg. Dollfus, Grad und Genossen:
Der Reichstag wolle beschließen: in Nr. 2 des Zolltarifs
Litt. c. (Baumwollengarn) zu setzen wie folgt: 1) eindrähtiges,
roh: über Nr. 79 bis 99 englisch 36 ℳ, über Nr. 99 bis 119
englisch 42 ℳ, über Nr. 119 bis 139 englisch 48 ℳ, über Nr. 139 54 ℳ; 2) zweidrähtiges, roh: über Nr. 79 bis 99 englisch 39 ℳ, über Nr. 99 bis 119 englisch 45 ℳ, über Nr. 119 bis 139 englisch 51 ℳ, über Nr. 139 57 ℳ
2) Vom Abg. Landmann:
in Nr. 2 des Zolltarifs (Baumwolle und Baumwollenwaaren)
unter Pos. d. (Waaren aus Baumwolle): 1) zwischen Nr. 3 und 4 der Kommissionsbeschlüsse den Satz einzuschalten: „4) Gardinen⸗ stoffe, gebleicht und appretirt, 100 kg 230 ℳ“; 2) die gegen⸗ wärtige Nr. 4 der Kommissionsbeschlüsse als Nr. 5 zu bezeichnen und darin statt der Worte: „soweit sie nicht unter Nr. 1 und 3 begriffen sind“ zu setzen: „soweit sie nicht unter Nr. 1, 3 und 4 begriffen sind“; 3) die Nr. 5 der Kommissionsbeschlüsse als Nr. 6 zu bezeichnen.
3) Von den Abgg. Loewe (Berlin) und Dr. Karsten:
zu Position 2 c. Baumwollengarn ꝛc.: ad c. 1. eindrähtiges,
roh Nr. 1 — 30 12 ℳ, Nr. 31 — 60 15 ℳ, Nr. 61 — 90 18 ℳ, Nr. 91 und darüber 21 ℳ, ad c. 2. zweidrähtiges, roh Nr. 1— 30 15 ℳ, Nr. 31 — 60 18 ℳ, Nr. 61 — 90 21 ℳ, Nr. 91 und dar⸗ über 24 ℳ, ad c. 3. ein⸗ und zweidrähtiges, gebleicht oder gefärbt Nr. 1 — 30 24 ℳ, Nr. 31 — 60 27 ℳ, Nr. 61 — 90 30 ℳ, Krr. 91 und darüber 33 ℳ, ad c. 4. drei und mehrdrähtiges, roh, gebleicht oder gefärbt 36 ℳ
4) Von den Abgg. Dr. Hammacher, Berger und Windthorst:
Nr. 2 c. wie folgt anzunehmen: Baumwollengarne, unge⸗ mischt ꝛc. — wie Kommissionsantrag — 1) eindrähtiges, roh: a. bis zu Nr. 17 englisch 100 kg 12 ℳ, 75. über Nr. 17 bis Nr. 45 englisch 100 kg 18 ℳ, 7. über Nr. 45 bis Nr. 79 englisch 100 kg 21 ℳ, 3. über Nr. 79 bis Nr. 100 kg 24 ℳ, e. über Nr. 100 englisch 100 kg 30 ℳ; 2) zweidrähtiges, rohi:
a. bis zu Nr. 17 englich 100 kg 15 ℳ, 5. über Nr. 17 bis Nr. 45 englisch 100 kg 21 ℳ, v. über Nr. 45 bis Nr. 79 englisch 100 kg 24 ℳ, 9. über Nr. 79 bis Nr. 100 englisch 100 kg 27 ℳ, ⸗. über Nr. 100 englisch 100 kg 33 ℳ; 3) ein⸗ und zweidrähtiges, ge⸗ bleicht oder g färbt: a. bis zu Nr. 17 englisch 100 k⸗ 24 ℳ, 5. über Nr. 17 bis Nr. 45 englisch 100 kg 30 ℳ, 7. über Nr. 45 bis Nr. 79 englisch 100 kg 33 ℳ, d. englisch 100 kg 36 ℳ, e. über Nr. 100 englisch 100 kg 42 ℳ;
4) drei⸗ und mehrdrähtiges, roh, gebleicht, gefärbt 100 kg 42 ℳ 5 Von den Abgg. Loewe (Berlin), Sonnemann, Dr. Karsten
und Rickert (Danzig):
ad 2, Baumwolle ꝛc.:
*— P Pos. c. 5 zu setzen 386 ℳ, Pos. d. 1 und 2 zu setzen 2
6) Von den Abgg. Freiherr von Heereman und Grützner: Prinzen, und ihre Aufgabe war, dem Vernehmen nach, einen
in Nr. 2 des Zolltarifs, Baumwolle und Baumwollenwaaren. Anmerkungen zu d. Nr. 2 hinter den Worten: „Gespinnst von Baumwollabfällen“ einzuschalten: „in Stücken nicht über 5 lang und breit.“ 7) Vom Abg. Sonnemann: 8 für den Fall der Annahme des Abänderungsantrages D 1 macher, Berger, Windthorst zwischen den Positionen 2 und 5 fol⸗ gende neue Position einzuschalten: zu 1 über Nr. 17 bis Nr. 30.
über Nr. 79 bis Nr. 100
niß gehabt
englisch 15 ℳ, zu 2 über Nr. 17 bis Nr. 30 englisch 18 ℳ, zu 3
über Nr. 17 bis Nr. 30 englisch 27 ℳ; 1, 2, 3 in folgender Fassung anzunehmen: englisch 100 1g 18 ℳ, 2 über 21 ℳ, 3 5 über Nr. 30 — 45 englisch 100 kg 30 ℳ.
Die Unterabtheilungen a. genehmigt. 8
Beim Schlusse des Blattes hatte der Referent der Tarif⸗ kommission Abg. von Bötticher das Wort.
— Der Kaiserliche Botschafter, gewesenen Urlaubs, auf s zurückgekehrt und hat die Leitung der Kaiserlichen Botschaft wieder übernommen.
— Der Kaiserliche Gesandte am Königlich portugiesischen Hofe, von Pirch, hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Ur⸗ laub angetreten. Während seiner Abwesenheit von Lissabon fungirt daselbst als interimistis Legations⸗Sekretär Graf von Redern.
— Der seitherige Kaiserliche Minister⸗Resident in Mexiko, Le Maistre, hat nach Uebergabe seines Abberufungsschrei⸗ bens Mexiko verlassen, um sich auf seinen neuen Posten am Kaiserlich brasilianischen Hofe zu begeben. Bis zum Eintreffen
des zu seinem Nachfolger in Mexiko ernannten Minister⸗
Residenten, Freiherrn von Waäecker⸗Gotter, fungirt der dortige Kaiserliche Konsul de Chapeaurouge als interimistischer Geschäftsträger.
hier wieder abgereist.
Sachsen. Dresden, 1. Juli. (Dr. J.) Ihre Ma⸗ jestäten der König und die Königin werden morgen Nach⸗ mittag eine Reise nach der Schweiz antreten und sich zunächst nach Ragatz begeben.
Baden. Karlsruhe, 30. Juni. Wie die „Karlsr. Z.“ meldet, beabsichtigen der Großherzog und die Groß⸗
herzogin sowie die Prinzessin Victoria morgen früh sich zu längerem Aufenthalt nach Schloß Mainau zu begeben.
Baden⸗Baden, 1. Juli. (W. T. B.) Die Königin Olga von Württemberg ist zu tägigem Aufenthalte hier “ 14“
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 1. Juli. (W. T. B.) Nach dem jetzt weiter bekannt gewordenen Resultate der gestrigen Reichsrathswahlen wählte Wien 10 Liberale und einen Konservativen (zwischen Minister Glaser und Dr. Hoffer ist für heute engere Wahl angesetzt), die übrigen fünf Stadt⸗
bezirke Niederösterreichs wählten Liberale. In Oberösterreich verloren die Liberalen einen Sitz; in Linz steht das Resultat noch aus. Liberale wählten ferner die Salzburger Städte.
Die Städte Böhmens wählten 16 Liberale und 16 Czechen.
Die Krainer Städte, bisher durch Liberale vertreten, wählten diesmal Nationale. Die schlesischen Landgemeinden wählten zwei Liberale und einen Nationalen, Istrien wählte einen Slaven und einen Italiener, Görz zwei Liberale. In den galizischen Landgemeinden gingen 25 Polen und 2 Ruthenen aus der Urne hervor; die Ruthenen verloren 13 Sitze.
— Der Justiz⸗Minister Glaser hat ein Telegramm an das Wahlcomitée des Wiener Bürgervereins gerichtet, in welchem er demselben mittheilt, daß er ein nur in engerer Wahl ihm zufallendes Mandat zum Reichsrathe nicht anneh⸗ men würde.
Der „Polit. Corresp.“ wird aus Konstantinopel vom heutigen Tage gemeldet, die Botschafter Frankreichs und Englands hätten nunmehr gemeinsam bei der Pforte gegen die Aufhebung des Fermans vom Jahre 1873 protestirt.
n Folge dieses Protestes werde der Rücktritt des Großveziers heyreddin Pascha als bevorstehend angesehen.
Großbritannien und Irland. London, 30. Juni. (Allg. Corr.) Aus der Kapstadt wird dem „Reuterschen Bureau“ unterm 10. Juni (via Madeira) gemeldet: Die Berichte über die Weise, in welcher der Prinz Louis Napoleon seinen Tod gefunden, lauten widersprechend. Dem amtlichen Be⸗ richte zufolge wurde die Patrouille, während sie in der Nähe eines Mealiefeldes rastete, von 50 Zulus überrumpelt. In der allgemeinen Flucht ritt der Prinz in eine Donga, wo ein Haufen Zulus versteckt lag. Anderen Berichten zufolge wurde von einem Kaffern, welcher der Eskorte an ehörte, zu⸗ erst Lärm geschlagen, und zwar in dem Augenblich als letztere
im Begriffe war, zu Pferde zu steigen, worauf die Fulus eine P
Salve abfeuerten und einen Reiter tödteten. Der Prinz, der außer Stande war, sein scheu gewordenes Pferd zu besteigen, lief neben demselben her, bis er von den Zulus ein⸗ geholt und durch Wurfspieße getödtet wurde. ergriffen in der Richtung des Lagers des Obersten Wood die
lucht und auf dem Wege letzterem und dem
berst Butler. Nachdem dem General Lord Chelmsford un⸗ verzüglich Meldung von dem Vorfalle gemacht worden, wurde eine starke Kavallerie⸗Abtheilung abgesandt, um die Leiche zu bergen, die in der Donga gefunden und nach dem Lager ge⸗ bracht wurde, wo der römisch⸗katholische Kaplan dieselbe in Gegenwart der für die Gelegenheit parademäßig ausgerückten ganzen Division einsegnete. Später wurde der Leichnam nach Pietermaritzburg gebracht, woselbst sie von dem Vize⸗Gouverneur, dem Kolonial⸗Sekretär und den Offizieren der Garnison
Die Uebrigen
die Positionen 5 zu 1 β über Nr. 30 — 45
Nr. 30 — 45 englisch 100 kg zusammen. — General Newdigate's Division ist bis zum
und b. wurden ohne Debatte Flusse Selese, 20 Meilen jenseits des Blutflusses, vorgerückt,
“
empfangen und in der römisch⸗katho ischen Kirche beigesetz
Am 11. d. M. sollten die Ueberreste in Durban an⸗ kommen, von wo sie, eskortirt von der Gar⸗ nison, an Bord Ihrer Majestät Schiff „Boadicea“ gebracht werden soll, welches hierauf nach Simons⸗Bai ab⸗ gehen wird. Dort wird die Leiche an Bord des britischen Truppenschiffes „Orontes“ gebracht und von demselben unter der Obhut des Obersten Pemberton vom 60. Schützen⸗Regi⸗ ment nach England übergeführt werden. — Die Begleitmann⸗ schaft des Prinzen zur Zeit seines Todes bestand aus Lieute⸗ nant Carey vom 98. Regiment, sechs Kavalleristen und einem Kaffern. Die Patrouille stand unter dem Kommando des
wurde.
Platz für ein künftiges Lager zu wählen. Nach hier einge⸗ gangenen authentischen Mittheilungen soll Lord Chelmsford von der Entsendung dieser Expedition keine Kennt⸗ haben. Die Leiche des Prinzen wurde gänzlich entkleidet vorgefunden, aber sie hatte keine Verstüm⸗ melung erlitten, und das Medaillon, das er an einer Kette um den Hals trug, sowie seine Uhr und Ringe lagen unweit der Stelle, wo er gefallen. Am 4. Juni trat unter dem Vorsitz des Generals Marshall eine Kommission zur Unter⸗ suchung der mit dem Tode des Prinzen verknüpften Umstände
wo eine verschanzte Stellung gebildet werden soll. General
Crealock begiebt sich morgen nach Fort Chelmsford. Die Division wird sodann den Fluß Umlalazi überschreiten und
ihre Basis bei Fort Durnford errichten. General⸗Lieutenant von Schweinitz ist, mit Ablauf des ihm Allerhöchst bewilligt einen Posten in St. Petersburg
cher Geschäftsträger der
Ihrer Majestät
geht nach Fort
Kanonenboot Durnford ab. Während eines Scharmützels zwischen einer Abtheilung Lanciers und dem Feinde wurde Adjutant Frith und ein Kavallerist getödtet, Oberst Pearson ist gegenwärtig krank, und Oberst Rowlands vertritt ihn. Eine Abtheilung Kolonialtruppen hat Moirosi's Berg⸗ festung wiederum erfolglos angegriffen. Zwei Kavalleristen wurden dabei getödtet und 12 verwundet. — Sir Bartle Frere wurde bei seiner Rückkehr nach der Kapstadt mit un⸗ gewöhnlichem Enthusiasmus empfangen. Die Stadt prangte im Festesschmuck und wurde am Abend illuminirt. Das zu Ehren Sr. Excellenz vorbereitete Bankett wurde jedoch wegen des Todes des Prinzen Napoleon verschoben.
Lieutenant Carey, der Augenzeuge des Todes des Prinzen Napoleon, berichtet Folgendes:
„Nachdem ich erfahren, daß der Prinz am 1. Juni eine Rekog⸗ noszirung der Gegend unternehmen würde, um einen Platz für das Lager des folgenden Tages ausfindig zu machen, erbot ich mich ihn
„Forester unverzüglich
zu begleiten, da ich das Terrain bereits frühber beritten hatte. Mei⸗
zchti 2 2 nmnem Gesuche wurde gewillfahrt; — Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Herzoglich Gesuch G ;
sachsen⸗-meiningensche Staats⸗Minister von Giseke ist von
Eskorte mit sich zurückzubringen. Au 1 Flanke sah ich starke Abtheilungen Basutoplänkler. Auf dem Berg⸗.
aber gleichzeitig wurde ich von Oberst Harrison, der als General⸗Quartiermeister fungirte, angewie⸗ sen, mich in keiner Weise in die Anordnungen des Prinzen zu mischen, da er (Oberst Harrison) wünschte, daß dem Prinzen die ganze Ehre zu Theil werde, das Lager gewählt zu haben. Kurz vor dem Auf⸗ brechen fand ich, daß für keine Eskorte Vorbereitungen getroffen worden, und wandte ich mich dieserhalb an den Brigade⸗Major der Kavallerie. Ich erhielt die erforderlichen Ordres, und um 9 ⅛ Uhr para⸗ dirten sechs von Kapitän Bettingtons Reiterr vor dem Haupt⸗ quartier. Mit diesen und einem freundlich gesinnten Zulu traten wir unsern Weg an. Auch hatten sechs Basutos von Kapitän Shepstone's Corps den Befehl, uns zu begleiten Ehe wir den Blutfluß überschritten, sandte ich deshalb nach diesen Leuten. Der Bote kehrte mit der Antwort zurück, daß sie auf dem Bergrücken zwischen den Incenzi⸗ und den Itelezi⸗Hügeln zu uns stoßen würden. Hierauf schickte ich den Boten nochmals mit der Weisung zurück, die Auf unserer rechten und linken
rücken angekommen, saßen wir ab, da wir die Lage einiger Hügel mit unseren Kompassen zu fixiren wünschten. Oberst Harrison kam als⸗ dann angeritten und theilte uns mit, daß die Kavallerie des Generals Marshall im Anzuge sei. Als er uns verlassen, schlug ich dem Prinzen vor, auf den Rest der Eskorte zu warten. „Oh nein,“ — erwiderte der Prinz — „wir sind stark genug“.
Nach 1 ½ Meilen bestiegen wir eine beherrschende und felsige Hügelreihe jenseits des Ilvotozi⸗Flusses. Ich schlug vor, hier abzu⸗ satteln, allein der Prinz bemerkte, daß er dies lieber mehr in der Nähe des Flusses thun würde. Wir hielten uns hier eine halbe Stunde auf und beschäftigten uns mit Skizzirungen und Beobach⸗ tungen durch das Fernrohr. Da wir Niemand erblickten, so ritten wir nach einem Kraal ins Thal hinab und sattelten ab. Wir unter⸗ ließen alle Vorsichtsmaßregeln, da wir annahmen, daß sich keine Zulus in der Nachbarschaft befänden. Der Prinz war ermüdet und segte sich in der Nähe einer Hütte nieder. Die Leute bereiteten Kaffee, und ich rekognoszirte mit dem Fernglas. Um 3 Uhr 35 Mi⸗ nuten schlug ich vor, aufzubrechen. Der Prinz erwiderte: „Warten wir noch 10 Minuten!“ gab aber schon nach 5 Minuten den nöthigen Befehl Ich gab denselben weiter und ging, um mein Pferd aus dem Mealiefelde zu holen. Ich hatte gesattelt und war diesseits des Kraals zu Pferde gestiegen, als ich den Prinzen den Befehl geben hörte: „Zum Aufsitzen bereit!“ Ich wendete mich um und sah ihn, den Fuß im Steigbügel. Zu gleicher Zeit gab ich den Befehl: „Aufsitzen!“ und er⸗ blickte, da die Leute in den Sattel sprangen, die schwarzen Gesichter der Zulus ungefähr 20 Yards von uns entfernt, in vollem Anlauf gegen uns, durch die Mealiefelder. Dieselben stießen ein Geschrei aus und feuerten auf uns, während wir davoa ritten. Ich wähnte Alle im Sattel und hielt es für besser, übet das lange Gras hin⸗ wegzukommen, ehe wir einen Halt machten, da ich wußte, daß die Karabiner der Leute nicht geladen waren Da ich das schlechte Schießen der Zulus aus Erfahrung kannte, so erwartete ich nicht, daß Jemand verwundet sei. Ich rief daher, als wir uns dem Donga näherten: „Wir müssen uns an der andern Seite sammeln. Ueberwacht den Rückzug eines Jeden unter uns.“ Als ich zurück⸗ blickte, sah ich, daß ein Theil uns folgte, während ein anderer zu unserer Linken den Versuch machte, unsern Rückzug durch den Thal⸗ einschnitt abzuschließen. Unterdessen waren wir einem schweren Feuer ausgesetzt, und nachdem wir den Donga passirt hatten, sagte einer unserer Leute zu mir: „Ich fürchte, der Prinz ist getödtet.“ Ich hielt an, blickte zurück und frug ihn, das Pferd des Prinzen an der anderen Seite des Donga erblickend, ob es Etwas nützen könne, wenn wir zurückkehrten. Die Zulus hatten bereits die Stelle passirt, wo er gefallen sein mußte, und der Mann zeigte mir die Zulus, welche uns zur Linken umschlichen. Ich wartete, bis unsere Leute
herangekommen waren und galoppirte dann weiter, um eine Fährte
über den Tombocto⸗Fluß zu suchen.“
— 1. Juli. (W. T. B.) Das Blaubuch über die griechische Grenzregulirungsfrage ist heute zur Ver⸗ öffentlic2hung gelangt. Dasselbe enthält eine Depesche des Staatssekretärs des Auswärtigen, Marquis of Salisbury, an den englischen Botschafter in Konstantinopel, Layard, vom 12. Juni. Der Marquis of Salisbury weist darin Layard an, sich mit den Botschaftern der anderen Mächte behufs Ver⸗ einbarung von Vorschlägen für die Rektifizirung der griechi⸗ schen Grenze in Verbindung zu setzen. Der Marquis betont die Nothwendigkeit der Grenzberichtigung und bedauert, daß eine solche nicht unverzüglich nach der Beendigung des es⸗ ausgeführt worden sei, wo sich eine günstige Gelegenheit dafür
dargeboten hätte, den im Jahre 1832 begangenen Irrthum gut
zu machen.
Die Pforte habe noch keine Absicht kundgege auch nur wenigstens annähernd die vom Kongresse vor⸗ geschlagene Grenzlinie zu acceptiren. Die Botschafter dürften es demnach, ehe sie über die genaue Anwendung der Kongreß vorschläge diskutiren, für zweckmäßig halten, die Türkei und Griechenland aufzufordern, sich deutlich darüber zu erklären, ob sie die von dem Kongresse befürwortete allgemeine Grenz⸗ linie acceptiren wollen. Durch eine Grenzberichtigung im Sinne der Kongreßvorschläge würde die Türkei mehr gekräf tigt als geschädigt werden. Wenn der Sultan Garantien für die künftige freundliche Haltung Griechenlands verlangte, wür den England und, wie Salisbury glaubt, auch Frankreich alle dieserhalb von der Pforte proponirten Maßregeln auf das Sorgfältigste in Erwägung ziehen.
Die Kanalflotte wird den Dampfer „Orontes“ mit der Leiche des Prinzen Louis Napoleon von Madeira nach England escortiren.
Frankreich. Paris, Codicill zu dem Louis Napoleon nicht nöthig, meiner Mutter anzuempfehlen, daß sie nichts verabsäumen möge, das Andenken meines Groß⸗ onkels und meines Vaters hochzuhalten; ich bitte dieselbe, stets eingedenk zu bleiben, daß, so lange ein Bonaparte lebt, die Kaiserliche Sache auch Vertreter besitzen wird. Die Pflich⸗ ten unseres Hauses gegen Frankreich erlöschen nicht mit meinem Leben. Nach meinem Tode fällt die Aufgabe, das Werk Napoleons J. und Napoleons III. fortzuführen, dem ältesten Sohne des Prinzen Jerome Napoleon zu. Ich hoffe, daß meine vielgeliebte Mutter, indem sie demselben nach ganzem Vermögen ihre Unterstützung zu Theil werden läßt, uns, die wir nicht mehr zu den Lebenden gehören, hierin den letzten und höchsten Beweis ihrer Liebe geben wird.
— 1. Juli. (W. T. B.) Das Journal „Pays“ ver⸗ öffentlicht einen Artikel aus der Feder Cassagnacs, welcher unter Hinweis auf das Testament des Prinzen Louis Napoleon den Prinzen Victor als Denjenigen anerkennt, auf welchen die Hoffnungen und die Hingebung der bona⸗ partistischen Partei sich jetzt vereinigen müßten. Der Artikel fordert den Prinzen Jerome Napoleon auf, seine Zu⸗ stimmung hierzu zu geben, da er nicht selost als Prätendent auftreten und die Erbschaft der Napoleoniden nicht überneh⸗ men wolle. — Der „Ordre“ bezeichnet eine derartige Pole⸗ mik als unnütz und erklärt: der Prinz Jerome Napoleon sei der unbestreitbare Erbe der napoleonischen Rechte. — Der „Moniteur“ will wissen, der Prinz Jerome sei fest ent⸗ schlossen, keine der Republik feindselige Haltung zu beobachten und weder selbst irgend wie als Prätendent aufzutreten, noch
1. Juli. Testamente lautet, wie
(W. T. B.) Das des Prinzen folgt: Ich habe
Nauch seinem Sohne Victor dies zu gestatten.
Versailles, 1. Juli. (W. T. B.) In der Depr tirtenkammer richtete heute Bouchet (äußerste Linke) eine Interpellation an die Regierung in Betreff der Saisirung des radikalen Journals „La Lanterne“. Der Polizei⸗ präfekt Andrieux vertheidigte sein Vorgehen und hob hervor: das Journal „La Lanterne“ gehe in gewissenloser Weise auf die Desorganisation der Polizeipräfektur aus. Der Minister des Innern erklärte: das Verfahren des Polizei präfekten sei vollkommen regelrecht und gesetzmäßig gewesen Die Kammer nahm hierauf die einfache Tagesordnung an.
Der Senat wird am Donnerstag den Gesetzentwurf, betreffend die Verlegung des Sitzes der Kammern nach Paris, berathen.
Italien. Rom, 30. Juni. Die „Italie“ schreibt: Der Bericht über den Zusatz zu der Münzkonvention weist nach, daß unter anderen Vortheilen dadurch auch eine Er⸗ sparniß von mehr als 2 Millionen für den Staatsschatz er⸗ reicht worden ist. Die Konvention soll noch im Monat Juli von der Kammer berathen und die Ratifikationen im August ausgetauscht werden.
— (W. T. B.) In der heutigen Deputirtenkammer vertheidigte der Depretis das Verhalten des Kabinets in der Mahl⸗ steuerfrage und hob hervor, daß die Regierung die Prärogative der Kammer in finanziellen Angelegenheiten wahren und die öffentlichen Lasten im ganzen Königreiche ausgleichen wolle. Der Präsident der Kammer theilte mit, daß 33 Tagesordnungen beantra t worden seien. Außer⸗ dem seien 6 Amendements eingebracht worden. Die Berathung soll morgen fortgesetzt werden. — Der Minister⸗Präsident Depretis hat der Kammer einen Handelsvertrag zwischen Italien und Serbien vorgelegt.
Prinz Alexander von Battenberg ist heute nach Brindisi abgereist, von wo sich derselbe zu kurzem Aufenthalte nach Konstantinopel begeben wird.
Rumänien. Bukarest, 30. Juni. (W. T. B.) In der Deputirtenkammer hat Blaremberg eine Motion eingebracht, welche von mehreren Mitgliedern der Minorität unterzeichnet ist und dahin geht, daß es nicht nöthig sei, den Artikel VII. der Verfassung zu revidiren.
Amerika. Washington, 1. Juli. (W. T. B.) Der Senat und die Repräsentantenkammer haben eine Bill angenommen, durch welche der Zoll auf Chinin auf⸗ gehoben wird. — Der Kongreß hat sich auf unbestimmte Zeit vertagt.
Die Staatsschuld der Vereinigten Staaten hat im Monat Juni d. J. um 25 000 Dollars zugenommen. In der Staatskasse befanden sich ult. Juni 353 153 000 Dollars in Baar.
Südamerika. (Allg. Corr.) Der „Panama Star & Herald“ veröffentlicht einen Auszug aus einem: Huasco, 8. Mai, datirten Privatbriefe, worin es u. A. heißt: „Die Peruaner erwarten drei Panzerschiffe aus Europa, mit denen ihnen die britischen Besitzer peruanischer Obligationen ein Geschenk machen, um ihren Guano zu retten. Die Ankunft dieser Schiffe an der Küste würde das Signal für die unver⸗ zügliche Vernichtung des chilenischen Geschwaders und das Bombardement von Valparaiso sein.“
Der columbische Staat Cauca hat sich in die neue Ordnung der Dinge gefügt und den General Payan als Civil⸗ und Militär⸗Chef anerkannt. Der Gencral hat ein Dekret erlassen, welches erklärt, daß die Legislaturen von 1877 und Garres Usurpatoren gewesen, und daß folglich Alles, was sie gethan, jetzt null und nichtig sei.
Asien. Japan. Tokio, 15. Mai. Die offiziöse Zeitung „Nichi Nichi Schimbun“ vom 5. d. M. veröffentlicht nachstehenden Artikel in Beug auf die Einverleibung von Liukiu in das japan sche Reich:
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Sitzung der Minister⸗Präsident