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Ihnen Seitens des Provinzialausschusses noch
den von ihr zu tragenden Opfern gebührenden Einflusses bezwecken,
Der Abg. Ackermann erklärte, er wolle nicht eine längere
Rede über dieses Postulat halten, um sich nicht in den Ver⸗ dacht zu bringen, als ob er pro domo spreche. Der Abg. Richter habe ja auch an sich die Verlegung des Bataillons von Meißen nach Dresden nicht angegriffen, er habe nur das Postulat für zu hoch gehalten und da, glaube er, sei er ver⸗ pflichtet, auf Grund der genauen Kenntniß der lokalen Verhältnisse zu bestätigen, daß die Höhe des Postulats in der Hauptsache durch den großen Preis für das Bauland seine Erklärung finde. Aber das müsse er auch ugeben, daß, wenn einmal aus militärischen Rück⸗ fichten die Kaserne in der Nähe einer Brücke an der bezeich⸗ neten Stelle aufgebaut werden müsse, das Bauland um einen billigeren Preis nicht zu haben sei. Man habe früher sich der Hoffnung hingegeben, mit 100 000 ℳ für das Areal auszu⸗ kommen; es lasse sich aber aus einer Menge von Beispielen darthun, daß, wenn jetzt 300 000 ℳ für das Areal gefordert würden, das Bauland immer noch westnätich billiger bezahlt werde, als es in der dortigen Gegend bei Privaten bei ver⸗ schiedenen Käufen, die man in der jüngsten Zeit vollzogen habe, bezahlt worden sei. Ob die Kaserne luxuriös im Plane angelegt sei, darüber könne er nicht urtheilen. Zu bestätigen habe er nur, daß, dafern aus militärischen Rücksichten die Er⸗ richtung einer Kaserne in der Nähe der Elbbrücke nöthig sei, der Preis für das Bauland in der hier geforderten Höhe immer noch als ein billiger gelten müsse. Die Abgg. Frhr. von Minnigerode und Frhr. zu Francken⸗ stein erklärten sich für die Bewilligung der Position entgegen dem Antrage Richter. Ersterer führte aus, daß in der Kom⸗ mission die Gründe für Beibehaltung der Position ausführ⸗ lich erörtert seien. Die ganze geforderte Summe ergebe sich aus den Erläuterungen über die Zahl der Dienstwohnungen, auch die nicht unwesentlichen Kosten für die Terrains seien deutlich aus den Erläuterungen zu. ersehen und alle diese Momente hätten bereits die Beschlüsse der Budgetkommission bestimmt. Durch welche neue Gründe wolle man die Kom⸗ mission jetzt veranlassen, ein vom ersten abweichendes Votum zu fassen? er bitte um Annahme der Regierungsvorlage. Bei der Abstimmung über den Antrag Richter stellte sich heraus, daß nur 163 Mitglieder im Hause anwesend waren, das Haus also nicht beschlußfähig war. Hierauf vertagte sich das Haus um 3 ½ Uhr auf Donnerstag 11 Uhr.
— Der Finanz⸗Minister hat beschlossen, in Uebereinstim⸗ mung mit dem vor Kurzem für die Bureaubeamten der Re⸗ ierungen ecg Verfahren, die Bureaubeamten er Provinzial⸗Steuerdirektionen und zwar jede Beamtenkategorie für sich fortan durch die ganze Monarchie nach dem Dienstalter im Gehalte aufrücken zu lassen. Diese Maßnahme wird auch auf die seit dem 1. Juli v. J. zur Er⸗ ledigung gekommenen Stellen ausgedehnt.
— Schließen mehrere Gewerbetreibende einen Vertrag, durch welchen einem oder mehreren von ihnen die Beschrän⸗ kung auferlegt wird, ihr Gewerbe in dem Absatzgebiete des Gegenkontrahenten während einer Reihe von Jahren nicht zu betreiben, so ist, nach einem Erkenntniß des Reichsgerichts, I. Hülfssenats, vom 16. Dezember 1879, nur dann ein solcher Vertrag ungültig, wenn die in ihm ausgesprochene Beschrän⸗ kung nach dem thatsächlichen Ermessen des Richters mit dem öffentlichen Interesse unvereinbar ist.
— Ist für eine ihrem Betrage nach nicht näher bezeich⸗ nete Wechsel⸗, Buch⸗ oder sonstige persönliche Forderung des Gläubigers eine Kautionshypothek bis zu einer bestimm⸗ ten Höhe auf das Grundstück des Schuldners eingetragen, so hat, nach einem Erkenntniß des Reichsgerichts, V. Senats, vom 7. Januar 1880, der Gläubiger, wenn er aus der Kautionshypothek den Anspruch auf Zahlung erhebt (beispiels⸗ weise nach der Subhastation des Grundstückes im Kauf⸗ gelderbelegungstermine) den Nachweis zu führen, daß und in welchem Betrage die versicherten Forderungen bestehen.
Z “ an der Feier der Enthüllung des Luisen⸗Denkmals im Thiergarten ist von dem Küras⸗ sier⸗Regiment Königin (Pommerschen) Nr. 2 aus Pase⸗ walk eine Deputation hier eingetroffen.
— Der erste diesjährige militär⸗ärztliche Ope⸗ rations⸗ resp. anatomische Kursus, zu welchem eine größere Anzahl Assistenzärzte der Armee und Marine kom⸗ mandirt und hier eingetroffen sind, hat mit dem gestrigen Tage begonnen.
Stettin, 8. März. Der fünfte Provinzial⸗Land⸗ tag der Provinz Pommern wurde heute durch den Ober⸗Präsidenten Frhrn. von Münchhausen mit folgender Rede eröffnet:
Meine hochzuverehrende Herren!
So sehr ich mich freue, Sie hier wieder begrüßen zu können, 18 schmerzlich vermisse ich drei Mitglieder, welche durch den Tod aus
hrer Mitte geschieden sind und deren Verlust Sie sicherlich, gleich mir, Hie B” 8 .
„Wenn auch die Königliche Staatsregierung Ihrer speziellen Mitwirkung diesmal nur in beschränkterem Maße, 8 behufs der Wahlen zu den Bezirkskommissionen, — bedarf, so macht doch der bestehende einjährige Etat und der nahe bevorstehende Beginn des künftigen Rechnungsjahres Ihre jetzige Einberufung nothwendig. Vorwiegend werden daher die Berathungen des Etats sowie der sonstigen Rechnungssachen Ihre Zeit in Anspruch nehmen.
Seitens der Staatsregierung wird Ihnen eine Resolution des Hauses der Abgeordneten, betreffend die gesetzliche Regelung der Erb⸗ folge in den Bauerhöfen, zur Kenntnißnahme, sowie mit dem An⸗ heimstellen vorgelegt werden, sich darüber zu äußern,
ob und event., in welcher Weise in unserer Provinz ein Bedürfniß
Umnheiner. anderweitigen Regelung dieser Angelegenheit hervorge⸗
reten ist.
Ihrer besonderen Prüfung und Erwägung habe ich ferner die Frage unterbreiten zu sollen gemeint,
ob die Errichtung einer Landeskultur⸗Rentenbank Seitens der Pro⸗
vinz in Aussicht zu nehmen ist.
Eines weiteren Eingehens auf die Wichtigkeit dieser Einrich⸗ tungen enthalte ich mich hier, Firtal dieselben vorwiegend Ihre eigenen Interessen, welche Sie selbst ja am richtigsten erkennen wer⸗ den, berühren. .
Dem schon seit längerer Zeit fühlbar gewordenen Bedürfnisse nachkommend, habe ich unter Zustimmung des Provinzialrathes eire Polizeiverordnung, betreffend die Körung der Privathengste, aufge⸗ stellt. Zur Durchführung derselben ist. Ihre Mitwirkung insofern erforderlich, als der durch die Körgebühren nicht gedeckte Betrag der Kosten der Körung aus Provinzialmitteln gedeckt werden soll.
Außer mehreren weniger erheblichen Angelegenheiten werden — einige wichtige Vorlagen zugehen, welche theils die anderweitige Regelun des Taubstummenwesens bezw. die Sicherung des der Provinz na
1 1 Oesterreich⸗Ungarn.
Königsfamilie auszeichnen, eine vielversprechende Bürgschaft
“ “
nung betreffen. In letzterer Beziehung erwähne ich den von der Staatsregierung geeigneten Falls in Aussicht genommenen Bau einer Eisenbahn von Zollbrück nach Bütow, sowie von Stralsund über Damgarten nach Rostock, für welchen Ihnen die Bewilligung von Unterstützungen aus Provinzialsonds vorgeschlagen wird. Behufs Bereitstellung der hierzu, sowie zu den, für den Bau anderer Sekundärbahnen von Ihnen bereits früher zugesicherten Sub⸗ ventionen erforderlichen Mittel, werden die Seitens des Provinzial⸗ Ausschusses gemachten Vorschläge Ihrer Genehmigung bedürfen. In der berechtigten Hoffnung, daß auch Ihre bevorstehenden Berathungen und Arbeiten einen zum Besten der Provinz dienenden günstigen Abschluß finden werden, erkläre ich hiermit im Namen Sr. Majestät des Kaisers und Königs den fünften Provinzial⸗Landtag der Provinz Pommern für eröffnet. Unter dem Vorsitze des Alters⸗Präsidenten Justiz⸗ Raths Hillmar⸗Cöslin brachte die Versammlung zunächst ein begeistertes dreimaliges Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und König aus. Sodann wurde mittelst Acclamation der Abgeordnete von Köller⸗Cantreck zum Vorsitzenden und der Abgeordnete Haken aus Stettin zum Stellvertreter desselben gewählt. Zu Schriftführern wählte man ebenfalls mittelst Acclamation die Herren Pförtner⸗Dramburg, von Bismarck⸗Kniephof, Graf von Baudissin⸗Schivelbein und Bock⸗ Greifenberg. Nachdem die Versammlung hierauf das An⸗ denken der verstorbenen Mitglieder, Rentier Krüger zu Crien, Landrath von Puttkamer zu Versin und Landschafts⸗Direktor von Hagen⸗Premslaff durch Aufstehen geehrt hatte, erfolgte die Ausloosung der nach der Geschäftsordnung zu bildenden Abtheilungen. An die Mittheilung des Vorsitzenden über die einge⸗ gangenen Vorlagen schloß sich alsbald die Beschlußfassung über die geschäftliche Behandlung der einzelnen Angelegen⸗ heiten und wurde hierauf die Sitzung geschlossen. Nächste Sitzung: Mittwoch, den 10 März.
Beayern. München, 8. März. (W. T. B.) Se. Kaiser⸗ liche und Königliche Hoheit der Kronprinz traf heute Abend 6 ½ Uhr hier ein und setzte um 7 Uhr die Weiterreise nach Berlin fort. Am Bahnhofe waren der preußische Gesandte Graf von Werthern und der General von der Tann zur Begrüßung anwesend.
Sachsen. Dresden, 8. März. (Dr. J.) Die Erste Kammer erklärte sich heute mit dem von der Re⸗ gierung über die Erwerbsverhältnisse im Lande und über die wegen derselben vorzukehrenden Maßregeln angestellten Er⸗ örterungen für befriedigt, nachdem der Staats⸗Minister von Nostitz⸗Wallwitz hierbei Gelegenheit genommen hatte, den in der jenseitigen Kammer gegen die Regierung und insbesondere gegen den Amtshauptmann zu Glauchau erhobenen Vorwurf der Schönfärberei bezüglich des erstatteten Berichts und den Vorwurf, daß die Regierung zur Linderung der dort ungünstigen Erwerbsverhältnisse nicht das Mög⸗ iche gethan habe, zurückzuweisen. Durch einen weiteren, zu den Petitionen von Hauswebern aus dem Mülsengrunde gefaßten Beschlusse wurde der Regierung die Ermächtigung ertheilt, dafern bei längerer Fort⸗ dauer bedrängter Erwerbsverhältnisse an irgend einem Orte des Landes nach Erschöpfung der disponiblen Mittel der betreffenden Gemeinden üg Bezirke das unmittelbar helfende Eintreten des Staates sich nöthig machen sollte, die erforder⸗ e Unterstützzingen aus Staatsmitteln zu gewähren. So⸗ ann genehmigte die Kammer in durchgängiger Uebereinstim⸗ mung mit den Beschlüssen der Zweiten Kammer die veränderte Einstellung einiger Titel der Kap. 19 und 16 c. des Etats der Ueberschüsse, sowie Kap. 19 des Etats der Zuschüsse, ferner die, durch die Beschlüsse beider Kammern veränderte Einstel⸗ lung der Einnahmen und Ausgaben des Staates im Ordi⸗ narium mit 63 759 587, im Extraordinarium mit 1 091 200 ℳ und dementsprechend das Finanzgesetz. Schließlich ertheilte die Kammer der Königlichen Staatsregierung betreffs der ab⸗ gelegten Rechenschaft uͤber den Staatshaushalt innerhalb der Finanzperiode 1876/77 Decharge unter Beitritt zu den hier⸗ auf bezüglichen Beschlüssen der Zweiten Kammer. Die Zweite Kammer trat nach kurzer Debatte dem von der Ersten Kammer angenommenen Antrage des Präsi⸗ denten von Zehmen, den Wucher betreffend, bei, beharrte be⸗ züglich mehrerer Petitionen und der Dekrete, die fortgesetzten Erörterungen über das Bedürfniß eines Waldschutzgesetzes und die Benutzung des Kammerguts Kalkreuth zur Anlage einer Fohlenaufzuchtanstalt Sr bei ihren früheren Beschlüssen, soweit dieselben von den Beschlüssen der Ersten Kammer ab⸗ wichen, und überwies schließlich, dem Beschlusse der Ersten Kammer entsprechend, den Antrag des Herrn von Schönberg (Bornitz), die Vergütung des Reiseaufwands der juristischen und ökonomischen Spezialkommissare bei agrarischen Ausein⸗ andersetzungen betreffend, der Staatsregierung zur Erwägung.
K 1 Der Telegraph hat die Kunde verbreitet von einem freudigen Ereigniß, welches das Oester⸗ reichisch⸗Ungarische Kaiserhaus und die belgische Königsfamilie gemeinsam betrifft, von der Verlobung Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen von Oesterreich⸗ Ungarn mit Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Stephanie von Belgien.
Es liegen darüber folgende Telegramme des „W. T. B.“
Wien, 7. März. Wie das „Telegraphen⸗Correspondenz⸗ Bureau“ vernimmt, hat sich der Kronprinz Rudolf mit der Prinzessin Stephanie von Belgien, der zweiten Tochter des Königs “ Vertabeich hief 8
— 8. März. Sämmtliche hiesige Blätter sprechen si über die Verlobung des Kronprinzen Rudolf mit der 15 zessin Stephanie von Belgien auf das Freudigste aus und heben hervor, daß die Völker Oesterreich⸗Ungarns in den politischen, wie echt menschlichen Tugenden, welche die belgische
vor:
für die glückliche Gestaltung der Zukunft des Vaterlandes erblicken dürfen. 1 Im liberalen Klub zu Pest wurde die durch den Minister⸗Präsidenten Tiscza es⸗ Mittheilung der Verlobung mit enthusiastischen Eljens aufgenommen. — Aus Brüssel, ontag, 8. März, berichtet „W. T. B.“: Das „Journal de Bruxelles“ meldet, daß die Verlobung Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Stephanie mit Sr. Kaiserlichen Hoheit dem Kronprinzen Rudolf von Oesterreich gestern beim Familiendejeuner im Schlosse zu Laeken proklamirt worden sei.
Wien, 8. März. Das Herrenhaus wird morgen eine außerordentliche Sitzung abhalten, in welcher wegen
theils die Unterstützung des Baues von Eisenbahnen minderer Ord⸗ Verlobung des Kronprinzen berathen werden soll; die Ob⸗
männer der Klubs des Unterhauses werden morgen vor der Plenarsitzung einen ähnlichen Schritt vereinbaren. Der Bürgermeister wird morgen dem Gemeinderath von der freudig erregten Stimmung der Bevölkerung Kunde geben und die Entsendung einer Deputation beantragen, welche den Kaiser anläßlich der Verlobung des Kronprinzen beglück⸗ wünschen soll.
— An anderen Nachrichten sind heute durch „W. T. B.“ eingegangen:
Wien, 8. März. Nach einer Meldung der „Polit. Korresp.“ aus Philippopel hat der bulgarische Metropolit die Nachricht von einem angeblichen Hirtenbriefe, in dem die Bulgaren auf⸗ gefordert worden seien, ihre Beziehungen zu den Griechen ab⸗ zubrechen, für unbegründet erklärt.
— 9. März. Nach einer Meldung der „Presse“ ist dem Finanz⸗Minister zur Deckung des Defizits von einer Banquiersgruppe die Emission einer amortisirbaren Rente nach Art sder französischen vorgeschlagen worden. — Demselben Blatte zufolge soll auf die Tagesordnung der am 14. Mai stattfindenden Generalversammlung der Karl⸗ Ludwigsbahn auch ein Antrag des Verwaltungsrathes betreffs der Vizinalbahn Tarnopol⸗Hussiatyn gesetzt werden.
Pest, 8. März. Das Unterhaus nahm die Gesetz⸗ entwürfe über die Bedeckung der Anlehenstilgungsannuitäten, sowie über die Tilgung der Weinzehentschulden und der Grundentlastungsobligationen an.
Großbritannien und Irland. London, 9. März. (W. T. B.) Earl Beaconsfield hat in einem vom 8. d. M. datirten, an den Vizekönig von 1“ gerichteten Schreiben dem Letzteren die bevorstehende Auflösung des Parlaments mitgetheilt. Lord Beaconsfield erinnert in diesem Schreiben an alle die Wohlthaten, welche die der⸗ malige Regierung Irland erwiesen habe, spricht sich auf das Entschiedenste gegen die „Klux“ aus, welche das konstitutionelle Band zerreißen möchten, das Irland mit England verbinde, und betont die Nothwendigkeit, die Solidarität Englands und seiner weiten Gebiete zu befestigen. Bezüglich der dem⸗ nächst bevorstehenden Neuwahlen sagt der Premier: die Macht Englands und der Frieden Europas würden in vielen Stücken abhängen von dem Urtheile, welches das Land durch die Wahlen ausspreche. Die gegenwärtige Regierung habe den für alle Länder, insbesondere aber für England so nothwen⸗ digen Frieden sichern können, mit dem Prinzipe der Nicht⸗ intervention sei aber die Aufrechterhaltung des Friedens nicht möglich. Der Frieden hänge ab von der Mitwirkung, um nicht zu sagen von der Zunahme des Einflusses Englands in dem Rathe Europas. Er hoffe, das Land werde ein Parla⸗ ment wählen, das entschlossen sei, die Macht Englands auf⸗ recht zu erhalten.
Auch in der gestrigen Sitzung des Oberhauses erklärte der Premier Lord Beaconsfield: sobald der Schatzkanzler Northcote das Budget eingebracht habe und andere nothwen⸗ dige Arrangements getroffen seien, werde die Auflösung des Parlaments erfolgen. Im weiteren Verlaufe der Sitzung wurde die irische Nothstandsbill in dritter Lesung ange⸗ nommen.
Im Unterhause erklärte der Sc hanflen Northcoote, daß die Regierung beschlossen habe, das Parlament zu Ostern aufzulösen; das neue Parlament solle Anfang Mai zusammen⸗ treten. Die Regierung wird am nächsten Donnerstag das Budget einbringen. — Im Fortgange der Sitzung wurde von dem ersten Lord der Admiralität, Smith, das in seinen Ziffern bereits bekannte Marinebudget eingebracht und näher begründet. Hierbei wurde von Smith hervorgehoben, daß mit den 43⸗Tons⸗Hinterladergeschützen demnächst Probever⸗ suche angestellt werden sollten. Ferner sei der Bau von 3 neuen Panzerschiffen beabsichtigt, deren eines mit einer Bar⸗ bettenvorrichtung und mit Thürmen versehen werden solle; ebenso sollten 3 ungepanzerte Keuzer hergestellt werden, deren Geschwindigkeit 16 Knoten in der Stunde betrage. Jedes Kriegsschiff erster Klasse solle künftig ein Torpedoboot er⸗ halten. Das Budget sei ein Friedensbudget, man hoffe indeß, daß die Flotte allen Eventualitäten gewachsen sein werde.
Frankreich. Paris, 8. März. (W. T. B.) Bei der Fortsetzung der Berathung des Artikels 7 des Gesetz⸗ entwurfs über den höheren Unterricht in der heuti⸗ gen Senatssitz ung erklärte Jules Simon: wenn man die Stellung der Kongregationen in Frankreich fixiren wollte, so müßte man dies direkt thun und nicht eine Entscheidung über dieselbe treffen anläßlich der Fragen über den Unterricht, Fragen, welche die Gewissensfreiheit mehrerer Millionen Fnec n berührten. Der Redner führte weiter aus, diese iskussion, welche unkluger Weise über den Artikel 7, den Niemand erwartet habe, hervorgerufen worden sei, habe alle Welt in Erstaunen gesetzt. Die freisinnigen Mit⸗ glieder der republikanischen Partei müßten diesem Artikel ein „non possumus“ entgegenstellen. Jules Simon suchte so⸗ dann nachzuweisen, daß das vorgelegte Gesetz unnütz und un⸗ politisch sei, und setzte auseinander, auf welche Weise sich der Staat gegen den von Mitgliedern der Kongregationen er⸗ theilten Unterricht vertheidigen müsse. Der Redner erinnerte hierbei an die Antwort Heinrichs IV. an die Mitglieder der Universitäten, welche sich über den Erfolg der Jesuiten be⸗ klagten: „machet die Schulen besser als sie, und die Schüler werden zu euch zurückkehren.“ Jules Simon schloß mit der Erklärung, man müsse die katholische Kirche durch die Freiheit bekämpfen. Die Rede Jules Simons wurde von Seiten der Rechten und des Centrums sehr beifällig aufgenommen. Nach einer weiteren Rede Ronjats (Republikaner), welcher zu Gunsten des Artikels 7 sprach, wurde die Weiterberathung auf morgen vertagt. — (Fr. C.) Die auf dem Transportschiff „Loire“ heimgeführten Amnestirten sind gestern Nacht in zwei Zügen, um 3 ½ und um 5 Uhr, auf dem Montparnasse⸗Bahnhofe eingetroffen, wo eine nach Tausenden zählende Menge die ganze Nacht hindurch ihrer geharrt hatte. An der Spitze der zu . Begrüßung erschienenen Comités bemerkte man die Abgg. Louis Blanc, Clémenceau und Cantagrel und die Gemeinde⸗ räthe Engelhardt, Roche, Lafont u. A. Die Menge empfing die Heimkehrenden mit den Rufen: Es lebe die Amnestie! Es lebe die Republik! Es lebe Frankreich! und geleitete sie nach dem nächsten Restaurant im Hotel de la Marine, wo sie auf Veranstalten der Comités ein reichliches Mahl und 10 Fr. per Kopf erhielten.
Italien. Rom, 8. März. (W. T. B.) Die Depu⸗ tirtenkammer beschloß heute, den Antrag Morelli's, be⸗
Entsendung einer Beglückwünschungsdeputation anläßlich der
treffend die Ehescheidung, in Erwägung zu ziehen. Der Justiz⸗
betreffend die gemeinsame Statistik der deutschen Staaten, unter
Minister hatte die Erklärung abgegeben, daß das Ministerium den Morelli'schen Antrag im Prinzip acceptire, sich aber einige Aenderungen desselben vorbehalten müsse. Vom Handels⸗ Minister wurde eine Vorlage, betreffend die Theilnahme Italiens an der Berliner ischereiausstellung, eingebracht. Auf eine Anfrage Nicotera's bezüglich des Unfalles auf dem „Duilio“ erklärte der Marine⸗Minister: der technische Grund des Zerspringens der Kanone sei noch nicht aufgeklärt, doch sei zur Feststellung desselben eine Enquete eingeleitet worden. Die Beschädigungen des Schiffes selbst seien nur geringfügig, und habe dasselbe bereits gestern seine Schießübungen fort⸗ setzen können. Der Zustand der bei dem Unfall verwundeten Offiziere und Mannschaften sei befriedigend.
Rumänien. Bukarest, 8. März. (W. T. B.) Cam⸗ pineano ist nunmehr definitiv an Stelle Sturdza’'s zum Finanz⸗Minister ernannt worden.
Nußland und Polen. St. 1“ 9. März. (W. T. B.) Die „Agence Russe“ bezeichnet die Entschei⸗ dung der französischen Regierung in der ö— des russischen Unterthanen Hartmann als eine bedauerliche und ernsthafte (grave), behält sich indeß eine weitere Würdigung bis dahin vor, wo nähere Details darüber vorliegen würden.
Amerika. Washington, 8. März. (W. T. 38 Hr. de Lesseps hatte am letzten Sonnabend eine Unterredung mit dem Präsidenten Hayes, in welcher er dem Letzteren erklärte, daß nicht daran gedacht werde, den Panamakanal unter die Kontrole des Auslandes zu stellen, und daß die Interessen der Vereinigten Staaten durch den Kanal in keiner Weise beeinträchtigt werden würden. Der Präsident 55 erwiderte: er freue sich zu erfahren, daß das von
lens -ece- Unternehmen nicht politischen Zwecken dienen solle. 1.
— (W. T. B.) Eine Botschaft des Präsidenten ayes an den Senat erklärt: die Politik der Vereinigten taaten bezüglich des Panama⸗Kanals bestehe in der
Ausübung der Kontrole über den Kanal durch die nord⸗ amerikanische Union. Die Vereinigten Staaten könnten diese 1 Fetaaen,a Macht oder einer Kombination europäischer Mächte überlassen.
Sa” Francisco, 7. März. (W. T. B.) Die Regie⸗
rung hat in Folge der Agitation gegen die schinesischen Arbeiter Truppen hierher gesendet. Die Waffendepots werden bewacht.
Nr. 10 des „Justiz⸗Ministerial⸗Blatts“ hat folgenden Inhalt: Allgemeine Verfügung vom 20. Februar 1880, betreffend die Entschädigung der Gerichtsvollzieher für die Vermittelung von Ge⸗ richtskostenhebungen. — Allgemeine Verfügung vom 28. Februar 1880, betreffend eine Modifikation der “ über die Fonds⸗ verwaltung bei den Justizbehörden vom 28. eptember 1879. — Allgemeine Verfügung vom 28. Februar 1880, betreffend Klagen gegen aktive Offiziere und Anträge auf Leistung des Offenbarungs⸗ eides. — Mittheilung, die große Staatsprüfung betreffend, m 26. Februar 1880.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Das Januarheft 1880 der Monatshefte zur Sta⸗ t istik de 8 . eutschen Reichs enthält: 1) Mittheilungen über die im Laufe des Jahres 1879 ergangenen Anordnungen des Bundesraths,
denen namentlich die Neuordnung der Handelsstatistik von Bedeutung ist, sowie über die vorbereitenden Verhandlungen, welche bezüglich der Einrichtung der nächsten Vortezählung unter den amtlichen deutschen Statiflikern stattgefunden haben. 2) Uebersichten über die Ehe⸗ schließungen, Geburten und Sterbefälle im Jahre 1878. 3) Nach⸗ weise der Waaren⸗Ein⸗ und Ausfuhr im Monat Januar, die ersten, welche auf Grund des Gesetzes über die Waarenstatistik vom 20. Juli 1879 aufgestellt worden sind. 4) Die üblichen, gegen früher etwas erweiterten Tabellen über die monatlichen Durchschnittspreise wichti⸗ ger Waaren an einer Anzahl von deutschen Großhandelsplätzen. 5) Eine Uebersicht über die im Januar versteuerten “ und über die Zucker⸗Ein⸗ und Ausfuhr. 6) Nachweise neuer statisti⸗ cher Literatur. — Das Lehrbuch des preußischen Privatrechts und der Privatrechtsnormen des Reichs von Dr. Heinrich Dern⸗ burg, Geh. Justiz⸗Rath, Professor an der Universität Berlin, Mitglied des Herrenhauses, liegt mit dem soeben erschienenen 3. Bande vollendet vor (Halle a. S., Buchhandlung des Waisenhauses) Mit dem Per⸗ sonen⸗ und Familienrecht (Eherecht, Verwandtschaftsrecht, Erbrecht) schließt der Verfasser sein System des preußischen Rechts, welches „in der praktischen Anwendung auf einem beträcht⸗ lichen Gebiet während eines fast hundertjährigen Zeitraums weiter entwickelt, ein mächtiges Mittelglied der deutschen Rechtsentwicklung geworden ist und naturgemäß das wesentliche Fundament des dereinsti⸗ gen deutschen Privatrechts bildet.“ Die Bedeutung des preußischen Privatrechts nach dieser Richtung hin bestimmter zum Bewußtsein zu bringen, hat sich der Verfasser bei diesem Werke zur Aufgabe ge⸗ stellt, und er 9 diefe Aufgabe durch seine eingehende wie lichtvolle Darstellung gelöst. 8 8 88 Won den Württembergischen Jahrbüchern für Statistik und Landeskunde, herausgegeben von dem Königlichen statistisch⸗topographischen Bureau (Stuttgart, W Kohlhammer), ist die 2. Hälfte des I. und II. Bandes Jahrgang 1879 erschienen. Das erstbezeichnete Heft enthält die Uebersicht über die Verwaltung der Rechtspflege 1878, die Statistik des Unterrichts⸗ und Erziehungs⸗ wesens 1877— 78, den Medizinalbericht für 1876 und die Uebersicht über die württembergische Literatur 1878. Das 2. Heft des II. Bandes nehmen die württembergischen Vierteljahrshefte für Landesgeschichte ein. In denselben findet sich zunächst ein chronologisches und ein alphabetisches Verzeichniß derjenigen Württemberger (nahezu 2000 an der Zahl), welche in den Jahren 1612 bis 1793 die Uni⸗ versität Straßburg besucht haben. Es folgt eine Abhandlung zur Gründung d.s schwäbischen Bundes“, welche nachweist, daß Graf Hugo von Werdenberg als Kaiserlicher Rath den Gedanken des Bun⸗ des in Kaiser Friedrich IV. angeregt, nachher aber gewußt habe, dem Bunde eine Richtung zu geben, welche den In⸗ teressen seines Hauses und Standes ganz besonders entsprach. Nach den Mittheilungen der Anstalten fuͤr vaterländische Geschichte und Alterthumskunde, welche geschäftlichen Inhalts sind, berichtet der Verein für Kunst und Alterthum in Ulm und Oberschwaben über den römischen bei Mengen gefundenen Altarstein, welcher dem Danuvius von Overanus geweiht ist. Ferner über den alten Fluß⸗ und Gaunamen Nibel (von Nebel), über die Entstehung des Ortsnamens Pflummern, über eine Chronik der Reichsabtei Hegagbach. Aus der Alterthumssammlung zu Wolfegg wird die Be⸗ schreibung der Kupferstiche und Holzschnitte Albrecht Dürers fort⸗ gesetzt. Weiter folgen interessante Mittheilungen zur Geschichte des baperischen Hiesel (Mathias Klostermayr, 1771 durch Fürstbischöflich augsburgisches Militär verhaftet, am 6. September 1771 zu Dillin⸗
des vorigen Jahrhunderts. Der württembergische Alterthums⸗ verein in Stuttgart berichtet über die im August 1878 in der dor⸗ tigen Hospitalkirche aufgefundenen Grabsteine aus dem 16. und 17. Jahrhundert; der historische Verein für das württembergische Franken über die letzten Schlachten des dreißigjährigen Krieges auf württembergischen Boden und in dessen nächster Nähe, 2) die Schlacht bei Allerheim 3. August 1645, über die Staufischen Reichskämmerer von Lindach (Weinsberg), Siebeneich und Geislingen und ihre Wohn⸗ sitze (Schluß). Aus dem mittelalterlichen Badleben: 1) Badreise der Frau Anna von Weinsberg in das Wildbad 1436, 2) Badordnung für das Bad Mainhardt. Zur Topographie von Württembergisch Franken, ein Minnelied, über die kirchliche Eintheilung des würt⸗ tembergischen Franken 1453, über die Propsteikirche zu Rappach, über den Kunstschreiber Thomas Schweicker aus Schwäbisch⸗Hall und einen in Weinsberg gefundenen Steintorso eines Ritters. — Der bedeutendste vielseitigste Lyriker des deutschen Mittel⸗ alters, der erste patriotisch⸗politische Dichter in unserer Literatur, Walther von der Vogelweide, hat auch in letzter Zeit wieder nach verschiedenen Richtungen hin wissenschaftliche und literarische Be⸗ achtung gefunden. Eine fleißige und anziehende Studie lieferte Paul Wigand: „Der Stil Walthers von der Vogel⸗ weide“ (Marburg, Elwert. 1879). Auch eine französische Monographie, die recht werthvoll ist, haben wir zu verzeichnen: „Un Trouvère Allemand, Etude sur Walther von der Vogelweide par A. Lange, Professeur au Collège Rollin. (Paris, Sandoz et Fischbacher 1879.) In der Cotta'schen Sammlung von Schulausgaben deutscher Klassiker erschienen: „Ausgewählte Gedichte Walthers von der Vogelweide und seiner Schüler,“ mit Einleitung, Anmerkungen und Wörterbuch von Reinhold Bechstein (Stuttgart, Cotta, 1879). Sehr willkommen ist auch eine encyklopädische Arbeit über den Dichter von Willibald Leo: „Die gesammte Literatur Walthers von der Vogelweide, eine kritisch⸗vergleichende Studie zur Geschichte der Walther⸗Forschung (Wien, Gottlieb, 1880.) 8
— Das Märzheft der „Deutschen Rundschau“ (heraus⸗ gegeben von Julius Rodenberg, Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin) bringt den ersten Theil einer Erzählung von Marie von Ebner⸗Eschenbach: „Lotti, die Uhrmacherin“, einen Essay von G. Brandes über Prosper Mérimée, den Schluß der autobiographischen Blätter aus dem Leben eines preußischen Generals (bis zur Thronbesteigung König Friedrich Wilhelm IV.), ferner den Schluß der Beiträge zur Geschichte des letzten polnischen Aufstands, auf deren Interesse die Zeitungen bereits aufmerksam gemacht haben. Ludwig St⸗ub schildert türkische Kulturzustände 1879, Karl Hillebrand den Charakter und die Thätig⸗ keit des Fürsten Metternich nach dessen hinterlassenen Papieren und Ed. Hanslick die Opern⸗ und Concertsaison in Wien. Unter „Lite⸗ ratur“ werden die neuesten Romane von B. Auerbach (Der Forst⸗ messterh. Bechae Ebers “ R. Frenzel (Frau Venus), unstge tliche u. a. Werke besprochen. 4
ge hchaes⸗ in Wort und Bild von Emil Schlagintweit. Mit 400 Illustrationen. 4. Lieferung. Leipzig, Verlag von Schmidt & Günther. 1 ℳ — Die 4. Lieferung dieses Prachtwerkes ist erschienen und enthält den Schluß des interessanten Kapitels über die indischen Völker und Kasten, geschmückt und erläutert durch charakteristische Abbildungen der Radschputs, der Brahmanen, der Bengali, der Sindh, der Dschat und der Vertreter anderer Stämme. Sodann beginnt der Verfasser die Schilderung der Geschichte der Jahrtausende alten Felsentempel in Elephanta, in Kanheri, in Karli u. s. w. Diese uralten Tempelbauten sind nicht gebaut, son⸗ dern in den Felsen gemeißelt, die beigegebenen Abbildungen, wie die Löwengrotte in Elephanta, der Haupttempel in Kanheri und andere, geben von der Leistungsfähigkeit dieser alten Völker, welche mit so wenigen Mitteln so großartige Bauten ausführten, einen hohen Be⸗ griff. Die neue Lieferung ist wohl geeignet, das Interesse an dem Werke zu steigern. “
Gewerbe und Handel.
In der ordentlichen Generalversammlung der Schlesischen Boden⸗Credit⸗Actien⸗Bank vom 8. März cr. wurde die von der Direktion vorgelegte Bilanz genehmigt, die Dividende auf 7 % für das Jahr 1879 festgestellt und der Verwaltung Decharge ertheilt.
— Der Einlösungscours für die hier zahlbaren Silber⸗ Coupons Oeste rreichischer Eisenbahn⸗Prioritäten ist auf 171 0 ₰ für 100 Fl. österr. Silber herabgesetzt worden.
Verkehrs⸗Anstalten. 1t
Plymouth, 8. März. (W. T. B.) Der Hamburger Postdampfer „Gellert’ ist hier eingetroffen.
New⸗York, 8. März. (W. T. B.) Der Hamburger Postdampfer „Silesia“ und der Dampfer des Norddeut en Lloyd „Rhein“ sind hier eingetroffen.
86—
Berlin, 9. März 180.
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In Gegenwart Sr. Majestät des Kaisers und Ihrer Ma. ftet der Kaiserin trat am Montag Abend auf Veran⸗ lassung des Centralausschusses für die innere Mission der deutsch⸗ cvangelischen Kirche eine große Zahl hochangesehener Männer in der Aula des Wilhelms⸗Gymnasiums zusammen, um die Bildung eines lokalen Hülfsvereins der inneren Mission behufs Bekämpfung des sozialen und kirchlichen Nothstandes unserer Stadt anzubahnen. Nachdem die Allerhöchsten Herr⸗ schaften von den Mitgliedern des Centralausschusses empfangen und an Ihre Plätze geleitet worden, ergriff der Hof⸗ und Domprediger Dr. Baur das Wort zu einem einleitenden Vortrage, in dem er in kurzen Zügen die Entstehung der inneren Mission schilderte. Alsdann berichtete der Prediger Oldenberg über die Thätigkeit des Centralaus⸗ schusses. Seine Hauptbestrebung sei es zunächst gewesen, den Haus⸗ gottesdienst und den Sonntag wieder zu Ehren zu bringen. Nächstdem habe der Centralausschuß der Kindererziehung sein Augen⸗ merk zugewandt. Sein „Rauhes Haus“ sei Vorbild geworden für Hunderte ähnlicher Anstalten. Lange habe der Staat diese beschei⸗ dene stille Wirksamkeit übersehen, bis in die neue Zeit hinein, wo das Gesetz über die Zwaggserziehung und die Sorge um eine Unter⸗ kunft für die verwilderte und entsittlichte Jugend auf einmal habe erkennen lassen, wie die innere Mission die Aufgaben der Schule und des Staats vorbereitet habe. Der Centralausschuß sei es gewesen, der die Schäden der Vormundschaftsordnung erkannt habe, und dessen Bitten nicht unwesentlich bei Erlaß der neuen Ordnung eingewirkt hätten. Aber was hülfen Gesetze, wenn es an christlichen Vormündern fehle; daher sei es der lebhafte Wunsch des Ausschusses, daß die kirchlichen Organe warm interessirt würden für das Vormundschaftswesen. Der Ober⸗Kirchenrath habe den Wunsch freundlichst berücksichtigt und durch alle Provinzen die Weisung erlassen, soweit das Gesetz es zulasse, dieser Anregung nachzukommen. Redner mußte darauf verzichten, auf ein⸗ zelne Gebiete der Wirksamkeit einzugehen, und gedachte zum Schluß nur noch der Kriegsjahre 1864, 1866, 1870/71, in denen die innere Mission Hunderte von Felddiakonen dem Vaterlande zur Verfügung gestellt habe. Der Geheime Regierungs⸗Rath Bosse entwickelte als⸗ dann die Aufgaben und Ziele des zu gründenden Lokal⸗ vereins, der für die Thätigkeit des Centralausschusses lokalen Boden schaffen, dem Ausschuß mit Rath und That zur Hand gehen und ihm Anregung geben solle, Eine finanzielle Unterstützung der Aufgaben der innern Mission soll, wie der Redner ausdrücklich betonte, mit dem Hülfsverein in erster Reihe nicht verknüpft sein. Der Ober⸗Konsistorial⸗Rath Professor Dr. Weiß schloß gegen 9 Uhr die Versammlung mit Worten des Dankes für das Erscheinen Ihrer
Rerklärung zum Lokalverein, dessen 32 und Leitung der Ober⸗
Tribunals⸗Präsident a. D. Wirkl. Ge Ober⸗Justiz⸗Rath Dr. Wentzel übernommen, fanden zahlreiche Unterschriften. ö11““
Von dem Neuen Archiv der Gesellschaft für ältere
deutsche Geschichtskunde zur Beförderung einer Gesamintaus⸗
gabe der Quellenschriften deutscher Geschichten des Mittelalters ist
kürzlich das 2. Heft V. Bandes ausgegeben worden (Hannover,
ahnsche Buchhandlung). In demselben berichtet zunächst K. Gillert
uͤber lateinische Handschriften in St. Petersburg, wo namentlich der
Corbeienser Codex der Gregorbriefe, nach dem lange vergeblich ge⸗
forscht wurde, in der Kaiserlichen Bibliothek neuerdings ermittelt
worden ist. Ueber die Kaiserurkunden des Bisthums Utrecht referirt
Karl Foltz, über die Papstbriefe der britischen Sammlung P. Ewald.
Die letztgenannte Briefsammlung mit hunderten von unedirten päpst⸗
lichen Schreiben, die im Wesentlichen dem 6., 9. und 11. Jahr⸗
hundert angehören, wurde von Mr. Edm. Bishop in London
mit dankenswerther Opferwilligkeit für die Monumenta germaniae
abgeschrieben und nach Berlin gesandt. Sie giebt, wenn sie auch
keineswegs mit sogenanntem historischem Zweck angelegt wurde, „un⸗
willkürlich eine reiche historische Ausbeute, wie für Personen und
Ereignisse, so für die Chronologie der Inedita und auch vieler be⸗
kannter aber sonst undatirbarer Briefe.“ Unbedingt hält der Re⸗
ferent es für geboten, diesen kostenbaren Schatz später durch eine vollständige Publikation weiter wissenschaftlich verwerthbar zu machen. Dann folgt ein Beitrag zur Frage nach den Quellen der Historia Langobardorum von G. Waitz. Derselbe wendet sich gegen die von Mommsen im vorigen Heft ausgesprochenen Ansichten. Im Allge⸗
meinen liegt die Verschiedenheit der Meinungen Beider darin, daß Waitz glaubt, eine Anzahl Schriftstücke, wie sie uns erhalten sind, als dem Paulus bekannt und von ihm mehr oder minder getreu aus⸗ geschrieben nachgewiesen zu haben, während Mommsen statt dessen ver⸗ lorene, oder doch in anderer Gestalt dem Paulus bekannte Werke als Quelle annehmen zu müssen, in einem Fall, wo Waitz eine Vorlage des Paulus sieht, vielmehr eine Ableitung ein Excerpt von ihm vor sich zu haben meint. Dies betrifft ein Verzeichniß der Provinzen Italiens, das in einer Madrider Handschrift enthalten und aus ihr als Beilage zum Paulus gedruckt ist. Waitz hält es für unzweifel⸗ haft, daß Paulus sowohl das Madrider Verzeichniß wie das von Mommsen als seine Quelle angesehene kürzere, nach einer Handschrift als das Speierer bezeichnete, benutzt hat. Im Uebrigen handele es sich um Vermuthungen, die sich vielleicht nicht vollständig widerlegen, aber nach dem Erachten des Verfassers noch weniger fest begründen ließen. Besonders sehe er, was die römischen Nachrichten betreffe, keinen Grund, den Beda oder den Liber pontifi- calis aus der Reihe der von Paulus benutzten Bücher zu streichen. — Unter den „Miscellen“ finden sich Mittheilungen aus verschiedenen Handschriften von E. Dümmler, Handschriftliches aus Ita ien, von H. Breßlau, über die Kopfische Kompilation der Zwiefalter Chro⸗ niken Ortliebs und Bertholds, von Dr. Baumann, und über die Fürstlich Metternich'sche Bibliothek auf Schloß Königswart in Böhmen, von W. Schum. — Aus den kleinen Nachrichten am Schlusse verdient Erwähnung, daß von der Abtheilung der Auctores antiquissimi Tomi III. pars pesterior erschienen ist, enthaltend den Corippus, herausgegeben von Joseph Partsch. (Beigegeben ist eine Schriftprobe des Madrider Codex saec. IX. in schöner west⸗ gothischer Schrift.) Die Separatausgabe des Bruno de bello Saxo- nico ist in zweiter Ausgabe erschienen, mit Hinzufügung einer Aus⸗ wahl der verschiedenen Lesarten, nach neuer Vergleichung der Hand⸗ schrift bearbeitet von W. Wattenbach. Von der Sammlung der „Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit“ in deutscher Bearbeitung sind ausgegeben worden: Auszüge aus Ammianus Marcellinus von Dr. D. Coste, die Jahrbücher von Augsburg von H. G. Grandaur, und Ekkehard von Aura, von W. Pflüger.
Das Märzheft von Petermanns Geographischen Mit⸗ theilungen (Gotha, Justus Perthes) enthält den Schluß des Be⸗ richts von Dr. W. Junker über seine Reisen im Westen des Weißen Nil, den egyptischen Aequatorialprovinzen. Beigegeben ist eine Karte, in welche neben der Junkerschen die wichtigsten anderen neueren Reisen eingetragen sind. Dr. Richard Lehmann in Halle giebt eine Darstellung der dänischen Untersuchungen in Grönland aus den Jahren 1876 — 79. Diese letzteren sind deshalb wichtig, weil kein anderes bekanntes Land der Erde in dem Maße wie Grönland ein Analogon für die Eiszeit bietet, deren gewaltigen 8 Vorgängen ein großer Theil des nord⸗ und mitteleuropälschen Bo⸗ dens seine gegenwärtige Gestalt, theilweise selbst seine Zusammen⸗ setzung verdankt. Wenn über diese Episode in der geologischen Ge⸗ schichte jener Länder im Einzelnen heute noch eine Menge von Mei⸗ nungsverschiedenheiten bestehen, wie z. B. über den Grad erodirender Kraft der Eiszeitgletscher, über die Deutung des norddeutschen Diluviums als Eisdrift⸗ oder als Gletschererscheinung ꝛc., so hat man dort die erwünschteste Gelegenheit, alle solche Fragen an der Quelle zu studiren. Auch darüber, wie das Pflanzen⸗, Thier, und Menschen⸗ leben der Eiszeit zu denken ist, läßt sich dort eine ziemlich deutliche Vorstellung gewinnen. Ja selbst in unsere unmittelbare Gegenwart reicht die Bedeutung jenes Landes hinein, denn da der nördliche Theil des Atlantischen Ozeans mit seinen Küstenländern und dem ganzen nördlichen und mittleren Europa ein in sich selbständiges meteorologisches Gebiet bildet, so liegt auf der Hand, daß ein so eigenthümlich geartetes Hochland, welches, mehr als doppelt so groß wie Skandinavien, dem letzteren fast ge⸗ nau im Westen gegenüberliegt, nicht ohne wesentlichen Einfluß auf die atmosphärischen Strömungen dieses Gebietes und demnach auch auf unsere Witterung sein kann. In dem vorliegenden Aufsatz sind die Resultate der Steenstrurpschen Expeditionen in den Jahren 1876, 1877 — 79, der Jensenschen Expeditionen in den Jahren 1878 und 1879 zusammengestellt. Beigefügt ist eine Karte nebst Ab bildungen. — Die geographische Nekrologie des Jahres 1879 weif sehr herbe Verluste auf, denn es finden sich darin die Namen v. Cotta Dove, Handtke, Keith Johnston, v. Roon, Siegfried, Wappaeus u. A Dem letzteren hat Prof. Dr. Hermann Wagner am Schluß d Heftes einen besonderen ausführlichen Nekrolog gewidmet.
In Krolls Theater ging am Sonntag ein vieraktiger Schwank von Julius Rosen: „Starke Mittel“ zum ersten Male in Szene. Das Stück hat Zeitungsnachrichten zufolge in Wien gut gefallen und auch hier wurde es freundlich aufgenommen wegen seiner harmlosen Lustigkeit, seiner geschickt erfundenen, Heiterkeit erregen⸗ den Situationen. Auch dieser Schwank zeigt wiederum die gewandte Hand des Verfassers für das szenisch Wirksame und seine Erfindungs⸗ gabe für komische Effekte. Dazu kommt, daß der Dialog mit mehr Sorgfalt gearbeitet ist, wie viele andere Stücke des Verfassers. Kurz, das Stück ist wohl geeignet, für einige Abendstunden angenehm zu unterhalten, zumal, wenn es sich einer so guten Darstellung zu er⸗ freuen hat, wie hier auf Krolls Bühne. Neue Motive und neue Si⸗ tuationen wird man zwar vergeblich suchen; Rosen selbst und viele Andere haben ähnliche Feisnren und Szenen vielfach in anderen Stücken geschildert, indessen frisch aufgeputzt und etwas anders drapirt und mastirt erkennt man in ihnen nicht sofort, wenn sie flinken Schrittes an uns vorüber hüpfen, die längst bekannten Züge. Man amüsirt sich über sie als wären sie uns neu, weil man sie immer wieder so bald vergißt. Dergleichen Schwänke, für einen kurzen Theaterabend geschaffen, wollen nicht auf ihren Gehalt geprüft sein; genug, wenn sie gefallen; daß dieses geschehen, davon gab die heitere Stimmung, in welche das Auditorium versetzt wurde, ein augenschein⸗ liches Zeugniß. In den weiblichen Hauptrollen zeichneten sich die Damen Fr. Carlsen, Fr. Walter⸗Trost und Frl. Schwarz, welche ihre Rolle mit köstlichem Humor durchführte, in den männlichen vor⸗ nehmlich die Herren Kadelburg, Kurz und Guthery mit dem beste
gen hingerichtet), über 2 Urkunden aus dem Jahre 1273, über nen Biberacher Heirathsprozeß aus dem Ende
Majestäten. Die im Vorzimmer ausgelegten Listen zur Beitritts⸗
Erfolge aus. 11“