Anweisung seines
Königreich Preußer.
Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem Rechtsanwalt und Notar, Justiz⸗Rath. Ha nff in Frankfurt a. O. den Charakter als Geheimer Justiz⸗Rath, und dem Kanzlei⸗Sekretär bei dem Ober-Tribunal, Kanzlei⸗ Inspektor Schroeder den Charakter als Kanzlei⸗Rath zu verleihen.
Allerhöchster Erlaß
vom 1. September 1879, betreffend die Bezeichnun des mit dem 1. Oktober 1879 ins Leben tretenden Ober⸗Landesgerichts zu Berlin als Kammergericht.
Auf Ihren Bericht vom 27. August d. J. will Ich dem mit dem 1. Oktober d. J. ins Leben tretenden Ober⸗Landes⸗ gerichte zu Berlin die Bezeichnung als Kammergericht beilegen. Die Präsidenten und Mitglieder haben in Folge ihrer An⸗ stellung bei demselben die der Bezeichnung des Gerichts ent⸗ sprechenden Titel zu führen. Sie haben diesen Erlaß durch die ZEETöA“ zu machen.
Beerlin, den 1. September 1879. Wilhelm. G 1 Leonhardt. An den Justiz⸗Minister.
Justiz⸗Ministerium.
“
Der Kreisrichter Hadra in Cottbus ist vom 1. Oktober
d. J. ab zum Notar im Departement des Kammergerichts mit Wohnsitzes in Charlottenburg ernannt worden.
Die Nummer 36 der Gesetz⸗Sammlung, welche von heute ab zur Versendung gelangt, enthält unter
Nr. 8663 den Allerhöchsten Erlaß vom 1. September 1879, betreffend die Bezeichnung des mit dem 1. Oktober 1879 ins Leben tretenden Ober⸗Landesgerichts zu Berlin als Kammer⸗ gericht und unter .““
Nr. 8664 den Tarif, nach welchem die Hafenabgaben zu Ekensund im Kreise Sonderburg, Regierungsbezirk Schleswig, bis auf Weiteres zu erheben sind. Vom 13. August 1879.
Berlin, den 9. September 1879.
Königliches Gesetz⸗Sammlungs⸗Amt
Bekanntmachung auf Grund des Reichsgesetzes vom 21. Oktober 1878.
Unter Bezugnahme auf die Bekanntmachung vom 19. März d. Is. werden Diejenigen, welche der hiesigen Mitgliedschaft der verbotenen Metallarbeiter⸗Gewerks⸗ Genossenschaft gegenüber Verbindlichkeiten zu erfüllen,
oder Vermögensobjekte derselben in Gewahrsam haben oder
ierdurch aufgefordert, ihre Verpflichtungen beziehungsweise 8 Ansprüche binnen vier Wochen bei dem Liquidator, olizei⸗Lieutenant Guercke, Elisabeth⸗Ufer Nr. 33, hierselbst, anzumelden.
Die innerhalb obiger Frist sich nicht meldenden Gläubiger werden aller etwaigen Vorrechte verlustig erklärt und mit ihren Feeh. nur an Dasjenige, was nach Befriedigung der sich meldenden Gläubiger von der Masse noch übrig bleiben sollte, verwiesen werden. “
Berlin, den 4. September 1879.
Königliches Polizei⸗Präsidium. Abtheilung II.
Schmidt.
Fetdenangen an diese Mitgliedschaft zu haben vermeinen,
Nichtamtliches. Deutsches NReich.
Pvreußen. Berlin, 9. September. Se. Majestät der Kaiser und König begaben Sich, laut Meldung des „W. T. B.“ aus Königsberg, gestern früh 9 Uhr zu dem Feld⸗ manöver, welches in dem Terrain westlich von Wargen statt⸗ fand, und wohnten demselben zu Pferde auf einer Anhöhe in der Nähe von Preil bei. Nach der bei Poleppen abge⸗ haltenen Kritik kehrten Se. Majestät nach Königsberg zurück und trafen daselbst um 1 ½ Uhr wieder ein. Ihre Majestät die Kaiserin und Königin besuchte im Laufe des gestrigen Vormittags verschiedene Wohlthätig⸗ keitsanstalten und empfing die Deputationen des vaterlän⸗ dischen Frauenvereins. An dieselben richtete Ihre Majestät folgende Ansprache: „Die Räume, in denen Ich Sie empfange, sind geeignet, viele ernste Gefühle anzuregen. Ich gedenke der Zeit, wo die Monarchie in der Thatkraft und Treue dieses Landes seine Wiedergeburt feierte, nach schweren Prüfungen. Ich gedenke der Zeit, wo Ihr König und Ich am Altare Gottes den Eid der Pflichttreue leisteten; Ich gedenke der Zeit, die seitdem alle Kräfte des Vaterlandes in Anspruch ge⸗ nommen hat. In dieser Zeit hat sich die Provinz ea wieder e bewährt, und die Frauen haben bewiesen, daß sie, ihrer Väter, Männer und Söhne würdig, opferwillig zusammenhielten. Was jede von ihnen während des Noth⸗ standes wie im Kriege geleistet hat, möge Gott lohnen. Ich lege Ihnen aber ans Herz, die Organisation der Vereine, die jetzt ganz Deutschland umfaßt, als die unentbehrliche, uner⸗ schhütterliche Grundlage Unserer gemeinsamen Aufgabe anzu⸗ erkennen, damit Unser gemeinsames Werk unter allen Ver⸗ hältnissen fortbestehe und in der Gegenwart wie in der Zu⸗ kunft Gott zur Ehre und zum Besten des Vaterlandes diene. Ich danke Ihnen Allen von ganzem Herzen!“ 2 Abends wohnten Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin mit den Königlichen Prinzen und Ihrem Gefolge dem von der Stadt gegebenen Feste in der „Flora“ auf den Hufen bei. Bei der Ankunft in dem glänzend erleuchteten Garten wurden die Majestäten von den nach Tausenden zählenden Anwesenden enthusiastisch begrüßt. Ebenso hatte sich auf dem Wege vom Schlosse nach den Hufen ein äußerst zahlreiches Publikum aufgestellt, welches den Kaiser und die Kaiserin mit nicht enden wollenden Zurufen empfing. Ihre Majestät die Kaiserin verließ wegen der auf Abends 10 ½ Uhr festgesetzten Abreise nach Berlin das Gartenfest früher als die übrigen Hohen Herrschaften. 5 16
Heute früh 9 Uhr begaben Sich Se. Majestät der Kaiser vom Pillauer Bahnhofe mittelst Extrazuges bis nach Medenau, stiegen dort zu Pferde und wohnten dann dem Feldmanöver zwischen Medenau und Katharinenhof bei.
Ihre Majestät die Kaiserin wird während des heutigen Tages in Berlin verweilen und Abends 10 Uhr über Frank⸗ furt nach Baden reisen.
Den enh bei Ihrer Majestät hat der Königliche Kammerherr Graf Fürstenstein übernommen.
— Der Kaiserliche Botschafter in St. Petersburg, General⸗Lieutenant von Schweinitz, hat einen ihm be⸗ willigten Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit fungirt der Botschafts⸗Rath Stumm als interimistischer Geschäftsträger.
— Erwirbt Jemand in der Subhastation ein Grund⸗ stück, so erwirbt er nach einem Erkenntniß des Ober⸗Tribu⸗ nals, III. Senats, vom 7. Juli 1879, damit das Grundstück nebst den darauf befindlichen Baulichkeiten, sowie die beweg⸗ lichen Pertinenzen des Grundstückes, selbst wenn der Subhastat niemals deren Eigenthümer war.
— Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren Dr. von Berg in Trebnitz, Dr. Weiß in Poln. Wartenberg, Severin in Hattingen.
Bayern. München, 6. September. (Allg. Ztg.) Aus den nunmehr amtlich publizirten Königlichen Entschließungen in Betreff der Besetzung der Gerichte ergiebt sich, daß für dieselben ernannt, beziehungsweise befördert wurden: für das oberste Landesgericht: 1 Präsident, 2 Senatspräsidenten, 27 Räthe, 1 Obergerichts⸗ und 4 Gerichtsschreiber. Für die 5 Ober⸗Landesgerichte: 5 Präsidenten, 9 Senatspräsidenten, 90 Räthe, 5 Obergerichts⸗ und 13 Gerichtsschreiber; für die 28 Landgerichte: 28 Präsidenten, 44 Direktoren, 281 Räthe, 29 Obergerichts⸗ und 83 Gerichtsschreiber; für die 270 Amts⸗ gerichte: 304 Ober⸗Amtsrichter, 359 Amtsrichter und 375 Ge⸗ richtsschreiber; für die Staatsanwaltschaft: am obersten Lan⸗ desgericht: 1 Ober⸗Staatsanwalt; an den Ober⸗Landesgerichten 5 Oher⸗ und 7 Staatsanwälte; an den Landgerichten: 29 I., 34 II. und 19 III. Staatsanwälte, demnach im Ganzen 1765 Ernennungen, is noch die gleichzeitig erfolgten Ernennungen des Botenpersonals für sämmtliche Gerichte kommen.
Sachsen. Dresden, 8. September. (Dr. J.) Se⸗ Majestät der König begiebt sich heute Abend nach Kamenz, um am 9. und 10. d. M. den zwischen Kamenz und Bautzen stattfindenden Manövern der 1. Infanterie⸗Division Nr. 23 anzuwohnen.
Hessen. Darmstadt, 9. September. (W. T. B.) Se. Kaiserliche Hoheit der Großfürst Alexis von land ist heute von Jugenheim nach Biarritz abgereist.
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 9. September. (W. T. B.) Die heutigen Morgenblätter melden aus Han⸗Kovacs von gestern, daß die östexreichischen Truppen gestern Mittag daselbst in ihren ernen Lager im Sandschak von Novibazar eingetroffen sind. Der Abmarsch war Morgens 6 Uhr von Tschainitza aus unter dem Kommando des Generals Killic erfolgt. Der Marsch auf den steilen Gebirgswegen war sehr beschwerlich. Die Nachrichten aus Taschlidscha lauten be⸗ G Die türkischen Wachen in Goczd hatten das Wacht⸗ aus vor der Ankunft der österreichischen Truppen geräumt. — Die Abreise des Fürsten von Montenegro ist bis zum 11. d. M. verschoben.
Belgien. Brüssel, 9. September. (W. T. B.) Der „Moniteur Belge“ veröffentlicht ein Dekret des Königs, durch welches der Gouverneur der Kriegsschule, General Liagre, mit den Funktionen des Kriegs⸗Ministers betraut wird.
Großbritannien und Irland. London, 8. Sep⸗
tember. (W. T. B.) Das „Reutersche Bureau“ meldet aus Simla, von heute: Nach eingegangenen Berichten drei Regimenter aufständischer Afghanen Kabul ver⸗ lassen; über die Bestimmung derselben sei nichts bekannt. Die Haltung der Stämme an der indisch⸗afghanischen Grenze sei bis jetzt eine für die Engländer nicht ungünstige. In den Kreisen der indischen Regierung nehme man an, daß die Anstiftung und Mitschuld Ajub Khan und anderen Häupt⸗ lingen zur Last falle. Der „Cölnischen Zeitung“ wird bezüglich der Vorgänge in Kabul aus London, vom 8. September, Folgendes ge⸗ meldet: Die englische Gesandtschaft war in Kabul kaum eingetroffen, als sich das gewöhnliche Volk auch schon unzu⸗ frieden und herausfordernd gegen sie benahm. Die Gesandt⸗ schaft war einstweilen in hölzernen Häusern untergebracht, bis ein passendes Gebäude, für welches der Platz bereits gewählt war, aufgeführt sein würde. Die Gesandtschaft bestand aus dem Major Cavagnari, dem Sekretär Jenkins, Dr. Kelly, Lieutenant Hamilton, 60 Fußsoldaten und 26 berittenen Guiden. Die Aufrührer wurden am 3. d. M. zuerst durch ein wohl⸗ gezieltes heftiges Feuer zurücgetrieben, erschienen aber, durch den Pöbel der Stadt verstärkt, nach Plünderung des Arsenals bald wieder. Der Angriff dauerte unter beider⸗ seitigen namhaften Verlusten den ganzen Tag. Den Afghanen gelang es gegen Abend, das Gesandtschaftsgebäude in Brand zu stecken. Die Bewohner desserben stürmten heraus und wurden, ihr Leben auf das Tapferste vertheidigend, sämmtlich getödtet. Neun Guiden, welche zur Zeit des Angriffs foura⸗ girten, entflohen nach dem Shutargardan⸗Paß und sollen die einzig Ueberlebenden sein. Der Emir Jakub Khan, selbst hart bedrängt, bat die Engländer um ülfe; Badehan Khan, welcher sich nördlich vom Passe befindet, bot den Eng⸗ ländern seinen Beistand an. Die Truppen befinden sich von allen Seiten bereits auf dem Marsche gegen Kabul.
Exeter, 8. September. (W. T. B.) Der Kanzler der Schatzkammer, Sir Stafford Northcote, wohnte heute hier einem von den konservativen Arbeitern ab⸗ gehaltenen großen Meeting bei und stellte dabei seinen Sohn den hiesigen Wählern als Kandidaten für eine künftige Parlamentswahl vor. Der Schatzkanzler ging in seiner Rede auf eine Betrachtung der von der Regierung in den letzten Jahren beobachteten Politik ein und hob hervor, daß England, seitdem es den Muth gehabt habe, rund heraus zu sagen, was es im Nothfalle thun könne oder wolle, eine viel wichtigere Stellung als vorher im Rathe Europas eingenommen habe,
— — — — —
1
und daß man mehr als vorher auf seine Worte höre. — Dem Schicksal des Majors Cavagnari und der übrigen Mitglieder der englischen Gesandtschaft in Kabul widmete der Redner Worte warmer Theilnahme und Trauer. Dieselben seien die Opfer einer fanatischen Wuth geworden, gegen welche sie sich mit Muth vertheidigt hätten; es sei das ein eines Eng⸗ länders würdiger Entschluß gewesen. Der Tod Cavagnari' sei ein Verlust für die Nation. Der Emir von Afghanistan habe von England Hülfe verlangt, und die englischen Truppen seien ohne Zweifel bereits in der Nähe von Kabul angekom⸗ men, wo sie die Ruhe herstellen würden. Ueber die Ereignisse in Kabul schon jetzt ein Urtheil auszusprechen, scheine ihm verfrüht; man müsse weitere Nachrichten abwarten. — Schließ⸗ lich deutete der Schatzkanzler auf die von den irländischen
Parlamentsmitgliedern in der letzten Session beobachtete
destruktive Politik hin und betonte die Nothwendigkeit, allen Versuchen, die Union der britannischen Inseln zu erschüttern, festen und entschiedenen Widerstand entgegenzusetzen.
Frankreich. Paris, 8. September. (C. Ztg.) Kriegs⸗Minister, General Gresley wird auf Inspektions⸗Rundreise nach Norden und Osten Frankreichs von den Divisions⸗Generälen de Berckheim, Präsident des Comités des Genies, und
Der seiner
Doutrelaine, vom Geniecorps und kommandirender General
des 5. Armee⸗Corps, begleitet. — 9. September. (W. T. B.) Der zweite Zug mit 200 Amnestirten ist heute früh 6 Uhr hier eingetroffen.
Bei der Ankunft der Amnestirten sind keinerlei Ruhestörungen
vorgekommen.
Italien. Bologna, 8. September. (W. T. B.) Das hiesige Zuchtpolizeigericht hat die Mitglieder der Inter⸗ nationalen in Imola der Theilnahme an einer strafbaren Verbindung schuldig erkannt.
Türkei. Konstantinopel, 7. September. (W. T. B.) In der gestrigen Konferenz der türkisch⸗grie⸗ chischen Bevollmächtigten überreichten die griechischen Kommissäre eine schriftliche Antwort auf die jüngsten Er⸗ klärungen der türkischen Kommissäre bezüglich der Annahme des 13. Kongreßprotokolles als Grundlage für die Verhand⸗ lungen. In dieser Antwort werden jene Erklärungen als ungenügend bezeichnet und kategorisch Aufschluß darüber ver⸗ langt, ob die Türkei das 13. Kongreßprotokoll als Grundlage für die Verhandlungen annehmen wolle. Schließlich einigte man sich dahin, daß die türkischen Kommissäre in der nächsten Sitzung, am Mittwoch, die Forderung der griechischen Kom⸗ missäre schriftlich beantworten sollten.
— (W. T. B.) Pascha erklärte dem österreichisch⸗ ungarischen Botschafter, daß die Pforte es als ihr größtes Interesse erkenne, ihr vollkommenes Einverständniß mit Oesterreich⸗-Ungarn moöglichst deutlich zu zeigen. Um diesem Einverständnisse den unzweideutigsten Ausdruck zu geben, sei Husni Pascha heute ausdrücklich angewiesen wor⸗ den, die in Novibazar einrückenden Truppen zu begleiten. Auch den übrigen türkischen Behörden des Distrikts von Novibazar sei aufs Neue der Befehl des Sultans gegeben worden, dem Vormarsche der österreichisch⸗ungarischen Truppen möglichsten Vorschub zu leisten.
Mumänien. Bukarest, 9. September. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer hat die Debatte über den Comitez bericht, betreffend die Revision der Verfassung, auf nächsten Montag vertagt, da der Minister des Auswärtigen, Boerescu, welcher sich nach Rom begeben hat, erst gegen Ende dieser Woche hierher zurückkehren wird.
Amerika. Washington, 4. September. (Allg. Corr.) Die Staatseinkünfte in dem am 30. Juni beendeten Jahre betrugen 273 827 184 Doll., die Ausgaben 266 947 883 Doll. Im Vergleich mit dem vorhergehenden Jahre haben die Einkünfte um 16 063 305 Doll. zugenommen, von welchem Betrage 7 000 000 Doll. auf die Zölle, 3 000 000 Doll. auf die direkten Steuern und 1 500 000 Doll. auf aus den Münzoperationen entstandenen Nutzen entfallen. Die Ausgaben haben sich um 29 983 556 Doll. ver⸗ mehrt. Unter den Mehrausgaben befinden sich 5 500 000 Doll. für die an Canada entrichtete Fischerei Entschädigung, 800 000 Doll. für rückständige Pensionen, und 3 000 000 Doll. für während der Konvertirungs⸗Operationen gezahlte Extra⸗ zinsen.
New⸗York, 4. September. (Allg. Corr.) Die repu⸗ blikanische Partei des Staates New⸗York hat Re⸗ solutionen angenommen, welche erklären, daß die Verwei⸗ gerung von Geldmitteln Seitens der Repräsentantenkammer sowie die Annullirung bestehender Gesetze als Revolutions⸗ versuche betrachtet werden müßten, und daß die Aufhebung der Wahlgesetze eine Verschwörung gegen das allgemeine Wahlrecht bilde. Es wurden ferner Beschlüsse gefaßt, welche die Ausübung des Terrorismus im Süden mißbilligen und
über die Wiederaufnahme der Baarzahlungen, sowie über die
Wiederkehr der Landeswohlfahrt Befriedigung ausdrücken.
Statistische Nachrichten.
In dem jetzt vom Kaiserlichen statistischen Amte herausgegebenen Julihefte der Monatshefte zur Statistik des Deutschen Reichs für 1879 wird u. A. eine Uebersicht über die Produktion von Stärkezucker im deutschen Zollgebiet für das Etatsjahr 1878/79 veröffentlicht. Da⸗ nach wurde die Stärkezucker⸗Fabrikation überhaupt von 47 Fabriken betrieben, von denen jedoch 8 inaktiv gewesen sind. Von denselben befanden sich in Preußen 36 (darunter 5 inaktive) und zwar in den Provinzen: Brandenburg 19 (davon 2 inaktiv), Pommern 4 (davon 1 inaktiv), Posen 1, Schlesien 4, Sachsen 6 (davon 2 inaktiv), und Rheinland 2. Von den übrigen Bundesstaaten zählen: Bayern l, Baden 1, Hessen 4 (davon 3 inaktiv), Mecklenburg 2, Braunschweig l, Elsaß⸗Lothringen 2 Fabriken. Im Vergleiche zu dem Bestande des Jahres 1878/79, welcher 48 Fabriken (darunter 3 inaktiv) nachweist, hat sonach in 1878/79 eine Verminderung der Gesammtzahl um 1, der betriebenen Fabriken aber um 6 stattgefunden. Gleichwohl ist nach der amtlichen Aufstellung eine nicht unbedeutende Zunahme der Stärkezucker⸗Gewinnung eingetreten. Die Menge der zu Stärke⸗ zucker im Jahre 1878/79 verarbeiteten Stärke, wobei indeß für die beiden in Bayern und Baden vorhandenen Fabriken Angaben nich gemacht sind, wird folgendermaßen angegeben: 8
nasse: trockene: Selbstfabrizirte Stärke .374 930 Ctr. 30 300 Ctr. EI3 Angekaufte Stärke 886885 255 „ 9 569 „ (1877/78: 494 496 „ 11] Zusammen.. (1877/78:
960 185 Ctr. 39 869 Ctr. 781 596:6 „ 88 9983
jahre; sie betrugen für den Centner:
den festen Plätzen im
Die Zuna S verarbeitung hat hiernach gegen 1877/78 165 130 Ctr. oder c. 20 % betragen und den Umfang früherer Jahre, die eine besonders hohe Produktion nachweisen C. B. 1873 mit 884 457 Ctr. und 1874 mit 932 739 Ctr.), noch immer überstiegen. Die Menge des gewonnenen Stärkezuckers, wobei indeß für die oben⸗ gedachte badische Fabrik Angaben fehlen, stellte sich wie folgt: 1878/79. 1877/78. 1878/,79 oder — Stärkezucker in fester
Form 234 756 Ctr. 162 693 Ctr. + 72 063 Ctr. Stärkezucker⸗Syrup 323 620 „ 318 617 „ + 5 003 „ Couleur. e“ 24 615 „ —, 6 365 „
Von der gesammten Produktion entfielen auf die in Preußen betriebenen 31 Fabriken 207 720 Ctr. Stärkezucker in fester Form (1877/78 132 969 Ctr), 307 631 Ctr. Stärkezucker⸗Syrup (1877/78 294 518 Ctr.) und 18 200 Ctr. Couleur (1877/78 24 615 Ctr.) Die durchschnittlichen Verkaufspreise der gewonnenen Fabrikate waren wegen der erhöhten Produktion in 1878/79 niedriger, wie im Vor⸗
1878/79. 1877/78. 1878/79 weniger. 15,80 ℳ 16,80 ℳ 1,00 ℳ Stärkezucker⸗Syrup 15,20 „ 16,30 „ 10 „ Couleur. 6“ 18 10 19,00 „
— Das Juliheft der vom Kaiserlichen Statistischen Amte herausgegebenen Monatshefte bringt, außer den regelmäßigen Veröffentlichungen über die Waaren⸗Einfuhr und Aus⸗ fuhr im Jollgebiet überhaupt, über die Waareneinfuhr aus England im Besonderen, über die Ergebnisse der Rübenzucker⸗Besteuerung und über Preise von 28 wichtigen Waaren an 26 deutschen Groß⸗ handelsplätzen für den Monat Juli 1879, noch folgende Mitthei⸗ lungen: Eine Zusammenstellung über die den Weinhändlern ge⸗ währten Zollbegünstigungen für das Etatsjahr 1878/79. — Es wur⸗ den im Ganzen für Weinzoll kreditirt 2 503 292 ℳ, was einer Weinmenge von 312 912 Centnern entspricht; Zahlen, die im Zusammenhalt mit denen früherer Jahre auf einen Rückgang des deutschen Großhandels mit fremden Weinen seit einer Reihe von Jahren hinweisen — und eine Uebersicht über die Produktion von Stärkezucker im gleichen Zeitraume. Es wurden 234 756 Ctr. Stärkezucker, 323 620 Ctr. Stärkezucker⸗Syrup und 18 250 Ctr. Couleur gewonnen. — Ferner enthält das Heft eine Mittheilung der Hauptergebnisse der Ermittelungen über Anbau und Ernte land⸗ wirthschaftlicher Produkte im Deutschen Reiche für das Jahr 1878 nebst Darstellung der Aufnahmevorschriften und eine um⸗ fangreiche Arbeit über: Die Volkszahl der deutschen Staaten nach den Zählungen seit 1816, in welcher sowohl die Geschichte der deutschen Volkszählungen seit 1816 dargestellt wird, wie auch die Ergebnisse der Volkszählungen der sämmtlichen heutigen deutschen Staaten mitgetheilt und zu zusammenfassenden Uebersichten für das Reich bearbeitet sind.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
In Paris starb am 6. d. Mts. Baron Taylor. einst berühmt als Reiseschriftsteller und Mitglied des Instituts, wurde am 15. August 1789 in Brüssel geboren und gehörte einer englischen Familie an, die sich in Frankreich eingebürgert hatte. Seine Hauptwerke sind: „Les voyages pittoresques et romantiques de l'ancienne France“ (1820—1854), an deren Ausstattung die ersten
Stärkezucker in fester Form
Künstler Frankreichs mitwirkten; dann seine „malerischen Reisen in
Spanien, Portugal und an der afrikanischen Küste“ (1826 in Folio); „Syrien, Egypten und Palästina“ (1837), seine „Reisen in der Schweiz, England, Schottland, Deutschland ꝛc.“ (1843). Seit 20 Jahren wid⸗ mete sich der Verstorbene fast ausschließlich und in der edelmüthigsten Weise den mater iellen Interessen der Künstler⸗ und Schriftsteller⸗ welt, die in ihm einen ebenso anspruchslosen als werkthätigen Gönner verehrte. — Am 7. verstarb der Karikaturenzeichner des „Charivari“, Cham, Sohn des Grafen de No.
and⸗ und Forstwirthschäaft.
Das Programm für die Erste Mastvieh⸗Ausstellung zu Dresden am 1. und 2. Mai 1880 ist erschienen. Für die Konkurrenz ist danach folgende Aufstellung maßgebend: Abtheilung A. Rindvieh aller Racen. 1) Kälber bis 6 Monate alt. 2) Kalben (Fersen, Stärken, d. h. weibliche Thiere über 6 Monate alt, welche noch nicht befruchtet wurden). a. Stämme des deut⸗ schen Tieflandes, b. Stämme des deutschen Höhelandes, c. eng⸗ lische Racen und Stämme, d. alle anderen vorstehend nicht genannten Racen und Stämme, e. Kreuzungen. 3) Kühe: a. Stämme des deutschen Tieflandes, d. Stämme des deut⸗ schen Höhelandes, c. englische Racen und Stämme, d. alle an⸗ deren vorstehend nicht genannten Racen und Stämme, e. Kreuzun⸗ gen. 4) Junge Ochsen bis zum Abzahnen: a. Stämme des deutschen Tieflandes, b. Stämme des deutschen Höhelandes, c. englische Racen und Stämme, d. alle anderen vorstehend nicht genannten Racen und Stämme, e. Kreuzungen. 5) Alte Ochsen, vollzähnig, jeden Alters: a. Stämme des deutschen Tieflandes, b. Stämme des deutschen Höhelandes, c. englische Racen und Stämme, d. alle anderen vorstehend nicht genannten Racen und Stämme, e. Kreuzungen. 6) Bullen bis zum Abzahnen: a. Stämme des deutschen Tieflandes, b. Stämme des deutschen Höhelandes, c. englische Racen und Stämme, d. alle anderen vorstehend nicht genannten Racen und Stämme, e. Felnhn. 7) Bullen, vollzähnig: a. Stämme des deutschen Tieflandes, b. Stämme des deutschen Höhelandes, c. eng⸗ lische Racen und Stämme, d. alle anderen vorstehend nicht ge⸗ nannten Racen und Stämme, e. Kreuzungen. — Abtheilung B. Schafe aller Racen. 1) Hammel und Schafe in Loosen von 3 Stück bis 18 Monate alt: a. Merinos, b. Southdowns und ähnliche, Stämme, c. langwollige englische Stämme, d. Kreuzungen, e. Thiere, welche nicht zu den vorbenannten Kategorien gehören. 2) Hammel und Schafe in Loosen von 3 Stücken, 18 Monatez alt und älter: a. Merinos, b. Southdowns und ähnliche Stämme, c. langwollige englische Stämme, d. Kreuzungen, e. Thiere, welche nicht zu den vorbenannten Kategorien gehören. 3) Schafe, einzelne, ohne Rücksicht auf Alter und Geschlecht: a. Me⸗ rinos, b. Southdowns und ähnliche Stämme, c. langwollige englische Stämme, d. Kreuzungen, e. Thiere, welche nicht zu den vorbenannten Kategorien gehören. — Abtheilung C. Schweine aller Racen. 1) Schweine bis 8 Monate alt. 2) Schweine, 8 bis 14 Monate alt. 3) Schweine, 14 Monate alt und älter.
Gewerbe und Handel.
In Serbien sind, wie die neuesten Nachrichten aus Belgrad besagen, in der Zeit vom 7. bis 18. August an der Rinderpest*) in den Kreisen Cacak, Alexinatz und Uschiza 38 Stück Rinder er⸗ krankt, von denen 10 verendet sind.
— In London ist der bekannte Verleger Longman ge⸗
storben.
— Dem Geschäftsbericht der Sächsischen Kammgarn⸗
spinnerei zu Harthau für die Zeit vom 1. Mai 1878 bis 30. April
1879 entnehmen wir Folgendes: Der Versandt an Garn während des abgelaufenen Geschäftsjahres betrug 264 107 kg im Fakturen⸗ werth von 2 234 425 ℳ; der Gesammtversandt an Garn, Kämm⸗ lingen, kurzen Wollen und Abgängen belief sich auf 2 517 185 ℳ gegen 2 462 312 ℳ in 1877/78. Am Schlusse des Geschäftsjahres war ein Bestand an Aufträgen in Garn von 58 068 kg; davon kamen im neubegonnenen Geschästsjahre zur Ausführung in den Monaten Mai und Juni 51 000 kg, während zu den sonach ver⸗ bleibenden 7068 kg, inzwischen weitere 81 825 kg zugegangen sind und die Spinnerei demnach durch den gegenwärtigen Bestand an Aufträgen für die nächsten drei Monate volle Beschäftigung in allen Branchen besitzt. Um bei dem in den letzten Jahren wesentlich erhöhten Betriebe jeder Möglichkeit
*) Conf. Nr. 195 des „R. Anz.“
Derselbe,
örung zu begegnen und die seitherigen Nachtheile und Mängel möglichst zu beseitigen, hat man sich zu verschiedenen Neu⸗ bez. Umänderungsbauten und Neuanschaffungen vFt blegen müssen; dadurch ist unter anderem eine Erhöhung der Zahl der Feinspindeln um 400, im Ganzen auf 15 666 erreicht worden. Das verflossene Geschäftsjahr lieferte nach niedrigster Einstellung der Preise für Vorräthe ein Brutto⸗Erträgniß von 126369 ℳ, von welchem Betrage der Saldo der früheren Unterbilanz von 58 762 ℳ, die Abschrei⸗ bungen auf Gebäude, Maschinen ꝛc. 51 907 ℳ, sowie Abschreibungen auf dubiose Forderungen 15 000 ℳ, zusammen demnach um 125 670 ℳ 2 8189g und ein Saldo von 698 ℳ auf neue Rechnung vorzu⸗ ragen ist.
Braunschweig, 8. September. (W. T. B.) Der bekannte hiesige Verlagsbuchhändler, Kommerzien⸗Rath Westermann ist gestern Abend in Wiesbaden an einem Herzschlage gestorben.
London, 8. September. (W. T. B. Die Getreide⸗ zufuhren betrugen in der Woche vom 30. August bis zum 5. Sep⸗ tember: Engl. Weizen 421, fremder 100 154; engl. Gerste 739, fremde 1050; engl. Malzgerste 17 655; engl. Hafer 628, frem⸗ der 58 492 Ortrs.; engl. Mehl 12 873 Sack, fremdes 16 836 Sack und 6061 Faß. 1
Nischni⸗Nowgorod, 26. August. Die „Pol. Corr.“ meldet: Die eben beendete Messe hat einen sehr günstigen Verlauf genom⸗ men, obschon es nicht an Bemühungen gefehlt hat, ihren Erfolg zu durchkreuzen. Dazu muß vor Allem der vor wenigen Wochen hier ausgebrochene Brand gerechnet werden, welcher zwar im Keim unter⸗ drückt, aber mit gewohnter Uebertreibung zu einer furchtbaren Kata⸗ strophe aufgebauscht wurde. Der angebliche Riesenbrand, welcher einen Theil der Stadt und ein Drittel der Meßgebäude vernichtet haben soll, reduzirt sich in der Wirklichkeit auf sehr bescheidene Di⸗ mensionen: ein einziges Haus, weit abgelegen vom Meßplatz, fiel den Flammen zur Beute. Der Geschäftsverkehr, der ungemein leb⸗ haft war, wickelte sich ohne Störung ab. Zu den Zehntausenden von Käufern und Verkäufern, welche aus allen Theilen des russischen Reiches eingetroffen waren, gesellten sich Schaaren von Chinesen, Persern, Tscherkessen, Armeniern und Tataren. Aus dem Westen Europas waren namentlich deutsche Geschäftsleute und auch Engländer zahlreich erschienen. Die Theelager allein repräsentiren einen deklarirten Werth von 10 Millionen Rubel. Auch in öster⸗ reichischen Artikeln, namentlich Manufaktur⸗ und Kurzwaaren, fanden beträchtliche Umsätze statt. 60 Flußdampfer sind mit dem Remor⸗ quiren der mit Waaren gefüllten riesigen Flußschiffe beschäftigt. End⸗ lose Karawanen ziehen aus den Thoren der Stadt, welche noch selten eine größere Zahl von Meßbesuchern beherbergt hat. Es galt, die während des Kriegs erzeugten Vorräthe an den Mann zu bringen und der mit dem Frieden in allen Schichten der Bevölkerung er⸗ wachten Kauflust die begehrten Artikel zu verschaffen. Wie nach jedem großen Kriege, trat auch diesmal in Rußland und dessen Nachbarländern mit der Wiederherstellung des Friedens ein intensiver Aufschwung des Handelsverkehrs ein.
Verkehrs⸗Anstalten⸗ 1
Plymouth, 8. September. (W. T. B.) Der Hamburger Postdampfer „Lessing“ ist hier angekommen.
New⸗York, 8. September (W. T. B.) Der Dampfer „Helvetia“ von der National⸗Dampfschiffs⸗Compagnie (C. Messingsche Linie) und der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Oder“ sind hier eingetroffen.
— Berlin, den 9. September 1879.
In der Woche vom 1. bis 7. September einschließlich besuchten die Berliner Gewerbe⸗Ausstellung circa 66 891 zahlende Personen. Gesammtzahl der zahlenden Besucher von der Erö bis zum 7. d. M. 999 892 Personen. 1““
v1“X“X“] “ 9
In der dritten Sitzung der Astronomen⸗Versammlung wurde nach Mittheilung wissenschaftlicher Korrespondenzen aus Nico⸗ lajeff, Wien und London zunächst die statutenmäßige theilweise Er⸗ neuerung des Vorstandes und die Wahl des neuen Vorsitzenden der
astronomischen Gesellschaft vollzogen. Hiernach besteht zur Zeit der Vorstand aus den Herren Krüger (Gotha), Auwers (Berlin), van de Sande Bakhuyzen (Leiden), Gylden (Stockholm), Schoenfeld (Bonn), Winnecke (Straßburg), Bruhns (Leipzig), Auerbach (Leipzig). Vor⸗ sitzender ist Professor Krüger, sein Stellvertreter Professor Auwers. Fensedist der nächsten Generalversammlung (1881) wird Straßburg gewählt.
Die Vorträge eröffnet Professor Tietzen (Berlin) mit einer Dar⸗ legung des igsehsra e Standes der Arbeiten, betreffend die kleinen Planeten. Hieran schließt sich eine Debatte, an welcher sich die Herren Bruhns, Förster, Oudemanns betheiligen. Das Ergebniß derselben ist der Ausdruck des allgemeinen Wunsches nach einer immer wirksameren Organisation dieser Arbeiten. In Anschluß daran wird der Antrag des Hrn. Palisa (Pola) angenommen, wonach der Vorstand der Gesellschaft ersucht wird, dahin zu wirken, daß die telegraphischen Nachrichten astronomischen Inhalts sowohl in Europa, als von Erdtheil zu Erdtheil vollständiger, aber zugleich ökonomischer organisirt werden.
Hierauf beendigt Dr. Schröder (Hamburg) seinen in der vorigen Sitzung begonnenen Vortrag über Probleme und Erfahrungen aus der praktischen Optik, woran sich Mittheilungen und Bemerkungen Seitens der Herren Abbe (Jena), Saffarik (Prag), Bruhns (Leipzig), Winnecke (Straßburg) schließen. 1 1
Prof. Oudemanns (Utrecht) berichtet über das Gaußsche Ob⸗ jektiv der Utrechter Sternwarte, Mr. Huggins (London) theilt einige Ergebnisse seiner photographischen Aufnahmen der Spektra von Sternen mit. Geheimrath Bruhns (Leipzig) legt Zeichnungen von Nebelflecken, die auf der Leipziger Sternwarte aufgenommen sind, vor, sowie Sonnen⸗Photographien des Herrn Honickel zu Leipzig.
Prof. Abbe (Jena) berichtet eingehend über seine theoretischen und experimentellen Arbeiten, betreffend die Sicherung der mikrome⸗ trischen Messungen mit Fernrohr und Mikroskop, woran sich Mit⸗ theilungen von Förster und Winnecke knüpfen.
Prof. Bakhuyzen (Leiden) erörtert seine Untersuchungen über den Einfluß der Helligkeit der Sterne auf die Durchgangsbeobachtungen. Professor Schönfeld (Bonn) berichtet über den Fortgang seiner Durchmusterung der südlichen Sterne, Professor Förster (Berlin) über die Bestimmungen von absoluten Poldistanzen aus bloßen Durchgangsbeobachtungen. .
Der Vorsitzende schließt hierauf die Sitzungen, indem er Namens der astronomischen Gesellschaft der Königlichen Staatsregierung für ihre große Gastfreundlichkeit und der Akademie der Wissenschaften für die Gewährung ihrer Räume, endlich den Berliner und Pots⸗ damer Astronomen für ihr kollegialisches Entgegenkommen dankt.
Prenzlau, 8. September. Im Sitzungssaale des Stadtver⸗ ordneten⸗Kollegiums hielt heute der Brandenburgische Städte⸗ tag eine Sitzung ab. Es waren 27 Städte von 43 Delegirten ver⸗ treten. Bürgermeister Dr. Mertens (Prenzlau), der der Ver⸗ sammlung präsidirte, eröffnete dieselbe mit einem Hoch auf Se. Majestät den Kaiser, in das alle Anwesenden dreimal be⸗ geistert einstimmten. Der Bürgermeister Dr. Adolph (Frankfurt a. O.) referirte aldann über gewerbliche Fortbildungsschulen und motivirte folgenden Antrag: „Der Brandenburgische Städtetag beschließt: 1) Es empfiehlt sich zur Zeit, alle verfügbaren Mittel möglichst dem gewerblichen Fortbildungsschulwesen zuzuwenden. 2) Die gewerbliche Fortbildungsschule soll umfassen den Lehrling und Gehülfen nicht nur des Handwerks, sondern auch des Fabrik⸗ betriebes, und zwar bis zum vollendeten 18. Lebens⸗
“
jahre. 3) Sie ihre Zöglinge in mindestens 6 Stun⸗ den wöchentlich zu unterweisen, wovon 2 Stunden auf den Zeichen⸗ unterricht gerechnet sind. 4) Die Anzahl der Lehrgegenstände ist möglichst zu beschränken. Nothwendig erscheint Zeichnen, deutsch, an⸗ gewandte Mathematik und Naturkunde. 5) Es ist dringend zu wünschen, daß Seitens der Staatsbehörde ein einheitlicher Lehrplan für den Zeichenunterricht aufgestellt werde, welcher auch die Volksschule umfaßt. 6) Ein Gedeihen des Fortbildungs⸗ schulwesens kann zur Zeit nur dann erhofft werden, wenn der Schulbesuch obligatorisch gemacht wird. 7) Nach dem gegenwärtigen Stande der Gesetzgebung sind die Gemeinden genöthigt, aber auch berechtigt, die Ahndung der Schulversäumniß und Diezi⸗ plinarvergehen auf dem Wege polizeilicher Bestrafung herbeizuführen. Es ist zu wünschen, daß durch Gesetz die Disziplinargewalt der Volksschule auch auf die Fortbildungsschule übertragen werde. 8) Die Schule, auch die Fachschule, kann uns nur die traditionelle Lehre überliefern, und nur einen Theil der erforderlichen Zucht über⸗ nehmen. Es bleibt also neben der Schule unverändert die Auf⸗ gabe: die eigene Erfahrung des Lehrlings und seine Erziehung in der Werkstätte, geeignetenfalls auch durch Errichtung von Lehr⸗ werkstätten zu fördern.“ Die vorstehenden Thesen wurden einstimmig angenommen. — Alsdann sprach Ober⸗Bürgermeister Reuscher (Bran⸗ denburg g. H.), über: Die Wiederbelebung der Innungen; er empfahl dem Städtetag, alle im Interesse des Handwerks auf⸗ tretenden Reformbestrebungen nach besten Kräften zu unterstützen. Es wurde beschlossen: die Angelegenheit mit Entgegennahme dieses Vortrages als vorläufig erledigt zu betrachten. — Bürgermeister Dr. Mertens (Prenzlau) referirte hierauf über die Armenschulen. Nach kurzer Debatte wurde beschlossen: „Der Städtetag ersucht: die Armen⸗, Frei⸗ und Halbfreischulen, überall wo solche noch bestehen, auf⸗ zuheben.“ — Ein Antrag des Bürgermeisters Dr. Mertens (Prenzlau): „Geeigneten Orts dahin vorstellig zu werden, daß die Kosten der Beschafung von Arbeitsbüchern und Arbeitskarten fernerhin nicht von den Gemeinden getragen werden,“ wurde mit Rücksicht auf diese „sehr heilsame Einrichtung“ abgelehnt. — Ebenso wurde ein Antrag des Bürgermeisters Dr. Zittelmann (Cüstrin): „Verwahr⸗ loste Kinder fernerhin nur in Korrigenden⸗Anstalten und nicht mehr bei Privatleuten unterzubringen“, abgelehnt. — Dagegen wurde auf Antrag des Magistrats zu Freienwalde a. O. beschlossen: „Der Städtetag beauftragt eine Kommission, eine Petition an den Pro⸗ vinziallandtag auf Fortfall der bisher von der Provinz gewährten Beihülfe zur Durchführung der Kreisordnung im Betrage von 297 051 ℳ auszuarbeiten und die Städte zur Unterzeichnung der Petition aufzufordern.“ 8
Der Telegraph hat bereits die Nachricht übermittelt, daß Pro⸗ fessor Nordenskjöld und seine Gefährten an Bord des Dampfers „Vega“ glücklich und wohlbehalten Yokohama, und zwar nach den übereinstimmenden Mittheilungen des Führers der „Vega“, des Lieutenants Palander, an den schwedischen Marine⸗ Minister und des Prof. Nordenskjöld an Hrn. Oscar Dickson in Gothenburg, am 3. September erreicht haben. Das Expeditionsschiff „Vega“ wurde von Hrn. Oscar Dickson für 150 000 Kronen an⸗ gekauft und in Karlskrona ausgerüstet. An Bord desselben befinden sich außer einer Besatzung von 20 Personen folgende Gelehrte: Do⸗ cent F. Kjellmann, Botaniker, Dr. A Sturberg, Zoologe, Dr. E. Almquist, Arzt, A. Hofgaard, (dänischer Marine⸗Lieutenant), Physiker, Bove (italienischer Marine⸗Lieutenant), Hydrograph, Nordquist (russischer Offizier), Dolmetscher und stellvertretender Zoologe. Die Befehlshaber der „Vega“ sind der schwedische Marine⸗Lieutenant Palander und der Seconde⸗Lieutenant E. Brusewitz. Die Leitung des Ganzen hatte Professor A. E. Nordenskiöld. Bei der Abreise war die Expedition mit Proviant für zwei Jahre versehen. Zur Böestreitung der Kosten der Expedition hatte Se. Majestät der König Oscar von Schweden 40 000 Kronen beigetragen und der schwedische Reichstag vor der Hand 32 000 Kronen für die Expedition bewilligt. Außerdem hatte der sibirische Gutsbesitzer Sibiriakoff bedeutende Mittel für dieselbe hergegeben. Am Donnerstag, den 4. Juli 1878, verließ die „Vega“ Gothenburg; am 18. Juli traf das Schiff in Tromsoe ein, von wo es am 21. Juli mit dem Kurse nach Jugorscharr abging. Am 1. August lief die „Vega“ ins Karische Meer ein und umsegelte ohne Hindernisse die bis zum 78. Breitengrade hinaufgehende nördlichste Spitze Asiens, das Kap Tscheljuskin; am 27. August ging die „Vega“ in der Mündung des Lenaflusses vor Anker und trennte sich hier von dem Begleitschiffe „Lena“. Am 28. September fror das Schiff bei der Tschutschen⸗Halbinsel unterm 670 5“ nördl. Breite und 1730 30“ westl. Länge unweit der Einfahrt zur Behringstraße ein. Hier war es festgebannt bis zum 18. Juli d. J., am 20. Juli passirte es das Ostkap.
Ueber die Reise der „Vega“ veröffentlicht der „New⸗York Herald“ eine längere Depesche, der wir Folgendes entnehmen: Zwischen Waigatsch uud dem Kontinent kein Eis. Vier Tage Aufenthalt im Dixon Hafen, Yenisei. Nach Nordost gesegelt; durch Eis vier Tage aufgehalten. Am 19. August in Tajoyr, Toejdekin, dem äußersten Punkte Nordasiens; kurzer Aufenthalt. Umschifften Halbinsel. Wenig Eis. 26. Fluß Lena, neue sibirische Inseln, bezüglich des Eises unerforscht. Kolwyafluß offenes Wasser. Schwierigkeiten begannen, nehmen täglich zu. Viel Aufenthalt. Coohes Cap, Valkarema. Kolintchins Bai durchfahren am 27. September, eingeschlossen am 28., Tschuktschen⸗Niederlassung 670 7„ N. B., 173 ⁰0 24 W. L. Für den Winter eingerichtet. Land eine Meile entfernt. Alles gesund und munter; keinen Skor 8 but. Der kürzeste Tag, drei Stunden Tageshelle. Obere Theil der Sonne sichtbar. Wissenschaftliche und ethnographische Studien. 4000 Einwohner, Tschiktschis genannt. Verschiedene Dorf bewohner. Fisch⸗ und Walroßfang. Lieferten der Expeditio Bären und Rennthiere. Furchtbare Kälte, im Durchschnit 36 Centigrade. Wild im Ueberfluß, im Frühling wildes Ge flügel. 264 Tage im Eis zurückgehalten. Erlöst. Gesegelt am 18. Juli. Ostkap, Beiingn⸗Straße am 28. passirt. Praktischer Beweis der nordwestlichen Passage. Dann asiatische Küste St. Lawrence Bai. Nach dem Clarence⸗Hafen in Amerika über efahren. Nach Koniyan zurückgefahren. Lage besonders interessant gsommegtrefen der Strömungen des Arktischen und Stillen Meeres. ie St. Lawrenceinsel berührt. Die Behringsinsel besucht. Erste Nachricht aus Europa durch den residirenden Agenten der Alaska⸗ Handelsgesellschaft erhalten. Ueberreste ungeheurer See ungethüme entdeckt, Rhythina Stellari. Insel am 19. August ver lassen. Angenehme Reise bis zum 31. Sturm. Blitz spaltete Groß⸗ mast und verwundete einige Leute leicht. Ankunft in Jokohama am 2. September, Nachts 10 Uhr 30 Min. Alles wohl. Kein Todes fall während der Reise. „Vega“ hat die Reise zuerst zurückgelegt Nordenskiöld hält die Reise von Europa nach Asien durch die Behring⸗ straße für in jeder Beziehung sicher, bei nur ein wenig größerer Kennt niß der nördlichen Seen. Von Japan nach Lena für erfahren Schiffer keine Schwierigkeiten. Lena berührt Centralsibirien. Großer Handel in Aussicht. Das Schiff verbleibt 14 Tage in Yokohama.
London, 8. September. (W. T. B.) Nach hier eingegangenen Nachrichten haben in der Grafschaft Kings⸗County in Ir land in Folge unaufhörlichen Regens seit Sonnabend groß Ueberschwemmungen stattgefunden. Das Heu und der Hafer auf den Wiesen und den Feldern wurden weggeschwemmt, auch der sonstige Schaden an Gebäuden und Grundstücken ist sehr erheblich. In der Grafschaft Mon mouth in England hat die Getreide⸗ ernte durch gestern und heute niedergegangene starke Regengüsse gleichfalls vielen Schaden erlitten.
London, 8. September. (W. T. B.) Der Glasgower Dampfer „Brest“, welcher sich mit 130 Emigranten auf der Fahrt von Havre nach Liverpool befand, ist am Sonnabend Abend unweit Falmouth gescheitert. Die Mannschaft und die Passag wurden gerettet bis auf 7 Personen, welche vermißt werden.