Großbritannien und Irland. London, 15. Zuli. (Allg. Corr.) Sir Bartle⸗Froère hat zur Vertheidigung seiner Politik eine Rede gehalten, in welcher er sagte:
„Als ich nach Natal kam, fand ich große Meinungsverschieden⸗ heiten über den Thatbestand der Dinge. Es gab Unglückspropheten und Optimisten; allein ich war überzeugt, daß Alle am Abgrund eines Vulkans lebten. Alle Theile des Landes schienen in drohender Gefahr eines schrecklichen Krieges, in Folge der Erhebung der eingeborenen Racen. Man hat behauptet, daß mein Ur⸗ theil ein übereiltes gewesen; allein man frage Diejenigen, welche sich mit dem Studium des Charakters der Zulus und ihrer Geschichte befaßt haben, ob sie nicht seit Jahren die Ueberzeugung gehabt, daß die Lage der Natalkolonisten eine überaus gefährdete gewesen. Die gleiche Ansicht äußerten mir gegenüber Leute aus Ca⸗ nada und Australien, und bezeichneten dies als den Grund, welcher sie abgehalten, nach Natal auszuwandern. Was ich daselbst sah, überzeugte mich von der Wahrheit dessen, was man mir längst vor⸗ her gesagt hatte, nämlich, daß die Geschicke unserer Mitkolonisten auf einer überaus gefährtdeten Grund⸗ lage beruhen. Was ich sah und hörte, berechtigte mich zu dem Schlusse, daß eine von den Zulus ausgehende Bewegung die Gemüther der ganzen eingeborenen Bevölkerung Südafrikas er⸗ griffen hatte. Aue sehnten sich nach dem Anstoß zu einer Be⸗ wegung, welche die Suprematie der schwarzen Racen und die Ver⸗ treibung der Europäer herbeiführen sollte. Unsere Maß⸗ regeln beschränkten sich ausschließlich auf die Vertheidigung; es ist aber ganz unmöglich, die Natalgrenze mit den ver⸗ fügbaren Truppen der Kolonie zu vertheidigen. Die Invasion konnte nur verhindert werden, wenn man den Krieg sofort in das Land des Feindes hinüberspielte, Kolonnen jenseits unserer Gren⸗ zen postirte und ihn auf seinem eigenen Terrain erwartete. Ich bin überzeugt, daß, wenn unsere Landsleute zu Hause, die Kritiker nicht ausgenommen, diese Angelegenheit vom geschichtlichen Standpunkte aus betrachten, sie eingestehen werden, daß wir nicht mehr gethan haben, als für die Sicherheit der Kolonien nothwendig war. Viel⸗ leicht werde ich dies Urtheil nicht erleben. Die Geschichte weist ähnliche Fälle genug auf, wo Menschen ihr Bestes gethan und erst lange nach ihrem Tode eine gerechte Beurthei⸗ lung gefunden haben. Das hat mich während der jüngsten Ereignisse aufrecht erhalten. Ich urtheile nicht auf bloße Vermuthungen hin, sondern auf Grund von Handlungen Cetewayo’'s während der letzten achtzehn Monate. Er hat wiederholt erklärt, daß seine Macht sich auf Blut stütze, und daß es zur Er⸗ haltung jener Macht nöthig sei, daß er im Abschlachten seiner Unter⸗ thanen nicht gestört werde. Er hat verlangt, daß man ihm gestatte, Speere im Blute der weißen Männer zu waschen, und ich wußte, daß er dies nicht thun konnte, ohne britische Unterthanen oder Solche zu tödten, welche sich uns zum Schutz angeschlossen hatten. Ich hielt kein Risico zu groß, im Vergleich mit der ersten Pflicht, mein Bestes zu thun, um Ihrer Majestät Unterthanen zu schützen.“
Das Kommando der Truppen in Südafrika führt jetzt als Höchstkommandirender General Sir Garnet Wolseley unter dem Titel: Gouverneur und Oberkommissar (High Com- missioner) in Natal, Transvaal ꝛc., und Kommandirender der Streitkräfte in Südafrika. Sir Bartle Frere ist Gouver⸗ neur und Oberbefehlshaber am Kap der Guten Hoffnung; Lord Chelmsford führt den Titel eines General⸗Lieutenants und stellvertretenden Gouverneurs am Kap; dann folgt im Range General⸗Major Clifford, nach ihm die General⸗ Majore Marshall, Befehlshaber der Kavallerie; Crealock, Commandeur der 1. Division; Newdigate, Commandeur der 2. Division. Die Brigaden werden kommandirt von den Obersten Sir E. Wood, Pearson, Colley u. A.
Ein Korrespondent der „Daily News“ in Pieter⸗ maritzburg hält die von Cetewayo angebotenen Friedens⸗ unterhandlungen für ehrlich gemeint. Zwei bekannte Zuluboten, Umfundisi und Kisimane, waren in Maritzburg eingetroffen, hatten jedoch keine Vollmacht, zu unterhandeln. Sie erklärten, daß ihre Botschaft einfach darin bestände, mit⸗ zutheilen, daß ihr König eine Zusammenkunst der Häuptlinge wünsche, um sich mit ihnen in Betreff des Krieges zu ver⸗ ständigen. Sie wünschten dringend, daß ein weißer Mann mit zu ihrem Könige kommen möge, damit dieser ihm Alles sage. Es ist die zehnte Botschaft, welche von den Zulus hierher gesandt wird.
— 17. Juli. (W. T. B.) Bei einem gestern im Krystall⸗
alast stattgehabten Banket von Mitgliedern der kon⸗ ervativen Partei hielt der Staatssekretär für Indien, Cranbrook, eine Rede, in welcher er sich zunächst anerkennend über die Führung des Krieges gegen Afghanistan aus⸗ sprach und hervorhob, daß Jacub Khan loyal seinen Ver⸗ pflichtungen nachgekommen sei. Die Freundschaft Afghanistans werde zur Stärkung des indischen Reiches beitragen. Bezüglich der orientalischen Angelegenheiten er⸗ klärte der Redner: er glaube sicher, daß Rußland im Begriff sei, allen im Berliner Vertrage übernom⸗ menen Verpflichtungen nachzukommen. Sodann gedachte er lobend der Bemühungen Drummond Wolffs eine gute auto⸗ nomische Verwaltung in Rumelien herzustellen. Es sei zu erwarten, daß die Bevölkerungen der Türkei fortan in Frieden untereinander leben würden. Ferner nahm Cran⸗ brook den Sultan gegen den Vorwurf, die Reformen nicht weiter durchzuführen, in Schutz, wies auf die Schwierig⸗ keiten der Lage des Sultans hin und verlangte Geduld fuͤr ihn. Man könne sich der Erwartung einer günstigen Zukunft für die asiatische Türkei hingeben. Die Freundschaft zwischen der Türkei und England sei ein Pfand gegen größere Kom⸗ plikationen, selbst gegen diejenigen, welchen England bereits ausgesetzt gewesen sei.
Frankreich. Paris, 15. Juli. (Fr. Corr.) n den Ausschuß des Senats für den Gesetzentwurf, be⸗ treffend die Freiheit des höheren Unterrichts, sind 5 Gegner der Vorlage, nämlich die Herren von Parieu, Buffet, de Voisins⸗Lavernière, Jules Simon und Daguenet, andererseits aber im Ganzen nur 4 Anhänger des Ferry'’schen Gesetzes, nämlich die Herren Pelletan, Bertauld (gegen La⸗ boulaye), Foucher de Careil und Schölcher gewählt worden. Zählt man die abgegebenen Stimmen zusammen, so haben sich 136 Senatoren gegen, 125 für die Vorlage erklärt und 6 sich ihr Urtheil vorbehalten. Es wird also der Regierung einige Mühe kosten, ihre Vorlage im Senat durchzubringen.
Das Fest, welches Hr. Gambetta gestern in seiner Amts⸗ wohnung im Palais Bourbon gegeben hat, ist, nach dem Zeugnisse des „Figaro“, so schön verlaufen, wie ohne Damen ein solches Fest nur verlaufen kann. Als ein nicht zufälliges Zusammentreffen wird es angesehen, daß Hr. Gambetta den 14. Juli, den Tag der Zerstörung der Bastille, für sein Fest gewählt hat.
— (Cöln. Ztg.) Die Tarifkommission hat folgende Steuersätze aufgestellt: Baumwollengarn, sogenannte Peche, 8. 8 für 100 kg, einfaches Leinen 10 Proz., gesticktes Leinen
Proz.
— (Journ. vff Durch Dekret⸗ des Präsidenten vom 14. d. M. ist Faustin Héelie zum Vize⸗Präsidenten
des Staatssraths an Stelle Andrals ernannt worden.
Der schon erwähnte Bericht des Ministers der öffentlichen Arbeiten, de Freycinet, an den Prä⸗ sidenten der Republik über eine Eisenbahnverbindung Algeriens und Senegals mit dem Innern des Sudan, lautet in seinem Eingange wie folgt:
„Die Entdeckungen der Reisenden in den letzten Jahren haben gezeigt, daß Centralafrika bei Weitem nicht das ist, was man ver⸗ muthete. Dort, wo man nur Wüsten und dürre Gegenden erblickte, leben, wie jetzt erwiesen ist, große Menschenmassen in einem einer halben Civilisation mehr oder weniger nahen Zustande. Städte, nach der Zahl ihrer Einwohner von wirklicher Bedeutung, erheben sich am Ufer der Seen und den Strömen entlang. Die Sahara selbst ist nicht so, wie unvollständige oder oberflächliche Beobachtungen fie schilderten. Der Flugsand, den man auf einer unermeßlichen Fläche als unüberschreitbare Schranke betrachtete, ist in der That nur eine lokale Zufälligkeit, und fast überall hat der Boden eine Kon⸗ sistenz, welche ihn nicht von den europäischen Bodenverhältnissen unterscheidet. Das Sudan scheint der merkwürdigste Theil dieses weiten Gebietes zu sein. Die dortige Bevölkerung wird von gewissen Reisenden auf mehr als 100 Millionen Seelen geschätzt. Ein großer Fluß, der Niger, durchfließt die Hälfte seines Territoriums. Die Bewohner sind arbeitsam, und die Elemente eines internationalen Handels scheinen daselbst in hohem Grade vorhanden zu sein. Von zwei Seiten, von Algerien und über Senegal, kann man an dieses Land kLerankommen, unter Ueberwindung mehr oder weniger be⸗ deutender Schwierigkeiten. Das Problem hat seit zwanzig Jah⸗ ren eine Anzahl Geister beschäftigt; der Augenblick scheint gekommen, es praktisch zu verwirklichen. Bereits vor zwei Jahren hat ein Ober⸗Ingenieur des Brücken, und Straßenwesens, Hr. Duponchel, von der Verwaltung die Ermächtigung erwirkt, sich nach Algerien zu begeben, um daselbst die Nachrichten, die man über die Verhältnisse des Sudans wie über die der Sarara besaß, an Ort und Stelle zu vergleichen. Mit Hülfe bemerkens⸗ werther Berichte, welche einige Reisende, wie namentlich Hr. Duvey⸗ rier, veröffentlicht haben, und indem er sie durch die Angaben von Karawanenführern ergänzte, sich bei ausgezeichneten Offizieren, die im Süden Algeriens Expeditionen gemacht hatten, weitere Aufklärung verschaffte und selbst eine Forschungsreise an der Grenze der großen Wüste unternahm, hat Hr. Duponchel eine sehr interessante Denkschrift liefern können, welche die Mböglichkeit zeigt, mittelst einer ununterbrochenen Eisenbahn an den Niger anzuknüpfen. Wie kühn ein solcher Gedanke auch erscheinen mag, so darf man ihn doch nicht als Chimäre behandeln, Angesichts der
wunderbaren Erfolge des menschlichen Geistes, namentlich Angesichts
der großen Eisenbahn, welche San Francisco mit New⸗York über Hindernisse aller Art hinweg und über ein Gebiet von mehr als 6000 km hin verbindet. Wenn eine Eisenbahn von Algier nach dem Niger ausführbar ist, so ist sie gewiß weniger kostspielig, als die Durchstechung der Landenge von Panamé, sowie sie der jüngste inter⸗ nationale Kongreß in Paris beschlossen hat. Angesichts des Berichts des Hrn. Duponchel habe ich nicht unthätig bleiben zu dürfen geglaubt. Ich habe eine vorbereitende Kommission aus einigen ausgezeichneten Mitgliedern meiner Verwal⸗ tung niedergesetzt und sie über den Werth der Ideen des Hrn. Duponchel zu Rathe gezogen. Nach einer gründ⸗ lichen Berathung hat diese Kommission unter dem 12. Juni ein motivirtes Eutachten abgegeben, dessen Schlußfolgerungen ich hier wiedergebe: „1) Die Kommission glaubt, daß im Sudan zahlreiche Bevölkerungen, ein fruchtbarer Boden und unausgebeutete natürliche Reichthümer vorhanden sind. Es ist von großem Interesse, ihnen Handelsdebouchés nach den französischen Besitzungen, welche am besten zu ihrer Aufnahme situirt sind, zu eröffnen.. 2) Die Eröffnung einer Eisenbahn, welche unsere algerischen Besitzungen mit dem Sudan verbindet, ist nothwendig, um dieses doppelte Resultat (Handel und Abschaffung des Sklavenhandels) zu erreichen. 3) Es ist noth⸗ wendig, auch den Senegal mit dem Niger zu verbinden. Die Er⸗ forschungen oder Studien müssen gleichfalls vom Senegal und Algerien ausgehen, und die Entwürfe müssen die beiden Richtungen umfassen.“ 1.
An der Spitze des eingesetzten Ausschusses steht der Minister selbst; sonst gehören der Kommission noch an: die Senatoren Duclerc, Foucher de Careil, Lucet, Pomel Varroy, die Abgeordneten Paul Bert, Brisson, Jozon, Jour⸗ nault, Rouvier und Thomson, dann Ferdinand von Lesseps, die Akademiker Dumas (der Chemiker), mehrere Vertreter des Kriegs⸗ und Marine⸗Ministers, sowie des Auswärtigen Amts, der Admiral La Ronciere le Noury als Präsident der geographischen Gesellschaft, der Afrikareisende Duveyrier und eine Reihe von Fachmännern.
— 16. Juli. (Rép. fr.) Die „Ag. Hav.“ meldet: Der Marschall Leboeuf hat sich nicht nach Chiselhurst begeben. Der dritte Botschafts⸗Sekretär in Madrid, Graf de las Cases, wird von seinem Amte abberufen werden.
Versailles, 16. Juli. (W. T. B.) Die Deputirten⸗ kammer hat beute das Budget des Kriegs⸗Ministe⸗ riums genehmigt.
Türkei. General Stolypin wird sich, wie der „Cöln. Ztg.“ unterm.16. gemeldet wird, am 28. d. in Burgas einschiffen. Die Beendigung der Räumung Ostrumeliens von russischen Truppen werde Anfangs August erwartet. — Aus der Umgebung von Rasgrad, Namboli und Sliwno seien aufständische Bewegungen dortiger Muhame⸗ daner gemeldet worden. Die telegraphische Ver⸗ bindung zwischen Rustschuk und Varna soll unterbrochen sein. Bulgarische Truppen seien nach Rasgrad abmarschirt.
BLulgarien. Tirnowa, 9. Juli. Ueber die Installa⸗ tion des Fürsten von Bulgarien wird der „Pol. Corr.“ von hier gemeldet:
„Dem Programme gemäß traf der Fürst von Bulgarien gestern um 4 Uhr Nachmittags an der Grenze des Weichbildes der Stadt ein und wurde von der gesammten Geistlichkeit von Tirnowa, den Schul⸗ kindern aus allen Ortsschulen, mit ihren Lehrern an der Spitze, den Beamten und Offizieren der Garnison, sowie von Deputationen der verschiedenen Gemeinden des Tirnowaer Guberniums erwartet und begrüßt. Der Bügsgermeister an der Spitze des Gemeinderathes überreichte dem Fürsten auf einem silbernen Teller Brod und Salz und bat, Se. Hoheit möge der uralten, ehrwürdigen Krönungs⸗ stadt der bulgarischen Czaren seine Huld und Gnade schenken, sie zum Mittelpunkte des nationalen Lebens machen und eine große Vergangenheit mit einer schönen Zukunft verknüpfen. Fürst Alexander I. versprach, die Erinnerungen der Nation stets hoch in Ehren zu halten und für die Wiederbelebung der schönen Vergangenheit Tirnowa's Alles zu thun, was ihm die neuen Verhältnisse gestatten würden. Nachdem eine Schaar weißgekleideter Mädchen dem Fürsten Blumen und Ge⸗ dichte übergeben hatte, setzte sich der Zug gegen die Stadt in Bewegung. Am Eingange der letzteren waren Ehrenpforten er⸗ richtet; hier verließ der Fürst den Reisewagen und hielt den Einzug in die Stadt zu Fuße Trotz der beschwerlichen, mehr als 26 stün⸗ digen Reise sah Fürst Alexander in seiner mit preußischen, russi⸗ schen, italienischen, österreichischen und belgischen Orden bedeckten russischen Generalsuniform sehr frisch aus und machte auf die Bevölkerung einen sehr günstigen Eindruck. Nach der Messe fand ein Gala⸗Diner statt, und Abends ward die Stadt beleuchtet. Dieser letzte Theil des Programms ist nicht ohne Störung abgelaufen. Gegen Mitternacht brach eine Feuersbrunst aus, der etwa 26 kleine Häuser zum Opfer fielen. Erst um 7 Uhr Mor⸗
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leistung des Fürsten auf die Verfassung. Unter Glockengeläute und Salutschüssen, welche von den die Stadt umgebenden Höhen ertönten, begab sich der Fürst um 9 ½ Uhr Morgens nach dem Skupschtina⸗ Ssale, wo die Mitglieder der Nationalversammlung, Fürst Don⸗ dukoff⸗Korsakoff, die Generale Grässer und Saburoff, mehrere russische Generalstabsoffiziere, die diplomatischen Vertreter Oesterreichs Englands und Rußlands semer bereits harrten. Der Sitzungssaal war mit Reisig und einer großen Anzahl bulgarischer Fahnen ge⸗ schmückt. Nach Empfang des Segens des Exarchen und Präsidenten der Nationalversammlung, Msgr. Antimos, betrat der Fürst den Sitzungssaal und bestieg den unter einem Baldachin postirten kost⸗ baren Thronsessel. Nach einer kurzen Ansprache des Präsidenten leistete der Fürst stehend und entblößten Hauptes mit klarer, fester Stimme den Eid auf die Konstitution. Nach dieser ernsten Feier kehrte der Fürst in das Haus des Bürgermeisters Jerafidis, wo er vorläufig wohnt, zurück und empfing eine sehr große Anzahl von Deputationen aus allen Theilen des Landes und sechs Stadtvertre⸗ tungen. Für den Nachmittag sind mehrere öffentliche Belustigungen und für den Abend neuerdings eine Illumination projektirt.
Was die von dem Volke so sehr gewünschte Krönung, eigentlich Salbung des Fürsten betrifft, so soll dieselbe, wenn sie überhaupt stattfindet, erst Ende Oktober erfolgen. Der Fürst wünscht, das Eintreffen der Vertreter sämmtlicher Großmächte und die Durchfüh⸗ rung der Reform der Verwaltung, sowie die Realisirung der Bestim⸗ mungen des Berliner Vertrages in Betreff der Schleifung der Festungen und der Räumung Bulgariens durch die Russen abzu⸗ warten, bevor er zu seiner Krönung schreiten möchte.“
Numänien. Bukarest, 16. Juli. (W. T. B.) Das von der Kammer eingesetzte Comité hat den Antrag der Regierung, das Prinzip, daß die Religion nicht mehr ein Hinderniß für Erlangung der bürgerlichen und politischen Rechte sein soll, in die Verfassung aufzunehmen, abgelehnt. Ebenso hat das Comité den von Rosetti vorgelegten, die Juden in Kategorien eintheilenden Entwurf, welchem die Regierung ihre Zustimmung ertheilt hatte, abgelehnt. Das Comité beharrt darauf, die Artikel 8 und 9 des bürgerlichen Kodex, wonach in Rumänien geborene christliche Ausländer mit dem einundzwanzigsten Lebensjahre für Rumänien optiren und so die bürgerlichen und polit ischen Rechte erlangen konn⸗ ten, aufzuheben, und hat lediglich zugestanden, daß der indi⸗ viduelle Antrag auf Ertheilung des Indigenats mit einfacher, anstatt mit Zweidrittel⸗Majorität, votirt werden soll. Das Comité, welches heute die Paragraphen, betreffend die Erwer⸗ bung von Ruralbesitz beräth, dürfte seinen Bericht erst in zwei oder drei Tagen vorlegen.
— Das Ministerium hat seine Demission gegeben; die Kammer tritt sofort zu einer geheimen Sitzung zusammen, um über die Lage zu berathen.
— In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer gab der Präsident der Kammer, Rosetti, seine Demission, weil er nicht mehr die Unterstützung der Majorität besitze. Bei der hierauf vorgenommenen anderweitigen Wahl eines Präsidenten wurde Rosetti mit 74 Stimmen wiedergewählt. 45 Deputirte hatten sich der Abstimmung enthalten.
— Da die Kammern anscheinend keinen Entwurf zur Judenemanzipation derzeit zu Stande bringen, welcher den Bestimmungen des Berliner Vertrages entspricht, so ist in maßgebenden Kreisen eine Vertagung der Kammern bis zum Herbst in Betracht gezogen. Man nimmt an, daß sich während der Vertagung die Erregtheit in dieser Frage in der Volksvertretung wie in der Bevölkerung mindern werde.
Amerika. New⸗Orleans, 16. Juli. (W. T. B.) Die gegenüber den aus Memphis kommenden Personen hier und in anderen Städten der Südstaaten angeordnete Quarantäne ist wieder aufgehoben worden.
Charleston, 13. Juli. (Allg. Corr.) Hier ereigneten sich gestern 15 Todesfälle durch Sonnenstich.
us dem Wolffschen Telegraphen⸗Bureau.
Darmstadt, 17. Juli, Mittags. Se. Majestät der Kaiser und König trafen heute Vormittag 11 Uhr mittelst Extrazuges hier ein, wurden von Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzog und den Mitgliedern der Großherzoglichen Familie am Bahnhofe begrüßt und setzten nach kurzem Aufenthalte die Weiterreise nach Carlsruhe fort.
8 18 Reichstags⸗Angelegenheiten.
München, 16. Juli. (W. T. B.) Bei der im 5. Wahlkreise der Oberpfalz (Neustadt) am 14. d. M. stattgehabten Wahl eines Abgeordneten für den Reichstag wurde Pfarrer Dr. Schäffler mit 5757 Stimmen gewählt. Von den Gegenkandi⸗ daten erhielt Schloer 883, und Lindenfels 771 Stimmen.
Statistische Nachrichten.
Der Ernte⸗Ertrag in den Provinzen des preußi⸗ schen Staates, 1878. (Stat. Corr.) Nachdem über die Er⸗ gebnisse der Anbau⸗ und Erntestatistik, wie sie in Preußen und im Deutschen Reiche 1878 zum ersten Male aufgenommen wurde, bereits mehrfache Mittheilungen gemacht worden sind, wird die Zeitschrift des Königlich preußischen statistischen Bureaus in ihrem demnächst erscheinenden (Doppel⸗) Hefte I und II des Jahrgangs 1879 die gewonnenen Angaben in ihrer vollen Ausdehnung, und zwar gesondert für die einzelnen Regierungs⸗ oder Landdrosteibezirk⸗ und Provinzen, veröffentlichen. Diesen umfangreichen Uebersichten entnehmen wir heute, um wenigstens für die wichtigsten Feldfrüchte die in den ein⸗ zelnen Landestheilen geernteten Mengen zu beziffern, die folgenden “ Der vorhandene Raum gestattet dabei leider nicht, die
rennung in Winter⸗ und Sommergetreide, wie sie in den Tabellen durchgeführt wird, durchweg beizubehalten, sondern gebietet eine Zu⸗ sammenfassung dieser Angaben. Wird dieselbe vorgenommen, so stellt sich heraus, daß 1878 an Körnern geerntet wurden in den Weizen Roggen Gerste Provinzen: kg kg kg Ostpreußen 117 283 928 416 300 853 119 348 750 Westpreußen 113 992 548 379 014 393 86 208 639 Brandenburg 67 644 743 643 567 790 101 968 591 Pommern 79 551 285 435 614 274 85 458 641 Posen 129 212 127 531 043 251 99 995 769 Schlesien 252 420 707 752 713 076 260 563 651 Sachsen 227 808 958 496 496 090 310 288 400
Schleswig⸗
Holstein 86 901 524 196 440 885 81 401 567 Hannover 104 362 860 482 624 361 50 618 969 Westfalen 109 073 363 285 345 191 42 752 321 Hessen⸗Nassau 83 791 882 167 590 366 46 544 849 Rheinland 189 509 713 98* 264 5 51 447 521 368 984 340
2 005
Hohenzollern 1 409 416 6 476 607 9 143 96
zusammen 1 562 963 054 5 106 020 556 1 343 074 275 3 395 482 482 Wie im ganzen Staate, so ist also auch in den meisten der ein⸗
Hafer kg
349 473 219 180 328 896 261 692 830 300 070 790 160 234 999 462 690 961 302 620 176
309 317 687 309 425 295
204 854 973 176 644 350
gens war das Feuer gelöscht. vne g dieses Zwischenfalles rüstete sich die Bevölkerung mit Tagesanbruch zur heutigen Feier: der Eides⸗
““ 1“
zeänen Provinzen Roggen weitaus die wichtigste⸗ldert Körnerfrüchte “ 1
Hohenzollern.
und wird keine andere von diesen wieder in der gleichen Menge ge⸗ erntet und gebaut. Eine Ausnahme hiervon machen die Provinzen Schleswig⸗Holstein, Hessen⸗Nassau, Rheinland und Hohenzollern; in den ersten drei übertrifft der Hafer, in der letzten Provinz aber Hafer und Gerste den Roggen an Menge des Ertrags. Dabei ist aber in Hessen⸗Nassau und im Rheinlande der letztgenannten Frucht ein größerer Theil des bestellten Landes eingeräumt worden als dem Hafer, und kann daher hier das berührte Verhältniß nur in der ver⸗ schiedenen Fruchtbarkeit der damit bestandenen Aecker seinen Grund haben. Auch in den übrigen Provinzen, mit alleiniger Ausnahme der hohenzollernschen Lande, ist auf der gleichen Fläche an Hafer eine größere “ “ ds an Roggen, da im Nittel auf einem Hektar (Körner) geerntet wurden: Win⸗ Som⸗ 58 Som⸗ Som⸗ ter⸗ mer⸗ er⸗ mer⸗ er⸗ mer⸗ Weizen Roggen Gerste Hafer kg kg kg kg 1292 1131 1063 826 1345 1360 1236 1513 1376 1090 782 1589 1599 1275 1409 1423 1069 853 1529 1383 1249 1541 1226 1074 856 1461 1386 1257 1428 1269 1035 772 1225 1290 1097 1571 1334 1184 939 1517 1585 1395 1767 1498 1989 959 1950 1931 1521 1879 1511 1398 985 1650 1499 1642 1458 1147 1157 869 2037 1370 1421 1464 1240 1242 1057 1568 1290 1351 1350 1063 1167 794 1392 1238 1386 ern. 1357 1214 1205 9 24 75 HS Staate 1533 1321 1149 855 1649 1523 1377 Die bisher gegebenen Uebersichten beziffern jedoch den gewon⸗ nenen Ertrag insofern noch nicht vollständig, als sie nur auf die Körner, nicht aber auch auf das Stroh Rücksicht nehmen. Daß das letztere keine geringe Bedeutung hat, und bei den Berechnungen nicht einfach übergangen werden darf — das Stroh von Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Erbsen und Buchweizen erreicht 1878 in seinem Werthe den der halben Roggenernte — bedarf keiner weiteren Aus⸗ führung. Der Hinweis hierauf und auf die in den ausführlichen Tabellen über den Strohertrag in den einzelnen Provinzen gemach⸗ ten Angaben möge aber an diesem Orte genügen und an die Stelle einer eingehenderen Mittheilung treten. Es seien dagegen noch für zwei weitere wichtige Erzeugnisse des Landbaues, Kartoffeln und Wiesenheu, einige Zahlen angeführt. Nach den angestellten Ermit⸗ telungen sind 1878 gerntet worden: Wiesenheu
Kartoffeln 8 1 überhaupt vom ha überhaupt von ba kg kg kg kg
1 091 693 730 8 094 1 286 720 923 2651 1 088 346 046 7 176 690 836 776 3882 2 666 991 830 9 843 1 357 880 085 3357 1 336 267 017 8 699 1 085 815 574 3519 2 186 579 766 9 628 745 955 726 3166 3 495 317 779 11 026 1 018 778 328 2935 1 758 894 611 10 338 687 910 657 3202 236 457 958 8 105 620 693 052 3016 872 371 415 8 114 1 391 994 758 3489 568 083 337 7 487 654 848 034 4185 590 265 055 7 664 735 770 534 4065 1 246 610 959 7 732 841 595 399 4078 16 922 614 4 160 74 939 893 6249 zusammen . 17 154 802 117 9 124 1 193 739 739 3357. CEsz ist selbstverständlich, daß auf die mitgetheilten und die übrigen, jetzt zum ersten Male gewonnenen Angaben ein unbedingt sicheres Urtheil über die Fruchtbarkeit der einzelnen Landestheile sich noch nicht gründen läßt; dazu bedarf es einer öfteren Wiederholung der angestellten Untersuchung, da nur so der Einfluß von Zufällen, die sich geltend machen, vermieden werden kann. Von den letzteren erfahren namentlich die Ernteschäden in der landwirthschaftlichen Statistik Berücksichtigung. Im Jahre 1878 wurden dieselben in Preußen von 11 506 Gemeinden und Gutsbezirken gemeldet, und zwar berichteten von diesen 6637 Elementar⸗ und Witterangsschäden, 1060 Pflanzenkrankheiten und Schäden durch Pflanzen, 3805 Schäden durch Thiere und 4 Beeinträchtigungen durch Fabrik⸗ und Hüttenrauch.
— Von den Beiträgen zur Statistik des Großherzog⸗ thums Hessen, herausgegeben von der Großherzoglichen Central⸗ stelle für die Landesstatistik, ist der 19. Band (Darmstadt 1879, G. Jonghaussche Hofbuchhandlung) erschienen. Derselbe enthält zu⸗ nächst die Volkszählung im Sroßherzogthum Hessen vom 1. De⸗ zember 1875, b earbeitet von G. Fertsch, Sekretär der Groherzoglichen Centralstelle. Das Großherzogthum zählte hiernach am 1. De⸗ zember 1875 2701 Wohnplätze, 129 214 bewohnte Gebäude, 192 078 Haushaltungen und 884 218 Einwohner. Der Flächeninhalt beträgt 139,4695 geogr. Qu.⸗Meilen oder 767 959 ha; es trafen somit auf 1 geogr Qu.⸗Meile 7,16 Gemeinden, 19,37 Wohn⸗ plätze, 926 bewohnte Gebäude, 1377 Haushaltungen, 6340 Einwohner; auf 1 qkm 0,35 Wohnplätze und 115 Einwohner; auf 1 Gemeinde fallen durchschnittlich 769 ha, auf 1 Wohnplatz 284 ha, auf 1 Einw. 0,87 ha. Von dem Gesammtareal sind 49,9 % Ackerland und Grabgärten, 13,1 % Wiesen, 31,3 % Wald, zu⸗ sammen 95,6 % produktive Fläche, sodann 0,5 % Hofraithen und 3,9 % unkultivirte Fläche, davon 0,7 % größere Flüsse. Auf 1 Be⸗ wohner entfallen durchschnittlich 0,57 ha Ackerland, Grabgärten, Wiesen ꝛc., 0,27 ha Wald und 0,03 ha unbesteuerte Fläche. Die Be⸗
in den Provinzen
Ostpreußen Westpreußen. Brandenburg. Pommern. Posen. Schlesien Sachsen . Schleswig⸗Holst. Hannover.. Westfalen. öö. heinland
in den Provinzen
Ostpreußen Westpreußen. Brandenburg. Pommern. Posen. Schlesien 1““ Schlesw.⸗Holstein Hannover Westfalen. Hessen⸗Nassau. Rheinland.
völkerung hat von 1871 bis 1875 um 31 324 Personen = 3,67 %,
jährlich 0,92 % zugenommen, gegen 0,63 % in 1867 — 71. Hessen nimmt in der Bevölkerungszunahme die 11. Stelle im Deutschen Reiche ein; es verdankt dieselbe hauptsächlich der Provinz Starkenburg, in welcher sich der Bevölkerungszuwachs 1871 — 1875 jährlich auf 1,45 % stellt, gegen 0,10 %, in Oberhessen und 1,01 % in Rbeinhessen. Die Zahl der Gemeinden beträgt 998, davon 298 (29,9 %) mit 501 — 1000 Einw., 274 (27,5 %) mit 251 — 500 Einw., 141 (14,1 %) mit 1001 — 2000 Einw. 2c., 38 = 3,8 % mit 2001 — 3000 Einw., 14 (1,4 %) mit 3001 — 4000 Einw., 6 (0,6 %) mit 4001 — 5000 Einw., 6 (0,6 %) mit 5001 — 10 000 Einw., 5 (0,5 %) mit 10 001 und mehr Einw. Die Zahl der (56) Gemeinden von 100 und 11 hat sich seit 1871 um 1 vermindert, die der (298) Gemeinde von 501 — 1000 Einw. um 7 abgenommen, während die Zahl der Gemeinden von 251 — 500 (274), von 2001 — 3000 (38), von 3001 — 4000 (14) und von 4001 — 5000 Einwohnern (6) um je 2 zugenommen haben. Wenn man die Gemeinden von 2000 Einwohnern und darüber als städtische be⸗ zeichnet, so waren von den Gemeinden 69 städtische und 929 länd⸗ liche; die Bevölkerung der ersteren betrug 354 866 oder 40,1 %, die der letzteren 529 352 oder 59,9 %; gegen 1871 lebten 2,9 % der Ge⸗ sammtbevölkerung mehr in Städten. Während die städtische Be⸗ völkerung sich von 1871 bis 1875 um 3,12 % vermehrt, hat die ländliche nur um 0,55 % zugenommen. Von den einzelnen städtischen Gemeinden weisen gegen 1871 61 einen Zuwachs, 8 eine Abnahme der Bevölkerung auf. Mainz, die größte Stadt des Großherzogthums, hat nur um 5,8 % zugenommen. In den 5 Gemeinden von über 10 000 Einw. wuchs die Bevölkerung um 10 %, in den 6 Ge⸗ meinden von 5 — 10 000 Einw. um 8 %, in den Gemeinden von weniger als 5000 Einw. um 6,2 %. In den Städten von mehr als 10 000 Einw. kamen auf 1 bewohntes Gebäude in Mainz 1871 20,8, 1875 21,4 Einw., Darmstadt 17,6 bzw. 16,3, Offenbach 21,9 bzw. 20,9, Worms 11,6 bzw. 11,4, Gießen 13,1 bzw. 12,8. Die Zahl der Haushaltungen hat von 1871 bis 1875 (180 981) um 6,1 % zugenommen, und zwar die der gewöhnlichen Haushal⸗ tungen von 2 oder mehr Personen um 5,6 %, die der einzeln Lebenden um 14,1 %;, die Anstalten haben um 2,2 % abgenommen. Die männliche Bevölkerung betrug 49,43 % (1871 49,46 %), die weibliche 50,57 (50,54 %) der Gesammtbevölkerung. Der Religon nach waren 602 850 (68,18 %) evangelische Christen (1871 68,52 %), 251 172 (28,41 %) katholische
höher
1“ “ 1u
Christen (1871 28,03 %), 3889 (0,44 %) sonstige Christen (1871
0,45 %), 25 652 (2,90 %) Juden (1871 2,98 %), 655 (0,07 %) Be⸗
kenner anderer Religionen ꝛc. (1871 0,02 %). 88
Der 19. Band enthält ferner die Uebersichten der von sämmt⸗ lichen Strafgerichten des Großherzogsthums Hessen, mit Ausnahme der Militärgerichte in den Jahren 1875, 1876 und 1877 ab⸗ geurtheilten Verbrechen und Vergehen.
— Die Aktiengesellschaften in Oesterreich 1871 — 1877. (Stat. Corr.) Als am Beginn unseres Jahrzehnts die Aktienunter⸗ nehmungen auch in Oesterreich Tag für Tag an Ausbreitung gewan⸗ nen, erkannte es die amtliche Statistik des Staates sehr bald als ihre Aufgabe, diesen Vorgang mit Aufmerksamkeit zu verfolgen. Im „Statistischen Jahrbuche“, einem schon seit längerer Zeit regel⸗ mäßig erscheinenden, vortrefflichen und vielseitigen Werke, wurde der dem Vereinswesen gewidmete Abschnitt zuerst im Jahre 1871 mit einer Uebersicht über die bestehenden Aktiengesellschaften bereichert, und in der Folgezeit reihten sich daran noch weitere Angaben über die neu gegründeten und die durch Konkurs oder Liquidation wieder aufgelösten Unternehmungen. So sind fortlaufend werthvolle Ur⸗ kunden für einen wichtigen Theil der Zeitgeschichte gesammelt wor⸗ den; werden dieselben zusammengetragen, so erhält man von der Entwickelung der Aktienvereine im österreichischen Staate und ihrer gegenwärtigen Bedeutung für das Erwerbsleben folgendes Bild. In den im Reichsrathe vertretenen Königreichen und Ländern betrugen: die Zahl der
Aktien⸗ sellschaften
die von das eingezahlte den Gesellschaften ausgegebenen Aktienkapital Pfandbriefe. Prioritätsobligat. u. sonstigen Anleihen Gulden österreichischer Währung 21 090 108 189 252 405 1 082 360 496 99 869 600 218 533 251 1 236 934 261 77 837 088 252 608 543 1 322 231 428 67 756 814 267 486 945 1 350 891 463 16 081 273 276 660 196 1 366 258 013 1876 512 1 513 751 674 274 611 377 1 350 519 352 1877 880 1 454 974 181 276 250 469 1 341 016 008 Wie sich hier zeigt, ist die Zahl der Aktienvereine in Oesterreich, nachdem sie von 1871 bis 1873 außerordentlich rasch gestiegen war, gegenwärtig wieder nicht erheblich größer als am Anfange unseres Jahrzehnts. Die Ausscheidung der neu entstandenen, aber nicht lebensfähigen Unternehmungen hat sich sehr schnell vollzogen; wie groß die Sterblichkeit unter diesen Kindern des „wirthschaftlichen Aufschwungs“ war, zeigt sich darin, daß von 332 Aktiengesellschaften, die 1872 und 1873 begründet wurden, in den fünf Jahren von 1873 bis 1877 209 mit einem eingezahlten Kapital von 381 554 990 Fl. ö5. W. durch Konkurseröffnung oder Liquidations⸗ beschluß ihrer Auflösung entgegengeführt wurden, und daß von den 1873 ins Leben gerufenen Aktienvereinen noch in demselben Jahre 29, deren eingezahltes Aktienkapital 85 045 000 Fl. betrug, in Liqui⸗ dation traten, eine mit 40 000 Fl. Kapital in Konkurs verfiel. Von je 100 in den Jahren 1872 und 1873 entstandenen Gesell⸗ schaften hatten daher Ende 1877 bereits 62,95 ihr Dasein beschlossen. Wie sich das Kapital derselben zu demjenigen der 1872 und 1873 begründeten Vereine verhält, kann nicht bestimmt werden. Es ist jedoch aus der oben gegebenen Uebersicht zu schließen, daß bei den Aktienvereinen, die dem Schicksale baldiger Auflösung verfielen, im Ganzen erst geringere Summen eingezahlt waren; denn, wie sich dort zeigt, hat das Aktienkapital in den letzten fünf Jahren zwar auch und Hand in Hand mit der Zahl der Gesellschaften abgenommen, aber doch nicht in dem gleichen Maße, wie diese sich verringert. Ab⸗ weichend davon sind die Veränderungen, welche das im Wege der Anleihe, namentlich durch Prioritätsobligationen, den Aktienvereinen zugeführte Kapital in der letzten Zeit erfahren hat; hier endet die Steigerung des absoluten Bekrags nicht schon 1873, sie hält bis zum Jahre 1875 an, um erst dann einen Rückgang folgen zu lassen. Anders aber stellt sich diese Entwickelung dar, wird das Verhält⸗ niß bestimmt, in welchem das eingezahlte Aktienkapital zu der durch die Ausgabe von Prioritätsobligationen aufgebrachten Summe steht. Es wird damit ein Gradmesser des Vertrauens gewonnen, dem die Unternehmungen begegnen; denn je größer dasselbe ist, um so eher werden demselben die Besitzer verfügbarer Mittel als Theilhaber sich zuwenden, während dann, wenn das Urtheil vorsichtiger wird und weniger günstig ausfällt, der Anspruch auf festen Zins geschätzt wird als die Zusicherung eines nur wahr⸗ scheinlichen und unbestimmten Gewinnantheils. In den öster⸗ reichischen Reichsrathsländern hatte nun, wenn dieser Maßstab angelegt wird, die Hoffnung auf das Gedeihen der Aktienvereine 1872 ihren Höhepunkt erreicht; im nächsten Jahre begann sie zu sinken, und seitdem ist sie fortwährend geringer geworden. Auf je 100 Gulden eingezahltes Aktienkapital waren nämlich an Prioritäts⸗ obligationen aus gegeben 1871 88,6, 1872 68,7 1873 70,4 1874 81,0, 1875 84,5, 1876 89,2 und 1877 92,2 Gulden ö. W. Gegenwärtig ist darnach das Vertrauen zu dea Aktienunternehmungen in Oester⸗ reich auf seinem tiefsten Stande angelangt, und es sind dieselben mit einer Schuld in Prioritätsobligationen belastet — von den Pfand⸗ briefen, die durch den Erwerb von Hypathekenforderungen ihre Deckung finden, sei abgesehen, — welche das eingezahlte Aktien⸗ kapital beinahe erreichht. 1“ 8 Nicht ohne Einfluß auf dieses Verhältniß, wie es sich gegen⸗ wärtig stellt, wird der Umstand sein, daß nach einer an anderer Stelle gemachten Angabe bei den österreichischen Privatbahnen 1877 auf je 100,00 Fl. Aktienkapital 165,00 Fl. Prioritäts Obligationen fielen, und das eben Gesagte wird daher in erster Linie für diese Unternehmungen Gültigkeit haben. Ohne Zweifel fällt auf dieselben von den umlaufenden Schuldverschreibungen der weitaus größte und ein viel größerer Theil als vom eingezahlten Kapital sämmtlicher Akttenvereine; von diesem aber gehört ihnen mehr als die Hälfte; denn es bestanden in den österreichischen Reichsrathsländern Ende 1877 mit einem eingezahlten Aktien⸗ kapital überhaupt von 100,00 G. ö. W. Sehe. Berg⸗ und Hüttenwerke .32 98 625 720 1 Unternehmungen aller Art 267 215 965 288 14,85 Handelsunternehmungen . . . . 14 917 635 0,06 Bank⸗ und Kredit⸗Institute... 43 238 359 200 16,38 Versicherungsgesellschaften . . . 21. 8 937 645 0,61 Eisenbahngesellschaften... .30 809 865 859 55,64 andere Transportunternehmungen . 15 53 564 430 3,68 sonstige Gesellschaften. . . . . 58 28 738 404 1,98 zusammen 480 1 454 974 181 100,00. Am zahlreichsten sind hiernach unter den österreichischen Aktien⸗ vereinen die gewerblichen Unternehmungen vertreten. Von diesen wiederum sind u. A. 127 mit einem Kapital von 51 865 378 Gulden oder 3,57 % des gesammten Aktienkapitals für die Gewinnung von Nahrungs⸗ und Genußmitteln, 28 mit 27 215 170 Gulden Kapital (das ist 1,87 % des Gesammtbetrags), für die Bekleidung und 36 Baugesellschaften mit 73 988 490 Guldeg Kapital oder 5,08 % der ganzen Summe für die Herstellung von Wohnungen thätig.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Metz, 13. Juli. Der „Straßb. Ztg.“ wird geschrieben: Bei uns regnet es nun auch schon seit 10 Tagen hintereinander, und sind die Aussichten für die Ernte gar wenig trostreich. Das Ge⸗ treide ist in der Blüthe gestört worden und will nur schwer Frucht ansetzen; die Kartoffeln haben auch zu viel Nässe, und der gegen⸗ wärtigen Weinblüthe thut dieselbe argen Schaden. Tretz der nassen Witterung muß der Raps geschnitten und erst in der Scheune getrocknet werden, ehe er gedroschen werden kann; immerhin aber verspricht diese Oelfrucht wenigstens einen reichlichen Ertrag. Wenn sich das Wetter nicht bald zum Besseren ändert, so gehen wir einem sehr schlechten Herbst entgegen,
Ende
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Aktien⸗ gesell⸗ schaften
zumal aus allen Gegenden Deutschlands und Frankreichs nur
Klagen über den Stand der Kalturen einlaufen. Die zahlreichen Gemüsegärtner, welche in der Umgegend von Metz angesessen sind, und denen in diesem Jahre die Spargelernte durch die herrschende Kälte zu nichte geworden ist, hatten demnächst ihre Hoffnung auf eine reichliche Erdbeerernte — eine hiesige Spezialität — gesetzt; dieselbe ließ sich auch Anfangs ganz gut an, hat aber durch den fortwährenden Regen auch derart geliten, daß an einen Export die⸗ ser beliebten Frucht in diesem Jahre fast gar nicht zu denken ist und die Gärtner auf diese Weise einen bedeutenden Verlust erleiden. Erst der harte Winter, dann das kalte Frühjahr und jetzt der nasse Sommer — Alles dieses wird selbst der schönste Herbst nicht gut zu
machen im Stande sein.
London, 15. Juli. (Allg. Corr.) Aus Schottland wird unter dem gestrigen Datum gemeldet: Seit gestern Mittag regnet es ununterbrochen aufs heftigste; Getreide und Früchte haben unberechenbaren Schaden erlitten. Die rauhe Witterung erfüllt unsere Farmer mit den ernstesten Besorgnissen; auch bei sofortiger Besserung des Wetters, zu welcher gar keine Aussicht vorhanden ist, wird die Ernte um einen vollen Monat zurück sein. .
Paris, 15. Juli. Ueber die Ernteaussichten meldet die „France“, daß die neuesten Berichte aus dem nördlichen und nord⸗ westlichen Frankreich, also aus den in diesem Betracht wichtigsten Landestheilen, nicht mehr der Hoffnung auf eine auch nur mittel⸗ mäßige Ernte Raum geben. Nur in Algerien verspreche man sich ein verhältnißmäßig günstiges Erträgniß.
Washington, 15. Juli. (W. T. B.) Nach dem von dem landwirthschaftlichen Bureau erstatteten Berichte wurde de Stand der Baumwollernte am 1. Juli auf 93 % geschätzt; der Stand des Getreides ist ziemlich gut, thei sogar vorzüglich.
Gewerbe und Handel. b
Die Preußische Rentenversicherungsanstalt zu Berlin hat ihren 40. Rechenschaftsbericht, für das Jahr 1878, ver⸗ öffentlichh. Am 1. Januar 1878 ist der dritte Nachtrag zu den Statuten ins Leben getreten, am 15. Oktober v. J. auch die Spar⸗ kasse eröffnet worden. Im März d. J. ist die Gesellschaft in ihr neues Geschäftshaus, Kaiserhofstraße 2, übersiedelt. Durch den Ver⸗ kauf des alten Geschäftshauses ist über den Buchwerth ein Mehr⸗ erlös von 78 000 ℳ erzielt worden, der pro 1879 zu Gunsten des Reservefonds verrechnet werden wird. “
Den älteren Jahresgesellschaften 1839 — 1877 sind im Jahre 1878 auf bis Ende 1877 unvollständig gebliebenen Einlagen 676 845 ℳ Renten gutgeschrieben, 414 385 ℳ sind darauf nachträglich eingezahlt worden mit Hinzurechnung von 14 353 ℳ erloschener Renten und Rückgewährungen ergaben sich 1 105 583 ℳ, die im Rentenkapitalien⸗ fonds bei den Jahresgesellschaften 1839 —– 1877 in Zugang gestellt sind. Für iese Jahresgesellschaften bestehen, nachdem bis ult. 1878 2601 Einlagen für 1013 Personen erloschen sind, noch 199 710 Einlagen für 77 727 Personen, welche mit 36 283 817 ℳ an der Rentenausmessung in diesen älteren Jahresgesellschaften Theil nehmen. Das Rentenkapital derselben hat sich im Jahre 1878 um 791 326 ℳ erhöht und betrug Ende 1878 41 079 031 ℳ Von demselben ist pro 1879 ein Zinsfuß von 5,032 398 % erzielt worden. Die zulässige höchste Rente von 450 ℳ wird für alle Einlagen der VI. Klasse der Jahresgesellschaften 1842 und 1843, sowie für die V. Klasse der Jahresgesellschaften 1839, 1840 und 1844 gezahlt. “
Die im Jahre 1878 gebildete 40. Jahresgesellschaft bestand Ende 1878 aus 623 Personen mit 1000 vollständigen Einlagen zu 100 ℳ und 1190 unvollständigen. Das an der Rentenausmessung theil⸗ nehmende Kapital dieser Gesellschaft beträgt 158 789 ℳ, das Renten⸗ kapital 154 668 ℳ 3¹
Der neu eingeführten Leibrenten⸗ und Kapitalien⸗Versicherung sind 173 Personen beigetreten, von denen indessen 3 im Laufe des Jahres 1878 gestorben sind. Durch die betreffenden Versicherungsurkunden sind steigende Renten bis zum Maximum von 4500 ℳ, 28 717 ℳ gleichbleibende Renten und 43 185 ℳ Kapital durch 289 683 ℳ ein⸗ malige, 1813 ℳ jährliche Prämien versichert und 17 210 ℳ künd⸗ bare Einlagen gemacht worden.
Der Reservefonds ist seit Anfang 1878 ein besonderer Fonds für die Jahresgesellschaften geworden. Dadurch, daß zum Hausbau 101 902 ℳ aus ihm entnommen sind, ist der Reservefonds von 1 070 655 ℳ auf 1 046 957 ℳ gesunken. 8 1
In die am 15. Oktober 1878 eröffnete Sparkasse sind im Jahre 1878 auf 244 Bücher 142 007 ℳ Spareinlagen gezahlt wor⸗ den, wovon 29 729 ℳ im Laufe des Jahres wieder zurückgezahlt wurden.
Die Bestände der Anstalt beliefen sich Ende 1878 auf 44 710 110 ℳ Hiervon waren 41 211 057 ℳ in Hypotheken an⸗ gelegt, 440 900 ℳ nom. in öffentlichen Papieren, 530 327 ℳ in Grundstücken, 53400 ℳ in unterpfändlich beliehenen Hypotheken ꝛc.
Elberfeld, 17 Juli. (W. T. B.) Die Einnahmen der Bergisch⸗Märkischen Eisenbahn betrugen im Monat Juni 1879 4 421 667 ℳ gegen 4 538 734 ℳ im Juni 1878, mithin Mindereinnahm 117 067 ℳ Die Einnahmen der Ruhr⸗ Sieg⸗Eisenbahn incl. Finnentrop⸗Olpe betrugen im Monat Juni 1879 495 068 ℳ gegen 483 944 ℳ im Monat Juni 1878, mithin Mehreinnahme 11 124 ℳ Die Einnahmen der Bergisch⸗ Märkischen Eisenbahn und der Ruhr⸗Sieg⸗Eisenbahn zusammen be⸗ trugen im Monat Juni 1879 4 916 735 ℳ gegen 5 022 678 ℳ im Monat Juni 1878, mithin Mindereinnahme 105 943 ℳ
Die Einnahmen der Bergisch⸗Märkischen Eisenbahn und der Ruhr⸗Sieg⸗Eisenbahn zusammen betrugen vom 1. Januar bis ult. Juni d. J. 29 200 572 ℳ gegen 28 819 480 ℳ in dem gleichen Zeit⸗ raum des vorigen Jahres, mithia Mehreinnahme 381 092 ℳ
Leipzig, 13. Juli. Nach einer Bekanntmachung des Rathes ist der offizielle Anfang der diesjährigen Michaelismesse auf den 29. September und der Schluß derselben auf den 18. Oktober fest⸗
esetzt worden. 8 1 X“ 16. Juli. (W. T. B.) Wollauktion. An⸗ geboten wurden 2120 Ballen, verkauft 708 Ballen. Das Geschäft blieb unbelebt, die Preise waren unregelmäßig. Die Notirungen der letzten Eö nur sehr schwach behauptet. Lammwollen waren sehr vernachlässigt. 1
Washington, 16. Juli. (W. T. B.) Die gestern gemeldete, vom Schatzsekretär Sherman für den laufenden Monat an⸗ geordnete Einlösung von 1 ¼ er Bonds betrifft nur diejenigen 10 %¾ er Bonds, deren Einlösung für den Monat Juli bereits früher bekannt gemacht worden war.
phkladelphia, 14. Juli. (Allg. Corr.) Vom Fall River, Massachusetts, verlautet, daß die Fabrikanten mit Hülfe fremder Hände die Strikes bewältigen werden. Fast die Hälfte der Maschinen der Baumwollspinnereien ist unter frem Händen zu den früheren Löhnen in Thätigkeit.
Verkehrs⸗Anstalten.
Bern, 15. Juli. (N. Zürch. Ztg.) Das eidgenössische Zoll⸗ departement macht im „Bundesblatt“ darauf aufmerksam, daß bei allem schonenden Vorgehen, welches gegenüber dem Reisenden⸗ verkehr von Seiten der Schweiz beobachtet wird, den Zollbeamten immerhin gesetzlich das Recht zur Revision des Reisegepäcks zusteht. Ergeben solche Revisionen, daß Jemand versucht, mittelst falscher Deklarationen zollpflichtige Gegenstände als „Reisegepäck zollfrei einzubringen, so tritt in Anbetracht der ausgedehnten Erleich⸗ terungen 8 Vegsses des Verkehrs von Reisenden, ein um so chärferes Straf⸗maß ein. — sc sergs, Safenee. 14. Juli. (Bund.) Der Probezug Kalt⸗ bad⸗Scheideck ist heute Mittag um 1 Uhr 30 Minuten angelangt. Alles verlief in bester Ordnung. Von morgen an beginnt der regel⸗ mäßige Betrieb. b
bige Betriek, 14. Juli. (Bund.) Die Probefahrt mit der Drahtseilbahn am Gießbach im Berner Oberlande ist heute ausgezeichnet ausgefallen. Die Eröffnung des Betriebes findet im
aufe dieser Woche statt. e (W. V. B)
Southampton, 16. Juli. —G „B.) Der Dampfer des Nord deutschen Lloyd „Rhein“ ist hier eingetroffen.
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