Ministerrath genehmigte den Entwurf in seiner ganzen Aus⸗ dehnung und werden demnach, sobald der Königliche Kom⸗ missär nach Szegedin zurückgekehrt, die Expropriationsver⸗ heeeensnd beginnen.
wird, wie die „Bud. Corr.“ erfährt, nächsten Session dem Abgeordnetenhause in einem umfangreichen Berichte alle auf den Studienfond bezüg⸗ lichen Aktenstücke unterbreiten. Die am 7. Mai d. J. im Ab⸗ geordnetenhause gewählte Fünfzehner⸗Kommission zur Unter⸗ suchung der rechtlichen Natur der Fonds und Fundationen hat in ihrer am 24. Mai abgehaltenen Sitzung be⸗ schlossen, den Unterrichts⸗Minister zu ersuchen, alle auf diese Angelegenheit bezüglichen Aktenstüͤcke der Kommission zur Verfügung zu stellen. Der Bericht: „Aktenstücke, betreffend die Untersuchung der rechtlichen Natur der unter Verwaltung und Aufsicht“ des Königlich ungarischen Unterrichts⸗Ministers stehenden Fonds und Fundationen“ enthält 88 Aktenstücke, die mit dem vom 11. Dezember 1625 datirten Privilegium König Ferdinands II. beginnen und mit einem vom 18. Februar 1872 datirten, auf diese Angelegenheit bezüglichen Bericht des Unterrichts⸗Ministers endigen. Außerdem werden den Abge⸗ ordneten als Beilage zum Bericht in einem zweiten Hefte: „Generaldokumente zur Untersuchung der rechtlichen Natur des Königlich ungarischen Religionsfonds“ 47 der wichtigsten auf den Religionsfond bezü heher Aktenstücke vorgelegt.
— Der „Pest. L.“ meldet: Der Minister⸗Präsident Koloman Tisza beabsichtigt, sich am 21. d. Mts. auf ganz kurze Zeit nach Ostende zu begeben. Der Handels⸗ Minister Baron Kemény tritt Ende nächster Woche einen 14tägigen Urlaub an. — Der Unterrichts⸗Minister Tréfort begiebt sich am 21. d. M. nach Vajda⸗Hunyad.
— Wie der „Bud. Corr.“ aus Karlovitz von kom⸗ petenter Seite berichtet wird, tritt der serbische Kirchen⸗ kongreß in diesem Jahre nicht mehr zusammen, da weder die Beschlüsse des leßzten Kirchenkongresses vollständig effek⸗ tuirt noch die für den nächsten Kirchenkongreß nothwen⸗ digen Vorlagen ausgearbeitet sind.
Agram, 11. August. Der Bau der Eisenbahn Sissek⸗Novi, welche für den direkten Verkehr mit Bosnien von hoher Wichtigkeit ist, beginnt im Oktober. Die Bahn wird, von der Saveseite der Stadt Sissek ausgehend, die Kulpa überschreiten, und bei der Station Caprag, dem Ausgangs⸗ punkte der Sissek⸗Karlstädter Bahn, einbiegen. Im Oktober 1881 dürfte der Bau beendet sein.
— 14. August. Das Amtsblatt publizirt ein Präsi⸗ dialschreiben, mit welchem der Landtag für den 1. Sep⸗ tember einberufen wird. *
Schweiz. Bern, 13. August. Wie der „Bund“ ver⸗ nimmt, hat das eidgenössische statistische Bureau gestern die Verifikation der Bundesrevisionsunterschriften be⸗ endigt und ist zu dem Resultate gelangt, daß ungefähr 52 000 Unterschriften als gültig betrachtet werden können.
Belgien. Brüssel, 14. August. (W. T. B.) Der Senat hat heute den von der Repräsentantenkammer bereits genehmigten Gesetzentwurf, betreffend die Amnestirung der Deserteure und der Militärpflichtigen, welche sich der Re⸗ krutirung entzogen oder die Gestellung versäumt haben, ange⸗ nommen. Der Senator Anethan gab im Namen der Rechten die Erklärung ab, daß seine Partei an der am näch⸗ sten Montag stattfindenden politischen Feier theilnehmen werde. — In der Repräsentantenkammer wurde von dem Deputirten Malou die nämliche Erklärung abgegeben. Der Minister des Auswärtigen, Frére⸗Orban, nahm von diesen Erklärungen Akt und beglückwünschte die Rechte zu ihrem Patriotismus.
Großbritannien und Irland. London, 13. August. (Allg. Corr.) Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Luise verabschiedete sich gestern von Ihrer Majestät der Königin in Osborne und trat eine Erholungsreise nach Deutschland an.
Die „Times“ schreibt: Den nunmehr von der Regie⸗ rung getroffenen Vorkehrungen zufolge wird nicht angenom⸗ men, daß das Parlament seine Arbeiten mit dem 11. Sep⸗ tember beendigen könne. -
Der freche Waffenraub vom Schiffe „Juno“ im Hafen von Cork wird allgemein auf die Aktion der fenischen Emissäre zurückgeführt, welche während der letzten Monate aus den Vereinigten Staaten in Irland eingetroffen sind. Es hat sich herausgestellt, daß volle hundert Mann an dem Abenteuer betheiligt waren, von welchen sich mindestens 40 bis 50 Mann an Bord der „Juno“ begeben haben. Die Bemannung des Schiffs wurde im Vorderkastell des Schiffs eingeschlossen und bewaffnete Schildwachen an der Thür aufgestellt. er Ka⸗ pitän und die Zollbeamten wurden in der Kajüte hinter Schloß und Riegel gehalten.
— 15. August. (W. T. B.) Nach einer Meldung aus Kandahar, vom 11. d. M., hatte der Feind mit der Er⸗ richtung von Belagerungswerken begonnen. Ein oder zwei englische Offiziere sollen sich, wie es heißt, als Gefangene in der Gewalt von Ayub Khan befinden.
s Sarh Stratford de Redeliffe ist gestern früh ge⸗ orben.
Frankreich. Paris, 15. August. (W. T. B.) Ge⸗ neral Grévpy, der Bruder des Präsidenten, ist zum Se⸗ nator gewählt worden. — Anläßlich des heutigen Napo⸗ leonstages wurde in der Kirche Notre Dame eine große Messe celebrirt, welcher viele Bonapartisten beiwohnten. Als Letztere die Kirche verließen, fand eine bonapar⸗ tische Kund gebung statt, auf welche von der anderen Seite
mit dem Rufe: „Es lebe die Republik!“ geantwortet wurde. Die Polizei intervenirte und nahm mehrere Verhaftungen vor. — Das Journal „Siscle“ bespricht die Kommentare der auswärtigen Blätter Lu den von Hrn. Gambetta in Cher⸗ bourg gehaltenen Reden und sagt: Frankreich will den Frieden. Wir sind überzeugt, Hr. Gambetta kennt die Gefühle des Landes zu gut, als daß er sich in eine unüberlegte Politik einlassen sollte, der er allein zu folgen haben würde.
Einem Telegramm der „France“ aus Tunis zufolge wäre der dortige italienische Konsuxl bemüht, von dem Bey von Tunis die Nichtausführung gewisser Zweiglinien der Bahn von Bona nach Guelma zu erlangen, obschon darüber in dem Eisenbahnvertrage mit dem Bey bestimmte
festsetzungen enthalten seien. Der französische Konsul habe ierüber an seine Regierung Bericht erstattet. — (C. Ztg.) Die Departements, in welchen am August die Jesuitenschulen geschlossen werden, sind folgende: Aveyron (Saint Affrique), Bouches du Rhone (Aix und Marseille) Cote d'Or (Dijon), Do dogne (Salat), “
August. Der Unterrichts⸗Minister Tréfort zu Beginn der
Finistère (Brest), Haute⸗Garonne (Toulouse), Gironde (Bor⸗ deaux), Hérault (Montpellier), Indre⸗Loire (Tours), Jura (Dole), Loire (St. Etienne), Marne (Reims), Pas du Calais (Boulogne s. M.), Rhone (Mongré), Saone⸗Loire (Paray le Monial), Sarthe (Le Mans), Seine (Paris drei Schulen), Vaucluse (Avignon), Vienne (Poitiers). Am 30. Juni wur⸗ den im Ganzen 42 Jesuitenhäuser in 31 Departements ge⸗ schlossen. Am 31. wird die Zahl der geschlossenen häuser 65 betragen. Die Behörden werden in den Jesuiten⸗ schulen keine Jesuiten mehr vorfinden, sondern nur die, an welche sie ihre Schulen abgetreten haben und in welchen in Zukunft die Jesuiten als freie Professoren den Unterricht wie⸗ der aufnehmen wollen. 1 Der Ministerrath hat beschlossen, daß keine besonderen Maßregeln gegen den Seepräfekten Kibourt ergriffen wer⸗ den sollen, weil das Kommando desselben in Cherbourg am 28. August abläuft. Der Contre⸗Admiral Peyron wird ihn als Seepräfekt ersetzen.
Italien. Rom, 15. August. (W. T. B.) Die „Agenzia Stefani“ läßt sich mittheilen, in der Donau⸗ frage bestehe gegenwärtig nur noch eine Differenz über die Bulassung des bulgarischen Delegirten zur Donau⸗ ommission, indem der russische Delegirte wünsche, daß der Delegirte Bulgariens direkt durch die Kommission zur Theil⸗ nahme eingeladen werde, während der türkische Delegirte die Einladung des Delegirten Bulgariens durch die Vermittelung der Pforte wolle. Gegen die Präsidentschaft Oesterreichs in dem Exekutivcomité der Donauuferstaaten habe kein Kabinet irgend einer Großmacht Einwendungen erhoben; Italien habe dieselbe bereits angenommen.
Türkei. Konstantinopel, 13. August. Die ,Pol. Corr.“ meldet: Aleko Pascha, dessen Rückkehr nach Philip⸗ popel für gestern festgesetzt war, soll mit der Pforte während seines mehrwöchentlichen Aufenthaltes in Konstantinopel über ein Projekt verhandelt haben, welches geeignet wäre, den panbulgarischen Unions⸗Velleitäten für lange Zeit hinaus ein Ende zu machen. Die Pforte hat beschlossen, die Truppen, welche sie von Kreta nach Ober⸗Albanien befördern läßt, um sie dem General⸗Gouverneur von Skutari, Riza Pascha, zur Disposition zu stellen, sofort durch andere Truppen zu ersetzen. Die in Griechenland herrschende Gährung macht es nicht räthlich, Kreta ohne starke Besatzung zu lassen.
— 14. August. Dert „W Pr.“ meldet man von hier: Der Gedanke, die vwviderstrebenden Albanesen eventuell mit Gewalt zur Einräumung des Sem⸗Gebietes zu zwingen, scheint aufgegeben. Die Pforte beabsichtigt, die⸗ selben durch gütliche Transaktionen hierzu zu bewegen. Soll⸗ ten dieselben bis zum Ablaufe der dreiwöchentlichen Frist scheitern, so ist die Wiederaufnahme des Dulcignoprojekts nicht ausgeschlossen.
Skutari, 13. August. (Pest. L.) Gestern wurde mit den katholischen Stämmen in Eski⸗Saraj vereinbart, daß auch das Sem⸗Gebiet gemeinsam vertheidigt wird. Die Mission Riza Paschas kann daher von vornherein als gescheitert an⸗ gesehen werden. Der Ober⸗Rath der Liga in Prizrend agitirt für die Unabhängigkeits⸗Erklärung Albaniens für den Fall, als die Pforte mit Gewalt Theile des Landes an Montenegro abtreten wolle. — Der Dampfer „Ismail“ schiffte in Dulcigno einen Tabor anatolischer Nizams und eine große Menge Waffen aus. Letztere sind für die Liga bestimmt und werden die katholischen Stämme mit Hinter⸗ ladern versehen. Aus Prizrend wurden vom großen Fneh der Liga an den hiesigen Ausschuß 8000 Goldlira ge⸗ endet.
Rumänien. Bukarest, 13. August. (Pol. Corr.) Das rumänische Gouvernement ist davon benachrichtigt worden, daß starke bewaffnete bulgarissche Banden in dernächsten Umgebung von Silistria, speziell vor Arab⸗Tabia, auf⸗ getaucht sind und dort lagern, um sich der eventuellen Besitz⸗ ergreifung dieser Position von Seiten Rumäniens zu wider⸗ setzen. Sobald der in den Besitz von Arab⸗Tabia Rumänien zu⸗ sprechende internationale Akt dem Bukarester Kabinet zugekom⸗ men sein wird, ist das rumänische Gouvernement entschlossen, die Position von Arab⸗Tabia besetzen zu lassen.
— Der Wiener „Pr.“ meldet man von hier: Die Fragen über die Thätigkeit der europäischen und der Uferstaaten⸗Donaukommission bleiben vertagt. Erstere bleibt (nach dem Artikel 53 des Berliner Vertrags) von Galatz bis zur Donaumündung, letztere mit selbstverständlichem Ein⸗ schluß Oesterreich⸗Ungarns (nach dem Artikel 55 des Berliner Vertrages) vom Eisernen Thor bis Galatz thätig. Man zwei⸗ felt hier nicht daran, daß sich schon wegen der Gefahr, majori⸗ sirt zu werden, Rumänien in beiden Kommissionen Oesterreich⸗ Ungarn anschließen werde.
Serbien. Belgrad, 13. August. (Pest. L.) Im serbischen Handels⸗Ministerium ist man mit dem Elaborat be⸗ züglich des Baues und Betriebes der serbischen Bahnen fertig. Die Linien Belgrad⸗Nisch⸗Vranja sowie Nisch⸗Pirot werden als serbische Staatsbahnen bezeichnet werden. Die serbischen Bahnen werden an die ungarischen in Belgrad, an die türkisch⸗bulgarischen in Vranja und Zari⸗ brod anschließen. Die serbische Bahn wird eingeleisig, doch hat die Regierung das Recht, vom Konzessionär die Legung eines Doppelgeleises zu verlangen, sobald die Bruttoein⸗ nahme per Kilometer und Jahr, und zwar zwei Jahre nacheinander 50 000 Fr. sein wird. Der Konzessionär ver⸗ pflichtet sich, die Linien Belgrad⸗Nisch⸗Vranja bis 15. Juni 1883 zum Betriebe fertig herzustellen. Der Bau hat mit 1. Dezember 1880 zu beginnen. Sollte die Bahn bis zum bestimmten Termin nicht fertig sein, so erlischt die Konzession, und die Kaution des Konzessionärs verfällt dem Staate. Der Konzessionär hat das Recht, zum Betrieb und Bau der Bah⸗ nen eine Gesellschaft zu gründen. Das Direktorium hat aus neun Mitgliedern, darunter vier serbischen Staatsangehörigen, zu bestehen. Der leitende Direktor wird vom Staate ernannt. Der Staat behält sich das Recht vor, nach Ablauf von zwanzig Jahren die Bahnen anzukaufen.
Montenegro. Cettinje, 14. August. Man schreibt der „Pol. Corr.“: „Die Kriegsrüstungen werden fort⸗ gesetzt und bilden die Signatur der Situation in Monte⸗ negro. Das bei Antivari, 3 ½ km landeinwärts der Küste, eine kleine Stunde Weges von dem am Bergabhange sich ausbreitenden Theile dieser Küstenstadt entfernt, bestandene Freilager wird in eine befestigte Position verwandelt. Die
fähr 2000 Mann erhöht. Die Positionen der Albanesen auf
dort befindliche montenegrinische Besatzung wurde acf unge⸗
der Mazura⸗Planina und bei Krivari werden jetzt von den
Truppen der Vojvoden Gjurovic und Petrovic flankirt und
haben so an Gefährlichkeit für Antivari und Dobra⸗Woda verloren. Andererseits wurde für eine ausgiebige Ver ärkung der Garnison von Podgooritza e⸗ sorgt. Pero Vukotic verfügt bereits über 8 Ba⸗ taillone, die einen Kombattantenstand von etwa 5000 Mann repräsentiren. Eine weitergehende Bedeutung haben alle Verfügungen, welche darauf abzielen, die gesammte mon⸗ tenegrinische Kriegsmacht aktionsfähig zu machen. Es wurden in den letzten Tagen 12 000 Venene. 100 000 Patronen und mehrere große Geschütze im Auslande für montenegrinische Rechnung gekauft. Die Serdare waren aber keineswegs ge⸗ nöthigt, mit der Ausrüstung des männlichen Nachwuchses bis zum Eintreffen dieser Waffen zu warten. Zur Stunde ist jeder Montenegriner, vom 16. “ angefangen, bereits im Besitze eines Handschars, eines Wänzl⸗ oder Krukagewehrs und einer ausreichenden Menge von Munition. Eine ganz spezielle Aufmerksamkeit wird vom Kriegs⸗Minister Mascha Vrbica der Artillerie gewidmet, über welche Montenegro gegen⸗ wärtig in viel reichlicherem Maße als zur Zeit des letzten Krieges gebietet. An Positionsgeschützen allein dispo⸗ nirt man über 34 Stück, wovon 8 in dem Lager bei Antivari sich befinden. Der tüchtige Artillerie⸗Offizier Martinovic hat eine gute Bedienung ausgebildet. Ueberdies sind zwei kombinirte Corps in der Bildung begriffen, welche den aus dem letzten herzegowinischen Aufstande bekannten Vojvoden Socica und Pavlovic, welche Moukhtar Pascha im Dugapasse eine entscheidende Niederlage beibrachten, unterstellt werden dürften. Die große und quälende Sorge bildet nur die Verpflegung. Die in allen Nahijen seit Wochen herrschende tropische Hitze hat die Hoffnungen auf eine günstige Ernte sehr reduzirt. Wenn sich nicht ein wohlthätiger anhaltender Regen bald einstellt, würde dem Lande die Kalamität eines Helgesscg⸗ nicht erspart bleiben. Man müßte in diesem alle aus dem Auslande Proviant nicht nur für die im Felde stehenden Krieger, sondern auch für die daheim gebliebenen Familien importiren, ein Umstand, der wegen der vorhandenen geringen Mittel eine trübe Stimmung hervorrufen muß.“
Mußland und Polen. St. Petersburg, 15. August. (W. T. B.) Die „Agen ce Russe“ weist das von der Wiener „Neuen fr. Presse“ verbreitete Gerücht, Rußland werde die Ausführung der Beschlüsse der Berliner Kon⸗ ferenz in die Hand nehmen und zu dem Ende bei Bender eine Truppenmacht von 45 000 Mann zusammenziehen, als gänzlich unbegründet zurück. Durch Gerüchte dieser Art solle nur Mißtrauen gegen Rußland erregt werden, das so wenig wie irgend eine andere der Mächte daran denke, sich von der gemeinsamen Aktion zu trennen. Unbegründet sei ferner die Meldung der Blätter, daß die Einholung eines Schieds⸗ spruchs über die Regelung der Kuldschafrage von der einen der interessirten Regierungen abgelehnt worden sei; der Vor⸗ schlag einer schiedsrichterlichen Entscheidung sei bis jetzt gar nicht gemacht worden.
Kiew, 14. August. (W. T. B.) In dem hier gegen 21 Angeklagte wegen Bildung einer gesetzwidrigen Gesellschaft zum Zweck des gewaltsamen Umsturzes der bestehenden Staatsordnung verhandelten Prozesse hat das Militär⸗ Kreisgericht gegen 2 Angeklagte auf Todesstrafe und Voll⸗ streckung derselben durch den Strang, gegen 3 Angeklagte auf 20jährige Zwangsarbeit und gegen die übrigen Angeklagten auf Zwangsarbeit von 10—15 Jahren erkannt.
Südamerika. Argentinische Republik. Buenos⸗ Ayres, 14. August. (W. T. B.) Die Demission des Präsidenten Avellaneda ist vom Kongreß abgelehnt worden; der Kongreß besteht indeß auf Aufhebung der pro⸗ vinziellen Kammern. Avellaneda beharrt auf seinem Rücktritt von der Präsidentschaft. Die Garnison ist verstärkt worden.
Nr. 33 des „Centralblatts für das Deutsche Reich“, herausgegeben im Reichsamt des Innern, hat folgenden Inhalt: All⸗ eneü Verwaltungssachen: Ausweisung von Ausländern aus dem
eichsgebiete. — Finanzwesen: Nachweisung der Einnahme an Wechselstempelsteuer in den Monaten April bis Juli 1880. — Bank⸗ wesen: Statistik der deutschen Banknoten Ende Juli 1880. — Marine und Schiffahrt: Beginn einer Seeschiffer⸗Prüfung. — Post⸗ und Telegraphenwesen: Uebereinkommen zwischen Deutsch and und Frankreich, betreffend Einziehung von Quittungen ꝛc. mittelst Post⸗ auftrags. — Konsulatwesen: Exequaturertheilungen. — Entlassung.
Statistische Nachrichten.
Die Bewegung der Bevölkerung in Rußland. (Sta Corr.) Ueber die Geburts⸗, Sterbe⸗ und Heirathsziffer des russische Volkes war bisher wenig bekannt; erst für die Jahre 1867 bis 187 liegen einigermaßen verläßliche Nachrichten vor, welche sich auf da europäische Rußland mit Ausschluß des Großfürstenthu s Finnlan und der ehemals polnischen Landestheile, also auf die von de russischen Bevölkerung bewohnten 50 Gouvernements beziehen.
Wir stellen die wichtigsten Ergebnisse hier kurz zusammen:
Jahre Geburten Ehe⸗ Sterbefäll schließungen 3 201 340
639 741
3 093 087 606 764
1869 3 178 970 646 549
0. W“ 3 180 223 670 832 Mittel . 3 163 405 640 971 2 382 39
Die jährliche Bevölkerungsvermehrung betrug hiernach 781 009 Personen, und auf jede Cheschließung entfielen durchschnittlich 4,9 Ge burten. Diese hohe Fruchtbarkeit der Ehen erklärt sich aus dem frühen Heirathsalter der russischen Bevölkerung.
Die natürliche Vermehrun 1,2 % und würde, falls sie keine Abnahme erfahren sollte, binnen 58 Jahren die Einwohnerzahl Rußlands verdoppeln.
Es ist dies eine starke Volksvermehrung; denn die Verdoppe lung der Bevölkerung durch den Ueberschuß der Geburten über die Sterbefälle vollzieht sich in Norwegen binnen 52 Jahren, in Däne⸗ mark nach 56, in den Niederlanden nach 58, in Schweden nach 62, in Deutschland nach 68, in Belgien nach 79, in Oesterreich⸗Ungarn nach 95, in der Schweiz nach 99, in Italien nach 141 und in Frank⸗ reich erst nach 165 Jahren. Im Süden und Westen des Reiches wächst die Volkszahl am raschesten; die jährliche Zunahme beträgt im Süden 1,6 %, im Westen 2,4 % jährlich, in den mittleren und östlichen Provinzen nur 1 — 1,6 % und im nördlichen Rußland weniger als 1 %. In Estland und im Gouvernement St. Petersburg kom⸗ men sogar mehr Sterbefälle als Geburten vor, so daß dort, ab⸗ gesehen von den inneren Wanderungen, die Volkszahl jährlich um 0,6 bezw. 0,33 % abnimmt.
Die höchste Geburtsziffer ergiebt sich für die Gouvernements: Astrachan 58,6 pro Mille, Orenburg 57,8, Perm 56,8, Ssamara 56,6. In den Gouvernements Orel, Pensa, Tula, Kursk. Wiatka, Smolensk, Rjösan, Tschernigow, Jekatarinoslaw, Taurien, Nische⸗ gorod, Woronesch, Ssimbirsk, Wladimir, Mo hilew, Ufa, Poltawa
1867 1868
der Bevölkerung betrug jährlich 6
Kijew und dem Lande der donischen Kosaken ist die Geburtsziffer noch höher als 50 pro Mille; dagegen sinkt dieselbe auf 35 bis 40 pro Mille in den Gouvernements Nowgorod, Kowno, Archangel und St. Petersburg, auf 33,4 in Livland, auf 31,6 in Estland und auf 5 in Kurland. Unter je 1000 Geborenen befinden sich im nitt 29,2 uneheliche Kinder, und zwar bei den Ange⸗
der russischen Kirche 30,6, bei den Römisch⸗Katholischen
31,7, bei der evangelischen Bevölkerung 31,9, bei den Juden 2,2 und bei den Muhamedanern sogar nur 1,6. Bei dich⸗ zerem Zusammenwohnen steigert sich die Häufigkeit unehelicher Ge⸗ burten; denn in den 70 großen Städten Rußlands befanden sich durchschnittlich 148,9, in den übrigen Städten und auf dem platten Lande dagegen nur 23,7 uneheliche Kinder unter je 1000 Geborenen.
Auf 100 Mädchengeburten sind durchschnittlich 104,8 (gegen 105 in Preußen) Knabengeburten vorgekommen; letztere waren bei den Juden am häufigsten (128,9), demnächst bei den Muhamedanern und Protestanten (105,3 bezw. 105,2), sodann bei Römisch⸗Katholischen (104,8), am seltensten bei den Bekennern der orthodoxen Kirche (104,3). Das allen sonstigen Beobachtungen zuwiderlaufende Ver⸗ hältniß der Knaben⸗ und Mädchengeburten bei der jüdischen Bevöl⸗ kerung macht es wahrscheinlich, daß bei dieser in Rußland die vor⸗ gekommenen Mädchengeburten uur sehr unvollständig registrirt
erden. 1
8 Die Sterbeziffer war höher als in den meisten andern europäischen Ländern; sie betrug 36,8 pro Mille im Durchschnitt der vier Jahre 1867—70, dagegen in Norwegen 17,5, in Schweden 19,3, in Dänemark 19,8, in Großbritannien 22,2, in Frankreich 24,0, in der Schweiz 24,0, in Holland 24,9, in Preußen 27,4, in Sachsen 28,8, in Italien 29,9, in Bayern 31,0, in Spanien 31,2, in Oesterreich 31,5, in Serbien 31,5, in Württemberg 32,8, und in Ungarn 38,4 pro Mille.
In den Gouvernements Orel, Perm, Nischegorod, Smolensk, Moskau, Wladimir, Tula, Ssamara, Olonez, Wjatka, Ssimbirsk, Orenburg, Tambow, Astrachan, Pensa und Pfkow stieg die Sterbe⸗ ziseer sogar bis auf 40 bis 46 pro Mille der Bevölkerung. Im Norden, Westen und Süden des Reiches schwankte die Sterbeziffer, abgesehen von einigen bereits genannten Gouveruements in den Grenzen von 30 bis 40 pro Mille, sank dann auf weniger als 30 in Archangel, Grodno, Minsk, Wilna, Chersson und dem Lande der Donkosaken, sowie in Livland und Kurland. Im Frühjahre und im Sommer kommen mehr Sterbefälle als im Herbst und Winter vor; namentlich stirbt ein sehr großer Theil der Kinder in frühester Jugend, woraus sich die Höhe der allgemeinen Sterbe⸗ ziffer vorzugsweise erklärt. In einigen Gouvernements erreicht die Kindersterblichkeit eine geradezu erschreckende Höhe. So starben in den Jahren 1867—70 von den Lebendgeborenen durchschnittlich vor Vollendung des ersten Lebensjahres: in Perm 44 %, in Nischegorod 40 %, in den Gouvernements Wjaika, Wladtmia, Moskau, Jaroslaw, Ssimbirsk, Olonez, Twer, Orenburg, Kostroma, St. Petersburg, Ssaratow, Wologda, Nowgorod, Orel, Ssamara, Tula, Smolensk, Pensa und Kasan 30 bis 38 %.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Johs. Faß endende Buchhandlung und Antiquariat (vorm. W. Fröhling) in Elberfeld hat ihren 29. Katalog ausgegeben.
— Der Dom zu Mainz, von Dr. K. G. Bockenheimer, Großherzogl. Bezirksgerichts⸗Rath in Mainz. Mainz, 1879. Verlag von J. Diemer. — Die vorliegende kleine Schrift ist dazu be⸗ stimmt, eine Reihe von Irrthümern in den bisherigen Bearbeitungen der Geschichte des Mainzer Doms zu berichtigen, „die, einzeln von geringer Bedeutung, in ihrem Zusammenhange insofern von Nach⸗ theil waren, als sie demnächst die Unterlage zu gewagten Schlüssen der Kunsthistoriker hildeten und hierdurch wiederum auf die Restau⸗ rationsarbeiten einwirkten.“ Wenn, wie der Verfasser der Schrift selbst eingesteht, auch durch sie nicht alle Bedenken in Bezug auf die Bauge⸗ schichte gehoben werden, so dürfte die Arbeit doch als Leitfaden für weitere eingehende Untersuchungen von Fachmännern von Nutzen sein. Der Ertrag der mit mehreren Tafelzeichnungen versehenen, elegant ausgestatteten Schrift ist von dem Verfasser der „Geselligen Zu⸗ sernesftfehfe der Architekten und Ingenieure zu Mainz“ zugewiesen worden.
— Das kürzlich ausgegebene Doppel⸗Heft (2 und 3) XII. Jahr⸗ gangs der Zeitschrift für Ethnologie, des Organs der Ber⸗ liner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte (Redaktionskommission: R. Hartmann, R. Virchow, A. Voß — Verlag von Wiegandt, Hempel und Parey [Paul Parey)] hierselbst) hat folgenden Inhalt: Ueber antiken Mais aus Nord⸗ und Süd⸗ amerika (vorgetragen in der Sitzung der Berliner anthro⸗ pologischen Gesellschaft vom 10. Dezember 1879) von L. Wittmack; Der seine Kinder verschlingende und wieder aus⸗ speiende Kronos, von Direktor Dr. W. Schwartz; Böh⸗ mens Einwohner zur Zeit des Tacitus von Ludwig Schneider in Jicin; Das gemischte Gräberfeld auf dem Neustädter Felde bei Elbing von Dr. Anger (mit 2 Tafeln Abbildungen); Die religiösen, politischen und sozialen Verhältnisse in Noricum zur Zeit der Römerherrschaft, erläutert auf Grund der daselbst gefundenen Stein⸗ Inschriften von Dr. Vinc. Göhlert zu Graz; Ueber die Negritos der Philippinen von Dr. Alexander Schadenberg (mit 2 Tafeln Abbil⸗ dungen); Die Werkstätten des Steinzeitalters auf der Insel Rügen von A. Rosenberg; Miecellen und Buüͤcherschau; Verhandlungen der Berliner Anthropologischen Gesellschaft (Sitzungen vom 21. Fe⸗ bruar, 20. März und 17. April 1880).
— Von Alfred Friedmann, dem Verfasser der „Savilia“, der „‚Lebensmärchen“ ꝛc. erscheint demnächst: „Ersetzter Ver⸗ lust’, Novelle, bei J. F. Richter in Hamburg, und „Die Vesta⸗ lin“ Epos aus altrömischer Zeit, bei Otto Lenz in Leipzig.
Darmstadt, 12. August. In der jüngsten Nummer des „Correspondenz⸗Blatts des Gesammtvereins ‚der deutschen Geschichts⸗ und Alterthumsvereine“ erläßt der Vorstand des Vereins für Hamburgische Geschichte eine Einladung zu der vom 6.—8. September d. J. zu Hamburg stattfindenden Generalversammlung des Gesammtvereins und ersucht die Theilnehmer um möglichst baldige Anmeldung. Die Tagesordnung der einzelnen Sektionen wird unter Anführung der Fragen, welche zur Verhandlung kommen, mitgetheilt; doch bleibt die Festsetzung der Stunden für die Sektionssitzungen einer späteren Bekanntgebung
vorbehalten. 1 Gewerbe und Handel.
Dem Aufsichtsrath des Barmer Bankvereins wurde von Seiten der Direktion Bericht erstattet über die Thätigkeit während des ersten Semesters 1880. Wir entnehmen diesem Berichte Fol⸗ gendes: Es war der Ertrag auf dem Interessenkonto 235 503 ℳ gegen 216 139 ℳ im 1. Semester 1879, Provisionskonto 105 507 ℳ gegen 98 292 ℳ, Arbitragekonto 22 026 ℳ gegen 21 428 ℳ, Effektenkonto 52 877 ℳ gegen 0 ℳ, in Summa 415 917 ℳ gegen 335 861 ℳ in den ersten 6 Monaten des Vorjahres. Die Unkosten betragen
ℳ mehr als im Vorjahre. bnr
— In der ordentlichen Generalversammlung der Aktionäre der dypothekenbank in Hamburg wurde dem Aufsichtsrath und der Direktion Decharge ertheilt und von dem Vorsitzenden angezeigt, daß die auf 6 ½ % = 27 ℳ 50 ₰ pro Aktie festgesetzte Dividende vom 16. August ab in Empfang genommen werden köͤnne.
Cassel, 12. August. (Leipz. Ztg.) Die diesjährige Herbst⸗ ledermesse hat heute ihren Anfang genommen und zwar mit einem viel verspreche nden lebhaften Geschäftsverkehr. Die Fufuhr ist eine gewöhnliche, jedoch eher geringer als größer wie zum Frühjahr; die Preise in allen Sorten sind höher als zur Frühjahrsmasse dieses Jahres. Es wurde trotzdem lebhaft gehandelt und namentlich an die jahlreich erschienenen Händler Seitens der Fabrikanten in größeren Posten abgegeben, so daß der Umsatz für die hiesigen Meßverhält⸗ nisse ein ziemlich bedeutender genannt werden darf.ts in Berei den letzten Tagen vor der Messe haben nicht unwesentliche Geschäfts⸗ umsätze in Sohlleder stattgefunden. Die besseren Marken waren sehr begehrt und betrugen laut amtlichen, Ermittelungen die erzielten
vgrospreise für Sohlleder im Allgemeinen 5—6 ℳ pro Centner
mehr als in der letzten Frühjahrsmesse, wogegen das Kleinleder darunter vorzugsweise das Schafleder, nur um ein Geringes im Preise gegen früher gestiegen ist. Es wurden gezahlt nach amtlicher Notiz: für Luxemburger Sohlleder 190 — 200 ℳ, für Malmedyer 180 — 190 ℳ, für Eschweger 150 — 155 ℳ; für Oberleder (Rindsleder) 2 ℳ, für braunes Kalbleder 3 ℳ, für schwarzes 2,50 ℳ, für Wasch⸗ leder 1,60 ℳ pro Pfund. 1 FÜ-
Glasgow, 14. August. (W. T. B.) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sich auf 457 300 Tons gegen 291 800 Tons im vorigen Jahre. Zahl der im Betrieb befindlichen Hochöfen 101, gegen 89 im vorigen Jahre.
Verkehrs⸗Anstalten.
Triest, 16. August. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Narenta“ ist mit der ostindischen Ueberlandpost heute Morgen aus Alexandrien hier eingetroffen.
Berlin, 16. August 1880.
Cöln, 15. August, 1 Uhr 25 Minuten Nachts. (Tele⸗ gramm.) Die Englische Post vom 14. August früh, planmäßig in Verviers um 8 Uhr 21 Minuten Abends, hat den Anschluß nach Hamburg nicht erreicht. Grund: Zug⸗ verspätung auf belgischer Seite.
Arbeiter der preußischen Staatsbahnen. (Archiv für Eisenbahnwesen.) Im Jahre 1878 ist auf Veranlassung des Mi⸗ nisteriums der öffentlichen Arbeiten bei den Staatsbahnen und den vom Staate verwalteten Privatbahnen eine neue Einrichtung im Interesse ihrer geringer besoldeten Beamten und Arbeiter getroffen worden, welche sich nach den bis jetzt vorliegenden Berichten der Ver⸗ waltungen vortrefflich zu bewähren scheint. Es hatte sich als ein Mißstand herausgestellt, daß diese Eisenbahnbediensteten für ihr Heizmaterial höhere als die gewöhnlichen Preise zu zahlen ge⸗ nöthigt waren, lediglich deswegen, weil sie dasselbe in kleineren Quantitäten und auf Kredit zu beschaffen pflegten. Diesem Miß⸗ stande sollte dadurch abgeholfen werden, daß den Beamten und Arbeitern Gelegenheit gegeben wurde, ihr Heizmaterial, auch in kleineren Quantitäten, zu denselben Preisen, natürlich einschließlich der tarifmäßigen Frachten, zu erhalten, welche von der Verwaltung zu zahlen waren. In dem ersten Winter (1878/79) wurde Seitens der Beamten und Arbeiter nur ein mäßiger Gebrauch von dieser Ver⸗ günstigung gemacht; liegt es ja in der Natur der Sache, daß alle derartigen Neuerungen, so sehr auch ihr Vortheil in die Augen springt, erst nach und nach Freunde gewinnen. Dagegen hat sich schon im letztgenannten Winter (1879/80) gezeigt, daß in der That ein lebhaftes Bedürfniß für eine solche Einrichtung bestand; die Beamten und Arbeiter sämmtlicher Königlichen Direktionen haben von der ihnen eingeräumten Vergünstigung einen ganz erheblich ge⸗ steigerten Gebrauch gemacht. So war beispielsweise der Bezug von Heizmaterial in den Direktionsbezirken: 1879/80
1878/79 8 Bromberg 4480 Ctr. 86 Ctr.
Berlin 4900 „
El l6“* G
Breslau (4 Betriebsämter) 5400 „ 8
In ähnlicher Weise erhöhte sich die Zahl derjenigen Personen, welche ihr Heizmaterial von den Verwaltungen bezogen, bei piels⸗ weise im Bezirk Elberfeld von 251 im Winter 1878/79 auf 3090 Personen im Winter 1879/80.
Die am niedrigsten besoldeten Beamten und Arbeiter haben sich vielfach diese Vergünstigung nur aus dem Grunde nicht zu Nutze ge⸗ macht, weil ihnen die sofortige baare Bezahlung der von der Ver⸗
Lieferung von dürgen St an die Beamten und
waltung für sie bestellten Kohlen schwer fiel, so daß sie die Entnahme
auf Kredit von Händlern selbst zu höheren Preisen vorzogen. Es ist diesen Beamten daher auch noch die Möglichkeit gewährt, sich während der Sommermonate kleine Abzüge von ihren Gehältern oder ihrer Löhnung machen zu lassen, welche dann im Winter zur Bezahlung der Heizmaterialien dienen sollten. Von dieser Erleichte⸗ rung haben indeß bis jetzt nur in einzelnen Bezirken die Bedienste⸗ ten Gebrauch gemacht. 3
Im Großen und Ganzen aber hat sich die Einrichtung wie ge⸗, sagt, durchaus bewährt. Es ist daher auch nicht daran zu zweifeln daß dieselbe je mehr und mehr von betheiligten Kreisen, in deren alleinigem Interesse sie ja getroffen ist, benutzt werden wird.
Das Denkmal auf dem Fer eh g zu Branden⸗
burg. (Brand. Anz.) Das Denkmal, dessen Einweihung am 12. d. M. feierlich begangen wurde, ist nach dem Entwurfe des Bau⸗ meisters Stier in Berlin ausgeführt und auf einem dreistufigen Sockel als ein 30 m hoher Thurm aus Greppiner Ziegeln und in seinen Abwässerungen und Verzierungen aus Oberkircher Sandstein erbaut. Ein vierseitiger Unterbau enthält vier große Nischen, welche durch vortretende Strebepfeiler getrennt werden. Die letzteren ver⸗ mitteln zugleich den Uebergang zu dem eigentlichen Thurm, der erst achtseitig, dann rund sich aus dem Unterbau erhebt, sein oberer Ab⸗ schluß ist als achtseitige, auf Konsolen vorgekragte Krone ge⸗ staltet, die in einem Kegeldache endigt. Am Unterbau, vornehmlich innerhalb der Nischen ist derjenige Schmuck an⸗ gebracht, welcher insbesondere die Bestimmung des Denk⸗ mals veranschaulichen soll. Auf elf großen Tafeln aus schwarzem, belgischen Marmor sind die dreitausend vierhundert Namen der in den letzten drei Kriegen gefallenen Kurmärker in Goldschrift eingemeißelt, während der Raum der 12. Tafel in der Mitte der der Stadt abgewendeten Seite von der aus Bronze dur brochen ge⸗ aossenen EnegM bg⸗ eingenommen wird. Die Thür ist nach dem Entwurfe des Baumeisters Stier von dem Kunstgießer Kramme zu Berlin gegossen. Ueber der Thür befindet sich die Widmungsinschrift: „Die Kurmark Brandenburg dem Ehrengedächtniß ihrer in den Feldzügen 1864, 1866, 1870 — 1871 ruhmvoll gefallenen Söhne.“ — Um diese monumentalen Tafeln ordnen sich die Namen und Daten der acht von den Kurmärkern mitgeschlagenen großen Schlachten der drei letzten Kriege und die auf die Geschichte der Stadt und der Kurmark bezüglichen Ornamente, so daß innerhalb der Nischen vier Reliefs aus Savonidères⸗Kalkstein über den Tafeln sich befinden. Diese historischen Darstellungen sind folgenden Inhalts: Erstes Relief vom Prof. Siemering mit der eingemeißelten Ueberschrift Der Prämonstratenser Einzug in St. Gotthard Brandenburg um 1140. Die Darstellung folgt getreu der über diesen Vorgang erhal⸗ tenen Schilderung der Leitzkauer Chronik. Die Mitte des Reliefs nimmt Bischof Wigger ein, welcher die von der linken Seite mit ihren Kirchengeräthschaften, Büchern und Ackerbau⸗Utensilien ein ziehenden P rämonstratenser empfängt und sie auf ihre neue Heimat Brandenburg verweist. Rechts neben ihnen steht der letzte Wenden⸗ fürst Pribislav, der, Christ geworden, seine Krone auf dem Altar des heiligen Petrus niedergelegt hat. Vor ihm neigt seine Gemah⸗ lin Petrussa sich den Geistlichen entgegen. Zwei wendische Krieger, hinter dem Fürsten stehend, sehen dem Vorgange mit zweifel⸗ haften, verschiedene Empfindungen ausdrückenden Gesichtern zu. Das Modell der Marienkirche, auf welche Pribis⸗ lav deutet, bezeichnet die Lokalität und die Geschichte des Berges. Zweites Relief vom Prof. Calandrelli mit der ein⸗ gemeißelten Ueberschrift: 10. Juli 1412 Brandenburg huldigt dem Kurfürsten Friedrich I. Die beiden Huldigungen, welche historisch nacheinander stattgefunden haben, diejenige durch die Geistlichkeit und das Domkapitel und diejenige durch Bürger und Zünfte, sind hier in Einer Darstellung vereinigt. Kurfürst Friedrich steht auf der linken Seite des Bildes auf einer erhöhten Estrade, hinter ihm seine fränkischen Begleiter, vor ihm eine Gruppe huldigender Geistlicher, Domherren und Bürger, von welchen sich rechts als Repräsentant des Adels Edler Gans von Putlitz, mit seinen Privilegien in der Hand, deren Bestätigung er erst vor der Eidesleistung wünscht, ab⸗ wendet. Gegenüber der Roland an der Rathhausecke zeigt die histo⸗
rische Stätte der Huldigung an. Drittes Relief vom Professor Siemering mit der eingemeißelten Ueberschrift: 9. Juni 1732 Berlin Aufnahme der vertriebenen Salzburger. Zur Erläuterung des Vorganges sind die beiden Gestalten des die Pro⸗ testanten austreibenden Bischofs Firmian und des sie auf⸗ nehmenden Königs an den beiden Enden des Reliefs einander gegenüber gestellt. Die Gruppe der Auswanderer zwischen Beiden wendet sich von dem Bischofe ab und versichert dem Könige, von dessen Umgebung sie empfangen und unterstützt wird, die Treue. In dieser Umgebung hat auch die jugendliche Gestalt Friedrichs des Großen einen Platz gefunden. Viertes Relief vom Prof. Calan⸗ drelli mit der eingemeißelten Ueberschrift: 18. Januar 1871 Ver⸗ sailles Wiederaufrichtung des Deutschen Kaiserreichs. Der Kaiser, auf einer Stufe stehend, nimmt die Mitte ein. Er ist mit dem Krönungsmantel bekleidet. Eine jugendliche Gestalt überbringt ihm die Kaiserone. Zu beiden Seiten des Kaisers stehen die Fürsten und Feldherren, rechts der Kronprinz, Prinz Carl und Prinz Adalbert, als Vertreter des Königlichen Hauses, links der Großherzog von Baden, der Herzog von Sachsen⸗Meiningen, Fürst Bismarck, Graf Moltke u. A. Im Hintergrunde so wie rechts und links sind die Fahnen⸗ und Standartenträger mit ihren Fahnen resp. Standarten symmetrisch geordnet. Jedes dieser Reliefs hat eine Höhe von 1,70 m und eine Länge von 3,43 m.
In den Zwickeln der Bogen über den Reliefs sind Rundfenster angebracht, um das Innere des Thurmes zu erhellen. Die Be⸗ krönungen der Giebel, durch welche die Nischen abgeschlossen sind, enthalten vier zu den Reliefs in Beziehung stehende Wappen, näm⸗ lich der Mark, des Bisthums, der Hohenzollern, und des Deutschen Reichs. Am Fuße der vier Strebepfeiler zwischen den Nischen sind Steinbänke angeordnet. In ihrem oberen Theile tragen die Pfeiler auf vorgekragten Adlerkonsolen an ihrer Stirnseite vier überlebens⸗ große Statuen aus rackowitzer Sandstein. Erste Statue: Albrecht der Bär, vom Prof. Siemering. Der Markgraf, in der kriegerischen Tracht seiner Zeit, in vollem Kettenpanzer mit weitem Oberkleid, stützt sich mit der Linken auf das entblößte Schwert, während er mit der Rechten die markgräfliche Fahne hält, deren Ueberreichung an ihn das be⸗ sondere Zeichen seiner Belehnung mit der Mark Brandenburg bildet. Sein Haupt ist mit der Herzoglichen Mütze bedeckt, in der Form, in wel⸗ cher dieselbe sich in den Skulpturen unseres Domes abgebildet findet. In seiner Physiognomie ist die Energie zum Ausdruck ge⸗ bracht, welche die Geschichte als Hauptzug seines Charakters über⸗ liefert. Zweite Statue: Kurfürst Friedrich I., vom Professor Calandrelli. Der Kurfürst ist als jugendliche Männergestalt auf⸗ gefaßt, in dem Alter, in welchem seine Belehnung mit der Mark Brandenburg erfolgte. Er trägt die volle Ritterrüstung des 15. Jahr⸗ hunderts. Die Hand ist auf das Schwert gestützt. Für die Bildung des Gesichts war dem Bildhauer von höchster Stelle ein authentisches Por⸗ trait zur Verfügung gestellt, an dem es bei früheren Bildungen fehlte. Dritte Statue: Kurfürst Friedrich Wilhelm, vom Professor Sie⸗ mering. Der Kurfürst ist in vollem Ornat dargestellt, den Hermelin⸗ mantel über der Rüstung. Die linke Hand erfaßt den Schwertgriff, die Rechte hält den auf die Hüfte gestützten Kommandostab. Das Haupt ist frei. Für die Auffassung des Kopfes ist insbesondere die Schlütersche Statue maßgebend gewesen. Vierte Statue: Kaiser Wilhelm, vom Professor Calandrelli, ist in der Uniform der preu⸗ ßischen Gardes du Corps unbedeckten Hauptes dargestellt. Er stützt die Rechte auf den Marschallstab. Hinter ihm liegt auf einem Posta⸗ mente die Kaiserkrone.
Der Schaft des Thurmes ist schmucklos behandelt, nur unter der Bekrönung ist ein Fries angebracht mit Eichenlaubguirlanden und den farbig ausgeführten Wappen der Städte Berlin, Alt⸗ und Neustadt Brandenburg, Potsdam, Frankfurt a. O., Perleberg, Prenzlau und Neu⸗Ruppin. Die . des Ganzen wird durch ein massives vergoldetes Kreuz gebildet, dessen Schenkel durch einen Kranz verbunden sind. — Im Innern des Thurmes ist in dem Unterbau eine kleine achteckige Halle angelegt, eine Treppe führt zur oberen Bekrönung des Thurmes, welche als Aussichtsloge dient. — Auf den Sockelstufen vor den drei die Eingangsthür nicht enthal⸗ tenden Nischen ruhen als Trophäen auf Sandsteinpostamenten drei im fessen Kriege erbeutete wohlerhaltene Geschützrohre, welche Se. Majestät der Kaiser geschenkt hat. Es sind französische Vorderlader aus Bronze. Umgeben ist das Denkmal von einem Umfassungsgitter auf steiler Böschung, sowie von hübschen Gartenanlagen. Eine Gaskraftmaschine in der Tiefe des Berges fördert das für die An⸗ lagen erforderliche Wasser.
Die dreizehnte ordentliche Generalversammlung des Verbandes deutscher Müller wird am 5., 6., 7. und 8. Sep⸗ tember 1880 in Dresden im Gewerbehause stattfinden.
“ Erster Tag — Sonntag, den 5. September. Vormittags 10 Uhr, in Hellwigs Restauration, Theaterplatz 4, Sitzung des Verbandsausschusses. Abends von 5 Uhr ab, Empfang der Gäste in Hellwigs Restauration, Theaterplatz 4. Zweiter Tag — Montag, den 6. September. Vormittags 9 Uhr, Generalversammlung im Gewerbehause. 1) Eröffnung der Versammlung. 2) Bericht über Thätigkeit und Wirksamkeit des Verbandes seit der letzten Generalversammlung: Jos. J. van den Wyngaert, Vorsitzender des Verbandsvorstandes. 3) Ueber die neueren Fortschritte der Müllerei des In⸗ und Auslandes: Oscar Oexle, Augsburg. 4) Ueber den Gesetzentwurf über Unfälle in Fabriken: Dr. Sellnick, Leipzig. 5) Ueber Feuerversicherung: General⸗Direktor Tschmarke, Magdeburg. 6) Generalversammlung des Unfallversicherungs⸗Verbandes Dritter Tag, Dienstag, den 7. September, Vormittags 9 Uhr: General⸗ versammlung im Gewerbehause. 1) Interne Verbandsangelegen⸗ heiten, nur für Verbandsmitglieder: Bericht und Anträge des Aus⸗ schusses über den Etat und die Jahresrechnungen: H. Woltersdorf, Arnstadt, Vorsitzender des Verbandsausschusses, Wahl des Ortes für die nächste Generalversammlung. 2) Ueber den Kreditverkehr und den Nutzen von Auskunftsbureaus: Dr. Steglich, Dresden. 3) Be⸗ richt von Jos. J. van den Wyngaaert über seine Reise in Amerika. 4) Offene Fragen.
Festprogramm: Erster Tag — Sonntag, den 5. September, Abends von 5 Uhr an, Begrüßung der Gäste und gesellige -. wenkunft in Hellwigs Restauration, Theaterplatz 4. Zweiter Tag — Montag, den 6. September, Nachmittags 4 Uhr, Gartenfest und Festessen im Linkschen Bade. Dritter Tag — Dienstag, den 7. Sep⸗ tember, Nachmittags von 2 Uhr an, Umschau in Dresden und seinen industriellen Anlagen. Abends Abschiedsfeier auf der Terrasse. Vierter Tag — Mittwoch, den 8 September, Vormittags 8 Uhr, Festfahrt nach der Sächsischen Schweiz, theils mit der Bahn, theils mit dem Dampfboot.
Cöln, 14. August. (Cöln. Ztg.) Heute ist unser Dom, der herrlichste Tempel Deutschlands, das großartigste Werk gothischer Baukunst, vollendet worden. Heute Vormittag 7 Minuten vor 10 Uhr entfalteten sich die beiden mächtigen Fahnen auf der Höhe der Riesenthürme, die preußische auf dem nördlichen und die deutsche mit der Aufschrift Protectori auf dem füdlichen. Das war das Zeichen, daß der Dombaumeister, Regierungs⸗Rath Voigtel, der sich mit seinen Poliren und den bei der Versetzung der zweiten Kreuz⸗ blume beschäftigten Werkleuten auf dem kolossalen Gerüste befand, den Bau zum Abschluß gebracht hatte. Die Häuser in der Umgebung des Gotteshauses und auch in anderen Straßen der Stadt hatten sich zur Feier des denkwürdigen Ereignisses mit bunten Fahnen geschmückt.
In Krolls Theater trat Hr. Nachbaur am Sonnabend noch einmal vor fast ausverkauftem Saale als „Postillon von Lon⸗ jumeau“ auf. Das Publikum ließ es selbstverständlich wieder an reichen Beifallsehren Ffür den Sänger, der vorzüglich bei Stimme war, nicht fehlen und verlangte mehrere Nummern da capo, was auch bereitwillig gewährt wurde. Gestern hat sich Hr. Nachbaur als Man⸗ rico im „Troubador“ unter noch stürmischerem Beifall von hier ver⸗ abschiedet. Sein Partner, Hr. Reichmann, welcher als Graf Luna ebenfalls verdientermaßen ausgezeichnet wurde, tritt morgen im „Maskenball“ zum letzten Male auf. “