1880 / 147 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 25 Jun 1880 18:00:01 GMT) scan diff

LETE“

Ueber das Vikingerschiff in Sandeherred (Norwegen)

folgende weitere Nachrichten zugegangen:

in welchem dieser bedeutsame Fund gemacht

ist, muß schon durch seine ungewöhnliche Größe die Aufmerksamkeit

auf sich ziehen; seine jebigen Dimensionen sind etwa 450 Fuß im n der Höbe; ursprünglich wird er höher ge⸗

sind dem „Aftonblad⸗ „Der Grabhügel,

Umkreis und 16 Fuß Vermuthlich wegen seiner Größe hat

wesen seiv. erhalten.

„Königshügel“ So wie

ewirken vielleicht die großartigen Umgebungen

und die das Grab umgebenden 5—6 Ellen hohen Lehmwände, man jetzt noch nicht so leicht den vollen Eindruck der Größe erlangen aus dem Hügel gebracht und noch mehr, sehen, daß man es sondern mit einem wirklichen Fahrzeuge zu thun hat, dessen Dimensionen zeigen, daß unsere Vorväter mit dem⸗

b kann; wenn das Schiff G wenn es unter Dach gekommen ist, wird man nicht mit einem Boote,

selben die Wogen der Nordsee sehr wohl durchpflügen ist jetzt dabei, den Lehm an und zugleich das Schiff, um es zusammen zu halten, so daß es aus dem Hügel fortgeschafft werden kann.

Die jüngsten Untersuchungen haben klärungen gebracht, durch

rend des Ruderns angelegt worden sind. Nachdem

Schiffes bloßgelegt, fand man, daß runde Riemenlöcher in der ober⸗ 88* eltgibuing der Schiffsseite angebracht waren,

sten starken 2 in einem Abstande von

2 Fuß 7 Zoll nach Innen schnitten im oberen Theil versehen,

An der eigentlichen Schiffsseite waren zwei

rippen befestigt waren; die Ober⸗Relinge neigten

das Schiff nunmehr ausgegraben auf dem Boden de;

Hägel⸗ dasteht, macht es einen recht imposanten Eindruck. Und doch der gewaltige Hügel

den Seiten des Schiffes fortzuschaffen

einige interessante Auf⸗ 1 welche früher Mitgetheiltes berichtigt und vervellständigt wird. Man wußte u. A. nicht, wie die Riemen wäh⸗

so 8g ““ iren konnten, indem die Riemen von Innen hinausgesteckt wurden. Seite befanden sich kleine zierlich gearbeitete Klappen, ver⸗ mittelst welcher die Riemenlöcher geschlossen man segelte. er⸗

7 bracht, welche an Verlängerungen von Schiffs⸗ dünnem Material angebrach 11““

machten aber doch den Eindruck einer

haben kann.

er den Namen dargeboten haben m

daß

konnten. Man daß vor dem Mastblock

zu unterbauen, jetzt niedergelegt,

die Seiten des zeug nach seinem zukünftigen und zwar Interessant ist es, und mit Ein⸗ der schweren Balken sind vollständig

aufrecht erhielt. Relinge von bereits Erwähnung gethan.

Höhe von mehr als 2 Fuß über den Riemenlöchern, so daß das Fahrzeug auf dem Wasser gleichwohl nicht so ganz niedrig ausgesehen Die Ober⸗Relinge sind, gleichwie die Schiffsseiten über dem Wasserspiegel, bemalt gewesen. Relinge mit Schildern bedeckt gewesen, lagen, die Holzbekleidung der letzteren war abwechselnd gelb und schwarz bemalt, was, von der Seite gesehen,

uß.

Die Mitte des Eeifes wird von dem großen Block ausgefüllt, in welchem der Mast angebracht war. Letzterer hat nach hinten nie⸗ dergelegt werden können; derselbe ist ziemlich schwer, in einer Höhe von 3 Fuß mißt er 3 Fuß im Umkreis; das an seinem Platze stand, hatte eine Höhe von fast 11 Stück, welches abgehauen im Fahrzeug lag, mißt 22 ; Zwischenstück fehlt, ist die ganze Höhe des Mastes etwas über 30 Fuß gewesen, was im Verhältniß zur Länge des Schiffes, 75 Fuß, nicht viel ist; wahrscheinlich fehlt jedoch ein Zwischenstück. Interessant ist, die Ueberresse einer Spille (Winde) aufge⸗ funden worden sind, welche ohne Zweifel dazu verwendet worden ist, den schweren Mast zu heben und zu senken.

Die hinter dem Maste angebracht gewesene Grabkammer ist da die schweren Balken das Schiff drückten und die Fortschaffung in hohem Grade einzelne Balken ist jedoch numerirt, ursprünglichen Form zusammengesetzt werden kann, Aufbewahrungsorte den Einbruch der alten Grabplünderer zu sehen; die ganze Schiffsseite an der Backbordseite ist fortgehauen, die

muß schon in alten Zeiten geschehen sein, 1 t noch die Erinnerung an die Grabkammer urd deren Platz im Hügel

Der im Fahrzeuge gefundenen losen Gegenstände haben wir Es mag hier nur noch Einiges über die geschnitzten Holzgegenstände gesagt werden. erregen die gefundenen Drachenköpfe.

Nach Außen sind die Ober⸗ welche halb übereinander sind, befestigt waren.

einen lebhaften Anblick

untere Stück, welches uß. Das obere uß; falls kein

erschwert haben würde; jeder so daß das Ganze in seiner falls das Fahr⸗ gebracht wird.

durchschlagen; diese Plünderung

während die Tradition

Besonderes Interesse Acht bis zehn Zoll breite

serer jüngeren Eis 3 Ich bin geneigt, sie in Verbindung mit der tisch Eisenzeit zu bringen, welche meistens durch die livländischen Funde und Fundorte bekannt geworden ist; begrabene Vikinger sie auf einem Zug nach der Ostsee erworben hat.

Das Ausgraben bietet nicht geringe Schwierigkeiten dar. Das Holzwerk, welches sich etwa ein Jahrtausend in dem feuchten Lehm so gut konservirt hat, ist, wenn es jetzt trocken nird, sehr geneigt, zu reißen und sich krumm zu ziehen; r wird das Fahrzeug daher mehrere Male mit Wasser übergossen, zu welchem Zwecke man eine Feuerspritze aus Sandefjord requirirt hat. Die Relinge werden mit Tannenreisern bedeckt und die ge Holzgegenstände in feuchtem Moos oder im Wasser aufbewahrt. —.⸗ zur Konservirung erwünschte Reinigung und vollständige Präparirung kann erst stattfinden, wenn Aufbewahrungsort gebracht ist.

Wie sich denken läßt, hat der Fund überall in Norwegen und selbst im Auslande das größte Interesse erweckt. beiströmenden Schaulustigen ist eire große gewesen; jüngsten Sonntage ankerten in der Nähe des Fundortes 13 Dampfer mit Besuchern. Das Fahrzeug soll im Alterthums⸗Museum der Universität Christiania Aufnahme finden.“

Planken haben am Ende geschnitze phantastische Drachenköpfe mit spielenden Zungen und offenen Rachen mit Reihen großer Zähne; zum Theil sind sie mit lebhaften Farben bemalt. 2 sind mehrere Ellen lang; daß sie an den Steven befestigt gemwesen ist unzweifelhaft, aber es läßt sich noch nicht sagen,

Diese Planken

wie sie Die Drachenköpfe gehören paarweise zusammen;

wahrscheinlich waren sie paarweise an den Stevenplanken, einer an jeder Seite, befestigt.

Die Mittheilungen über die . Beschläge zu Sattel⸗ und Riemenzeug sind dahin zu berichtigen, daß die für Silber gehaltenen beiden Garnituren aus Blei sind. Ihrem ganzen Stile nach erweisen diese Bleibeschläge sich als etwas in un⸗ enzeit bisher Unbekanntes und Einzigdastehendes.

in der Grabkammer gefundenen

ostbaltischen jüngeren es wäre möglich, daß der hier

bei der jetzigen dürren Witterung

schnitzt

22

das Fabrzeug nach seinem schließlichen

Die Zahl der her⸗ an einem der

dem Innern des Schiffes,

mnmngmnngngn—————

der Bentschen Reichs⸗Anzeigers und Königlich Prenßischen Ktaats-Anzrigers: Berlin, S. W. Wilhelm⸗Straße Nr. 32.

X

A g.

Inserate für den Deutschen Reichs⸗ u. Königl. Preuß. Staats⸗Anzeiger und das Gentral⸗Handels⸗ register nimmt ant die Königliche Expedition

1. Steckbriefe und Untersachungs-Sachen.

2. Subhastationen, Aufgebote, Veorladungen u. dergl.

3. Verkäufe, Verpachtungon, Subhmisszienen etc.

4. Verioosung, Amortisation, Zinszahlung n. s. w. von öffentlichen Papieren.

1Deffentlicher Anzeiger.

. Industrielle Etablissementas, und Grogshandel. Verschiedene Bekanntmachungen. 7. Literarische Anzeigen. . Theater-Anzeigen.

Fabriken

In der Börsen-

Inserate nehmen an] die Annoncen⸗Expedtttonen des „Invalidendank“, Radolf Mosse, Haasenstein (‚/s½⅔½ᷣ Bogler, G. 2. Danbe & Co., E. Schlottt. Büttner & Winter, sowie alle ührigen größeren

Annoneen⸗Bureaus.

Familien-Nachrichten. beilage.

Steckbriefe und Untersuchungs⸗Sachen.

Steckbrief. Gegen den unten beschriebenen Kelluer Andreas Julius Kikritz, aus Bernburg im Her⸗ zogthum Anhalt gebürtig, welcher sich verborgen hält, soll eine durch vollstreckbares Urtheil des Königlichen Kammergerichts zu Berlin vom 29. August 1878 erkannte Gefängnißstrafe von noch 2 Monaten und 9 Tagen vollstreckt werden. Es wird ersucht, denselben zu verhaften und in das Amtsgerichts⸗ gefäng des Ergreifungsortes abzuliefern. Berlin, den 22. Juni 1880. Königliche Staatsanwaltschaft beim Landgericht I. Beschreibung: Alter: Jahre, Größe: 1,61 m, Statur: kräftig, Haare: dunkelblond, kraus, Stirn: hochgewölbt, Bart: dun⸗ kelblonder Schnurrbart, sonst rasirt, Augenbrauen: dunkelblond, Augen: blau, Nase: roß, Mund: ge⸗ gewöhnlich, Zähne: vollständig, Kinn: oval, Ge⸗ sicht: voll, oval, Gesichtsfarbe: gesund, Sprache: deutsch. Besondere Kennzeichen: In der linken Leiste eine große rothe Narbe.

Steckbrief. Gegen den Kaufmann Bernhard Simon, geboren am 9. April 1880 in Stolp i./P., welcher sich verborgen hält, soll eine durch vollstreck⸗ bares Urtheil des Königlichen Kammergerichts zu Berlin vom 18. November 1878 erkannte Gefäng⸗ nißstrafe von drei Monaten vollstreckt werden. Es wird ersucht, denselben zu verhaften und in das Amtsgefängniß des Ergreifungsortes abzuliefern. Berlin, den 21. Juni 1880. Königliche Staats⸗ anwaltschaft beim Landgericht I.

[16308]

Schiffer Gottfried Fink aus Düsseldorf soll er⸗ hebliche Angaben bezüglich des Raubmords an Josef Pollak machen können. Ich bitte denselben auf Be⸗ treten eidlich über seine Wahrnehmungen einzuver⸗ nehmen.

Mannheim, den 23. Juni 1880.

Großh. Landgericht. Der Untersuchungsrichter II.

[16230) Im Namen des Königs!

In Sachen betreffend das von dem Schulvorstande zu Oster⸗ holz beantragte Aufgebotsverfahren bezüglich der von der Wittwe des Bockschiffers Johann Friedrich Schmonsees, Meta, geb. Wohlers, in Osterholz und dem Landwirth Johann Mahnke aus Osterholz, z. Z. in New⸗York, angekauften, in der Feldmark Osterholz belegenen Grundstücke, erkennt das König⸗ liche Amtsgericht zu Osterholz durch den Amts⸗ richter Meyer für Recht:

Alle Diejenigen, welche dem Aufgebot vom 21. April 1880 zuwider im heutigen Termine Rechte der im Aufgebot bezeichneten Art an den daselbst genannten Grundstücken nicht ange⸗ meldet haben, werden hierdurch solcher Rechte im Verhältniß zum neuen Erwerber der ge⸗ dachten Grundstücke für verlustig erklärt. V. R W.

Meyer. Beglaubigt: Bode, Gerichtsschreiber. Verkündet am 18. Juni 1880. Bode, Gerichtsschreiber.

Verkäufe, Verpachtungen, Submissionen ꝛc.

[15792] Bekanntmachung. 8 Die Ausführung der Arbeiten und Lieferungen zum Bau einer Wegeüberführung mit hölzernem Ueberbau in Station 32,12 zwischen den Halte⸗ stellen Fangschleuse und Hangelsberg, Fasne auf zusammen ca. 9000 ℳ, soll in ipfatice Sub⸗ mission vergeben werden, und ist hierzu ein Ter⸗ min auf

den 1. Juli d. Is., Vorm. 10 Uhr, vor der unterzeichneten Dienststelle anberaumt. Be⸗

zügliche mit der Aufschrift: 4 „Submission auf Herstellung einer Wegeüber⸗ g in Station 32,12 der Niederschlesisch⸗

versehene Offerten sind bis zum Termin versiegelt und portofrei einzusenden. 1 . Die Submissionsbedingungen, das Preisverzeichniß nebst Offertenformular, sowie die Zeichnungen, liegen im dieiseitigen technischen Bureau während der Dienststunden zur Einsicht aus, auch werden solche daselbst gegen Erstattung der Kopialien auf Erfor⸗ dern abgegeben. Ein Exemplar der Bedingungen ꝛc. liegt außerdem im Bureau des Vereins Berliner Bau⸗Interessenten, Wilhelmstr. 92/93, hierselbst aus. Berlin, den 14. Juni 1880. Königl. Eisenbahn⸗Betriebs-Amt (Berlin⸗Sommerfeld), 1 Koppenstraße Nr. 88/89.

[16074] Bekanntmachung.

Der zum Bau des Dienstgebäudes des Ministe⸗ riums der geistl. ꝛc. Angelegenheiten, Unter den Linden Nr. 4, erforderliche Bedarf von

1000 Mille Hintermauerungssteinen sollen in öffentlicher Submission vergeben werden.

Versiegelte Offerten mit der Aufschrift: „Sub⸗ mifsion auf Hintermauerungssteine“ sind nebst den Proben an das Baubureau, Unter den Linden 4, portofrei bis zum 29. Juni 1880, Vormittags 11 Uhr, einzureichen, zu welcher Zeit der Termin stattfindet. .

Die allgemeinen und speziellen Bedingungen sind im Baubureau und beim Berliner Baumarkt ein⸗ zusehen.

Berlin, den 21. Juni 1880. Die Kgl. Bau⸗Verwaltung

[16022]2 Bekanntmachung.

Die Maurer⸗, Dachdecker⸗ und Anstreicherarbeiten inkl. Material⸗Lieferung zur Ausführung der Bau⸗ reparaturen pro 1880 bei dem Filial⸗Artillerie⸗ Depot zu Wittenberg sollen im Submissionswege vergeben werden, wozu ein Termin auf

den 2. Juli 1880, Vormittags 11 Uhr, im diesseitigen Büreau anberaumt worden ist.

Postmäßig verschlossene Offerten sind mit der Aufschrift „Baureparaturen in Wittenberg“ bis zu dem genannten Termine franco hierher einzu⸗ senden. 8

Die Kostenanschläge und Bedingungen liegen im Büreau des Filial⸗Artillerie⸗Depots zu Wittenberg zur Einsicht aus, können auch gegen Kopialien von dort abschriftlich bezogen werden.

Artillerie⸗Depot Torgau.

[16310] Bekanntmachung.

Im Wege der öffentlichen Submission sollen:

74 kieferne Bettungsbohlen à 3 m lang, 30 cm

breit und 8 em stark,

33 kieferne Bettungsrippen à 4,5 m lang,

0,16 cm ◻,

13 dergleichen à 6 m lang, 0,16 cm beschafft werden, wozu ein Termin auf den 12. Juli er., Vormittags 11 Uhr, im diesseitigen Bureau angesetzt worden ist.

Postmäßig verschlossene und mit der äußeren Auf⸗ schrift: „Submission auf Bettungshölzer“ ver⸗ sehene Offerten sind bis zum genannten Zeitpunkte an das unterzeichnete Artillerie⸗Depot einzureichen, woselbst die Bedingungen zur Einsicht ausliegen, welche auch gegen Erstattung der Kopialien bezogen werden können. 11“

Artillerie⸗Depot Torgau.

[15445] Submission auf die Lieferung von b8 3450 Bettungsbohlen à 3 m lang, 30 ecm breit, 8 em stark, 1786 Rippenstücke à 0,9 m lang, 16 qem stark, 961 Rippenstücke à 0,9 m lang, 16 em breit, 8 em stark, sämmtlich von Kiefernholz, am 5. Juli d. J., Vormittags 10 Uhr, im Bureau des Artillerie⸗Depots, wo die Lieferungs⸗ bedingungen eingeseben, auch gegen Einsendung von 1,50 bezogen werden können. Cöln, den 15. Juni 1880. Artillerie⸗Depot

Mlärlischen Eisenbahn’”“

8 8 (161211⁄½ Bekanntmachung. Die zu dem Neubau des Garnison⸗Lazareths in Neu⸗Ruppin erforderlichen: 1) Glaser⸗Arbeiten veranschlagt auf 1430 67 2) Maler⸗ und Anstreicher⸗Arbeiten, veranschlagt auf.. 2 88 3) Schieferplattenlieferung, veran⸗ sollen in öffentlicher Submission an den Mindest⸗ fordernden vergeben werden. 8 Die Bedingungen und Kosten⸗Anschläge liegen im Bureau des Garnison⸗Lazareths, sowie auf dem Berliner Baumarkt, Wilhelmstraße 92/93 zur Ein⸗ sicht aus und können auch gegen Erstattung der Kopialien bezogen werden. Versiegelte und mit entsprechender Aufschrift ver⸗ sehene Offerten sind bis zum 5. Juli cr., Vor⸗ mittags 10 Uhr, franco einzusenden, zu welcher 87 die Eröffnung in Gegenwart der erschienenen Submittenten erfolgen wird. Neu⸗Ruppin, den 22. Juni 1880. Königliches Garnison⸗Lazareth.

Verloosung, Amortisation, Zinszahlung u. s. w. von öffe

ichen Papieren.

[16129] Angermünde⸗Schwedter Eisenbahn. Die laut Beschluß der Generalversammlung vom 21. Juni cr. auf 1,75 % festgesetzte Dividende für das Geschäftsjahr 18è79 auf die Stamm⸗Priori⸗ täten unserer Gesellschaft kann gegen Vorlegung und Abstempelung des Dividendenscheins Nr. 7 (efr. §§. 18, 19 des Statuts) vom 1. Juli ab in Berlin bei der Coupons⸗ Kasse der Berliner Handelsgesellschaft während der üblichen Geschäftsstunden mit 10 50 erhoben werden.

Die Dividendenscheine sind arithmetisch geordnet, mit Nummernverzeichniß versehen, einzureichen.

In derselben Versammlung wurde von den Schuld⸗ verschreibungen

die Nummer 2 über 3000 zur Rückzahlung am 1. Juli gezogen.

Die Rückzahlung erfolgt gegen Rückgabe der Obligation nebst den dazu gehörigen, noch nicht fälligen Coupons nach dem 1. Juli cr. bei der Ber⸗ liner Handelsgesellschaft, bei welcher von diesem Tage ab auch die Zinsen der übrigen Schuldver⸗ schreibungen gegen Einlieferung des Zinsscheins

Nr. 5 1 mit 150 pro Stück zur Auszahlung gelangen. Schwedt, den 22. Juni 1880.

Der Aufsichtsrath

er Angermünde⸗Schwedter Eisenbahn⸗Gesellschaft.

nane Rostocker Bank.

Aus den Verhandlungen der Generalversamm⸗ lung der Aktionäre der Rostocker Bank vom 19. d. M., in welcher 873 Aktien mit 90 Stimmen vertreten waren, wird statutenmäßig das Nach⸗ stehende bekannt gemacht:

Der Bericht des Verwaltuygsraths der Bank und der Direktion mit den vollständigen Rechnungs⸗ vorlagen ist gedruckt und im Voraus an die Herren Aktionäre vertheilt, weswegen denn auf die Ver⸗ lesung desselben verzichtet ist, wogegen der Bericht des Ausschusses verlesen ist. Es wird darin berich⸗ tet, daß der Ausschuß im verflossenen Verwaltungs⸗ jahre im Ganzen fünf Sitzungen abgehalten hat, und daß zur Revision der Bankrechnungen wiederum eine aus drei Mitgliedern des Ausschusses bestehende Committe erwählt ist, welche die sämmtlichen Rech⸗ nungen, sowie die ganze Geschäftsführung der Bank einer gründlichen Prüfung unterzogen hat. Der all⸗ gemeine Revisionsbericht ist in der Generalversamm⸗ lung vorgelesen und wird aus demselben bemerkt, daß sich die Revisionscommitte am Schlusse ihres Berichts wörtlich wie folgt ausgesprochen hat:

Spezialbericht sub B. erweiset, bei der dies⸗ jährigen Revision so wenige und geringfügige Monituren zu stellen gehabt, und haben uns andererseits so vollständig überzeugt, daß die ganze Leitung und Verwaltung des Geschäfts mit vorzüglicher Umsicht und Tüchtigkeit aus⸗ geführt ist, daher wir nicht blos die Erthei⸗ lung einer Decharge empfehlen müssen, sondern uns auch gedrungen fühlen, in beiden Beziehun⸗ gen ein besonderes Lob auszusprechen.“ Die Ertheilung der Decharge an den Verwal⸗ tungerath und an die Bankdirektion für das ab⸗ gelaufene Rechnungsjahr ist denn auch beschlossen. Nach der Rechnungs⸗Vorlage der Direktion be⸗ trägt der Reingewinn des abgelaufenen Geschäfts⸗ jahres, nachdem bereits eine Abschlagsdividende von 4 % des Aktienkapitals, gleich 240 000 gezahlt ist, die Summe von 85 421,22 Hiervon gehen zunächst ab: 1) die Tantidme des Verwaltungs⸗ raths und der Di⸗ rektion mit .. 3 035,40 2) die statutenmäßige Dotirung des Re⸗ servefonds mit

17 955,30 20 890,70 bleiben 64 530,52 Die Direktion hat proponirt: 1) davon für dubiöse Debitoren⸗Konto abzu⸗

S1,“ . 14 000 2) an die Aktionäre

zu vertheilen eine

Super ⸗Dividende

von 5/6 % oder 5

per Aktie, gleich. 50 000 3) auf neue Rechnung

vorzutragen 350,52 616

Dieser Antrag ist im Beihalte der Befürwortung der Revisionscommitte zum Beschlusse erhoben, und wird demzufolge eine Superdividende von 5 % des Aktienkapitals vertheilt werden, welches sich also im verflossenen Verwaltungsjahre mit 4 % ver⸗ zinset hat. Der Reservefonds der Bank betrug 89 000 ℳ, und beläuft sich jetzt auf 267 855 0 J.

Die Reihe des Austritts aus dem Ausschusse traf dieses Mal die Herren Kaufleute Emil Beck⸗ mann, W. Lange, Martin Petersen, W. Scheel und den Herrn Bau⸗Inspektor Saniter, sämmtlich zu Rostock. Die Vorgenannten sind durch absolute Majorität wiedererwählt, und haben die Wahl angenommen. (H. 02888.)

Rostock, den 19. Juni 1880.

Der Verwaltungsrath der Rostocker Bank.

1 Bekanntmachung. 8 Von den auf Grund des Allerhöchsten Privile⸗ iums vom 6. Juni 1874 ausgegebenen 4 ½ %

Insterburger Stadtobligationen III. Emission

sind in heutiger Magistratssitzung folgende Num⸗

mern zur Einlösung gezogen worden: 4 58 89 171 174 202 221 222 227 236 267 341 343 345 357 363,

überhaupt 16 Stück à 600 = 9600 Diese Kapitalsbeträge werden den Inhabern der

Obligationen hierdurch mit der Aufforderung ge⸗

kündigt, dieselben gegen Rückgabe der Schuldoer⸗

schreibungen nebst Talons und Zinsscheinen der

späteren Fälligkeitstermine am 2. Januar 188

bei unserer Stadthauptkasse in Empfang zu nehmen,

indem mit dem 31. Dezember d. J. die Verzinsung

aufhört.

[16311]

von dem Kapital in Abzug gebracht. Insterburg, den 17. Juni 1880. Der Magistrat.

Redacteur: Riedel.

Verlag der Expedition (Kessel) Druck: W. Elsner.

Fünf Beilagen

Berliut

„Im Uebrigen haben wir, wie der beifolgende

(einschließlich Börsen⸗Bei

Der Betrag der etwa fehlenden Zinsscheine wird

* 8

8

zum Deutschen Reichs⸗Anz

.

2* ö eiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Berlin,

AA.

Freitag, den 25. Juni

9.

1880.

Aichtamtliches.

Preußen. Berlin, 25. Juni. Im weiteren Verlaufe der gestrigen (83.) Sitzung setzte das Haus der Ab⸗ geordneten die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, be⸗ treffend Abänderungen der kirchenpolitischen Ge⸗ setze, mit der Diskussion des Art. 10 fort. Nach dem Abg. 12— von Heereman ergriff der Minister der geistlichen ꝛc. ngelegenheiten von Puttkamer, wie folgt, das Wort:

Miine Herren! Ich muß anerkennen, daß ich in einer Diskussion wie die gegenwärtige mich den vom Centrum gegenüber von vornherein in einer ungünstigen Lage befinde; Sie können, wenn Sie über diese Angelegenheit der weiblichen Kongregation sprechen, appel⸗ liren und ich stehe gar nicht an zu sagen: mit Recht appelliren an die edelsten Gefühle, die die menschliche Brust bewegen.

Ich muß, indem ich mich auf den Staatsstandpunkt stelle, fest⸗ halten an der staatlichen und von dem preußischen Staat als solcher

anerkannten Nothwendigkeit, und das bringt mich allerdings von vornherein in eine Lage, die gerade nicht angenehm zu nennen ist. Namentlich wenn der Hr. Abg. Reichensperger an die Ritterlichkeit der in der Regierung befindlichen Personen avpellirt, um die Be⸗ handlung der Orden auf eine andere Basis zu stellen, so ge⸗ stehe ich ganz offen, daß das für mich ein sehr starker Stachel ist, denn ich hasse nichts mehr, als die Möglichkeit des Vorwurfs: Mangel an Ritterlichkeit weiblichen Ordenskongrega⸗ tionen gegenüber, die sich den edelsten und humansten Zwecken der widmen. 3ch eine Herren! Ich will sogar noch einen Schritt weiter gehen. Ich gestehe für meine Person ganz offen, daß ich es für 1 der katholischen Kirche als solcher die Orden nicht in ihrer Tota⸗ lität vorzuenthalten. Die Ordensthätigkeit bildet nun eine wesent⸗ lich eigenthümliche und natürliche Lebensäußerung der Kirche. Es fragt sich nur, auf welchen Gebieten der Staat seinen Interessen zu⸗ nächst im Stande und verpflichtet ist, dieser Thätigkeit Raum zu geben; und da hat nun die preußische Gesetzgebung, auf deren Boden ich selbstverständlich stehe und stehen bleibe, die ganze erziehliche und unterrichtliche Seite den Kongregationen abgeschnitten, wir haben es zu thun mit den Krankenpflegeorden. Von diesem Standpunkt aus, meine Herren, sage ich, sollte das Centrum die Vorschläge, die wir in dieser Gesetzesvorlage bringen, mit Freuden begrüßen, denn sie enthalten im Wesentlichen Punkte gerade eine Milderung und Abstellung derjenigen Uebelstände, gegen die auch der Herr Ab⸗ geordnete Frhr. von Heereman in seinen letzten Aeußerungen ganz wesentlich polemisirte. Es dürfte also ein großer Theil der Aus⸗ führungen, die sowohl Hr. Reichensperger als Hr. von Heereman gemacht haben, diesem Artikel der Vorlage gegenüber in der That gegenstandslos sein. Denjenigen Beschwerden, ich will nicht sagen allen, aber einen großen Theil welche wir heute gehört haben, will, soweit wir sie als berechtigt anzuerkennen vermögen, der Artikel 10 der Vorlage Abhülfe verschaffen. Nun kann ich mich, glaube ich, für die heutige Diskussion dar⸗ auf beschränken, nicht die Vorlage zu motiviren, denn ich nehme an, sie wird vom ganzen Hause anerkannt, und wenn ich mir die Redner⸗ liste ansehe, die vor mir liegt, und für die Vorlage nur einen Redner finde, so ziehe ich meinestheils nicht daraus den Schluß, daß die Herren von jener Seite (links) des Hauses dem Artikel 10 ihre Genehmigung ver⸗ sagen wollen. Ja, nach der Rednerliste kann ich es nicht anders annehmen; ch hätte allerdings gewünscht, daß mir in der Diskussion auch von jener Seite (links) des Hauses einige Unterstützung zu Theil würde, während ich jetzt allerdings ganz allein eintrete.

Also, meine Herren, für die Vorlage plädire ich nicht, sondern ich will nur ganz kurz motiviren, weshalb die Regierung glaubt, den Abänderungsvorschlägen, welche die Herren aus den Reihen des Cen⸗ trums gestellt haben, nscht zustimmen zu können.

Wenn also zunächst die Ausdehnung der weiblichen Ordensthätig⸗ keit verlangt wird, auch auf die Waisenpflege, so müssen Sie mir doch von vornherein zugestehen, daß dieser Vorschlag aus dem Rahmen der Krankenpflege herausfällt, Sie können durch keine Deduktion und durch keine Dialektik es dahin bringen, die Waisenpflege zu subsum⸗ miren unter die Krankenpflegethätigkeit, und deshalb werden Sie mir nicht verübeln, wenn ich erklären muß: die Regierung kann auf diesen Boden nicht treten, weil sie sich eben von dem grundsätzlichen Boden nicht entfernen kann, daß nur auf die Krankenpflege beschränkt blei⸗ en muß.

Dann wird verlangt in einer Reihe von Amendements, daß die⸗ enige Staatsaufsicht, welche wir glauben festhalten zu müssen, in Bezug auf die Krankenpflegerorden gelockert werde, und Hr. von

Heereman hat ja ein Bild davon entrollt, in wie hohem Maße die

Staatsaufsicht diese segensreiche Thätigkeit der Kongregationen nicht nur erschwere, sondern sogar zu vernichten drohe. Meine Herren, dies ist gerade der Punkt, in welchem die Staatsregierung die Rich⸗ tigkeit der von jener Seite vor mir angeführten Gesichtspunkte be⸗ streiten muß. Die Aufsicht, welche der Staat in dem Gesetz von 1875 über die Orden und ihre Thätigkeit etablirt hat, ist keine sokoe daß die Kongregationen in ihrem Nerv, in ihrer wirklich humanen Thätigkeit irgendwie auch nur behindert wären. Ich glaube, meine Herren, die Praxis wird das durchaus bestätigen.

Hr. von Heereman sagte zunächst, es ist doch geradezu unerhört, elbst bei einer bloßen Versetzung aus einer Niederlassung in die andere eine, wenn auch nur nachträgliche Kenntnißnahme der Regie⸗ ung zu fordern. Es liegt vor mir ein Formular für solche Ver⸗ 8 G 1 Erstens braucht die Anzeige nur allmonatlich zu geschehen, keineswegs für jeden einzelnen Fall, und dann enthalten die ganzen Rubriken lediglich statistische Bemerkungen. Vor⸗ und Zuname, Ordensname, Stellung im Orden, Jahr und Tag der Geburt, In⸗

igenat, Zeit des Eintritts, Versetzung aus der Niederlassung A. in ie B., Grund der Versetzung und Thätigkeit in der Niederlassung. Diese letztere Rubrik hatte lediglich den Bezug und Zweck, zu einer Zeit, als eine große Anzahl von Orden und Kongregationen noch die oppelte, die erziehliche und die Krankenpflege übten, zu unterscheiden, welchem Zweck der Kollektivthätigkeit das einzelne Mitglied diente; nachdem die erziehlichen Niederlassungen aufgehört haben, fällt diese Rubrik überhaupt fort. Was den Grund der Versetzung anbetrifft, o ist die ausdruͤckliche Verfügung ergangen, daß diese Rubrik unaus⸗ gefüllt bleiben kann, diejenige Kongregakion, der es unangenehm ist, diese Notiz zu geben, macht einfach einen Strich. Sie werden mir zugeben, es kostet etwas Papier und Tinte, aber absolut weiter nichts, es enthält keine materielle irgend welcher Art. 8 Was nun die Aufnahme betrifft, so muß ich ja anerkennen, daß er Gesichtspunkt, den Hr. von Heereman zur Sprache brachte, ein sehr wichtiger ist. Ich habe ihm gegenüber auch bereits bei der Etatsberathung hervorgehoben, aus welchen Gründen die Regierung das Gesetz nicht anders auslegen zu koͤnnen glaube, als daß die Staatsaufsicht, wenn sie in der That von Wirkung und von einer ewissen Garantie für die Staatsinteressen sein soll, doch so weit wird gehen müssen, daß die Aufnahme des Mitgliedes der staatlichen Genehmigung unterliegt. Und nun, meine Herren, erlauben Sie mir doch eine Frage: Wie kommt es denn, daß gerade die einfluß⸗ reichsten, ich möchte sagen die mächtigsten Krankenpflegeorden keinen Anstand nehmen, indem sie eben den humanen Zweck ihrer segens⸗

eichen Thätigkeit höher ftellen wie irgend einen systema t ischen

Widerstand gegen die Staatsgesetze, keinen Anstand neh⸗ men, sich den einfachen Kontrolvorschriften ohne alles Be⸗ denken zu fügen. Ich werde, weil es in der Kommission vorgekommen ist und es interessant genug ist, davon noch einmal Kenntniß zu nehmen, eine Erklärung vorlesen, die in der That für diese Seite der Sache in hohem Grade charakteristisch ist. Die Herren wissen jedenfalls, daß die ausgebreitetste, und ich darf wohl sagen, mit dem größten Segen verbreitete Genossenschaft, die⸗ jenige der barmherzigen Brüder in Schlesien ist. Ich habe selbst diese Kongregation zu betrachten Gelegenheit gehabt und kann be⸗ haupten, daß kaum in der ganzen Christenbest eine Genossenschaft mit solcher Hingebung und Aufopferung wirkt, wie dieser Orden, der vom ersten Augenblick des Gesetzes an ohne allen Anstand sich den Aufsichtsvorschriften gefügt hat. Dafür ist ihm aus den Reihea seiner eigenen Glaubensgenossen eine sehr starke Kritik zu Theil ge⸗ worden, man hat darin den Abfall von den dogmatischen Grund⸗ sätzen der katholischen Kirche in so hohem Maße behauptet, daß gegen den ehrwürdigen Prior des Mutterhauses zu Breslau die allerheftigsten Anfeindungen daraus entstanden sind. Was hat der Prior hierauf geantwortet? Er hat öffentlich erklärt:

„Von einer längeren Berufsreise zurückgekehrt, bin ich erst heute in der Lage, die schweren Verdächtigungen und argen Verun⸗ glimpfungen zurückzuweisen, welche die „Schlesische Volkszeitung“ in den Nummern vom 11. und 18 d. unserem Orden zugefügt hat. Ich erkläre hiermit in der bestimmtesten Weise, daß Seitens des Ordens der Regierung nichts geschehen ist, was unserem Gewissen, den Satzungen der Kirche und den Regeln des Ordens auch nur im Geringsten zuwider ist. Zugleich hoffe ich, daß durch derartige Verdächtigungen das Vertrauen in nichts erschüttert werden kann, dessen der Orden sich in so ehrenvoller Weise seit Jahrzehnten in der weiten Diözese erfreut.“⸗ 2,—v 2,.

Wenn ich das nun vergleiche mit der Lage der Akten nach welchen allmonatlich die Versetzungsanzeigen und in den Fällen der Aufnahme eines Mitgliedes der Antrag auf Genehmigung von den barmherzigen Brüdern regelmäßig erstattet werden und der ehrwür⸗ dige Woiwode sagt:

Ich erkläre, daß nichts geschehen ist, was den Satzungen der Kirche widerspricht, so heißt das doch nichts anderes als: diejenigen Kontrolvorschriften, welche das Gesetz 1875 enthalten, sind den Satzungen der katholischen Kirche und meinen Ordensregeln nicht zuwider. Meine Herren, wenn dieser Orden und ich könnte noch eine ganze Reihe anderer Orden nennen, ich unterlasse das aber, um keine unangenehmen S hervorzurufen für die Betheiligten wenn diese Orden ein Bedenken tragen, vielleicht schweren Herzens, aber doch faktisch sich den Kontrolvorschriften zu unterwerfen, dann werden Sie mir die Frage erlauben, kann man diesen Vorschriften eine so vernich⸗ tende und umstürzende Bedeutung beilegen, wie das heute von der Centrumsfraktion und bei früheren Anlässen geschehen ist? In der Füba tragen die Aufsichtsvorschriften diesen Charakter in keiner

eise.

Es ist nun darauf hingewiesen, daß die zerstörende Wir⸗ kung dieses Gesetzes sich in den hinkenden Ziffern der Nieder⸗ lassungen in schreckbarer Weise geltend macht. Meine Herren, wenn ich die vor mir liegenden authentischen Zahlen vergleiche, so ist die Wirksamkeit des Ordensgesetzes, einschließlich der Aufhebung der erziehlichen Niederlassungen, deren eine große Anzahl waren, bisher folgende gewesen: Es bestanden bei Erlaß des Gesetzes geist⸗ liche Genossenschaften, also solche, die sowohl Erziehung wie Krankenpflege betrieben, 26, und Niederlassungen 946, und zwar waren davon Mutterhäuser 84, und Zweigniederlassungen 862. Nach Einführung des Gesetzes blieben bis zum heutigen Tage also nur ausschließlich der Krankenpflege gewidmete Genossenschaften 36, und Niederlassungen 609. Meine Herren, das ist doch eine sehr stattliche Anzahl, und wir haben ja durch die Novelle, wie wir sie hier vor⸗ legen, den lebhaften Wunsch, diese Anzahl noch erheblich vergrößer zu sehen, denn ich erkläre nochmals, der Staat sieht auch sein Inter⸗ esse daran, daß die freiwillige Krankenpflege sowohl Seitens der katholischen, als Seitens der evangelischen Kirche in möglichst aus⸗ giebigeh Maße betrieben werde.

lso, meine Herren, wenn Sie sich begnügen mit dem,

was wir Ihnen zur Zeit bieten können, das heißt also mit dem bisher durch die Gesetzgebung anerkannten Gedanken der legitimen Thätigkeit der krankenpflegenden Orden, dann würden Sie einen wichtigen Akt, ich will von Ihrem Standpunkte sagen, aller⸗ dings der Selbstverleugnung begehen, aber Sie werden dem Interess⸗ Ihrer Kirche und Glaubensgenossen einen wesentlichen Dienst leisten und ich darf deshalb auch die Herren vom Centrum bitten, sich dem übrigen Hause, welches, wie ich hoffe, Artikel 10 unter Ablehnung der dazu gestellten Amendements annehmen wird, anzuschließen.

Der Abg. von Eynern erklärte sich für die Beibehaltung des Artikels 10. Er werde sogleich dem Wunsche des Kultus⸗ Ministers bezüglich der Ansicht seiner Partei über Artikel 10 nachkommen. Er habe natürlich erwartet, daß seine vorgestrige Rede dem ultramontanen Rosse, welches das Centrum reite, ein starkes Futter zuführen werde, er hoffe, daß es gut verdaut werde, vermuthe aber, daß das Roß dadurch nicht fetter werden werde. Was die Intelligenz in den Rheinlanden betreffe, so habe er neulich nur ausgeführt, daß seine Partei die untere Bevölkerung in ihre Anschauungen hineinzuziehen bestrebt sei, daß das aber schnell gehen werde mit denen, die nach Marpingen gingen, habe er auch nicht geglaubt. Der Abg. Reichensperger habe darauf hingewiesen, daß das Klosterwesen in England voll⸗ kommen frei sei. Er habe ja vorgestern gesagt, daß die Ka⸗ tholiken in der Minderheit nette Leute seien, aber Mißbräuche würde das Gesetz treffen wie der Blitz. Wenn in dortigen Zeitungen Mittheilungen ständen, wie in deutschen bezüglich eines Vorfalls in Münster, so würde in England sofort eine amtliche Untersuchung eingeleitet und öffentlich Auf⸗ klärung gegeben werden. Der Abg. Stöcker habe auf den Vorgang in Tirol hingewiesen und sich durch die Aeußerung des Abg. Windthorst sehr befriedigt erklärt, der die beiden Kirchen als Schwesterkirchen bezeichnet habe. Er erinnere den Abg. Stöcker daran, daß der römische Gelehrte Perone, welcher die Sätze des Syllabus zusammengestellt habe, in seinem Katechismus Folgendes gelehrt habe: „Die Protestanten seien der Abschaum der Büberei und Unsittlichkeit in jedem Lande, die Begünftigee desselben seien auf dem religiösen Gebiete das, was die Pestkranken auf dem physischen.“ Er wünsche dem Agg. Stöcker in seinem Familienleben eine liebenswürdigere Schwester. Bezüglich des Artikel 10 habe er für den größten Theil seiner politischen Freunde die Erklärung abzugeben, daß seine Partei für denselben stimmen werde, und 14G deswegen, weil sie den realen Bedürfnissen des Volkes, welchem kirchliche Organe entgegenkämen, gern Befriedigung gewähren wolle. Der Kampf seiner Partei gelte nur der Uebermacht der römischen Kirche, niemals aber wolle er sich gegen die seelsorgerischen und religiösen Bedürfnisse des Volkes wenden.

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Der Abg. Frhr. von Schorlemer⸗Alst bemerkte, das Roß, welches der Vorredner dem Centrum vorgeworfen habe, sei wenig geschmackvoll; wenn der Vorredner sein liberales Roß so weiter tummele wie bisher, werde es denselben bald ab⸗ werfen. Der Abg. von Eynern sage: Die Katholiken wären in der Minorität nette Leute nun die Katholiken seien in Preußen in der Minorität! Sollte die von dem Vorredner zitirte Stelle aus dem Katechismus von Perone richtig sein, so mißbillige er sie sehr. Schon gestern hätten die Zeitungen gemeldet, daß die vom Vorredner besprochene Klostergeschichte in Münster erfunden resp. entstellt sei. Der Kultus⸗Minister be⸗ tone immer seinen Staatsstandpunkt. Welches sei dieser und wie weit lasse derselbe Aenderungen der Maigesetze zu? Das sei unklar. Der Staat habe nicht nur die mit Erzie⸗ hung sich beschäftigenden Orden aufgelöst, wie der Minister be⸗ aupte, sondern auch die mit Gebet und mit der Kunst sich eschäftigenden die letzteren hätten wahre Kunstwerke in Paramenten für Kirchen und Kapellen angefertigt. Die Kontrole, der man die Krankenpflegeorden unter⸗ werfe, sei schlimmer als die Ausweisung, und diese Kon⸗ trole werde auch durch diese Vorlage nicht beseitigt. Die Er⸗ klärung des Priors der schlesischen barmherzigen Brüder be⸗ weise Nichts, denn zu einer solchen sei nur die dem⸗ selben vorgesetzte bischöfliche Behörde berechtigt. Andere Krankenpflegeorden unterwürfen sich dieser Kontrole, die schärfer sei, als sie gegen Vagabonden geübt zu werden pflege, nicht, daher nehme die Zahl der krankenpflegenden Ordens⸗ leute immer ab, so daß sie den vorhandenen Bedürfnissen nicht mehr genügten. Statt 350 neuer Mitglieder müßten wenigstens 2000 seit Erlaß der Maigesetze eingetreten sein, um das Bedürfniß zu befriedigen. Die Zahl der 609 Nieder lassungen sei nicht so groß, man zähle jedes Hospi⸗ tal mit einer oder zwei Schwestern als Niederlassung. Zu viel könne man von diesen edlen Personen für Zeiten der Epidemien und Kriege nie bekommen. Jetzt erschöpften die wenigen noch vorhandenen ihre Kräfte vor der Zeit, ihre In⸗ firmität nehme zu, neue Mitglieder träten nicht ein, auch die krankenpflegenden Orden würden durch die Maigesetze und selbst nach dieser Vorlage zum Aussterben gezwungen. Ge wisse Erleichterungen in der Kontrole seien erst vom Minister von Puttkamer getroffen, sie ständen aber für die Zukunft in der diskretionären Gewalt des jeweiligen Ministers und seiner Beamten, welche dieselbe zur Erzwingung anderer Konzessio nen stets benutzen könnten. Er bitte deshalb seine Anträge anzunehmen. Der Abg. Stöcker behandele die Katholiken mit Wohlwollen, sei aber noch von vielen Vorurtheilen gegen die⸗ selben erfüllt. Der Abg. Stöͤcker sollte statt Mitleid mit den ausgewiesenen Ordensleuten Gefühl für das verletzte Recht, für die verletzte Gleichheit der Katholiken vor dem Gesetze haben. Was man den Freimaurern gestatte, die Vereins⸗ freiheit, sollte man auch den katholischen Orden gestatten. Der

Abg. Stöcker sollte sich nicht auf die Autoritäten Choiseuls

und anderer Staatsmänner berufen, welche den Papst zu der später von demselben sehr bedauerten Auflösung des Jesuiten ordens gedrängt hätten, der Abg. Stöcker sollte eher an Friedrich II. denken, der die Jesuiten in Preußen aufgenommen habe. Wenn der Abg. Stöcker sich gegen die Maßregeln in Tirol ausgesprochen habe, so verweise er den selben auf die drakonische Gesetzgebung gegen die Ka tholiken in Mecklenburg und Schweden. In Eng land sei man gegen die Katholiken gerechter, obwohl für Eng⸗ land das katholische Irland ein wunderer Punkt sei, als für Preußen ein katholischer Landestheil. Die Konservativen zeig ten den Katholiken Wohlwollen, zögen aber der Bewährung desselben eine Grenze durch den Willen der Staatsregierung, von dem sie sich zur Zeit nicht trennen möchten. Er wünsche, daß die Konservativen sich dazu aufrafften, ihren wohlwollen⸗ den Absichten gegen die Katholiken jetzt sofort vollen Ausdruck zu geben und nicht die Waffe, mit der seine Partei jetzt ge schlagen werde, nur in das Zeughaus zu stellen. Das Gesetz gegen die Klöster und namentlich gegen die barmherzigen Schwestern sei die bitterste Erscheinung des Kulturkampfes. Als der Kulturkampf angefangen habe, habe er gesagt, es ständen Dragonaden bevor. Man habe ihm damals wider⸗ sprochen. Was indeß geschehen sei, sei schlimmer als die Dra⸗ gonaden in Frankreich.

Hierauf wurde die Diskussion geschlossen. Persönlich ver⸗ wahrte sich der Abg. Dr. von Sybel gegen die Aeußerung des Abg. Frhrn. von Heereman, daß er die Falksche Gesetzgebung verurtheilt habe. Er billige ihre Tendenz vollkommen, erkenne ihre wohlthätigen Wirkungen auf vielen Gebieten vollkommen an, und nur um diese Wirkung nicht abzuschwächen, habe er sch vgegen einige verfehlte Mittel dieser Gesetzgebung ausge⸗ prochen.

Nach weiteren persönlichen Bemerkungen der Abgg. Frhr. von Heereman, von Eynern, Stöcker und Dr. Reichensperger (Cöln) wurden die Anträge der Abgg. Dr. Brüel und Frhr. von Schorlemer⸗Alst abgelehnt und der §. 10 in der Fassung der Regierungsvorlage angenommen.

Art. 11 lautet nach der Regierungsvorlage:

Der Vorsitz in dem Kirchenvorstande von katholischen Kirchen⸗ Enenden (§S§. 12 und5 des Gesetzes vom 20. Juni 1875 Gesetz⸗Samml.

K kann durch Königliche Verordnung anderweitig geregelt

werden.

Der Abg. Dr. Brüel beantragte, dem Artikel 11 folgende Fassung zu geben:

Durch Königliche Verordnung können unter Abänderung des Gesetzes vom 20. Juni 1875 §§. 12 und 5 (Geetz⸗Samml. S. 241) zum Vorsitze in Kirchenvorständen von katholischen Kirchengemein⸗ den deren geistliche Mitglieder berufen werden.

Der Abg. Stengel beantragte den Artikel 11 zu streichen.

Der Abg. Schmidt (Sagan) begründete kurz den Antrag des Abg. Stengel. Es erscheine als ein höchst ungewöhnliches und bedenkliches Präcedenz, ein Gesetz bestimmten Inhalts aufzuheben und die materielle Erledigung der Frage gänzlich dem Belieben Königlicher Verordnung zu überlassen. Die Aufhebung des legislatorischen Rechts dieses Hauses in dieser Form sei wohl schwerlich überhaupt vorgekommen. Ob man generell oder blos von Fall zu Fall den Vorsitz den katho⸗ ischen Pfarrern es wolle, sei aus den Motiven nir⸗ gends zu entnehmen. olle man die Frage generell regeln,