“ erhebliche fiskalische Interessen mitspielten, die durch das Gesetz einen solennen juristischen Ausdruck erhalten ollten. Der Uferbesitzer werde vom Ufer und vom Flusse thatsächlich abgeschnitten und könne erst wieder zu demselben gelangen, wenn er binnen einer ganz kurzen Präklusivfrist (drei Monate) sich über den Kauf der Alluvion erkläre; auch der Preis könne event. recht hoch ausfallen, da der Mehrwerth des Grundstücks sehr beträchtlich werden müsse, wenn man nur mit der Alluvion zum Ufer ge⸗ langen könne. Das preußische Landrecht sei in diesen Be⸗ ziehungen sehr unklar, auch in den Partikularrechten sei die Eigenthumsfrage durchaus kontrovers. Werde also die Re⸗ gierungsvorlage verworfen, dann bitte er den Antrag des Grafen Pückler anzunehmen, nicht aber, wie die Kommission wolle, die Sache in der Schwebe zu lassen. — Demnäöchst vertheidigte Heir von Woyrsch sein Amende⸗ ment, während Herr Hasselbach dem Antrage des Grafen Pückler beitrat. Graf Brühl vertheidigte die Kommissions⸗ beschlüsse, Herr Wever erklärte sich dagegen mit dem Regie⸗ rungsvorschlage einverstanden.
Darauf nahm der Minister der öffentlichen Arbeiten Maybach das Wort: Der Antrag des Grafen Pückler sei eben⸗ sogut von fiskalischem Interesse diktirt, wie der Passus der Regierungsvorlage, wenn überhaupt von fiskalischem Interesse die Rede sei. Er erkläre, daß, wenn die Regierungsvorlage nicht die Mehrheit finde, der Regierung auch die Fassung der Kommissionsbeschlüsse acceptabel erscheine; jedenfalls aber bitte er den Antrag Pückler ablehnen zu wollen.
Die Anträge der Kommission wurden hiernach mit dem Amendement Woyrsch angenommen, dagegen die Anträge des Grafen Pückler abgelehnt.
Die 8§. 7, 8 und 9 wurden gemäß den Vorschlägen der Kommission unverändert in der Fassung der Regierungs⸗ vorlage genehmigt. Für den §. 10 beantragte die Kommission folgende Fassung:
„Unbeschadet weitergehender durch deichgesetzliche Vorschriften begründeter Verpflichtungen baben die Uferb sitzer hochstämmige Beaäume und Unterholz, durch welche das Wasserprofil und der Eis⸗
gang beschränkt wird, auf Erfordern der Strombauverwaltung in einer Entfernung von zehn Metern von der Linie des mittleren
Wasserstandes (§. 2.) ab zu beseitigen und nöthigenfalls auch die Wurzeln der Bäume auszuroden. Eine Entschädigung kann nur beansprucht werden, insoweit Bäume und Buschwerk bereits beim
Inkrafttreten dieses Gesetzes vorhanden waren und die Beseitigung
erselben nach den bisher bestehenden Vorschriften nicht gefordert
erden konnte.
Kommen die Uferbesitzer der Anordnung der Strombauver⸗ waltung nicht binnen der gestellten Frist nach, so ist letztere be⸗ echtigt, die Beseitigung auf Kosten der Säumigen zu bewirken“.
Graf Pückler beantragte zum Schlußsatze des ersten Alinea inter den Worten: „insoweit Bäume und Buschwerk bereits
benn Inkrafttreten dieses Gesetzes vorhanden waren“ einzu⸗ halten:
„oder durch eine nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ein⸗ tretende Erhöhung des mittleren Wasserstandes erst in jenen Be⸗
ich fallen. Der Entschädigungsanspruch tritt nicht ein, wenn die
Beseitigung nach den bisher bestehenden Vorschriften gefordert
werden kann.“
Heerr Dr. Dernburg empfahl die Annahme dieses Antrages, ebenso der Antragsteller, und nachdem der Regierungskommissar Frhr. von Zedlitz⸗Neukirch erklärt hatte, daß die Staatsregierung gegen denselben nichts einzuwenden habe, wurde derselbe und mit ihm der §. 10 ohne weitere Diskussion vom Hause an⸗ genommen.
Auch die 8§. 11 und 12 wurden ohne Debatte nach den Vor⸗ schlägen der Kommission genehmigt. Den §. 13 empfahl die Kommission in folgender Fassung anzunehmen:
„Die Strombauverwaltung wird innerhalb der Grenzen dieses ( von deren Lokalbanbeamten vertreten.
egen die Verfügungen derselben findet die Beschwerde in den Bezirken der Rhein⸗, Elb⸗ und Oder⸗Strombaudirektion an den Ober⸗Präsidenten der Rheinprovinz, beziehungsweise von Sachsen und Schlesien, im Stadtbezirk Berlin an den Ober⸗Präsidenten,
im Uebrigen an die Regierungs⸗Präsidenten beziehungsweise Land⸗
drosten und gegen deren Entscheidung der Rekurs an den zu⸗
ständigen Minister statt.“
Ein Antrag des Herrn Struckmann: anstatt „Land⸗ drosten“ zu sagen: „Landdrosteien“, fand nicht genügende Unterstützung, und das Haus genehmigte die Fassung der Feätffton — ebenso für die 8§. 14 und 15 folgende Fassung:
§. 14. „Wer ohne Genehmigung der zuständigen Behörde oder unter eigenmächtiger Abweichung von dem genehmigten Bau⸗ plan unterhalb der Linie des mittleren Wasserstandes Bauten oder Bauarbeiten ausführt oder ausführen läßt, Anlandungen, Sand⸗ bänke oder Inseln bepflanzt, ganz oder theilweise beseitigt oder künstliche Anlandungen, ungeachtet der Untersagung durch die zu⸗ ständige Behörde, in einer den Stromregulirungswerken schädlichen Weise benutzt, wird, sofern er nicht nach den allgemeinen Straf⸗ gesetzen eine höhere Strafe verwirkt, mit Geldstrafe bis zu ein⸗ hundertfünfzig Mark bestraft.
„MNiicht genehmigte Anlagen und Anpflangungen der gedachten
Art ist die Strombauverwaltung auf Kosten des Unternehmers zu
beseitigen befugt.“
8 8 15. „Alle entgegenstehenden Vorschriften treten außer
raft.
Die Ufer⸗, Ward⸗ und Hegungsordnung für das Herzogthum Schlesien und die Grafschaft e 198 nrsate 9gg 6 aufgehoben.“
Sodann hatte die Kommission noch die folgende Resolu⸗ tion zur Annahme empfohlen:
Die Königliche Staatsregierung aufzufordern: „bei der Aus⸗ führung von Stromregulirungen zweckentsprechende Vorkehrungen zu treffen, durch welche verhindert wird, daß in Folge von An⸗ lagen die Abbröckelung des Ufers bewirkt, beziehungsweise gefördert werde und in denjenigen Fällen, in welchen solche Abbröckelungen entstanden sind, die Beseitigung dieser Beeinträchtigung des beschä⸗ digten Uferbesitzers durch geeignete Uferdeckungen herbeizuführen“.
Nachdem der Regierungskommissar erklärt, daß die Regierung mit den Tendenzen der Resolution einverstanden sei, wurde dieselbe ohne weitere Debatte genehmigt und ferner die Ueberschrift des Gesetzes folgendermaßen festgestellt: „Ent⸗ wurf eines Gesetzes, P die Befugnisse der Strombau⸗ verwaltung gegenüber den “ an öffentlichen Flüssen, und die Aufhebung der Ufer⸗, Ward⸗und Hegungs⸗ ordnung für das Herzogthum Schlesien und die Grafschaft Glatz vom 12, September 1763“, schließlich das ganze Gesetz in dieser Form angenommen.
Es folgte als zweiter Gegenstand der Tagesordnung der Bericht der Matrikelkommission, welchen Graf zur
Lippe erstattete. Die Mittheilung des Referenten, daß die Kommission in Folge Ablebens die Löschung von 14 und in Folge Verlustes der Eigenschast, in welcher die Berufung er⸗
und
von 29 neu in das Haus berufenen Mitgliedern als geführt anzuerkennen, riefen keine Diskussion hervor.
Weiter beantragte der Referent zu erklären: „daß das Mitglied des Herrenhauses, der zugleich zum Kronsyndikus bestellte frühere Königlich preußische Vize⸗Präsident des auf⸗ gehobenen Ober⸗Tribunals, Wirkliche Geheime Ober⸗Justiz⸗ Rath Dr. Paul Henrici, nunmehrige Senats⸗Präsident bei dem Reichsgericht zu Leipzig, wohnhaft in Leipzig, zur Zeit das Neche auf Sitz und Stimme im Herrenhause auszuüben nicht befugt und von Einladungen zu dessen Theilnahme an den Sitzungen des Herrenhauses einstweilen Ab⸗ stand zu nehmen sei.“ — Herr Dr. Dernburg erklärte, er wolle, gegenüber dem klaren Wortlaut der Königlichen Verordnung gegen den Antrag keinen Widerspruch erheben, glaube aber, daß die Auslegung der Matrikelkommission dem Geiste der⸗ selben nicht entspreche. Zu bedauern sei, daß infolge der Ver⸗ legung des Reichsgerichts nach Leipzig dem Hause durch die Versetzung früherer Mitglieder, welche ehemals Mitglieder des Ober⸗Tribunals gewesen und jetzt Mitglieder des Reichsgerichts seien, ganz empfindliche Verluste zugefügt würden; er wünschte wohl, daß ein Weg gefunden würde, um ihnen die Aus⸗ übung ihres Rechts und die weitere Verbindung mit dem preußischen Herrenhause zu erhalten. — Herr Hasselbach bemerkte hierauf, daß der Antrag vollkommen korrekt sei. Die in Rede stehenden Personen zahlten in Preußen keine Steuern mehr, hätten also auch keine Pflichten gegen dasselbe und könnten somit in diesem Staate auch keine Rechte aus⸗ üben. — Der erwähnte Antrag wie auch die ferneren An⸗ träge der Matrikelkommission wurden demnächst vom Hause angenommen.
Den Schluß der Tagesordnung bildete der mündliche Bericht der Kommission für Communalangelegenheiten über Petitionen. Auf Antrag des Referenten Herrn von Voß wurden die Petitionen der Amtsversammlung des Amts Ein⸗ beck um Neuordnung der auf den Amtsverbänden der Provinz Hannover ruhenden Landstraßenbaulast und des Kaufmanns Dürschnabel aus Alt⸗ Damm um Prüfung der dortigen Ver⸗ hältnisse und Aufhebung der Bestätigung der dortigen Bürger⸗ meisterwahl durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt und dann um 4 Uhr die Sitzung geschlossen. Nächste Sitzung Dienstag 12 Uhr.
— Im weiteren Verlaufe der vorgestrigen (50.) Sitzung setzte das Haus der Abgeordneten die dritte Be⸗ rathung des Entwurfs eines Feld⸗ und Forstpolizei⸗ gesetzes mit §. 18 fort. Dieser Paragraph lautet nach den Beschlüssen zweiter Lesung:
„Mit Geldstrafe bis zu einhundertundfünfzig Mark oder mit
Haft wird bestraft, wer Gartenfrüchte, Feldfrüchte oder andere
Bodenerzeugnisse aus Gartenanlagen aller Art, Weinbergen, Obst⸗
anlagen, Baumschulen, Saatkämpen, von Aeckern, Wiesen, Weiden,
Plätzen, Gewässern, Wegen oder Gräben entwendet. Die Ver⸗ folgung tritt nur auf Antrag ein. Das Sammeln von Pilzen auf nicht künstlich angelegten, auch nicht eingefriedigten Weiden und Triften unterliegt der im §. 41 ausgesprochenen Bestimmung.“
Zu diesem Paragraphen lagen folgende Anträge vor:
Der Abg. Dr. Windthorst beantragte statt: „Die Ver⸗ folgung tritt nur auf Antrag ein“, den Satz einzuschalten: „Liegen die Voraussetzungen des §. 370 Nr. 5 des Strafge⸗ setzbuchs vor, so tritt die Verfolgung nur auf Antrag ein.“
Der Abg. Dr. Grimm beantragte die Worte: „Die Ver⸗ folgung tritt nur auf Antrag ein“ zu streichen.
Der Abg. Leonhard beantragte für den Fall, daß der Satz: „die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein“ gestrichen werden sollte, an dessen Stelle zu setzen:
„Die Bestrafung fällt weg, wenn der Grundbesitzer auf die⸗ selbe bis zur Verkündigung eines Urtheils oder bis zum Ablauf der gegen das polizeiliche Strafmandat zulässigen Einspruchsfrist verzichtet. In diesem Falle trägt die bis dahin abgelaufenen Kosten der Grundbesitzer, sofern solche nicht vom Beschädigten übernommen werden.“
Der Abg. Fiebiger führte aus, daß ein Zustandekommen des Gesetzes sehr zu wünschen sei, damit der großen Menge willkürlicher Polizeiverordnungen ein Ende gemacht werde, die zum Theil sehr scharfe Bestimmungen enthielten. Die große Schwierigkeit der Regelung dieser Materie liege darin, daß das Gesetz schwere und leichte Fälle zusammenwerfe. Was die letzteren Fälle anlange, so glaube er, daß bei derartigen Ent⸗ wendungen das Vorhandensein des Dolus erwiesen sein müsse, wenn eintreten solle. Er frage, ob nach Ansicht der Regierung die Intepretation dieses Paragraphen dahin gehe.
Der Staats⸗Minister Dr. Lucius erklärte sich zwar gern bereit, die vom Vorredner gewünschte Interpretation zu geben, er müsse indeß konstatiren, daß bei Handhabung dieses Ge⸗ setzes, welche durch Amtsvorsteher und Bürgermeister erfolge, die Interpretation, die man hier gebe, den Ausführenden kaum zu jeder Stunde gegenwärtig sein würde; dieselbe werde also ohne Werth sein. Indessen nehme er keinen Anstand, zu be⸗ stätigen, daß, wer eine Handlung begehe, in der Idee dadurch Niemandem zu nahe zu treten, dadurch nicht gegen die Inten⸗ tionen des Eigenthümers zu fehlen, sich nicht in der Lage be⸗ finde, Etwas zu thun, was unter den Begriff einer strafbaren Handlung falle. Er könne versichern, daß er, wenn er Amtsvorsteher wäre, hiernach verfahren vürde. Er halte sich aber als landwirthschaftlicher Minister kaum 88 befugt, Worte authentisch zu interpretiren, die richterlich
ereits eine feststehende Interpretation gefunden hätten. Wenn der Abg. Fiebiger als bedenklich an diesem Paragraphen be⸗ tont habe, daß derselbe leichte und schwere Fälle kombinire, so könne man denselben Vorwurf dem ganzen Reichsstraf⸗ gesetzbuch machen. Der Paragraph richte sich, wie er wieder⸗ holt betone, gegen Diebe und Waldfrevler, und nicht gegen harmlose Spaziergänger. Dem Beschlusse des Hauses zu §. 18 in zweiter Lesung müsse er entschieden widersprechen, weil derselbe sich im Gegensatz zum Strafgesetzbuch stelle, in⸗ dem derselbe Verfolgung eines Diebstahls von einem Antrage abhängig mache. Prinzipaliter sei er (Redner) für den An⸗ trag Grimm, eventuell würde er auch gegen den jetzigen Antrag Windthorst keine sonderlichen Einwendungen haben, da der⸗ selbe nicht mehr zu den Mißdeutungen Anlaß geben könne, bie ö dieses Abgeordneten in zweiter Lesung zuge⸗ assen habe. .
Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, die in diesem Para⸗ graphen erwähnte Entwendung sei nichts anderes, als der Diebstahl im Sinne des Strafgesetzbuchs, das zwischen schweren und leichten Fällen insofern unterscheide, als die ersteren ohne, die letzteren aber nur auf Antrag bestraft würden. Er halte es für selbstverständlich, daß zur Bestrafung von Ueber⸗ tretungen oder Vergehen der Nachweis des Dolnis erforderlich
würde damit eine sehr gefährliche Bahn betreten, die man nur schon zu häufig gegangen sei. Im Uebrigen sei es ihm angenehm, konstatiren zu können, daß der Minister sich mit seinem Antrage eventuell einverstanden erklärt habe.
„Der Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa bemerkte, die Verfolgung nur auf Antrag eintreten lassen, hieße einen förmlichen Handel mit Anträgen etabliren und allen möglichen Mißständen Thür und Thor öffnen. Auf die Modifikation des Antrags Windthorst sei er nicht gekommen, habe vielmehr die vollständige Beseitigung des Antrags für zweckmäßig gehalten und sei dieser Ansicht noch jetzt.
Der Abg. Simon von Zastrow beantragte ebenfalls die Antragsklausel zu streichen, da andernfalls mancher ältere ländliche Besitzer, der nicht schreiben könne, von der Ver⸗ folgung eines ihm zugefügten Schadens absehen müßte. Den Antrag Windthorst würde er als minder schädlich eventuell auch acceptiren.
Nachdem darauf der Abg. Leonhard seinen Antrag zurück⸗ gezogen hatte, wurde §. 18 Alinea 1 mit dem Amendement Windthorst angenommen. Die Abstimmung über Alinea 2 wurde bis zu §. 41 ausgesetzt.
Die §§. 19 und 20 wurden ohne Diskussion nach den Beschlüssen der zweiten Lesung angenommen.
§. 21 lautet:
Auf Gefängnißstrafe von Einer Woche bis zu Einem Jahre ist zu erkennen: 1) wenn im Falle einer Entwendung der Schuldige sich im dritten oder ferneren Rückfalle befindet; 2) wenn die Ent⸗ wendung zum Zwecke der Veräußerung des Entwendeten oder daraus hergestellter Gegenstände verübt ist; 3) wenn die Hehlerei gewerbs⸗ oder gewohnheitsmäßig begangen ist.
Der Abg. Francke wies, wie schon in zweiter Lesung dar⸗ auf hin, daß unter der Veräußerung auch ein Verschenken zu verstehen sei, also der Vater, der im Walde eine Pfeife schneide und diese seinem Sohne schenke, mindestens mit Einer Woche Gefängniß bestraft werden müsse, er beantrage die Streichung des Alinea 2.
Der Regierungskommissar Geheime Justiz⸗Rath Frhr. von Bülow bestritt dies und bemerkte besonders, daß beim Fortfallen dieser Nr. 2 derartige Entwendungen als Diebstahl bestraft werden müßten.
Der Abg. Dr. von Cuny sprach die Meinung aus, daß nur entgeltliche Veräußerungen in diesem Paragraphen ge⸗ meint sein könnten.
Der Abg. Fiebiger erklärte, daß nach dem Wortlaute des Alinea 2 auch Derjenige mit Gefängniß nicht unter einer Woche bestraft werden könne, der eine Gerte abschneide und sie seinem Kinde schenke.
Hierauf beschloß das Haus die Nr. 2 zu streichen und nahm den §. 21 im Uebrigen unverändert nach der Fassung der zweiten Lesung an. Desgleichen die §§. 22 und 23.
§. 24 lautet:
Mit Geldstrafe bis zu zehn Mark oder mit Haft bis zu drei Tagen wird bestraft, wer, abgesehen von den Fällen der §§. 18 und 30, unbefugt: 1) das auf oder an Grenzrainen, Wegen, Triften oder an oder in Graͤben wachsende Gras oder sonstige Viehfutter abschneidet oder abrupft; 2) von Bäumen, Sträuchern oder Hecken Laub abpflückt oder Zweige abbricht. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein.
Zu diesem Paragraphen lagen folgende Anträge vor:
Der Abg. Dr. Petri beantragte, in Nr. 2 hinter dem
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Worte „abbricht“, die Worte hinzuzufügen: „insofern dadur ein Schaden entsteht“.
Paragraphen zu streichen, event. dem ersten Absatze des Paragraphen hinter dem Worte „unbefugt“ zuzusetzen die Worte: „und mit Verletzung bestehender Polizeiverordnungen“
Der Abg. von Eynern beantragte, den ganzen Paragraphe zu streichen; da derselbe dem vom Abg. Windthorst auf gestellten Axiom vom christlichen Gebrauche des Eigenthums widerspreche.
Der Staats⸗Minister Dr. Lucius erklärte sich gegen den Antrag des Abg. Frhrn. von Fürth und bat, die Beschlüsse der zweiten Lesung aufrecht zu erhalten.
Der Abg. Frhr. von Branesftefn wandte sich dagegen daß man dem Grundbesitzer gegenüber immer von sittlichen Pflichten rede, während das mobile Kapital sich stets davon zu emanzipiren wisse. Diese sittliche Pflicht könne immer nur eine freiwillige sein. Wolle man dies nicht zugestehen, sondern geradezu das Recht des Nichtbesitzenden auf einen Genuß, der demselben nicht zustehe, konstruiren, dann solle man lieber gleich die Konsequenz ziehen und dem Darbenden gestatten, wenn er hungere, sich seinen Bedarf zu nehmen, wo er ihn finde. Der größte Fehler der heutigen Zeit sei, daß man dem Eigenthum, welches heilig sei, vorwerfe, es werde nicht mehr christlich gebraucht. Dies sei ein rein sozialistischer Vorwurf. Das Christenthum stelle den Satz auf: „Alles was mein ist, ist Dein“, der Sozialismus sage: „Alles was Dein ist, ist mein.“ Wenn man dem Eigenthümer das Recht des Verbots streitig mache, so liege darin eine Fixirung jener sittlichen Pflicht für den Grundeigenthümer, die zurückzuweisen sei. Er bitte um Annahme des ganzen §. 24.
Der Abg. Cremer behauptete, daß doch gewisse Dinge in Feld und Wald Fistirten die Gemeingut seien; wenn man das als eine sozialistische Anschauung betrachte, habe er nichts dagegen. Der Grundeigenthümer habe die ausgedehnteste Nutz⸗ nießung von seinem Eigenthum, aber auch die sittliche Pflicht, den Bedürftigen mitzutheilen. Es sei ein Beweis, wie sehr das Bewußtsein dieser Pflicht verschwunden sei, wenn man aran erinnern müsse. Er bitte, den ganzen Paragraphen zu reichen. Der Abg. Frhr. von Heereman führte aus, daß die eifigef Eigenschaft des Eigenthums nur in der Verwaltung zur Erscheinung komme; man könne eine Strafe nicht ein⸗ treten lassen, wenn ein Schaden nicht entstehe; deshalb bitte er, die Nr. 2 zu streichen oder wenigstens den Antrag Petri anzunehmen. Der Abg. Dr. Langerhans erklärte, wenn man die Nr. 2 streiche, könne der ganze Paragraph fallen, denn die Fälle der Nr. 1 seien auch unter Nr. 18 zu subsumiren. Man sollte nicht so rigorose Gesetze machen, sonst gewinne es den An⸗ schein, als ob das Volk nur dazu da sei, um mit Strafen be⸗ droht und mit Steuern belastet zu werden. Der Abg. Dr. Windthorst bemerkte, wenn sich die Sozial⸗ demokraten auf die ersten Christen beriefen, so geschehe dies nur, weil eben das Eigenthum jetzt nicht christlich gebraucht werde; es sei aber unrecht, wenn man meine, dieser christliche Gebrauch könne gesetzlich erzwungen werden. Wenn man das Berechtigte im Sozialismus anerkenne, bekämpfe man denselben
folgt war, die Löschung von 2 bisherigen Mitgliedern in der Matrikel verfügt habe, sowie der Antrag, die Legitimation
1“ eö. * “
sei. Den Versuch, neben dem Gesetz auch noch eine Inter⸗ pretation desselben zu geben, weise er entschieden zurück; man
besser, als durch gewaltsame Niederhaltung. Hätte man mehr Positives geleistet, so würde man schon viel weiter mit dem⸗ 16 89
Der Abg. Frhr. von Fürth beantragte, den ganzen
selben sein; aber, wenn man die Kirche knechte, so sei die Sozialdemokratie zu bekämpfen, ein thörichtes Beginnen.
Der §. 24 wurde darauf mit dem Antrag Dr. Petri zu Nr. 2 angenommen, ebenso unverändert nach der zweiten Lesung die 8§. 25 und 26.
§. 27 lautet:
Mit Geldstrafe bis zu 50 ℳ oder mit Haft bis zu vierzehn Tagen wird bestraft, wer unbefugt: 1) abgesehen von den Fällen des §. 50 Nr. 7 des Fischereigesetzes vom 30. Mai 1874, Flachs oder Hanf rötet; 2) in Gewässern Felle aufweicht oder reinigt oder Schafe wäscht; 3) abgesehen von den Fällen des §. 366 Nr. 10 des Strafgesetzbuchs, Gewässer verunreinigt oder ihre Benutzung in anderer Weise erschwert oder verhindert. 8
Der Abg. Dr. Petri beantragte, die Bestimmung in Nr. 2, daß Derjenige mit Strafe bedroht werde, der unbefugt in Gewässern Schafe wasche, zu streichen. Wo sollten denn die Bauern ihre Schafe anders waschen, als in Gewässern? Sollten sie etwa für die Schafe besondere Badehäuser hauen?
Der Staats⸗Minister Dr. Lucius erklärte, der Einwurf wäre berechtigt, wenn nicht das Wort „unbefugt“ in dem Paragraphen stände. 1“ 1
Der Abg. Dr. Petri entgegnete, auch bei dieser Bestim⸗ mung dürsten die Bauern doch immer nur dann Schafe in Gewässern waschen, wenn sie ein nachweisbar wohlerworbenes Privatrecht darauf hätten.
Der Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa bemerkte, wo hätten denn die Bauern bisher die Schafe gewaschen? Diese Bestimmung stehe in der alten Feldpolizeiordnung und die Bauern hätten ganz gut gewußt, wo sie die Schafe waschen sollten. Diese Einwürfe würden nur vorgebracht, um die Debatte aufzuhalten.
Der Abg. Dr. Petri verbat sich den Vorwurf, daß er die Debatte aufhalten wolle.
Der Antrag Petri wurde darauf abgelehnt und 8. 27. unverändert nach der 2. Lesung angenommen, ebenso die 8§. 28 — 35. 8
§. 86 lantett:
„Mit Geldstrafe bis zu fünfzig Mark oder mit Haft bis zu vierzehn Tagen wird bestraft, wer unbefugt auf Forstgrundstücken: 1) außerhalb der öffentlichen oder solcher Wege, zu deren Benutzung er berechtigt ist, mit Werkzeugen und Geräthen, welche zum Fällen, Sammeln oder Wegschaffen von Holz oder anderen Walderzeug⸗ nissen geeignet sind, sich aufhält; 2) Holz ablagert, bearbeitet, be⸗ schlägt oder bewaldrechtet; 3) Einfrledigungen übersteigt; 4) Forst⸗ kulturen betritt; 5) solche Schläge betritt, in welchen die Holz⸗ hauer mit dem Einschlagen oder Aufarbeiten der Höller beschäf⸗ tigt, oder welche zur Entnahme des Abraums nicht freigegeben sind. In den Fällen der Nr. 1 können neben der Geldstrafe oder der Haft die Werkzeuge eingezogen werden, ohne Unterschied, ob sie dem Schuldigen gehören oder nicht.“
Hierzu beantragte der Abg. Dr. Petri, Nr. 1 dieses Paragraphen zu streichen, während die Abgg. Frhr. von Fürth und Dr. Seelig folgende Fassung vorschlugen:
„Mit Geldstrafe bis 50 ℳ wird bestraft, wer außerhalb der öffentlichen oder solcher Wege, zu deren Benutzung er berechtigt ist, mit einem Werkzeuge, welches zum Fällen von Holi, oder mit einem Geräthe, welches zum Sammeln oder Wegschaffen von Holz, 1en9 Streu oder Harz seiner Beschaffenheit nach bestimmt ist, erscheint.“ 8 Der Abg. Dr. Petri erklärte, der Präventivcharakter des
Gesetzes, der demselben namentlich in Hessen so viele Feinde gemacht, trete besonders in diesem Paragraphen hervor. Wenn ZJemand, der Werkzeuge nach einem Ort jenseits eines Waldes schaffen müsse, den Waldweg also gar nicht vermeiden könne, bestraft werde, so höre doch fürwahr Alles auf. Das Gesetz sei vielmehr zum Schutze des Wildes, als des Waldes und Feldes gemacht. Es werde Haß in der Bevölkerung erregen, und dieser werde sich nicht gegen das Gesetz, sondern gegen den Wald und die Waldbesitzer wenden. Er empfehle den Konservativen das Studium der Werke des Kulturhistorikers Riehl, dessen Bemerkungen über den Wald nicht in der Studir⸗ stube ausgedacht seien; er selbst habe denselben manchen Tag auf seinen Zügen durch den Taunus begleitet. Die Ansicht, die diesem Gesetz zu Grunde liege, daß die Feld⸗ und Forst⸗ hüter alle Engel und alle anderen Menschen prädestinirte Wilddiebe und Waldfrevler seien, werde sich nicht Bahn brechen. Man rechne dabei auf den Verstand der Waldbesitzer und Beamten. Aber der Unverstand sei in der Welt immer viel größer gewesen, als der Verstand. . Der Staats⸗Minister Dr. Lucius bemerkte, dieselbe Be⸗ stimmung habe in Hessen⸗Nassau bis zum 1. Oktober 1879 egolten; er bitte daher, den Antrag Petri See e Gegen den Antrag von Fürth⸗Seelig habe die Regierung Nichts einzuwenden. . — Der Abg. Dr. Seelig führte aus, daß das Gesetz mit Unrecht schon jeden für des Diebstahls verdächtig ansehe, der die zum Diebst ahl geeigneten Werkzeuge bei sich führe. Be⸗ sonders sei dies für den Botaniker sehr beschwerlich. Linné abe nicht, wie der Abg. Freiherr von Hammerstein behauptet abe, schon unter den Bestimmungen der Feld⸗ und Forstpolizei⸗ ordnung und des Forstdiebstahlgesetzes botanisirt, denn derselbe sei längst vor Erlaß dieser Gesetze gestorben. Durch die Drohung des Abg. Freiherrn von Hammerstein mit der Selbsthülfe der Forst⸗ beamten dürfe man sich nicht beeinflussen lassen, denn er wisse aus eigenem Umgange mit Forstbeamten, daß sie an Selbst⸗ verleugnung in der Ausübung ihres Berufs gewöhnt seien und die Gesetze zu respektiren wüßten. Nicht durch Polizeigesetze könne die hohe Aufgabe der Waldkultur gelöst werden, sondern besser dadurch, daß der Wald in den des Staats und solcher Korporationen komme, denen es au den finanziellen Ertag nicht so ankomme. Der Abg. Freiherr von Fürth bemerkte, daß nicht alle zu Waldfreveln geeigneten Werkzeuge und Geräthe in straf⸗ barer Absicht getragen würden; es dürfte daher nur das Tra⸗ gen der ihrer Bestimmung nach zum Sammeln und dergl. dienenden Gegenstände bestraft werden. Der §. 36 wurde darauf mit dem Antrag von Fürth⸗ Seelig angenommen, ebenso nach der Fassung der zweiten Lesung die 8§. 37 — 40. K. 41 lautet: 1
„Mit Geldstrafe bis zu zehn Mark oder mit Haft bis zu drel Tagen wird bestraft, wer auf Forstgrundstücken: 1) bei Ausübung einer Waldnutzung den Legitimationsschein, den er nach den gesetz⸗ lichen Vorschriften, nach dem Herkommen oder nach dem Inhalt der Berechtigung lösen muß, nicht bei sich führt; 2) einer Polizei⸗ verordnung zuwider oder gegen ein Verbot des Waldeigenthümers unbefugt Kräuter, Beeren oder Pilze sammelt, oder, falls er einen Erlaubnißschein erhalten hat, denselben beim Sammeln nicht bei sich führt. Das Sammeln kann nur da, wo dasselbe nicht auf Berechtigung oder Herkommen beruht, durch Polizeiverordnung oder durch den Waldeigenthümer verboten werden. Die Verfol⸗ gung tritt nur auf Antrag ein.“
Hierzu beantragten:
Der Abg. Windthorst den §. 41 also zu fassen: „Mit Geld⸗
bestraft, wer auf Forstgrundstücken bei Ausübung einer Wald⸗ nutzung den Legitimationsschein, den er nach den gesetzlichen Vor⸗ schriften, nach dem Herkommen oder nach dem Inbalt der Berech⸗ tigung lösen muß, nicht bei sich führt. Die Bestrafung erfolgt auf Antrag. In Beziehung auf die Bestrafung des Sammelns. von Kräutern, Beeren und Pilzen wird besondere gesetzliche Rege⸗ lung vorbehalten;“
Die Abgg. Dr. Grimm und Schmidt (Sagan), in Nr. 1 hinter „Vorschriften“ hinzuzufügen: „oder Polizeiverordnungen“ und die Nr. 2 zu streichen;
Die Abgg. Frhr. von Fürth und Dr. Seelig die Worte: „oder mit Haft bis zu drei Tagen“ zu streichen.
Der Abg. Dr. Schellwitz beantragte eine besondere Ab⸗ stimmung über die Worte in dem Beschlusse zweiter Lesung: „einer Polizeiverordnung zuwider oder gegen ein Verbot des Waldeigenthümers“ und über die Worte „das Sammeln“ bis „verboten werden.“
Die Abgg. Dr. Petri und Windthorst als letztes Alinea hinzuzufügen: „die Bestimmung in Nr. 2 findet für die Pro⸗ vinzen Hessen⸗Nassau, Hannover und Schlesien keine An⸗ wendung.“
Der Abg. Dr. Schellwitz führte aus, daß eine generelle Regelung des Sammelns von Beeren und Pilzen nicht mög⸗ lich sei; ohne die verschiedenen bestehenden Rechte zu schädigen, die in den einzelnen Landestheilen sich in verschiedenartiger Weise entwickelt hätten. Aus diesem Grunde sei der Antrag des Abg. Windthorst, der eine besondere gesetzliche Regelung des Sammelns von Beeren und Pilzen bezwecke, nicht an⸗ nehmbar.
Der Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa erklärte, der vorliegende Paragraph in der Fassung der zweiten Lesung sei nach der Meinung vieler Juristen eine wahre Fundgrube für Prozesse, und derselbe werde selbst in den Landestheilen, wo das Sammeln der Waldprodukte bereits geregelt sei, neue Schwierigkeiten hervorrufen. Um das zu vermeiden, sei es am besten, die ganze Nr. 2 des §. 41 zu streichen, damit dieser Punkt einer vielleicht provinziellen Regelung vorbehalten blei⸗ ben könne. Es sei der ausdrückliche Wunsch seiner politischen Freunde, das Gesetz zu Stande zu bringen, und dieser Wunsch werde von fast allen Parteien getheilt. Man müsse daher darauf bedacht sein, dem Gesetze eine Form zu geben, die es dem Herrenhause möglich mache, dasselbe en bloc anzuneh ven, und die Regierung in den Stand setze, die Beschlüsse dieses Hauses im Herrenhause ihrerseits zu vertreten. Geschehe das nicht, so sei das Gesetz für diese Session begraben. Jede Partei müsse daher ihre persönlichen Wünsche so weit wie möglich unterdrücken.
Der Staats⸗Minister Dr. Lucius konstatirte, daß aller⸗ dings in diesem Paragraphen der Punkt liege, in welchem noch zur Stunde eine Verständigung nothwendig sei, wenn überhaupt das ganze Gesetz zu Stande kommen solle. Wie in der zweiten Lesung müsse er auch heute gegen den zweiten Satz der Nr. 2 sich erklären. Die zweifelhafte juristische De⸗ finition des Begriffes „Herkommen“ würde eine Quelle fort⸗ währender Streitigkeiten werden. Er bitte daher den Satz zu streichen, denn die Regierung würde sonst nicht in der Lage sein, das ganze Gesetz anzunehmen. Als Basis einer Verständigung müsse er auch heute noch die ursprüngliche Regierungsvorlage bezeichnen, nachdem dieselbe aber durch die weite Lesung beseitigt sei, könne er unter gewissen Voraus⸗ vv sich mit den Beschlüssen der zweiten Lesung ein⸗ verstanden erklären. In der Nr. 1 des §. 41 müßten die Worte „oder Polizeiverordnung“ eingeschoben werden. Der Antrag des Abg. Windthorst auf besondere gesetzliche Regelung des Sammelns von Beeren und Pilzen sei für ihn nicht annehmbar; durch denselben würde die Regelung durch polizeiliche 16““ ausgeschlossen und auf jeden Fall eine Chch 8 ca der Waldeigenthümer herbeigeführt werden. Besser sei es, die Nr. 2 ganz zu streichen, als den Antrag Windthorst anzunehmen; dann blieben wenigstens die bis⸗ herigen Bestimmungen bestehen und es würde kein Vacuum
eschaffen. Dies Gesetz habe nicht die Absicht, neues Recht zu
schaffen oder zu nehmen. Das Zustandekommen des Gesetzes hänge davon ab, daß es eine Form erhalte, in der es die Staatsregierung vor dem Herrenhause vertreten könne. Das sei nur möglich, wenn die Nr. 2 der zweiten Lesung beseitigt und der Antrag Windthorst abgelehnt werde. Prinzipaliter empfehle er die Streichung des 2. Absatzes der Nummer 2; eventuell glaube er, daß der gänzliche Wegfall der ganzen Nummer 2 auch noch als Boden einer Verständigung dienen könne.
Der Abg. Dr. Windthorst bemerkte, die Erwägung, daß dies Haus bei der Berathung dieses Gesetzes darauf bedacht sein müsse, dem Herrenhause das Gesetz so zu überweisen, daß es von demselben en bloc angenommen werden könne, treffe für ihn nicht zu. Er glaube, das Herrenhaus müsse! dem Gesetze ebenso wie dies Haus eine genaue Erwägung zu Theil werden lassen. Es sei wohl klar, daß seine Anträge eine ver⸗ mittelnde Tendenz hätten, und dem Wunsche entsprängen, das Zustandekommen des ganzen Gesetzes zu ermöglichen. Man solle eben den Stein, den man gegenwärtig nicht heben könne, liegen lassen. Er ziehe den Beschluß der vorigen Sitzung seinem Antrage vor, weil derselbe bestimmter ausdrücke, daß da, wo das Sam⸗ meln der Beeren und Pilze auf einer Berechtigung oder einem Herkommen beruhe, keine Strafe eintreten solle. Der Minister sage, das Gesetz habe nicht die Absicht, neues Recht zu schaffen, oder zu nehmen; er nehme den Minister beim Wort. Auch er wolle kein neues Recht schaffen oder nehmen. Bei verstän⸗ diger Behandlung dieser Angelegenheit werde man zunächst im Administrativwege klarzulegen haben, wie es mit diesen Befugnissen vom Beeren⸗ und Pilzesammeln in den einzelnen Provinzen sich verhalte, und erst, wenn die nöthige Klarheit geschaffen sei, könne man dem Besitzer geben, was demselben gehöre. Es handele sich darum, Strafbestimmungen zu ver⸗ meiden über Verhältnisse, die noch nicht klar seien. Nach Annahme seines Antrages durch beide Häuser des Landtages werde sich die Regierung wohl hüten, das Gesetz nicht zu publiziren, denn sie habe ein wesentliches Interesse an diesem Gesetz, auch nach Streichung der von ihm zur Beseitigung vorgeschlagenen Nummer.
Der Staats⸗Minister Dr. Lucius entgegnete, zunächst möchte er dem Vorredner gegenüber richtig stellen, daß er von der en bloc-Annahme des Gesetzes im Herrenhause mit keiner Silbe gesprochen habe. Sodann betone er, daß durch die Nichtannahme der Nr. 2 dieses Paragraphen durchaus noch kein Vacuum entstehen würde; es bliebe eben dann bei den zur Zeit bestehenden gesetzlichen Beꝛammungen, nach denen
da, wo keine besondere Berechtigung existire, der Waldeigen⸗ thümer das Betreten des Waldes und die Entnghme von
strafe bis zu zehn Mark oder mit Haft bis zu drei Tagen wird
Produkten aus demselben unbedingt verbieten könne, die Er⸗ träge aus diesen Prooͤrikten bildeten bekanntlich in verschiede⸗ nen Distrikten eine wefentliche Einnahmequelle, und das Sammeln dieser Produkte sei an finanzielle Gegenleistung geknüpft. In diese Bestimmungen greife man nicht ein. Ein wiederhole es, entstehe durch die Ablehnung dieser
r. 2 nicht. 8
Der Antrag Windthorst wurde darauf mit 176 gegen 174 Stimmen angenommen und waren damit die übrigen Anträge erledigt. In Folge dieser Abstimmung wurde al. II. des §. 13 gestrichen.
Die §§. 42 und 43 wurden unverändert nach der zweiten Lesung ohne Diskussion angenommen.
§. 44 lautet:
Mit Geldstrafe bis zu funfzig Mark oder mit Haft bis zu vierzehn Tagen wird bestraft, wer: 1) mit unverwahrtem Feuer oder Licht den Wald betritt oder sich demselben in gefahrbringen⸗- der Weise nähert; 2) im Walde bren ende oder glimmende Gegen⸗ stände fallen läßt, fortwirft oder unvorsichtig handhabt; 3) abge⸗ sehen von den Fäͤllen des §.368 Nr. 6 des Strafgesetzbuchs im Walde oder in gefährlicher Naͤhe desselben im Freien ohne Erlaubniß des Ortsvor⸗ stehers, in dessen Bezirk der Wald liegt, in Königlichen Forsten ohne Erlaubniß des zuständigen Forstbeamten, Feuer anzündet oder das gestatteter Maßen angezündete Feuer gehörig zu beaufsichtigen oder auszulöschen unterläßt; 4) abgesehen von den Fällen des §. 360 Nr. 10 des Strafgesetzbuchs bei Waldbränden, von der Polizeibehöde, dem Ortsvorsteher oder deren Stellvertreter oder dem Forstbesitzer oder Forstbeamten zur Hülfe aufgefordert, keine 8 Folge leistet, obgleich er der Aufforderung ohne erhebliche eigene Nachtheile genügen konnte. “
Zu diesem Paragraphen beantragten die Abgg. Dr. Seelig und Frhr. von Fürth Streichung derjenigen Bestimmung, nach welcher Derjenige mit Geldstrafe bis zu 50 ℳ oder mit Haft bis zu 14 Tagen bestraft werde, wer, abgesehen von den Fällen des §. 360 Nr. 10 des Strafgesetzbuchs bei Wald⸗ bränden, von der Polizeibehörde, dem Ortsvorsteher oder deren Stellvertreter oder dem Forstbesitzer oder “ zur Hülfe aufgefordert, keine Folge leiste, obgleich derselbe der Aufforderung ohne erhebliche eigene Gefahr genügen könnte.
Nach einigen Worten des Abg. von Ludwig, welcher sich gegen den Antrag Dr. Seelig erklärte, wurde nach Ablehnung des Antrages Dr. Seelig der §. 44 unverändert angenommen, — alsdann ohne jede Diskussion der ganze Rest des
esetzes. 8
Nunmehr beantragten die Abgg. Dr. Seelig und Frhr. von Fürth folgende Resolution: S8
„Nach Ablehnung des Gesetzentwurfs im Ganzen die Königliche Staatsregierung aufzufordern, den Gesetzentwurf mit den dazu an⸗ genommenen Abänderungsanträgen den Provinzial⸗Landtagen zur Be-⸗ gutachtung vorzulegen und nach Eingang dieser Gutachten die Frage in erneute Erwägung zu nehmen, ob nicht der Gegenstand zweck⸗ mäßiger durch Provinzialgesetze als durch ein einheitliches Landes⸗ gesetz zu regeln ist.“ 8
Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, daß die Schlußahstim⸗ mung mit Motivirung nicht zulässig sei. Es müsse allein über das Gesetz abgestimmt, und erst dann könne eine Re⸗ solution beschlossen werden.
Der Abg. Dr. Virchow erklärte sich Namens der An⸗ tragsteller damit einverstanden, ebenso der Abg. Richter.
Bei der Schlußabstimmung wurde das ganze Gesetz an⸗ genommen, die Resolution Dr. Seelig und Frhr. von Fürth war damit gefallen. 8
Darauf ersuchte der Abg. Rickert den Präsidenten, die Nummer 4 der Tagesordnung vor die Nummer 3 zu setzen. Es sei nämlich der Wunsch laut geworden, über diesen Gegen⸗ stand (Verwendung der aus dem Ertrage der Reichssteuern an Preußen zu überweisenden Summen) einen schriftlichen Bericht der Budgetkommission zu verlangen; sollte dies die Absicht des Hauses sein, so sei es wünschenswerth, heute noch darüber zu beschließen, damit am Dienstag der Bericht vor⸗ liege. 8 Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, er sei nicht damit ein⸗ verstanden, wenn durch den schriftlichen Bericht eine Verzöge⸗ rung entstände. Für diesen Fall wünsche er einen mündlichen Bericht, denn die Sache müsse in dieser Session noch erledigt werden, damit das Volk sehe, daß die an die neue Wirth⸗ schaftspolitik geknüpften Versprechungen nicht vertagt werden ollten. 8 Der Abg. von Rauchhaupt erklärte, seine Parte! wolle dies so wichtige Gesetz nicht auf Grund eines mündlichen Be⸗ richtes erledigen. Die Herren von der linken Seite, welche gegen die Zollpolitik gestimmt hätten, hätten gar kein Recht an diesem Gesetze.
Der Abg. Richter erklärte, wenn er und seine Freunde auch gegen die neuen Steuern gestimmt hätten, so seien sie doch in der Lage, dieselben mit bezahlen zu müssen, nachdem die Herren von der Rechten sie bewilligt hätten. Aus diesem Grunde wünsche er an den Steuererlassen Theil zu nehmen, insoweit sie die Lasten verminderten. Wenn auch nicht die blasse Aussicht sei, daß auch nur ein baarer Pfennig an Steuern erlassen würde, so möchte er doch wenigstens das leere Portemonnaie sehen, damit er, wenn einmal die schöne Zeit komme, wo wirklich Steuererlässe einträten, dann wenig⸗ 888 den Geldbeutel zur Hand habe, in welchen er das Geld einpacken könne. Das Gesetz müsse in dieser Session zu Stande kommen und gerade die Herren, welche die neuen Steuern bewilligt hätten, sollten wenigstens den guten Willen zeigen, wenn sie auch kein baares Geld hätten. 8
Der Abg. Rickert konstatirte, daß in der Budgetkommission von keiner Seite ein schriftlicher Bericht gefordert worden sei. Seitdem seien mehrere Wochen verflossen, also sei es doch jetzt wünschenswerth, diese Frage zu entscheiden.
Der Abg. Stengel erklärte als Berichterstatter der Budget⸗ kommission, es sei doch eine Grausamkeit gegen den Bericht⸗ erstatter, nachdem man vor 3 Wochen einen mündlichen Be⸗ richt für genügend erachtet habe, wenn man ihm nunmehr zu⸗ muthe, vielleicht mit Zuhülfenahme der Nacht einen schrift⸗ lichen Bericht zu liefern. Er könnte ja denselben bis Montag fertig stellen, allein derselbe müsse voch von der Budgetkommission geprüft und genehmigt, ferner gedruckt werden, so daß die Berathung dann erst am Freitag oder Sonnabend erfolgen könnte. 1 Der Abg. von Reuchhaupt glaubte trotz eines Fraktions⸗ beschlusses nach dien er Erklärung des Referenten den Antrag auf schriftliche Berrichterstattung zurückziehen zu können.
8 “ vertagte sich das Haus um 45, Uhr auf Dienstag
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