Bekanntmachungen,
betreffend Verbote und Beschränkungen der Ein⸗
fuhr über die Reichsgrenze.
Nachdem amtlichen Mittheilungen zufolge die Rinderpest in dem Kreise Bendzin in Polen erloschen ist, anderer⸗ seits aber in der Stadt Warschau und deren Um⸗ gebung die Seuche noch herrscht, sehen wir uns veranlaßt, unsere Verordnung vom 27. September d. J. Gweites Extra⸗ blatt zum Amtsblatt Stück 39 S. 275) — jedoch mit Aus⸗ schluß der auch ferner noch gültigen Bestimmungen sub Nr. N. bis XIII. incl. — und die Verordnung vom 29. Ok⸗ tober d. J. (Amtsblatt Stück 44 S. 312) hiermit außer Kraft zu setzen und dafür Folgendes zu bestimmen:
I. Für den ganzen Umfang der Landesgrenze unseres Bezirkes bleibt die Ein⸗ und Durchfuhr von Rindvieh jeder Race aus Rußland sowohl, wie auch aus Oesterreich untersagt. 1
Die mittelst Reskripte des Herrn Ministers für die land⸗ wirthschastlichen Angelegenheiten vom 28. August 1873, 10. September 1877, 8. Februar 1878 und 4. Oktober 1879 (mitgetheilt an die betreffenden Königlichen Landrathsämter durch unsere Verfügungen vom 4. September 1873, 17. Sep⸗ tember 1877, 14. Februar 1878 und 11. Oktober 1879) ge⸗ währten Erleichterungen für den Grenzverkehr mit dem benach⸗ barten Oesterreich werden von diesem Verbote nicht berührt.
II. Abgesehen von dem Einfuhrverbote ad I. ist die Ein⸗ fuhr von Wiederkäuern jeglicher Art (insbesondere der Schafe und Ziegen) aus Rußland, gleichviel aus welchem Theile dieses Landes dieselben stammen, untersagt.
III. Ebenso bleiben: b
a. alle von Wiederkäuern stammenden thierischen Theile
in frischem oder trockenem Zustande — mit Aus⸗ nahme von Butter, Milch in Blechkannen, Käse und vpon geschmolzenem Talg in Fässern und Wannen —,
b. Dünger, Rauchfutter, Stroh und andere Streumate⸗
rialien, gebrauchte Stallgeräthe, Geschirre und Leder⸗ zeuge, insofern letztere nicht dem augenblicklichen Ge⸗ brauche dienen,
c. unbearbeitete Wolle, Haare und Borsten, gebrauchte
Kleidungsstücke für den Handel und Lumpen, von der Einfuhr aus Rußland ausgeschlossen. Heu und Stroh, sofern es lediglich als Verpackungs⸗ mittel dient, unterliegt dem Einfuhrverbote nicht, ist jedoch am Bestimmungsorte zu vernichten. 1 IvV. Die Einsuhr von Wiederkäuern mit Ausschluß des Rindviehes aus Oesterreich⸗Ungarn ist unter folgen⸗ den Bedingungen gestattet: 1) Es ist durch ein amtliches Attest nachzuweisen, daß die bbetreffenden Thiere unmittelbar vor ihrem Abgange mindestens 30 Tage an einem seuchenfreien Orte ge⸗ gestanden haben und daß 20 km um denselben die Seuche nicht herrscht, daß der Transport durch seuchenfreie Gegenden erfolgte, die betreffenden Thiere beim Uebergange über die Grenze von einem beamteten Thierarzte untersucht und gesund befunden worden sind. Die Ueberführung über die diesseitige Grenze, beziehent⸗ lich die Untersuchung der Schafze galrch die diesseitigen be⸗
8
amteten Thierärzte findet in Zukunze Lur statt in: e th
1) Ziegenhals einen jeden Mitkwoch,
2) Oderberg einen jeden Montag und Donnerstag, ad 1 und 2 durch den Grenz⸗Thierarzt Herrmann zu Leobschütz,
3) Goczalkowitz einen jeden Donnerstag,
Neu⸗Berun einen jeden Montag und Freitaag, 1418 und 4 durch den Grenz⸗Thierarzt Wolff in Ile „ ) Myslowitz einen jeden Montag und Donnerstag, ad 5 durch den Grenz⸗Thierarzt Frick in Beuthen O. S. Auch sind die einzuführenden Schastransporte bis spä⸗ estens 8 Uhr Abends vor den festgesetzten Untersuchungs⸗ agen bei den betreffenden Grenz⸗Thierärzten schriftlich oder elegraphisch anzumelden. Sind keine Transporte angemeldet,
so ist der betr. Veterinärbeamte nicht verpflichtet, an diesen
g. Fixtagen am Untersuchungsorte anwesend zu sein.
Sobald bei der thierärztlichen Untersuchung, welche auf Kosten der Einführenden bewirkt wird, in einer Schafheerde
uch nur ein mit einer ansteckenden Krankheit behaftetes oder
iner solchen verdächtiges Thier gefunden wird, oder wenn die
ürsprungsatteste nicht in Ordnung befunden werden, wird der ganze Transport zurückgewiesen.
Schaftransporte, welche über den diesseitigen Regierungs⸗ bezirk hinaus nach dem weiteren Inlande gehen sollen, dürfen nur in geschlossenen Eisenbahnwagen und ohne Umladung nach öffentlichen, unter veterinärpolizeilicher Aufsicht stehenden Schlachtanstalten befördert werden, wo die Abschlachtung der Schafe polizeilich kontrolirt wird. Zu dem Zwecke ist der Polizeibehörde des Bestimmungsortes eines solchen Transportes von der erfolgten Ertheilung der Einfuhrgenehmigung von dem betreffenden beamteten Thierarzt auf Kosten des Impor⸗ teurs telegraphisch Mittheilung zu machen.
Die Durchfuhr von Schafen durch das deutsche Reichs⸗ gebiet ist nur unter der Bedingung zuläͤssig, daß die Beför⸗ derung in geschlossenen Eisenbahnwagen und ohne Umladung erfolgt. Zur leichteren Kontrole ist in diesem Falle an den betreffenden Wagen der in die Augen fallende Vermerk: „zur Durchfuhr durch deutsches Gebiet ohne Umladung“ oder „‚zur Durchfuhr nach dem Auslande ohne Umladung“ anzubringen.
Schließlich wird die Verladung von Schafen auf den Eisenbahnstationen diesseitigen Bezirkes in Zukunst nur ge⸗ stattet, wenn der Verlader durch ein Attest des Gemeinde⸗ oder Gutsvorstehers nachweist, daß die Schafe sich mindestens 14 Tage hindurch im Inlande befunden haben.
V. Die Einfuhr der von Wiederkäuern stammenden thierischen Theile in frischem Zustande (insbesondere frisches Fleisch) — mit Ausnahme jedoch von Butter, Milch in Blechkannen und Käse, von geschmolzenem Talg in Fässern und Wannen, sowie von Dünger, gebrauchten Stallgeräthen, Geschirren und Lederzeugen, insofern letztere nicht dem augen⸗ blicklichen Gebrauche dienen — bleibt auch aus Oesterreich⸗ Ungarn untersagt.
Dagegen ist die Einfuhr der von Wiederkäuernstammen⸗ den thierischen Theile in vollkommen trockenem und von Weichtheilen freiem Zustande, sowie von Wolle, sobald die⸗ selbe gewaschen und in festen Säcken verpackt ist, auch in ge⸗ schlossenen Eisenbahnwagen eingeführt wird, ferner von Lumpen, welche vollkommen trocken und in festen Säcken verpackt sind, auch von Blutdünger, wenn derselbe ent⸗ weder fein pulverisirt, oder falls derselbe in Stücken eingeführt
wird, trocken, nicht zähe und nicht klebrig, auch geruchfrei ist, und in jedem Falle in Säcken verpackt wird, und endlich auch von Häcksel, Stroh und Heu aus Oesterreich⸗Ungarn estattet. 8
8 VI. Darüber, ob die bei den vorstehend sub V. aufgeführ⸗ ten Gegenständen ꝛc. verlangten Cigenschaften vorliegen, ent⸗ scheidet im Zweifelsfalle der diesseitige beamtete Thierarzt, welcher auf Kosten des Transporteurs die Untersuchung zu bewirken hat. b
VII. Was von der Einfuhr gesagt ist, gilt auch von der Durchfuhr. G
han In den Kreisen Tarnowitz, “ und Kattowitz bleibt die Abhaltung der Rindviehmärkte auch ferner untersagt. .
9 h Die ascgfe Verordnungen vom 23. März 1877 Stück 12, S. 103 des Amtsblattes) und 29. September 1879 (Sins 40, S. 285 des Amtsblattes) geregelte Verladung von Rindvieh auf Eisenbahnen wird von jetzt an auf den Stationen Oppeln, Candrzin, Neisse, Grottkau, Ober⸗Glogau, Leobschütz und Ratibor unter den dort vorgeschriebenen Bedingungen stattfinden. Doch sind auch an anderen, als an den sogenannten Fixtagen Verladungen von Rindvieh auf diesen Stationen gehattet, wenn der Verlader die Kosten der thierärztlichen Untersuchung trägt.
In den Kreisen Tarnowitz, Beuthen, Kattowitz und Zabrze finden Verladungen von Rindvieh zum Weiter⸗ transport durch die Eisenbahn bis auf Weiteres nicht statt.
X. Zuwiderhandlungen gegen vorstehende Maßnahmen
werden, unbeschadet etwaiger, hierauf bezüglicher kreispolizei⸗
licher Strafbestimmungen, in Gemäßheit der 88. 327 und 328 des Strafgesetzbuches und des Gesetzes vom 21. Mai 1878 (Reichs⸗Gesetzblatt S. 95) bestraft.
Oppeln, den 3. Dezember 1879.
Königliche Regierung, Abtheilung des Innern.
Bekanntmachung.
Die in Bezug auf den Beitritt zur Königlichen allgemeinen Wittwen⸗Verpflegungs⸗Anstalt zu beobachtenden allgemeinen Vor⸗ schriften werden nachstehend mit dem Bemerken bekannt gemacht, daß es im eigenen Interesse der betheiligten Personen liegt, sich zur Ver⸗ meidung von Verzögerungen der Aufnahme, Portokosten und sonstigen Weiterungen genau nach diesen Vorschriften zu richten.
I. Aufnahmefähig sind unter der Voraussetzung, daß nicht
etwa Gesundheits⸗ oder Altersverhältnisse obwalten, die nach den
§§. 3 und 4 unseres Reglements von der Rezeption ausschließen:
1) alle im unmittelbaren Staatsdienste angestellte Civilbeamte, welche nach dem Gesetz vom 27. März 1872 (Ges. S. S. 268) pen-
sionzberechtigt sind.
Die unter dem Vorbehalte des Widerrufs oder der Kündigung angestellten Beamten haben einen Anspruch auf Pension und folglich auf die Aufnahme nur dann, wenn sie eine in den Besoldungsetats aufgeführte Stelle bekleiden.
2) Die Civilbeamten des Deutschen Reiches, welche preußische Unterthanen und vom Kaiser angestellt sind, oder zu denjenigen Pest⸗ oder Telegraphenbeamten gehören, deren Anstellung ver⸗
fassungsgemäß der preußischen Landesregierung zusteht (Art. 50 der
Reichsverfassung).
Diejenigen von den unter 1 und 2 bezeichneten Beamten, deren penstonsberechtigtes. Faenstesommen di Summe von 750 ℳ nicht übersteigt, dürfen Mr eine Wittwenpelssion von höchstens 150 ℳ versichern.
3) Assessoren bei den Regierungen, Gerichten und Bergämtern,
welche noch kein pensionsfähiges Diensteinkommen aus der Staats⸗
kasse beziehen, sowie die bei den Auseinandersetzungsbehörden dauernd
beschäftigten Oekonomiekommissarien, denen ein Anspruch auf Pension noch nicht beigelegt ist, — alle diese jedoch mit der Beschränkung auf die Versicherung einer Wittwenpension von höchstens 300 ℳ, vorbe⸗
haltlich späterer Erhöhung derselben.
4) Die Professoren bei den Universitäten, wenn sie mit einer
fixirten Besoldung angestellt sind.
5) Die im eigentlichen Seelsorgeramte sowohl unter Königlichen als unter Privatpatronaten angestellten Geistlichen, sowie die ordi⸗ berechnet werden können. Dieser Tarif ist in der Gesetz⸗Samm lung
nirten und zu einem Seelsorgeramte berufenen Hülfsgeistlichen.
6) Die im unmittelbaren Staatsdienst angestellten, nach §. 6 des Gesetzes vom 27. März 1872 pensionsberechtigten Lehrer und Beamten an Gymnasien, Progymnasien, Realschulen, Schullehrer⸗ seminarien, Taubstummen⸗ und Blindenanstalten, Kunst⸗ und höheren Bürgerschulen, sowie auch
7) andere an Gymnasien und diesen gleichzuachtenden Anstalten, an Schullehrerseminarien, an höheren und an allgemeinen Stadt⸗ schulen angestehlte wirkliche Lehrer, mit Ausschluß der Hülfslehrer und der Lehrer an solchen Klassen derselben, welche als eigentliche Elementarklassen nur die Stelle einer mit jenen Anstalten verbundenen Elementarschule ersetzen.
In Betreff derjenigen Beamten und Hülfelehrer der unter
6 bezeichneten Anstalten, sowie der Lehrer an den mit letzteren ver⸗ bundenen Elementarklässen, deren pensionsberechtigtes Dienstein⸗ kommen die Summe von 750 ℳ nicht übersteigt, findet die Be⸗ stimmung zu 2 a. E. Anwendung.
8) Die reitenden Feldjäger.
Die wegen Aufnahme der Hofdiener und einiger anderer Beamtenklassen bestehenden besonderen Bestimmungen kommen hier nicht in Betracht.
II. Wer der Königlichen allgemeinen Wittwen⸗Verpflegungs⸗ Anstalt beitreten will, hat vorzulegen:
a. ein Attest seiner vorgesetzten Behörde, daß er zu einer der ge⸗ nannten Klassen gehöre, also zu I. 1 ausdrücklich darüber, daß er ein
pensionsfähiges Gehalt und event. zu welchem jährlichen Betrage be⸗- ziehe, zu I. 2 darüber, daß er entweder preußischer Unterthan und
durch Se. Majestät den Kaiser angestellt sei, oder daß er zu den⸗ jenigen Reichsbeamten gehöre, deren Anstellung der preußischen Landes⸗ regierung vorbehalten ist, und über das Gehalt; zu I. 3 wegen der Oekonomiekommissarien, daß er bei einer Auseinandersetzungsbehörde dauernd beschäftigt sei; zu 1. 5 wegen der Hülfsgeistlichen ein Altest des betreffenden Superintendenten oder Konsistoriums; zu I. 6 und 7 ein Attest der Regierung oder des Provinzial⸗Schulkollegiums dar⸗ über, daß der Aufzunehmende sich in dem betreffenden, zur Aufnahme berechtigenden Verhältnisse befinde u. s. w. Nur die Geistlichen und die bei den Regierungen und Gerichten oder anderen Landes⸗ Kollegien als wirkliche Räthe angestellten Staatsbeamten bedürfen über ihre Stellung keines besonderen Nachweises.
Heirathskonsense können nur dann die Stelle solcher Atteste ver⸗ treten, wenn in denselben das Verhältniß, welches nach den obigen Bestimmungen zur Aufnahme in unsere Anstalt berechtigt, besonders und bestimmt ausgedrückt, auch event. das pensionsfähige Dienst⸗ einkommen des Beamten (I. 1, 2 und 6) angegeben ist. Versiche⸗ rungen, welche die Recipienden selbst über ihre Stellung abgeben oder einfache Bescheinigungen einzelner Behörden: „daß N. N. be⸗ rechtigt oder verpflichtet sei, der Königlichen allgemeinen Wittwen⸗ Verpflegungs⸗Anstalt beizutreten“, genügen nicht.
b. Förmliche Geburtsatteste beider Gatten und einen Kopu⸗ lationsschein, beziehungsweise eine Heirathsurkunde, die als mit dem Heirathsregister gleichlautend von dem Standesbeamten bestätigt und mit dem Standesamtssiegel versehen ist. Die in den Geburtsattesten vorkommenden Zahlen müssen mit Buchstaben ausgeschrieben sein und die Vor⸗ und Zunamen beider Eheleute in den Geburtsscheinen
müssen mit den Angaben des Kopulationsscheins oder der Heiraths⸗ 2920 3016 3076 3093 3175 3193 3195 3257 3356 3373 3750 3844 8 1 “
urkunde genau übereinstimmen.
8 1
“
Da die unserer Anstalt beitretenden Chepaare nicht jünger alg 21 beziehungsweise 16 Jahre alt sein können, und da viele ein⸗ tretende Mitglieder sich schon vor dem Inkrafttreten des Gesetzes über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließun vom 6. Februar 1875 (R. G. Bl. S. 23) verheirathet haben s9 wird noch eine geraume Zeit vergehen, ehe Tauf⸗ und kirchliche Ko⸗ pulationsscheine von uns ausgeschlossen und durchweg nur Geburts⸗ und Heiratoͤsurkunden auf Grund jenes Gesetzes gefordert werden dürfen. Es wird daher Folgendes bemerkt:
Bloße Taufscheine ohne bestimmte Angabe der Geburtszeit sind ungenügend; sind solche Angaben im Kopulationsscheine vorhanden so können sie als Ersatz etwa fehlender besonderer Geburtsatteste nur dann gelten, wenn die Trauung in derselben Kirche erfolgt ist in welcher die Taufe vollzogen wurde, und wenn die Kopulations⸗ und Geburtsangaben ausdrücklich auf Grund der Kirchenbücher einer und derselben Kirche gemacht werden.
Der Unterschrift und der Charakterbezeichnung des Ausstellerg der Kirchenzeugnisse muß das Kirchensiegel deutlich beigedruckt sein Wenn die Aussteller die Recipienden selbst sind oder zu dem Re⸗ cipienden in verwandtschaftlichen Beziehungen stehen, so muß das be⸗ treffende Attest von der Ortsobrigkeit unter Beidruckung des Dienst⸗ siegels beglaubigt oder von einem anderen Geistlichen unter Bei⸗ druckung des demselben zustehenden Kirchensiegels mit vollzogen sein Auch sind diese Dokumente stempelfrei, den Predigern aber ist es nachgelassen, für Ausfertigung eines jeden solcher Zeugnisse kirchliche Gebühren, jedoch höchstens im Betrage von 75 ₰, zu fordern.
c. Ein ärztliches, von einem approbirten praktischen Arzte aus⸗ gestelltes, ebenfalls stempelfreies Attest in folgender Fassung:
„Ich (der Arzt) versichere hierdurch auf meine Pflicht und an Eidesstatt, daß nach meiner besten Wissenschaft Herr N. N. weder mit der Schwindsucht, Wassersucht, noch einer anderen chronischen Krankheit, die ein baldiges Absterben befürchten ließe, behaftet, auch überhaupt nicht krank, noch bettlägerig sondern gesund, nach Verhältniß seines Alters bei Kräften und fähig ist, seine Geschäfte zu verrichten.“
Dieses Attest des Arztes muß von vier Mitgliedern unserer An⸗ stalt, oder, wenn solche nicht vorhanden sind, von vier anderen be⸗ kannten redlichen Männern dahin bekräftigt werden:
„daß ihnen der Aufzunehmende bekannt sei und sie das Gegen⸗ tbheil von dem, was der Arzt attestirt habe, nicht wissen.“ Wohnt der Recipiend außerhalb Berlin, so ist noch außerdem
ein Certifikat hinzuzufügen, dahin lautend: „daß sowohl der Arzt als die vier Zeugen das Attest eigen⸗ händig unterschrieben haben, auch keiner von ihnen ein Vater, Bruder, Sohn, Schwiegersohn oder Schwager des Aufzu⸗ nehmenden oder der Frau desselben sei.“ Dieses Certifikat darf nur von Notar und Zeugen, von einem Gerichte oder von der Ortspolizeibehörde ertheilt werden; be. den Gesundheitsattesten für aufzunehmende Gensd'armen sind jedoch aus⸗ nahmsweise auch die Certifikate von Gensd'armerie⸗Offizieren und für im Auslande angestellte Beamte diejenigen ihrer vorgesetzten Dienstbehörde zulässig, wenn die Bescheinigung der Ortspolizei⸗ I mit besonderen Unkosten oder uüberhaupt nicht zu er⸗ angen ist.
Das Attest, die Zengenaussagen und das Certifikat dürfen nie vor dem 16. Januar oder 16. Juli datirt sein, je nachdem die Auf⸗ nahme zum 1. April oder 1. Okrober erfolgen soll, und die oben vorgeschriebene Form muß in allen Theilen Wort für Wort genau beobachtet werden.
III. Die Aufnahmetermine sind der 1. April und 1. Oktober eines jeden Jahres.
Wer also nach I. zur Reception berechtigt ist und diese durch eine Königliche Regierungs⸗ resp. Bezirkshaupt⸗ oder Instituten kasse, oder durch einen unserer Kommissarien bewirken will, hat an diesel⸗
—
ben seinen Antrag und die zu 11. genannten Dokumente vor dem
1. April oder 1. Oktober so zeitig einzureichen, daß sie spätestens bis zum 15. März oder 15. September von dort aus bei uns eingehen können. Anträge, welche nicht bis zu diesem Zeitpunkte gemacht und
bis dahin nicht vollstä dig belegt worden sind, werden von den Kö⸗
niglichen Kassen und Kommissarien zurückgewiesen und können nur noch bis zam Ablaufe der Monate März und September in porto⸗ freien Briefen unmittelbar an uns selbst eingesandt werden, der⸗ gestalt, daß sie spätestens am 31. März oder 30. September hier eingehen. 8
In der Zwischenzeit der vorgeschriebenen Termine werden keine Receptionsanträge angenommen und keine Aufnahmen vollzogen.
IV. Den zu II. genannten Attesten sind womöglich gleich die ersten praenumerando zu zahlenden halbjahrigen Beiträge beizufügen, die nach dem Tarife zu dem Gesetze vom 17. Mai 1856 sehr leicht
für 1856 S. 479 ff. abgedruckt und Jedermann zugänglich. Der⸗ selbe, in die Reichswährung umgerechnet, ist auch im Verlage der ehemals Deckerschen Geheimen Ober⸗Hofbuchdruckerei erschienen und durch den Buchhandel zu beziehen. Bei Berechnung der Alter ist jedoch der §. 5 des Reglements zu beachten, wonach einzelne Monate unter Sechs gar nicht, vollendete Sechs Monate aber und darüber als ein ganzes Jahr gerechnet werden.
Stundungen der ersten Beiträge oder einzelne Theilzahlungen zur Tilgung derselben sind unstatthaft, und vor vollständiger Ein⸗ sendung der tarifmäßigen Gelder und der vorgeschriebenen Atteste kann unter keinen Umständen eine Reception bewirkt werden.
V. Was die Festsetzung des Betrages der zu versichernden Pen⸗ sionen betrifft, so haben hierüber nicht wir, sondern die den Re⸗ cipienden vorgesetzten Dienstbehörden zu bestimmen. Es kann daher hier nur im Allgemeinen bemerkt werden, daß nach den höheren Orts erlassenen Verordnungen die Pension mindestens dem fünften Theile des Diensteinkommens gleich sein muß, wobei jedoch zu berücksichtigen ist, daß die Versicherungen nur von 75 ℳ bis 1500 ℳ inkl., immer mit 75 ℳ steigend, stattfinden können.
VI. Bet späteren Pensionserhöhungen, die in Beziehung auf die Beiträge, Probejahre u. s. w. als neue, von den älteren unabhängige Versicherungen und nur insofern mit diesen gemeinschaftlich betrachtet werden, als ihr Gesammtbetrag die Summe von 150 ℳ refp. 300 ℳ (zu I. 1 bis 3) und 1500 ℳ (zu V.) nicht übersteigen darf, ist die abermalige Beibringung der Kirchenzeugnisse, beziehungsweise der Ge⸗ burts⸗ und Heirathsurkunden nicht erforderlich, sondern nur die An⸗ zeige der älteren Receptionsnummer, ein neues vorschriftsmäßiges Gesundheitsattest und, wenn die zu I. 1 bis 3 bezeichneten Grenzen überschritten werden sollen, ein amtliches Attest über die veränderte Stellung und Besoldung, resp. über die etwa erlangte Pensions⸗ berechtigung. Auch die Beträge der Erhöhungen müssen wie die ersten
Versicherungen durch 75 ohne Bruch theilbar sein.
VII. Da wir im Schlußsatze der Receptionsdokumente stets förmlich und rechtsgültig über die ersten halbjährlichen Beiträge quittiren, so werden besondere Quittungen über dieselben, wie sie sehr von uns verlangt werden, unter keinen Umständen ertheilt
Berlin, den 19. November 1879.
Gencral⸗Direktion der Königlichen allgemeinen Wittwen⸗
1 Verpflegungs⸗Anstalt. Rötger.
Bekanntmachung.
Bei der, dem Plane gemäß, heute vor Notar und Zeugen statt⸗ gefundenen 69. Serienziehung des vormals kurhessischen, bei dem Bankhause M. A. von Rothschild & Söhne zu Frankfurt a. M. auf⸗ genommenen Staats⸗Lotterie⸗Anlehens vom Jahre 1845 sind folgende 80 Serien⸗Nummern gezogen worden:
3 81 167 282 412 418 763 803 901 909 949 1100 1108 1170 1339 1345 1351 1561 1598 1943 2080 2111 2157 2167 2177 2195 2431 2516 2552 2604 2671 2694 2725 2736 2750 2832 2896
8
“ “ 8 ““ 1“ “
3847 3865 3891 4094 4095 4120 4306 4318 4322 4355 4385 4774 1 4796 4823 4862 4918 5069 5080 5106 5344 5418 5525 5875 590 8 5977 6007 6425 6550 6593 6660 6692. Wir bringen solches hierdurch zur 5 Cassel, den 1, Dezember 1879. Königliches Regierungs⸗Präsidium. von Brauchitsch. 8
Nichtamtliches.
Deutsches NReich.
Preußen. Berlin, 4. Dezember. Se. Majestät der Kaiser und König hörten heute die Vorträge des Kriegs⸗Ministers, Generals von Kameke und des Chefs des Militär⸗Kabinets, General⸗Lieutenants von Albedyll, worauf der Oberst⸗Kämmerer Graf von Redern zu kurzem Vortrage empfangen wurde.
— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm gestern militärische Meldungen entgegen und empfing den Ober⸗Ceremonienmeister, Wirklichen Geheimen Rath Grafen von Stillfried. Das Diner nahm Höchstderselbe bei Ihren Majestäten ein und besuchte Abends die Kaiserin⸗ Augusta⸗Stiftung in Charlottenburg.
— Am Dienstag, den 11. und Donnerstag, den 13. d. M., jedesmal Nachmittags von 2—4 Uhr, wird Ihre Durchlaucht die Prinzessin Friedrich von Hohen⸗
zollern die am Allerhöchsten Hofe vorgestellten Damen em⸗
pfangen. Die Vorstellung vermittelt die Gemahlin des Ge⸗
nerals Freiherrn von Rheinbaben, geborene von Mandels⸗ lohe. Anzug: Morgentollette.
— Ueber das verabscheuungswerthe Attentat auf Se. Majestät den Kaiser Alexander von Rußland liegen heute folgende weitere Meldungen des „W. T. B.“ vor:
Moskau, Mittwoch, 3. Dezember, Nachts. Offizielle Mittheilung. Die Vorsehung hat wiederum sichtbar die kost⸗ baren Tage unseres erhabenen Herrn bewahrt. Man kennt ohne Zweifel die bereits veröffentlichten Details über die Ex⸗ plosion der Mine, welche eine verbrecherische Hand mit Rück⸗ sicht auf die Vorüberfahrt Sr. Majestät gelegt hatte. Man
weiß, daß nur der Zug mit der Bagage, welcher demjenigen Sr. Majestät des Kaisers folgte, betroffen wurde, und daß glücklicherweise auch hierbei kein Opfer zu beklagen ist.
Zeitung“ veröffentlicht den Bericht eines Augenzeugen, welcher sich in dem Bagagezuge befand, über die stattgehabte Katastrophe. Gemäß den getroffenen Bestimmungen verließ der Zug des Kaisers um 12 Uhr Mitternacht den Bahnhof von Simferopol,
nachdem der Zug mit der Kaiserlichen Bagage, aus 14 Waggons
und 2 Lokomotiven bestehend, eine halbe Stunde früher ab⸗ gelassen worden war. Durch einen glücklichen Zufall über⸗
holte der Kaiserliche Zug den Bagagetrain und eilte demselben in einer Distanz von einer halben Stunde
voraus. Im Bagagetrain befanden sich funfzig Per⸗ sonen. Als der Zug vom Moskauer Bahnhof noch ungefähr 2 ½ Werst entfernt war, ertönte plötzlich ein starkes Krachen,
und der Waggon, in welchem sich der Berichterstatter befand,
begann von einer Seite zur anderen zu schwanken, bis ein starker Stoß denselben zum Stehen brachte. Nachdem der Berichterstatter seinen Waggon verlassen, erblickte er die deut⸗ lichen Spuren einer Explosion. Die erste Lokomotive hatte sich vom Zuge losgerissen, die zweite war entgleist; die Wag⸗ gons waren theilweise entgleist, theilweise standen dieselben
quer über den Schienen; der vierte Packwagen lag mit den
Rädern nach aufwärts. Seitwärts von der Bahn zeigte
sich eine beträchtliche, einige Arschin tiefe Grube.
Die Katastrophe hatte die Polizei und eine Menge Volks
herbeigezogen, welches seinen Abscheu über das gegen die
Person Sr. Majestät des Kaisers beabsichtigte Verbrechen in lauten Ausrufen kundgab. Der Berichterstatter eilte in die nächste Kaserne, um zu telegraphiren, fand aber die Tele⸗
graphenleitung durch einen umgestürzten Telegraphenpfosten zerrissen. Ein Weichensteller und ein Gorodowoj, welche sich
in der Nähe aufgehalten hatten, schienen stark verletzt zu sein. Die in dem Zuge befindlich gewesenen Personen kamen sämmtlich mit dem bloßen Schreck davon. Die Verbrecher hatten den Kaiser augenscheinlich in dem zweiten Zuge ver⸗
muthet. Um 2 Uhr Nachts trafen der Procureur und der Unter⸗
suchungsrichter an dem Orte der Katastrophe ein. Die durch die Verwüstung entstandenen Spuren führten in das zunächst
gelegene Haus, welches leer stand. Unter dem Schnee auf dem Hofe wurden von dem Untersuchungsrichter Drähte auf⸗
gefunden, welche von einer in einer Scheune befindlichen elektrischen Batterie ausgingen. Von dieser Scheune aus konnten die vorüberfahrenden Eisenbahnzüge leicht beobachtet
werden.
Nach den Aussagen in der Nähe des betreffenden Hauses wohnender Personen wurde das Haus im Monat September von einem jungen Manne, welcher sich als ein Bürger aus
Samara ausgab, gekauft. Nachbarn sahen denselben im
Keller des Hauses graben. Unter dem Vorwande, Sand aus⸗ zuführen, wurde aus dem für die Mine bestimmten Kanale Erde ausgeführt. Die Mine war 22 Faden lang in einer Tiefe von 3 Faden angelegt. Die Wohnung des Verbrechers war ärmlich. Unter den Tapeten entlang gingen die Drähte der elektrischen Batterien. Letztere befanden sich in gewöhn⸗ lichen rothen Kisten. Die zurückgelassenen Kleider beweisen, daß mehrere Personen in dem Hause gearbeitet haben. Es wurden noch die Reste eines kurze Zeit zuvor verzehrten Abendessens vorgefunden.
— Das Staats⸗Ministerium trat heute, Mittags
1 Uhr, zu einer Sitzung zusammen.
— Der Schlußbericht über die gestrige Sitzu g des Hauses der Abgeordneten befindet sich in der Ersten Beilage.
— In der heutigen (18.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister des Innern Graf zu Eulenburg, der Finanz⸗Minister Bitter, der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten von Puttkamer und mehrere Kommissarien beiwohnten, beschäftigte sich das Haus zu⸗
nächst mit Wahlprüfungen und erklärte, den Anträgen
der Wahlprüfungskommission gemäß, die Wahlen der Abgg v11XX“
8
von Neumann, Graf von Hacke, von Griesheim, von Gliszezyüski, Richter, Dr. Zimmermann, Born, Dr. Schläger von der Groeben, Köhne, von Kröcher und Wettich für gültig. Ohne,
Debatte genehmigte das Haus unverändert den Entwurf eines
Ausführungsgesetzes zur deutschen Gebührenordnung für Rechtsanwälte und setzte dann die zweite Berathung des Staatshaushalts⸗Etats für 1880/81 mit dem Etat des Ministeriums des Innern fort. Bei Kap. 94 Tit. 10 der dauernden Ausgaben (Pensionen für die Landgensd'armerie) richtete der Abg. Frhr. von Schorlemer⸗Alst an die Regierung die Frage, ob das Reich auch die Pensionirungen für diejenigen Gensd'armen trage, welche Preußen auf Anforderung des Reiches anstelle und für welche das Reich das Gehalt zahle.
Der Regierungskommissar, Geh. Ober⸗Regierungs⸗Rath von Kehler erwiderte, daß das Reich auch die Pensionirungs⸗ kosten mit 30 Prozent des Gehalts vergüte. Die Position wurde bewilligt. Zu Kap. 95 Tit. 1 (Geheime Ausgaben im Interesse der Polizei, 120 000 ℳ) beantragte Abg. Dr. Hänel die Vornahme einer besonderen Abstimmung, um den Wider⸗ spruch seiner Partei konstatiren zu können. Die Position wurde bewilligt. Der Abg. Dr. Roeckerath sprach zu Tit. 6 den Wunsch aus, daß dem Hause eine Uebersicht zugehen möge, in welcher Weise die Zuschüsse an die Kommunalverbände zu den Kosten der Unterbringung verwahrloster Kinder nach Maßgabe des §. 12 des Gesetzes vom 13. März 1878 er⸗ folgt seien.
Der Minister des Innern sagte die gewünschten Mitthei⸗ lungen zu, sobald das nöthige Material dazu vorliege, bestritt jedoch die Behauptung des Vorredners, daß verwahrloste Kinder an den Mindestfordernden vergeben würden: das widerstreite den klaren Bestimmungen des Gesetzes und den von ihm dazu erlassenen Ausführungsbestimmungen. Das Kapitel wurde bewilligt. Bei dem Kapitel 96 (Strafanstalten) erhob der Abg. von Uechtritz⸗Steinkirch gegen den jetzigen
Strafvollzug den Vorwurf, daß derselbe die Zunahine der
Verbrecher fördere. Die Strafen müßten viel härter, und eine Trennung zwischen den ehrlosen Verbrechern und denen, die in diese Kategorie nicht gehörten, vorgenommen werden. Diese Gesichtspunkte wünsche er bei der neuen Strafvollzugsordnung berücksichtigt zu sehen. (Schluß des Blattes.)
— Der General⸗Lientenant von Sandrart, Commandeur der 10. Division, ist nach beendetem Urlaub in seine Garnison Posen zurückgekehrt.
Breslau, 2. Dezember. (Schles. Ztg.) In der heutigen Sitzung des Provinzial⸗Landtages wurde die Vorlage des Provinzialausschusses, betreffend die in Folge des Gesetzes
— CEA“ Mai 1879 wegen Errichtung von Landeskultur⸗ 8 kau, Mittwoch, 3. Dezember. Die „Moskauer vom 13. M A1ö11““ Moskau, , ga. “ Rentenbanken zu treffenden Einrichtungen, nach längerer Debatte
genehmigt und darauf der Antrag des Ausschusses: „Der Pro⸗ vinzial⸗Landtag wolle beschließen; Unter Bezugnahme auf die dem Provinzial Landtage kundgegebene Allerhöchste Entschließung Ihrer Majestäten von der Errichtung einer Stiftung zur Be⸗ gründung eines Provinzial⸗Siechenhauses Abstand zu nehmen und die dafür bestimmten 400 000 ℳ aus den Verwaltungs⸗ überschüssen der Jahre 1877 und 1878 dem Landarmenver⸗ bande zur Unterstützung Hülfsbedürftiger über die Grenzen der gesetzlichen Verpflichtungen hinaus zur unbeschränkten Verfügung bei dem in der Prooinz zu befürchtenden Noth⸗ stande zu überweisen“, einstimmig angenommen.
Der Vorsitzende rekapitulirte dann nochmals den histo⸗ rischen Verlauf der Angelegenheit und forderte die Versamm⸗ lung auf, für den neuen, der Provinz gegebenen Beweis Allerhöchster Huld und Gnade den Dank durch Erheben von den Sitzen auszudrücken und mit ihm in ein drei⸗ faches Hoch auf die Kaiserlichen und Königlichen Majestäten einzustimmen. Nachdem dies in begeisterter Weise geschehen, wurde der Vorsitzende ermächtigt, diesen Dank in entsprechender Weise zur Kenntniß Ihrer Majestäten zu bringen.
Ferner beantragte der Ausschuß:
„Der Proviazial⸗Landtag wolle beschließen: behufs Abwendung der Gefahren, welche der in weiten Gebieten der Provinz Schlesien durch die Ueberschwemmungen der Oder und ihrer Nebenflüsse, sowie durch die der Ernte der Cerealien und Kartoffeln ungünstige Witte⸗ rung herbeigeführte Nothstand besorgen läßt, in Erwägung: daß zu diesem Zwecke Seitens der Provinz Schlesien selbst durch Hergabe von 888 000 ℳ aus disponiblen Fonds, durch Bereitstellung von 2 000 000 ℳ aus den Beständen des Provinzialvermögens, durch die Allerhöchsten Orts befohlene Ueberweisung des zum goldenen Ehe⸗ jubiläum bestimmten Stiftungsfonds von 400 000 ℳ, zusammen 3 288 000 ℳ sehr erhebliche Summen flüssig gemacht sind, — in
13
Erwägung: daß auch die von der Noth betroffenen Kreise und Ge⸗
meinden eine bis zur äußersten Grenze der Leistungsfähigkeit gehende
Opferwilligkeit durch Aufwendung von Vermögensobjekten und Ueber⸗ nahme von Darlehnsverpflichtungen bekundet, an die Königliche Staatsregierung die dringende Bitte zu richten: „Der Provinzial⸗ verwaltung aus Staatsfonds über die in dankenswerther Weise be⸗ reits angewiesenen, beziehentlich in Aussicht gestellten Beträge hinaus eine den eigenen Leistungen der Provinz entsprechende Summe zur enendehc im Interesse des Nothstandes zur Disposition zu ellen.
Der Königliche Landtags⸗Kommissarius, Ober⸗Präsident
von Seydewitz, erklärte, nicht in Aussicht stellen zu können,
ob und in welchem Umfange die Staatsregierung diesem An⸗ trage entsprechen werde; er glaube aber darauf hinweisen zu sollen, daß dieselbe bereits thatsächlich bewiesen habe, daß sie der Noth der Provinzialen ein theilnahmvolles Herz entgegen⸗ bringe. Hierauf wurde der Antrag einstimmig angenommen.
Bezüglich der Vorbereitung einer eventuellen Uebernahme sämmtlicher Chausseen durch die Provinz und einer Aufhebung aller Verkehrszölle beantragte der Ausschuß:
Der Provinzial⸗Landtag molle beschließen: „1) von der Ueber⸗ nahme der saͤmmtlichen Aktien⸗, Privat- und Kreis⸗Chausseen in die Unterhaltung der Provinz, sowie von der Ablösung der Chausseegeld⸗ Hebeberechtigungen auf Kosten des Provinzialverbandes und von einer Ablösung der außer dem eigentlichen Chausseezoll noch bestehenden Verkehrsabgaben durch den Provinzialverband zur Zeit Abstand zu nehmen; — 2) den Provinzialausschuß unter Ueberweisung der nach⸗ stehenden Vorschläge des Referenten zu veranlassen, dem nächsten Provinzial⸗Landtage darüber eine Vorlage zu machen, auf welchem Wege die durch den verschiedenen Besitz von Provinzial⸗Chausseen hervorgerufenen Ungleichheiten beseitigt oder gemildert werden können.“
Nach Befürwortung dieser Anträge durch den Referenten, Abg. von Roeder, wurden dieselben angenommen. Hierauf fanden verschiedene Anlagen von Sekundärbahnen zur Lin⸗ derung des Nothstandes die Genehmigung des Landtages. Schließlich setzte derselbe die Berathung des Etats fort und erledigte Petitionen.
Bayern. München, 3. Dezember. (W. T. B.) In der heutigen S tzung d A bgeo etenkammer gelangte
ein Schreiben des Ministers des Innern zur Verlesung, der Entwurf eines Disziplinargesetzes für die Beamten auf Befehl des Königs zurückgezogen wird.
— (Allg. Ztg.) Bezüglich der Rückäußerung der Kammer der Abgeordneten über den Gesetzentwurf, die pfälzischen Eisenbahnen betreffend, erklärt Reichsrath von Neuffer als Referent in seinem an den Ausschuß erstatteten Bericht, daß er unter der Voraussetzung, es werde eine Zinsengarantie nicht von 4 ½, sondern von 4 Proz. beansprucht, seinen Widerstand gegen die sofortige Inangriffnahme der Lauterecker Bahn aufzugeben veranlaßt werden könne.
8 8
Hesterreich⸗Ungarn. Wien, 2. Dezember. Wie die „Pr.“ vernimmt, ist der Termin für die Einberufung der Delegationen auch heute noch nicht festgesetzt. Er hängt endgültig von dem Verlaufe der Verhandlung über das Wehr gesetz ab. Wie die Dinge stehen, wird es nun wohl kaum mehr möglich sein, das gemeinsame Budget vor dem Jahres⸗ schluß festzustellen und die Delegation wird also wohl nur eine provisorische Budgetbewilligung zu votiren haben.
— 3. Dezember. (W. T. B.) Im Abgeordnetenhausetrat heute im Laufe der Debatte über den Wehrgesetzentwurf der Minister für Landesvertheidigung, Frhr. von Horst, für die Vorlage ein. Derselbe betonte, daß die Mi⸗ nister dem Volke gern die weitesten Erleichterungen schaffen würden, wenn es möglich wäre. Die Bevölkerung selbst fühle instinktiv das Herannahen bedeutungsvoller Er⸗ eignisse, und wünsche, daß die Monarchie von denselben nicht überrascht werde. Sodann wies der Minister durch Ziffern nach, daß die Anforderungen an die Bevölkerung Oester⸗ reichs geringer seien, als diejen gen an die Bevölke⸗ rungen von Deutschland, Rußland, Frankreich und Italien. Bezüglich des Milizstandes verwies der Minister äauf die Schweiz, deren Armee ebensoviel koste, als die österreichische. Der durch die Fortschritte der Technik verur⸗ sachte Aufwand sei nicht zu vermeiden. Die Regierung habe den ernstlichen Willen, möglichst zu sparen, nur nicht bis zu dem Punkte, wo die Wehrfähigkeit des Staates auf das Spiel gesetzt erscheine. Der Antrag des Abg. Czedik wegen der zur Ausbildung der Infanterie nothwendigen Zeit sei unannehm⸗ bar. Dem Abg. Rechbauer gegenüber betonte der Minister die Nothwendigkeit, die Kriegsstärke auf 10 Jahre festzustellen, widerlegte die dagegen erhobenen konstitutionellen Bedenken und wies darauf hin, daß in Frankreich und Deutschland den Parlamenten kein formelles Rekrutenbewilligungsrecht gewahrt sei. Schließlich bat der Minister, die Vorlage der Regierung unverändert anzunehmen. (Andauernder Beifall.) Das Haus beschloß sodann mit allen gegen 20 Stimmen in die Spezial⸗ debatte einzutreten. Dieselbe wird morgen beginnen.
Großbritaunnien und Irland. London, 2. De⸗ zember. (Allg. Corr.) Der irische Homerule⸗Abgeordnete Gray wurde gestern zum Lordmayor von Dublin gewählt.
In Portsmouth lief gestern ein Befehl der Admira⸗ lität ein, die ungepanzerte Korpette „Inconstant“ sofort in Dienst zu stellen.
Aus Kalkutta wird unterm 30. November gemeldet: „Kohoma, der Schauplatz der Ermordung des Herrn Damant, wurde am 26. d. M. angegriffen. Der Angriff scheint indeß nur theilweise erfolgreich gewesen zu sein, da die Negas einen höchst entschlossenen Widerstand leisteten. Das Gefecht dauerte den ganzen Tag. Nachdem die Bergkanonen das Dorf eine Zeit lang mit wenig Wirkung beschossen hatten, rückte das 44. leichte Infanterie⸗Regiment zum Sturme vor, während 150 Mann leichter Infanterie auf Umwegen hinter das Dorf gesandt wurden, um Flüchtlinge aufzufangen. Die Truppen nahmen trotz eines Hagels von Kugeln, Speeren und Felsstücken, und ungeachtet der Steinmauern, welche der Feind errichtet hatte, Stellung um Stellung mit dem Bajon⸗ net. Drei Offiziere wurden verwundet. Das 44. Regiment verlor 45 Mann an Todten und Verwundeten. Beim Ein⸗ bruch der Nacht war das Dorf in den Händen der Briten, aber der Feind hatte sich nach einer höher gelegenen Stellung urückgezogen, wo er den neuesten Berichten zufolge noch
tand hielt. Kohoma wird dem Erdboden gleichgemacht.“
Aus dem Kaplande bringt die neueste Post bis zum 11. November reichende Berichte. Sir Garnet Wolseley vollendet in Fort Weber die Organisation der zur Erstürmung der Bergfestung Secocoeni's bestimmten Truppenmacht. Die Operationen zu diesem Behufe werden sofort beginnen. Die Truppen unter Oberst Baker Russell sind auf dem Marsche nach Secocoeni's Land begriffen, und man erwartet Kämpfe. Ein vom 31. Oktober datirter Brief aus Kamali, einer Station unweit Leydenburg, theilt mit, daß die Boers 8000 Pfund Pulver aus dem Depot in Lake Chrissie, einem kleinem Orte auf der Straße von Newcastle nach Leyden⸗ burg, mit Beschlag belegten. Ferner heißt es, daß die Boers in diesem Distrikte, 600 an Zahl, ausgerückt seien und nur auf Paul Krüger warteten, um auf Middleburg zu mar⸗ schiren. Diesen Angaben wird in der Kapstadt indeß wenig Glauben beigemessen, insbesondere nicht, weil Paul Krüger bei verschiedenen Anlässen erklärt hatte, daß er sich an keinem bewaffneten Widerstande gegen die britische Regierung betheiligen würde. Es ist aber möglich, daß er seine Denkungsart geändert hat. — Sir Bartle Frore empfing eine Deputation, welch die Zusammenberufung einer Konvention zur Erörterung de Lage Transvaals wünschte. Der Gouverneur äußerte st indeß entschieden gegen den Vorschlag und bemerkte, es müßt den Gesetzen Gehorsam geleistet werden. In der erste Sitzung des gesetzgebenden Rathes der Kapkolonie theilte die Regierung mit, daß die Finanzlage der Kolonie unbefriedigen sei, enthielt sich aber aller Angaben über die Kosten de Zulukrieges.
— 4. Dezember. (W. T. B.) Die Morgenblätte geben ihrer Entrüstung über das gegen den Kaiser von Rußland beabsichtigt gewesene Attentat, sowie ihrer herz lichen Befriedigung über den Mißerfolg des verbrecherischen Anschlages Ausdruck. — Die Schwurgerichtsverhand⸗ lungen gegen die Fenier Davitt, Killen und Daley sind auf den 11. d. M. anberaumt.
Frankreich. Paris, 3. Dezember. (W. T. B.) Die in den besonderen Versammlungen der vier Gruppen der Linken zum Ausdruck gelangten Meinungen gehen ziemlich weit auseinander. Das linke Centrum ist entschlossen, das gegenwärtige Kabinet zu unterstützen, außer wenn Gambetta die Bildung eines neuen Kabinets sollte annehmen wollen. Die „Union républicaine“ hat beschlossen, eine Interpellation an das Ministerium zu richten. Die beabsichtigte Versammlung
E““