1880 / 50 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 27 Feb 1880 18:00:01 GMT) scan diff

mandeur der 5. Inf.⸗Di von Knobelsdorff, 1866 Führer eines selbständigen Detachements Waffen.

Die gerichtliche Polizei. Instruktions⸗ und For⸗

mularbuch für Bürgermeister, Amtsvorsteher. Distriktskommissare, Gutspolizeiverwalter, Gemeindevorsteher und andere Polizeibeamte jeder Art bei Bearbeitung von Straffachen nach der. Strafprozeß⸗ ordnung vom 1. Februar 1877, auch gemeinverständlicher Leitfaden für Alle, die mit der Polizei in Strafsachen zu thun haben. Vom Staatsanwalt P. Chuchul. Verlag von Georg H. Wigand in Cassel. Preis 1 20 ₰. Wie der Verfasser in der Einleitung er es sich zur Aufgabe durch Zusammenstellung und Erörterung der einschlägigen Gesetze und Verordnungen, und zwar ohne wissenschaftliches Beiwerk, verständlich für Jeden und brauchbar in der alltäglichen Praxis dem Uebelstand zu begegnen, daß viele Polizeibeamte, namentlich solche, die das Amt neben an⸗ deren Lauptbeschäftigungen oder als unbesoldetes Ehrenamt ver⸗ walten, nicht immer die Fachvorbildung und Gesetzeskenntniß haben und haben können, „welche allein die scharfe Grenze zwischen schnei⸗ diger Polizei und Verletzung der Freiheitsrechte des Staatsbürgers in jedem Fall und Augenblick finden läßt.“ Aus dieser Anführung läßt sich ersehen, welche Gesichtspunkte den Verfasser bei seiner Ar⸗ beit geleitet haben, die in Bezug auf Uebersichtlichkeit, Klarheit und Gemeinverständlichkeit nichtz zu wünschen läßt. Eine zweckmäßige Beigabe sind die vom Verfasser vorgeschlagenen Formulare zur Er⸗ leichterung und Sicherung des Geschäftsgangs, welche die Verlags⸗ handlung zu einem mäßigen Preise zu liefern übernommen hat. Das Buch, welches sich auf die gerichtliche Polizei beschränkt, zerfällt in 5 Abschnitte.

Von dem Werke „Sagen, Märchen und Gebräuche aus Mecklenburg, gesammelt und herausgegeben von Karl Bartsch“ ist kürzlich der zweite Band „Gebräuche und Aberglaube“ enthaltend, erschienen (Wien, Braumüller, 1880). In einem Nach⸗ trage sind auch noch eini e Sagen und Märchen mitgetheilt. Die Benutzung des ziemlich öö Werks wird durch ein genaues Register für beide Bände wesentlich erleichtert.

Unter dem Titel „Völkerpsychologie“ hat die Buch⸗ handlung von Otto Harrassowitz in Leipzig den Bücher⸗Katalog Nr. 60 oder ein Verzeichniß von 1071 Schriften, die in ihrem antiquarischen Bücherlager vorräthig sind, veröffentlicht. Dieselben vertheilen sich auf folgende Rubriken: Vermischte kultur⸗ geschichtliche Schriften, Urgeschichte der Menschheit, Anthropologie, Psychologie, Ethnographie, nebst Alterthümern der vorhistorischen Zeit und des Mittelalters; vergleichende Mythologie und Religions⸗ alterthümer; Aberglaube, Geister⸗, Dämonen⸗ und Hevxenwesen, Magie ꝛc.; Sagenkunde (die großen Sagenkreise des Mittelalters) und Verwandtes; das Märchen und das Volksbuch (Thierfabel, Faust, Mysterienspiele ꝛc.); das Volkslied; das Sprichwort und das Räthsell; Volksbräuche im öffentlichen Leben (Volksrecht, Rechtsalterthümer, Städtewesen, Staatzwesen, Handel, soziale Frage ꝛc.); Volksbräuche im Privatleben (Mode und Sitte, Feste, Handwerk, Erziehung, Frauen⸗ und Klosterleben des Mittelalters, Schachspiel); zur Geschichte der Volksmedi⸗ zin, Quacksalberei ꝛc., Kuriosa, satyrische Lite ratur, geheime Gesellschaften, Freimaurer. Von den vielen im vorstehenden Kataloge aufgeführten interessanten und zum Theil seltenen Schriften, die in deutscher, lateinischer, englischer, französischer, italienischer, holländischer, däni⸗ scher, schwedischer, russischer, serbischer und neugriechischer Sprache abgefaßt sind, und sich auf die verschiedenen Völkerschaften Europas und Asiens beziehen und theils der neueren Zeit, theils dem 16., 17. und 18. Jahrhundert angehören, mögen wenigstens 2 erwähnt werden. Die älteste plattdeutsche Sprichwörtersammlung im west⸗ fälischen Dialekt vom Jahre 1514 (Ant. Tunnicii Monoster., In ger- manorum paroemias studiose juventuti perntiles Monasticha, cum german. interpretatione), von größter Seltenheit, und Taylors Catalogue raisonné of oriental Mss. in the library of the college. 3 vol. Madras. 1857 62 (Katalog von Manufkripten in Sanskrit, Persisch u. s. w. mit ausführlichen Einleitungen und Notizen über Legenden, Sitten u. s. w.).

Gewerbe und Handel. 8

Wie aus Warschau gemeldet wird, ist die Rinderpest“* auf dem Vorwerke Sluzewo, Kreis Warschau, in dem Dorfe Wicie⸗ ew und auf dem Vorwerke Bartschonka, Kreis Nowom insk, sowie in dem Dorfe Lipiny, Kreis Radimin, erloschen.

Dagegen ist die Seuche in den Dörfern Raschin und Zaluski, Kreis Warschau, ausgebrochen.

Der Geschäftsbericht der Berliner Handels⸗Gesell⸗ schaft pro 1879 hebt im Eingang hervor, daß es der Verwaltung gelungen ist, einen großen Theil des Besitzes der Gesellschaft an Industriepapieren mit Nutzen zu verkaufen. Die Gesellschaft hat

Fdhren Besitz an Stamm⸗Prioritäts⸗Aktien der Oels⸗Gnesener Bahn an ein Konsortium begeben, dem sie selbst beigetreten ist. Der Saldo es Konsortial⸗Kontos beträgt 4 728 138 gegen 3 524 987 im Vorjahre. Das Effecten⸗Konto zeigt Ende Dezember 1879 einen Saldo von 4 966 186 ℳ. gegen 7 192 742 im Vorjahre. Die Be⸗ stände setzen sich zusammen aus: deutschen Fonds, ausländischen Fonds, Pfandbriefen und Eisenbahn⸗Prioritäten mit 589 346 ℳ, Bank⸗ und Versicherungs⸗Aktien mit 305 045 ℳ, Eisenbahn⸗Stamm⸗ aktien und Stamm⸗Prioritäten mit 957 490 ℳ, Industriepapieren mit 1 977 135 ℳ, Aktien in Liquidation befindlicher Gesellschaften 8 Auf dem Konto zweifelhafter Forderungen sind eingegangen 9226 ℳ, während in Ausgabe zu stellen waren 10 628 Die Gesammtumsätze von einer Seite des Hauptbuchs (excl. Saldi) beziffern sich auf 682 427 395 in 1879 gegen 686 767 500 in 1878. Die Gewinne und Verluste ergeben folgende Einnahmen und Ausgaben: Gewinne: Wechsel⸗Konto 248 592 ℳ, Effekten⸗Konto 1 214 749 ℳ, Konsortial⸗Konto 285 936 ℳ, Zinsen⸗Konto 84 051 ℳ, Provisions⸗Konto 336 960 ℳ, auf abgeschriebene Forderun⸗ gen eingegangen 9226 ℳ, Agio⸗Konto 13 538 ℳ, Haus⸗Konto 3731 ℳ, in Summa 2 596 786 ℳ; Verluste: Verwaltungskosten 267 627 ℳ, Courtage⸗Konto 10 000 ℳ, Neudruck der Antheilscheine 16 400 ℳ, vertragsmäßige Tantièdme und Gratifikationen der Beam⸗ ten 37 500 ℳ, reservirt für zweifelhafte Forderungen 10 628 ℳ, im Ganzen 342 155 ℳ. Der Nettogewinn beträgt demnach 2 254 630 und wird nach den Bestimmungen des Statuts vertheilt wie folgt: ½ % Tantième der Geschäftsinhaber mit 169 097 ℳ, 2 ½ % Tantième des Verwaltungsraths mit 56 366 ℳ, zum Reservefonds 500 000 ℳ, 5 % Dividende auf 30 000 000 Antheile der stillen Gesellschafter 1 500 000 ℳ, Vortrag auf neue Rechnung 29 167 Lgondon, 26. (W. T. B.) Die gestrige Woll⸗

auktion war sehr fest.

Eisen⸗Zeitung, Fachblatt für Eisen⸗, Stahl⸗, Metall⸗, Kurzwaaren“⸗, Maschinen⸗ und Werkzeug⸗ Handel und Industrie, sowie für alle verwandte und Hülfs⸗

eschäfte (Redaktion und Selbstverlag von Wilhelm Kirchner, bicber Ingenieur im kaiserlichen Patentamt, Berlin, Johannis⸗ straße 12) erscheint vom 1. Februar ab in den Monaten Februar und März in 14 tägigen Zwischenräumen, vom 2. Quartal ab wöchent⸗ lich. Das Abonnement beträgt in Deutschland pro Februar und März 1 ℳ, für die folgenden Quartale je 2,50 ℳ, bis zum Jah⸗ resschlusse 8,50 ℳ, für das Ausland 10 Nach dem Vorwort der kürzlich erschienenen ersten Nummer soll ie „Eisen⸗Zeitung“ ein Fachorgan zur Vermittelung von Produktion und Handel sein. Das Gebiet, welches dieselbe behandelt, ist durch den Titel bereits ausgesprochen. Kurz, treu und übersichtlich sollen alle Interesse bietenden Nachrichten des In⸗ und Auslandes zusam⸗ mengestellt werden. Eine sachliche Darstellung soll die schwindelhafte Spekulation nach Kräften verhindern, einer gesunden Spekulation aber das Rüstzeug in die Hand geben. Das Blatt ist bestimmt, dem Händler bei neuen Artikeln das kechnisch Wesentliche kurz darzulegen, dem Fabrikanten aber die Mittel und Wege zu bieten, seine Waaren durch sachliche Beschreibungen der Handelswelt bekannt zu machen

mungen, Verfüg „Erlasse u. s. w., sowie Submissionen des Eisen⸗ fachs und Geschäftsnotizen (Eintragungen und Erlöschungen von Firmen u. s. w.) sollen zur Kenntniß der Leser gelangen. „Von den in Deutschland angemeldeten und ertheilten inter⸗ essanten Patenten will die „Eisen⸗Zeitung“ stets frühzeitig Listen, sowie kurze und nöthigenfalls illustrirte Beschreibungen bringen. Hierdurch soll für den Handel mit patentirten oder zur Patentirung angemeldeten S. eine gewisse Garantie geschaffen werden. Da bei vielen Artikeln, Geräthen und Maschinen in den meisten Fällen nicht die ganze Konstruktion, sondern nur ein, und zwar in vielen Fällen ein untergeordneter Theil den Patentschutz genießt, so ist hierüber genau orientirt zu sein, für die wettbewerbende Fabri⸗ kation durchaus wichtig, und es soll auf diesen Puntt ein Haupt⸗ augenmerk gerichtet werden. 8

Verkehrs⸗Anstalten.

Luzern, 25. Februar. (Bund.) Der Bobrrest im Gott⸗ hardtunnel beträgt augenblicklich noch 35 Meter. Der Durch⸗ schlag ist in der Nacht vom 29. Februar auf 1. März zu gewärtigen. Das Fest zur Feier des Durchschlags wird am Mittwoch, den 3. März, in Airolo stattfinden.

New⸗York, 26. Februar. (W. T. B.) Der Hamburger Postdampfer „Lessing“, sowie der Dampfer „Erin“ und „Helvetia“ von der National⸗Dampfschiffs⸗Compagnie (C., Messingsche Linie) sind hier eingetroffen.

Berlin, 27. Februar 1880.

In Anwesenheit der Hohen Protcktorin, Ihrer Königlichen Hoheit der Frau Prinzessin Friedrich Carl, hielt der Preußische Frauen⸗ und Jungfraucnverein heute Mit⸗ tag im großen Saale des Justiz⸗Ministeriums seine diesjährige Generalversammlung ab. Der Major Dunker verlas den sechszehnten Jahresbericht, der wieder ein erfreuliches Wirken konstatiren konnte, wenn auch die Einnahmen, namentlich aus dem Bazar, sich verringert haben. Die Zahl der Mitglieder beläuft sich zur Zeit auf 409. An der wie alljährlich so auch diesmal veranstalteten Invaliden⸗ speisung haben 120 Veteranen und Invaliden theilgenommen. Die Gesammteinnahmen beliefen sich auf 15 875 ℳ, darunter fort⸗ dauernde Beiträge 2496 ℳ, einmalige Beiträge 904 ℳ, Einnahmen aus dem Bazar 4554 Die Ausgaben erreichten eine Höhe von 9547 Fortdauernde Unterstützungen wurden gewährt in Höhe von 1086, einmalige in Höhe von 8150 Das Vermögen hat sich 30 088 auf 30 358 gehoben.

Dem uns zugesandten neunundvierzigsten Jahresbericht über die Hufelandschen Stiftungen für nothleidende Aerzte und Arztwittwen, sowie über die bei denselben mitverwaltete Dr. Ignatz Braunsche Stiftung entnehmen wir folgende Daten: Im Jahre 1879 sind für die ärztliche Unterstützungs⸗ anstalt der Hufelandschen Stiftung von 2183 Mitgliedern 7910 55 Beiträge eingegangen; das Kapitalvermögen dieser Kasse be⸗ trug Ende 1879 255 300 in Hvpotheken, 5600 Werthpapiere und 6044 84 in Baar. Unterstützt wurden 48 nothleidende Aerzte mit 10 675 Die Verwaltungskosten, als Bureaukosten, Kosten der Beitragseinsammlung, Drucksachen, Porto ꝛc. betrugen 1645 10 ₰. Für die Wittwen⸗Unterstützungsanstalt der Hufelandschen Stiftung sind im Jahre 1879 von 1923 Mit⸗ gliedern 6543 10 gezahlt. Der Kapitalbestand dieser Kasse betrug Ende 1879 93 000 in Hypotheken und 9500 in Werth⸗ papieren; Pensionen und Unterstützungen wurden an 221 Arztwittwen mit 18 497 50 gezahlt.

Von der Dr. Ignatz Braunschen Stiftung wurden im

Jahre 1879 2 Aerzte mit 600 unterstützt; ult. Dezember 1879 betrug das Kapitalvermögen dieser Stiftung 9900 in Hypotheken und 250 8 in Baar. b . Am Schlusse dieses Jahresberichts dankt das Direktorium der Hufelandschen Stiftungen (Frerichs, Housselle, Kersandt, Quincke, Wilms) Allen, welche zur Erreichung des Zweckes der Stiftungen im abgelaufenen Jahre beigetragen haben, und richtet im Hinblick auf die sich mehrenden Unterstützungsgesuche insbesondere von Arztwittwen an die Aerzte die Bitte, den Stiftungen auch fernerhin ihre Theil⸗ nahme zu bewahren und dazu anzuregen.

Der vom Stadtverordneten Kochhann zu dem Spezial⸗Etat 8 einge⸗ brachte Antrag auf Konvertirung der 4 ½ prozentigen Anleihen der Stadt in 4 prozentige ist von den Stadtverordneten in ihrer gestrigen Versammlung abgelehnt worden.

In der Nationalgalerie ist seit Kurzem die neunte jener Ausstellungen eröffnet, durch welche sich Hr. Direktor Jordan die Förderung des Interesses an der neueren deutschen Kunst und die Kenntniß des Lebens⸗ und Entwickelungsganges ihrer Hauptvertreter in einer Weise angelegen sein läßt, die nur in einem recht zahl⸗ reichen Besuch ihre beste Anerkennung finden kann. Diesmal sind es Werke Ed. Meyerheims, Ernst Fries' und Friedrich Nerly's, die uns in dem obersten Feschoßs der Galerie zur An⸗ schauung gebracht werden. Die ausgestellten Bilder, Entwürfe und Studien sind zum überwiegenden Theil von den Hinterbliebenen der genannten Künstler dargeliehen worden; außerdem aber haben Se. Majestät der Kaiser und König sewie zahlreiche Privatsammler bereitwillig aus ihrem Besitz dazu beigetragen. 3

Die erste, dem Andenken Eduard Meyerheims gewidmete Ab⸗ theilung, welche zugleich die umfänglichste ist, giebt ein außerordent⸗ lich lebendiges Bild von dem allmählichen Werden und Wachsen dieses ausgezeichneten Genremalers und seiner Kunst; die kürzlich erschienene Selbstbiographie des Künstlers aber (Berlin, Verlag von Georg Stilke) bietet dazu die willkommenste Erläuterung. Wir sehen da zunächst eine Reihe von Ansichten der Stadt Danzig, in welcher Meyerheim im Jahre 1808 geboren wurde: umfängliche Blätter, in Bleistift ausgeführt und bereits von jener Sauberkeit und liebevollen Gewissenhaftigkeit zeugend, welche alles charakterisirt, was er geschaffen. Echt künstlerische Auffassung bewährte er zuerst an den im Anfang der dreißiger Jahre, nach seiner Uebersiedelung nach Berlin, ausgeführten und von ihm selbst auf Stein gezeichneten malerischen Aufnahmen der Baudenkmäler der Altmark, welche letztere er mit dem jetzigen Geheimen Ober⸗Hof⸗Baurath Strack gemein⸗ schaftlich bereiste. (Sie sind in dem Werke „Architektonische Denkmäler der Altmark Brandenburg“ von J. H. Strack und F. E. Meyerheim, mit Text von Kugler, 1833 publizirt worden.) Dann aber wendete er sich mit großem Erfolge der Schilderung des Volkslebens zu und wurde auf diesem Gebiete bald der erklärte Lieb⸗ ling des Publikums. Diese reizenden, durch Stiche und Photographien über die ganze Welt verbreiteten Genrebilder aus dem häuslichen Leben des 2 Bürgers und Bauern werden hier der Mehrzahl nach im Originale vorgeführt, zugleich mit den Vorstudien, Oel⸗ skizzen ꝛc., so daß dem Beschauer der intimste Einblick in die sorgfältige Art des Schaffens des Künstlers ermöglicht und er zum Zeugen der schrittweisen Entstehung der Bilder semach. wird. Sie bekunden „im anspruchlosen Gewande das feinste Stilgefühl sowie eine durch unermüdlich treuen Fleiß erworbene Gediegenheit der Be⸗ handlung und spiegeln den wahrhaften Sinn und das schlichte Ge⸗ müth eines liebenswürdigen Beobachters wieder.“ Neben diesen all⸗ bekannten Werken aus der Reifezeit des Künstlers interessiren aber auch seine Jugendversuche in mehr romantischer Richtung, wie die Gemälde „Romeo und Julia“, „Abend in Venedig“, „Abschiedswink vom Söller“, „Rendez⸗vous“ u. a., nicht minder das von ihm selbst lithographirte Jugendporträt des Künstlers und besonders ein Oel⸗Porträt, welches Adolf Menzel in jüngeren Jahren darstellt. Der peinlich gewissenhafte Zeichner dokumentirt sich endlich in der für den Andorffschen Stich ausgeführten Bleistiftzeichnung nach Drake’s

Unterhaltung.

nuar 1879 verstorbenen Künstlers, gemalt von seinem Sohne Paul Meyerheim, geziert, welches die Stadtgalerie zu Danzig erworben hat.

Dieser begabte, früh dahingeschiedene Landschaftsmaler (geb. 1801 zu Heidelberg, gest. 1833 zu Karlsruhe) gehört zu den Stilisten auf seinem Gebiet. „Seine Stärke lag in der Strenge und zarten Sauber⸗ keit der Zeichnung, sowie in der Fähigkeit reizvoller und charakte⸗ ristischer Komposition. Mit entschiedener Vorliebe behandelt er die italienische Natur; daneben sind namentlich anmuthige Darstellungen seiner Heimath Heidelberg hervorzuheben.“ Zwei Oelbilder dieser reizend gelegenen Musen⸗Stadt besitzt bekanntlich die Nationalgalerie, ebenso eine italienische Landschaft (Motiv von Ronciglione und Corchiano) aus dem Todesjahre des Künstlers. Außerdem bringt die Ausstellung zahlreiche Bleistift⸗ und Oelskizzen, Feder⸗, Sepia⸗ und Aquarellblätter, auch einige Nacktstudien von der Hand des in der Blüthe seines Schaffens abgerufenen Künstlers zur Anschauung.

Die letzten Räume, namentlich der andere große Oberlichtsaal, sind den Manen Christian Friedrich Nerlys (eigentlich Nehrlich, geb. 1807 zu Erfurt, gest. 1878 zu Venedig) gewidmet. Dieser eigenartige Künstler hat sich während eines über vierzigjäh⸗ rigen Aufenthalts in der Lagunenstadt, wohin er von Rom aus 1837 übersiedelte zum Spezialisten der venezianischen Vedutenmalerei aus⸗ gebildet. Neben diesem Fache, „welches er durch zahlreiche sehr ge⸗ schätzte architektonisch⸗landschaftliche Oelgemälde und Aquarelle glück⸗ lich auszubeuten verstand“, beschäftigte ihn aber auch das Genre⸗ und Sittenbild, „dessen Motive er mit Vorliebe ebenfalls dem vielgestal⸗ tigen Leben und Treiben Vevedigs entnahm.“ Die Nationalgalerie besitzt von ihm ein großes, fein ausgeführtes Oelgemälde von S. S. Giovanni e Paolo mit dem imposanten Reiterdenkmal des Condottiere Bartolommeo Coleoni. Fünf andere prächtige Bilder be⸗ finden sich im Besitze Sr. Majestät des Kaisers und sind hier ebenfalls ausgestellt. Auf den beiden größten der⸗ selben entfaltet sich eine besonders reiche prunkvolle Staf⸗ fage: dies sind die Ansicht des Canale grande mit dem bunten Leben einer Regatta und eine Ansicht der weltberühmten Piazzetta und der Riva degli Schiavoni mit dem festlichen Empfange Radetzky's. Außerordentlich stimmungs⸗ und effektvoll ist das Mondscheinbild der Löwensäule auf der Piazzetta; das vierte gewährt einen Blick von dort nach der malerisch gelegenen Insel S. Giorgio Maggiore; das letzte zeigt die Kirche S. S. Pietro e Paolo bei Venedig. Daß der Künstler trotz seiner Vorliebe für die Vedute auch einer poetisch⸗ idealen Auffassung fähig war, beweist eine großartig komponirte Landschaft mit Winzerzug, deren Motiv dem daran so unerschöpflichen Campanien entnommen ist. Bei aller Geywissenhaftigkeit von höchst malerischer Behandlung sind ferner die zahlreichen Aquarellen, welche die allbekannten Prachtpaläste der Lagunenstadt, die Da' d'oro, die Casa Salviati, das Haus der Desdemona, des Marino Faliero, den Fondaco dei Turchi 8 der Restauration), die Palazzi Contarini⸗Zaffo, Foscari, Cavalli, Giustiniani mit ihrer phantastischen Architektur und dem eigenthümlichen Zauber, den Ge⸗ schichte und Fabel um sie gesponnen haben vorführen. Unter den großen Cartons und Zeichnungen in Kohle oder Kreide finden wir das Haus des Cristoforo Moro (die sogen. Casa d'Otello), den Hof des Dogen⸗ palastes mit der Scala de' Giganti, die Rialto⸗Brücke, die Kloster⸗ insel der Armenier S. Lazzaro, den Kanal der Giudecca, das Innere der Seufzerbrücke, das Cafs Florian, den Hafen mit der Abfahrt der Eugenie von Frankreich zur Einweihung des Suezkanals

u. v. a.

Die interessante Ausstellung bleibt bis Ende März geöffnet.

Ein selten begonnenes und noch seltener vollendetes Unternehmen ist soeben von Mr. Ed. Whymper und den Gebrüdern Carrel aus⸗ eführt worden, nämlich die Besteigung des Chimborazo. er „Panama Star und Herald“ theilt über dieses Ereigniß denn so darf man es füglich nennen eine kurze Nachricht mit, welche Mr. Whymper an den britischen Konsul in Guayaquil ge⸗ richtet hat, und die folgendermaßen lautet: 3 1 „Geschrieben in unserm dritten Lager am Chimborazo 17 150 F. über dem Meeresspiegel, den 5. Januar 1880. Nachdem wir wͤäh⸗ rend eines zehntägigen Marsches unser Lager von einer Höhe von 13 800 F. bis 17150 F. vorgerückt hatten und nach zwei Versuchen, höher hinaufzuklimmen gelang es uns, den Berg zu ersteigen. Bei Tagesanbruch waren wir von hier aufgebrochen und kamen 8,30 N. zurück. Die Schwierigkeiten waren größer, als ich erwartet hatte, in Folge der Verdünnung der Luft, der Kälte und des Windes. Ich hielt ein Quecksilber⸗Barometer wohl verwahrt bis zur Kuppe. Die Tem⸗ peratur betrug daselbst 11 Grad Fahrenheit unter dem Gefrierpunkt. Wir brauchten fünf Stunden auf den letzten tausend Fuß. Einer der Gebrüder Carrel wurde an den Füßen leicht angegriffen vom Frost. Sonst Alles in Ordnung. Der Berg hat zwei Spitzen; wir bestiegen beide. Kein Krater; die Details werden folgen. Wir verbleiben in dieser Lagerstätte zwei oder drei Tage länger.“ Dem Vernehmen nach können nur zwei Reisende sich rühmen, vor Mr. Whymper den Gipfel dieses prächtigen Berges erstiegen zu haben. Die Hauptschwierigkeit, welche Alle erfahren haben, liegt in der Weichheit des Schnees, so daß es an manchen Stellen nothwendig war, den Schnee auf einer Seite zu entfernen, um den Bergsteigern freien Durchgang durch denselben zu verschaffen. Es darf nunmehr als feststehend angenommen werden, daß auf dem Chimborazo kein Krater oder sonstige vulkanische Gebilde vorhanden sind, wie andere Forscher behaupten, und damit fällt die Ueberlieferung, daß der Berg ein Vulkan sei oder gewesen sei, in sich zusammen. 8 1““

Der Cirkus Renz ist andauernd bemüht, dure e Abwechselung in seinem Programm, sich die alte Anziehungskraft zu bewahren. Wer vieles bringt, wird Manchem etwas bringen. So bieten die Vorstellungen jedem Alter und jedem Geschmack angenehme In jüngster Zeit haben die Ausführungen, welche eine bestimmte Seite der Gesammtleistungen des Cirkus bevorzugen, vielen Anklang gefunden. Die Clowns⸗Vorstellungen, welche vor⸗ nehmlich dem Humor gewidmet sind, finden bei der Kinderwelt stets den regsten, lautesten Beifall und es dürfte in der That schwer sein, die mit der größten Gewandtheit ausgeführten mannigfachen Kunstproduktionen, welche die große Anzahl von Clowns unter Er⸗ regung allgemeiner Heiterkeit zum Besten geben, zu überbieten. Bei dem Freunde der edlen Reitkunst wiederum werden die großen „soirées équestres“, welche Hr. Direktor Renz von 68b zu Zeit ver⸗ anstaltet, willkommene Aufnahme finden. Man findet hier neben der vollendetsten Reitkunst einen Pferdebestand, welcher sowohl an Zasl wie an Schönheit seines Gleichen sucht. Das Hohe⸗

chulreiten der Damen Hager⸗Renz und Loisset und des Hrn. Hager sind Kunstleistungen, welche auch den verwöhntesten Kenner im vollsten Maße befriedigen müssen. Ebenso bewundernswerth ist die Dressur der von Hrn. Renz jun. vorgeführten Pferde. Neben den Produktionen, welche der eigentlichen höheren Reitkunst und Veee. angehören, bietet der Cirkus Renz auch in sämmtlichen übrigen Nummern das Beste und Hervorragendste, was gegenwärtig auf dem Gebiete der Cirkuskünste gezeigt wird. Es würde uns zu weit führen, auf die einzelnen Piecen näher einzugehen; wir begnügen uns, hier nur noch auf die eroßen glanzvoll arrangirten Ausstattungs⸗ stücke hinzuweisen, von denen jetzt nicht weniger wie sieben auf dem Repertoire stehen und deren Zahl Hr. Direktor Renz noch in letzter Zeit durch ein „Robert und Bertram“ betiteltes bereichert hat.

Redacteur: J. V.: Riedel.

Verlag der Expedition (Kessel). Drei Beilagen

und so Absatzquellen zu eröffnen und zu sichern. Gesetzliche Bestim⸗ .„') conf. Nr. 303 des „Reichs⸗Anzeigers“ von 1879. 16

anmuthigem Relief am Denkmal König Friedrich Wilhelms III. Der rechte große Oberlichtsaal, welcher die Hauptwerke Meyerheims

keinschließlich Börsen⸗Beilage).

vereinigt, ist mit dem bekannten lebensgroßen Bildniß des im Ja⸗

Einige kleinere Säle enthalten sodann Werke von Ernst Fries.

sollte.

Richtamtliches. Preunßen. Berlin, 27. Februar. In der vorgestri⸗ gen Sitzung des Reichstages leitete bei der zweiten Be⸗ rathung des Etats des Bankwesens (Kap. 5 Tit. 1 Ein⸗ nahmen) der Präsident des Reichsbank⸗Direktoriums, Wirk⸗ liche Geheime Rath von Dechend, die Debatte mit folgenden Worten ein:

Meine Herren! Mein verehrter Gönner, der Hr. Abg. Dr. Bam⸗ berger, hat in der letzten Sitzung bei der Berathung des Etattitels über das Münzwesen auch der Reichsbank gedacht und bei der Ge⸗ legenheit die Aufmerksamkeit des Hauses auf gewisse Vorgänge bei der Reichsbank hingelenkt, die nach seiner Auffassung doch nicht ohne Bedenken wären. Die Sache ist nicht blos für die Reichsbank, sondern auch für das ganze Land von außerordentlicher Wichtigkeit, insofern als dabei Bedenken erhoben worden sind, ob die Reichsbank noch nach den alten soliden Grundsätzen verwaltet werde, die ihren Ruf be⸗ gründet haben. Der Hr. Abg. Dr. Bamberger hat eine Abweichung von diesen Grundsätzen namentlich darin gefunden, daß die Bank in neuester Zeit angefalgen habe, Wechsel auch unter dem von ihr fest⸗ gesetzten Diskontsatz anzukaufen. Er bemerkte in dieser Beziehung, daß das Portefeuille der Bank von diesen Wechseln voll sei, daß sie dadurch sehr leicht in die Lage versetzt werden könnte, bei dem Ein⸗ tritt schlimmer Zeiten, auf welche sie stets gefaßt sein müsse, nicht die erwartete Huülfe gewähren zu können.

Meine Herren! Ich kann versichern, daß ich von der Noth⸗ wendigkeit, in Zeiten des Geldüberflusses, wie wir sie jetzt haben, doppelt vorsichtig zu sein und dessen stets eingedenk zu bleiben, daß sich dies sehr leicht und sehr plötzlich ändern kann, nicht weniger durchdrungen bin, wie der Hr. Abg. Dr. Bamberger. Ich habe nach diesen Grundsätzen, so lange wie ich an der Leitung der jetzigen Reichsbank theilnehme und das sind beinahe 30 Jahre stets

gehandelt, ich bin darum auch weder durch die geschäftlichen Krisen noch durch die drei Kriege, welche während dieser Zeit plötzlich über uns hereingebrochen sind, überrascht worden und wüßte in der That nicht, was mich veranlassen sollte, von diesen bewährten Grundsätzen jetzt am Schlusse meiner amtlichen Thätigkeit abzugehen. Aber, meine Herren, ich frage Sie, liegt denn darin etwas Unsolides, daß die Bank gegen⸗ wärtig in ihrem Portefeuille eine nicht ganz unbeträchtliche Masse von Wechseln allerersten Ranges hat?

„Die Bankreserve beträgt noch in diesem Augenblick über 200 Millionen, d. h. die Bank kann ihre Anlagen um diesen vollen Betrag ausdehnen, wenn es nöthig wird, ohne in die Steuer zu fallen. Ihre Noten sind noch heute mit 81 % durch Metall gedeckt, allerdings zum Theil durch Silber; ihre Fonds sind jetzt wie früher nur in Wechseln und in solchen Lombarddarlehen, die in längstens drei Monat ver⸗ fallen, angelegt; Effekten besitzt die Bank auch beute noch nicht, so verführerisch es in der letzten Zeit auch gewesen ist, wo es an anderen Anlagen fehlte, Effekten zu kaufen. Wir haben es nicht gethan, weil wir es für unsere erste Pflicht balten, die Fonds der Sdct für alle Zeiten, namentlich für Zeiten der Noth flüssig zu alten.

Nun, meine Herren, ich meine, daß hiernach von einer weniger soliden Verwaltung nicht füglich die Rede sein kann. Allerdings sind aber die Ansichten darüber getheilt, ob es weise ist, daß wir nicht wie früher an dem von uns publizirten Diskontsatze unbedingt festhalten, sondern einen Unterschied machen zwischen allerersten Pa⸗ pieren, wofür der Preis am Markte niemals der Banldiskont gewesen ist, und zwischen Wechseln, wie sie aus den Geschäften der mittleren und kleinen Leute hervorgehen. Meine Herren, über diese Frage werden Sie, wie ich glaube, nicht entscheiden wollen, auch nicht entscheiden können; sind doch selbst unter den Männern vom Fach die Ansichten hierüber getheilt. Widersprochen wird der Neue⸗ rung namentlich von Seiten derjenigen Banquiers, welche bei dem Ankauf jener Wechsel jetzt mit der Reichsbank konkurriren müssen, während sie früher als Käufer für eigene und fremde Rechnung, besonders aber für ausländische Banken allein am Markt waren. Von anderer Seite, namentlich in den Kreisen, welche der Reichsbank nahe stehen, habe ich aber nur Eine Stimme gehört, daß wir Recht daran gethan haben, das alte Prinzip zu durchbrechen, weil dies der einzige Weg war, um in den Besitz erster Wechsel zu kommen. Daß Hr. Dr. Bamberger diese Ansicht nicht theilt, beklagt Niemand mehr wie ich, der ich auf sein Urtheil großen Werth lege und ihn zu den ersten Autoritäten auf diesem Gebiet stets gezählt habe. Aber er kann nicht verlangen, daß wir seinen Ansichten mehr Werth beimessen, als unserer eigenen Ueberzeugung und dem Urtheile der gewiegtesten Fachleute. Wenn er die Güte haben wollte, die Sache noch einmal unbefangen zu prüfen, so wird er wenigstens zugeben müssen, daß die Sache so zweifellos nicht ist, wie er bisher angenom⸗ men hat und daß die Baakverwaltung sich keineswegs hauptsächlich durch den Wunsch habe leiten lassen, den Ge⸗ winn der Bank zu vermehren. Darin stimme ich mit ihm übrigens unbedingt überein, daß es ungehörig sein würde, wenn die Bank die fraglichen Wechsel aufsuchen wollte, statt sie an sich herankommen zu lassen. Meines Wissens ist das aber auch nur von einer einzigen Bankanstalt geschehen und hier sofort Remedur eingetreten. Meine Herren! Ich glaube unter diesen Umständen wird Hr. Dr. Bam⸗ berger vielleicht selbst seine Bedenken, wenn auch nicht zurücknehmen, so doch modifiziren und anerkennen, daß die Reichsbank heute noch ebenso solid verfährt, wie früher. Mit diesem Wunsche will ich vor⸗ läufig meine Bemerkungen schließen.

Der Abg. Dr. Bamberger erklärte sich mit dem Reichs⸗ bank⸗Präsidenten nicht darin einverstanden, daß es angezeigt gewesen sei, eine gewisse Konkurrenz, die sich in dem Aufnehmen von diskontirbaren Papieren in Deutschland gezeigt habe, durch die Reichsbank aus dem Felde zu schlagen. enn er richtig verstanden habe, so habe sich die Aeußerung des Reichsbank⸗Präsidenten wesentlich auf fremde Bankinstitute bezogen, daß die belgische und die österreichisce Bank Geld zur Diskontirung von Wechseln in Deutschland anlegten und die Reichsbank sich sage, sie könne diese Geschäfte selbst machen. Die Bank habe den Zweck, einen Rückhalt für die Geldbewegung des Landes zu schaffen, nicht aber, einer gewissen Anzahl von Aktionären Dividende zu geben. Man habe die Bank so an⸗ gelegt, daß sie Dreiviertel der Emission von Papiernoten in Deutschland habe, daß in gegebener Zeit das gesammte Mo⸗ nopol der Ausgabe fiktiver Werthzeichen ihr zufallen Habe man dies gethan, um die Emissions⸗ fähigkeit zur Erzielung hoher Dividenden auszunutzen? Durch⸗ aus nicht. Die Papiergeldemission sei nur ein elastisches Hülfsmittel für den Verkehr da, wo andere Mittel nicht mehr ausreichten. Weil man diese Elastizität außerordentlich vor⸗ sichtig organisiren wollte, sei der Apparat der Emissionsfähig⸗ keit eingeschränkt. Dieser Apparat würde seinen Zweck ver⸗

fehlen, wenn derselbe ein Zinsen bringendes Kapital schaffen

sollte. Aus der Erklärung des Bank⸗Präsidenten schiene ihm hervorzugehen, daß derselbe die fremden Banken das Geld

Februar

nicht verdienen lassen wolle, was seine eigene Bank ver⸗ dienen könnte. Das Haus habe nur für die Solidität der Reichsbank zu sorgen, nicht für die der fremden. So lange das Privatkapital bereit sei, Kredit zu geben, müsse sich die Reichsbank in der Reserve halten und warten, bis man zu ihr komme. Was den Unterschied zwischen Wechseln sehr großer Firmen und dem kleineren Verkehr betreffe, so würde er als Dirigent einer Bank bei einer ganzen Menge von Wechseln des kleinen Verkehrs eben so ruhig sein, wie bei den Tratten der meisten großen Häuser. Er glaube, daß es nicht schade, wenn Wechsel großer Häuser unter dem Bank⸗ zinsfuße nicht an die Bank, sondern in andere Hände über⸗ gingen. Wenn der Reichsbankschatz höher wäre als die Noten⸗ emission, so würden die Aktionäre schlechte Geschäfte machen, aber die Solidität der Bank keinen Schaden leiden. Er glaube, der Bank⸗Präsident werde mit ihm darin einig sein, daß die wahre Probe auf die Güte der Bankgesetzgebung noch nicht gemacht sei. Man habe durch den Rückgang der Geschäfte immer Geldüberfluß gehabt, Geldkrisen habe man seit dem Bestehen des Bankgesetzes noch nicht durchgemacht. Um so mehr sei es angezeigt, die Manipulationen der Reichsbank, über welche vielfach nicht ohne Grund Beschwerde erhoben werde, zu besprechen.

Hierauf ergriff der Präsident des Reichsbank⸗Direktoriums, Wirkliche Geheime Rath von Dechend das Wort:

Meine Herren! Es wird mir schwer, Ihre kostbare Zeit über diesen Gegenstand noch weiter in Anspruch zu nehmen; aber einige Bemerkungen des Herrn Vorredners kann ich doch nicht ohne Er⸗ widerung lassen. Die Bankverwaltung hat sich, wie ich versichern kann, bei ihren Maßnahmen zu keiner Zeit und bei keiner Gelegen⸗ heit durch den Wunsch bestimmen lassen, möglichst hohe Dividenden zu geben. Ich kann versichern, daß wir in der Beziehung gerade so urtheilen und handeln, wie der Abg. Dr. Bamberger es verlangt. Aber, meine Herren, als völlig gleichgiltig kann ich es doch nicht be⸗ trachten, ob die Fonds der Bank beschäftigt werden oder steril in ihren Gewölben liegen bleiben. Setzen Sie einmal den gar nicht unmöglichen Fall, daß unsere Anlage in Wechseln und Lombard⸗ geschäften noch weiter um die Hälfte abnähme und die Notenreserve bis auf 300 Millionen stiege, würden Sie auch dann noch wünschen, daß wir uns darum für diese Gelder wenigstens theilweise eine bank⸗ mäßige, wenn auch weniger lukrative Anlage zu finden, nicht be⸗ mühen, sondern das Geld liegen lassen sollen, bis vielleicht nach 10 oder 20 Jahren ein Krieg ausbricht, wo wir es brauchen werden. Dazu, glaube ich, sind die Bankfonds nicht bestimmt, sondern andere Fonds, für die Sie ja auch gesorgt haben. Nach meiner Nuffassung soll die Reichsbank Geschäfte zwar nicht aufsuchen, aber ebensowenig die sich ihr darbietende Gelegenheit, ihre müßigen Fonds sicher und bankmäßig anzulegen, unbenutzt lassen. Ist das aber richtig, so ver⸗ mag ich nicht abzusehen, warum die Bankverwaltung es ruhig über sich ergehen lassen soll, wenn ausländische Banken und Banquiers die besten Wechsel in großen Summen fort und fort bei uns aufkaufen lassen, während die Fonds der Reichsbank fortdauernd wachsen und der Gewinn mit jedem Jahre kleiner wird. Der Hr. Abg. Bamberger meinte, die Kapitalien, welche vom Auslande in dieser Weise bei uns angelegt werden, kämen uns sehr zu Statten. Ich will dies im Allgemeinen nicht bestreiten. Aber ob es ein Segen ist, wenn die fremden Banken und Banquiers in Zeiten des allge⸗ meinen Geldüberslusses, wie wir sie jetzt haben, ihre überflüssigen Gelder bei uns in Wechseln anlegen, die sie in jedem Augenblick zu uns zurückschicken und sich dafür Gold kommen lassen können. scheint mir doch mehr als zweifelhaft. Nach meiner Auffassung sind für uns in solchen Zeiten fremde Kapitalien nur dann von Werth, wenn sie bei uns fest angelegt werden, aber nicht, wenn sie uns nur vor⸗ übergehend zugeschickt werden in einer Zeit, wo wir nicht wissen, was wir mit unseren eigenen Kapitalien anfangen sollen.

Der Herr Vorredner hat sodann darauf hingewiesen, daß das Agio, welches die Reichbankantheilseigner für die Bankantheile haben zahlen müssen, außerordentlich niedrig bemessen sei.

Ob dies so unbedingt richtig ist, wird wahrscheinlich schon die nächste Zeit ergeben. Zwar ist die Dividende für das verflossene Jahr noch nicht festgestellt, es läßt sich aber schon jetzt übersehen, daß sie nichts weniger als glänzend ausgefallen und selbst den be⸗ scheidensten Erwartungen schwerlich entsprechen wird. Ich sehe darin zwar kein Unglück, aber doch eine dringende Veranlassung für die Bankverwaltung, Geschäfte, welche sie mit Nutzen machen kann, ohne den soliden Prinzipien der Bank zu nahe zu treten, nicht ganz gleichgültig zu behandeln. Daß die Bankverwaltung hier⸗ bei mit der größten Vorsicht zu Werke gehen muß und nicht vergessen darf, daß sie die eigentliche Probe auf das Reichs⸗ bankgesetz auch nicht zu bestehen habe, erkensne ich unbedingt als richtig an. Die Lage der Reichsbank ist in der That viel schwieriger ge⸗ worden als die der Preußischen Bank, und wir müssen, obgleich die Verwaltung dieselbe geblieben ist, sehr viel vorsichtiger sein, weil wir jetzt hauptsächlich auf die Girogelder angewiesen sind, die uns in jedem Augenblick entzogen werden können. Aber wir sind uns dieser Schwierigkeiten auch völlig bewußt und meinen, daß sich dies in den viel stärkeren Reserven, welche wir jetzt halten, klar zu erkennen giebt.

Meine Herren! Ich meine, wir können hiermit den Gegenstand verlassen, es ist von diesen Verhandlungen ein Resultat doch nicht zu erwarten, da darüber hier nicht abgestimmt werden kann, ob die Bank nach den richtigen Grundsätzen verfahren ist, und Sie können der Bankverwaltung vertrauen, daß sie nicht weiter gehen wird, als es die Verhältnisse gestatten. 8

Der Abg. Sonnemann bedauerte, daß er dem Wunsche des Bank⸗Präsidenten, die Debatte abzuschließen, nicht ent⸗ könne. Er habe sich vorgenommen, einige andere die

eichsbank betreffende Fragen zur Sprache zu bringen, könne aber auch die letzten Ausführungen des Bank⸗Präsidenten nicht unerwidert lassen. Im Allgemeinen erkenne er an, daß die Verwaltung der Reichsbank eine solide und vorsichtige gewesen sei, allein es machten gewisse Vorgänge auf ihn den Eindruck, als sei die Leitung der Bank einigermaßen ins Schwanken ge⸗ kommen, wobei er zunächst nicht untersuchen wolle, ob die vor⸗ gekommenen Fehler mehr der Centralverwaltung oder ein⸗ zelnen Zweiganstalten oder untergeordneten Organen zur Last fielen. Aus dem Etat gehe hervor, daß das Erträgniß der Bank pro 1879 mit 600 000 niedriger eingestellt sei als 1878. Theil⸗ weise sei dies dem niedrigeren Zinsfuß zuzuschreiben. Der durchschnittliche Diskont sei 1879 3,69 Proz. gewesen, dagegen 1878 4,34 Proz. Theilweise aber werde auch das Minder⸗ erträgniß durch die großen Verluste entstanden sein, welche die Bank in Dortmund und Bochum erlitten habe. Es sei auf⸗ alend, daß solche große Verluste gerade im abgelaufenen

ahre vorgekommen seien. Während der Krisis 1874—77 würde man sich darüber weniger gewundert haben. Aber gerade in dem Augenblick, in welchem die Krisis beendet sei, in welchem die Geschäfte wieder auflebten, habe das Vor⸗

kommniß allerdings etwas Befremdliches. worden, daß eine ungenügende Kontrole stattgefunden habe, daß es an Personal gefehlt habe, daß überhaupt die Leitung der betreffenden Zweiganstalten eine wenig vorsichtige gewesen sei. Er möchte daher die Frage stellen: Welche Verluste seien in jenem Bezirk erlitten worden, und welchen besonderen Ursachen seien dieselben zuzuschreiben?

träge über

s⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Ber 7.

Es sei behauptet

Zweitens möchte er darauf hinweisen, daß die Reichsbank ihm zu sehr nach

Geschäften zu haschen scheine und den anderen Privatbanken in ihren Geschäften entgegentrete. Dafür könnte er eine Reihe von Beispielen anführen, besonders daß die Reichsbank die

Noten den fremden Banken nicht täglich, sondern auf einmal präsentire. Er habe den Eindruck, daß die letzte Absicht dahin gehe, den Geschäftsverkehr der Privatbanken möglichst ein⸗ zuengen und ihnen das Lebenslicht auszublasen. Drittens habe die Reichsbank im November vorigen Jahres plötzlich den Einkausspreis für Gold erhöht. Damals sei der Kauf⸗ preis, welcher gesetzlich 1392 sei, plötzlich für Be⸗ 1 ½ Million Mark auf 1393, für Beträge über 2 Millionen Mark auf 1393 ½ erhöht. Die Sache sei einige Tage sehr geheim gehalten worden und sei erst durch ein Pariser Blatt in die Oeffentlichkeit gekommen. Daß man eine so wichtige Maßregel erst aus einem auslän⸗ dischen Blatte ersehen habe, daß sie überdies eine auffällige Begünstigung einiger mächtiger Bankhäuser in sich geschlossen habe, werde nicht in Abrede zu stellen sein. Viertens wolle er nur noch auf die bereits im Abgeordnetenhause vom Abg. Dr. Langerhans erwähnte Angelegenheit zurückkommen, welche die Versendung von Cirkularen der Berliner Handelsgesell⸗ schaft, betreffend die Aufforderung an die Aktionäre der Pots damer Bahn mit dem Siegel der Reichsbank versehen, betreffe Es scheine ihm absolut außerhalb der Aufgabe der Reichsbank zu liegen, ihre Mitwirkung zu solchen Manipulationen herzugeben. Er sei, wie bekannt, kein Gegner der Eisen⸗ bahnpolitik, welche Seitens der preußischen Regierung eingeschlagen worden sei, allein er könne sich darum doch nicht mit allen Einzelheiten befreunden, welche bei de Durchführung vorgekommen seien. Fünftens wolle er au die durch den Ausschuß der Reichsbank am 23. Januar be⸗ schlossenen Veränderungen hinweisen. Diese seien dreifacher Art; erstens trete eine Erleichterung der Lombarddarlehne ein Damit wäre er einverstanden, auch über die Prinzipien bei de Annahme von Bankierwechseln. Ferner aber werde der Dis kontosatz für Wechsel niedriger gestellt, als bei anderen Bank⸗ sätzen. Hierdurch werde entschieden das Großkapital und die Spekulation befördert. Während der Banksatz 4 Proz. sei, während in London und Paris das Privatdiskonto 21 ½ Proz. sei, solle die Reichsbank zu 2 Proz., ja zu 1 ½ Proz. dis⸗ kontirt haben. Während also der Bankier am Börsenplatze seine Wechsel zu 1 ½ Proz. bis 2 Proz. anbringe, müsse gleich⸗ zeitig der Industrielle, der Kaufmann in der gravinz 4 Proz. bezahlen. Wäre die Bank genöthigt, ihren Diskonto zu er⸗ höhen, so müßten die Kreditsuchenden vielleicht 5—6 Proz. bezahlen, während kurz vorher das Bankportefeuille zu 11 ½ 2 Proz. gefüllt worden sei. Solche Dinge dürften bei einem unter der Kontrole der Regierung stehenden Bankinstitut, welches vor allem die Währung aufrecht zu erhalten habe, nicht vorkommen. Der Bank⸗Präsident habe sich vorher darauf berufen, daß eine so große Notenreserve vorhanden sei, daß man gewissermaßen in sei, wie man das Geld anlegen solle. Nach seinen Notizen sei die Reserve am 15. Februar d. J. um 82 Millionen kleiner als am 15. Februar 1879 gewesen. Erwäge man, daß die Deckung nicht vollständig aus Gold bestehe, so werde die gegenseitige Deckung gar nicht sehr hoch genannt werden können. Wenn gesagt werde, daß ausländische Banken der Reichsbank die Wechsel wegnehmen, so beklage er das gar nicht. Es sei ein großer Vortheil für Deutschland, ein Vortheil, den man der Goldwährung verdanke, wenn das Ausland Deutschland seine Kapitalien zu billigen Zinsen zur Verfügung stelle. Das sollte die Reichsbank aus ihrer ruhigen und vorsichtigen Thätigkeit nicht herausbringen. Man höre ferner hier sowohl vom Regierungstisch herab, wie im Reichstag gegen die Börse eifern, und doch schienen die von den gegenwärtigen Kammermehrheiten und die von der Regierung getroffenen Maßregeln oft gerade für die Börse berechnet zu sein. So sei der überaus größte Theil des durch die neue Zollpolitik geschaffenen Vortheils nur der Börse, dem Großkapital und der Spekulation zu Gute gekommen. Ebenso stehe es mit den Vortheilen der Verstaatlichung der Eisenbahnen, und auch jetzt mit den Maßregeln der Bank⸗ politik, die vielleicht sehr gut gemeint seien, aber durch ihre Organe jedenfalls nicht so ausgeführt seien, wie es im In⸗ teresse einer gesunden Bankpolitik geschehen müsse. Der Satz: „Handele nach meinen Worten, aber nicht nach meinen Thaten“, erscheine hier umgewandelt in: „Handelt nach meinen Thaten, und kümmert euch nicht um meine Worte.“ Er hoffe, daß die Bankverwaltung seine Fragen in befriedigender Weise be⸗ antworten werde, und daß der Geist, der die Reichsbank von ihrer Gründung an bis zum vorigen Jahre durchweht habe, auch fernerhin ihr leitender bleibe.

Demnächst nahm der Präsident des Reichsbank⸗Direk⸗ toriums, Wirkliche Geheime Rath von Dechend das Wort: Ich verspreche zunächst, daß der 888 Wunsch des Herrn Vor⸗ redners, soweit es in meinen Kräften steht, erfüllt werden soll. Von den Gegenständen, die der Vorredner zur Sprache gebracht hat, ist einer, wie Sie gleich sehen werden, von ganz untergeordneter Be⸗ deutung. Ich werde aber doch nicht umhin können, ihn eingehend zu besprechen, weil er durch die Debatten, welche sich an den Gegenstand in dem Hause der Abgeordneten geknüpft haben, eine gewisse Bedeu⸗ tung erhalten hat, und auch der Herr Vorredner der Reichsbank den Vorwurf gemacht hat, daß sie den Staat bei der Verstaatlichung der Eisenbahnen in unzulässiger Weise unterstützt habe. Meine Herren, ich werde Ihnen den Thatbestand, wie er aktenmäßig feststeht, vor⸗ tragen. Sie werden dann selbst beurtheilen können, ob die Bank⸗ verwaltung diesen Vorwurf verdient. Indessen kann ich nicht umhin, gleich von vornherein mein Bedauern darüber auszusprechen, daß diese ganz unbedeutende Sache, nachdem sie schon in dem preußischen Ab⸗ geordnetenhause zweimal ausführlich besprochen ist, hier noch einmal zur Sprache gebracht wird.

Es besteht, wie der hohen Versammlung bekannt ist, hier bei der Reichshauptbank ein Comptoir, in welchem jeder Privatmann und