1879 / 261 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 06 Nov 1879 18:00:01 GMT) scan diff

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nämlich der Stab der vierten Infanterie⸗Division, der Stab der siebenten Infanterie⸗Brigade, dann drei Feld⸗Batterien aus dem Okkupationsgebiete gezogen und in stabile Garnisons⸗ orte im Innern der Monarchie verlegt; ferner werden die Okku⸗ pationstruppen um acht weitere Infanterie⸗ und Tragthier⸗ Bataillone, dann um ca. 2000 Trainpferde reduzirt. Des⸗ gleichen werden die Signalabtheilungen im Okkupationsgebiete aufgelöst. .

Der freundnachbarliche Charakter der österreichisch⸗ italienischen Beziehungen hat sich bei der in den letzten Tagen stattgefundenen feierlichen Eröffnung der Pon⸗ tebabahn neuerlich in unzweideutiger Weise manifestirt. Man schreibt hierüber der „Pol. Corr.“ aus Pontafel, 1. d. M.:

„Die Festgäste aus Wien, welche sich an der Eröffnungsfahrt der Pontebabahn betheiligt haben, sprachen sich übereinstimmend sehr befriedigt aus über den ihnen in Italien zu Theil gewordenen Empfang, sowie über die achtungsvolle und sympathische Aufnahme, die ihnen namentlich in Udine bereitet wurde. Die österreichischen Theilnehmer an dem dortigen Festbanket waren freudig berührt, in dem hierzu benützten und reich dekorirten großen Saale des Munizi⸗ palitäts⸗Palastes nicht nur das Bildniß des Kaisers von Oesterreich rechts neben jenem des Königs von Italien plazirt zu finden, sondern auch alle vier Ecken des Saales mit großen Kaiserlichen Standarten und österreichisch⸗ungarischen Flaggen geschmückt zu sehen. Auch auf den größeren Stationen der Bahnstrecke waren Fahnen und Dra⸗ perien in den österreichischen Farben angebracht und trat der festliche Charakter des Tages durch die überall in Parade⸗Uniform ausge⸗ rückten Offiziere und Soldaten des Karabiner⸗Corps und der Lokal⸗ garnisonen italienischerseits noch mehr hervor, als österreichischerseits, woselbst keine Garnisonsorte berührt wurden und daher keine mili⸗

tärischen Uniformen sichtbar waren.“ b

5. November. (W. T. B.) Die „Pol. Corresp.“ meldet aus Konstantinopel: Die heutige Konferenz in der griechischen Grenzfrage ist vertagt worden. Aus Cettinje: Der türkische Minister⸗Resident, Chalib Effendi, ist gestern hier eingetroffen. 3 1

Prag, 4. November. Die „Bohemia“ erfährt, die Re⸗ gierung beabsichtige, die Berathungen des Reichsraths durch die Delegationssession keine längere Unterbrechung erleiden zu lassen. Das gemeinsame Ministerium dürfte sich damit begnügen, daß die Delegationen noch vor Ablauf des Verwaltungsjahres 1879 das laufende Erforderniß für das 1. Quartal 1880 bewilligen würden, um mit der eigentlichen Budgetverhandlung erst im Februar 1880 zu beginnen. Die Delegationssession würde demnach in zwei Abtheilungen zer⸗ fallen, die erste, kürzere, im November beginnen und voraus⸗ sichtlich nur wenige Tage dauern, wäbrend die eigentliche meritorische Budgetberathung im Februar stattfände. Der Kriegs⸗Minister habe eine Verordnung, welche eine aber⸗ malige Reduktion des Aktivstandes der Armee festsetzt, er⸗ lassen. In den Jäger⸗Bataillonen würden neuerdings Mann⸗ schaften und auch Unteroffiziere beurlaubt.

Aus Serajewo, 31. Oktober, wird dem ‚Pest. L.“ geschrieben:

Der in der loetzten Zeit erfolgte Angriff der Albanesen auf die montenegrinischen Wachposten bei Kula⸗Duschanitza und Bregovitza lenkt die allgemeine Aufmerksamkeit wieder mehr und mehr auf dieses unruhige, kriegerische, das abenteuerliche Leben gewohnte Berg⸗ volk und speziell auf die bekannte sogenannte albanesische Liga. Die albanesische Liga ist eine millitärisch organisirte und geschulte Insurgentenbande, deren Haupt seinen Sitz in Prizrend hat und welche vor anderen derartigen Banden deshalb im Vortheile ist, daß sie militärisch ge⸗ diente Anführer besitzt und gut disziplinirt ist. Im Spätherbste vorigen Jahres hat sich diese Liga durch den zwischen dem Liga⸗ anführer Jussuf Beg Atlak und dem Miriditenhäuptling Prinz Bib Doda in Oroschi geschlossenen Allianzvertrag, gemäß welchem diese katholischen Miriditen⸗Bergvölker diesem Bund mit beigetreten sind. bedeutend verstärkt. Der von den Mitgliedern dieser Liga bei jener Gelegenheit geleistete Schwur ist folgender:

„Wir sind mohamedanischen und christlichen Glaubens, aber wir sind dieselben Söhne unseres Vaterlandes und wir wollen nicht, daß dieses Land eine Beute habgieriger Fremdlinge werde. Wir ver⸗ binden uns nicht, daß wir den Oswanlis zu Hülfe kommen, denen wir Arnauten hundertmal den Sieg erkämpften. Wir verbinden uns nur zur Abwehr von räuberischen Angriffen auf unser Vater⸗ land. Wir schwören, das Land zu vertheidigen, wo die Gebeine unserer Väter seit Jahrhunderten liegen; wir schwören, diese ihre Gräber nicht in die Hände unserer Feinde fallen zu lassen. Wir schließen einen Bund, wir verweigern jede Abtretung, wir kämpfen für unsere Selbständigkeit, nicht für die der Pforte. Wir schließen diesen Bund im Namen Aller nach tausendjähriger Sitte“. (3. Zilkadé 1295.)

Großbritannien und Irland. London, 4. November. (Allg. Corr.) Den „Daily News“ wird aus Kabul, vom 29. v. M., gemeldet: „Jakub Khan wird noch immer bewacht. Drei weitere Sirdars sind verhaftet worden Die Truppen, mit Ausnahme der Brigade Macphersons, be⸗ ziehen am 31. d. M. die Kantonnements in Sherpur. Die letzten Truppen verließen heute den Shutargardan⸗Paß. Diese Route ist jetzt geschlossen. Macpherson wird am 9. No⸗ vember in Jugdulluk ankommen. Die Proklamation ist ruhig aufgenommen worden.“

Ueber die Zustände in Transvaal wird aus Prä⸗ toria, vom 10. Oktober, berichtet: Als der Landdrost die Proklamation Sir Garnet Wolseley's im Gerichtshofe verlas, wurde sie mit unanständigen Ausrufen empfangen, in Folge wovon die Sitzung aufgehoben wurde. Dann plün⸗ derten die Boers die Waffendepots und bemächtigten sich der Patronen, für welche sie indeß Zahlung leisteten. Gegen die an der Ausschreitung betheiligten Boers wurde eine Unter⸗ suchung eingeleitet. Die Konstitution für Transvaal wird aus London erwartet. Gestern kam das 24. Regiment hier von Utrecht an. Sir Garnet Wolseley hat in Transvaal eine schwierige Aufgabe vor sich; er ist indeß der Zuversicht, daß es zu keinem Kampfe mit den Boers kommen werde.

Frankreich. Paris, 4. November. (Fr. C.) Der Ordensrath der Ehrenlegion hat nach längerer Be⸗ rathung sich dahin erklärt, daß das Gesetz, welches die Am⸗ nestirten in alle bürgerlichen Rechte wiedereinsetzt, nicht die Wirkung habe, daß die Amnestirten von Rechts wegen die Ehrenauszeichnungen zurückverlangen könnten, welche ihnen bei ihrer Verurtheilung abgesprochen sind. Der Ordensrath war fast vollzählig versammelt, General Vinoy führte den Vorsitz. Nach Schluß der Sitzung begab sich der Kanzler zum der Republik, um ihm das Protokoll zu über⸗ bringen.

Die heutige Nachmittagssitzung des Präfekturraths war der Verhandlung über die Wahl des Amnestirten Humbert in der Vorstadt Javel gewidmet. Humbert war nicht erschienen. Der Regierungskommissar beantragte die Umstoßung der Wahl, weil Humbert am 13. Oktober die Bestimmung des Gesetzes, daß ein Kandidat für eine Ge⸗ meindewahl seit mindestens sechs Monaten in der Gemeinde

domizilirt sein muß, nicht erfüllte. Die Entscheidung des Präfekturrathes ist (wie schon telegraphisch gemeldet) im Sinne des obigen Antrages ausgefallen.

Türkei. Konstantinopel, 4. November. Dem, Pest. L.“ wird von hier gemeldet: Die Rückkunft des russischen Botschafters wird schon für Freitag oder Sonnabend er⸗ wartet. Der Sultan hat bis dahin die Antwort auf die Note Mr. Layards verschieben lassen. Baring und Blignisres haben in Wien die Ueberzeugung gewonnen, daß die öster⸗ reichisch⸗ungarische Regierung ihren Standpunkt in der Frage der Hypothekargläubiger nicht aufgeben werde. In den letzten Tagen drehten sich die Verhandlungen daher nur um Modalitäten der Einsetzung einer Liquidations⸗ und Kontrolskommission. In diesem Punkte war die öster⸗ reichisch⸗ungarische Regierung entgegengekommen. Die Ver⸗ handlungen sind so weit gediehen, daß auf diplomatischem Wege bald die Erledigung erfolgen dürfte. Baring und Blignières haben sich nach Kairo begeben.

6. November. (W. T. B.) Von bestunterrichteter Seite wird die Nachricht, daß England ein Ultimatum oder eine Note an die Pforte gerichtet habe, für unbe⸗ gründet erklärt. Das Wahre an der Sache ist, daß die Pforte auf die Nachricht von der Entsendung englischer Kriegs⸗ schiffe nach den türkischen Gewässern mit der englischen Bot⸗ schaft in Kommunikation getreten ist.

Philippopel, 4. November. (Pest. L.) Aleko Pascha hat erklärt, daß er den von der Pforte begehrten Besuch in Konstantinopel nicht machen könne. Der Vertreter Englands, Mr. Mitchell, hat wegen Vergewaltigung der Griechen und Mohamedaner bei den Wahlen für den Landtag bei Aleko Pascha protestirt. In Tatar⸗Bazardschik wurde der größte Theil des Mohamedanerviertels ein Raub der Flammen; das Elend ist unbeschreiblich.

Bulgarien. Sofia, 4. November. (Pest. L.) Kriegs⸗ Minister Pharenzof brachte eine Vorlage in der Skuptschina ein, welche die Erhöhung der stehenden Corps um 3000 und der Miliz⸗Brigaden um 8000 Mann bezweckt.

Serbien. Belgrad, 4 November. (Pest. L.) Eine Vorlage in Betreff der Errichtung einer Universität in Belgrad wird für die Skuptschina vorbereitet.

Nußland und Polen. Tiflis, 5. November. (W. T. B.) Nachrichten aus Kars, vom 30. Oktober, zufolge sind die armenischen Schulen daselbst wiedereröffnet worden. Der Gouverneur Frankini ist auf einige Monate nach dem Auslande beurlaubt worden.

Amerika. New⸗York, 5. November. (W. T. B.) Bei den gestrigen Staatswahlen siegten nach den jetzt vor⸗ liegenden Nachrichten die Republikaner in Massachussets, Pennsylvanien, Wisconsin, New⸗Jersey, Connecticut, Minne⸗ sota und Nebraska mit großer Majorität. Die Demokraten siegten in Mississippi und Maryland ebenfalls mit großer Majorität. Das Resultat in Virginien ist noch zweifelhaft. Der Republikaner Cornell wurde zum Gouverneur des Staates New⸗York gewählt, jedoch dürften zu allen andern Staats⸗ ämtern wahrscheinlich Demokraten gewählt werden. Die Ma⸗ jefät der Repubkkaner in der Legislatur von New⸗York ist gesichert.

Landtags⸗Angelegenheiten.

Die Begründung des Gesetzentwurfs, betreffend den F. mehrerer Privateisenbahnen für den Staat, autet:

Bisherige Eisenbahnpolitik Preußens.

Die gegenwärtige Lage des Eisenbahnwesens im preußischen Staate erfordert die Durchführung des Staatsbahnsystems. Der Gedanke, die inländischen Eisenbahnen als ein dem großen Verkehr dienendes zu⸗ sammengehöriges Netz von Schienenwegen zu gestalten und zu einer einheitlichen, staatlich geleiteten Verkehrsanstalt auszubilden, hat in den früheren Stadien der preußischen Eisenbahngesetzgebung keinen Ausdruck finden können. Wenn auch die Natur der Eisen⸗ bahnen als öffentlicher Wege nicht verkannt und in dem Ge⸗ setz vom 3. November 1838 ausdrücklich festgestellt ist, so ist doch die Bedeutung derselben als der Land⸗ und Heerstraßen für den Marsch der Armeen, wie für die Bewegung des großen Welt⸗ verkehrs erst in der späteren Entwickelungsperiode in das volle Licht getreten. Die Mißstände, welche der Privatbetrieb der Eisenbahnen durch eine große Anzahl verschiedener Unternehmungen von zweifel⸗ hafter Solidität und beschränkter Leistungsfähigkeit hervorgerufen hat, die Ausnutzung ihrer privilegirten Stellung durch die Unter⸗ nehmer, der oft erfahrene Widerstand gegen gemeinnützige Reformen, die Komplikation und die zumeist willkürliche Verschiedenheit in den Verwaltungs⸗ und Betriebseinrichtungen, die Verworrenheit des Tarif⸗ wesens, der Zank und die ungeheure Verschwendung, welche der erbitterte Konkurrenzkampf der zahlreichen Verwaltungen mit sich bringt, haben in weiten Kreisen die schwere Schädigung der öffentlichen Interessen er⸗ kennen lassen, welche mit einem ausgedehnten Privatbetriebe der Eisen⸗ bahnen unvermeidlich verbunden sind. Auf der anderen Seite ist durch die erweiterte Ausbildung des Staatseisenbahnbetriebes eine andere und günstigere Lösung der Frage vorbereitet worden. Die bedeutende Er⸗ weiterung der Staatseisenbahnen durch die Einverleibung der im Jahre 1866 ecrworbenen Provinzen und die Herstellung verbindender Linien zwischen dem östlichen und westlichen Staatseisendahnnetze haben das Staatseisenbah nsystem für Preußen als das unwider⸗ ruflich gegebene hingestellt und dem sogenannten gemischten Systeme den Raum abgewonnen. So ist die Nothwendigkeit in den Vorder⸗ grund getreten, nicht durch die Beschränkung des Privateisen⸗ bahnbetriebes, auf dem wenig Erfolg verheißenden Wege der gesetzlichen Reform und der staatlichen Aufsicht, sondern durch die Beseitigung des Privateisenbahnbetriebes und die Vereinigung aller wichtigen inländischen Bahnen in der Hand des Staates dem öffentlichen Interesse volle Genüge zu leisten. Die Erwägungen, welche der früheren Eisenbahngesetzgebung eine solche Lösung unmög⸗ lich erscheinen ließen, sind zurüͤckgetreten. Die erweiterte und mehr geschlossene Gestaltung des Staatsgebiets, die Entwickelung der finanziellen Kraft des Landes und die glückliche Lage des Staats⸗ kredits haben sich der Auffassung günstig erwiesen, welche für den Staat eine so hohe und wichtige Aufgabe in Anspruch nimmt.

Bereits in dem Bericht der im Jahre 1873 eingesetzten Spezial⸗ kommission für die Untersuchung des Eisenbahnkonzessionswesens ist dieser Auffassung mit den Worten Ausdruck gegeben:

„daß bei der Ausdehnung und Ausbildung des Eisenbahnwesens, wie sie in neuerer Zeit schon eingetreten ist und sich von der Zu⸗ kunft immer mehr erwarten läßt, volkswirthschaftliche Rücksichten und Gründe auf die Vereinigung aller Eisenbahnen in den Hän⸗ den des Staates als letztes Ziel hinführen.“

Seit jener Zeit ist dieses letzte Ziel mit der weiteren Entwicke⸗

lung des Eisenbahnwesens in größere und erreichbare Nähe gebracht worden. Die Ausdehnung der Staatsbahnen ist nahezu auf das Doppelte gewachsen, die Ausdehnung der im Staatsbetriebe be⸗ findlichen Linien übersteigt bereits die Gesammtlänge der

im Privatbetriebe „befindlichen Strecken, die kaum zu b Unzulänglichkeit der staatlichen Aufsicht gegen⸗ über den wachsenden Mißständen des Privateisenbahnbetriebes

beseitigende

hat der Staatsbahnidee in immer weiteren Kreisen Anhän⸗ ger zugeführt, während die Versuche gesetzlicher Reformen zu der Hoffnung auf eine genügende Besserung ohne weitgehende Eingriffe in besteleude Rechte und Interessen nicht mehr berechtigen. Die Staatsregierung hat daher auch keinen Anstand genommen, bei den Berathungen des Staatshaushalts⸗Etats in der vorjährigen Land⸗ tagssession mit dem Hinweise auf die Auffassung der Untersuchungs⸗ kommission, die Durchführung des Staatseisenbahnsystems als die Aufgabe der Eisenbahnpolitik zu bezeichnen und eine Gesetzesvorlage für die Vervollständigung des Staatseisenbahnnetzes durch den Er⸗ werb geeigneter Privatbahnen in Aussicht zu stellen.

In der That kann es bei einer unbefangenen Beurtheilung nicht mehr zweifelhaft sein, daß die Frage, ob das Staatseisenbahnsystem für Preußen das richtige, nicht mehr eine offene, sondern bereits im bejahenden Sinne entschieden ist. Sollte der unvollkommene Zu⸗ stand, welchen die Erhaltung großer selbständiger Privatbahnen neben der naturgemäß wachsenden Macht der Staatsbahnverwaltung bedingt, aus absolut zwingenden Rücksichten der finanziellen Konvenienz des Staates noch eine mehr oder minder lange Zeit ertragen werden müssen, so ist es doch ebenso wenig möglich, wie mit dem Landes⸗ interesse vereinbar, ihn dauernd zu erhalten; derselbe bleibt vielmehr eine Quelle wirthschaftlicher Schäden von schwerem Belange.

Wenn es hiernach einer Rechtfertigung des Staatseisenbahn⸗ systems auch kaum noch bedarf, so soll doch nicht unterlassen werden, in der nachfolgenden Darlegung die Gesichtspunkte zusammenzufassen, welche für die Staatsregierung zu der Annahme und Durchführung des Staatseisenbahnsystems bestimmend sind.

Das Staatseisenbahnsystem.

Die Entwickelung des Eisenbahnwesens in den modernen Kultur⸗ staaten hat sich unter der Einwirkung der besonderen Verhältnisse und Eigenthümlichkeiten der einzelnen Länder, Staaten und Nationen ungleichmäßig und ungleichartig gestaltet.

Der Reichthum und die Dichtigkeit des Verkehrs der Länder haben das Maß der äußeren Entwickelung bestimmt, während die Art des Entwickelungsganges wesentlich beeinflußt ist durch die Besonder⸗ heit der Zustände und Verhältnisse des einzelnen Landes, durch die Eigenthümlichkeit des Nationalcharakters des Volkes und seiner staat⸗ lichen Institutionen.

In England und in der östlichen Hälfte von Nordamerika hat das Eisenbahnwesen unter dem Einfluß eines dichten, überfluthenden Verkehrs und des großen Reichthums beider Länder sich zu einem Grade und einem Umfange entwickelt, welche für die gegenwärtigen Verhältnisse Deutschlands noch unerreichbar, aber auch nicht Be⸗ dürfniß sind. Die großartigen Anlagen für die Verkehrsabfertigung, die Zahl und die Schnelligkeit der Züge, sowie manche der viel be⸗ wunderten Betriebseinrichtungen jener Länder rechtfertigen sich nur da, wo der Reichthum des Landes die Mittel zu solchen Aufwen⸗ dungen bietet, und der erhöhte Betriebsaufwand in entsprechender Steigerung des Verkehrs seine Deckung findet.

Die Höhe dieser Entwickelung ist nicht bedingt durch die Er⸗ scheinungsform, unter der sie sich vollzogen hat. Die letztere ist das Ergebniß der inneren und äußeren Zustände und Verhältnisse beider Länder, der eigenthümlichen Gestaltung des Nationalcharakters und der staatlichen Einrichtungen, kurz des gesammten innerstaatlichen Lebens. Die geographische Lage von England und Nordamerika läßt die Rücksichten der Landesvertheidigung bei der Entwickelung und Ge⸗ staltung des Eisenbahnwesens weit zurücktreten gegenüber den Rück⸗ sichten des Verkehrs, das kaufmännische, gewerbliche Element ist in der Bevölkerung beider Länder das weit überwiegende, die Für⸗ sorge des Staates für die öffentliche Wohlfahrt ist in beiden Län⸗ dern auf ein enges Gebiet beschränkt, die Förderung der eigenen Interessen ist dem Einzelnen, die Förderung gemeinsamer Interessen dem engeren Kreise der Betheiligten überlassen. Hier läßt daher die größere Selbständigkeit und Akrionsfähizkeit der Einzelnen der Pri⸗ vatthätigkeit den weitesten Spielraum und erübrigt die Intervention des Staates. Begreiflich stellt sich daher hier der Privateisenbahn⸗ betrieb, wenn auch in neuerer Zeit nicht ohne starke Anfechtung, als die Erscheinungsform dar, in der sich die Entwickelung des Eisen⸗

bahnwesens vollzieht.

Entwickelung des Staatseisenbahnbetriebes iin Deutschlaud und Preußen. 8

Anders in Deutschland, wo völlig verschiedene Entwickelungs⸗

bedingungen eine völlig verschiedene Entwickelung herbeigeführt haben. Die durch die geographische Lage bedingten schwer ins Gewicht fallen⸗ den Rücksichten der Landesvertheidigung, das in der Bevölkerung, wenn nicht vorherrschende, doch stark mitwirkende militärische und Beamtenelement, die Fürsorge des Staates auf allen Gebieten der öffentlichen Wohlfahrtspflege, die geringere Leistungsfähigkeit des Einzelnen, alle diese Umstände mußten von vorn herein den Staat als den berufensten Eisenbahnunternehmer erscheinen lassen, um⸗ somehr, als die politische Gestaltung Deutschlands für die Bildung von Privateisenbahnunternehmungen besondere Schwierig⸗ keiten bot. Bereits die Redaktoren des Gesetzes über die Eisenbahn⸗ unternehmungen vom 3. November 1838 haben sich, wie die Ma⸗ terialien desselben ergeben, dieser Erkenntiß nicht verschlossen und nur damals obwaltenden Bedenken staatsrechtlicher Natur und der Unklarheit über die Bedeutung und finanzielle Tragweite der Eisenbahnen gegenüber dem Privateisenbahnbetriebe vorläufig Raum gelassen. Die (unter 1 beigefügten) Nachweisungen ergeben sowohl das gegenwärtige Verhältniß der Staats⸗ und des Privat⸗ eisenbahnbesitzes im Deutschen Reiche und in Preußen, als auch speziell die Gestaltung, welche dieses Verhältniß von den ersten Anfängen des Staatseisenbahnbetriebes bis auf die Gegenwart im preußischen Staate allmählich gewonnen hat. Durch die Verhältnisse begünstigt, hat sich der Staatseisenbahnbetrieb neben dem Privateisenbahnbetriebe immer kräftiger estwickelt. Bis zum Jahre 1850 war der Eisenbahnbetrieb in Preußen ausschließlich der Privatthätigkeit mit oder ohne finanzielle Unterstützung des Staats überlassen, von diesem Zeitpunkte ab mit der Lösung jener staatsrechtlichen Bedenken beginnt der Staat selbst als Eisen⸗ bahnunternehmer aufzutreten, indem er theils für eigene Rechnung vielfach, weil ein Privatunternehmer sich nicht fand, ausge⸗ dehnte Strecken baut oder erwirbt, theils Privatbahnen für Rechnung

der Unternehmer in Betrieb und Verwaltung nimmt. So sinden

wir neben. dem Privateisenbahnbetriebe den in wachsender Zunahme begriffenen, wenn auch systemlos gegliederten Staatseisenba hnbesitz. Aus dem gemischten Zustande erwuchs dann allmählich das soge⸗ nannte „gemischte System“, indem man die planlose Gliederung und Gestaltung der Staatsbahnlinien zu einem, dem Staate in der Verkehrsleitung herrschenden Einfluß sichernden, System dominiren⸗ der Linien umzuwandeln suchte. Die Nothlage verschiedener, zu einem selbständigen Brtriebe wenig geeigneter Privatbahnunterneh mungen, sowie die reichen Mittel der durch die Ereignisse der Jahre 1870/71 dem Staate zufallenden Kriegskontributionen begünstigten die auf eine planmäßige Erweiterung und Gestaltung des Staatseisen⸗ bahnbesitzes gerichtete Tendenz. So ging aus dem „gemischten System“ naturgemäͤß ein Uebergewicht des Staatseisenbahnbetriebes hervor, welches die Bedingungen seiner wachsenden Zunahme in sich selber trägt und mit dem endlichen Uebergange der maßgebenden großen Privatbahnen in die Hand des Staates seinen Abschluß fin⸗ den wird. Nach dem Entwickelungsgange, wie er aus dieser Dar⸗ legung hervortritt, bildet das reine Staatsbahnsvstem die letzte Phase, mit der die wechselnde Gestaltung des Eisenbahnwesens für alle Hauptlinien im preußischen Staate ihren Abschluß finden muß. (Fort⸗ setzung folgt.)

Im 3. Marienwerderer Wahlbezirk (Kreis Löbau) ist an Stelle des Hrn. von Lyskowski Hr. von Ossowski⸗Mon⸗ towo mit 136 gegen 19 Stimmen, welche Rechtsanwalt Obuch zu Löbau erhalten hat, zum Mitgliede des Hauses der Abgeord⸗ neten gewählt worden.

Statistische Nachrichten.

Nach einer dem Hause der Abgeordneten vorgelegten Nach⸗ weisung über die Veranlagung zur Klassen⸗- und Einkommen⸗ steuer in Preußen pro 1879/80 sind 5 109 105 Personen, 27,64 % der klassensteuerpflichtigen Bevölkerung, mit 44 660 013 zur Klassensteuer veranlagt. Davon sind behufs Ermäßigung auf den kontingentirten Betrag von 42 873 612 12 pro 3 Steuer abgesetzt. Von der Steuer befreit sind 6 954 385 Personen, d. i. 26,28 %, darunter 6 242 853 Personen, weil ihr Einkommen weniger als 420 beträgt. Als Einzelnsteuernde sind 1 180 140 Personen bestimmt, als Haushaltungsvorstände 3 928 965 Personen mit 13 377 677 Angehörigen, so daß auf die Haushaltung durchschnittlich 4,40 Personen kommen. Auf jede steuerfreie Haushaltung entfallen nur 3,77 Personen. Zur Einkommensteuer sind 620 378 Personen veranlagt, darunter 28 603 Einzelnsteuernde und 141 262 Haushaltungs⸗ vorstände mit 450 453 Angehörigen, so daß auf die Haushaltung 4,19 Personen kommen. Einkommensteuerpflichtig waren s onach 169 925 Per⸗ sonen, veranlagt mit 32 538 816 ℳ, also durchschnittlich mit 191 ℳ, während an Klassensteuer durchschnittlich 8,75 entfallen. Von den bisher Klassensteuerpflichtigen sind zur Einkommensteuer heran⸗ gezogen in diesem Jahre 10 581 Personen mit 1 074 222 Der

Hoͤchstbesteuerte mit einem Einkommen zwischen 2 340 000 und 2 400 000 (70 200 Steuer), sowie der nächsthöͤchste mit

2 240 000 2 340 000 Einkommen (68 400 Steuer) gehören beide dem Regierungsbezirk Wiesbaden an, dann folgt im Regie⸗ rungsbezirk Düsseldorf ein Steuerpflichtiger mit 1 920 000 980 000 Einkommen (57 600 Steuer), dann je einer in Berlin und im Regierungsbezirk Oppeln mit 1 080 000 1 140 000 Einkommen (32 400 Steuer). Mit mehr als 108 000 Ein⸗ kommen sind in Preußen überhaupt 306, davon in Berlin 105, veranlagt. 1 Die einzelnen Klassensteuerstufen weisen folgende Zahlen auf: Stusfe Einkommen Steuer Personen Steuer ℳb. 420 660 3 2 697 365 8 092 095 660 900 6 1 074 893 6 449 358 900 1050 9 352 358 3 171 222 1050 1200 12 290 065 3 480 780 1200 1350 18 176 686 3 180 348 1350 1500 24 137 409 3 297 816 1500 1650 30 2 470 350 1650 1800 36 2 901 996 1800 2100 42 2 744 784 2100 2400 48 3 188 208 2400 2700 60 2 400 720 2700 3000 72 3 282 336 zusammen 5 109 105 44 660 013 8 Verhältnißmäßig die größte Anzahl der klassensteuerpflichtigen Personen, 46,52 %, ist in Berlin zur Klassensteuer veranlagt, dem⸗ nächst in der Provinz Schleswig, 31,39 %. Die Zahlen für die klassi fizirte Einkommensteuer sind Stufe Einkommen Steuer Personen Steuer 8 ℳ. ℳo ℳ. 3 000 3 600 90 49 518 4 456 620 3 600 4 200 108 27 763 2 998 40 4 200 4 800 126 19 604 4 800 5 400 144 13 818 2 5 400 6 000 162 10 483 1 698 246 6 000 7 200 180 11 969 2 154 420 7 200 8 400 216 7 520 1 624 32 8 400 9 600 252 5 930 1 494 36 9 600 10 800 288 905 10 800 12 000 324 314 12 000 14 400 360 177 14 400 16 800 432 16 800 19 200 504 1 544 19 200 21 600 576 1 302 21 600 25 200 748 1 170 u. s. w. In den Stufen 16 25 (2520 Steuer) sind 718 bis 117, in den Stufen 26 bis 30 (5040 Steuer) 78 50, in den Stufen 31 33 (9000 Steuer) 21—14, in den höheren Stufen (34 67) 8-—1 Steuerpflichtige.

Land⸗ und Forstwirthschaft. Neumünser, 1. November. (Holst. Cour.) Heute wurde die landwirthschaftliche Fortbildungsschule durch Hrn. Real⸗ schul⸗Direktor Dr. Zerdik in der Aula der Realschule feierlich

eröffnet. Gewerbe und Handel.

Die „New⸗Yorker Handels⸗Zeitung“ äußert sich in ihrem vom 24. v. M. datirten Wochenbericht über die allgemeine Ge⸗ schäftslage folgenvermaßen: Die bisher nur schwach empfundenen Wirkungen der wilden Spekulationen auf den legitimen Handel und auf die Industrie geben nunmehr zu den ernstlichsten Befürchtungen Anlaß. Dem Handel werden dadurch einerseits die nöthigen Geld⸗ mittel entzogen, andererseits wird durch die hohen Preise sämmt⸗ licher Produkte der Export gehemmt. In den Fabrikdistrikten führt die Vertheuerung der Lebensbedürfnisse zu neuen Strikes der Arbeiter, und die kaum beseitigten Störungen treten in verstärktem Maße ein. Das sind die ersten Folgen, weit schlimmere stehen mit dem unausbleiblichen Rückfall bevor, und wir müssen auf zahlreiche und bedeutende Fallissements vorbereitet sein. Wäre es nicht um jene muthwillig heraufbeschworene Gefahr, so würden wir uns auf dem besten Wege zur allgemeinen Prosperität befinden, für welche, wie in jüngster Zeit oft bemerkt und belegt, gegenwärtig alle Bedingungen vorhanden sind. Am Waaren⸗ und Produkten⸗ markt herrschte rege spekulative Thätigkeit. Mit vollen Getreide⸗ ladungen wurden nur 17 Schiffe befrachtet. Brodstoffe er⸗ matteten nach anfänglich fortgesetzter Hausse, um sich heute wieder etwas zu befestigen. Baumwolle stieg bei äußerst lebhaftem Zeitgeschäft auch für Loco⸗Waare, und schloß heute Middling Upland zu 11 C. gegen 10 C. vor acht Tagen. Provisionen: Schmalz war in gutem Begehr, und für Konti⸗ nentalmärkte kamen ganz bedeutende Abschlüsse zu Stande. Auch Schweinefleisch blieb für Erport und Spekulation gut begehrt. Speck mehr beachtet und höher. Im Hopfengeschäft war es bei abermaliger Preiserhöhung sehr lebhaft. Der Export fährt fort, Alles zu nehmen, was an den Markt gelangt. Schiffsbedürf⸗

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nisse: Terpentinöl stieg bei reger Frage auf 35 C. per Gallone. Auch in Harz, Pech und Theer kam eine starke Hausse⸗Bewegung

zum Durchbruch. Petroleum büßte nicht nur die Festigkeit der vorhergehenden Woche ein, sondern erlitt auch eine Preisentwerthung von ¼ C. Der Kaffeemarkt zeigte fortgesetzt außerordentliche Lebhaftigkeit, und fand das reichlicher zugeführte Material rasch Nehmer zu stetig avancirenden Preisen. Rohzucker lag äußerst fest. Raffinirte Waare fand schnellen, coulanten Abzug zu höheren

Preisen. In Manufakturwaaren geht die Besserung des Ge⸗

schäfts nur sehr langsam vorwärts. Der Import in dieser Branche betrug während der heute beendeten Woche 1 776 894 Doll. gegen 1 155 107 Doll. in der Parallelwoche des Vorjahrs.

London, 6. November. (W. T. B.) Die Bank von Eng⸗ Y

land hat heute den Diskont von 2 auf 3 %i erhöht. 8

Verkehrs⸗Anstalten. Auf der Indo⸗Europaischen Telegraphenlinie sind im Monat Oktober 1879 an gebührenpflichtigen Depeschen befördert

worden: a. aus London, dem übrigen England und Amerika nach Persien und Indien 1674 Stück, b. aus Persien und Indien nach London, dem übrigen England und Amerika 1502 Stück, c. vom europäischen Kontinent exkl. Rußland nach Persien und Indien 626 Stück, d. aus Persien und Indien nach dem europäischen Kon⸗-

tinent exkl. Rußland 275 Stück; zusammen 4077 Stück. Plymouth, 5. November. (W. T. B.) Der Hamburger Postdampfer „Suevia“ ist hier eingetroffen.

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New⸗York, 5. November. (W. T. B.) Postdampfer „Frisia“ ist hier eingetroffen

HebI

über die Thätigkeit des Vereins der forstlichen

Versuchsanstalten Deutschlands, sowie über die Arbeiten der preußischen Versuchsanstalt

4 pro 1. April 1878/79.

1) Verein der forstlichen Versuchsanstalten Deutschlands.

Der Verein der forstlichen Versuchsanstalten Deutsch⸗ lands hielt im Jahre 1878 seine ordentliche VII. Versamm⸗ lung in der Zeit vom 6. bis 11. Juni 1878 in Stuttgart ab. An derselben nahmen die badische, bayerische, braunschweigische, preußische, sächsische und württembergische Versuchsanstalt durch Vertreter Theil.

Nachdem über die Verarbeitung der Festgehalts⸗Unter⸗ suchungen Bericht erstattet worden, wurde beschlossen, die Ergebnisse derselben in einem Werke unter dem Titel „Untersuchungen über den Festgehalt und das Gewicht des Schichtholzes und der Rinde, ausgeführt von dem Verein Deutscher foestlicher Versuchsanstalten und in dessen Auftrage bearbeitet von Baur“ nunmehr zusammenzustellen. (Das be⸗ treffende Werk ist kürzlich in der Schmidschen Verlagsbuch⸗ handlung von A. Manz in Augsburg erschienen und enthält in der Einleitung eine kurze Geschichte des deutschen forstlichen Versuchswesens und des Vereins, sowie eine Darstellung der Zwecke, die der Verein verfolgt.) Den weiteren Berathungen bezüglich der Verarbeitung der Ertragsuntersuchungen und bezüglich der Abänderung der Arbeitspläne über Streu⸗ und Durchforstungsversuche, schlossen sich Berichterstattungen über den Stand der Vereinsarbeiten am 1. Januar 1878, über die seit dem 1. Januar 1878 Seitens der einzelnen Versuchsanstalten aus⸗ geführten Vereinsarbeiten, und endlich über die in Braun⸗ schweig eingerichteten forstlich meteorologischen Stationen nie⸗ derer Ordnungen, aus welchen hervorging, daß in allen Staaten rüstig fortgearbeitet wird.

Schließlich wurde noch beschlossen, die nächste ordentliche Vereinsversammlung im Jahre 1879 zu Berlin abzuhalten.

2) Die Arbeiten der preußischen Versuchsanstalt im Jahre 1. April 1878,/79. A. Forstliche Abtheilung.

Die Arbeiten erstreckten sich:

J. auf 401 Ertragsuntersuchungen in normalen Be⸗ ständen, welche zum Theil bei Gelegenheit von Taxations⸗ revisionen durch das Taxationspersonal, zum Theil und ins⸗ besondere in normalen Kiefernbeständen von zwei besonderen zu diesem Zwecke in den Regierungsbezirk Frankfurt, die Provinzen’ Schlesien und Hannover entsendeten, aus Ober⸗ förster und Forstkandidaten und Forsteleven gebildeten Unter⸗ suchungskommissionen ausgeführt wurden;

II. auf Formzahlerhebungen an 389 Stämmen;

III. auf Untersuchungen über den Höhenwuchs an 461 Stämmen;

IV. auf Streuversuche, welche auf den früher eingerich⸗ teten und in feste Grenzen gelegten Flächen nach bestimmten Vorschriften fortgesetzt wurden;

auf Durchforstungsversuche in zusammen 48 fest abgegrenzten Versuchsflächen;

VI. auf Kulturversuche, und zwar wurden vergleichende Versuche zur Ermittelung der zweckmäßigsten Aussaatmethoden, Samenquantitäten, Pflanz⸗ und Verschulungsverbände in Frei⸗ kulturen und Kämpen angestellt, auch verschiedene Kultur⸗ werkzeuge in Bezug auf ihre Brauchbarkeit geprüft, und das Verhalten von Pflanzungen zweijähriger verschulter Kiefern gegenüber denjenigen einjähriger beobachtet;

VII. auf Ermittelungen über Eichelmast in der Ober⸗ försterei Liepe zur Feststellung des Verhältnisses der Holzmasse der Mutterbäume zum Eichelertrage;

VIII. auf vergleichende Versuche verschiedener Eichelauf⸗ bewahrungsmethoden;

IX. auf die Fortsetzung der Prüfung verschiedenartiger Keimapparate;

X. auf die Verarbeitung der Ernte⸗Ergebnisse der wichtigsten Holzarten in sämmtlichen Oberförstereien des

preußischen Staates pro 1878 (cf. Danckelmanns Zeitschrist,

Band X., Heft 3). B. Meteorologische Abtheilung.

Die Thätigkeit bestand:

a. in den regelmäßigen Beobachtungen auf den 10 in Preußen und den 3 in Elsaß⸗Lothringen eingerichteten forstlich⸗ meteorologischen Stationen,

b. in der monatlichen Zusammenstellung und Veröffent⸗ lichung dieser Beobachtungen,

c. in der Herausgabe des dritten Jahresberichts über die

Beobachtungsergebnisse der forstlich meteorologischen Sta⸗ tionen pro 1877 (im Verlage von Julius Springer in Berlin

erschienen),

d. in der Ausarbeitung einer Instruktion für die einheit⸗ liche Einrichtung forstlich⸗meteorologischer Stationen für Preußen und Bayern,

e. in der Prüfung des Patent⸗Hygrometers von Klinkerfues.

C. Die chemische und bodenkundliche Abthei⸗ lung hat nachstehende Arbeiten ausgeführt:

a. Bestimmung des Gerbestoffgehalts verschiedener Eichen⸗ rinden, namentlich Spiegelrinden aus verschiedenen Ober⸗ förstereien der preußischen Monarchie des Flachlandes und Gebirges, und Veröffentlichung der Resultate (cf. Danckel⸗ manns Zeitschrift Band X.),

b. Fortsetzung der Untersuchungen über die Zusammen⸗ setzung der wichtigsten Bodenarten, namentlich in Bezug auf ihre Ertragsfähigkeit,

c. Bodenaufnahmen in der Oberförsterei Biesenthal für Zwecke der Taxationsrevision und Anfertigung mehrerer Bodenprofile, nebst Bodenbeschreibung,

d. Aufnahme zahlreicher Bodenprofile von Verwitterungs⸗ böden im Gebirge bei Gelegenheit der von der Forstakademie ausgeführten größeren Herbstexkursion und Untersuchungen über deren Eigenschaft und Ertragsfähigkeit.

D. Die von der zoologischen Abtheilung aus⸗ geführten Arbeiten sind folgende:

Darstellung:

a. der Lebensweise des großen Eschenbastkäfers (Hylesinus

orenatus) in der Danckelmannschen Zeitschrift Band X., b. des Vorkommens und der Lebensweise des Alpen⸗!

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bockkäfers (Cerambyx alpinus) in alten Buchen der Ober⸗ försterei Muͤhlenbeck (ebendaselbst)

„ece. die Diagnose für Frischling und Ueberläufer (ver⸗ öffentlicht ebendaselbst),

d. die Bedeutung der Spechte für die Forstwissenschaft und im Allgemeinen ist dargestellt in einer selbständigen Schrift „Unsere Spechte“. (Verlag von Julius Springer.) Außerdem wurden Beobachtungen:

e. über das Ab⸗ und Zulaufen des großen Rüsselkäfers von und nach Kulturflächen, welche unmittelbar an Schlag⸗ flächen grenzen, durch Ziehen von parallelen Doppelgräben,

f. über die Folgen des Nonnenfraßes,

g. über das Antheeren der Nadelholztriebspitzen als

Schutzmittel gegen Wildverbiß, h. über Mäusekalamität in den Forsten nach ihrer ört⸗ lichen Ausdehnung, nach Art der Mäuse und der von ihnen angegriffenen Holzarten, sowie in Bezug auf die Anwendung von Gegenmitteln angestellt.

Endlich wurden

i. die Versuche zur Erprobung verschiedener Klebestoffe als Gegenmittel gegen die Kiefernspinnernraupe fortgesetzt.

Preußische Klassenlotterie.

Bei der heute beendigten Ziehung der 2. Klasse 161. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen:

1 Gewinn von 6000 auf Nr. 20 458.

1 Gewinn von 600 auf Nr. 80 130.

3 Gewinne von 300 auf Nr. 30 807. 83 183. 93 025. MNachdem gestern die für das Garde⸗Corps in den Provinzen Sachsen, Posen und Schlesien ausgehobenen Rekruten an die Truppentheile vertheilt worden, trafen im Laufe des heutigen Tages die Rekrutentransporte in Stärke von ca. 1600 Mann aus der Rheinprovinz sowie Westfalen und Schleswig⸗Holstein hier ein. Dieselben werden für die Nacht einquartiert und gelangen demnächst morgen Vormittag auf dem Kasernenhofe der Füsilierkaserne des 2. Garde⸗Regiments z. F. zur Vertheilung. Schließlich wird morgen noch eine gleiche Anzahl Rekruten, welche den Truppentheilen übermorgen überwiesen werden, aus Hannover, Hessen und dem Reichs⸗ lande ankommen und damit die diesjährige Rekruteneinstellung beim Garde⸗Corps beendet sein.

Der Centralverein für Hebung der deutschen Fluß⸗ und Kanalschiffahrt trat gestern Abend zu seiner ersten Sitzung nach den Sommerferien zusammen. In Abwesenheit des Vorsitzenden eröffnete der Geschäftsführer des Vereins, Hr. De. Reutzsch, die Sitzung mit der Mittheilung, daß auch im kommenden Winterhalb⸗ jahre der Verein über einschlägige Tagesfragen Referate und Dis⸗ kussionen veranlassen wird. So sollen vorbehaltlich einiger Abän⸗ derungen nachstehende Themata in Vorträgen behandelt werden: die Vorlage an den Landtag, die Regulirung der Wasserstraßen be⸗ treffend; die Berichte des Hofrath von Weber über seine Reisen in England und Schweden; eine Erfindung zum Aufstauen fließender Wasser (von Dr. Möller⸗Brackwede); Zeichnungen, welche erstreben, große Kanalschiffe bedeutende Gefälle mit ge⸗ ringem Wasserverbrauch überwinden zu lassen (von Professor Sonne⸗Darmstadt); die Kanäle im Saargebiet; die Rentabilitäts⸗ berechnung des Elbe⸗Spreekanals; der Elster⸗Saalekanal und der Rhein⸗Weserkanal. Hr. Dr. Max Wirth hat einen Vortrag zu⸗ gesagt über die wirthschaftliche Bedeutung der Donau für den Ver⸗ kehr nach dem Osten und dem Orient. Das erste Referat über den Uecker⸗Havelkanal hatte der Bürgermeister Hintze aus Uecker⸗ münde übernommen. Der Referent beleuchtete zunächst die geschichtlichen Daten für die allmähliche Herausbildung der Kanalidee, berührte kurz die technischen Verhältnisse der vom Regierungs⸗Rath Wernekink entworfenen Kanallinie und wandte sich dann vorzugsweise zur Schilderung der Ver⸗ kehrsbeziehungen wie der wirthschaft lichen Zustände und der Produktions⸗ und Absatzverhältnisse des von dem Kanal und der Uecker berührten Gebiets. Redner verwies hierbei auf den sehr leb⸗ haften Schiffahrtsverkehr von Ueckermünde, bestehend in 2548 allerdings meist mit Ballast eingehenden und mit 2574 ausgehenden Fahr⸗ zeugen, sodann auf die für alle Hafen⸗ und Leuchtthurmbauten sehr gesuchten Ueckermünder Steine, auf die sehr entwickelte Ziegelöfen⸗ industrie, die ausgedehnten Waldungen der Herrschaft Stolzenfels und andere große Waldkomplexe. Da die Idee des Kanalprojekts trotz aller aufgewandten Sorgfalt der Interessenten keine Fort⸗ schritte gemacht habe, so habe man seine Aufmerksamkeit jetzt mehr dem Plane zugewendet, die Ucker zunächst bis Pase⸗ walk und später bis Prenzlau schiffbar zu machen. Tech⸗ nische Schwierigkeiten seien nicht vorhanden, die Kosten verhältnißmäßig gering. Beachtenswerth sei ferner, daß der bei Baseburg projektirte Durchstich der Landzunge bei Swinemünde, Ueckermünde und dessen Wasserverkehr dem Meere erheblich näher führen würde. Von einem Beschlusse über das Projekt selbst sah die Versammlung ab und vertagte eine Entschei⸗ dung hierüber bis zu der noch rückständigen eingehenden Besprechung

der technischen Verhältnisse. Hierauf referirte Hr. Gustav Berger,

Beamter des deutschen Handelstages, über die Jahresberichte der deutschen Handelskammern in ih en Aeußerungen über Kanäle und Stromkorrektionen. Hr. Berger gab aus seiner ebenso verdienst⸗

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vollen wie umfangreichen Bearbeitung nur einen flüchtigen Auszug,

stizzirte kurz den Plan, von dem er dabei ausgegangen sei, und wandte sich dann zu den Anschauungen der Handelskammern über die Bedeutung leistungsfähiger Wasserstraßen im All⸗ gemeinen, über den Bau von Kanälen, über die Verbindung des Wasserverkehrs mit dem Eisenbahntransport, über den Einfluß der Kanäle auf die Landwirthschaft, die Bildung eines Reichs⸗Schiffahrts⸗ amtes und andere wichtigere Fragen von prinzipieller Bedeutung. Der Redner besprach hierauf speziell das Memel⸗ und Pregelgebiet, die Ansichten der größ ren Handelskammern im Gebiete der Weichsel, der Oder, der Elbe und speziell von Berlin und brach alsdann in Folge der vorgerückten Zeit seinen Vortrag ab. Hr. Kochhann regte an, den Vortrag drucken zu lassen, welcher Vorschlag allseiti⸗ gen Beifall findet; auch Hr. Berger⸗Witten erklärte sich für In⸗ drucklegung des Vortrags und hält denselben für sehr geeignet, den Bestrebungen des Vereins zu nützen.

Traben a. d. Mosel, 3. November. (Kobl Ztg.) Unser Ort ist von einem entsetzlichen Unglück heimgesucht worden In der vor⸗ letzten Nacht gegen 12 Uhr brach Feuer aus, das trotz aller An⸗ strengungen zum Löschen rasch um sich griff und ein Haus nach dem andern in Asche legte. Die Zahl der abgebrannten Wohnhäuser beträgt 65; gegen 100 Familien sind obdachlos; viele davon befinden sich in einer trostlosen Lage, denn der dürftige Besitz war häufig unversichert. Das Unglück ist um so schwerer, als die Haupterwerbs⸗ quelle unserer Einwohnerschaft, der Weinbau, in diesem Jahre fast vollständig versagt. Ueber die Entstehungsursache des Feuers ist Zu⸗ verlässiges bis jetzt nicht bekannt geworden.

London, 4. November. In Schottland sowie im Norden Englands ist das Wetter plötzlich sehr winterlich geworden. Am Sonnabend fiel in ganz Schottland heftiger Schnee. Auch mehrere Distrikte im Norden von England sowie Nordstaffordshire wurden am nämlichen Tage von einem Schneesturm heimgesucht. In London herrschte gestern bittere Kälte.

Nach einer den Fahrverkehr bei dem Cirkus an der Karlstraße regelnden polizeilichen Bekanntmachung beabsichtigt Hr. Direktor Renz am 15. November seine Vorstellungen hier zu eröffnen.

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