betheiligten Kreisen darüber zu treten, ob nicht Zustände zu
beseitigen seien, die in großem Styl zur Zeit eine Schädigung des Publikums in sich schlössen. 8 Der Abg. Kantak beklagte es, daß die polnischen Blätter bei öö“ amtlicher Erlasse konsequent übergangen
würden.
Der Abg. Rickert erklärte, die Auseinandersetzung des
Ministers über den Staats⸗Ministerialerlaß von 1875, welcher das Publikationswesen 8en lasse die Sache doch noch nicht als erledigt erscheinen. enn die Sache so gestellt werde, daß die Regierungen bestimmten, welche Zeitungen entschieden oppositionell seien, so käme man zweifellos dahin, daß bei einem Regierungswechsel die Publikationsorgane gewechselt würden; das führe zu dem amerikanischen System und vor solchen Schwankungen müsse man sich hüten. Er hoffe, das Haus werde, wenn nicht in dieser, so doch in der nächsten Session mit dem Ministerium verhandeln, aus Anlaß eines An⸗ trages, der eingebracht werden müsse. Die Verhältnisse hätten ich seit 1875 geändert und der Staats⸗Ministerialbeschluß önne nicht aufrecht erhalten werden, um so weniger, als derfelbe den Justiz⸗Minister den neuen Justizgesetzen gegenüber in ine unverträgliche Lage bringe. Den Sprung, den der Abg. on Minnigerode in seiner Deduktion gemacht habe, könne er nicht begreifen. Derselbe finde eine Schädigung des Publikums darin, daß eine Gerichtsbehörde eine mehr gelesene onservative Zeitung einer weniger gelesenen fortschrittlichen egenüber zurücksetze, trotzdem stelle derselbe sich auf den Stand⸗ punkt des Ministers. Das sei ja wie Feuer und Wasser! Die Staatsregierung sollte den Erlaß einer Aenderung unter⸗ ziehen und er denke, die Majorität werde sich, wenn er einen ntrag stelle, auf seinen Standpunkt stellen.
Der Abg. Frhr. von Minnigerode bemerkte, ein Wider⸗ spruch liege in seiner Rede nicht; denn er wolle die Fort⸗ schrittspartei absolut ausschließen, dagegen sonst die Inserate dem gelesensten Blatte zugewendet wissen.
Der Abg. Bachem erklärte, er könne seinen in zweiter Lesung aufgestellten Satz, daß in vielen Fällen der Nicht⸗ bestätigung gewählter Kommunalbeamten keine anderen als kirchenpolitische Motive maßgebend gewesen seien, in dritter Lesung nicht zurücknehmen, besonders nicht angesichts des Sene Thoenessen. Das am 4. März 1879 ausgestellte Zeugniß des Bürgermeisters Scherer, bei dem Thoenessen ge⸗ arbeitet habe, sei um so unverdächtiger, als Scherer derjenige sei, der sich um das Zustandekommen des Vertrages zwischen Staat und Stadtgemeinde Kempen über das dortige, von einem altkatholischen Direktor geleitete Gymnasium besonders verdient gemacht habe. Das nämliche Zeugniß, wie am 4. März 1879, habe Bürgermeister Scherer dem Zserassen auch behufs seiner Bewerbung um den Bürgermeisterposten in Heinsberg ausgestellt. Der Landrath von Kempen aber habe sich dem Thoenessen gegenüber anders als der Regierung zu Aachen gegenüber geäußert und sich dadurch einer bedauer⸗ lichen Doppelzüngigkeit schuldig gemacht, die um so gravirender sei, als der Landrath den Thoenessen wiederholt zur Be⸗ treibung der Kandidatur aufgefordert und Bürgermeister Scherer hinterher versucht habe — wie sein (des Redners Ge⸗ währsmann) versichert habe —, das dem Thoenessen günstige Zeugniß aus der Welt zu schaffen.
Der Minister des Innern, Graf zu Eulenburg, er⸗
widerte, der Landrath von Kempen habe ausdrücklich hervor⸗ gehoben, daß gegen Thoenessen in kirchenpolitischer Beziehung nicht das Geringste zu erinnern sei. Der dem Landrath ge⸗ machte Vorwurf der Doppelzüngigkeit wäre nur dann gerecht⸗ fertigt, wenn dieser an zwei verschiedenen Stellen verschiedene Dinge behauptet hätte. Das sei aber nicht der Fall. Der Landrath habe der Regiernng zu Aachen berichtet, Thoeneffen sei ein solider Mann, zur qu. Stelle aber nicht geeignet, dem Thoenessen habe er (der Landrath) bezeugt, daß er ihn für einen anständigen brauchbaren Mann halte. Daß in diesen Attesten kein Widerspruch liege, habe der Abg. Bachem nicht aner⸗ kennen wollen und in Folgedessen den Vorwurf gegen den Landrath nicht zurückgenommen, ein Verfahren, dessen Beurtheilung er dem Hause überlasse. Die „Ermunterung“ des Thoenessen zur Betreibung der Kandidatur durch den Landrath bestehe nach des Letzteren ausdrücklicher Erklärung in Folgendem: Der Landrath habe den Thoenessen gekannt und zu ihm in gesellschaftlichen Beziehungen gestanden. Als Letzterer nun dem Landrath seine Hoffnungen oder Befürchtungen bezüglich der Kandidatur mitgetheilt habe, habe dieser erwidert: „er sehe es gern, wenn junge Leute ein gewisses Streben zeigten; es sei ja keine Schande, wenn sie durchfielen.“ Das von dem Abg. Bachem verlesene Zeugniß des Bürgermeisters Scherer sei übrigens gar nicht das zum Zwecke der Bewerbung aus⸗ gestellte, wie aus einem Schreiben des Bürgermeisters an den Landrath erhelle. Darin erklärte Ersterer, das vom Abg. Bachem verlesene Zeugniß dreiviertel Jahr vor der Bewerbung Thoenessens, noch während dessen Beschäftigung auf dem Bürgermeisteramt, ausgestellt zu haben, und zwar habe ihm (dem Bürgermeister) Thoenessen das Zeugniß fertig geschrieben vorgelegt und auf sein Bedenken, daß etwas weitgehend sei, erwidert, daß derartige Zeugnisse in der Regel so ausgestellt würden und derselbe sonst gegen Andere zurückstehen müßte. Darauf hin habe der Bürgermeister es unterschrieben, beklage aber seine Unvorsichtigkeit jetzt tief und bitte den Landrath und die vorgesetzten Behördeln um milde Beurtheilung. Das Haus könne daraus ersehen, welches Ge⸗ wicht auf dieses Zeugniß zu legen sei.
Der Abg. Bachem bemerkte, seine Aeußerungen hätten gefußt auf einem ohne Bedauern ausgestellten Zeugniß Scherers, er habe geglaubt, die Behörden stellten die Zeug⸗
iss nach Pflicht und Gewissen aus. Die Beurtheilung der geschraubten Erklärung des andraths überlasse er getrost der Beurtheilung des Hauses.
Die Diskussion wurde hierauf geschlossen; Tit. 1 und 2
des Kap. 83 wurden unverändert bewilligt.
Bei Tit. 3 beantragten die Abgg. Dr. Hammacher und Genossen:
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen, dem Antrage der Staatsregierung gemäß zu bewilligen: In Kapitel 83 der dauernden Ausgaben a. Titel 3: 1 Ministerialdirektor mit 15 000 ℳ, 12 vortragende Räthe mit 7500 bis 9900 ℳ, im Durch⸗ schnitt 8700 ℳ, 119 400 ℳ b. Titel 7: Zu Wohnungsgeld⸗ zuschüssen für die Beamten 64 080 ℳ Der Abg. Dr. Hammacher befürwortete seinen Antrag,
die von der Budgetkommission und in zweiter Lesung ge⸗ strichene Position von 15 000 ℳ für einen Ministerial⸗ Direktor im Ministerium des Innern in dritter Lesung wieder einzustellen, nachdem die Regierung die dringende Rothwengig⸗
sein, wenn es unterließ „ eine nicht etwa vorübergehende, ständig und unbedingt nöthige Arbeitskraft zu be⸗ willigen.
Der Abg. von Benda gab als Vorsitzender der Budget⸗ kommission die Erklärung ab, daß er sonst der Wiederherstel⸗ lung in der Kommission gestrichener Positionen grundsätzlich entgegen sei, in diesem Falle aber ausnahmsweise zustimme, nachdem er sich von der Größe und dem Umfange der durch die Verwaltungsreform entstandenen Arbcit überzeugt habe.
Der Abg. Fehh. von Minnigerode konstatirte, daß die Mitglieder der konservativen Partei bereits in der Kommission für die Bewilligung dieser Position eingetreten seien. Er bitte das Haus, den in zweiter Lesung begangenen Fehler wieder gut zu machen, und würde er sich freuen, wenn die Mehrheit des Hauses diesen Antrag jetzt annehmen würde.
Dieser Antrag wurde angenommen und der Titel bewilligt.
Bei Tit. 87 (Standesämter) kam der Abg. Dr. Köhler auf die vom Abg. Knörcke erwähnte Verfügung des Ober⸗Prä⸗ sidenten in Hannover an die Standesämter zurück und be⸗ zeichnete dieselbe als nicht mit den gesetzlichen Bestimmungen im Einklang stehend. Dem Gesetze zufolge dürften ferner blos solche Personen, welche aus eigener Wissenschaft die Namen kennten, die Eintragung der Namen in die Standesamts⸗ register vermitteln. Dazu gehörten aber die Geistlichen und Küster nicht.
Der Titel wurde bewilligt.
Bei Kap. 91 (Polizeiverwaltung in Berlin) bemerkte der Abg. Dr. Zimmermann, in Folge seiner an diese Position ge⸗ legentlich der zweiten Lesung geknüpften Erörterungen habe die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ einen Leitartikel gebracht, an dessen Schluß sie ihn auffordere, sein Unrecht einzugestehen. Diese Zeitung mache ihm zum Vorwurf, die Londoner Ein⸗ richtungen zu sehr gepriesen zu haben. Und doch sei auch Hr. von Madai in London und sehr gut aufgenom⸗ men worden; jedenfalls wollte derselbe sich dort in mancher Beziehung Belehrung holen. In London erscheine nun ein jährlicher Bericht der Polizeiverwaltung. Es wäre wohl erwünscht, daß in Berlin auch ein solcher Bericht erschiene, um mancherlei Vorwürfe zu widerlegen und Zweifel richtig zu stellen. Ihm mache aber auch die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ den Vorwurf, falsche Zahlen gebracht zu haben. Er könne aber nur sagen, daß diese Zeitung einen sehr unzuverlässigen Referenten haben müsse. (Der Redner wurde vom Präsidenten wiederholt zur Sache gerufen, mit dem Bedeuten, daß bei der Position Polizeiverwaltung von Berlin eine perfönliche Auseinandersetzung der Abgeordneten mit Berliner Zeitungen unzulässig sei). Redner fuhr fort: Als ein gutes Zeugniß für die Zustände Berlins und seine Schul⸗ verwaltung könne es gelten, daß auf Grund des Gesetzes vom 13. März 1878, betr. die Zwangserziehung verwahrloster Kinder bis zum Dezember v. J. nur 20 Kinder der Zwangs⸗ erziehung unterworfen worden seien. Die Einrichtung der Bezirkswachen sei verfehlt, weil sie verhindere, daß die Polizei⸗ beamten sich die erforderliche Personenkenntniß aneigneten.
Bei Tit. 5 (Polizeiverwaltung in Stettin) erwähnte der Abg. Schmidt (Stettin), daß die Stettiner Polizeidirektion einer Anzahl grade der gelesensten Blätter die amtlichen Publikationen entzogen habe, obgleich diese Blätter absolut nicht im Verdacht einer reichsfeindlichen oder sozialdemokra⸗ tischen Gesinnung ständen. Die Stadt müsse die Inserate bezahlen und der Magistrat und die Stadtverordneten hätten schon wiederholt um Remedur gebeten; er wolle dem Minister des Innern die Sache hiermit empfehlen.
Der Tit. 5 sowie die übrigen Titel wurden bewilligt.
Bei Kap. 94 Tit. 1 (Landgensd'armerie) bedauerte der
Abg. Frhr. von Hammerstein, daß die in der zweiten Lesung gegen die Gensdarmerie erhobenen Vorwürfe vom Regierungs⸗ tische aus auffallend schwach zurückgewiesen worden seien. Die Angriffe entbehrten fast durchgängig der thatsächlichen Be⸗ gründung. Es sei unrichtig, daß die Offiziere an die Gens⸗ d'armen zu strenge militärische Ansprüche machten und gewisser⸗ maßen Gamaschendienst übten; das sei einmal gar nicht er⸗ laubt und werde auch dadurch verhindert, daß die Offiziere auf den Inspektionsreisen den Gensdarmen in seiner Wohnung mög⸗ lichst unerwartet aufzusuchen hätten. Die militärische Organisa⸗ tion der Landgensd'armerie müsse aufrecht erhalten bleiben, denn dn würde man sehr bald zu den rothnasigen Erscheinungen er Stadtsoldaten gelangen. Unbegründet sei auch die Be⸗ hauptung, daß die Gensdarmen wegen kleiner Fehler oder zu starker Taille frühzeitig pensionirt würden. Er habe selbst engen gemacht und könne nachweisen, daß 850 Mann im Dienst seien, die mehr als einen Meter Taillenumfang hätten. Eine große Zahl werde erst zwischen dem vierzigsten und sechszigsten Lebensjahre pensionirt.
Hierauf wurde diese Position und der Rest des Etats des Ministeriums des Innern ohne weitere Diskussion nach den Beschlüssen der zweiten Lesung genehmigt.
Zur Geschäftsordnung bemerkte der Abg. Frhr. von Schorlemer⸗Alst, er habe den Schluß der Debatte über den Etat des Ministeriums des Innern abgewartet, um an dieser Stelle eine Erklärung abzugeben, die ihm hierher zu passen scheine. Um Mißdeutungen vorzubeugen, die aus dem Um⸗ stande entstehen könnten, daß der Abg. Dr. Brüel Hospitant der Centrumsfraktion sei, habe er Namens seiner Partei zu erklären, daß diejenigen Aeußerungen in der Rede des Abg. Brüel, welche vorzugsweise das Mißfallen des hohen Hauses erregt hätten, seiner Partei durchaus unerwartet und zum Bedauern des Centrums gefallen seien und selbstverständlich in ihrem Inhalte vom Centrum nicht getheilt würden.
Es folgte der Etat der landwirthschaftlichen Ver⸗ waltung. Bei Kap. 102, Tit. 4 (Pomologische Institute in Proskau und Geisenheim) suchte der Abg. Dr. Thilenius die Aus⸗ stellungen zu widerlegen, welche der Abg. Berger in zweiter Lesung betreffs der Verwaltung des pomologischen Instituts in Geisenheim gemacht habe.
Der Staats⸗Minister Dr. Lucius erwiderte, die Erörtce⸗ rungen über die Verhältnisse in Geisenheim, die bei der zwei⸗ ten Lesung in gewiß wohlwollender Weise gemacht worden seien, hätten „zu einer Zeitungspolemik und uner⸗ quicklichen Streitigkeiten Veranlassung gegeben. Die Kritik des Abg. Berger fei allerdings nur insofern berechtigt, als die Anstalt in Folge des häufigen Personalwechsels und anderer Umstände nicht die erwartete Entwickelung genommen habe. Er habe schon damals erklärt, daß er die Verhältnisse des Institutes näher untersuchen würde; er könne jetzt ver⸗ sichern, daß das bisherige Kuratorium keine Schuld treffe, es habe eher einen zu geringen Einfluß als einen zu großen aus⸗ geübt. Der Einfluß des Hrn. von Lade könnte übrigens nur
keit dieser Arbeitskraft überzeugend nachgewiesen habe. Die Finanzverhältnisse eines Landes müßten schon höh traurig
des Ministers noch des Abg. Thilenius hätten ihn überzeugen können, daß er bei der zweiten Lesung einen Irrthum oder eine Uebereilung begangen hätte. Seine Mittheilungen stammten aus sehr zuverlässiger Quelle. Es sei die allgemeine Ansicht, daß Fr. von Lade Schuld daran sei, daß das In⸗ stitut nach Geisenheim, einem ganz ungeeigneten Orte, und
dem Gutachten der Kommunalvertretung entgegen an die un⸗ Den häufigen Personal⸗ auch auf den Hrn. vo
zweckmäßigste Stelle gekommen sei. wechsel führe die öffentliche Meinung Lade zurück.
Titel 4—10 wurden bewilligt.
Bei Titel 11 fragte der Abg. Rickert an, ob die Re⸗
gulirung der Weichsel und Nogat durch ein neuerdings er⸗ Gutachten der technischen Ober⸗Baudirektion des andwirthschaftlichen Ministeriums, welches sich gegen das bis⸗ herige Projekt ausspreche, aufgehalten werden würde. In den betheiligten Gegenden herrsche große Beunruhigung, daß dieses Gutachten für die weiteren Entschließungen der Regierung maßgebend sein werde.
Der Staats⸗Minister Dr. Lucius erklärte, die Bedeutung des in Rede stehenden Projekts erfordere eine sehr gründliche Prüfung. Die Schwierigkeiten seien alle bis auf die eine be⸗ seitigt, ob es bei Durchführung des Projekts möglich sein würde, das Pillauer Tief zu erhalten. Er könne zur Zeit nur die thunlichste Beschleunigung der Sache bei Beobachtung der gebotenen Vorsicht versprechen. Seit Jahren seien die verschiedensten Projekte ventilirt worden. Die technischen Schwierigkeiten, die dem großen Werke gegenüberständen, seien jetzt zum Theil beseitigt. Der Plan liege zur Zeit der kom⸗ petenten Behörde zur Erstattung eines Gutachtens vor. Dieses Gutachten sei ihm noch nicht bekannt.
Hierauf wurden ohne weitere Diskussion die Etats der landwirthschaftlichen und Gestütsverwaltung genehmigt.
Es folgte der Etat des Ministeriums der geist⸗ lichen ꝛec. Angelegenheiten.
„Bei Kap. 122, Tit. 45 fragte der Abg. Dr. Reichensperger (Cöln), weshalb man von dem jährlichen Staatszuschuß für die Gesellschaft nützlicher Forschungen in Trier für dieses Jahr 150 ℳ abgesetzt habe.
Der Regierungs⸗Kommissar Geheime Ober⸗ Regierungs⸗ Rath Dr. Schöne erwiderte, daß die Absetzung nicht eine Ver⸗ minderung der Staatsdotation für die Sozietät bedeute, son⸗ dern einen Ausgleich für der Gesellschaft zugefallene Mehr⸗ einnahmen.
Der Abg. Rickert lenkte die Aufmerksamkeit des Hauses auf die Verordnung des Kultus⸗Ministers vom 21. Januar d. J,, betreffend die deutsche Orthographie auf den Schulen. Die bayerische Verordnung sei von der preußischen abweichend, eine einheitliche Regelung dieses Gebietes aber dringend wünschenswerth. Er richte deshalb an den Minister die Frage, ob derselbe zur Erreichung dieses Zieles Verhand⸗ langen amtt den übrigen deutschen Bundesregierungen ange⸗ nüpft habe.
Der Reg.⸗Kommissar Geheime Ober⸗Reg.⸗Rath Dr. Bonitz erklärte, diese Frage sei 1872 angeregt auf einer Delegirtenver⸗ sammlung deutscher Staaten in Dresden und habe zu einer Kon⸗ ferenz in Berlin, für welche Prof. von Raumer die Vorlage ausgearbeitet habe, geführt. Auf dieser Konferenz seien die Gegensätze der phonetischen und historischen Schreibweise so schroff an einander gerathen, daß eine konstante und impo⸗ nirende Majorität für eine einheitliche deutsche Rechtschreibung nicht zu Stande gekommen sei. Thatsächlich habe aber dennoch die Schreibweise der Raumerschen Vorlage die weiteste Ver⸗ breitung gefunden. Auf derselben basirten die bayerische und die preußische Verordnung, welche nur unwesentlich von ein⸗ ander abwichen. Die ganze Differenz beschränke sich auf etwa vier selten vorkommende deutsche und einige Fremd⸗ wörter, bei denen es zweifelhaft sei, ob deren Schreibung mit den deutschen Lautzeichen bereits durchgedrungen sei. So schreibe man in Bayern Defizit mit einem c, in Preußen mit z oder c. Der Professor Daniel Sanders in Mecklenburg polemisire zwar in der „Augsburger Allgemeinen Zeitung“ gegen diese Verordnungen, aber die zahlreichen orthographischen Bücher desselben seien von keiner höheren preußischen Schule mittelst ihres freien Vorschlagsrechts jemals zur Einführung empfohlen worden. Eine Verhandlung mit den anderen deutschen Bundesstaaten sei durch die bayerische Regierung ausgeschlossen, da von einer zweiten Konferenz keine besseren
Resultate zu erwarten seien, als von der ersten. Die einheit⸗ liche Schreibweise der beiden Verordnungen werde natur⸗ gemäß sich weiter ausdehnen. Längst schon folge die „Cöl⸗ nische Zeitung“ u. A. der neu angegebenen, übrigens von der herkömmlichen nur wenig abweichenden Orthographie. Ob auch in den anderen deutschen Staaten diese Regeln sich ein⸗ bürgern würden, könne man nicht prophezeien, doch sei große Wahrscheinlichkeit dafür vorhanden.
Der Abg. Dr. Virchow wünschte, daß man bald zu einer allgemeinen Rechtschreibung kommen möge. Indessen die neue Schreibweise der Endung „ieren“ sei ihm absolut unverständlich. Sehe man sich z. B. die neue Schreibung des Wortes „Alliierten“ an. Weshalb stehe da hinter dem zweiten vi noch ein ? Daß man bei Wörtern, die aus dem Französichen oder Ita⸗ lienischen, nicht direkt aus dem Lateinischen stammten, das „iren“ mit einem „e“ schreibe, könne er sich noch erklären; er billige es z. B., wenn man „studieren“ schreibe, könne aber die Schreibart „regieren“ nicht für richtig halten. Bei der neuen Orthographie bitte er Preußen mit solchen Belästigungen zu verschonen. 8
Bei der Position der „Kreisschulinspektoren“ tadelte es der Abg. Rickert, daß die etatsmäßigen Reisediäten dieser Be⸗ amten um 200 bis 300 ℳ jährlich gekürzt würden. Dadurch könnten dieselben ihrer Amtspflicht nicht vollständig genügen. Der Regierungskommissar Geheime Regierungs⸗Rath Raffel bemerkte dagegen, daß im Gegentheil namentlich in den östlichen Provinzen die etatsmäßigen Durchschnittssätze der Reisekostenvergütungen für die Kreisschulinspektoren um 24 000 ℳ überschritten seien und daß man eine weitere Er⸗ höhung derselben erwägen werde.
Diese Positionen, sowie der Rest des Etats der geist⸗ lichen ꝛc. Angelegenheiten wurde bewilligt, womit die dritte Berathung des Etats erledigt war.
Das durch Anleihe zu deckende Defizit erhöht sich durch die heutigen Beschlüsse von 37 500 000 ℳ auf 37 700 000 ℳ Der Etat pro 1880/81 wurde in Einnahme und Aus⸗ gabe auf 799 200 580,50 ℳ festgestellt. Die ordentlichen Aus⸗ gaben betragen 760 438 930,50 ℳ und die einmaligen und außerordentlichen 38 761 650 ℳ
Im Etatsgesetz wurde in zweiter Lesung folgender §. 2 a.
ein förderlicher gewesen sein. Der Ab
Berger führte aus, weder die Ausführungen
angenommen:
der Justiz⸗Minister Dr. Friedberg und mehrere Regierungs⸗
an die Kreiskommunalverbände (resp. Amtsverbände und selbst⸗
Die Königliche Staatsregierung ist ermächtigt, die Verwal⸗ tung der Berlin⸗Stettiner, Magdeburg⸗Halberstädter, Hannover⸗ Altenbekener, Cöln⸗Mindener, Rheinischen und Berlin⸗Pote dam⸗ Magdeburger Eisenbahnen auch im 4. Quartal des Etatsjahres 1880/81 nach Maßgabe der aufgestellten Spezialetats der betreffen⸗ den Bahnen pro 1880 zu verwalten. Hierzu hatte der Abg. Dr. Virchow folgenden Antrag
gestellt:
geste Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: Dem §. 22 folgenden Zusatz als besonderes Alinea hinzuzufügen: Diese Spezial⸗ Etats dienen auch der Ober⸗Rechnungskammer als Grundlage für die Prüfung der Rechnungen dieser Eisenbahnen für das Jahr vom 1. April 1880/81 und für die Aufstellung der an den Land⸗ tag zu erstattenden Bemerkungen. 1
Nachdem der Staats⸗Minister Maybach sich Namens der Staatsregierung mit diesem Antrage einverstanden erklärt hatte, wurde derselbe angenommen ; ebenso der ganze Etat nebst den beiden Gesetzen mit an Einstimmigkeit gren⸗ zender Majorität bewilligt. .
Hierauf vertagte sich das Haus um 3 ½ Uhr.
— In der heutigen (64.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Finanz⸗Minister Bitter, der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten von Puttkamer,
kommissarien beiwohnten, gelangte folgendes Schreiben des Ministers des Innern an den Präsidenten des Hauses, vom 17. Februar, zur Verlesung:
„Ew. Hochwohlgeboren beehre ich mich, den Antrag des Staats⸗Ministeriums an das Haus der Abgeordneten wegen Er⸗ theilung seiner Zustimmung zur Vertagung des Landtages, sowie die Allerhöchste Ermächtigung vom 17. d. Mts. in der Anlage ganz ergebenst zu übersenden.“ 8
Der in diesem Schreiben erwähnte Antrag des Staats⸗ Ministeriums lautet: 1
„Auf Grund Allerhöchster Ermächtigung vom 17. d. M. ergeht
hierdurch an das Haus der Abgeordneten der Antrag: Zur Vertagung ddes Landtages der Monarchie vom 20. d. M. an bis zum zweiten auf den Schluß oder die Pertngihg der gegenwärtigen Session des Reichstages folgenden Werktage, beziehungsweise, falls die Session des Reichs⸗ tages in der Woche vor Pfingsten geschlossen oder vertagt wer⸗ den sollte, bis zum 20. Mai d. J. seine Zustimmung zu er⸗
theilen.“ 6 Königliches Staats⸗Ministerium. Otto Graf zu Stol’berg, von Kameke, Hofmann, Graf zu Eulenburg. Maybach, Bitter, von Puttkamer, Lucius, Friedberg. Sodann gelangte die vom 17. d. Mts. datirte, vom Staats⸗Ministerium kontrasignirte Allerhöchste Ermächtigung zur Vorlegung dieses Antrages zur Verlesung. 1 Darauf wurden auf den Antrag des Abg. Stengel die Abgg. Klotz und Clauswitz durch Akklamation zu Mitgliedern der Staatsschuldenkommission gewählt. Beide nahmen die Wahl an, und der letztere wurde auf das neue Amt ver⸗ ichtet. pff In dritter Berathung wurde der Gesetzentwurf, enthaltend Bestimmungen über das Notariat, nach unerheblicher De⸗ batte, an welcher sich außer dem Regierungskommissar Ge⸗ heimen Ober⸗Justiz⸗Rath Kurlbaum II., die Abgg. Krah, Dr. Köhler (Göttingen) und Franke betheiligten, unverändert angenommen. Es folgte die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, be⸗ treffend die Verwendung der aus dem Ertrage von Reichssteuern an Preußen zu überweisenden G summen. b §. 1 lautet in der Fassung der Regierungsvorlage: §. 1. Die dem preußischen Staate aus dem Ertrage der Zölle und der Tabakssteuer (§. 8 des Reichsgesetzes vom 15. Juli 1879 — Reichsgeser blatt S. 207 —) jährlich zu überweisenden Geld⸗ summen werden — nach Abrechnung desjenigen Betrages, um welchen der je für dasselbe Jahre von Preußen geleistete Matrikular⸗
beitrag die in dem Staatshaushalte für 1879/80 vorgesehene Summe übersteigt — insoweit darüber nicht mit Zustimmung der
Landesvertretung behufs Bed ckung der Staatsausgaben oder behufs
Ueberweisung eines Theils des Ertrages der Grund⸗ und Gebäude⸗ steuer an die Kommunalverbände anderweit Verfügung getroffen ist, zum Erlaß eines entsprechenden Betrages an Klassen⸗ und Ein⸗ kommensteuer nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen ver⸗ wendet.
Die Kommission hatte dafür folgende Fassung vor⸗ geschlagen: 1
§. 1. Die dem preußischen Staat aus dem Ertrage der Zölle und der Tabaksstexer (§. 8 des Reichsgesetzes vom 15. Juli 1879 — Reichsgesetzblatt S. 207) oder in Folge weiterer Steuerreformen
es Reiches jährlich zu überweisenden Geldsummen — unter Zu⸗ rechnung resp. Abrechnung desjenigen Betrages, um welchen der je für dasselbe Jahr von Preußen zu leistende Matrikularbeitrag weniger oder mehr beträgt, als die im Staatshaushalts.Etat für 1879/80 vorgesehene Summe — werden nach Maßgabe der folgenden Be⸗ stimmungen zum Erlaß eines entsprechenden Betrags an Klassen⸗ und Einkommensteuer verwendet, insoweit darüber nicht mit Zu⸗ stimmung der Landesvertretung behufs Bedeckung der Staats⸗ ausgaben oder behufs der Ueberweisung eines Theils des Ertrags der Grund⸗ u. d Gebäudesteuer an die Kommunalverbände ander⸗ weit Verfügung getroffen ist. 8
Zu diesem Paragraphen lagen folgende Anträge vor: von den Abgg. Frhr. von Huene, Frhr. von Minnigerode und Gen.:
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: Den §. 1 in folgender Fassung anzunehmen: Von den dem preußischen Staat aus dem Ertrage der Zölle und der Tabakssteuer (§. 8 des Reichs⸗ gesetzes vom 15. Juli 1879 — Reichsgesetzblatt S. 207) oder in Folge weiterer Steuerreform des Reiches jährlich zu überweisenden
eldsummen — unter Zurechnung resp. „Abrechnung des⸗
jenigen Betrages, um welchen der je für dasselbe Jahr von Preußen zu leistende Matrikularbeitrag!’ weniger oder mehr beträgt, als die im Staatshaushalt für 1879/80 vorgesehene Summe — wird, — insoweit darüber nicht mit Zustimmung der Landesvertretung Behufs Bedeckung der Staats⸗ ausgaben anderweit Verfügung getroffen ist — a. die eine Hälfte
ständigen Städte der Provinz Hannover und Amtsverbände der Hohenzollernschen Lande) nach dem Verhältniß der in den betreffen⸗ den Verbänden wäaͤhrend des letzten Etatsjahres aufgekommenen Staatsgrund⸗ und Gebäudesteuer vertheilt, b. die andere Hälfte zum Erlasse eines entsprechenden Betrages von Klassen⸗ und Ein⸗ “ nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen ver⸗ wendet. Von den Abgg. Graf zu Limburg⸗Stirum, von Hülsen und Gen.: Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen, den §. 1 in folgender Fassung anzunehmen: von den dem preußischen Staate aus dem Ertrage der Zölle und der Tabakssteuer (§. 8 des Reichs⸗ hesebes vom 15. Juli 1879 — R. G. Bl. S. 207) des Reichs jähr⸗ ich zu überweisenden Geldsummen wird, nach Abrech⸗ nung desjenigen Betrages, um welchen der je für dasselbe Jahr von Preußen geleistete Matrikularbeitrag die in dem Staatshaushalts⸗Etat für 1879/80 vorgesehene Summe übersteigt — insoweit darüber nicht mit Zustimmung der
kommunalverbände (resp. Amtsverbände der Provinz Hannover) nach dem Verhältniß der in den betreffenden Verbänden während des letzien Etatsjahres aufgekommenen Staatsgrund⸗ und Gebäude⸗ steuer vertheilt, b. die andere Hälfte zum Erlasse eines entsprechen⸗ den Betrages an Klassen⸗ und Einkommensteuer nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verwendet.
Der Referent Abg. Stengel trat für die Kommissions⸗ beschlüsse, der Abg. von 8 für den Antrag von Huene ein. Der Abg. Rickert glaubte, daß der Antrag des Abg. Frhrn. von Huene wohl nur die Bedeutung habe, die prinzipielle Stellung der konservativen Partei zum Ausdruck zu bringen; auf Annahme desselben scheine die rechte Seite des Hauses nicht zu rechnen, sonst müßte sie selbst den Antrag stellen, ihn der Kommission zur Berathung zu überweisen. Die konservative Partei habe überhaupt keine Eile, den Gesetz⸗ entwurf zur Annahme zu bringen, da die namentlich bei den Wahlen gemachten Versprechungen auf Erlaß eines Theiles der direkten Steuern sich als unerfüllbar erwiesen hätten. Die Mehreinnahmen des Reichs würden, wie die liberalen Parteien vorausgesagt hätten durch Mehrausgaben aufgebraucht werden. Die Geschäftslage der beiden Häuser des Landtages lese das Zustandekommen des Gesetzes für diese Session als sehr unwahrscheinlich erscheinen. Der
g. Frhr. von Huene erklärte, daß sein Antrag in Rücksicht auf die bevorstehende Nachsession der Budgetkommis⸗ sion überwiesen werden könnte, vorausgesetzt, daß die Staats⸗ regierung in ihrer wohl zu erwartenden Erklärung sich nicht abweisend gegen denselben verhalte. Der Abg. Graf Behr sprach die Ansicht aus, daß für die nächste Zeit Ueberschüsse aus den Reichseinnahmen nicht vorhanden sein würden; ein weiteres Eingehen auf das Gesetz sei also nicht nöthig, es empfehle sich die Annahme der Kommissionsvorschläge. Beim Schlusse des Blattes hatte der Finanz⸗Minister Bitter das Wort.
— Der Minister des Innern hat die Bezirksregierungen u. s. w. durch Cirkular⸗Erlaß vom 18. v. M. in Ergänzung seines Erlasses vom 27. August v. J. davon benachrichtigt, daß diesseitige Behörden fortan auch ihrerseits den von nie⸗ derländischer Seite an sie gelangenden Anträgen auf Auslieferung von flüchtigen Verbrechern oder auf vorläufige Festnahme zum Zwecke der Auslieferung keine Folge zu geben, vielmehr die bezügliche Anweisung Seitens des Ministers, resp. in besonders dringlichen Fällen von Söten des Auswärtigen Amtes abzuwarten oder einzuholen aben.
Bezüglich der von diesseitigen Behörden zu stellenden An⸗ träge auf Herbeiführung der Festnahme und Auslieferung von Verbrechern, welche nach den Niederlanden geflüchtet sind, be⸗ merkt der Minister zur ferneren Nachachtung, daß diesseitige Behörden sich nur dann unmittelbar an die Kaiserliche Ge⸗ sanbischaft im Haag zu wenden befugt sein sollen, wenn es ich in besonders dringenden Fällen um unverweilte vorläufige Festnahme flüchtiger Verbrecher handele, daß sie in allen an⸗ deren Fällen aber — also namentlich stets, soweit die Aus⸗ lieferung selbst in Frage komme — die Vermittelung des Auswärtigen Amts in Anspruch zu nehmen haben.
— In Bezug auf die in Berlin bestehende Verpflich⸗ tung der Eigenthümer der an eine neue Straße oder neuen Straßentheil angrenzenden Häuser zur Legung des ersten Straßenpflasters, resp. zur Erstattung der da⸗ durch verursachten Kosten hat das Reichsgericht, II. Hülfs⸗ senat, durch zwei Entscheidungen vom 4. Dezember 1879 aus⸗ gesprochen, daß die Adjazenten nicht nur die Befestigungs⸗ und Pflasterungskosten, sondern auch die Kosten für die M. stellung des gehörigen Niveaus auf der neuen Straßenan age zu den angrenzenden Straßen zu tragen haben.
— Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich sächfische Geheime Finanz⸗Rath Zenker ist in Berlin ange⸗ ommen.
Stralsund, 12. Februar. In der heutigen Sitzung des ordentlichen Neu⸗Vorpommerschen Kommunal⸗ Landtags wurde zunächst der s. g. „Kinderstube“ in Greifs⸗ wald eine Unterstützung bewilligt und dann in die Tages⸗ ordnung eingetreten. Auf derselben stand die Fortsetzung der Spezialberathung des Gesetzentwurfs wegen Aufhebung der Kommunalverbände in der Provinz Pommern. Dieselbe be⸗ Hann mit der Diskussion über §. 4 desselben, welcher bestimmt, aß die diesseitige „Provinzialhülfskasse“ und der An⸗ theil der Kreise Dramburg und Schivelbein an der Provinzialhülfskasse der Neumark mit der Provinzial⸗ Hülfskasse von Altpommern vereinigt, daß die Verwaltung der vereinigten Fonds bis zum Erlaß eines neuen Statuts nach Maßaabe der für die Provinzialhülfskasse von Alt⸗ pommern geltenden Normen geführt und die Zinsgewinne im Interesse des Provinzialverbandes der Provinz Pommern ver⸗ wendet werden sollen.
Der Referent beantragte die unveränderte Annahme der Vorlage; vom Korreferenten dagegen wurde ein Zusatz dahin gewünscht, daß die bei Auflösung der diesseitigen Kasse etwa vorhandenen Bestände nur für gemeinnützige Zwecke inner⸗ halb unseres Landestheils sollten verwendet werden dürfen
Bei Berathung des §. 5, die Verwaltung der Neuvor⸗ pommerschen Feuerversicherungs⸗Societät für Gebäude be⸗ treffend, wobei nach der Vorlage an Stelle des ständischen engeren Ausschusses der Provinzialausschuß und an Stelle des Kommunal⸗Landtages der Provinzial Landtag treten soll, trat die Meinung zu Tage, daß es entschieden zweckmäßiger sei, an Stelle des eeenetal gnsfcht eine aus 5 Mitgliedern bestehende ständige Kommission, die vom Provinzialausschuß aus Provinzial⸗Landtagsabgeordneten des hiesigen Regierungs⸗ bezirks zu wählen sei, treten zu lassen und Bestimmung dahin zu treffen, daß im Falle einer Auflösung der Societät der dann vorhandene Reservefonds den fünf Kreisen des Regierungs⸗ bezirks nach Verhältniß der Höhe der Versicherungssummen überwiesen würde.
Der §. 6 der Vorlage, welcher von der Neuvorpommer⸗ schen „Königs⸗Wilhelm⸗Stiftung“ handelt, — wobei indeß der Neuvorpommerschen „Wilhelm⸗Stiftung“ gar nicht gedacht worden ist — erhielt die nach Lage der Sache gebotene ent⸗ sprechende Redaktion. 1
Ein Zusatzparagraph in Betreff des Verhältnisses der kommunalständischen Beamten fand genügende Unterstützung, und der Schlußparagraph, welcher den Ausführungstermin bestimmt, wurde entsprechend abgefaßt und genehmigt.
Hiermit war die erste Lesung des Gesetzentwurfs nach 2 Uhr Nachmittags beendigt. Es wurde beliebt, um 5 ½ Uhr Abends die Sitzung fortzusetzen und in derselben die end⸗
Bei der in dieser Nachsitzung beendigten zweiten Durchberathung des ganzen Gesetzentwurfs, wie er nach den zum Beschluß erhobenen Vorschlägen in der ersten Lesung auf⸗ gerichtet worden ist, wurde der §. 1 unverändert, §. 2 aber mit einigen Abänderungen, jedoch mit Aufrechthaltung der Fundamentalbestimmung: „daß die Kommunal⸗Chausseen zur Verwaltung und Unterhaltung auf den Provinzialverband übergehen“, angenommen. D.r §. 3 wurde mit dem Zusatze: „daß die Verwaltung des hiesigen Landes⸗Schulwesens durch eine Kasse in Stralsund stattfinden solle“, die §§6. 4 und 5 dagegen unverändert beibehalten. Als §. 6 wurde ein neuer Paragraph eingeschoben, der die, Angesichts des letzten Ab⸗ satzes des §. 1 von mehreren Seiten jedoch für überflüssig er⸗ achtete, ausdrückliche Bestimmung enthält: daß der Provinzialverband die Besoldung und Pensionirung sämmtlicher, beim Neu⸗Vorpommerschen Kommunal⸗ verbande fest angestellten Beamten und die Fortzahlung des Gehalts der von denselben außer Dienst tretenden, zu über⸗ nehmen habe. Der §. 7 (nach der Vorlage §. 6) wurde wiederum in der Fassung der ersten Berathung angenommen, im Schlußparagraph 8 (§. 7 der Vorlage) aber der Aus⸗ führungstermin auf den 1. April 1881 statt 1880 fixirt und eine Zusatzbestimmung dahin beliebt, daß alle mit dem Gesetze in Widerspruch stehenden oder mit demselben nicht zu ver⸗ einigenden gesetzlichen Bestimmungen mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes außer Wirksamkeit gesetzt seien. Mit Ausarbeitung, beziehungsweise endgültiger Feststellung des die gefaßten Beschlüsse des Landtags nach Maßgabe der bei den Debatten hervorgetretenen herrschenden Ansichten mo⸗ tivirenden Begleitberichts an den Ober Präsidenten von Pom⸗ mern wurde der engere ständische Ausschuß, mit der Ermäch⸗ tigung zur entsprechenden Cooptation, beauftragt.
— 13. Februar. In der heutigen Sitzung wurde ein Antrag: „den engeren ständischen Ausschuß ausdrücklich zu er⸗ mächtigen, resp. zu beauftragen, eintretenden Falles alle geeigneten Schritte zu thun, um die vom Landtage bezüglich des Ueberganges der Verwaltung des diesseitigen Kom⸗ munalverbandes auf den Provinzialverband bei Berathung und Begutachtung des betreffenden Gesetzes gefaßten Beschlüsse zu verwirklichen“, angenommen; es wurde ferner beschlossen, bei Gelegenheit der von dem Ober⸗Präsidenten erforderten motivirten Aeußerung über den Gesetzentwurf wegen Auf⸗ hebung der pommerschen Kommunalverbände und seine Mo⸗ tive, den Ober⸗Präsidenten zu bitten, aus den dafür des Näheren anzuführenden Gründen dahin wirken zu wollen, daß demnächst auch der diesseitige Landestheil an den Benefizien des „Meliorations⸗Fonds“ für die Regie⸗ rungsbezirke Stettin und Cöslin partizipiren möge, und endlich wurde noch über die Behandlung einiger wichtigen Punkte bei Abfassung des an den Ober⸗Präsidenten zu richtenden Berichts wegen des mehrgedachten Gesetzentwurfs nach eingehender Diskussion Feststellung getroffen.
Um 2 ½ Uhr schloß der Fürst und Herr zu Putbus die hiermit beendigte diesjährige Session des Neuvorpommerschen Kommunal⸗Landtages.
Bayern. München, 14. Februar. (Allg. Ztg.) Se. Majestät der König hat zur Linderung des in einigen unter⸗ fränkischen Bezirken herrschenden Nothstandes den Betrag von 3000 ℳ angewiesen. — Das Gesetz, betreffend die Be⸗ handlung der Gesetzentwürfe über die direkten Steuern, d. d. München, den 12. d. M., wird in dem heut erschienenen „Gesetz⸗ und Verordnungsblatt“ Nr. 9 publizirt. — Im Finanzausschusse der Kammer der Reichsräthe ist das Referat über den Gesetzentwurf, betreffend den Brannt⸗ weinaufschlag, dem Reichsrath Grafen von Seinsheim über⸗ tragen worden. Derselbe wird seinen Bericht so vorbereiten, daß der Gesetzentwurfunmittelbar, nachdem er in der Abgeordnetenkammer zur Erledigung gelangt ist, im Ausschusse der Kammer der Reichs⸗ räthe und dann in dieser selbst zur Berathung gelangen kann. Der Gesetzentwurf soll bis zum Eintritt der Vertagung des Landtags von beiden Kammern noch erledigt werden. — Der Finanzausschuß der Kammer der Abgeordneten versammelte sich heute Abend zur Berathung des zweiten vom Kriegs⸗Minister vorgelegten Gesetzentwurfs, der einen Vor⸗ schußkredit für außerordentliche Bedürfnisse des Heeres betrifft. Die Staatsregierung war in der Sitzung durch den Finanz⸗Minister, den Kriegs⸗Minister und vier Referenten des Kriegs⸗Ministeriums vertreten.
— 16. Februar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Abgeordnetenkammer erklarte bei Berathung der Branntweinsteuervorlage der Finanz⸗Minister: Der Gesetzentwurf habe lediglich den Zweck, die inneren finan⸗ iellen und wirthschaftlichen Verhältnisse zu verbessern. Der
inister widerlegte sodann die Behauptung, daß die kleineren Brennereien nicht mehr fortbestehen könnten; wäre dies der Fall, so würde er den Gesetzentwurf nicht vorgelegt haben.
ie Abfindungsfrage sei, weil sie neu sei, noch nicht richtig verstanden worden; die Interessen der Kleinbrenner würden durch dieselbe möglichst verücksichtigt. Wenn eine andere geeignete Steuer dagewesen wäre, so hätte die Regierung dieselbe vor⸗ geschlagen. Auf den Vorschlag, das Defizit durch eine An⸗ leihe zu decken, könne er nicht eingehen, weil dadurch eine dauernde Last geschaffen würde, welche wiederum einen Theil der Steuereinnahmen beanspruchen würde. Er bitte das Gesetz anzunehmen. Der Ministerialkommissar rechtfertigte im Auftrage des Ministers des Innern den Gesetzentwurf. Die Sitzung wurde sodann bis zum Abend vertagt. — In Ab⸗ geordnetenkreisen verlautet, daß der Kriegs⸗Minister, General von Maillinger, gestern sein Entlassungsgesuch eingereicht habe und nicht geneigt sei, dasselbe zurückzunehmen.
— 17. Februar. (W. T. B.) Die Abgeordneten⸗ kammer hat heute die ranntweinsteuer⸗Vorlage im Wesentlichen in der Regierungsfassung bei namentlicher Ab⸗ stimmung mit 121 gegen 20 Stimmen angenommen.
Sachsen. Dresden, 16. Februar. (Dr. J.) Die Erste Kammer berieth heute an erster Stelle über die Pe⸗ titionen der Mittelstädte um Zulassung ihrer Ausscheidung aus den Bezirksverbänden. Die Majorität der 1. Deputation beantragte, diese Petitionen auf sich beruhen zu lassen, wo⸗ gegen Ober⸗Bürgermeister Dr. André den Beitritt zu dem Beschlusse der Zweiten Kammer, die Petitionen der Staats⸗ regierung zur Kenntnißnahme zu überweisen, befürwortete. Nach längerer Diskussion, in welcher die Herren Seiler, Bürgermeister Clauß, Bürgermeister Löhr, Oberschenk von Metzsch, Graf Rex, von Schönberg (Mockritz) und Graf von Könneritz, in der Hauptsache wegen der Verschiedenheit der Inter⸗ essen der Mittelstädte und des platten Landes, für das Minoritäts⸗
Landesvertretung Behufs Bedeckung der Staatsausgaben ander⸗ weitig Verfügung getroffen ist — a. die eine Hälfte an die Kreis⸗
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güͤltige Feststellung der Beschluͤsse in zweiter Lesung sowie die egutachtung der Motive vorzunehmen.
vutum, Bürgermeister Heinrich und Präsident von Criegern wegen der kurzen Zeit der Geltung des Gesetzes für das