1880 / 53 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 02 Mar 1880 18:00:01 GMT) scan diff

br ee

Provinz Ostpreußen

haftet der Kreis mit seinem Vermögen und mit seiner Steuerkraft. Dessen zu Urkund haben wir diese Ausfertigung unter unserer Unterschrift ertheilt. vmnmshgsee Der Kreisausschuß des Kreises Heydekrug.

Anmerkung: Die Anleihescheine sind außer mit den Unter⸗

scchriften des Landrathes und zweier Mitglieder des Kreisausschusses mit dem Siegel des Landrathes zu versehen.

„Regierungsbezirk Gumbinnen. Zinsschein ..Reihe zu der Schuldverschreibung des Kreises S 2te Ausgabe.

Buchstabe 1““ 1 üb Mark zu 4 ½ vom Hundert Zinsen Mark Pfennige.

Der Inhaber dieses Zinsscheins empfängt gegen dessen Nück⸗ gabe in der Zeit vom 2. Januar (bezw.) 1. Juli 18 .. ab die Zin⸗ sen der vorbenannten Schuldverschreibung für das Halbjahr vom

ten bis.. ten mit . . ..Mark

.. Pfgag. bei der Kreis⸗Kommunalkasse zu Heydekrug.

ien

Der Kreisansschuß des Kreises Heydekrug.

1b 1 (Unterschriften.) 3 Dieser Zinsschein ist ungültig, wenn dessen Geldbetrag nicht innerhalb vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres der Fällig⸗ keit erhoben wird.

Anmerkung. Die Namensunterschriften der Mitglieder des Kreisausschusses können mit Lettern oder Faecsimilestempeln gedruckt werden, doch muß jeder Zinsschein mit der eigenhändigen Namens⸗ unterschrift eines Kontrolbeamten versehen werden.

Provinz Ostpreußen. Regierungsbezirk Gumbinnen. Anweisung zum Kreisanleiheschein des Kreises Heydekrug 2 te Ausgabe Buchstabe Nr. über. Mark.

Der Inhaber dieser Anweisung empfängt gegen deren Rückgabe zu der obigen Schuldverschreibung die ... te Reihe von Zinsscheinen für die fünf Jahre 18.. . bis 18.. bei der Kreis⸗Kommunal⸗ kasse zu Heydekrug, sofern nicht rechtzeitig von dem als solchen sich ausweisenden Inhaber der Schuldverschreibung dagegen Widerspruch erhoben wird.

Heydekrug, den . . ten J1“

Der Kreisausschuß des Kreises Heydekrug. (Unterschriften.)

Anmerkung. Die Namenzunterschriften der Mitglieder des Kreisausschusses können mit Lettern oder Faecsimilestempeln gedruckt werden, doch muß jede Anweisung mit der eigenhändigen Namens⸗ unterschrift eines Kontrolbeamten versehen werden.

Tie Anweisung ist zum Unterschiede auf der ganzen Blatt⸗ breite unter den beiden letzten Zinsscheinen mit davon abweichend Lettern in nachstehender Art abzudrucken: 8

..ter Zinsschein.

.. ter Zinsschein.

Anweisung.

Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten.

An dem Schullehrerseminar zu Rheydt ist der Lehrer Tesch daselbst als Hülfslehrer angestellt.

Justiz⸗Ministerium.

Der Rechtsanwalt Meibauer in Berlin, früher Notar in Dramburg, ist zum Notar im Bezirk des Kammergerichts, mit Anweisung seines Wohnsitzes in Berlin, ernannt worden.

Ministerium der öffentlichen Arbeiten.

Bekanntmachung.

Die Kandidaten des Bau⸗ oder Maschinenfachs, welche die erste Staatsprüfung im Laufe der Monate April, Mai und Juni d. J. abzulegen beabsichtigen, werden hierdurch auf⸗ gefordert, bis zum 31. d. Mts. sich schriftlich bei der unter⸗ zeichneten Behörde zu melden und dabei die vorgeschriebenen Nachweise und Zeichnungen einzureichen.

Wegen der Zulassung zur Prüfung wird denselben dem⸗ nächst das Weitere eröffnet werden.

Meldungen nach dem angegebenen Schlußtermine müssen

uunberücksichtigt bleiben.

Berlin, den 1. März 1880. Königliche technische Prüfungs⸗Kommission.

Bekanntmachung.

Dem Markscheider⸗Kandidaten Richard Görlitz ist die Konzes⸗ sion zum Betriebe des Markscheider⸗Gewerbes von uns ertheilt worden.

Derselbe wird seinen Wohnsitz in Waldenburg nehmen.

Breslau, den 26. Februar 1880. Königliches Ober⸗Bergamt.

8 Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 2. März. Se. Majestät der Kaiser und König dinirten gestern mit Ihrer Ma⸗

1 jestät der Kaiserin und Königin bei dem franzö⸗

sischen Botschafter Grafen St. Vallier.

Heute nahmen Se. Majestät die Vorträge des Polizei⸗ Präsidenten sowie der Chess der Admiralität und des Mi⸗ litär⸗Kabinets entgegen.

Beide Kaiserliche Majestäten ließen Sich heute diejenigen Mannschaften der Feuerwehr vorstellen, die sich im Laufe des Jahres durch Lebensrettung und besondere Verdienste ausge⸗ zeichnet haben.

Den Kammerherrendienst bei Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin haben die Königlichen Kammerherren Graf Kleist⸗ Tychow und Graf Louis Perponcher überno

Der eee über die Eekrig⸗ Sitzung des rsten

Reichstages ich in der eilage.

Ax der heutigen (11.) Sitzung des Reichstages, welcher die Staats⸗Minister Graf zu Stolberg⸗Wernigerode, von Kameke und mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundes⸗ rath und Kommissarien desselben beiwohnten, setzte das Haus die gestern abgebrochene erste Berathung des Gesetz⸗ entwurfs, betr. Ergänzungen und enderungen

efindet

1XuX“

des Reichs⸗Militärgesetzes, sort. Der Abg. Graf von Frankenberg erklärte, daß die Reichspartei in ihrer überwiegenden Majorität in Rücksicht auf die gestern von dem Abg. Grafen von Moltke vorge⸗ brachten Gründe die Vorlage annehmen werde. Auch er wünsche die Ueberweisung der Vorlage an eine Kommission von 21 Mitgliedern. Der Redner sprach sein Bedauern darüber aus, daß das Centrum nicht, wie in der vorigen Session, auch dieses Mal mit den konservativen Parteien zusammengehe. Viel geeigneter als Fürst Bismarck sei der Papst, sich an die Spitze europäischer Abrüstungsbestrebungen zu stellen. Die Revanchegelüste Frankreichs seien noch sehr lebhaft und würden sich noch steigern, wenn voraussichtlich der Schwerpunkt der französischen Regierung sich mehr nach links verlege und der Mann an die Spitze des Nachbarstaates trete, der einst gegen Deutschland Armeen aus dem Boden gestampft habe. Der vom Abg. Bebel be⸗ zeichnete Preis des Friedens, die Rückgabe Elsaß⸗Lothringens, sei für Deutschland unbezahlbar.

Der Abg. Frhr. Schenk von Stauffenberg führte aus, daß die aus der politischen Situation Europas für die Vor⸗ lage hergenommenen Gründe verhältnißmäßig wenig bedeu⸗ tend seien, so lange nicht autoritäre Eröffnungen des leiten⸗ den Staatsmannes darüber gemacht würden. Niemand wolle an der Macht des deutschen Heeres rütteln, wenn auch über einzelne Punkte die Meinungen divergirten. Eine sachliche Prüfung der Vorlage habe auch der Kriegs⸗Minister als noth⸗ wendig anerkannt. Der Gesichtspunkt, in wiefern das Volk die hier geforderte Mehrbelastung noch tragen könne, dürfe nicht außer Acht gelassen werden. Eine Ausgleichung müsse im Einverständnis mit der Kriegsverwaltung ge⸗ funden werden. Ein so unvereinbarer Gegensatz zwischen Rechten und Pflichten, wie der Abg. von Bennigsen gestern dargelegt habe, sei nicht vorhanden. Das Recht des Volkes müßten seine Vertreter aufrecht erhalten, sie dürften nicht das Recht künftiger Reichstage und künftiger Wählerschaften aus der Hand geben. Im Jahre 1874 sei ein Septennat nothwendig gewesen, um der jungen deutschen Armee den zu ihrer Entwickelung nöthigen Spielraum zu ge⸗ währen. Das Septennat dürfe kein Gewohnheitsrecht des Reiches werden. Man dürfe dadurch nicht ziemlich allseitig gewünschte militärische Reformen auf eine so lange Reihe von Jahren unmöglich machen. In allen anderen Staaten sei die Friedenspräsenzziffer beweglicher als bei uns, ohne daß dadurch Mißstände sich ergäben. Die Parteiverhält⸗ nisse seien wohl für die liberale Partei, nicht aber für die Re⸗ gierung ungünstiger geworden. Durch die längeren Perioden der Militärbewilligungen würden die Debatten darüber sensationell und lenkten die Aufmerksamkeit des Aus⸗ landes ungebührlich auf sich. Eine regelmäßige Mili⸗ tärbudgetberathung liege auch im Interesse des Heeres. Wenigstens das Budgetrecht des nächsten Reichstages müsse gewahrt werden. Der Abg. Frhr. von Maltzahn⸗Gültz betonte, daß die Freunde der Vorlage für diese nur stimmten, weil sie von der Nothwendigkeit überzeugt seien, dem Volke diese Mehrbelastung aufzulegen, zumal da durch die neuen in⸗ direkten Steuern die Mittel dazu bereitgestellt seien. Der Redner widerlegte dann die Behauptungen des Abg. Richter über die niedrigen Präsenzziffern Frankreichs und Rußlands. Die zweijährige Dienstzeit jetzt bei uns einzuführen, sei weder an⸗

gemessen noch möglich. Die konstitutionellen Bedenken des Vorredners gegen das Septennat seien durchaus nicht stich⸗ haltig. Beim Schluß des Blattes hatte der Abg. Dr. Windt⸗ horst das Wort.

Nach §. 25 der Gewerbeordnung vom 21. Juni 1869 sollen die in den §§. 17—23 vorgeschriebenen Formen des Konzessionsverfahrens auch dann beobachtet werden, wenn es sich nicht um die Errichtung, sondern um die Veränderung einer gewerblichen Anlage handelt. Doch wird der Be⸗ vn. für den letzteren Fall die Befugniß ertheilt, auf den

ntrag des Unternehmers von der Bekanntmachung (§. 17) Abstand zu nehmen, wenn sie die Ueberzeugung gewinnt, daß die beabsichtigte Veränderung für die Besitzer oder Bewohner benachbarter Grundstücke oder das Publikum überhaupt neue oder größere Nachtheile, Gefahren oder Belästigungen, als mit der vorhandenen Anlage verbunden sind, nicht herbeiführen werde. Danach bildet auch bei der bloßen Veränderung einer konzes⸗ sionirten Anlage die Bekanntmachung des Projekts, welche den Betheiligten die Möglichkeit gewährt, Einwendungen zu er⸗ heben und gegen eine ungünstige Entscheidung die höhere Instanz anzurufen, die gesetzliche Regel, die Ertheilung der Genehmigung ohne vorausgegangene Bekanntmachung die Ausnahme. Der Handels⸗Minister hat durch Cirkularerlaß vom 9. Januar d. F. darauf hingewiesen, daß von der Bekanntmachung nur in solchen Fällen Abstand zu nehmen sein werde, in welchen es sich um eine unzweifelhafte Verbesserung handele oder wenig⸗ stens die Unschädlichkeit der beabsichtigten Veränderung von vornherein so vollkommen klar zu Tage liege, daß mit Sicher⸗ heit angenommen werden müsse, durch eine kontradiktorische Erörterung werde keinerlei weitere Aufklärung der Sache und kein irgendwie begründetes Bedenken gegen die beabsichtigte Veränderung herbeigeführt werden können. Liege die Sache irgend zweifelhaft, handele es sich beispielsweise um die Ver⸗ größerung einer genehmigten Anlage, deren voraussichtlich größere Einwirkung auf die Nachbarschaft durch verbesserte Einrichtungen ausgeglichen werden solle, so werde nach der ge⸗ setzlichen Regel zu verfahren sein. Es bedürfe kaum der Er⸗ wähnung, daß an diesem Grundsatze namentlich dann streng festzuhalten sei, wenn die Genehmigung zur Veränderung einer Anlage besonders gefährlicher Natur, z. B. einer Pulverfabrik oder Dynamitfabrik nachgesucht werde.

Stellt Jemand im Auftrage des Verletzten einen Strafantrag gegen den Thäter, ohne ausdrücklich zu er⸗ klären, daß er im Auftrage des Verletzten den Antrag stelle, so genügt, nach einem Erkenntniß des Reichsgerichts, II. Strafsenats, vom 19. Dezember 1879, dennoch dieser An⸗ trag zur strafrechtlichen Verfolgung des Thäters.

Mit dem gestrigen Tage hat bei der Central⸗ Turnanstalt der diesjährige Sommerkursus begonnen, zu welchem wieder eine größere Anzahl Offiziere kommandirt und hier eingetroffen sind.

Der General⸗Lieutenant von Kleist, Commandeur der 1. Garde⸗Infanterie⸗Division, ist von Urlaub hierher zurückgekehrt.

Der Oberst von Franckenberg⸗Lüttwitz, Com⸗ mandeur des Ulanen⸗Regiments Kaiser Alexander von Ruß⸗

land (1. Brandenburgischen) Nr. 3, ist mit dem Offizier⸗

E“

Corps des Regiments hier eingetroffen, um dem heute in der

Kapelle des russischen Botschafts⸗Hotels hierselbst zur Feier

des 25jährigen Regierungs⸗Jubiläums Sr. Ma⸗

jestät des Kaisers Alexander II. von Rußland, des

8 Chefs des vorgenannten Regiments, stattfindenden ottesdienste beizuwohnen.

Nach einem von dem Reichskommissar für die austra⸗ lischen Weltausstellungen, Geheimen Regierungs⸗Rath Reu⸗ leaux, an seinen Vertreter in Ausstellungsangelegenheiten elangten Telegramm vom 26. Februar hat Herr Reuleaux eine Rückreise von Albany aus an diesem Tage angetreten.

Bayern. München, 28. Februar. (Allg. Ztg.) In dem Gesetz⸗ und Verordnungsblatt Nr. 13 wird das von Sr. Majestät dem König d. d. München, den 25. d. M. sanktio⸗ nirte Finanzgesetz für die 15. Finanzperiode 1880 und 1881 publizirt. Das Budget bilanzirt mit 221 741 445 Im Gesetz⸗ und Verordnungsblatt Nr. 12 wird das Gesetz, betreffend den Branntwein⸗Aufschlag, veröffentlicht. Auf die erledigte Präsidentenstelle am Ober⸗Landesgerichte Augsburg ist der EEE“ am obersten Landes⸗ gerichte, Stephan Frhr. von Stengel, befördert worden.

Sachsen. Dresden, 1. März. (Dr. J.) Beide Kammern traten heute zu Sitzungen zusammen. Die Erste Kammer erledigte zunächst Kap. 16 des Etats der Ueber⸗ schüsse, Staatseisenbahnverwaltung, in durchgängiger Ueber⸗ einstimmung mit den Beschlüssen der jenseitigen Kammer. Ein zu diesem Kapitel vorgeschlagener, die Herbeiführung rößerer Klarheit der Resultate des Staatseisenbahnbetriebes E“ Antrag des Rittergutsbesitzers Peltz wurde auf sich beruhen gelassen und 2 an dies Kapitel sich anschließende Pe⸗ titionen erledigt. Auch bezüglich der Königlichen Dekrete, betreffend die Erwerbung eines Grundstücks für die Amtshauptmann⸗ schaft Glauchau, den Entwurf eines Gesetzes über die Erhöhung der in Sachen der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit zu erhebenden Gerichtsgebühren, die Verfügung über die Stallamtswiesen und die Domäne Pillnitz und die Begebung der durch das Gesetz vom 1. März 1878 geschaffenen 3 prozentigen Rente, sowie die Umwandlung der 5 prozentigen Staatsschuld in eine 4 prozentige, trat die Kammer durchgängig den hierzu von der Zweiten Kammer gefaßten Beschlüssen bei. Nächste Sitzung Dienstag. 1

In der Sitzung der Zweiten Kammer begründete z nächst der Abg. Liebknecht folgende Interpellation:

1) Ist der Bericht über die Brückenbergschachtkatastrophe, welcher in der Beilage zu Nr. 8 des „Dresdener Journals“ (vom 11. Ja⸗ nuar dieses Jahres) veröffentlicht wurde, als offiziell zu betrachten, und wird nicht bald ein abschließender offizieller Bericht veröffent⸗ licht werden können?

2) Haben die Erörterungen, welche die Regierung betreffs des Knappschaftskassenwesens angestellt hat, zu einem Resultat geführt, und welche Maßregeln beabsicht die Regierung zu treffen, um den 5* d9 anerkannten Uebelständen im Knappschaftskassenwesen ab⸗ uhelfen 3) Ist die Regierung gesonnen, beim Bundesrath auf Abstellung der in Folge der Brückenbergschachtkatastrophe handgreiflich zu Tage getretenen Mängel des Haftpflichtgesetzes zu wirken?

Auf die erste Frage erwiderte der Geh. Finanz⸗Rath Dr. Freiesleben, daß der Bericht im „Dresdner Journal“ von dem zuständigen Berginspektor verfaßt und auf Veranlassung und mit Genehmigung des Finanz⸗Ministeriums veröffentlicht worden, eine weitere Veröffentlichung aber nicht beabsichtigt sei. Der Regierungskommissar widerlegte sodann die vom Abg. Liebknecht vertretene Anschauung, daß bei der Katastrophe irgend einen der Beamten eine Schuld treffe. Die zwei übri⸗

en Punkte beantwortete der Staats⸗Minister von Rostit Wallwitz dahin, daß eine Entschließung über eine Reform des Knappschaftskassenwesens erst nach Abschluß der thatsächlichen Ermittelungen, mit welchen jetzt das statistische Bureau beschäftigt sei, stattfinden könne. Ein gedeihliche Lösung der Frage sei sehr schwierig; vorläufig würde den Knappschaftskassen zu empfehlen sein, um auch größeren Unglücksfällen gewachsen zu sein, mehr als bisher von der Unfallversicherung Gebrauch zu machen. Be⸗ zuüglich des dritten Punktes erklärte der Minister, daß er in Uebereinstimmung mit der vom Staatssekretär des Innern am vorigen Freitag im Reichstage abgegebenen Erklärung der Ansicht sei, daß diese Frage, getrennt von der Frage der Alters⸗ versorgung, nicht gelöst werden könne. Die Kammer genehmigte hierauf den Gesetzentwurf, betreffend das Dienst⸗ verhältniß der Richter, nach den Beschlüssen der Ersten Kam⸗ mer mit einer einzigen, mehr redaktionellen Aenderung und erledigte zum Schluß eine Anzahl Petitionen.

Hesterreich⸗Ungarn. Wien, 29. Februar. Die „Wiener Allg. Zeitung“ meldet: Ihre Majestät die Kaiserin Elisabeth wird am 16. März aus Irland in Wien ein⸗ treffen. Die Hohe Fran langt am 13. März in Calais an und setzt von dort ihre Reise ohne Unterbrechung bis München fort, wo sie einen vierundzwanzigstündigen Aufenthalt nimmt. Kronprinz Rudolf reist Ihrer Majestät nach Irland entgegen.

1. März. Der Presse“ zufolge ist die Konferenz von Vertrauensmännern des Abgeordnetenhauses, welche heute bei dem Handels⸗Minister zusammentrat, von Letzterem aufgefordert worden, ihr Votum abzugeben über die Frage, welche Zölle in dem Handelsvertrage mit Deutschland ohne übn der österreichisch⸗ ungarischen Interessen gebunden werden könnten und welche Erhöhung eventuell bei diesen Zöllen eintreten müßte.

Pest, 29. Februar. Die „Budapester Correspondenz“ berichtet: Die österreichisch⸗ungarische Zollkonferenz hat ein Subcomité zu dem Behufe entsendet, einen detaillirten

Ausweis darüber zusammenzustellen, welche Zollänsätze des

autonomen Zolltarifs Deutschland gegenüber ohne Schädigung unsfrer hete sen gebunden werden könnten und welche nicht. Dieses

arbeiten. In der gestrigen Sitzung der Zollkonferenz wurde die Frage der Eisenbahntarife in Deutschland erörtert und ein hierauf bezüglicher Vertragsentwurf ausgearbeitet, der als Proposition der C“ und der ungarischen Re⸗ gierung jetzt der deutschen Regierung mitgetheilt wird. Die Verhandlungen mit dem serbischen Regierungsvertreter Marics werden am Mittwoch wieder aufgenommen werden. Minister Horst hatte heute Mittags eine längere Konfe⸗ renz mit dem Honved⸗Minister Szende, sodann mit dem Minister⸗Präsidenten Tisza, und begiebt sich morgen nach Wien zurück. Auf Grund der gepflogenen Besprechungen werden nun die beiderseitigen Regierungsvertreter in Wien

die Textirung des Gesetzentwurfs über die Aenderung des

e“

ubcomité dürfte übermorgen seinen Bericht aus⸗

ahügef etzes und des hierauf bezüglichen Erlasses endgültig tstellen.

Belgien. Brüssel, 1. März. (W. T. B.) Wie der Ftoile Belge“ erfährt, beschloß heute eine Versammlung eelgischer Bischöfe in Mecheln auf von Rom aus er⸗ gangene Weisung, daß der gesammte Episkopat an den ationalfesten theilnehmen werde. Ferner sollen die

Schüler aller Anstalten ohne Unterschied zur ersten Kom⸗

nion zugelassen werden und den Geistlichen Instruktionen den Religionsunterricht zugestellt werden.

Großbritannien und Irland. London, 1. März. W. T. B.) Das Oberhaus hat heute die Nothstands⸗ orlage für Irland in zweiter Lesung angenommen.

shnr Unterhause brachte der Staatssekretär des Krieges, bberst Stanley, das bereits bekannte Kriegsbudget ein und

b dabei hervor, daß bei der Aufstellung des Budgets auf le ohne Beeinträchtigung des Staatsdienstes möglichen Er⸗ arnisse Rücksicht genommen worden sei. In dem ersten oosten des Budgets wird die Bewilligung von 131 859 Mann r das nächste Finanzjahr beantragt. 8

2. März. (W. T. B.) Das Unterhaus genehmigte n seiner Nachtsitzung sämmtliche Positionen des Kriegsbudgets nverändert.

Die „Times“ bespricht die gestrigen Verhandlungen es deutschen Reichstags über die Militärgesetznovelle ind kommt dabei zu dem Schluß, daß Graf Moltke die Vor⸗ age auf ihre natürliche Basis gestellt habe, welche eine durch⸗ zus sichere und harmlose sei und keine Veranlassung biete, en beantragten militärischen Maßregeln eine direkte politische Bedeutung beizulegen.

(Allg. Corr.) Das Flottenbudget für 1880/81 giebt die ür das kommende Finanzjahr erforderliche Totalsumme auf 0 492 935 Pfd. St. an, d. i. 93 959 Pfd. St. weniger als im vor⸗ hergehenden Jahre. In 1880/81 sollen auf der Staatswerfte 41 neue Schiffe mit einer Gesammttragkraft von 11 636 Ton⸗ en gebaut werden, nämlich 12 Panzerschiffe, 4 Korvetten, 1 Avisoboot, 7 Schaluppen, 15 Kanonenboote und zwei andere

Fahrzeuge. Die Stärke der Flottenmannschaft ist einschließlich der Offiziere auf 58 800 Mann angegeben.

Aus Calcutta wird dem Reuterschen Bureau unterm 24. Februar gemeldet:

Sir John Strachey unterbreitete heute dem gesetzgebenden Rathe seinen Finanzausweis. Die Resultate bezeichnet er als äußerst günstig. Im Finanzjahre 1878/79 war ein Ueberschuß von 2 044 000 Pfd. Sterl. und in 1879/80 einer von 119 000 Pfd. Sterl. vorhan⸗ den. Die Budgetvoranschläge für 1880/81 ergeben einen Ueberschuß von 417 000 Pfd. Sterl. Die Kriegskosten in 1878/79 beliefen sich auf 676 000 Pfd. Sterl., in 1879/80 auf 3 216 000 Pfd. Sterl., und

ür 1880/81 sind sie auf 2 090 000 Pfd. Sterl. veranschlagt. Nach Abzug der vergrößerten Einkünfte der Eisenbahnen und Telegraphen ist die gesammte Netto⸗Kriegsausgabe bis Ende 1880/81 auf

5 750 000 Pfd. Sterl. veranschlagt. Die Gesammtausgabe für Grenzeisen⸗ bahnen während des laufenden Finanzjahres wird 1 670 000 Pfd. Sterl.

und im nächsten Jahre 2 270 000 Pfd. Sterl. betragen, Die gesammte Nettoausgabe unter dieser Rubrik ist auf 3 500 000 Pfd. Sterl. fest⸗ gestellt. Die Ausgabe für produktive Bauten betrug in 1878/79

3381 000 Pfd. Sterl., in 1879/80 3 700 000 Pfd. Sterl., und für

1880/81 wird sie außer den Auslagen für die ostindische Eisenbahn 2 500 000 Pfd. Sterl. betragen. Den gegenwärtigen Intentionen

der Regierung zufolge werden im kommenden Jahre keine neue An⸗

leihen erforderlich sein, falls nicht unvorhergesehene Ereignisse ein⸗ treten, aber die Regierung behält sich die Befugniß vor, im Noth⸗

falle eine Anleihe aufzunehmen. Die Kassenbilanz in Indien belief sich Ende 1879/80 auf 14 193 000 Pfd. Sterl. und

in 1880/81 wird sie auf 11 444 000 Pfd. Sterl. geschätzt. Sir John Strachey kündigte an, daß die Armeekommission wichtige Maßnahmen zur Erhöhung der Tüchtigkeit der Armee, gepaart mit einer veranschlagten jährlichen Ersparniß von 1 250 000 Pfd. Sterl,

in Vorschlag bringt. Dieser Betrag ist im Budget nicht kreditirt. Der Finanz⸗Minister konstatirt, daß seine Pläne bezüglich des Hungersnothversicherungsfonds vollständig gelungen sind und der

Zweck dieses Fonds gründlich erfüllt worden sei. Die Beschränkung in den Ausgaben für produktive Bauten auf 2 500 000 Pfd. Sterl. habe indeß die Anstrengungen der indischen Regierung zum Schutze des Landes gegen Hungersnoth durch den Bau billiger Eisenbahnen und Kanäle gehemmt.

Frankreich. Paris, 29. Februar. (Fr. C.) Das „Journal officiel“ veröffentlicht die Ernennungen des Divisionsgenerals Faidherbe zum Großkanzler der Ehren⸗ legion an Stelle des Generals Vinoy und des Brigade⸗ Generals Rousseau zum Generalsekretär des Großkanzlers der Ehrenlegion an Stelle des Generals Durand de Villers.

1. März. (W. T. B.) Im Senat gab heute bei der Berathung der Interpellation Schölcher, betreffend die Skla⸗ verei am Senegal, der Marine⸗Minister die erforderlichen Erklärungen ab, worauf das Haus eine Tagesordnung an⸗ nahm, in welcher es sich durch die Ausführungen des Ministers

pefriedigt erklärte.

Die Deputirtenkammer nahm in erster Berathung den Gesetzentwurf, betreffend die Anlegung neuer Bassins im Süden des Hafens von Marseille, an. Die Bureaus

der Deputirtenkammer werden morgen die Mitglieder der

Budgetkommission wählen.

2. März. (W. T. B.) Gestern fand im Saale der

Rue Arras eine Versammlung von Studirenden statt, in welche sich eine große Anzahl von Fremden eindrängte. Es

ging eine Deputation ab, um Blanqui aufzusuchen, damit

er den Vorsitz in der Versammlung übernehme. Die Ver⸗ sammlung nahm trotz heftiger Reklamationen einen tumul⸗ tuarischen Charakter an. Die Majorität faßte einen Beschluß,

in welchem gegen die Verhaftung Hartmanns protestirt

und dessen Freilassung gefordert wird.

Türkei. Konstantinopel, 1. März. (W. T. B.)

Der Sultan hat der russischen Botschaft sein lebhaftes Be⸗ dauern über den Angriff auf den russischen Botschafts⸗ Rath Onou und den Oberst Comaroff ausdrücken lassen.

Oberst Comaroff ist verwundet. Die Nachforschungen nach den Verbrechern sind im Gange. Moforf 8 (I me⸗ Pascha hat sich gestern in Tschesme nach hier eingeschifft. Die Admiralität hat zwei Schiffe abgesendet, um demselben das Geleite bis hierher zu geben.

Die wegen des in der Nähe von Plevlje stattgehab⸗ ten Zusammenstoßes vere einer österreichischen Compagnie und einer Bande Bewaffneter angestellte Untersuchung hat ergeben, daß ein österreichisch⸗ungarisches Militärdetachement, nach Beendigung einer Uebung nach Plevlie zurückkehrend, ein Pelotonfeuer zu hören glaubte, des⸗ halb umkehrte und drei Viehhirten, sowie einen türkischen Soldaten von dem Dienst habenden Militärkordon verhaftete.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 1. März (W. T. B.) Die Einsetzung der Exekutiv⸗Kommission

*

sowie die Ernennung des Grafen Loris⸗Melikoff findet sowohl in der Presse der Hauptstadt, wie in den sonst im Lande erscheinenden Blättern eine lebhafte Zustimmung, die auch von der Bevölkerung getheilt wird.

Heute fand in der Festungskirche anläßlich des Todes⸗ tages des Kaisers Nikolaus ein feierlicher Gottesdienst statt, welchem Se. Majestät der Kaiser Alexander und alle Mitglieder der Kai rlichen Familie beiwohnten.

„— 2. März. (W. T. B.) Der „Regierungsbote“ bringt an seiner Spitze ein vom 22. Februar datirtes, von dem Reichskanzler Fürsten von Bismarck kontrasignirtes Schreiben Sr. Majestät des Kaisers Wilhelm an 88 ä den Kaiser Alexander, in welchem es heißt:

Die bevorstehende Wiederkehr des Tages, an welchem Ew. Majestät vor 25 Jahren die Regierung angetreten haben, bietet Mir den erwünschten Anlaß, Meiner Freude darüber Ausdruck zu geben, daß die Freundschaft, welche Unsere in Gott ruhenden Väter verband, sich auch in Unseren gegenseitigen Beziehungen be⸗ währt hat. In dem Rückblicke auf die Zeit, in welcher sich diese Freundschaft bewährt hat, finde Ich die Zuversicht, daß dieselbe bis an Mein Lebensende ungetrübt bestehen wird. Für Ew. Majestät aber erflehe Ich von Gott, daß sein Schutz, der Sie in diesem Jahre und noch in diesen Tagen wunderbar behütet hat, Ew. Majestät Ihren Völkern und der Mission segensreichen Wirkens, welche die Vorsehung in Ew. Majestät Hand gelegt hat, noch lange erhalten möge. Mit besonderem Vergnügen benutze Ich diese für Ew. Ma⸗ jestät und Höchstdero Kaiserliches Haus so erfreuliche Gelegenheit, um die Versicherung Meiner wahren Hochachtung und unwandelbaren Freundschaft zu erneuern.

„Ferner veröffentlicht das amtliche Blatt einen Kaiser⸗ lichen Erlaß, durch welchen aus Anlaß der heutigen Regierungs⸗Jubelfeier eine ganze Reihe von rück⸗ ständigen Abgaben und Geldbußen der verschiedenen Klassen der Bevölkerung erlassen wird. Der gesammte Reichsrath wird Sr. Majestät dem Kaiser um 11 ½ Uhr eine Glückwunschadresse überreichen. Die Vertreter des St. Petersburger Adels haben ihre Glückwünsche in einem an den Minister des Innern gerichteten Schreiben ausgesprochen.

Sämmtliche Journale feiern den heutigen fest⸗ lichen Tag durch besondere Leitartikel und geben in den Rückblicken auf das verflossene Viertel⸗Jahrhundert der dank⸗ barsten Anerkennung der von Sr. Majestät dem Kaiser ge⸗ währten großartigen und wohlthätigen Reformen lebhaften Ausdruck. Einstimmig wird die Ueberzeugung ausgesprochen, daß weder auswärtige Schwierigkeiten, noch innere Feinde im Stande sein würden, den regelrechten Entwickelungsgang Rußlands und die Anhänglichkeit des russischen Volkes an sei⸗ nen Kaiser zu erschüttern.

Amerika. Washington, 26. Februar. (Allg. Corr.) Der Senat hat nach einer lebhaften Debatte zu Gunsten der Aufhebung des Gesetzes gestimmt, welches ehemaligen Konföderirten den Eintritt in die Armee der Vereinigten Staaten verwehrte.

Im Repräsentantenhause wurde heute eine Reso⸗ lution eingebracht und an ein Comité verwiesen, welche die Monroe⸗Doktrin geltend macht und erklärt, daß jeder inter⸗ oceanische Kanal unter den besonderen Schutz der Ver⸗ einigten Staaten gestellt werden müsse.

1. März. (W. T. B.) Die Staatsschuld der Vereinigten Staaten hat im Monat Februar um 5 672 000 Doll. abgenommen. In der Staatskasse befanden sich ult. Februar 196 352 000 Doll. in Baar.

San Francisco, 25. Februar. (Allg. Corr.) Die drohende Haltung der Kearney⸗Partei gegen die Chine⸗ sen, sowie gegen die Behörden, welche einen Angriff gegen die Chinesen zu verhindern suchen, verursacht in der Stadt große Unruhe.

Afrika. Egypten. Kairo, 1. März. (W. T. B.) Alle Großmächte, mit Ausnahme Italiens, sind dem Vor⸗ schlage wegen Ernennung einer internationalen Liqui⸗ dationskommission beigetreten.

Aus dem Wolffschen Telegraphen⸗Bureau.

St. Petersburg, Dienstag, 2. März, Vormitt. 10 Uhr. Soeben findet vor dem Winterpalais ein Ständchen der Mi⸗ litär⸗Musikcorps statt. Gelindes Wetter mit durchblickendem Sonnenschein begünstigt die Feierlichkeit. Die Empfangscour wird nach 12 Uhr erfolgen.

St. Petersburg, Dienstag, 2. März, Vormittags 11 Uhr 30 Minuten. Bald nach 10 Uhr hatten auf dem kleinen Platze vor dem Winterpalais Deputationen von je 100 Mann von jedem Garde⸗Regiment Aufstellung genommen, während. eine unabsehbare Volksmenge die beiden Plätze vor dem Palais anfuͤllte. Um 10 ¼ Uhr erschien Se. Majestät der Kaiser auf dem Balkon und wurde von den Soldaten und der Volksmenge mit unbeschreiblichem Jubel empfangen. Der Kaiser verweilte etwa eine halbe Stunde auf dem Balkon, fortgesetzt von den freudigen Zurufen und den Segenswünschen der zahllosen Menschenmenge begrüßt. Während die Militär⸗ Musikcorps die Hymne: „Gott erhalte den Czaren“ spielte, wurden 101 Kanonenschüsse gelöst. Zugleich begannen die Glocken sämmtlicher Kirchen zu läuten. Die Stadt ist bis in die entlegensten Theile reich mit Flaggen geschmückt. Gegen⸗ wärtig beginnt in der Kirche des Winterpalais der Fest⸗ gottesdienst.

St. Petersburg, Dienstag, 2. März. Aus allen Theilen des Reiches und aus allen Gesellschaftskreisen sind Sr. Majestät dem Kaiser zum heutigen Tage überaus zahl⸗ reiche Geschenke und Darbringungen aller Art übersandt wor⸗ den. Stiftungen der verschiedensten Art sind zum Gedächtnisse des Tages gemacht worden.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Das Reichsgesetz über den Unterstützungswohnsitz, vom 6. Juni 1870, erläuntert nach den Entscheidungen des Bundes⸗ amtes für das Heimathwesen von Wohlers, Geheimer Ober⸗Regie⸗ rungs⸗NRath, Mitglied des Bundesamtes für das Heimathwesen. 1880. Zweite vermehrte Auflage. Berlin, Franz Vahlen. (Cart. Preis 2,40 ℳ) Diese neue, erheblich erweiterte Auflage des im Jahre 1876 zerst erschienenen Buches stützt sich durchweg auf die von demselben Verfasser herausgegebenen „Entscheidungen des Bundes⸗ amtes für das Heimathwesen“ und liefert daher nur authentisches Material. Der Kommentar giebt ein übersichtliches Gesammtbild der Rechtsprechung des mehegenannten obersten Gerichtshofes in Streitsachen der Armenverbände, wie dieselbe sich im Laufe der seit der Einsetzung des Bundesamtes verflossenen acht Jahre entwickelt hat, und dürfte sich deshalb den zur Anwendung des Reichsgesetzes über den Unterstützungswohnsitz herufenen Personen und Behe den als ein willkommener Rathgeber erweisen.

8 1—

5

Geywerbe und Handel. 8

Eine von dem Ausschuß des Centralverbandes deutscher Industrieller beschlossene, gestern dem Reichs⸗ 85 Sehe von Bismarck zugegangene Adresse lautet nach

„Hochgebietender Herr Reichskanzler! Durchlauchtigster Fürst! Aus allen Gegenden und aus allen Hauptzweigen der deutschen In⸗ dustrie heute zahlreich hierselbst versammelt, bittet der Aus⸗ schuß des Centralverbandes deutscher Industrieller das Zeugniß entgegennehmen zu wollen, daß die von Ew. Durchlaucht ins Leben gerufene Reform unseres Zolltarifs auf vaterländischer Grundlage schon jetzt die wohlthätigsten Wirkungen hexrvortreten läßt, obwohl viele Positionen desselben erst seit kurzer Frist in thatsächlicher Geltung sich befinden. Das Vertrauen ist zurück⸗ gekehrt, an vielen Stätten des deutschen Gewerbefleißes zeigt sich neue rege Thätigkeit, die auch dem Arbeiter durch regelmäßigere und ver⸗ mehrte Beschäftigung schon jetzt eine bessere Existenz sichert. Wenn es Ew. Durchlaucht Bemühungen gelingt, wie wir nicht zweifeln, unserem Vaterlande den Frieden zu erhalten, so wird eine lange Pe⸗ riode der Wohlfahrt und des wirthschaftlichen Gedeihens bei uns einkehren. Möchte die Vorsehung, die sich der deutschen Nation in dem letzten Jahrzehnt so gütig und gnädig erwiesen hat, Ew. Durchlaucht Gesundheit stärken und Hochdieselben noch recht lange dem dankbaren deutschen Vaterlande erhalten.“

Der Cours für die jetzt hier zahlbaren Silber⸗Couvpons österreichischer Eisenbahnpapiere ist auf 172 für 100 Fl. österreichisches Silber herabgesetzt worden.

Verkehrs⸗Anstalten.

Plymouth, 1. März. (W. T. B.) Der Hamburger Postdampfer „Westphalia“ ist hier eingetroffen.

New⸗York, 1. März. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Donau“ ist heute hier eingetroffen.

Berlin, 2. März 1880. 1“

ö“

Die Berliner Beamtenvereinigung hielt am Montag Abend unter Vorsitz des Geheimen Regierungs⸗Raths Bosse im obe⸗ ren Saale des Restaurants Becker seine diesjährige Generalversamm⸗ lung ab, in der über das zweite Vereinsjahr Rechenschaft abgelegt wurde. Die Zahl der Mitglieder hat sich im verflossenen Jahre, in dem der Verein die Rechte einer juristischen Person erlangt hat, von 226 auf 306 erhöht und betrug Ende Februar d. J bereits 332. 15 schieden im Vorjahre aus, 95 traten neu ein. Ordentliche und außerordentliche Spareinlagen gingen ein 20 742 ℳ; davon wurden wieder zurückgezogen 4365 ℳ, so daß als Ergebniß der Sparthätigkeit des Jahres 16 377 verblieben. Das Darlehnsgeschäft bat sich wesentlich erweitert; es wurden an 29 Mitglieder zusammen 5070 ausgeliehen, wovon 1995 wieder zur Rückzahlung gekommen sind, so daß der Verein einschließlich 525 ungetilgte Darlehen aus 1878 3600 ausstehende Forderungen hat. Insgesammt besitzt der Verein ein Vermögen von 30 061 An Stelle des ausscheidenden Vorstandsmitgliedes Rechnungs⸗Raths Götze wurde Geh. Sekretär Bohne in den Vorstand gewählt, der sich im Uebrigen aus denselb Herren wie im Vorjahre zusammensetzt.

In der zweiten Versammlung der Badeärzte am 29. v. M. hielt Dr. Lender⸗Kissingen einen Vortrag über das Thema: Ist eine der Ursachen apoplectischer Anfälle phyrika⸗ lischer oder chemischer Natur? Ein Astronom und Meteo⸗ rologe glaubte in dem raschen Herabgehen des Barometers eine Ursache von Hirn⸗ und Schlagfluß gefunden zu haben, weil er der Ansicht war, daß Sauerstoff und Kohlensäure in Blut und Säften physikalisch gelöst seien; allein sie sind chemisch gebunden, und so war es nicht wahrscheinlich, daß ein Fallen des Barometers um 40 bis 50 Millimeter selbst dann Hirnschlag hervorruüfe, wenn die Blut⸗ gefäße brüchig geworden sind. Dreizehn bayerische Stationen sowie viele Gegenden in Preußen hatten am vergangenen 5. De⸗ zember sehr niedrige Barometerstände. Eine statistisch⸗medi⸗ zinische Untersuchung hat aber das Resultat ergeben, daß damit kein hervorragendes Auftreten von Schlagflüssen verbunden war. Eben⸗ sowenig hat die Wärme des Sommers einen nachweisbaren Einfluß auf die Erzeugung dieses Zustandes. Wohl aber glaubt Redner auf drei verschiedene chemische Körper aufmerksam machen zu sollen, von denen man eine Herbeiführung der Apoplexie erwarten könne. Nirotin macht vielleicht, orydable Körper mit Fäulnißorganismen höchst wahr— scheinlich, zu starke diätetische Zufuhr von Kohlensäure sicher Schl g⸗ fluß; letztere Patienten haben kalte feuchte Hände ohne Milzanschwel⸗ lung; diejenigen, deren Blut durch oxydable Körper verunreinigt ist, haben kalte und feuchte Hände, sowie Milzanschwellung. Die letztexen sind geneigt zu serösen Ergüssen ins Auge, in die Gelenke und ins Gehirn; man kann sie durch freie Luft und Chinin oder Ozon her⸗ stellen und schützen. Der Vortragende stellte einen solchen Fall, der vor 12 Jahren eine Dame betraf, vor.

Der Vorsitzende dankte Hrn. Dr. Lender dafür, daß er die bis⸗ her arg vernachlässigte Stiefschwester der Balneologie, die Meteoro⸗ logie, mit in die Verhandlungen der Sektion eingeführt habe. Er bat, dieses Thema im nächsten Jahre wieder aufzunehmen und gewisse andere Krankheitserscheinungen, z. B. Lungenblutungen, welche ohne allen Zweifel von den meteorologischen Verhältnissen ab⸗ hängig seien, zu besprechen, dafür aber in diesem Jahre auf die Dis⸗ kussion zu verzichten. Die Versammlung trat dem bei.

Dresden, 1. März. (W. T. B.) Im Abrahamschachte bei Freiberg ist gestern die Fahrkunst gerissen, wobei 13 Per⸗ sonen verunglückten; 11 von denselben wurden getödtet, zwei blieben bewußtlos.

Im Residenz⸗Theater ging gestern „Das neue System“, Schauspiel in 5 Akten von Björnstjerne Börnson zum ersten Male in Scene. Der Name des norwegischen Verfassers erfreut sich seit mehreren Jahren eines guten Klanges in der dramatischen Lite⸗ ratar. Seine Dramen, „Ein Fallissement“ und „Die Stützen der Gesellschaft“ sind in seiner Heimath wie auf deutschen Bühnen mit vielem Erfolge aufgeführt worden. Dieses jüngste, hier bisher noch unbekannte Werk, steht nicht auf gleicher Höhe mit den beiden genannten, obwohl dasselbe gleichfalls bedeutende Vorzüge besitzt, die es zu einem schätzenswerthen, unterhaltenden Stücke machen. Seine starken Seiten bilden die Episoden, in deren Gestaltung Biörnson Meister ist. Vortrefflich gelungen ist der wohl getroffene Lokalton, die mit malerischer Anschaulichkeit gezeichneten Details, die wie auf einem Genrebilde wirken, in welchem das Volks⸗ leben in seiner Eigenart zu plastischem Ausdruck kommt. Gegen diese mehr epischen Vorzüge des Stückes tritt das eigentlich dramatische Element sehr merklich in den Schatten; es fehlt an⸗

einem ausreichenden scenischen Aufbau, an einem wirklich dramati⸗

schen Konflikte und an einer fortschreitenden Handlung. Generala direktor Riis hat ein „neues System“ im Eisenbahnbau eingeführt und damit alle Welt für sich gewonnen. Da kommt ein junger Ingenieur und zeigt in einer Brochüre, daß dieses „neue System“ ein falsches sei und Riis muß nun bald erleben, wie alte seine früheren An⸗ hänger von ihm abfallen und auf die Seite Jenes treten. Der Widerstreit wird dadurch audsgeglichen, daß Riis dem jungen talentvollen Ingenieur seine Tochter Karen zur Frau giebt und sich so mit der gegnerischen Partei aussöhnt. Worin eigentlich „das neue System’ besteht, wird nicht klar, und schwerlich dürfte der Dichter den Zuschauer für vder gegen dasselbe erwärmt haben, da es ihm nicht gelungen ist, von demselben irgend eine dramatische Aktion ausgehen zu lassen. Alle Anerkennung ver⸗ dient die Darstellung des Stückes im Residen Theater. Frl. Wien⸗ rich, Frl. Gerber und Fr. Ernst zeichneten sich in den weiblichen Hauptrollen aus, während die bedeuter oeren Männerrollen von den Herren Haack, Beckmann, Paul, P tonay und Scheedel zu voller Geltung gebracht wurden. Das Stück wie die Darstellung f

eine recht freundliche Aufnahme.