1879 / 290 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 10 Dec 1879 18:00:01 GMT) scan diff

Die gleiche Befugniß steht dem Vorsitzenden des Bezirksrathes und des Provinzialrathes mit der Maßgabe zu, daß eine Abände⸗ rung der durch Beschwerde angefochtenen Beschlüsse des Kreis⸗ (Stadt⸗) Ausschusses beziehungsweise des Bezirksrathes nur unter Zuziehung des Kollegiums erfolgen darf.

In den auf Grund der vorstehenden Bestimmungen erlassenen Verfügungen und Bescheiden ist den Betheiligten zu eröffnen, daß sie befugt seien, innerhalb zwei Wochen gegen die Verfügung bezie⸗ hungsweise den Bescheid Einspruch zu erheben und auf Beschluß⸗ fassung durch das Kollegium anzutragen. Wird kein Einspruch er⸗ hoben, so gilt die Verfügung beziehungsweise der Bescheid vom Tage der Zustellung ab als Beschluß des Kollegiums.

§K. 46. Der Provinzialrath und der Bezirksrath können nur be⸗ schließen, wenn mit Einschluß des Vorsitzenden mindestens fünf Mitglieder anwesend sind. Die Beschlüsse werden nach Stimmen⸗ mehrheit gefaßt. Bei Stimmengleichheit giebt die Stimme des Vor⸗ sitzenden den Ausschlag.

Für die Beschlußfähigkeit des Kreis⸗(Stadt⸗) Ausschusses genügt die Anwesenheit dreier Mitglieder mit Einschluß des Vorsitzenden. Die Beschlüsse werden nach Stimmenmehrheit gefaßt. Ist eine gerade Zahl von Mitgliedern anwesend, so nimmt das dem Lebens⸗ Abe jüngste gewählte Mitglied an der Abstimmung keinen

ntheil.

§. 47. Betrifft der Gegenstand der Verhandlung einzelne Mit⸗ glieder der Behörde oder deren Verwandte und Verschwägerte in auf⸗ und (absteigender Linie oder bis zum dritten Grade der Seiten⸗ linie, so dürfen dieselben an der Berathung und Abstimmung nicht theilnehmen. Ebensowenig darf ein Mitglied bei der Berathung und Beschlußfassung über solche Angelegenheiten mitwirken, in wel⸗ chen es in anderer als öffentlicher Eigenschaft ein Gutachten abgegeben hat, oder als Geschäftsführer, Beauftragter oder in anderer als öffentlicher Stellung thätig gewesen ist.

(Schluß folgt.)

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Am 5. d. M. ist Karl Wilhelm Hübner, einst ein viel⸗ genannter Meister der Düsseldorfer BEE11 st ein vie

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Die Central⸗Moorkommission ist gestern im land⸗ wirthschaftlichen Ministerium hierselbst zu einer Sitzung zusammen⸗ getreten. Der Chemiker der Versuchsstation der genannten Behörde, Dr. Fleischer⸗Bremen, ergriff die Gelegenheit seiner Anwesenheit, um am Abend im Klub der Landwirthe über die bisherige Thätigkeit der Versuchsstation zu referiren. Die Station besteht zur Zeit 2 ¾ Jahre und hat naturgemäß in dieser kurzen Zeit noch nicht reformatorisch wirken kännen, sondern sich zunächst darauf beschränken müssen, die erforderlichen Vorarbeiten vorzunehmen, um eine wissenschaftliche Basis für die fernere Thätigkeit zu schaffen. Der größte Theil der nordwestdeutschen Hochmoore, die im Ganzen 120 Quadratmeilen be⸗ decken, wird durch die Brennkultur bewirthschaftet, durch die der Boden entsäuert und erwärmt und so der Kultur zugänglicher gemacht wird. Die Brennkultur ist als etwa 6jährige Vorkultur zur Wald⸗ anpflanzung sehr zu empfehlen, leider wird sie aber meist nicht als Vorkultur betrachtet, sondern als Mittel zu einem überaus verwerf⸗ lichen Raubbau benutzt, indem man nämlich entweder immer tiefer brennt, oder wenn nach sechsjähriger Kultur der Ertrag versagt, das Moor einige Jahrzehnte liegen gelassen und dann von Neuem natür⸗ lich mit immer schlechterem Erfolg bebaut. Die Station hat sich da⸗ her zunächst der Frage zugewandt, ob sich nicht an Stelle der Brenn⸗ kultur ein anderes Verfahren setzen läßt und glaubt ein solches in der Behandlung des Moors mit Aetzkalk finden zu können. In zweiter

Linie hat die Station der Frage der Düngung ihre Aufmerksamkeit geschenkt und gefunden, daß man mit bestem Erfolge all⸗ mählich das Brennen durch künstliche, noch besser aber durch natürliche Düngemittel ersetzen kann, die zugleich die so nöthigen mineralischen Stoffe zuführen. Noch mehr steigert sich das Düngerbedürfniß bei der Fehnkultur der

Preußische Klassenlotterie. .8 8 (Ohne Gewähr.) ““ Bei der heute fortgesetzten Fehung der 3. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen: 1 Gewinn von 45 000 auf Nr. 58 632.

1 Gewinn von 6000 auf Nr. 84 839. 2 Gewinne von 1800 auf Nr. 38 234. 51 332.

11 Gewinne von 300 auf Nr. 953. 1870. 15 980. 59 012. 76 513. 82 309. 83 610. 87 509. 90 207.

Kiel, den 10. Dezember. (Tel.) Das Postdampfschiff

„Freya“ aus Korsoer ist wegen Schnees und Nebels heute erst 615 Vormittags in Kiel eingetroffen.

Die Postsachen sind in Folge dessen erst mit Zug 715 Vormittags von Kiel weiter befördert worden.

Cöln, 10. Dezember, 7 Uhr Vormittags. (Telegramm.) Die Englische Post vom 9. Dezember, früh, planmäßig in Verviers um 8,21 Uhr Abends, ist ausgeblieben. Grund: Der Eisenbahnanschluß in Verviers ist nicht erreicht worden.

In der fünfzehnten zwanglosen Sitzung des Vereins für deutsches Kunstgewerbe zu Berlin am 26. November d. J. sprach Hr. Bardorf über die Entwickelung des Zinkgusses in Berlin; er hatte eine Anzahl statuarischer Arbeiten in Bronze, resp. in gal⸗ vanisch überzogenem Zinkguß aus dem Etablissement des Hrn. Casten, vorm. Geiß, ausgestellt, eine lebensgroße Karyatide und 6 Reduk⸗ tionen von antiken Statuen, wie der borghesische Fechter, Ger⸗ manicus, Adorant xu. s. w. Er theilte mit, daß Geiß den Zinkguß 1831 ins Leben gerufen habe; derselbe habe sich der Sympathien der Künstler und Architekten erfreut, so daß eine große Anzahl monumentaler Skulpturen und architektonischer Arbeiten in der neuen Technik hergestellt wurde, wie die beiden Kolossalgruppen von Kiß auf dem Gebäude der Hamburger Börse, das nördliche Giebelfeld am Berliner Opernhause von Rietschel, das Hauptgesims am Berliner Universitätsgebäude, und die Laterne der Schloßkuppel ꝛc., welche sich seit 1840 bis beute unversehrt erhalten haben. Ebenso verlaß er ein s. Z. von Schinkel abgegebenes, für den Zinkguß sehr günstig lautendes Gutachten. Wie Redner dar⸗ stellte, können durch Sorgfalt und Verständniß bei der Arbeit alle die gerügten Mängel des Zinkgusses vermieden werden. Enigegen diesen Ausführungen wurden von den Fabrikanten Herren O. Schulz und Elster und vom Bildhauer Hrn. Itzenplitz einige unvortheil⸗ hafte Eigenschaften des Materials selbst, sowie Uebelstände des beim Gusse bedingten technischen Verfahtens geschildert und das Material als zu monumentalen Aufgaben ungeeignet erachtet. Hr. Bildhauer Wiese trat für die Brauchbarkeit des Zinks für kleinere Arbeiten ein. Er erklärte, das Zink erlaube hervorragende Werke der plastischen Kunst für einen billigen Preis auch dem we⸗ niger Bemittelten zugänglich zu machen, dadurch werde es zu einem wichtigen Hülfsmittel zur Popularisirung der Kunst. Hr. Vor⸗ wald, dessen Vorlagen von orientalischen Kunstgegenständen in vori⸗ ger Sitzung lebhaftes Interesse erregt hatten, stellt eine neue und zahlreichere Sammlung, namentlich von Benaresgegenständen, zur Ansicht: Gefäße aus vergoldeter Bronze, mit flachem, durch den Bunzen hervorgerufenen Ornament bedeckt, eine Anzahl chinesischer und japanischer Becher aus Bronze mit Cloisoné⸗Email, die sich durch Schönheit der Farbenstimmung und Feinheit der einzelnen Töne auszeichnet, ein großes Tempelgefäß aus naturfarbener Bronze mit naturalistischen Thiergebilden verziert, einen ins Ungeheuerliche stilisirten Hund, der als eine sehr alte Arbeit bezeichnet wurde u. a. m. Die Porzellanindustrie war durch eine Vase mit sogenannter Kaga⸗ malerei vertreten. Besondere Aufmerksamkeit erregten einige japa⸗ nische Musterbücher, in deren Bildern sich Malerei und Stickerei

abgetorften Strecken, wie wir sie namentlich in der Nähe gr. Städte finden. Die Statisn hat daher eine Agitation rufen, um den Stadtmist der Moorkultur nutzbar zu machen und die Stadt Bremen hat in Folge dieser Agitation denn anch bereits eine Kommission eingesetzt, die ein diesen entsprechendes neues System der Städtereinigung berathen soll, das von 1881 an für Bremen anzuwenden ist. In Bezug auf künstliche Düngemittel hat die Station bisherzvor allem die Wirkung der Phosphate zu ermitteln gesucht und dabei gefunden, daß auf Moor⸗ boden auch die Phosphorite mit Erfolg anwendbar zu sein scheinen; im nächsten Jahre wird man alsdann die Wir⸗ kung der verschiedenen Formen des Kali und der Stick⸗ stoffdünger erproben. Die Station hat endlich auch Versuche mit der Dammkultur, die sich bei Niederungsmoor sehr gut bewährt hat, auf Hochmoor angestellt, ohne jedoch gute Resultate zu erreichen doch hofft man hier viel von einer Untermischung des Sandes mit Seeschlick. Die Hannoverische Bahn hat sich bereit crklärt in Extrazügen von 150 Achsen den Waggon Seeschlick für 5 zu transportiren, man würde also mit etwa 800 1000 den Hektar Moor in wenigen Jahren 10-— 20 fach im Werth erhöhen können. In der Debatte empfahl Prof. Müller den schwedischen kalireichen Thon als bestes Düngemittel. Derselbe würde als Rückfracht beim Export westfäli⸗ scher Kohlen leicht herbeizuschaffen sein. Oekonomie⸗Rath Hausburg machte auf den Ostendorfschen Versuch aufmerksam, der das Moor nicht mehr als Brennmaterial verwerthen, sondern aus dem Moor Stick⸗ stoff in einer als Düngemittel verwendbaren Form extrahiren will um diesen Stickstoff beim Aufschließen des Guano, zu verwenden. vrüfesor 818 estic ü auf die zwar kleinen aber en Moorstriche der Mark den Wuns ,„ daß eine Fili der Fäöeen in 1 errichtet werde. C“ 1 PBremen, 8. Dezember. (Wes. Ztg. Der Vorstan S gegen 8 Miogatrennen hat Hrn. den röning an des verstorbenen Bürgermei Statt zum Vereinspräsidenten erwählt. u8“

6 und Handel. gerlin, 10. Dezember. (W. T. B.) Die Reichs den Diskont auf 4 und den Lombardzinsfuß auf 5 % IZI 1n In der gestern stattgehadten Verwaltungsrathssitzung der Preußischen Hagel⸗Versicherunas⸗Aktien⸗Gesellschaft wurde der Rechnungsabschluß für die verflossene Campagne, der wohl wesentliche Veränderungen nicht wehr erleiden dürfte, vorgelegt Derselbe konstatirte wiederum ein guͤnstiges Resultat und gestattet neben einer weiteren außergewöhnlichen Dotirung des Reservefonds um 225 000 ℳ, wonach sich dann die Gesammtreserve auf 1 320 000 belaufen würde, die Vertheilung einer Dividende

von n „London, 8. Dezember. (Allg. Corr.) Die Liquid

Direct United States Cable Company (Ermihgegeen, der gen zur Kenntniß, daß eine erste und letzte Dividende von 3 s. 8 d per Aktie vom 29. d. Mts. ab an diejenigen Mitglieder zahlbar ist, die am 8. August 1877 auf dem Register standen und die Aktien der im Jahre 1877 inkorporirten Direct United States Cable Company an von ihnen besessenen Aktien der anderen Compagnie an⸗

New⸗York, 8. Dezember. (W. T. B.) W . schiffungen der letzten Woche von den merhsa” isnker⸗. Vereinigten Staaten: nach England 168 000, do. nach dem habe⸗ 5 W“ und Oregon nach England

. 9 e Supply an Wei 28 18

do. an Mais 10 187 000 Bufbel. ““

Verkehrs⸗Anstalten.

New⸗York, 9. Dezember. (W. T. B.) Der Dampfer

„Holland“ von der National⸗Da ; 8 3 88 Messingsche Linie) ist hier eingetnoffen. ““

mit Auch weg

vereinigten. Zum Schlusse zeigte Hr. Vorwald noch eine neu ein⸗ geführte Topete mit Golddruck aus sogenanntem japanischen Leder vor. Es ist ein festes Papier, aus dem Bast der Maulbeerbaum⸗ rinde zu einer Art Leder präparirt. Vermöge seines Lacküberzuges verspricht der Stoff eine große Dauerhaftigkeit und läßt sich naß reinigen. Aussteller empfiehlt ihn als Ersatz für Leder bei Anferti⸗ gung von Portemonnaies, Etuis und anderen Galanteriearbeiten. Hr. Voorgang stellte ein aus seiner Werkstatt hervorgegangenes Ju⸗ biläums⸗Album in allergrößtem Format (für 800 Photographien ein⸗ gerichtet) und glänzender Ausstattung zur Ansicht. Seinen Erklärun⸗ Feah nfolge ist 9 ö 8 Ganzen ein Werk des Malers Röhling, die reichen Ornamente in versilb B ührte silberter Bronze führte Hr. Zur festgesetzten Stunde ist am Sonntag in den oberen Räumen des festlich geschmückten Architektenhau s die bereits vorher noch während der ersten Anfänge ihres Arrangements mit dem Besuch Sr. Kaiserlichen Hoheit des Kronprinzen beehrte diesjährige kunstgewerbliche Weihnachtsmesse eröffnet worden, die dritte in der Reihe dieser zu Kauf und Genuß einladenden Schaustellungen, die sich schnell die rege Gunst und Theilnahme des Berliner Publikums erobert haben und sich dieselbe allem Anschein nach dauernd bewahren werden. Zwar fehlen in den Reihen der Aussteller diesmal einige Namen von gutem Klang, die man auch in dem unteren, das von der eigentlichen Weihnachtsmesse gebotene Bild nach verschiedenen Seiten hin ergän⸗ zenden Saale der permanenten Bau⸗Ausstellung vergeblich suchen würde; 1 die Fülle des Vorhandenen aber und die durchgängige Tüchtigkeit „der angeführten Leistungen, unter denen das wenige Mittelmäßige, das von den Augen der sichtenden Jury übersehen wurde, nahezu verschwindet, macht diese Lücken nicht entfernt so empfindlich, als dies noch vor wenigen Jahren der Fall gewesen sein würde, und während das Fortbleiben jener Einzelnen wohl nur einer vorübergehenden Ermüdung durch die Anstrengungen der diesjährigen Gewerbe⸗Ausstellung zuzuschreiben ist, treten auf der anderen Seite bereits wieder neue Erscheinungen auf, die das volle Gegentheil eines Stillstands beweisen. Den effektvollsten Schmuck der Wände des Treppenhauses und der oberen Säle bilden auch in diesem Jahre die von Ehrenhaus und von Gerson hergegebenen farbenreichen Teppiche, denen A. Müller als Erzeugnisse heimischer Kunstfertigkeit seine gediegenen, stilvoll ge⸗ musterten Möbel⸗ und Vorhangstoffe und seine theils durchweg far⸗ bigen, theils nur mit trefflichen Bordüren gezierten Tischgedecken an⸗ reiht. Neben den duftigen Spitzen von J. Link und den in Ge⸗ schmack und Technik vollendeten Stickereien aus dem Atelier des Frl. Bessert⸗Nettelbeck fällt die Vertretung der Textilindustrie sodann vornehmlich den verschiedenen, zumeist von durchgreifender Geschmacksreform zeugenden Einzelstücken und Kollektionen weiblicher Handarbeiten zu, unter denen die stattlichste und vielseitigste diejenige des Vereins der Künstlerinnen ist. Sie um faßt nicht blos das Gesammtgebiet weiblicher Handarbeit im engeren Sinne, sondern außerdem noch eine stattliche Aus⸗ wahl in jedweder Technik verzierter, mannigfachster Ge⸗ brauchs⸗ und Luxusgegenstände, unter denen neben Malereien auf gevebten Stoffen, auf Holz, Thon, Glas und Stein vor allem eine Reihe von Kästchen, Rähmchen 2—. in außerordentlich gefälliger geometrisch gemusterter Holzschnitzerei bemerkenswerth hervortritt. Auf dem Gebiete der Lederindustrie stehen die bekannten Namen Kullrich mit seinen Albums, Blankenburg mit seinen technisch fast unübertrefflichen Mosaikarbeiten, und Vogt u. Sohn mit ihren Einbänden, ebenso voran, wie Bariblot als Elfenbein⸗ schnitzer und H. M üller in seiner entsprechenden Spezialität, dem Gold und Silber eingelegten Schildpatt, excellirt.

3 Gewinne von 900 auf Nr. 43 840. 58 200. 79 593.

eine frühere Schülerin des

Schnitzw rk, durch Intarsia und durch Metalleinlagen Möbel, zumeist bereits in der Gewerbe⸗Ausstellung gesehene Stück bester Arbeit, denen sich, als um seiner Herkunft willen interessantk, ein einfach gegliederter, aus den eichenen Balken des alten Nicolai- Kirchthurms hergestellter Schrank gesellt, entstammen den längst 8 diesem Gebiet renommirten Werkstaäͤtten, während auf dem Felde N. Keramik, auf dem das Porzellan nur durch eine reichhaltige und wählte Kollektion der Königlichen Manufaktur repräsentie⸗ wird, sofort die mehr und mehr sich ausbreitende Pflege der Majolika⸗ malerei ins Auge fällt. Neben den vorzüglich vertretenen Etablissementz von Oest und Drews machen sich hier als jüngere Kräfte Schenker und odeschweg in vortheilhaftester Weise bemerkbar und an sie reiht sich eine ganze Sammlung meist von Frauenhand herrührender Arbeiten, die, zum Theil sehr ansprechend, allerdings nicht selten auch über die durch strengere Stilgesetze und durch dgs Maß des vorhandenen künstlerischen Könnens gebotenen Grenzen hinausschießen. Gleich gelungen in der Zeichnung ihrer leichten geniösen Ornamente wie in ihrem brillanten Schliff sind dagegen die von M. Wentzel in Breslau eingesandten Kristallgläser, die sich den längst anerkannten prächtigen Heckertschen Erzeugnissen gesellen Von den Ausstellern der Metallindustrie endlich stehen Sy u⸗. Wagner mit farbenprächtig ornamentirten Silbersachen mit einem von Bastanier gemalten Kästchen in Limousiner Email und mit auserlesenen Schmuckgegenständen, unter denen ein von Luthmer entworfenes großes Collier auffällt, in erster Linie, ohne jedoch die nicht minder gediegenen und stilvollen Arbeiten von Schaper und die graziösen, in orydirtem und vergoldetem Silber ausgeführten Schmucksachen von Schade zu verdunkeln, während auf dem Gebiete der Bronze nach wie vor 9. Schulz den Vorrang behauptet und neben ihm Czarnikow u Busch, sowie ferner R. Falk mit seinen Metallätzungen, Grohe mit seinen geschickten Imitationen tauschirter Arbeit und Paul u Hoffmann mit ihren unter Mitwirkung tüchtiger Künstler sich immer mehr vervollkommnenden galvanoplastischen Erzeugnissen Er⸗ wähnung fordern. Glänzender als je erscheint sodann noch das Ber⸗ liner Email in der das beste ihrer Produktion fast vollständig um⸗ fassenden Ausstellung der Werkstatt von Ravené und in den Kollektionen von Laue und von R. Lehmann, ei em dritten, hier zum ersten Male und sofort achtunggebiend auftretenden Repräsen⸗ tanten dieses vornehmen Industriezweiges.

Der Bazar zum Besten des Preußischen Frauen⸗ und Jungfrauen⸗Vereins ist heute Vormittag in den Räumen des Justiz⸗Ministeriums eröffnet worden. In 5 Zimmern des Erd⸗ geschosses sind auf etwa 30 Tischen tausende nützliche und dem Luxus gewidmete Sachen aufgespeichert. Im letzten Zimmer, rechts, hat die hohe Protektorin, Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Friedrich Carl, ihren Gabentempel aufgebaut: zahlreiche Nippes, große und kleine Vasen, ein prachtvoller Tisch aus Porzellan mit Malerei, ein Kissen mit reicher persischer Stickerei, eine Jardinière mit üppigen Blattpflanzen, ein werthvolles Opernglas, eine Coiffure aus künst⸗ lichen Blumen und viele andere Sachen.

Bern, 6. Dezember. Vorgestern Nacht gegen 2 Uhr Morgens wurde Bern von einem bis gestern Vormittag 10 Uhr in fast stets gleicher Stärke anhaltenden Orkan heimgesucht, über welchen von allen Seiten Unglücksbotschaften eintreffken. Von dem neuen Quaieinsturze in „Vevey, der eine unmittelbare Folge des⸗ selben, ist bereits telegraphisch Mittheilung gemacht wor⸗ den. Hier in Bern wurden Dächer abgedeckt, Kamine um⸗ gestür,t, zahllose Fenster eingedrückt und Fenstervorläden ab⸗ gerissen, auf den Straßen und in den Wäldern Bäume zu Tausenden entwurzelt. In Freiburg hat die berühmte hängende Brücke so arge Beschädigung erlitten, daß der Verkehr auf derselben eingestellt ist; in Belfaur warf der Orkan sogar den Kirchthurm um. Die größte Gefahr aber hat wohl die Stadt Neuenburg ausgestanden; dort brach beim heftigsten Sturme ein Kaminbrand aus, der glück⸗ licherweise Dank dem vielen auf dem Dache lagernden Schnee ge⸗ löscht werden konnte. Noch läßt sich der angerichtete Schaden in seinem ganzen Umfange nicht überblicken, da bei dem in Folge des großen Scheefalls vielfach gehemmten Verkehre die meisten Berichte noch nicht eingetroffen sind. Hier und anderswo ging dem Orkan ein Gewitter mit Donner und Blitz voraus. G

Das große Eisfest, das von einem Comité aus Hofkreisen zum Besten der Nothleidenden Oberschlesiens in Tkelsen, 1. nommen ist, wird am Donnerstag Abend von 7—9 Uhr auf der Eisbahn der Rousseauinsel stattfinden. Der Rand des Sees wird mit farbigen Ballons illuminirt. Zwei elektrische Apparate und bengalisches Feuer werden den mag ischen Eindruck erhöhen und zwei Musikcorps unausgesetzt konzertiren. Die Pächter der Bahn haben dieselbe zu diesem Zweck unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Das Entrée ist, ohne der Wohlthätigreit Schranken zu setzen, auf 2 festgesetzt. Den Kassengeschäften werden Damen aus den höchsten Kreisen ob⸗ walten, auch am Büffet werden Damen der Aristokratie thätig sein.

Das Belle⸗Alliance⸗Theater erzielt mit seinem Weih⸗ nachtsstück „Der Ratstenfänger von Hameln“, inam Meils Volksstück mit Gesang in 12 Bildern, nach „Sprengers Geschichte und Ehrichs Chronik der Stadt Hameln“, frei bearbeitet von C. A. Görner, Musik von E. Catenhusen, recht gute Erfolge. Görner hat das Märchen in ansprechender Weise dramatisirt, die Rolle des Rattenfängers hat in dem Gast, Hrn. Oskar Fiedler, einen trefflichen Harsieher, die E mit Dekorationen, Requisiten, Kostüme u. s. w. hat die ektion i lendi

Weise Sorge getragen. is säßge Feheeddes

Frl. Jenny Meyer veranstaltete gestern im Arnimschen Saale mit ihrer Gesangklasse im Sternschen Fesn enger fae er bereits angekündigte Wohlthätigkeits⸗Konzert. Das reich⸗ haltige Programm bestand aus zehn Nummern vokaler Musik mit Klavierbegleitung, welche Hr. Musikdirektor Herrmann, der auch die Leitung der Chöre übernommen hatte, auf einem klangvollen Bechstein⸗ schen Flügel mit Präcision und Geschmack ausführte. Den Eingang machte ein Frauenchor „Gott in der Natur“ von Franz Schubert, welcher von dem stark besetzten Chor trefflich zu Gehoͤr gebracht wurde. Intonation wie der Ausdruck und Vortrag des musikalischen Ge⸗ danken waren untadelhaft und gaben ein vollgiltiges Zeugniß für die sorgfältige und gründliche Ausbildung, welche die jungen Damen in der Schule der Konzertgeberin genossen. Auch die Schlußnummer des Programms bildete ein Frauenchor: Frühlingslied von Bargiel. Die übrigen Piegen waren Solovorträge, theils ohne, theils mit Frauenchor, welche sämmtlich von vorgeschrittsern Schülerinnen und einem Schüler der Konzertgeberin gesungen wurden. Bei allen Vor⸗ tragenden ist die gute Schule zu loben, während musikalische Be⸗ gabung und Stimmmaterial natürlich ungleich vertheilt sind, bei den Meisten jedoch zu den besten Hoffnungen berechtigen, zumal wenn man berücksichtigt, daß eine gewisse, bei einem ersten öffentlichen Auftreten vor einem größeren Auditorium leicht erklärliche Befangenheit die volle Entfaltung der Kräfte beeinträchtigte. An dem Konzerte betheiligte sich auch Frl. Franziska Kopka, hülerin des Frl. Meyer und jetzt als Sängerin an dem hiesigen Friedrich „Wilhelmstädtischen Theater thätig, mit zwei sehr gelungenen Beiträgen: Scene und Arie aus „Die lustigen Weiber“ von Nicolai, und „Erwachen“, Solo und Frauenchor von Otto Schmidt, in welchem letzteren Frl. Kopka das Solo sang. Sämmtliche Vorträge wurden von der zahlreichen Versammlung, welche alle Plätze des Saales gefüllt harte, mit lebhaftem Beifalle aufgenommen.

Redacteur: J. V.: Riedel.

Berlint Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W

die mit kaum nennenswerthen Ausnahmen durch⸗ im Charakter der Renaissance gehaltenen, durch maßvblles

Drei Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).

dekorirten

Aiichtamtliches.

eußen. 16 8 gestrigen (21.) Sitzung der Abgeordneten die zweite lage, betreffend

bahnen durch mit

den Staat,

er ablehnenden Haltung gegen sücetjchung der Eisenbahnen veranlasse, lediglich sachliche Gründe Die Fortschrittspartei ha

Der Minister habe damals 2000 km die Mark bedeute, Gesellschaft blieben;

68 einer Sch 1092 Millionen. um Uebernahme einer Schuld von 9

rtschrittspartei habe behauptet, die Schuldenlast aus den Ce 5 Milliarden an.

Eisenbahnen wachse damit auf rungsvertreter behaupteten,

Nach der jetzt vorgelegten Statistik habe 1 Gesammtschuld Ende 1877 lionen betragen; es würden 5 Milliarden herauskommen. Staate nicht die alleinige die gesetzliche Normirung der Tarife;

8 schon Abstand.

davon Ab lagen so objektiv

seine Partei zu schmähen, daß dieselbe sition mache. Den seine Partei finanziell nicht Preis sei nach den Einnahmen

um 8 Millionen zu hoch. Die

Mehrausgaben aus und Lokomotiven.

lage, in der das Haus rektoren befinde, auch Dorn“. Möge dies

Der Abg. Freiherr

lage und rechtfertigte den Bahn. Man dürfe den Verkäufers, sondern nur von dem dem das Kaufsobjekt . Verkäufer. Bei Beurtheilung Berlin⸗Stettin dürfe man Jahr 1878 zurückgehen, weil hier die Konkurrenzlinien und die eigenen

Bahn finanziell zur W- seenäan sber salse J ei ein so ungünstiges gewesen, 8 F

1“ 8 Die neuen Linien, die mehr als Unternehmens betrügen und eine Steigerung des als 80 pCt. herbeigeführt hätten, seien in ihren Einnahmen noch wenig zur Geltung gelangt; die Brutto⸗Einnahmen von 1878 seien daher trotz der neuen zurückgeblieben. aber die Ausgaben für einen größeren Verkehr, als derselbe Nun habe sich im Jahre und bessere sich von 1878 es sei ferner eine erfolgt. al, Staat den Aktionären gebe, die Dividende

nicht wieder zu erwarten sei. ein Drittel des

Anlagekapitals um mehr

120 km hinter denen von 1877

wirklich vorhanden, eingerichtet. 1879 die Einnahme so gebessert fortwährend, daß sie diejenige 400 000 übersteigen werde;

rung der Ausgaben um 500 000. Rente, welche der n ü von 1878 um 1 200 000 übersteige, so im Jahre 1879 schon um 900 000 Jahre 1880, trete die Ersparniß von beim Direktorium gemacht eine Mindereinnahme gegen das,

die Preise der Kohlen, Schienen stiegen, so werde sich auch der bböbe durch die en.

Wenn diese Bahn auch

aus den Betriebseinnahmen reine, unbelastete Kapitalsvermehrung. Der Abg. Dr. Hammacher erklärte, von der Wichtigkeit des Gegenstandes Finanzen, sondern auch für Leben im Staate vollkommen der Frage, 9 für ihre Aufgabe gehalten. Ihre

halb nicht die Ergebnisse eines bloßen Sentiments. Kaufpreises zu prüfen, hätte man von den Einsicht nehmen und ihre Konstruktion

Angemessenheit des Büchern der Bahn

und ihren Zustand durch eine besondere Kommission

lassen müssen. In einer solchen kein Parlament der Welt. lichkeit in dieser Hinsicht der

das einzige Mittel, über den Ankauf

cheiden. Selbst wenn man alle Zahlen und alle thatsächlichen scheiden so könnte kein Mensch

Angaben der Regierung prüfen könnte,

sagen, man habe richtig gekauft, weil es an seg 8e einer Eisenbahn fehle. Die Ertragsfähigkeit der Eisenbahnen sei nicht von dem Konstruk⸗ - von einer Menge von Zunahme der Bevolkerung, die Ent⸗

sicheren Grundlagen des Werthes tionswerthe ihrer Anlagen, sondern Voraussetzungen über die Zr wickelung von Konkurrenzlinien u. s. w.

Berlin, 10. Dezember.

Beratyung den Erwerb mehrerer Privateisen⸗ der 88 ¹ in⸗Stettiner Eisenbahn) fort. er Abg. 11 Per. 1 S geg einmal die Bedenken, welche seine Partei Püoßt erhriehne nden das Projekt der Ver⸗ um zu zeigen, daß für diese Haltung maßgebend seien. be öö’ A. proj eit dem Februar d. J. nicht geändert: Eijenbahn grojelten d.Hecrug daß der Erwerb dieser Uebernahme einer Schuld von 1100. weil die Obligationen nach wie vor Schulden der nach der Vorlage handele es sich aber

es handle sich 1 C der Hauptlinien und eine Gesammtschuld von 3 ½ Milliarden.

also Seine Partei Parmunz ö 8. 8 Normirung der Tarife überlassen; die Anhänger des Staatsbahnsystems vertrösteten seine Partei

Die Fortschrittspartei habe die Vor⸗ und gewissenhaft fsefrüt die Gegher⸗ 8 llten die offiziellen und offiziösen Organe aufhören, s eh s. 88 nur grundsätzliche Oppo⸗ Ankauf der Berlin⸗Stettiner Bahn habe für vortheilhaft befunden. von 1878 um 15 Fg d den neuerdings vorgelegten Berechnungen noch immer und nach de 98 egzenng 11“ isse in Zukunft eintretende Ersparnisse, dagegen nicht die geehnbe 8 den theurer werdenden Kohlen, Schienen Der Abg. von Eynern habe die Zwangs⸗ sich bezüglich der Abfindung der Di⸗ botanisch bezeichnet: 1b der einzige Dorn süim den die Regierung im Kauf der Berlin⸗Stettiner Bahn finde. ö von Zedlitz nn Netich öö“ Referent gegen die Ausführungen der Gegner der Vor⸗ ge⸗ Vertrag mit der Berlin⸗Stettiner Werth nicht vom Standpunkt des des Käufers beurtheilen, mehr werth ggs könne, als dem es allerdings nicht

in welchem der Staat den Betrieb⸗ mindestens 200 000 hinzu, welche würden. was a G für die Prioritäten gezahlt werden müsse, nicht eintreten. Wenn und Lokomotiven wieder Verkehr so heben, daß die Mehreinnahmen weit überwogen wür⸗ Als die Schienenpreise am höchsten gestanden hätten, 1873/74, habe die Dividende der Bahn 11 Proz. betragen. nicht ein so luͤkratives Unternehmen sei, wie die Magdeburg⸗Halberstädter und Cöln⸗Mindener, so erhalte doch der Staat, da derselbe Rente und Amortisation decken werde, immer noch eine

das gesammte politische und soziale durchdrungen. Eine Erörterung

b Staatsbahn oder Privatbahn, 1 Beschlüsse seien aber des⸗

Er müsse die volle Verantwort⸗ Regierung zuweisen.

3

eichs⸗-Anz

Im weiteren setzte das Haus der Vor⸗

Millionen

Die

Die Regie⸗ nur um Erwerb

die hier in Rede schon 4700 Mil⸗

heute beinahe wolle dem

heute nähmen sie

Der

„keine Rose ohne

Werthes von über das zum ersten Male neuen Linien der Aber jenes

Man habe

noch mindestens Verminde⸗ Wenn also die

um

müsse diese Differenz geringer sein. Im übernehme,

Hiernach werde als Abfindung

die Kommission sei nicht nur für die habe sie nicht Um die

prüfen

Lage befinde sich

Dies sei von Bahnen zu ent⸗

mathematisch

Erste Beilage

eiger und Königlich Preußi

Berlin, Mittwoch, den 10. Dezember

iger. 1839.

mission habe in jedem einzelnen Falle die finanziellen Erträgnisse unter Zugrundelegung der Rechnungen des letzten Jahres genau geprüft. Nach dem Abg. Röckerath solle die Regierung vor dem Ankauf der Bahnen ihren jetzigen Staatsbahnbesitz ausnutzen, um die Privateisenbahnen des Landes zu entwerthen. Hier im Hause habe man der Regierung einen solchen Miß⸗ brauch immer vorgeworfen, und im Lande sei die Meinung verbreitet, als übe die Staatsbahnverwaltung einen solchen nicht in ihrer natürlichen Aufgabe begründeten Druck aus. Der Vorwurf wäre erst begründet, wenn man an die Regie⸗ rung eine Aufforderung im Sinne des Abg. Dr Röckerath richtete. Von der Absicht, die Interessen der Aktionäre zu fördern, sei jedes Mitglied des Hauses, oder wenigstens der Kommission frei. Seitdem die Pläne der Regierung bekannt geworden seien, hätten in⸗ und ausländische Spekulanten sich der Aktien bemächtigt. Man müsse aber nicht das Interesse dieser Personen prüfen, sondern nur das des Staats bei der Frage, ob man den verlangten Preis bewilligen solle. Für die Absindungen der Direktoren habe kein Mitglied der Kommission mit Behagen gestimmt; aber er halte das für ein Internum der Gesellschaft, so daß nur zu prüfen sei, ob unter Berücksichtigung dieser Summen die Preise den Werthen entsprächen. Die finanziellen und an⸗ deren Bedenken der Sache halte er durch die vorgelegten Ga⸗ rantien keineswegs für ganz gehoben; es trete vielmehr durch diesen entscheidenden Theil der Verstaatlichung an die Re⸗ gierung und das Haus die Aufgabe, in der Anordnung der Verwaltung und der Organisation der Geschäfte dafür zu sorgen, daß der Ankauf der Bahnen sich nicht blos vom finan⸗ ziellen, sondern auch vom politischen und moralischen Stand⸗ punkt für Preußen als nutzbringend erweise. Der Abg. Dr. Röckerath verwahrte sich gegen die Auslegung seiner Rede, als ob er eine Entwerthung der Privatbahnen durch die Staatsbahnen wünsche. Die Nr. 1 des §. 1 der Vorlage wurde mit großer Ma⸗ jorität angenommen. Es fölgte Nr. 2 des §. 1: Die Erwerbung der Magde⸗ burg⸗Halberstädter Eisenbahn. Der Abg. Dr. Röckerath gab zu, daß, wenn überhaupt eine Verstaatlichung der Eisen⸗ bahnen vorgenommen werden solle, die in iede steyende Bahn vorzugsweise dazu geeigsnet erscheinen müsse; wenn auch die Einnahme der ersten acht Monate einen bedeutenden Ausfall nachgewiesen habe, so sei derselbe in den drei letzten Mo⸗ naten schon bedeutend eingeholt worden. Trotzdem finde er, daß der Preis und die Rente für diese Bahn zu hoch ge⸗ griffen sei. 18 Der Abg. Leuschner verzichtete auf weitere Ausführungen, da der Vorredner anerkannt habe, daß die Magdeburg⸗Halber⸗ städter Bahn die besten Chancen habe; er hoffe, diese Bahn werde in Zukunft noch besser rentiren; das sei allerdings nur ein Sentiment, aber ein durchaus erechtigtes. Der vor⸗ liegende Vertrag entspreche in vollkommener Weise den Staats⸗ interessen, und bitte er darum um unveränderte Annahme der Vorlage. An den §. 13 des Vertrages (der Staat kann alle seine Rechte auf das Reich übertragen) knüpfte der Abg. Cremer die Aufforderung an die Konservativen, dem Reichseisenbahn⸗ projekt, welches hinter dieser Bestimmung stehe, Widerstand entgegenzusetzen. Wer die Eisenbahnen in der Hand habe, regiere das Land, und wenn Preußen in dieser Weise Deutsch⸗ land majorisire, so falle der Bundesstaat zusammen und alle anderen Dynastien Deutschlands würden ihre Bedeutung ver⸗ lieren; diese Konsequenz detestire er, und würde lieber aus⸗ wandern, als sich ihr unterwerfen. Eine wirklich konservative Partei dürfe einem solchen Projekte, welches zum Unitarismus führe, nicht beitreten. Der Abg. von Rauchhaupt erklärte, die Konservativen wüßten wohl allein was konservativ sei und bedürften nicht der Belehrung des Vorredners; es habe hier einmal eine Zeit gegeben, wo die konservative Partei in so kleiner Zahl hier gesessen habe, daß sich das Centrum und die Linke das Recht herausgenommen hätten, diesen zu sagen, was konser⸗ vativ sei. Heute aber, wo das ganze Land im konservativen Sinne gesprochen habe, sei jene Bemühung vergeblich. Er bitte deshalb, daß die Herren vom Centrum mit der⸗ artigen Rathschlägen aufhörten, damit es nicht schiene, als ob sie allein die konservativen Männer sein wollten. Auch konservative Leute hätten gegen das Reichs⸗Eisenbahn⸗ projekt erhebliche Bedenken, aber der Uebergang der preußi⸗ schen Staatsbahnen an das Reich könne doch nur mit Zustimmung dieses Hauses erfolgen und die Konservativen würden dann wissen, wie sie zu stimmen hätten. Die Konservativen seien stets für Staatsbahnen eingetreten und hätten nur nothgedrungen für das Reichseisenbahnprojekt gestimmt. Seine Partei werde im Reichstage dafür eintreten, daß das Interesse der preußischen Staatsbahnen durch die Reichsgesetzgebung nicht geschädigt werde; dieselben sollten sich erst konsolidiren. Ein Reichs⸗ tarifgesetz machen und zugleich ein Staatsbahnsystem ab⸗ schließen, habe seine großen Bedenken und seine Partei werde auf ein Reichstarifgesetz nur mit Widerstreben eingehen. Die Befürchtungen des Abg. Cremer seien hinfällig, denn der erste Punkt des konservativen Programms sei die Wahrung der Rechte der Krone, und wenn dabei das Centrum zustimmen werde, so werde er glücklich sein. Der Abg. Dr. Windthorst versicherte, das Centrum werde, sobald es sich um das Prinzip der Legitimität handle, stets dafür eintreten; er müsse aber gegen den Zweifel protestiren, der in den letzten Worten des Vorredners zu liegen scheine. Er freue sich, daß die Konservativen der Weiterentwicklung des Reichseisenbahnsystems entgegentreten würden; früher hätten die Aeußerungen der Konservativen freilich entgegen⸗ gesetzt gelautet. Daß die Herren mothgedrungen“ für das Reichseisenbahngesetz gestimmt hätten, sei sehr auffällig. Wenn man frei nach seiner Ueberzeugung abstimme, dann habe man doch keine Noth! Diese Klausel von „nothge⸗ drungen“ lasse ihn einigermaßen daran zweifeln, daß die Herren dem Reichseisenbahnprojekte energischen Wi⸗ derstand leisten würden. Was ihn selbst anbetreffe, so könne er sich nicht überzeugen, daß das, was jetzt

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des Staates diene; er müsse daher gegen die Vorlage stimmen. Der Abg. Cremer bemerkte, daß ihm jede Absicht, die konservative Partei zu beleidigen, fern gelegen habe; wenn diese Partei sich verletzt fühle, habe es nicht in der Form, sondern in der Sache gelegen, und er bedaure, daß sachliche Auseinandersetzungen die Konservativen verletzten. Wenn es so selbstverständlich sei, daß zur Ueber⸗ tragung des Betriebes auf das Reich die Genehmigung des Hauses erforderlich sei, so wundere er sich, daß man dies nicht in das Gesetz geschrieben habe. Im Uebrigen scheine es ihm, daß die Regierung nach §. 7 dieses Gesetzes zwar die Bahnen nicht ohne den Landtag an das Reich übertragen dürfe, indessen brauche sie ja nicht das Eigenthum zu übertragen, sondern nur den Betrieb, und dazu solle ihr eben der §. 13 des Vertrages mit der Bahn das Recht verschaffen. Dieser Paragraph lautet: „der Staat ist berechtigt, alle für ihn aus diesem Vertrage hervorgehenden Rechte und Verpflichtungen auf das Reich zu übert agen.“ Er wolle einen Abänderungsantrag stellen, der dahin gehe, auch die Uebertragung des Betriebes auf das Reich von der Genehmigung des Landtages abhängig zu machen sei und hoffe, daß die Konservativen dafür stimmen würden.

Der Abg. von Rauchhaupt freute sich, daß der Abg. Cremer die konservative Partei nicht habe verletzen wollen. Indessen sei es seine Pflicht gewesen, die Auffassung des Abg. Cremer, wie sie vorgetragen worden, zurückzuweisen. Wenn er gesagt habe, daß die Konservativen „nothgedrungen“ für das Reichseisenbahnprojekt gestimmt hätten, so sei dies dahin zu verstehen, daß sie sich, weil die Liberalen dem Staatsbahn⸗ system widerstrebten, in der Nothlage befunden hätten, dem Staate zunächst die Vollmacht zu geben, mit dem Reiche zu unterhandeln; das sei ein Drücker gewesen, der auch dahin geführt habe, die Anhänger des Staatsbahnsystems zu vermehren. Jedenfalls sei der von ihm gebrauchte Ausdruck nicht dahin zu verstehen, als ob die konservative Partei irgend welcher anderen Pression gefolgt sei. Die Uebertragung an das Reich sei jetzt undenkbar, jedenfalls nicht in der Zeit, während welcher der Staat den Betrieb dieser Bahnen haben werde.

Der Abg. Graf Wintzingerode glaubte, daß der ganze Streit hier ein überflüssiger sei. Der Paragraph 13 sei lediglich eine Konsequenz der jetzigen Lage der Gesetzgebung. Da im Gesetz von 1876 stehe, daß die Staatsregierung er⸗ mächtigt sei, mit dem Reiche Verträge wegen Ueberlassung der Staatsbahnen abzuschließen, so wäre es nicht richtig gewesen, diesen gesetzlichen Standpunkt dadurch verändern zu wollen, daß man Verträge mit Privatbahnen als Riegel vorschiebe. Ueber die Frage des Reichseisenbahnprojektes, werde an anderer Stelle entschieden werden.

Der Staats⸗Minister Maybach erwiderte, der §. 13 des Vertrages habe lediglich den Zweck, dem Staat der Gesellschaft gegenüber das Recht zu wahren, den Betrieb der Eisenbahnen dem Reiche zu überlassen. Sollte der Moment eintreten, zur Ausführung des Gesetzes von 1876 zu schreiten und gleich zeitig dem Reiche den Betrieb der jetzt zu erwerbenden Bahnen zu überlassen, ein Moment, dessen Nähe er nicht voraussehe, dann würde es nöthig sein, die Zustimmung des Landtages einzuholen.

Der Abg. Dr. Windthorst bemerkte, den §. 13 habe er ebenso verstanden, wie der Minister ihn ausgelegt habe, aber die Aufnahme desselben beweise doch, daß man noch immer daran denke, die Eisenbahnen auf das Reich zu übertragen, wenn auch nicht in nächster Zeit; die Tendenz gebe man nicht auf; er wolle dieselbe aber nicht, deshalb stimme er gegen die Verträge. 8

Der Abg. Richter erklärte, er wolle sich zwischen die Aus einandersetzungen des Centrums und der Konservativen nicht mischen. Der betreffende Paragraph könne allerdings nicht anders aufgefaßt werden, als wie ihn der Minister ausgelegt habe. Ohne Zustimmung des Landtags könne die Regierung die Staatsbahnen und auch den Betrieb dieser Bahnen nicht auf das Reich übertragen. Er konstatire, daß die konservative Partei 1876, soweit sie hier vertreten gewesen sei, für das Reichseisenbahnprojekt gestimmt habe, aber nicht von dem Ge⸗ danken des Staatsbahnsystems aus. Wenn der Abg. von Rauchhaupt heute erkläre, daß er für Staatsbahnen das Reichs eisenbahnprojekt aufgebe, so bedeute das eine große Schwen kung der Konservativen. Dies freue ihn, weil er stets gegen das Projekt gewesen sei. Wenn die Konservativen sich eben falls dagegen und gegen das Tarifgesetz erklärten, so acceptire er das mit Freuden.

Der Abg. Dr. Miquel führte aus, die Annahme dieses Paragraphen befördere das Reichseisenbahnprojekt nicht, der selbe lasse der Regierung nur die bisherige Freiheit und be⸗ reite keine neuen Hindernisse; die Klausel solle nur dem Staate die Freiheit den Gesellschaften gegenüber sichern. Die Frage, ob derselbe davon Gebrauch machen wolle oder nicht, sei nicht präjudizirt. 8 8

Der Abg. Freiherr von Minnigerode erklärte, er möchte in seiner Stellungnahme noch weiter gehen, wie der Abg. Miquel gegangen sei, um jeden Mißvperständnissen vorzu⸗ beugen. Er konstatire ausdrücklich und er glaube dabei im Einverständniß mit einem sehr großen Theil seiner engeren Freunde zu sein, daß seine Partei sich jetzt rückhaltslos auf den Boden des Staatsbahnsystems stelle und daß sie gerade deshalb diese Vorlage der Königlichen Staatsregierung mit lebhafter Freude begrüßt habe und warm dafür eingetreten sei, weil er und seine Freunde das Staatsbahnsystem mit als das Fundament des Bundesstaats ansähen und diese Rechte der einzelnen deutschen Staaten hier wie im Reichstag gewahrt sehen wollten. .

Der Abg. Dr. Windthorst bemerkte, die Wendung, welche die Diskussion jetzt genommen habe, habe ihn mit großer Freude erfüllt; es wäre gut, wenn die Freikonservativen die selbe Erklärung, wie die Abgg. Miquel und Frhr. von Min⸗ ningerode abgäben; er sei aber überzeugt, dieselben würden es nicht thun, er schließe das aus Aeußerungen, die in seiner Nähe gefallen und bis an sein scharfes Ohr gedrungen seien. Die Sorgfalt, mit der die Regierung ihren Marsch zum Reichs

abhängig. Die Kom⸗

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auf dem Gebiete des Eisenbahnwesens geschehe, zum Wohle

eisenbahnprojekt sich offen halte, beweise, daß sie den Marsch noch