1880 / 56 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 05 Mar 1880 18:00:01 GMT) scan diff

4. März. (W. T. B.) Se. Kaiserliche Hoheit der Kronprinz Rudolf von Oesterreich hat heute Abend 7 Uhr die Weiterreise nach Brüssel angetreten. Se. Majestät der König giebt Demselben bis Retzbach (bei Würzburg) das Geleit und kehrt morgen früh 9 Uhr hierher zurück.

Augsburg, 5. März. (W. T. B.) Der „Allge⸗ meinen Zeitung“ wird aus München von gestern ge⸗ meldet: Der Minister von Pfretzschner, welcher sich schon seit Monaten leidend fühlt, hat in Anbetracht seiner an⸗ gegriffenen Gesundheit um die Enthebung von seinem Posten als Minister des Königlichen Hauses und des Aeußern gebeten. Se. Majestät der König haben geruht, das Enthebungsgesuch zu genehmigen und an den Minister von Pfretzschner nach⸗ stehendes Allerhöchstes Handschreiben zu richten:

„Mein lieber Minister v. Pfretzschner! Die Darlegung Ihres

Besundheitszustandes, mit welcher Sie das Gesuch um Enthebung on der Führung des Ministeriums des Königlichen Hauses und des Aeußern verbinden, hat Mich auf das Schmerzlichste berührt. Mehr als fünfzehn Jahre mit der Leitung von Ministerien betraut, und über sieben Jahre an die Spitze Meiner gesammten Staatsverwal⸗ tung gesetzt, wußten Sie Sich immer im Besitze Meines vollen Vertrauens; dasselbe begleitet Sie auch in Zukunft. Nur die Rück⸗ sichtnahme auf Ihre in treuen, langbewährten, hervorragenden, ausgezeichneten Diensten geschwächte Gesundheit kann Mich zu der Entschließung vermögen, Ihrer Bitte, die Ich so lebhaft be⸗ dauere, gleichwohl Folge zu geben. Sie scheiden aus Meinem Mi⸗ nisterium mit dem Bewußtsein Meiner wärmsten Königlichen nerkennung. Ich gebe derselben Ausdruck, indem Ich Sie hiermit in den Freiherrnstand Meines Königsreichs erhebe und Ihnen unter Einreihung in die Zahl der Staatsräthe im außerordentlichen Dienste den Titel und den Rang eines Königlichen Staats⸗Ministers vor⸗ ehalte. Mit den huldvollsten Gesinnungen verbleibe Ich Ihr

wohlgewogener König G Ludwig.“

Sachsen. Dresden, 4. März. (Dr. J.) In den Sn i⸗ gen Sitzungen beider Kammern wurde ein Königliches Dekret vorgelesen, durch welches der Schluß der Sitzungen in beiden Kammern nunmehr auf Dienstag, den 9. März, fest⸗

esetzt wird. Beide Kammern nahmen den Vortrag ihrer Fhese vebungederptakion entgegen über das Resultat des Ver⸗ einigungsverfahrens bezüglich des Gesetzentwurfs, betreffend die gewerblichen Schulen. Hiernach wird der Entwurf in der Fassung der Zweiten Kammer angenommen mit einer mehr redaktionellen und der materiellen Aenderung, daß die Auf⸗ sichtsbehörde der gewerblichen Schulen in Ortschaften, in welchen die revidirte Städteordnung nicht gilt, die Amts⸗ hauptmannschaften ohne die von der Zweiten Kammer ur⸗ sprünglich in Aussicht genommene Mitwirkung der Bezirks⸗ ausschüsse sind. Beide Kammern erklärten sich mit diesem Vereinigungsvorschlage einverstanden. Außerdem genehmigte die Erste Kammer die Kap. 19—21 des Etats der Ueber⸗ schüsse, Steuern und Abgaben in Uebereinstimmung mit den von der Zweiten Kammer gefaßten Beschlüssen und wählte zu Mitgliedern des Staatsgerichtshofes die Herren Staats⸗ Minister a. D. Frhrn. von Friesen, Justiz⸗Rath Strödel und Finanzprokurator Hofrath Beschorner, zu Stellvertretern die Herren Hofrath Advokat von Könneritz in Dresden und Hof⸗ rath Weber in Bautzen.

Die Zweite Kammer genehmigte die von der Ersten Kammer beschlossene Abänderung der Novelle zum Erbschafts⸗ steuergesetze und beschloß, bei den von ihr bezüglich des König⸗ lichen Dekrets, die Erbauung mehrerer Sekundäreisenbahnen betreffend, gefaßten Beschlüssen allenthalben stehen zu bleiben. Bei diesem Gegenstande nahm der Abg. Roth Veranlassung, die Regierung darüber zu interpelliren, wie sie sich gegenüber etwaigen Gesuchen um Konzessionirung von Privatbahnen ver⸗ halten würde. Der Staats⸗Minister Freiherr von Könneritz erwiderte, daß die Regierung Bedenken tragen werde, Bahnen zu konzessioniren, welche den Zweck verfolgten, den Verkehr von den Staatsbahnen abzulenken, daß aber kein Be⸗ denken obwalten würde gegen die Konzessionirung von Eisen⸗ bahnen, welche nur dem Lokalverkehr dienen und von der Hauptbahn entfernte Orte mit der Hauptbahn verbinden sollten, namentlich wenn der Bau von den betreffenden Ge⸗ meinden und Interessenten selbst ausgehe und dadurch eine Sicherheit dafür gegeben werde, daß die Bahn wirklich in Be⸗ trieb erhalten werde.

Hessen. Darmstadt, 2. März. Die zweite ordentliche Synode der evangelischen Landeskirche wurde heute eröffnet. Der Synodale Eigenbrodt ward zum ersten, der Synodale Köhler zum zweiten Präsidenten erwählt. Aus der Eröffnungsrede geht hervor, daß die finanzielle Lage der Kirche keine Steuererhöhung nothwendig mache.

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 3. März. (Els.⸗ Lothr. Ztg.) Auf der Tagesordnung der gestrigen Sitzung des Landesausschusses stand als erster Gegenstand die zweite Lesung des Gerichtskostengesetzes. Das Gesetz wurde in der Fassung, wie sie die Kommission auf Grundlage des Re⸗ gierungsentwurfes festgestellt hatte, angenommen. Von der Kommission wurde nachträglich zu §. 22: „Für das in einer gerichtlichen Entscheidung festgestellte Rechtsverhältniß wird eine Registrirungsgebühr ( g nur insoweit erhoben, als der Betrag dieser Gebühr denjenigen der Gerichts⸗ gebühren der Instanz übersteigt. Das Mahnverfahren gilt im Sinne des Absatzes I. als Eine Instanz“ der Zusatz⸗ antrag gestellt und von der Versammlung angenommen: „Un⸗ berührt bleiben die Gebühren von Verträgen, welche innerhalb einer bestimmten Frist der Registrirung unterworfen sind.“ Eine längere Debatte entspann sich über die von der Kom⸗ mission im Anschluß an das eben durchberathene Gesetz bean⸗ tragte Resolution: „Der Landesausschuß wolle beschließen, an die Regierung das Gesuch zu stellen, die geeigneten Schritte zu einer möglichst baldigen Herabsetzung der Gerichtskosten zu thun.“ Der Unter⸗Staatssekretär von Puttkamer bemerkte, daß diese Frage noch nicht spruchreif sei, denn, da die neuen Justizgesetze erst seit fünf Monaten in Kraft seien, könne man über die Wirkungen des Gerichtskostentarifs noch kein ab⸗ schließendes Urtheil aussprechen. Diese Tarife seien aller⸗ dings hoch, aber für Prozesse, deren Objekte größeren Werth hätten, sei eher eine Verminderung der Gebühren eingetreten. Uebrigens habe schon bei der Berathung der neuen Gesetze der Reichstag unter Zustimmung der verbündeten Regierungen beschlossen, daß nach vier oder fünf Jahren eine Revision der Tarife vorgenommen werden solle. Die Reichsregierung sei mit den hierfür erforderlichen Erhebungen schon jetzt beschäf⸗ tigt. Wenn der Landesausschuß sein Votum in dieser Sache erst etwa in der nächsten Session abgebe, werde seine Stimme viel gewichtiger in die Wagschaale alten als jetzt, wo noch Niemand über das auch zu dieser Materie gehörige eben durch⸗

keiten beiwohnten.

heit angenommen. Der zweite Gegenstand der Tagesordnung, dritte Lesung des Gesetzes über die Gewerberichte, wurde ohne Debatte dahin erledigt, daß das Gesetz nach den Beschlüssen der zweiten Lesung angenommen und nur zu §. 20 ein

lehnung von Richtern das Gewerbegericht selbst entscheide.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 3. März. Das Abgeord⸗ netenhaus hat bereits alle Reichsrathswahlen verifizirt bis auf jene aus dem oberösterreichischen Großgrundbesitze. Bei der Verhandlung über letztere im Legitimationsausschusse wurde, wie die „Pr.“ meldet, der Antrag gestellt, den Be⸗ sitzern landtäflicher Häuser in Linz das Wahlrecht für den Großgrundbesitz abzuerkennen und demgemäß die Wahlen der drei Abgeordneten aus dem oberöster⸗ reichischen Srrssenn. für ungültig zu erklären. Die Rechte, von welcher dieser Antrag ausgeht, will überdies auch die Reichsraths⸗Wahlordnung durch die Aufnahme einer in der böhmischen Landtags⸗Wahlordnung enthaltenen Bestimmung abändern, derzufolge von der für den einzelnen Großgrundbesitzer erforderlichen Steuerschuldigkeit vier Fünftel wirkliche Grundsteuer sein müsse. Wie das genannte Blatt weiter berichtet, soll anläßlich der Anwesenheit des Kardinals Fürstenberg in Rom die schon seit mehreren Jahren in Schwebe befindliche Frage der Besetzung der Olmützer Domherrenstellen zur Erledigung kommen. Kardinal Fürstenberg beabsichtigt angeblich zwei Adelige und einen Nichtadeligen als Kandidaten für drei von den erledigten Domherrenstellen vorzuschlagen. Das Olmützer Domkapitel will also von der Forderung, daß zu Mitgliedern desselben nur Adelige ernannt werden dürfen, abstehen.

„— 4. März. (W. T. B.) Die „Polit. Corresp.“ ver⸗ öffentlicht in einer Meldung aus Konstantinopel authen⸗ tische Details über die vom Sultan genehmigte türkisch⸗ montenegrinische Grenzlinie, welche dem italienischen Gesandten, Grafen Corti, vorgestern von der Pforte offiziell mitgetheilt worden ist. Die Bestattung des an seiner Verwundung gestorbenen russischen Obersten Comaroff soll auf Anordnung des Sultans in feierlichster Weise und unter aller militärischen Ehren erfolgen.

est, 3. März. Der Justizausschuß des Abgeordneten⸗ hauses wird in seiner heutigen Sitzung über den Antrag Darday's auf Abänderung des Preßgesetzes und Ein⸗ schränkung der Kompetenz der Geschworenengerichte verhandeln. Minister Pauler hat, wie die „Pr.“ zu be⸗ richten weiß, bereits die prinzipielle Zustimmung zu diesem Antrage gegeben, und nach den Aeußerungen, welche Minister⸗ Präsident Tisza diesbezüglich im Abgeordnetenhause ge⸗ macht, werde die gesammte Regierung diesem Antrage zu⸗ stimmen. Sie beabsichtige jedoch, die Angelegenheit in der Form eines besonderen Gesetzentwurfes dem Parlament vor⸗ sälegen. Der Minister⸗Präsident Tisza werde an der Aus⸗ chußsitzung thellnehmen. Im Szörenyer Komitat ist man neuen Unterschleifen auf der Spur; man fand Nach⸗ schlüssel zur Komitatskasse, worüber der Kassenkontrolor Mel⸗ dung erstattete. Der Wasserstand der Donau in Pest beträgt 5,70 der Quairand ist überschwemmt; des Nachts stockte das Eis, jetzt rinnt es wieder ab; Gefahr ist keine vorhanden.

Großbritannien und Irland. London, 4. März. (W. T. B.) Im Oberhause zeigte Lord Stratheden heute an, daß er am nächsten Montag die Aufmerk⸗ amkeit des Hauses auf die seit dem Herbste 1874 beobachtete Orientpolitik lenken, eine Adresse bean⸗ tragen und die Vorlegung des am 19. Januar 1878 von Schir Ali an den Sultan gerichteten Briefes nachsuchen werde. Das Haus nahm nach dreistündiger Debatte die Regie⸗ rungsvorlagen über die Abänderung der Bodengesetze, durch welche die Vollmachten der Eigenthümer von Fidei⸗ kommißgütern erweitert werden und die Uebertragung des Eigenthums an Grundstücken vereinfacht wird, in zweiter Lesung ohne Abstimmung an. Die meisten Redner hatten sich für die Vorlagen ausgesprochen. Sodann wurde die für Irland in der Spezialdebatte erledigt.

Im Unterhause äußerte der Schatzkanzler Northceote, daß, wie er hoffe, des Osterfestes wegen vom 25. März bis zum 5. April Ferien eintreten würden.

Frankreich. Paris, 4. März. (W. T. B.) Der Conseils⸗Präsident de Freycinet beauftragte, sobald er von dem Attentate gegen den Grafen Loris⸗Melikoff erfuhr, den diesseitigen Botschafter Chanzy in St. Petersburg, den Grafen zu seiner Errettung zu beglückwünschen.

Im Senat bekämpfte heute bei Berathung des Ar⸗ tikels 7 des Ferry'’schen Gesetzentwurfs über den höheren Unterricht Beranger (vom linken Centrum) den Artikel auf das Entschiedenste und forderte die Republikaner auf, nicht einen Weg zu betreten, der zum Despotismus führe. Buffet sprach sich gleichfalls gegen den Artikel aus und rühmte den von den Jesuiten ertheilten Unterricht. Dem Vernehmen nach wird bei der morgen stattfindenden Fortsetzung der Be⸗ rathung Ferry das Wort nehmen und Dufaure demselben repliziren. Die Abstimmung über den Artikel erfolgt voraus⸗ sichtlich erst am Sonnabend.

Die Deputirtenkammer beschloß zu der Zolltarif⸗ Vorlage die Dringlichkeit und begann die Berathung der einzelnen Artikel.

Italien. Rom, 4. März. (W. T. B.) Bei dem deutschen Botschafter Herrn von Keudell fand zur Feier des Gottharddurchstiches ein Diner statt, welchem einige Minister und andere hervorragende Persönlich⸗ 1 iwol Der Botschafter und der Minister⸗Prä⸗ sident Cairoli brachten Toaste auf das große Werk aus und tranken auf das Wohl Sr. Majestät des Königs Humbert sowie Sr. Majestät des Kaisers Wilhelm.

Die Deputirtenkammer wird am Montag die Be⸗ Een-. des Entwurfs Morelli’'s über die Ehescheidung be⸗ ginnen.

Türkei. Konstantinopel, 5. März. (W. T. B.) Nach der vom Sultan genehmigten türkisch⸗montene⸗ grinischen Grenzlinie würde die östliche Hälfte der Ebene von Podgoritza bis nach Poula, am See von Skutari, bei der Türkei verbleiben.

5. März. Nach einer hier vorliegenden Meldung aus

Amendement hinzugefügt wurde, des Inhaltes, daß über Ab⸗

Jahre 1879 1036 Kranke,

Dr. Marullis, griechischer Nationalität, aber angeblich natu⸗ ralisirter Deutscher. Die Briganten verlangen als Lösegeld die Lieferung von Kleidungsstücken im Werthe von 100 Pfd., widrigenfalls die Tödtung des Gefangenen erfolgen würde. Die Pforte hat die erforderlichen Maßregeln zur Sicherung des Bedrohten ergriffen.

Serbien. Belgrad, 3. März. Der serbische Unter⸗ händler Marics ist heute nach Wien abgereist. Der Fürst hat, wie man der W. „Pr.“ meldet, mittels Ukas ein Hof⸗ marschallamt kreirt und zum Chef desselben General Proties ernannt. Zu gleicher Zeit bekleidet dessen Gemahlin die Stelle einer ersten Palastdame.

Amerika. New⸗York, 4. März. (W. T. B.) Die von der republikanischen Legislatur des Staates Maine für die Konvention in Chicago gewählten De⸗ legirten haben die Anweisung erhalten, für Blaine als Kandidaten für den Präsidentschaftsposten zu stimmen.

Südamerika. (Allg. Corr.) Nach Berichten aus Buenos Aires vom 8. v. M. organisiren die Chilenen eine Expe⸗ dition, um auf Lima zu marschiren. Don Nicholas Pierola, der Diktator von Peru, bewaffnet dem Vernehmen nach die Bevölkerung, um sie in den Stand zu setzen, bis zum Aeußer⸗ sten Widerstand zu leisten. Die jüngste Meldung von einem Bruche zwischen Peru und Bolivia ist dementirt worden. Nachdem die Venezuelanische Regierung die Nach⸗ richt von dem Ausbruche einer neuen Revolution im Distrikt Orinoco erhalten, sind die Behörden in Lagugyra ange⸗ wiesen worden, den Passagierverkehr zwischen diesem Hafen, Ciudad Bolivar und Trinidad zu sistiren. In Trinidad hatte die revolutionäre Partei sich zweier Dampfer der Route nach Ciudad Bolivar bemächtigt und benutzte sie für den Truppen⸗ transport.

Aus dem Wolffschen Telegraphen⸗Bureau.

Augsburg, Freitag, 5. März. Nach einer weiteren Mittheilung der „Allg. Zeitung“ wird der Vorsitz im Minister⸗ rathe dem Kultus⸗Minister von Lutz übertragen. Der Lega⸗ tionsrath Freiherr Krafft von Crailsheim ist zum Minister des Königlichen Hauses und des Auswärtigen ernannt.

St. Petersburg, Freitag, 5. März. Heute um 11 Uhr fand auf dem Semenovschen Platze die Hinrichtung des Verbrechers, welcher auf den General Loris⸗Melikoff ge⸗ schossen hat, mittelst Stranges statt. Der Platz war von einer roßen Menschenmenge besetzt, der Richtplatz von Militär um⸗ tellt; die Ruhe wurde nirgends gestört.

Nr. 11 des Amtsblatts der Deutschen Reichs⸗Post⸗ Öund Telegraphenverwaltung hat folgenden Inhalt: Ver⸗ fügungen: vom 28 Februar 1880. Anmahmung zur Vorsicht beim Verschließen der Postwagen⸗Laderäume; Postverbindung mit Australien.

Statistische Nachrichten. MNach Mittheilung des statistischen Bureaus der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche

vom 22. Februar bis inkl. 28. Februar cr. zur Anmeldung ge⸗ kommen: 183 Eheschließungen, 919 Lebendgeborene, 37 Todtgeborene,

597 Sterbefälle.

Dem uns zugesandten 96. Jahresbericht der Deut⸗ schen Gesellschaft der Stadt New⸗York für das Jahr 1879 entnehmen wir Folgendes: Im Jahre 1879 betrugen die Geschenke 2454,41 Dollar, die Beiträge von Mittgliedern 9220 Dollar und die Zinsen der Hypotheken und Aktien 4503,36 Dollar. Das Kapitalvermögen der deutschen Gesell⸗ schaft, welches aus Grundbesitz, Hypotheken und Aktien besteht, betrug Ende Dezember 1879 68 600 Doll. (Die Gesellschaft be⸗ steht aus 760 Mitgliedern.) Die Armenpflege steht unter der Verwaltung des Wohlthätigkeits⸗Ausschusses, und um⸗ faßt: 1) die direkten Geldunterstützungen; 2) die Kran⸗ kenpflege; 3) das Arbeits⸗Bureau in Castle Garden. 1) Im Jahre 1879 wurden in 2807 Fällen 6455,50 Doll. an Geld⸗ unterstützungen gezahlt. Während seit der verhängnißvollen Krisis im Jahre 1873 die jährliche Ausgabe an Geldunterstützungen von 9000 Doll. auf 13 000 Doll. im Jahre 1874, auf 12 634 Doll. im Jahre 1875, auf 12 982 Doll. im Jahre 1876 und auf 13 279 Doll. im Jahre 1877 stieg, fiel dieselbe bereits im Jahre 1878 bei den ersten Anzeichen der Besserung der geschäftlichen Verhältnisse auf 7000 Doll., und ist im Jahre 1879 eine weitere Abnahme auf 6455 Doll. zu konstatiren. 2) In Krankenpflege verblieben am 31. Dezember 1878 in Behandlung 50 Kranke; dazu kamen im zusammen wurden behandelt 1086 Kranke. Von diesen wurden 947 als geheilt entlassen, 21 aufge⸗ geben, weil sie nicht die Vorschriften des Arztes befolgten, 48 starben, 30 fanden in verschiedenen Hospitälern Aufnahme, und blieben am Schluß des Jahres 1879 40 Krante in Behandlung. 3) Das Ar⸗ beits⸗Bureau in Castle Garden vermittelte im Jahre 1879 für 16 533 Einwanderern (gegen 10 568 im Jahre 1878) Beschäftigung, nämlich für 11 014 Männer und 5519 Frauenspersonen. (Hier⸗ unter waren 61 Familien, 143 Personen umfassend). Die Männer bestanden aus 1329 professionellen Handwerkern, 9685 landwirthschaft⸗ lichen oder sonstigen Arbeitern, von welchen letzteren 334 in Berg⸗ werken verwendet wurdea und Tagelöhnern. Die Frauenspersonen wurden mit wenigen Ausnahmen als Dienstmädchen vermiethet.

Die Resultate des Bankgeschäfts waren im Jahre 1879: Es wurden 98 Passagen nach Europa und 187 Passagen von Europa vermittelt; 317 von Europa auf die Gesellschaft gezogene Anweisungen eingelöst, 454 Wechsel auf Europa ausgestellt und 2210 Geldauszahlungen in Europa, sowie Einkassirungen, Notariats⸗ geschäfte, Umwechselung von fremden Geldsorten, Packetbeförderungen u. s. w. besorgt. Der Gesammtverdienst im Bankgeschäfte betrug während des Jahres 1879 6521,72 Dollars; davon gingen ab für Miethe, Salaire, Anzeigen, Bureau⸗ und Druckkosten, Briefporto u. s. w. 5521,72 Dollar, so daß der Reingewinn für das Jahr 1879 1000 Dollar betrug. Im Jahre 1879 betrug die Zahl der in New⸗York angekomme⸗ nen Einwanderer zusammen 135 070 Passagiere (davon waren aus Deutschland 2868 Kajütenpassagiere, 30 706 Zwischendeck⸗ passagiere). Die Totaleinwanderung betrug im Jahre 1870 212 626 Personen (davon 71 280 Deutsche); 1871 227 359 Pers. (davon 83 609 Deutsche); 1872 292 406 Pers. (davon 128 030 Deutsche); 1873 240 516 Pers. (davon 101 900 Deutsche); 1874 140 041 Pers. (davon 40 302 Deutsche); 1875 84 560 Pers. (davon 25 559 Deutsche); 1876 68 264 Pers. (davon 21 035 Deutsche); 1877 54 536 Pers. (davon 17 753 Deutsche); 1878 75 347 Pers (davon 23 051 Deutsche); 1879 135 070 (wovon 33 574 eutsche). Es sind also im Ganzen vom Jahre 1870 —1879 inkl. 546 093 Deutsche in New⸗York eingewandert. Die deutschen Ein⸗ wanderer kamen aus folgenden Ländern: Aus Baden 2540, Bayern 3302, Braunschweig 55, Bremen 29, Elsaß 1008, Hessen⸗Darmstadt 1092, Lippe⸗Detmold 34, Lothringen 184, Mecklenburg 458, Olden⸗

Salonichi hat daselbst eine abermalige Verschleppung

berathene Gerichtskostengesetz eine praktische Erfahrung ge⸗ macht habe. Die Resolution wurde mit überwiegender Reh 2

durch Briganten stattgefunden. Der Betroffene ist ein!

burg 170, Preußen 20 994, Sachsen 1198, Waldeck 9, Württemberg 2360. Die deutschen Einwanderer kamen: aus Bremen

in 55 Schiffen (12 047 Pers.), aus Hamburg in 52 Schiffen (10 365 Pers.). Die übrigen Einwanderer vertheilten sich auf die Häfen Liverpool, Rotterdam, Antwerpen, Hapre, Glas⸗ gow, London und Bristol. Die Gesammtzahl der Einwanderer, welche im Jahre 1879 in den Anstalten der Einwanderungskom⸗ missäre auf Wards Island verpflegt und ärztlich behandelt wur⸗ den, betrug 3753, von denen 2468 Kranke im Hospital, 164 Irre im Asylum und 1121 Personen im 8 ufluchtshause Aufnahme fanden. Die durchschnittliche Zahl der nsassen dieser Anstalten belief sich täglich auf 437, und die Anzahl der Verpflegungstage, welche dieselben in den Anstalten während des vergangenen Jahres ju⸗ brachten, betrug durchschnittlich 159 5Q,. Die arbeitsfähigen Insassen des Zufluchtshauses, unter denen wieder viele deutsche junge Männer waren, wurden im Interesse der Anstalt auf der Farm, an den We⸗ gen u. s. w. in geeigneter Weise beschäftigt; die Frauen hauptsäch⸗ lich beim Nähen der Hospitalwäsche. Die Schule der Anstalt wurde durchschnittlich von 70 Kindern besucht und erwies sich als von großem Nutzen. 8

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Zum 10. März erschien im Verlage von C. Bertels mann in Gütersloh in 2. Auflage der vom gegenwärtigen Direktor des dor⸗ tigen Gymnasiums zum Gedächtniß des hundertjährigen Geburts⸗ tages der Königin Luise in griechischen Hexametern gedichtete „ho⸗ merische Hymnus“: Dia Gynaikon und zwar jetzt zugleich im „deutschen Kleide: Die Hehre der Frauen, mit nebenstehender Uebertragung in deutschen Hexametern. (26 S. gr. 8.) „Es war die Liebe zu unseres Volkes liebster Königin, die den Hymnus hat ent⸗ stehen lassen; es ist die Liebe, die ihn jetzt erneuert, dieselbe Liebe, die ihr auch am heutigen Tage in der Hauptstadt uaseres Vater⸗ landes ein Denkmal setzt.“ (Aus dem Vorwort.)

Die Kirche im apostolischen Zeitalter und die Entstehung der neutestamentlichen Schriften, dargestellt von Heinrich W. J. Thiersch, dritte verbesserte Auflage, Verlag von Richard Preyst in Augsburg (1879) Der Verfasser hatte sich bei Herausgabe seines Werkes im Jahre 1852 der einseitigen Kritik gegenüber die Aufgabe gestellt, nachzuweisen, daß „die alte Kirche kein literarisches Treibhaus war, kein Klub von streitenden Sophisten, kein Spielplatz der indioiduellen Willkür, sondern ihrem Wesen nach eine göttliche Stiftung, ein von Gott gestalteter Bau, ein Organismus, in dem sich lauter göttliche Gedanken aus⸗ prägen.“ In der jetzt erschienenen dritten Auflage nimmt Thiersch den neuen, inzwischen aufgetretenen und immer lauter gewordenen Gegnern gegenüber die Vertheidigun der heiligen Schriften des neuen Bendes, ihrer Echtheit und Glaubwürdigkeit wieder auf. Er beklagt in der Vorrede, daß die böse Saat der Bibelver⸗ dächtigung, welche besonders von Baur und der kritischen (Tübinger) Schule ausgestreut sei, allzukräftig gewuchert und die Vorurtheile gegen das göttliche Wort in die tieferen Schichten des Volks habe dringen lassen, wodurch geistige Verödung und Ver⸗ finsterung verbreitet worden sei; hiergegen noch ia der letzten Stunde des Niedergangs ein Zeugniß für die Wahrheit der heiligen Urkunden abzulegen, sei Pflicht. Unter den neueren Gegnern hebt er besonders Renan (0rigine du Chrietianisme) her⸗ vor; er erkennt dessen profan⸗geschichtliche, archäologische, geogra⸗ phische und ethnographische Leistungen an, erachtet aber dessen Ge⸗ schichte Christi und Seiner Gemeinde doch nur für einen Roman mit so muthwilligen Hypothesen, daß man mit Befremden fragen müsse, ob denn Renan überhaupt ein homme sérieux sei. Ewalds (Geschichte des Volkes Israel 6, u. 7. Band u. a.) Leistungen für das Studium der heil. Schrift würdigt Thiersch als außerordentliche; es macht ihm aber einen wehmüthigen Eindruck, daß selbst ein so⸗ edler Geist sich von einigen vorgefaßten Meinungen nicht habe frei⸗ machen können, die in der Theologie seiner Jugendzeit vorherrschten. Thiersch versichert, daß er bei dem Durchdenken und Prüfen seines Werkes die erfreuliche Wahrnehmung gemacht habe, wie ihm die Ueberzeugung von der Echtheit der neutestamentlichen Schriften, die er vor 34 Jahren in seinem jugendlichen „Versuch“ (zur Herstellung des historischen Standpunktes für die Kritik der neutestament⸗ lichen Schriften, Erlangen 1845) nachgewiesen habe, durch alles seitdem Vernommene, Durchforschte und Erlebte bestätigt worden sei, so daß er in der Hauptsache an seinem Werke nichts zu ändern gefunden habe. Thiersch erörterte in der Einleitung des Letzteren zunächst die geschichtliche Stellung des Ehristenthums zum Heidenthum und Judenthum. Die Finsterniß des Heidenthums ist ihm nicht das Ursprüngliche, aus welchem sich das jüdische Volk zum Monotheismus emporgearbeitet habe, das Heidenthum sei vielmehr der allmähliche Abfall von Gott gewesen und das Judenthum die Rück⸗ kehr zum ursprünglichen, der Menschheit gemeinsamen Monotheit mus. Die Geschichte des apostolischen Zeitalters wird dann auf Grund der neu⸗ testamentlichen Schriften in drei Abschnitten geschildert: die Grün⸗ dung der Kirche unter den Juden durch Petrus, die Gründung der Kirche unter den Heiden durch Paulus und, nach dem Tode dieser beiden Apostel, die Leitung der Kirche durch Johannes. Durch den in Anmerkungen erfolgenden Hinweis auf die neutestamentlichen Quellen der Geschichte eignet sich das Werk ebensowohl zum theolo⸗ gischen Sffüpriht b durch seine faßliche Darstellung zur Beleh⸗ rung jedes gebildeten Lesers. ““

1— Sm Verage von L. Voß u. Cie., Königlichen Hofbuchdruckern in Düsseldorf, ist erschienen: „Zur Geschichte der Düssel⸗ dorfer Kunstakademie, Abriß ihres letzten Jahrzehnts und Denkschrift zur Einweihung des Neubaus“, von Karl Woermann. Der Verfasser unterscheidet drei Hauptepochen, deren erste in der kurpfälzischen Zeit mit ihrer Gründung durch den Kurfürsten Karl Theodor im Jahre 1767, deren zweite bereits in preußischer Zeit mit der auf Niebuhrs Rath erfolgten Berufung des großen Peter Cornelius zu ihrer Reorganisation, und deren dritte entweder mit der Einweihung des neuen Gebäudes im Jahre 1879 oder schon mit dem Brande im Jahre 1872 beginnt. Die Schrift beschränkt sich auf eine Skizzirung der beiden ersten Epochen legt dafür die Ge⸗ schichte des Neubaus, dessen Einweihungsfeier sie gewidmet ist, in ihren Hauptmomenten dar und schildert den Bau in allen Theilen. In einem zweiten Abschnitt wird die Feier selbst (am 20 Oktober 1879 abgehalten) eingehend beschrieben. Die Schrift dürfte besonders Sc Theilnehmern des schönen Festes eine an⸗

enehme Erinnerung bieten. 1 E““ der Zeitschrift „Die Literatur“, Monatshefte für Dichtkunst und Kritik (Berlin, Verlag von Theodor Hofmann, Preis pro Heft 1 50 ₰, vierteljährlich 4 ℳ) eröffnet den „Allgemeinen Theil“ mit einer Novellette „Junge Liebe“ von Viector Blürhgen, einem kleinen Meisterstück sti Er⸗ zählungskunst und feinsinniger Beobachtungsgabe. Wil elm Jensen folgt mit einem Cyelus von Gedichten „Auf der Frohburg“, die durch Formschönheit, Pracht der Farbengebung, sowie Tiefe der Empfindung den besten Erzeugnissen des Autors sich würdig zur Seite stellen. Einen wirksamen Gegensatz hierzu bieten Hermann Jahnke's „Twee Läuschen“ in ihrer drastischen, originellen Komik. Vincenz Chiavacci giebt ein scharf umrissenes Bild von dem Leben und Schaffen des verstorbenen Ferdinand Kürnberger. Daran schließen sich zahlreiche kleinere poetische Gaben an. Interesse dürfte der Aufsatz „Georg Ebers und sein neuester Roman“ von Kritikus erregen, der in scharfer und schneidiger, doch streng sachlicher Weise nicht nur das Eberssche Werk, sondern die ganze Richtung, welche dasselbe repräsentirt, vom ästhetischen und dichterischen Standpunkte aus ver⸗ urtheilt. Selbst die Gegner dieser Kritik werden nicht umhin können, die Logik, die Originalität desselben anzuerkennen. Den Beschluß des „Allgemeinen Theils“ bildet eine Novelle „Marianne“ von Emil Taubert, die durch ihr glänzendes Kolorit, durch die spannende Ent⸗ wicklung und Behandlung der eigenartigen Fabel den zahlreichen Freunden des beliebten Autors gewiß eine hochwillkommene Gabe sein wird. Die „Rundschau“ bringt in erster Reihe eingehende und fesselnde Theaterberichte aus Berlin, Wien, München, Prag, Mannheim, sowie interessante Der Inhalt der „Rundschau“ wird vollen ch die Rubrik „Aus dem Redaktions⸗

Gewerbe und Handel.

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In der Generalversammlung der Oberlausitzer Bank zu Zittau am 3. d. M. wurde die Bilanz genehmigt, der Verwal⸗ bung gfcharge ertheilt und die Auszahlung einer Dividende von 4 ⅔% eschlossen. Der Verwaltungsrath der Deutschen Feuerversiche⸗ rungs⸗Aktiengesellschaft setzte die Dividende für das Ge⸗ schäftsjahr 1879 nach Dotirung der Reserven auf 8 ½ % = 50 pro Aktie fest. Nach dem Geschäftsbericht der Allgemeinen Deutschen Kredit⸗Anstalt betrug der Gesammtumsatz des Instituts in 1879 ca. 1529 Millionen Mark (im Vorjahre 1448 Millionen Mark). Der reichliche Geldstand hat in dem verflossenen Jahre die Erträg⸗ nisse des Diskonto⸗ und Konto⸗Korrentgeschäfts geschmälert; dieser Entgang aber hat reichlichen Ersatz gefunden durch die Gestaltung des Effektenmarktes. Die Anstalt hat infolge des letzten Umstandes aus ihren Effekten einen hohen Gewinn gezogen, welcher in den Er⸗ trägnissen des Effektenkontos von nahezu 2 125 000 oder etwa 70 % des Aktienkapitals mit enthalten ist. Der Bruttogewinn stellt sich im Jahre 1879 auf 4 525 431 und setzt sich aus folgenden Beträgen zu⸗ sammen: Zinsen und Gewinn auf Wechselkonto 668 204 ℳ, Zinsen und Gewinn auf Effektenkonto 2 124 894 ℳ, Pfandzinsen 212 141 ℳ, Zinsenüberschuß auf Pfandbriefdarlehen gegen Hypotheken 58 086 ℳ, Zinsen im Kontokorrent 657 201 ℳ, Gewinn auf Provisionskonto 458 160 ℳ, Agio⸗Gewinn 24 162 ℳ, Miethzinsen 70 193 ℳ, verfallene Dividendenscheine 330 ℳ, Ertrag der Filialen und Kommanditbethei⸗ ligungen 223 111 Debet: Zinsen auf Darlehnsbriefe 218 899 ℳ, Abgaben und Staatsaufsicht 143 218 ℳ, Besoldungen und Remune⸗ rationen 173 959 ℳ, Handlung unkosten 59 739 ℳ, zweifelhafte De⸗ bitoren und Abschreibungen 444 568 ℳ, Abschreibung auf Immobilien⸗ konto 151 290 ℳ, Abschreibung auf Mobiliarkonto 9 479 ℳ, Rein⸗ gewinn 3 324 270 ℳ, welcher nach dem Vorschlage des Verwaltungs⸗ raths wie folgt verwendet werden soll: Ordentliche Dividende, 4 % auf 100 000 Aktien à 300 = 1 200 000 ℳ; von dem verbleibenden Reste von 2124 270 sollen nach Abzug des Uebertrages vom vorigen Rechnungsjahre an 28 944 ℳ, mithin von 2 095 326 5 % als Tantièdme an den Verwaltungsrath 104 766 ℳ, 10 % als Tantième an die Direktion, Gratifikationen an die Beamten, sowie als Beitrag zum Pensions fonds 209 532 ℳ, 85 % unter angemessener Abrundung als Superdividende an die Aktionäre mit 6 % pro Aktie à 300 CC“ 8 G werden, so daß also für nächstes Jahr 9971 vorzutragen sind. 8 Die „New⸗Yorker Hdls.⸗Ztg.“ äußert sich in ihrem vom 20. Februar datirten Wochenbericht über die Geschäfts⸗ Lage folgendermaßen: Gegen Erwarten hat sich die Börse durch den starken Geldzufluß aus dem Bundesschatze zu neuen Ausschrei⸗ tungen nicht verleiten lassen. Zwar hat der Gegensatz für die vom Gouvernement angekauften 11 Millionen Bonds theilweise in neuen Eisenbahn⸗Obligationen Anlage gefunden, aber da der Finanz⸗ Minister seitdem wieder eine Million Bonds gekauft hat und diese Ankäufe zunächst jede Woche zu wiederholen beabsichtigt, ist der Geldstand äußerst willig. Gegen Hinterlegung solcher Speku⸗ lationspapiere, die allzu starken Coursschwankungen nicht unter⸗ worfen sind, war on call zu 5 % p. a. leicht anzukommen, und gegen Bundesobligationen war jede Summe zu 4 % und darunter zu haben. Gute Platzwechsel bleiben rar, und unsere hiesigen Banken, welche nicht unter 6 % p. a. diskontiren, gehen fast ganz leer aus, denn auswärtige Kreditinstitute nehmen Alles, was von 2—4 Monatspapier ersten Ranges offerirt wird, gern zu 5 ½ und selbst zu 5 % p. a. Beanspruchte die Produktenspekulation nicht noch immer ganz enormes Kapital, so würde der Diskonto noch weit niedriger sein, während nach vollständiger Eröffnung der Frühjahrs⸗ saison, wenn bis dahin die Produktenspekulation voch nicht erloschen ist, Geld, trotz fortgesetzter Bondsankäufe der Regierung, theurer, aber keinesfalls knapp werden dürfte. Das Geschäft am Waaren⸗ und Produktenmarkte hat in der verflossenen Woche einen ziemlich befriedigenden Verlauf genommen. Für volle Getreide⸗ ladungen wurden sieben Schiffe gechartert. Brodstoffe: Von Weizenmehl fanden ordinäre Qualitäten ziemlich viel Beachtung; Weizen war vorübergehend für Export gefragt und schließt eine Kleinigkeit höher als in der Vorwoche; von Mais wurden ziemlich bedeutende Posten zu steigenden Preisen für eurspäische Rechnung ge⸗ nommen. Baumwolle: Eige Anfangs ziemlich animirte Exportnachfrage für disponible Waare verlor sich im Laufe der Woche wieder und bei flauem Geschäft ging Middling Upland ½ c. per Pfd. auf 13 ½ c. zurück, schließt aber fest zu diesem Preise; das Termingeschäft war nicht so lebhaft als es in der Vorwoche gewesen. Kaffee: Für Rio’'s war die Stimmung eine sehr vertrauensvolle, und haben Preise successive c. per Pfd. angezogen; westindische Sorten erfreuten sich besserer Beachtung, und Java's waren sehr lebhaft. Provisionen: In Schmalz war das Spekulationsgeschäft animirter; Rindfleisch sowie Speck (bacon), ersteres in kleineren Partien, waren für Export begehrt, während Schweinefleisch still war. Für Petroleum macht sich eine etwas festere Stimmung geltend. In Sohlleder hat ein sehr ansehn⸗ liches Geschäft stattgefunden. Schiffsbedürfnisse: Terpentinöl ist durch die Spekulation 5 c. per Gal. in die Höhe getrieben. Für Harz waren geringe Sorten für Export gefragt, während Theer und Pech geschäftslos waren. Im Hopfenmarkte wurde die flaue Stimmung fest. Fremde Manufakturwaaren: Mit Seiden⸗ waaren ist es nicht so lebhaft gewesen als in der letzten Woche, während in Strumpfwaaren das Geschäft nicht zufriedenstellend ge⸗ blieben ist. Der Import von Webstoffen betrug während der heute beendigten Woche 2 868 726. 00 Doll. gegen 2 155 705.00 Doll. in der Parallelwoche des Vorjahres. 1 1 London, 4. März. (W. T. B.) Die gestrige Wollauktion verlief sehr animirt bei sehr hohen Preisen, besonders Philip⸗ und Schweißwollen.

Verkehrs⸗Anstalten.

Triest, 4. März. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Argo“ ist heute Abend 8 Uhr aus Konstantinopel hier angekommen.

Berlin, 5. März 1880. 4

Das Militärwesen in Siam. (Fortsetzung.)

Die Organisation des siamesischen Wehrsystems erinnert in einigen Beziehungen an unsere Feudalzeit, nur beruht die Macht der Lehnsträger nicht auf dem Grundbesitz, sondern auf den Untergebenen. Die eingeborene siamesische Bevölkerung und theilweise auch die durch Ansiedlung von kriegsgefangenen Peguanen und Birmanen entstandenen Kolonien sind in so⸗ genannte „Krom“ eingetheilt, an deren Spitze die höheren Beamten des Landes stehen. Sollen öffentliche Arbeiten, Kanalbauten u. s. w. vorgenommen werden, so wird einigen Herren des Beamtenadels aufgegeben, die er⸗ forderlichen Arbeiter aus ihren Kroms zu stellen, welche diese Dienste unentgeltlich zu leisten haben. In Zeiten der Gefahr werden die Kroms zur Vertheidigung des Landes und des Thrones aufgeboten. Jeder Beamter hat eine der Größe eines Kroms entsprechende Mannschaft auszuheben, er selbst, 88 Söhne oder Angehörige der Familie führen sie ins Feld. Nach einer alten Eintheilung, die aber jetzt nicht mehr auf⸗ recht erhalten wird, zerfallen die Angehörigen der Kroms in 2 Abtheilungen, deren eine zu Militärdiensten verpflichtet war, während die andere zu Arbeiten im Lande heran⸗

welchem genaue Listen über die Militärpflichtigen der verschie⸗

denen Krons geführt werden. In 2 Tagen soll die siamesische Armee auf 200 000 Mann gebracht werden können, welchen allerdings fast jede militärische Vorbildung fehlt. Von den Königlichen Garden abgesehen, erhalten die Leute der Kroms in Friedenszeiten keine militärische Ausbildung, in Kriegs⸗ zeiten werden Gardesoldaten den neu ausgehobenen Truppen als Instructeure zuertheilt. Ihre Waffen werden denselben aus dem Königlichen Zeughause geliefert, in dem gegen 40 000 Snidergewehre vorhanden sein sollen, sich aber jeden⸗ falls auch ein bedeutender Vorrath europäischer Ausschuß⸗ waffen aller Art befindet, unter denen Feuersteingewehre kein geringes Kontingent stellen dürften. Bei Gelegenheit des Einfalls der Chien Hös wurde noch eine bedeutende Partie schlechter Gewehre zu hohen Preisen angekauft. Die Uniform, welche die Milizsoldaten erhalten, ist eine einfache. Sie be⸗ steht in rothen baumwollenen Kappen, Jacken und kurzen Beinkleidern von dem gleichen Stoff und derselben Farbe. Die Kromführer verschiedener Grenzdistrikte erhalten ihre Weisungen nicht direkt von Bangkok, sondern von den dortigen General⸗Gouverneuren, welche mehrfach die Stellung souve räner Fürsten unter siamesischer Oberhoheit einnehmen. Glauben diese, daß Gefahr in Verzug liegt, so sind sie berechtigt, ohne Befehl von der vZe“ abzu warten, selbständig die Aushebung der erforderlichen Truppen anzuordnen und dieselben ins Feld zu führen. Der gänz liche Mangel an Kommunikationswegen, soweit nicht die Na⸗ tur solche durch die Flüsse geschaffen hat, erschwert den Ver⸗ kehr zwischen der Hauptstadt und den entfernten Provinzen außerordentlich und erfordert derartige Bestimmungen. In Folge dessen ist es schon vorgekommen, daß die Regierungen von Siam und Birma noch in friedlichen diplomatischen Unter handlungen standen, während an der Grenze bereits ein heiße Kampf entbrannt war. Außer den Milizsoldaten werden ie Kriegszeiten auch Elephanten ausgehoben, deren Siam circa 3000 stellen kann. Zu Transportzwecken im Dschüng sind dieselben unentbehrlich; wo europäische Waffen zur Ver⸗ wendung kommen, sind sie im Kampfe unbrauchbar. 1 Daß Palegoix von Kriegsfahnen mit Bildern von Drache u. s. w. spricht, dürfte auf Verwechslung mit den Prozessionsflaggen beruhen. Die siamesischen Feldzeichen, welche in Museen, wo sie neuerdings Aufstellung gefunden haben, in Augenschein genommen werden können, deren Aussehen jedenfalls schon auf ziemlich langen Dienst schließen läßt, be⸗ stehen aus Fahnen von grauem oder bläulichem Baumwollen⸗ stoff mit Aufschriften religiössen Inhalts in Pelzschrift, mythi⸗ schen Figuren, sowie einzelnen Buchstaben in Schachbrett⸗ mustern, die ebenfalls eine religiöse Bedeutung haben. Zu Packnam an der Mündung des Menam, dem Schlüssel von Bangkok, sowie ein wenig weiter den Fluß herauf in der Ortschaft Packlat ist eine Einrichtung getroffen, welche eine gewisse Analogie mit den früheren Verhältnissen der österreichischen Militärgrenze aufzuweisen hat. Es bestehen daselbst militärische Kolonien, denen die erbliche Verpflichtung obliegt, den Dienst der dortigen Forts zu versehen, dieselben in Kriegszeiten zu vertheidigen. Diese Soldatenfamilien ge⸗ hören nicht, wie die übrige Bevölkerung, den Kroms der ver⸗ schiedenen Gouverneure an, sondern bilden einen selbständigen Kreis. Um die Männer zu verhindern, in andere Distrikte auszuwandern oder um anderweitig Beschäftigung zu suchen, werden sie gebrandmarkt und damit gewissermaßen zu Militärsklaven herabgedrückt. Obwohl in Friedens⸗ zeiten nicht uniformirt, hat doch eine Abtheilung derselben täglich Exerzitien mit den Geschützen vorzunehmen, die aller⸗ dings nicht bis zu Schießübungen ausgedehnt werden. Außer ihren etatsmäßigen Offizieren sind ihnen neuerdings noch be⸗ sondere Instructeure von Bangkok beigegeben. .

In Friedenszeiten giebt es im Verhältniß zur Größe des Landes nur wenige uniformirte Truppen, und diese bezeichnen die Siamesen alle mit dem stolzen Namen Garden, obschon ihre äußere Erscheinung denselben oft recht wenig entspricht.

Auch die beiden Könige haben ihre besonderen Kroms, welchen diese Soldaten vorzugsweise entnommen sind, mit Ausnahme einiger Abtheilungen, die neuerdings aus den Kroms einiger hochgestellten Beamten gebildet wurden. Die Aushebung der Truppen ist ein einträgliches Geschäft, da Ge⸗ schenke an den damit betrauten Beamten ein ziemlich sicheres Mittel bilden, der Dienstpflicht enthoben zu werden. werden. Die Uniformen sind im Großen und Ganzen euro⸗ päischen Mustern nachgebildet, namentlich nach englischen Vor⸗ bildern angefertigt. Einen englischen Lieferanten haben sie zum reichen Mann gemacht. Mit angeborenem Vorbildungs⸗ sinn haben die Chinesen es jetzt gelernt, Uniformen anzu⸗ fertigen und durch geringere Forderungen den europäischen Konkurrenten fast aus dem Felde zu schlagen.

Steht schon im Allgemeinen dem Orientalen eine Uniform nach europäischem Schnitt nicht sonderlich an, so ist dies in besonders hohem Grade bei den Siamesen wegen ihrer kleinen Statur der Fall. Alle ihre Soldaten machen einen kindlichen Eindruck. .

Die Siamesen sprechen von alten und neuen Garden. Genau genommen kommen aber nur die letzteren bei einer Besprechung des siamesischen Wehrsystems in Betracht.

Zu ersteren zählen die Reste alter Sene aus der Zeit des vorigen Königs, die entweder auf den usterbe⸗Etat gesetzt sind, oder doch nur in geringer Zahl zu speziell außer⸗ militärischen Dienstleistungen erhalten werden. .

Wer die traurigen Gestalten sieht, welche in blauen Jacken, mit einem Messingschild am rothen Bande und Hellebarden in der Hand an verschiedenen Thoren des Palastes Wache halten, wird schwerlich glauben, daß diese zu den Garden gerechnet werden. Ihr früher ziemlich bedeutendes Corps ist eingegangen, nur die wenigen Leute, die als Palast⸗ wächter fungiren, haben Gnade in den Augen ihres König⸗ lichen Herrn gefunden und werden vollzählig erhalten. Bei festlichen Veranlassungen rückt auch eine alte Artillrie⸗ Abtheilung in blauen Jacken, Palays (diese ist die gewöhn⸗ liche siamesische Beinbekleidung; sie besteht aus einem breiten Stück Baumwollen⸗ oder Seidenzeug, das um den Leib ge⸗ wunden wird; elegant angelegt erinnert der Palay an Knie⸗ hosen à la Louis XIV.) und weißen Helmen mit rothem Bande. Ihre Geschütze, lange Röhre, welche anstatt der Lafetten auf drei Füßen aufgestellt sind, ihre langen Feuer⸗ steingewehre können nur noch eine theatralische Wirkung

haben. Nur bei besonderen Gelegenheiten legen die Leute Uniform an, von Exercitien ist nicht mehr die Rede, und ihre Existenz dürfte diese Abtheilung nur noch einigen alten Offizieren zu danken haben. u

Zu der alten Garde werden auch die Tamruot, genau

gezogen wurde. In Bangkok befindet sich ein besonderes Bureau,

zimmer.“

an dessen Spitze einer der höchsten Beamten des Landes steht, in

genommen, eine uniformirte Justizabtheilung, weniger mit