— Der General⸗Lieutenant von Flatow, Direktor der Kriegsakademie, hat sich mit Urlaub nach Lauterberg im Harz begeben.
Bayern. München, 8. Juli. (Allg. Ztg.) Der Gesetz⸗ gebungsausschuß der Kammer der Reichräthe hat heute Vormittag mit der Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Erbschaftssteuer, begonnen.
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 9. Juli. (W. T. B.) Der steyerische Großgrundbesitz hat 4 liberale Kan⸗ didaten gewählt. Der Minister⸗Präsident von Stremayr war nicht als Kandidat aufgestellt worden. 8 — Die „Polit. Corresp.“ meldet aus Konstantinopel: rankreich und England werden von dem Wortlaute des Investitur⸗-Fermans für den Khedive Tewfik Pascha ihr wei⸗ teres Vorgehen in der Frage, betreffend die Aufhebung des Fermans von 1873 abhängig machen. — Der Sultan hat sämmtliche von Aleko Pascha ernannte Mitglieder des ostrumelischen Regierungsdirektoriums, ausgenom⸗ men den Leiter des Justizdepartements, Kessakoff, bestätigt. — Die Pforte beabsichtigt, Schritte bei den Mächten wegen baldiger Schleifung der Donaufestungen zu thun.
— 10. Juli. Der Großgrundbesitz in Galizien wählte durchweg konservative, derjenige in Tirol durchweg liberale Kandidaten. Die Wahlen sind beinahe beendet. Einer
von der ‚Presse“ über das Ergebniß der Wahlen gemachten Berechnung zufolge haben die Liberalen im Ganzen 50 Sitze im Reichsrathe verloren.
Schweiz. Bern, 9. Juli. (Bund.) Aus der Bundes⸗ rathssitzung vom 8. Juli: Der Bischof Herzog ist vom Primas von Schottland ersucht worden, in dessen Auftrage und unter dessen Verantwortlichkeit in der gallikanischen Kirche in Paris, die unter der Aufsicht des Primas steht, einigen Kindern die Firmung zu ertheilen. Unter Bezugnahme auf die in dem Bundesrathsbeschlusse vom 28. April 1876, betref⸗ fend die Genehmigung der Errichtung eines christkatholischen Bisthums in der Schweiz, enthaltene Bedingung, daß der zu ernennende Bischof außerhalb des Gebietes der Schweiz keine geistlichen Amtsbefugnisse ausüben dürfe, fragt der Synodal⸗ rath der christkatholischen Kirche an, ob der Bundesrath in der Vornahme der fraglichen Firmung eine Verletzung jener Bedingung erblicken würde. Es wurde erwidert: der Bundes⸗ rath erhebe eine Einwendung im gegebenen Falle nicht, indem die von dem Bischof Herzog vorzunehmende geistliche Hand⸗ lung nicht aus seiner eigenen Machtbefugniß, sondern auf Grund einer fremden Amtsbefugniß infolge Delegation zu geschehen hat.
1 Großbritannien und Irland. London, 8. Juli. (Allg. Corr.) Der Hof siedelt, den bis jetzt getroffenen Dis⸗ positionen zufolge, am 19. d. M. von Windsor nach Osborne über. Ihre Majestät die Königin wird 9ag einen Monat verweilen und sich dann direkt nach Balmoral begeben. Im Auswärtigen Amte fand gestern Nachmittag eine Konferenz zwischen etwa 250 Unterhausmitgliedern und den Ministern Earl Beaconsfield, Sir Stafford Northcote, Oberst Stanley und Mr. Croß statt, um den Stand der Staatsgeschäfte, insbesondere aber die Bestimmungen der Armeedisziplin⸗Vorlage in Betreff der körperlichen Züchtigung zu diskutiren. Earl Beaconsfield, sowie die übrigen Minister erklärten, die Regierung sei fest entschlossen, der Opposition gegen die Armeedisziplin⸗Bill energisch die Spitze zu bieten und die Maßregel noch in dieser Session durchzubringen. “
Die gestrige Debatte über das Disziplinargesetz in der Armee, oder vielmehr die Abschweifung zu der Frage über die Abschaffung der Prügelstrafe im Heere und auf der
lotte hat keinen für die Liberalen glücklichen Eindruck interlassen. Die Spaltung innerhalb der liberalen Partei läßt sich nicht ableugnen. 3
Der „Times“ wird aus dem Fort Pearson, unterm 14. Juni, gemeldet:
Die langerwartete Bewegun, der Division Crealock hat endlich begonnen. Gestern brach der erste Theil der Division, be⸗ stehend aus den Buffs, der Compagnie C. von Lonsdale's Reitern und zwei Kanonen der 8. Batterie, 7. Brigade der Königlichen Ar⸗ tillerie unter Ellaby, auf, um einer Kolonne von ca. 70 Wagen als Eskorte zu dienen. John Dunn marschirte heute mit 80 seiner Plänkler ab, begleitet von Maguenda und 5 Anhängern. Die zweite Kolonne, nämlich das 88. Regiment, die Marinebrigade mit drei Gatlings, einem Neunpfünder und zwei Raketen, und ein Trupp Kavallerie, eskortirt ebenfalls einen Wagenzug. Die dritte Abtheilung, bestehend aus dem 99. Regiment, einer Batterie, Nettletons Eingeborenenkontingent und allen Ersatzmannschaften, marschirt am 19. ab. Bei jeder Kolonne befindet sich ein kompletes Feldhospital. Fort Crealock erhält das 99. Regiment, zwei Kanonen und einen Trupp von Lonsdale's Reitern als Besatzung. Die Forts Pearson und Tenedos werden von etwa 300 Mann besetzt, die ein Konraleszentendepot bilden; ein Detachement Matrosen soll die Geschütze bedienen. Die Forts sind verstärkt worden, um sie sicherer für eine kleinere Besatzung zu machen. Eine Redoute wird zum Schutze des neulich gegründeten Hospitals errichtet. Oberst Walker ist mit dem Kommando am unteren Tugela, einschließlich der Forts Pearson und Tenedos, betraut. Ein kleines, aber sehr starkes Fort ist an der Grenze, 12 Meilen flußaufwärts, errichtet worden. Eine Brucke über den Tugela ist in dieser Woche fertig gestellt worden. Der Gesundheitszustand der Truppen hat sich etwas gebessert.
Den „Daily News“ wird aus dem Lager am Flusse Upoko, unterm 12. Juni, gemeldet: „Heute läuft die Frist ab, die Cetewayo zur Zurücksendung der 7 pfündigen Ge⸗ schütze gestellt worden war. Dieselben sind noch nicht ab⸗ geliefert“.
Das Gericht, welches zur Untersuchung der Umstände niedergesetzt wurde, die den Tod des Prinzen Louis Napoleon herbeigeführt haben, hat folgendes Urtheil ab⸗ gegeben:
„Das Gericht ist der Meinung, daß Lieutenant Carey seine Stellung zu dem Prinzen nicht verstanden, und daß er in Folge dessen die Verantwortlichkeit, welche ihm oblag, nicht richtig ge⸗ schätzt hat. Der General⸗Quartiermeister Harrison hat das Zeugniß abgegeben, daß Lieutenant Carey das Kommando der Eskorte hatte, während Lieutenant Carey bezüglich auf die Eskorte sagt: Nach meiner Ansicht hatte ich kein Kommando über dieselbe. Gegenüber der bestimmten und sorgfältigen In⸗ struktion Lord Chelmsfords, welche die Stellung, die der Prinz einnahm, bezeichnet, und vorschreibt, daß er ohne Aus⸗ nahme von einer Eskorte unter Kommando eines Offiziers begleitet sein sollte, erachtet das Gericht, daß eine solche Meinungsverschieden⸗ heit zwischen Offizieren desselben Departements nicht hätte stattfinden sollen. Zweitens ist das Gericht der Ansicht, daß Lieutenant Carey sehr zu tadeln ist, weil er nur mit einem Theile der ihm vom General⸗ Quartiermeister zugetheilten Eskorte ausgeritten ist. Das Gericht
kann den Einwand der Unverantwortlichkeit auf Seiten des Lieute⸗ nant Carey nicht zulassen, insofern als er selbst vergeblich Schritte gethan hat, um die Eskorte zu erhalten; ferner gab die Thatsache, daß der General⸗Quartiermeister sich auf den Itelezi⸗Hügeln befand, dem Lieutenant Carey Gelegenheit, ihn in der Sache zu befragen, und er benutzte dieselbe nicht. Drittens ist das Gericht der Meinung, daß die Wahl des Kraals, bei dem Halt ge⸗ macht wurde, wegen der Deckung, welche die Umgebung dem Feinde gewährte und wegen des anliegenden schwierigen Terrains einen be⸗ klagenswerthen Mangel an militärischer Vorsicht zeigt. Viertens be⸗ dauert das Gericht ernstlich, daß keine Anstrengungen gemacht wor⸗ den sind, die Eskorte zu sammeln und dem Feinde entgegen zu treten, wodurch sich vielleicht die Möglichkeit ergeben haben würde, dieje⸗ nigen, denen es nicht gelang, ihren Rückzug zu bewirken, zu retten.“
Wie aus anderen Berichten hervorgeht, behauptet Lieute⸗ nant Carey dagegen geradezu, daß er nicht den Befehl über die Eskorte gehabt habe, daß ihm ganz speziell befohlen ge⸗ wesen sei, den Prinzen gewähren zu lassen.
Die europäische Armee in Indien soll in Folge der Beendigung des afghanischen Feldzuges demnächst um etliche Bataillone Infanterie, sowie um zwei Batterien reduzirt werden.
— 10. Juli (W. T. B.) Auf einem gestern hier statt⸗ gehabten Banket der Konservativen hielt der Staats⸗ sekretär des Auswärtigen, Marquis of Salisbury, eine Rede. Derselbe glaubte zunächst versichern zu können, daß die Stipulationen des Berliner Vertrages in ihren wesentlichen Einzelheiten zur Ausführung gelangt seien, und daß die auswärtigen Mächte, mit ihren eigenen Angelegen⸗ heiten beschäftigt, den Wunsch und das Bestreben haben, den Frieden zu wahren. Die Stürme der letzten Jahre seien in der Abnahme begriffen. Von den zeitigen Konkurrenten um den Besitz der wichtigen Mittelmeerpositionen sei keiner — weder unter den schon bestehenden Reichen, noch unter den sich konsti⸗ tuirenden Nationalitäten — mächtig genug, um eine solche Auf⸗ gabe zu übernehmen. Das heutige reformirte türkische Reich stütze sich auf die Zustimmung seiner Unterthanen, welche sich zu erhalten, sein ferneres Bestreben sein müsse. Der Friede, den die Türkei gegenwärtig erlangt hat, sei ein Augenblick der Ruhe; von der Anwendung, welche sie davon mache, werde die Zukunft bedingt werden. „Die türkische Nation besitzt die⸗ jenigen Tugenden, welche ein Volk mächtig und reich machen können; ich hoffe, daß ihre Staatsmänner den Mißbräuchen und der Korruption ein Ziel zu setzen wissen werden. Wir unsererseits haben auf jeden Fall unsere Schuldigkeit gethan.“ Zum Schluß erklärte der Minister: so sehr er auch den Wunsch hege, sich für die Politik der auswärtigen Mächte nicht zu interessiren, müsse er doch darauf bestehen, daß unter den gegenwärtigen Verhältnissen selbst ein friedliebender Staat, wie England, stets auf den Krieg vorbereitet sein müsse.
— 10. Juli. (W. T. B.) Nach hier eingegangenen Nachrichten vom Kap, vom 24. Juni, traf General Crealock am 19. Juni bei dem Fort Chelmsford ein, und begann am folgenden Tage der allgemeine Vormarsch. Am 21. Juni kam man an den Umbalazi⸗Fluß. Man stieß nur auf unbedeutenden Widerstand. General Newdigate ist mit seinem Hauptquartier in Upoka eingetroffen. General Wood wird demnächst seine Verbindung mit dem General Crealock herstellen.
Frankreich. Paris, 8. Juli. (Fr. C.) Der Aus⸗ schuß der Deputirtenkammer für den Gesetzentwurf, be⸗ treffend die Rückkehr der Regierung und der Kam⸗ mern nach Paris, konferirte gestern mit den Ministern Leroyer, Lepère und General Gresley. Der einzige Diffe⸗ renzpunkt zwischen der Regierung resp. dem Senat und dem Ausschusse ist noch immer die Frage der Truppenrequi⸗ rirung. Der Ausschuß besteht darauf, daß dieses Recht dem Präsidenten jeder der beiden Kammern direkt und ohne Ver⸗ mittlung des Kriegs⸗Ministers zustehen solle, und die Minister suchten ihn vergebens in dieser Forderung zu erschüttern. Er beschloß zuletzt, für den betreffenden Artikel des Gesetzes, Art. 5, mutatis mutandis die Formel des Dekrets vom 11. Mai 1848 anzunehmen, die auch später in die Geschäfts⸗ ordnung der Nationalversammlung überging. Danach würde der Artikel lauten:
„Die Präsidenten des Senats und der Deputirtenkammer sind mit dem Schutze der inneren und äußeren Sicherheit jeder der beiden Kammern beauftragt. Zu diesem Behufe haben sie das Recht, die bewaffnete Macht und alle sonstigen Organe, deren Mitwirkung ihnen nothwendig erscheint, zu requiriren. Die Requisitionen können direkt an alle Kommandanten und Beamte gerichtet werden, die ihnen bei den im Gesetze angedrohten Strafen sofort zu gehorchen haben. Jeder Präsident kann sein Recht auf die Quästoren oder einen derselben übertragen.“
Das Erträgniß der indirekten Steuern im Monat Juni hat die Voranschläge des Budgets um 12 Millionen üͤberstiegen. Für das erste Sürbjage 1879 beläuft sich das Plus auf 59 Millionen in runden Ziffern.
In Nancy soll am 3. August ein Den kmal Thiers' enthüllt werden.
— 9. Juli. (W. T. B.) Mehrere Zeitungen mel⸗ den, daß der Marschall Mac Mahon bei dem Kriegs⸗ Minister um die Erlaubniß nachgesucht habe, sich nach Chislehurst zu begeben, um dem Leichenbegängniß des Prinzen Louis Napoleon beizuwohnen. Der Kriegs⸗ Minister habe darauf, nach einer Konferenz des Ministerraths, dem Marschall Mac Mahon geantwortet, daß ihm die nach⸗ gesuchte Erlaubniß nicht ertheilt werden könne, da bereits den Marschällen Canrobert und Leboeuf und dem Admiral Jurien de la Gravieére eine solche Erlaubniß verweigert worden sei.
— 10. Juli. (W. T. B.) Die von einigen Journalen gebrachte Mittheilung über eine kürzlich im Ministerrathe vor⸗ genommene Schätzung der Ernte, welche ergeben habe, daß die Getreideernte in Frankreich unzureichend sein werde, entbehrt der „Agence Havas“ zufolge der Begründung.
Versailles, 9. Juli. (W. T. B.) Bei der heute in der Deputirtenkammer fortgesetzten Berathung des Ferry'schen Unterrichtsgesetzes wurde der Artikel 7, welcher alle vom Staate nicht autorisirten Religionsgesell⸗ schaften von der Ertheilung des öffentlichen Unterrichts aus⸗ schließt, mit 330 gegen 185 Stimmen angenommen. So⸗ dann wurde der Artikel 8, welcher dahin geht, daß jedes freie Unterrichtsinstitut und jede mit Rücksicht auf den Unterricht gebildete Vereinigung nur durch Gesetz zur Ertheilung des öffentlichen Unterrichts zugelassen werden kann, genehmigt. Schließlich wurde das ganze Ferrvy'sche Unterrichtsgesetz mit 352 gegen 159 Stimmen angenommen. — Morgen wird die Kammer die Berathung des Budgets beginnen.
Griechenland. Athen, 9. Juli. (W. T. B.) Die V Kammern sind zum 17. d einer 1“
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Session einberufen worden und sollen sich mit der Prüfung der Finanzlage Griechenlands beschäftigen.
Rumänien. Bukarest, 9. Juli. (W. T. B.) Die Journale „Telegraful“ und „Romania libera“ be⸗ sprechen das Programm der Verfassungs⸗Revisions⸗ kommission und weisen die darüber hinausgehenden Kon⸗ zessionen in der Judenfrage zurück. „Romania libera“ bemerkt hierzu ferner, daß, wenn Europa mit der vorgeschlagenen Lösung der Judenfrage unzufrieden sei, es Rumänien ertragen werde, noch einige Zeit in nicht vollständig anerkannter Unab⸗ hängigkeit zu verbleiben.
Bulgarien. Tirnowa, 9. Juli. (W. T. B.) Heute Vormittag 9 Uhr wurde in der historischen Krönungskirche ein feierliches Tedeum abgehalten, nach welchem die Eides⸗ leistung des Fürsten Alexanderstattfand. Der Fürst trug die russische Generalsuniform und hatte die Großkreuze verschie⸗ dener Orden angelegt. Die Eidesformel sprach der Fürst fließend in bulgarischer Sprache, was die Versammlung mit lebhaftem Enthusiasmus aufnahm.
Amerika. New⸗York, 7. Juli. (Allg. Corr.) Die Staaten Jowa, Minnesota und Wisconsin sind von einem Wirbelsturm heimgesucht worden, durch welchen 25 Personen getödtet, viele Gebäude zerstört und der Eisenbahnverkehr unterbrochen wurdtde.
Nr. 12 des „Archivs für Post und Telegraphie“, Bei⸗ heft zum Amtsblatt der Deutschen Reichs⸗Post⸗ und Telegraphen⸗ verwaltung, enthält: Aktenstücke und Aufsätze: Die Postverwaltung der Vereinigten Staaten von Amerika während des Jahres 1877/78. — Die Post⸗Dampfschiffverbindungen nach Südamerika und ihr Werth für die Entwickelung des überseeischen Handels. — Die Lüne⸗ burger Haide. — Kleine Mittheilungen: Die Einnahmen der fran⸗ zösischen Post⸗ und Telegraphenverwaltung. — Neue Kabel zwischen Europa und Amerika. — Die indischen Staats⸗Telegraphenlinien im Jahre 1876/77. — La lumière électrique. — Literatur des Verkehrs⸗ wesens: Erster Jahresbericht des Vereins für Erdkunde in Metz für 1878. — Zeitschriften⸗Ueberschau.
— Das Ergänzungsheft (Juni) zum „Archiv für Post und Telegraphie“ enthält: Die Postverbindungen, Handels⸗ und Ver⸗ kehrsbeziehungen zwischen dem Deutschen Reiche und den deutschen Konsulatsorten in außereuropäischen Ländern.
Statistische Nachrichten. 8 Uebersicht über die Zahl der Studirenden auf der Königlichen Universität zu Greifswald im Sommer⸗ Semester 1879. Im Winter⸗Semester 1878—79 sind im⸗ matrikulirt gewesen laut Personalverzeichniß 507. Nach Aufstellung dieses Verzeichnisses wurden noch immatrikulirt —. Zusammen 507. Davon sind abgegangen 131, es sind demnach geblieben 376, dazu sind in diesem Semester gekommen 175, die Gesammtzahl der im⸗ matrikulirten Studirenden beträgt daher 551. Die theologische Fa kultät zählt Preußen 48, Nichtpreußen 4, zusammen 52. ie juristische Fakultät zählt Preußen 81, Nichtpreußen 2, zusammen 83. Die medizinische Fakultät zählt Preußen 223, Nichtpreußen 21, zu⸗ sammen 244. Die philosophische Fakultät zählt: a. Preußen mit dem Zeugniß der Reife 138, b. Preußen ohne Zeugniß der Reife nach §. 36 des Prüfungsreglements vom 4. Juni 1834 19, c. Nicht⸗ preußen 15, zusammen 172. Außer diesen immatrikulirten Stu⸗ direnden besuchen die hiesige Universität als nur zum Hören der Vorlesungen berechtigt, mit Genehmigung des zeit. Rektors 4. Es nehmen mithin an den Vorlesungen Theil 555.
— Das soeben erschienene Doppelheft II und IV der Zeit⸗ schrift des Königlich sächsischen statistischen Bureaus pro 1878, redigirt von dessen Direktor, Regierungs⸗Rath Professor Dr. Victor Böhmert, enthält zunächst einen von demselben be⸗ arbeiteten ausführlichen Artikel: „Die Sparkassen des König⸗ reichs Sachsen in den letzten 30 Jahren“, worin die ge⸗ schichtliche Entwickelung, die Hauptresultate, die Benutzung und der Geschäftsumfang dieser so wohlthätig wirkenden und für das sächsische Wirthschaftsleben so bedeutsam gewordenen Institute, sowie die wichtigsten inneren Einrichtungen derselben eingehend besprochen werden. Aus dem reichhaltigen Material heben wir hervor, daß im Jahre 1848 in Sachsen erst 43 Sparkassen mit 74 144 Konten und 10 086 792 ℳ Guthaben und 1877 168 Sparkassen mit 794 243 Konten und 293 887 679 ℳ Guthaben bestanden. Die Sparkassen⸗ einlagen sind mithin im letzten Menschenalter nahezu um das Dreißigfache und die Zahl der Konten um mehr als das Zehnfache gestiegen. Während im Jahre 1848 im ganzen Königreiche erst auf 25,55 Bewohner ein Sparkassenbuch kam, war dies 1878 schon bei 3,60 Bewohnern der Fall. Während der durchschnittliche Werth eines Sparkassenbuches im Jahre 1848 nur 136,05 ℳ betrug, war er im Jahre 1877 auf 370,02 ℳ gestiegen und das durchschnittliche Guthaben pro Kopf der Bevölkerung, welches 1848 sich nur auf 5,38 ℳ belief, hatte 1877 be⸗ reits eine Höhe von 102,66 ℳ erreicht. Aus den Vergleichungen mit anderen Staaten ergiebt sich, daß Sachsen zu den Ländern mit den höchsten Sparbeträgen gehört, und daß es nur von einigen schweize⸗ rischen Kantonen übertroffen wird. — Ein zweiter Aufsatz von Dr. med. Arthur Geißler über „Die Bewegung der Bevölke⸗ rung im Königreich Sachsen während des Jahres 1877“ berichtet über die in diesem Jahre stattgefundenen Eheschließungen, Geburten und Sterbefälle. Danach gab es im Jahre 1877: 24 919 Eheschließungen, 129 876 Geburten, 86 868 Todesfälle (darunter 4969 Todtgeborene). Im Jahre 1876 gab es 26 606 Eheschließungen, 131 817 Geburten nnd 83 577 Todesfälle (darunter 5456 Todt⸗ geborene). Das Jahr 1877 zeigt also wesentlich ungünstigere Re⸗ sultate. Erfreulich ilt jedoch, daß die Zahl der unehelichen Geburten trotz der verminderten Eheschließungen abermals abgenommen hat. Unter 100 Geburten haben sich früher gewöhnlich 14 bis 15 unehe⸗ liche, im Jahre 1866 sogar 15,80 befunden. Seit der Aufhebung der Ehebeschränkungen sank der Prozentsatz, und zwar im Jahrfünft 1866/70 auf 14,31, von 1871/75 auf 1 ;17, 1876 auf 12,57 und 1877 auf 12,43 %. Der Prozentsatz der unehelichen Geburten ist in dem industriellen Regierungsbezirk Zwickau am niedrigste (11,38 %) und in dem landwirthschaftlichen Regierungsbezir Bautzen am höchsten (15,33 %). — Im dritten F Aufsatz behandelt Dr. Böhmert „Die Einkommens⸗Statistik des Königreichs Sachsens“. Er schildert zuerst die verschiedenen Entwickelungsphasen der sächsischen Einkommensteuergesetzgebung und die wichtigsten Ausführungsbestimmungen und vergleicht dann die Hauptergebnisse der Einkommensabschätzungen in den Jahren 1875, 1877 und 1878. Darnach betrug das eingeschätzte Einkommen in ganz Sachsen 1875: 1017,5 Mill. ℳ, 1877: 948,3 Mig. ℳ und 1878: 927,4 Mill. ℳ Das Durchschnittseinkommen pro einge⸗ schätzte Person war 1875: 1047 ℳ, 1877: 949 ℳ und 1878: 917 ℳ und pro Kopf der Bevölkerung 1875: 398 ℳ, 1877: 348 ℳ und 1878: 385 I rierte Hauptarbeit dieser beiden Hefte besteht in einer „Um⸗ schau auf dem Gebiete der statistischen und volkswirth⸗ schaftlichen Literatur“ von Assessor Arthur von Studnitz, worin über 200 neuerschienene Schriften besprochen werden. — Den Schluß bilden „Repertorische Rückblicke auf die wichtig⸗ sten Begebenheiten, welche die Verfassung, Gesetzgeburg, Ver⸗ waltung und Volkswohlfahrt des Deutschen Reiches und des Sn. reichs Sachsen berühren, auf das zweite Halbjahr 1878“. Diese Rückblicke enthalten die Resultate der neuesten Erhebungen bez. der
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Gewerbezählung des Deutschen Reiches, der Bodenkultur und Erträg⸗ nisse des Königreichs Sachsen, sowie über das Kirchen⸗ und Schul⸗ wesen desselben, über die Mortalität im Jahre 1878, mit Berück⸗ sichtigung der hauptsächlichsten Krankheitserscheinungen ꝛc. Die Zeit⸗ schrift erscheint balbjährlich in Doppelheften im Kommissionsverlag der Königlichen Expedition der Leipziger Zeitung zu Leipzig und der Buchhandlung von R. v. Zahn in Dresden und kann durch die Post und alle Buchhandlungen bezogen werden. Dieselbe kostet bei einem Umfange von jährlich circa 30 Bogen nur 3 uͤℳ — Von dem Statistischen Jahrbuch für das Groß“ herzogthum Baden, Jahrgang 1877, ist die 3. Abtheilung er⸗ schienen. Dasselbe enthält 1) die Tabellen über die Statistik der bürgerlichen Rechtspflege: Rechtsstreite in erster Instanz er⸗ ledigt 1875 36 208, 1876 40 082, 1877 46 159; von den Bürger⸗ meistern erl digt 154 968 bzw. 174 591, 213 932 Zahlungsbefehle; Ehescheidungeklagen 140 bzw. 141, 160; Ehenichtigkeitsklagen 3 bzw. 4, 3; Vermögensabsonderungen 349 bzw. 372, 435; freiwillige Ehescheidungen 2 bzw. 0, 6; Adoptionen 8 bzw. 1, 2. 2) Straf⸗ rechtspflege: 1876 16 804 Fälle mit 9985 Verurtheilten, 1877 18 607 Fälle mit 11 413 Verurtheilten. Die zahlreichsten Ver⸗ brechen sind Diebstahl: 6527 Fälle und 3107 Verurth. bzw. 7174 F. und 3358 V., Beleidigungen 3098 F. und 1614 V. bzw. 3116 F. und 1603 V., Körperverletzungen ohne tödtlichen Erfolg 2333 F. und 1877 V. bzw. 2854 F. und 2612 V. Von den 11 413 Be⸗ strafungen im Jahre 1877 fielen 392 auf die Schwurgerichte, 3195 auf die Kreisgerichte, 7826 auf die Amtsgerichte. Die Bürgermeister erledigten im Jahre 1876 5519, 1877 5514 Beleidigungen. Wegen Polizeiübertretungen wurden in 1876 150 255, in 1877 156 026 Per⸗ sonen bestraft, wegen Forstfrevel in 1877 114 356. Die Gesammt⸗ zahl der Bestraften betrug im Jahre 1877 272 636 oder von 6 Ein⸗ wohnern 1; von den gerichtlichen Bestrafungen wegen Verbrechen und Vergehen kam 1 auf 132 Einwohner, von den durch die Bürgermeister verhängten Strafen wegen Beleidigung 1: 775 Einw., von den Strafen wegen Forstfrevel 1:15, von den Uebertretungen 1:6 Einw. Die durchschnittliche Zahl der Detinirten betrug im Jahre 1877 in dem Zuchthause zu Pruchsal 521, im Landesgefängniß zu Mannheim 225 und zu Bruchsal 244, zusammen 996 Männer und in Bruchsal 168 Frauen; in den Kreisgefängnissen 145 Männer, in den Amtsgefängnissen 1013 Untersuchungs⸗, Haft⸗ und Strafgefangene, in den polizeilichen Arbeitshäusern 61. Der Verwaltungsgerichtshof erledigte 1876 90, 1877 78 Rekurse. nllIlsder Gebornen betrug im Jahre 1876 63 203 (darunter 4787 Uneheliche), 1877 61 957 (4555 Uneheliche); die der Gestorbenen (incl. Todtgebornen) 1876 42 485, 1877 43 865, die der Eheschließungen 1876 12 320, 1877 11 400. Es wurden mehr geboren als starben 1876 20 718, 1877 18 092; auf Lebendgeborenen kamen 1876 25, 1877 ebenfalls 25 Einwohner, auf 1 Gestorbenen 37 bzw. 36, auf 1 Cheschließung 122 bzw. 132 Ein⸗ wohner. Selbstmorde kamen im Jahre 1876 269 (1 auf 5603 Einw.), 1877 291 (1:5179 Einw.) vor, gewaltsame Todesfälle in 1876 570, 1877 508. In der Heilanstalt zu Illenau war Ende 1877 ein Bestand von 407, in derjenigen zu Pforzheim ein solcher von 559 Pfleglingen, in den⸗Taubstummenanstalten zu Mersburg 101, zu Ger⸗ lachsheim 98, in der Blindenanstalt zu Ilvesheim 44. Die Zahl der Aerzte betrug Ende 1877 525 (gegen 488 Ende 1876), die der Chirurgen erster Klasse 14 (16), Zahnärzte 15 (17), Hebammen 2111 (2109), Thierärzte 109 (107), Apotheker 202 (198). — An den Spar⸗ kassen des Großherzogthums waren Ende 1877 164 035 Einleger mit durchschnittlich 697 ℳ (gegen 159 182 Einleger mit 671 ℳ Ende 1876) betheiligt. Das Gesammtvermögen der Sparkassen be⸗ trug Ende 1877 122 584 238 ℳ, gegen 114 331 850 ℳ in 1876. Die Bergwerke, Salinen und Hütten beschäftigten im Jahre 1877 671 Arbeiter, gegen 563 in 1876 und produzirten 178 613 Ctr. für 1 767 101 ℳ Werth am Ursprungsort, gegen 162 214 Ctr. im Werthe von 1 594 748 ℳ in 1876. Die Staatsdomänen brachten im Jahre 1877 7 402 077 ℳ Einnahmen, gegen 1876 (— 1 508 673 ℳ) und erforderten 3 587 694 ℳ Ausgaben (— 1 508 324 ℳ); ihr Werth berechnet sich, die Einnahmen zu 4 % kapitalisirt, per 1. Januar 1878 auf 117 600 000 ℳ Die Steuer⸗ verwaltung ergab im Jahre 1877 21 550 855 ℳ Einnahmen (1876 22 080 761 ℳ) und verursachte 18 870 490 ℳ Ausgaben (1876 19 393 569 ℳ). Das Grund⸗ und Häusersteuer⸗Kapital betrug 1877 2 121 300 058 ℳ, gegen 1 343 610 795 ℳ in 1876; das Gewerbe⸗ steuer⸗Kapital 506 107 738 ℳ, gegen 501 736 053 ℳ in 1876; das Kapital der Kapitalrentensteuer 701. 724 180 ℳ, gegen 690 012 740 ℳ in 1876; das Einkommen der 32 869 Klassensteuerpflichtigen 39 503 099 ℳ, gegen 37 200 343 ℳ in 1876 bei 32 238 Pflichtigen. Die direkten Steuern vertheilen sich auf den Kopf im Jahre 1877 mit 675 ₰, im Jahre 1876 mit 678 ₰, die Verbrauchssteuern mit 366 bezw. 346 ℳ (in Mannheim 870 bezw. 871 ₰, Karlsruhe 896 bezw. 893 ₰, Lahr 1081 bezw. 970 ₰), die gesammten indi⸗ rekten Steuern mit 495 bezw. 529 ℳ, sämmtliche Steuern mit 1170 bezw. 1270 ℳ An Bierbrauereien waren 1651 vorhan⸗ den, 1595 im Betriebe; von den letzteren entrichteten 3 40 000 — 50 000 ℳ, 1 58 736 ℳ, 1 61 323 ℳ Biersteuer. Die Zahl der Branntweinbrenner betraf 27 757. Auf der Münze zu Karls⸗ ruhe wurden von 1872 bis incl. 1877 105 668 950 ℳ Reichs münzen geprägt, die Mehreinnahme der Münzverwaltung betrug durchschnitt⸗ lich im Jahre 102 143 ℳ Die Zollverwaltung hatte im Jahre 1877 1 035 645 ℳ Einnahmen bei 1 659 084 ℳ Ausgaben. Die Staats⸗ schuld belief sich Ende 1877 auf netto 10 013 319 ℳ (gegen Ende 1876 590 538 ℳ) der Amortisationskasse und netto 286 335 569 ℳ (+ 10 347 283 ℳ) der Eisenbahn⸗Tilgungskasse. Brände trafen im Jahre 1877 1055 Gebäude, für welche an Entschädigung 995 012 ℳ von der General⸗Brandkasse und 209 495 ℳ von Privat⸗ Füls sfter sowie 10 083 ℳ für Löschmaßregeln beantragt wurden. m Jahre 1876 hatten 1166 Gebäude durch Brände Beschädiguagen erlitten. Von Zeitungen erschienen im Jahre 1877 81 politische und 72 Uaterhaltungsblätter, gegen 78 bezw. 70 in 1876. Die letzte Tabelle des Werkes weist die Ergebnisse der an den meteorolo⸗ gischen Stationen des Großherzogthums Baden im Jahre 1877 angestellten Beobachtungen nach.
I“ Wissenschaft und Literatur.
Am 3. Juli starb in Dresden ein Altmeister der deutschen Kunst, der Historienmaler Professor Karl Gottlieb Peschel. — In Tübingen ist am 5. d. M. der ehemalige Professor der Philo⸗ sophie an der dortigen Universität und philosophische Schriftsteller, Dr. 88J- verstorben.
— Die in der geographisch⸗statistischen Abtheilung des Großen Generalstabes bearbeitete Registrande (Berlin, E. S. Mittler u. Sohn, Kgl. Hofbuchhandlung) ist eine in weiten Kreisen mit Anerkennung aufgenommene Jahresschrift, welche einen Theil der im Generalstabe zusammenfließenden oder dort gesammelten Mit⸗ theilungen, Notizen und Quellennachweise der Oeffentlichkeit zugäng⸗ lich macht und dadurch über den Kreis der eigenen Bureaus hinaus fördernd und hilfreich wirkt. Ist doch ein wesentlich nur der litera⸗ rischen Orientirung dienendes Werk von so großen Dimensionen und so seltener Vollständigkeit überhaupt nur von einer Centralbehörde zu schaffen, welche über entsprechende Mittel und über das nothwen⸗ dige Personal gebietet, zugleich aber auch von so weit reichenden Ge⸗ sichtspunkten ausgeht, wie es der deutsche Generalstab thut.
Der soeben erschienene 9. Jahrgang ist nach Einrichtung und Wesen seinen Vorgängern durchaus gleich, weil sich die gewählte Form bewährt hat und Werke dieser Art vor Allem die Kontinuität zu wahren haben, da nur Gleichartigkeit der Behandlungsweise die Orientirung in dem gewaltigen Material ermöglicht, das in einer Reihe von Jahrgängen zusammengebracht ist. An Umfang hat dieser neue Band, selbst gegen den bisher Fürksten, den achten, abermals etwas zugenommen, weil die Zahl der gelesenen Zeitschriften
geworden ist. Im Ganzen bringt diese Registrande 1 Quellennachweise und Notizen über geographisch⸗ tatistische Verhältnisse und über das Gebiet der Heeresorganisa⸗
tion und Formation der europäischen Staaten lund ihrer Kolonien.
Original und in gleicher Art n
des niederen Adels, von
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irgends zu finden, sind die Mittheilungen über die Landesaufnahmen in Europa, welche der Redaktion meist direkt von den betreffenden Behörden zufließen. Die Uebersichten über die Entwickelung des Heerwesens, insbesondere der großen Militärmächte, sowie die sehr vollständigen Darlegungen der Fort⸗ schritte des Verkehrswesens verdienen besondere Aufmerksamkeit. Für die Bibliotheken der Behörden, Lehranstalten und Truppentheile, insbesondere aber für die Bureaus der Anstalten für Handel und Verkehr, sowie für die Redaktionen größerer Zeitungen bildet die Registrande der geographisch⸗statistischen Abtheilung eine unschätzbare Fundgrube und ein vorzügliches Mittel zur Orientirung in der so außerordentlich weitschichtigen Literatur über Landes⸗, Staats⸗ und Völkerkunde.
— Mit dem kürzlich ausgegebenen 3. Heft gelangte der IV. Band des „Neuen Archivs der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde zur Beförderung einer Gesammtausgabe der Quellenschriften des Mittelalters“ (Hannover, Hahnsche Buchhand⸗ lung) zum Abschluß. Das Heft bringt an der Spitze einen um⸗ fangreichen Beitrag von Hermann Brosten: über „Wilhelm von Nangis und Primat“. Der Verfasser verlegt die Lebenszeit des erst genannten Mönchs von St. Denis, Biographen Ludwigs IX. und Philipps III., in die Jahre 1250 — 1304 oder wenig später, und weist nach, daß derselbe die Chronik Primats (ebenfalls Mönch in St. Denis, aber etwas früher als Wilhelm von Nangis) für seine Gesta Ludovici benutzt hat. Eine Gegenüberstellung mit der französischen Uebersetzung Johann von Vignay’s ergiebt dies zur Evidenz. Auch in den Gesta Philippi sind die Anklänge an Primats Erzählungen zahlreich, aber es mehren sich hier die Abweichungen. Der Verfasser kommt daher zu dem Resultat, daß Wilhelm auch Mar⸗ tins von Troppau chronicon pontificum und imperatorum, sowie zwei Fortsetzungen benutzt hat. Niemand werde dagegen behaupten wollen, daß rimat, dessen Werk Wilhelm von Nangis bis 1277 benutzt hat, dann selbst dessen am Anfang des 14. Jahrhunderts ver⸗ faßte Chronik ausgeschrieben habe, um mit dem Tode Philipps III. seinem Werk einen passenden Abschluß zu geben. Jedenfalls sei es ein Anderer gewesen, der, nachdem er vielleicht eine Abschrift von Primats bis 1277 reichender Chro⸗ nik gemacht, mit Benutzung Wilhelms die Geschichte Philipps des Kühnen beendet habe, und zwar sei dies im ersten De⸗ zennium des 14. Jahrhunderts geschehen. Primats Werk mit dieser Fortsetzung habe dann Johann von Vignay übersetzt, ohne zu wissen, daß nicht die ganze Cbronik von Primats Hand herrührte. Der Fortsetzer habe sich nicht genannt, es sei jedoch möglich, daß Wil helm selbst am Abend seines Lebens, als er jene Partbien der Chronik schon geschrieben, das nun schon revidirte Manuskript des Primats von 1277 ab ergänzte. Allein es bleibe eine Vermuthung, für die ein Beweis nicht leicht beizubringen sei. Ebenso gut könne es ein anderer Klosterbruder gewesen sein.
Daran schließt sich die 3. Fortsetzung (Schluß) der Abhandlung von Ernst Dümmler in Halle: „Die handschriftliche Ueberlieferung der lateinischen Dichtungen aus der Zeit der Karolinger“. Hervor⸗ hebung verdienen aus diesem letzten Theil: die Gedichtsammlung aus S. Riquier in der Burgundischen Bibliothek in Brüssel, die Abschnitte über den Mönch Milo zu St. Amand, über Hericus oder Heirich, über Johannes Scotus, den bekannten irischen Philosophen am Hofe Karls des Kahlen, über die einleitenden Verse in den Prachtbibeln aus der Zeit Karls des Kahlen, über Hinkmar, Erzbischof von Reims, Ratpertus von St. Gallen, den bekannten Notkerus Balbulus, Huebaldus, den Ver⸗ fasser der „Ecloga de calvis“ zu Ehren Karls des Kahlen (136 Hexameter, deren sämmtliche Worte mit ece anfangen), und über die Grabschriften aus der Zeit nach 840 und sonstige Inschriften.
Es folgt dann die Fortsetzung des Katalogs der für die ältere deutsche Geschichte, vamentlich die „Monumenta Germaniae“ verwerth⸗ baren Handschriften in englischen und deutschen Bibliotheken, welchen G. Waitz dem Bericht über seine Reise nach England beigegeben hat. Aus der Bibliothek des weiland Sir Thomas Phillips in Cheltenham sind namentlich von Interesse die Urkunden, betreffend den Streit Kaiser Heinrichs VII. mit dem Papst Clemens V. und dem König Robert von Sicilien. — Den Schluß bilden verschiedene kleinere Nachrichten, Berichtigungen, Nachträge und das alphabetische Register des IV. Bandes.
— Das Juliheft der „Deutschen Rundschau“, heraus⸗ gegeben von Julius Rodenberg, Verlag von Gebrüder Pätel, Berlin,
Hochzeit des Kaisers und der Kaiserin, ferner den Schluß der Novelle „Der Katzenjunker“ von Louise von Frangois; eine anonyme Ab⸗ handlung über die neuere russische Memoirenliteratur, zur Charakte⸗ risirung derjenigen Generation, welche dem heute lebenden russischen Geschlechte unmittelbäar vorausgegangen ist. Professor Dr. B. Erdmann in Kiel giebt die Abschnitte III. —V. seiner Charakteristik der Philosophie der Gegenwart in Deutschland, Ludwig Pietsch eine Beschreibung der Berliner Nationalgalerie. E. Hübner schildert in dem Aufsatz „Römisches in Deutschland“, welche Spuren der römischen Verwaltungspolitit sich in Deutsch⸗ land noch erhalten haben. Den Schluß bildet dte Beschreibung der Hawaiischen Inseln, aus der Feder des Marine⸗Stabsarztes Dr. Böhr, welcher diese Inseln im Jahre 1875 mit S. M. Schiff „Arcona“ besuchte. In der literarischen Rundschau behandelt W. Scherer in Anknüpfung an die neuesten Novellen von Rud. Lindau und Friedr. Spielhagen die Technik der modernen Erzählung.
— In der Nr. 6 (26. Jahrgang, Juni) des allen Freunden vater⸗ ländischen Alterthums bekannten und stets willkommenen „Anzei⸗ gers für Kunde der deutschen Vorzeit“, Organs des Germanischen Museums in Nürnberg (Redaktion: Dr. A. Essenwein und Dr. G. K. Frommmann) findet der Leser wieder eine Reihe sehr interessanter Beiträge, als über den Freibrief der Stadt Plauen vom Jahre 1388 (von Joh. Müler daselbst); charakteristische lateinische Verse aus einer Münchener Handschrift des 14. Jahr⸗ hunderts (gegen die Bettelmönche und auf den Frühling), von W. Wattenbach in Berlin; über die beraldischen Kronen auf Siegeln Dr. Freiherr Roth von Schreckenstein in Karlsruhe; „Etliche Kauffmans Reguln, deren sich Junge Han⸗ delsleuth oder deren fleißige Diener gebrauchen sollen“ (von Hans Boesch in Nürnberg) u. A. Besonders anziehend und belehrend aber ist ein mit mehreren Holzschnitten (darunter eine genaue Abbildung der alten deutschen Kaiserkrone) ausgestattete Abhandlung über Kronen von A. Essenwein. — In der Bei⸗ lage wird unter „Chronik des germanischen Museums“ mitgetheilt, daß der Hofrath Dr. E. Förster s-p. in München den bedeutenden handschriftlichen Nachlaß Jean Pauls dem Museum übergeben und demselben für den Fall des Verkaufes das Vorkaufsrecht über⸗ lassen hat, so daß zu hoffen ist, dieser Schatz werde der Anstalt für immer verbleiben. Die Neubauten machen Fortschritte, und ist zu erwarten, daß der Victoriabau noch vor dem Herbste im Wesent⸗ lichen vollendet sein wird.
München, 7. Juli. (Allg. Ztg.) Se. Majestät der König hat, unbeschadet und vorbehaltlich einer allgemeinen Revision der Satzungen für die Akademie der bildenden Künste vom 14. August 1846, genehmigt, daß an die Stelle der bisherigen Be⸗ stimmungen über die Dauer der Studienzeit an der Akademie, mit dem 1. Oktober d. J. beginnend, folgende Normen, und zwar zunächst in provisorischer Weise, treten: Die Dauer der akademischen Studienzeit wird im allgemeinen auf acht Jahre festgesetzt. Hiervon sind in der Regel fünf Jahre auf die Vorbereitungsklassen und drei Jahre auf die Komponirklassen oder sogenannten Meisterschulen zu verwenden. Der Lehre konvent ist ermächtigt, in einzelnen Fällen nach näherer Würdigung den Aufenthalt abzukürzen oder zu ver⸗ längern, jedoch in der Art, daß die Gesammtdauer des Aufenthalts eines Eleven an der Akademie den Zeitraum von zehn Jahren nicht überschreiten soll.
St. Petersburg, 8. Juli. Wie die „Neue Zeit“ meldet, wird die Kaiserliche Bibliothek in Bälde ihren Generalkatalog veröffentlichen.
enthält ein von Julius Wolff gedichtetes Festspiel zur Goldenen V Offenburg, Basel. Thun, Interla
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Land⸗ und Forstwirthschaft.
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Bern, 7. Juli. (Bund.) Die ökonomische Gesellschaft des Kantons Bern versammelte sich gestern in Spiez zur Be⸗ sprechung der Einführung eine s schweizerischen Heerdebuches
Die Versammlung faßte folgende Resolutionen: 1 „1) Die den 3. Juli 1879 in Spiez versammelten Viehzüchter des Kantons Bern erklären nach den erhaltenen allseitigen Auf⸗ schlüssen über die Grundlagen des schweizerischen Heerdebuches ihr
vollständiges Einverständniß mit der beabsichtigten Einführung
desselben.
2) Dieselben halten den Termin (15. August 1880) zur Anmela dung als ausreichend und erwarten, das eidg. Departement für Handel und Landwirthschaft werde die Auswahl der für das Heerdebuch be⸗ stimmten Thiere einer Jury von durchaus tüchtigen Fachleuten an vertrauen, und, wenn immer thunlich, dahin wirken, daß das schwei erische Heerdebuch durch einen mit der schweizerischen Viebzucht gena vertrauten Angestellten auf dem eidg. Departement für Handel und Landwirthschaft in Bern geführt werde.
3) Dieselben sprechen schließlich die bestimmte Erwartung aus es werden die⸗Vorstände beider schweizerischen landwirthschaftliche Hauptvereine und das eidgenössische Handels⸗ und Landwirthschafts departement der Entwicklung des schweizerischen Heerdebuches un damit der Hebung der Viehzucht auch für die Zukunft die verdient Aufmerksamkeit schenken und dem landwirthschaftlichen Gewerbe im Allgemeinen das bis dato bewiesene Wohlwollen auch für die Zu⸗ kunft erhalten und bewahren.“
Berlin, den 10. Juli 1879.
Aus Oschersleben wird der „Magdeb. Ztg.“ unter der 8. Juli geschrieben: Durch das von der Königlichen Regierung zu Magdeburg genehmigte Ortsstatut, betreffend die Besteuerun öffentlicher Lustbarkeiten, wird hoffentlich die Belästigun des. Publikums, namentlich die bisherige, fast ununterbrochene Straßenmusik, verringert werden. An Abgaben zur städtische Armenkasse sind von jetzt ab für öffentliche Lustbarkeiten zu en richten: für Tanzlustbarkeiten 3 ℳ, sofern dieselben nicht über 10 Uh Abends, und 5 ℳ, sofern sie länger dauern — für Maskenbälle 9 ℳ — für musikalische und deklamatorische Vorträge, die in die Kategorie der Tingeltangel fallen, 3 ℳ pro Tag — für gewerbs⸗ mäßig betriebene Straßenmusik pro Person 50 ₰, im höchsten Falle jedoch 3 ℳ, und für gewerbsmäßig betriebenes Drehorgelspiel 50 — — für ein Caroussel pro Tag 1 ℳ — für eine Schießbude 1 ℳ pro Tag — für andere zur Belustigung dienende Schau⸗ und Da stellungen 1 bis 3 ℳ pro Tag.
Die siebente allgemeine Versammlung der Evange lischen Allianz findet zu Basel in der Zeit vom 31. August bi 7. September d. J. statt. 1) Meldungen zur Theilnahme sind spätestens bis zum 1. August cr. an den Sekretär des betreffenden Zweiges zu richten, in Deutschland an den Prediger Baumann, Berlin N., Brunnenstraße 141, speziell im Westen an Prof. Dr. Christlieb zu Bonn a. Rhein. Anmeldungen zu freier Wohnung werden wahrscheinlich verücksichtigt werden koͤnnen; andernfalls erfolgt die Versorgung mit Wohnung und Unterhalt durch das Comité in einem Gasthof für 5 Fr. pro Tag. 2) Die Reise wird entweder durch Elsaß⸗Lothringen oder mit Rieselschen Rundreisebillets (mit 30 tägiger Dauer) angetreten. Die Direktion der Staatsbahnen in den Reichslanden giebt vom 10. August ab Fahrbillets auf allen Stationen nach Basel zum einfachen Fahrpreise aus, die bis zum 20. September zur freien Rückfahrt in derselben Wagenklasse be⸗ rechtigen. Die Legitimation erfolgt durch Vorzeigung der Einladung nach Basel, die Billets tragen auf der Rückseite den Stations⸗ stempel. Aus Baden und Württemberg ist die Gewähr gleicher Ver⸗ günstigung noch nicht eingetroffen. Die Rieselschen Rundreisebillets von Berlin nach Basel über Halle, Frankfurt a. M., Darmstadt, Heidelberg, Karlsruhe oder Mainz, Worms, Straßburg und um⸗ gekehrt kosten 118,80 — 89,20 — 66,25 ℳ Diese Billets sind auch von anderen Punkten Deutschlands aus zu beziehen. Anfragen an Carl Riesels Reise Comtoir, Berlin SW., Jerusalemerstraße 42. Von Frankfurt aus nimmt man im „Universal⸗Reise⸗Comtoir“ für eine etwaige Schweizreise ein 30tägiges Rundreisebillet über Heidelberg,
1 Flüelen, Luzern, Schaffhausen, Singen (Schwarzwald), Offenburg, Frankfurt und umgekehrt für 73,10 — 53,40 — 36,90 ℳ Retourbillets nach Frankfurt mit 30tägiger Dauer kosten ebendort ab Berlin 60 — 45 — 30 ℳ, ab Magdeburg 56 — 42 — 28 ℳ, ab Braunschweig 48 — 36 — 24 ℳ, ab Kreiensen 34 — 25 — 17 ℳ, ab Kassel 24 — 18 — 12 ℳ
Haag, 6. Juli. (Cöln. Ztg.) Gestern ist einer der einge⸗ borenen Fürsten von Niederländisch⸗Indien, der Pan⸗ geran Hario Gondosiwayo, Fürst Solovon, nebst seinem Sohne und Gefolge hier angekommen. Er trägt europäische Kleidung, spricht holländisch und führt eine eigene Musikkapelle von zehn männlichen und zwei weiblichen Spielleuten mit sich. Dieselbe befindet sich augenblicklich in Arnheim, wo sie von den Besuchern der Ausstellung angestaunt wird.
London, 1. Juli. (Allg. Corr.) Mr. Hormuzd Rassam ist nach Vollendung seiner zweiten assyrischen Expedition nach England zurückgekehrt. Er bringt eine reiche Sammlung von Alter⸗ thümern mit. Die Ergebnisse der letzten Reise sind mannigfacher als die irgend einer Expedition seit den ersten Erforschungen unter der Leitung Layards. Bald nach dem Beginn seiner Nachgrabungen in den Erdhügeln von Niniveh gelang es Hrn. Rassam, eine Stätte zu erforschen, die als verbotenes Terrain galt. Dies war der Erd⸗ hügel Nebbi YPunns, das angebliche Grab des Propheten Jonah. In diesem Erdhügel entdeckte er Ueberreste von Palästen, die von Esar⸗ hadden und Sennacherib errichtet worden. Rassams Arbeiten haben zu der Auffindung einer großen Anzahl von Inschriften, darunter viele von sehr großem Interesse, geführt. Nach dem Süden zu besuchte er Nimrud, wo er seine Arbeiten in dem Tempel der Venus fortsetzte. Dieses Gebäude, welches er wäh⸗ rend seiner früheren Expedition entdeckte, wurde nun gründlich untersucht, und es stellte sich heraus, daß es ein großer offener Tempel sei, der die Schreine verschiedener Gottheiten enthielt. Man fand auch eine Anzahl, von Sitzen, in parallel laufenden Reihen geordnet, die einen Mittelflügel vom Hauptaltar aus bildeten. Der jetzt wiedergefundene Plan scheint die Idee zu begünstigen, daß es eine Art von Forum war, in welchem kirchliche und andere Berathschlagungen abgehalten wurden. Rassam dehnte seine Operationen auf Felder aus, die seit der Layardschen Expedition unberührt geblieben, und er war im Stande, eine Reihe von Er⸗ forschungen auf den Erdhügeln des alten Babylons auszuführen. Hier waren seine Entdeckungen besonders glänzend. In einem bisher unberührt gewesenen Erdhuͤgel entdeckte er einen Palast Nebucad⸗ nezars mit reichen emaillirten Säulen, Balken aus indischem Holz und vielen Anzeichen, die darauf hindeuten, daß es ein prächtiges Gebäude gewesen. Seine Nachgrabungen in dem Erdhügel des Birs⸗ Nimrud, der muthmaßlichen Stätte des Thurms von Babel, haben erwiesen, daß die Zerstörung dieses großartigen Gebäudes nicht dem Blitz oder einem feindlichen Angriffe zuzuschreiben ist, sondern daß eine vulkanische Eruption das Gebäude zertrümmert hat.
St. Petersburg, 8. Juli. (Journ. de St. Pét.) Der „Re⸗ gierungsbote“ veröffentlicht folgendes Telegramm aus Irkutsk, vom 22. Juni (4. Juli): Die Stadt Irkutsk ist heute von einem
furchtbaren Brande verheert worden. 14 Stadttheile sind abge⸗ brannt. Ein großer Theil der Einwohner ist ohne Obdach. 8