Die Kommission hat zahlreiche von der Auffassung des Stände⸗ rathes abweichende Beschlüsse gefaßt.
Großbritannien und Irland. London, 25. August. Ueber die Zustände in Irland meldet die „Allg. Corr.“: Täglich werden neue Agrarverbrechen gemeldet: „In “ bei Mallow wurde einem Gutsherrn am letzten
onnabend ins Schlafzimmer geschossen, glücklicherweise wurde
Bei Ballyhernagh wurden 20 Schafe ge⸗ schoren und denselben die Ohren gestutzt. In der Nähe Bala's wurde Heu niedergebrannt. In Mallyfarnhamp bei Mullingar wurde auf einen Gutsherrn geschassen und derselbe am Kopfe verwundet. Der Schuß wurde nach dessen Schlafzimmer ab⸗ gefeuert, als er sich gerade ins Bett begab.“
8 — Ueber den Krieg in Afghanistan wird gemeldet: Der Vizekönig telegraphirt unterm 24. d. an das indische Amt: Eine Depesche von Oberst St. John in Kandahar, datirt 21. d., meldet: „Ein Ausfall fand am 16. d. gegen ein an der Ostseite der Stadt gelegenes Dorf statt. Derselbe hat uns gegen weitere Behelligung des Feindes an dieser Seite sichergestellt, aber die Verluste waren sehr empfindlich. Brigade⸗General Brooke, Kapitän Cruikshank vom Genie⸗
Oberst Newport vom 28. Regiment, Major
und Lieutenant Stevenson vom 19. Regiment,
die Lieutenants March und Wood von den Füstlieren, der M. Gordon sind gefallen. Verwundet wurden Oberst Nimmo vom 28. Regiment, Major Vandeleur vom 7. Regiment und Lieutenant Wood vom Transport⸗ Corps, alle schwer; ferner die Obersten Malcolmson und
Shewell. Zu gleicher Zeit wurden 180 Mann getödtet oder verwundet. Artillerie⸗Lieutenant Maclaine gerieth in Gefangenschaft, wird aber gut behandelt. Der Feind be⸗ schießt die Stadt gelegentlich und unterhält ein Scharfschützen⸗ feuer gegen die Schanzen, das aber wenig Schaden an⸗ richtet. Die Einschließung der Stadt ist gänzlich den Kan⸗ daharer Truppen und den Ghazis anvertraut, während die Kabulischen Truppen um Ayub Khan herum drei Meilen ntfernt auf der nach Herat führenden Straße kampiren.“
Ein heute in Chaman eingegangener, vom 20. d. da⸗ tirter Brief von Oberst Tanner, dem Kommandanten von Khelat⸗i⸗Ghilzai, meldet: Ich habe heute Nachrichten vom General Roberts erhalten. Er ist vier Tagemärsche von hier entfernt und wird am 24. d. hier sein. ir sind alle wohl und sammeln Lebensmittel für Roberts, der am 29. in der Nähe von Kandahar zu sein erwartet.
— GroßbritanniensStaatsschuld belief sich am Ende des vorigen Fiskaljahres (31. März 1889 auf 775 755 608 Pfd. Sterl., aber nach Abzug von 30 500 000 Pfd. Sterl. für Darlehen, 3 976 582 Pfd. Sterl. für den Kaufschilling der Suezkanalaktien und 2 000 000 Pfd. Sterl. für die Indien gewährte zinsfreie Anleihe stellt sich der Reinbetrag der Staatsschuld auf 739 279 026 Pfd. Sterl. — Amtlichen Aus⸗ weisen zufolge verloren im ersten Semester von 1880 in England durch Eisenbahnunfälle aller Art 530 Personen ihr Leben und 1242 trugen mehr oder minder erhebliche Verletzungen davon. — An Bord des Flaggenschiffs in Portsmouth tagte dieser Tage eine von der Admiralität ernannte Kommission, um die mit dem Zusammenstoß zwischen dem englischen Panzer⸗ schiff „Minotaur“ und der deutschen Barke „Hoffnung“ verknüpften Umstände zu prüfen. Die „Hoffnung“ war mit einer Bauholzladung von Swartwick nach Falmouth unter⸗ wegs, als sie am 13. ds. um 1 ½ Uhr Nachts von dem „Minotaur“ angerannt wurde. Sie erlitt beträchtliche Be⸗ chädigungen und mußte von dem Kriegsschiffe in den Hafen
ugsirt werden. Die Kommission entschied gegen das Panzer⸗ schiff und sprach der Barke eine Entschädigungssumme von
450 Pfd. St. zu.
— 26. August. (W. T. B.) Das Oberhaus beendigte die Spezialberathung der Bill über die Haftpflicht der Arbeit⸗ und nahm dieselbe mit zwei von der Regierung be⸗ ämpften Amendements an. Sodann wurde die Bill, be⸗ treffend die Postanweisungen, in dritter Lesung genehmigt.
Im Unterhause erklärte auf eine Anfrage Stanhope’s Lord Hartington, General Stewart habe die Forts von Kabul und Sherpur nicht zerstört. — Im Fortgang der Sitzung lenkte Lord Churchill die Aufmerksamkeit des s auf die vom Ober⸗Sekretär für Irland, Forster, am
ienstag gehaltene Rede und verlangte freimüthige Auskunft über die Politik der Regierung Irland gegenüber. Forster erklärte, bei demjenigen beharren zu müssen, was er am
Dienstag gesagt habe. Northcote sprach sein Bedauern über Forsters Rede am vorigen Dienstag aus, die Rede sei nicht nöthig gewesen, denn sie habe nur eine Hypothese in Aussicht genommen. Damit schloß der Zwischenfall.
— 27. August. Dem „Standard“ wird aus Bom⸗ bay vom 26. d. gemeldet: General Stewart erhielt den Befehl, in Jellalabad Halt zu machen. In Folge der kritischen Lage in Kabul fallen viele Truppen von Abdur⸗ rhaman ab. Seitens der Partei Jakub Khans wurden große Kundgebungen zu Gunsten Jakub Khans oder A hsub Khans veranstaltet. — Aus Chaman, 26. d., wird demselben Blatte gemeldet: Unter den Truppen des Khan von Khelat ist eine Meuterei ausgebrochen; eine Abtheilung englischer Truppen ist auf dem Marsche begriffen, um dem Khan ülfe zu leisten. Die Meuterer sind mehrere tausend Mann stark, und man befürchtet, daß sich ihnen die Beludschi⸗Stämme anschließen dürften.
Frankreich. Paris, 25. August. (F. C.) Im Mi⸗ nisterium des Aeußern wird dem Vernehmen nach ein Gelb⸗ buch über die tunesischen Angelegenheiten zusammen⸗ gestellt, welches den Kammern bei ihrer Rückkehr überreicht werden soll.
Spanien.
Niemand verletzt.
einem der
Madrid, 24. August. Nach „Indépendance Belge“ von hier zugegangene Briefe verbleibt die Erzherzogin Maria Elisabeth bis Oktober bei ihrer Tochter der König in von Spanien. Der alten Sitte gemäß hat die Königin dieser Tage die Hauptkirchen und populärsten
Kapellen von Madrid besucht. Im Falle, daß eine Prinzessin scn Welt käme, würde Erzherzogin Maria Elisabeth Pathin ein. Italien. Rom, 25.August. Man meldet der W. „Pr.“: Im Laufe dieses Monats wird die vüreA. für den Bau dreier Fürts zur Vervollständigung der Be⸗ festigungen Roms stattfinden. Ein Fort wird an der Straße nach Tivoli, ein zweites an der Straße nach Pale⸗ strina gebaut, während das dritte Fort die Verbindung öischef diesen ersteren zu vertheidigen bestimmt ist. Die rbeiten sollen noch im Laufe des Herbstes beginnen und mit
Beschleunigung zu Ende geführt werden. — Am Sonnabend,
28. d., findet die Offertverhandlung Aur Ausführung von
Bauten auf der Eisenbahnlinie Rom⸗Sulmona im Betrag von 3 654 000 Frces. statt.
— 26. August. (W. T. B.) Der Schwurgerichts⸗ hof hat den Angeklagten Cardigliani, welcher am 25. Juni d. J. von der Galerie der Deputirtenkammer aus einen Stein in den Sitzungssaal geworfen hatte, wegen versuchter Körperverletzung zu 5 jähriger Gefängnißhaft und wegen Vergehens gegen die Institution der Kammer zu sechs⸗ monatlicher Gefängnißhaft und zu einer Geldbuße von 2000 Lire verurtheilt.
Türkei. Konstantinopel, 26. August. (W. T. B.) Der deutsche Botschafter, Graf Hatzfeld, ließ heute als Doyen des diplomatischen Corps der Pforte die Kollektiv⸗ Antwort der Mächte auf die türkische Note vom 27. Juli, betreffend die griechische Angelegenheit, zustellen.
Skutari, 24. August. (Pest. L.) Die gestern im Konak abgehaltene Ligaversammlung war von 40 Häuptlingen besucht und endigte damit, daß Alle einstimmig erklärten, kein Gebiet an Montenegro abzutreten, doch gaben sie Riza Pascha das Versprechen, gegen Montenegro nicht offensiv vor⸗ zugehen. Unter den Albanesen war das Gerücht ver⸗ breitet, daß man mit ihren Führern falsches Spiel treibe, und daher besetzten gegen tausend lewaffnete Liga⸗ während der Versammlung den Hof des
onaks. Riza Pascha versucht jetzt, durch Verhandlungen mit einzelnen Chefs die Einigkeit der Liga zu sprengen. Die bisher der Liga ferngebliebenen katholischen Fandesen schworen gestern den „Bessa“ (Bluteid) mit den mohameda⸗ nischen Häuptlingen. Der Hauptanstifter der Ermordung Mehemed Ali Paschas, Achmed Efendi Koronitza, ist mit den Delegirten der Stämme Gaschi, Krasnic und Bituschi hier eingetroffen, ebenso Ali Pascha von Gusinje.
Rumänien. Bukarest, 26. August. (W. T. B.) Die durch Wiener Blätter gebrachte Meldung von einem größeren Zusammenstoß zwischen bulgarischen Bri⸗ ganten und rumänischem Militär bei Arab Tabia stellt sich als gänzlich unbegründet heraus. Der Kriegs⸗ Minister Slaniceanu, welcher von seiner in die Dobrudscha unternommenen Inspektionsreise zurückgekehrt ist, konstatirte, daß in der Dobrudscha vollständige Ruhe herrscht, daß die Organisation der Dobrudscha rasche Fortschritte macht und daß die Bevölkerung, Bulgaren und Türken eingeschlossen, weil sie Person und Eigenthum gesichert sieht, sich unter der rumänischen Herrschaft vollständig zufrieden fühlt.
Bulgarien. Sofia, 18. August. Der W. ‚Presse“ wird von hier geschrieben:
Der Fürst ist vergangenen Sonntag nach Varna abgereist. Vor seiner Abreise legte er den Grundstein zu einer Kavalleriekaserne. Auch eine Infanteriekaserne wurde bereits in Angriff genommen und wird im nächsten Frühjahre eine zweite gebaut werden. Bis zur Herstellung dieser Bauten muß das Militär noch weiter theils in Baracken, theils in mehreren zerstreut liegenden, ja selbst baufälligen Häusern untergebracht werden. Mit dem Umbau des Fürstlichen Palais wurde begonnen und es wird auch ein ziemlich aus⸗ gedehnter Anbau an dasselbe stattfinden. Der Plan für diese Arbeiten wurde, nachdem jeger von dem hiesigen Staats⸗Archi⸗ tekten entworfener den Anforderungen nicht entsprochen hatte, von dem Wiener Architekten Rumpelmeyer angefertigt. Genannter Architekt hat auch zur Leitung des Baues einen Vertreter hierher gesendet. — Das Ministerium beabsichtigt eine Volkszählung zu veranlassen. Die letzte fand zur Zeit der russischen Okkupation statt. — Das letzte Sobranié hat die Gehalte der Beamten sehr herabgesetzt und sind namentlich die Post⸗ und Telegraphen⸗ Beamten, sowie die Techniker schlecht davon gekommen. Aus diesem Anlasse traten von Letzteren einige aus dem Dienste aus. Zur Besetzung der erledigten Stellen wurden von dem Bau⸗ Dirxektor aus Rußland andere Kräfte berufen und sind dieselben be⸗ reits hier eingetroffen. Dieses dürfte wahrscheinlich die Nachricht, welche in einigen ausländischen Blättern zu lesen war, daß russische Genie⸗Offiziere nach Bulgarien gereist sind, veranlaßt haben. — Um allen, somit selbst den unbemittelten Fluüchtlingen die Rück⸗ kehr in das Fürstenthum und die weitere Existenz zu ermögli⸗ chen, wurde über Antrag des Ministeriums vom Fürsten angeordnet, daß 100 000 Frs. dazu verwendet werden, um die Reisekosten zu decken, Kleider anzuschaffen und den Lebensunterhalt der Flüchtlinge während der nächsten Zeit zu beftreiten. 2) Daß 500 000 Fr. aus den landwirthschaftlichen Vorschuß⸗ und Unterstützungskassen der 21 Bezirke des Fürstenthums den Flüchtlingen geliehen werden, damit sich letztere ihre Häuser repariren und Zugvieh, Ackerbaugeräthe, sowie den Samen zum An⸗ bau anschaffen können. 3) Sollen die Flüchtlinge ohne Weiteres, d. i. ohne den gesetzlichen Nachweis des Eigenthumsrechtes vorher liefern zu müssen, in den Besitz ihrer Liegenschaften eintreten. 4) Sollen sie den diesjährigen Miethzins von jenen Liegenschaften, welche verpachtet sind, sogleich erhalten. 5) Sollen jene Flüchtlinge, welche ihre Wälder, Mühlen, Gewölbe, Maierhöse u. s. w. nicht selbst ausnützen, sondern anderen zur Benützung übergeben, die gesetz⸗ lichen Nachweise zur Sicherstellung des Eigenthumsrechtes liefern. 6) Ebenso müssen einen solchen Nachweis jene Flüchtlinge, welche die ihnen ausgefolgten Güter verkaufen wollen, erbringen. — Wie bekannt, soll nach der Wehrordnung jeder diensttaug⸗ liche Bulgare vier Jahre in der aktiven Armee dienen, worauf er der Reserve anzugehören hat. Da Bulgorien einen so hohen Heeres⸗ stand nich erhalten kann, so muß ein Theil des Militärs nach einer kurzen Dienstpfl cht in der aktiven Armee der Reserve einverleibt werden. Diese Reserven werden in den nächsten Tagen, wie es auch in den späteren Jahren geschehen wird, für eine kurze Zeit zu den Uebungen einberufen.
Nußland und Polen. St. Petersburg, 20. August. Der „Wiener Abdp.“ wird geschrieben: Die Abreise des Kaisers nach der Krim wird wahrscheinlich erst nach der großen Hitze stattfinden. Großfürst Wladimir mit Ge⸗ mahlin und Kindern beabsichtigt, sich zu einer Kur nach Biaritz zu begeben. — Während des letzten Krieges standen unter den Waffen 39 268 üligters und 1 626 165 Unteroffi⸗
iere und Soldaten. An Orden für Tapferkeit kamen zur ertheilung: 141 Georgs⸗Kreuze verschiedener Grade (dar⸗ unter nur zwei Großkreuze für die Feldmarschälle Großfürsten Michael und Nikolai), 1440 Annen⸗Kreuze vierter Kaass (auf dem Säbelgefäße), 1074 Annen⸗Kreuze dritter Klasse mit Schwertern und Kokarde. Den Stanislaus⸗Orden dritter Klasse mit diesen Verzierungen erhielten 1613 Offiziere.
Amerika. New⸗York, 13. August. (W. Z.) Die Arbeiten für die für das Fähr 1883 beschlossene Weltaus⸗ stellung in der Stadt New⸗York wurden am Dienstag durch die erste Sitzung der Staaten⸗ und Territorialkommis⸗ säre im Gouverneurszimmer der City Hall eröffnet, und die Unterzeichnungen für dieses nationale Unternehmen, welches ugleich eine hundertjährige Erinnerungsfeier des Endes des Revolutionskrieges werden soll, alsbald in Angriff genommen werden. Es wird dabei nicht nur auf thatkräftigezUnter⸗
stützung von Seiten der National⸗ wie der Staatenregierungen, sondern auch des individuellen Patriotismus der Bürger ge⸗ rechnet. — Die Massenauswanderung der Neger aus dem Süden scheint wieder einen neuen Impuls erhalten zu haben. Dem Präsidenten des Hülfsvereins für Far⸗ bige zu St. Louis ist nämlich die Mittheilung zu⸗ gegangen, daß innerhalb der nächsten zwei Monate zehn⸗ tausend Neger aus Mississippi und Louisiana auswandern und auf dem Wege nach Kansas und anderen nordwestlichen Staaten in St. Louis eintreffen werden. Der dortige Hülfs⸗ verein hat seit eiwa Monatsfrist pro Tag für durchschnittlich vierzig Farbige gesorgt und dieselben nach ihren Bestimmungs⸗ orten befördert. — Aus Portland, Oregon, wird gemel⸗ det, daß sich unter den Indianern im oberen Theile des Staates ein kriegerischer Geist kundgebe, doch wird die Ansicht geltend gemacht, daß man im Laufe dieses Jahres keinen Ausbruch von Feindseligkeiten von dieser Seite zu erwarten habe, da die Jahreszeit bereits zu sehr vorgeschritten sei. — Aus Winnipeg, Manitoba, trifft die Nachricht ein, daß die Birds Eye Indianer, 1500 Mann stark, sich in den Besitz der Vorräthe des Indianer⸗Departements zu Duck Lake, im nordwestlichen Canada, gesetzt haben. Eine Anzahl der N ist von den canadischen Behörden verhaftet worden.
Nr. 43 des „Amtsblatts des Reichs⸗Postamts“ hat folgenden Inhalt: Verfügungen: vom 23. August 1880: Austaxi⸗ rung der unfrankirten bez. ungenügend frankirten Briefsendungen im Wechselverkehr mit Bayern und Württemberg; vom 18. August 1880: Post⸗Dampfschiffverbindung mit Dänemark; vom 20. August 1880: Fnevendung des Eisenbahn⸗Postgesetzes auf die Berlin⸗Dresdener
isenbahn.
— Archiv für Post und Telegraphie. Beiheft zum Amtsblatt des Reichs⸗Postamts. Herausgegeben im Auftrage des Reichs⸗Postamts. Nr. 15. August 1880. — Inhalt: Aktenstücke und Auffätze: Die Unterhaltung des Pferdestandes bei der reichs⸗ eigenen Posthalterei in Berlin. — Das dänische Postwesen im Jahre 1878/79. — Das Institut der Landkutscher und der sogen. Reihe⸗ fahrten im früheren Herzogthum Magdeburg und den benachbarten Fürstenstaaten. — Neue Fernsprechversuche in New⸗York. — Kleine Mittheilungen: Das Projekt der Sahara⸗Eisenbahn. — Apparat zur Messung von schwachen Wechselströmen. — Einem von den ältesten der Kaufmannschaft in Berlin u. s. w. — Kautionsdarlehne. — Nicaragua⸗Kanal. — Vollendung der Centraleisenbahn von Guate⸗ mala. — Zeitschriften⸗Ueberschau.
— Nr. 23 des Eisenbahn⸗Verordnungs⸗Blatts, heraus⸗ gegeben im Königlichen Ministerium der öffentlichen Arbeiten, hat folgenden Inhalt: Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten: vom 3. August 1880, betreffend die im §. 48 des Betriebsreglements vorgesehene Strafe für unrichtige Deklaration von Transportgegen⸗ ständen; — vom 5. August 1880, betreffend Submissionsbedingungen für die öffentliche Vergebung von Arbeiten und Lieferungen bei den Hochbauten der Staatsverwaltung; — vom 9. August 1880, be⸗ treffend die Gewährung von Reisekosten im Falle der Benutzung von Freifahrtsscheinen bei Dienstreisen; — vom 10. August 1880, be⸗ treffend die Einstellung von Nichtraucher⸗Coupés in die Personen⸗ züge. — Richterliche ꝛc. Entscheidungen: Urtheil des Reichsgerichts (II. Civilsenat) vom 18. November 1879 in Sachen des Kauf⸗ manns K. zu Cöln wider die Rheinische Eisenbahngesellschaft. „Der Artikel 424 des Handelsgesetzbuchs findet auch in dem Falle Anwendung, wenn der Transport, welcher in unbedeckten Wagen er⸗ folgen durfte, in bedeckten Wagen stattgefunden hat“ — Urtheil des Reichsgerichts (II. Civilsenats) vom 28. März 1880 in Sachen der Stadtgemeinde Neuß wider die Bergisch⸗Märkische Eisenbahngesell⸗ schaft. „Wie weit reicht die Verpflichtung einer Eisenbahngesellschaft zur Entschädigung der von der Enteignung getroffenen Grundbesitzer?“ — Urtheil des Reichsgerichts (1V. Civilsenat) vom 7. Juni 1880 in Sachen des pensionirten Lokomotivführers B. wider die frühere Königliche Eisenbahnkommission der Niederschlesisch⸗Märkischen Eisen⸗ bahn zu Breslau. „Auslegung des §. 37 des Pensionsreglements
des Preußischen Beamten⸗Vereins.
Statistische Nachrichten.
Nach Mittheilung des statistischen Bureaus der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 15. August bis inkl. 21. August er. zur Anmeldung ge⸗ kommen: 148 Eheschließungen, 852 Lebendgeborene, 37 Todtgeborene und 621 Sterbefälle.
— Die Eisenbahnen Schwedens. (Stat. Corr.) Die erste schwedische Eisenbahn mit Dampfbetrieb wurde am 1. Dezember 1856 eröffnet; Ende 1878 hatten nur poch die beiden nördlichsten Läne mit allerdings über einem Drittheil der Landesfläche niemals den Pfiff einer Lokomotive vernommen. Zu diesem Zeitpunkte waren im Königreiche Schweden 471,2 Mil (von 360 Ref bezw. 10,6886 km) oder 5236 ½ km Eisenbahnen mit Dampfbetrieb und 19,1 Mil oder 204 ¼ km mit Pferdebetrieb vorhanden.
Die Staats⸗Eisenhahnen werden Jahr für Jahr verlängert; seit 1869 sind sie von 104 ½ auf 160,9 Mil angewachsen. Die Anlage⸗ kosten betragen 173 ½ Mill. Kronen zu 1 ⅛ Reichsmark, das sind 113. 21 Mark pro Kilometer; doch schlägt man den Werth der im Betriebe stehenden Staate bahnen höher an, nämlich auf 180 ¼ Mill. Kronen. Ihre Ausrüstung ist besonders in den Jahren 1874 bis 1876 stark vermehrt worden, und sie besitzen nunmehr 252 Loko⸗ motiven, 593 Prunk⸗ und Personenwagen, 61 Gefangen⸗ und Post⸗ wagen und 6600 Gepäck⸗ und Güterwagen; die Zahl ihrer Be⸗ bentegennd Diener mit Ausnahme der Barrierewächter (grindvakter) i t 4 ⸗
Gestiegen ist die Anzahl der Reisenden in Wagen erster Klasse von 19 468 im Jahre 1870 auf 68 976 im Jahre 1877, zweiter Klasse von 252 431 auf 751 319 im Jahre 1875, dritter Klasse von 1 300 917 auf 2 457 685 im Jahre 1877; während des letzten Be⸗ richtsjahres 1878 wurden bezw. 57 422, 649 294 und 2 409 993 Per⸗ sonen dieser Klassen befördert, außerdem 60 817 Soldaten gegen 20 325 im Jahre 1870. Schnellzüge werden reichlicher als im vorigen Jahrzehnt benutzt, nahezu ein Zehntel aller Reisenden be⸗ diente sich derselben 1878 gegen ein Sechzehntel im Jahre 1870. Ein Passagierbillet reichte durchschnittlich 4,1 Mil weit gegen 5 Mil im Jahre 1871, seit welchem die durchschnittliche Reiselänge stetig abgenommen hat. 8
An Gepäck⸗Uebergewicht wurden 1870 23 800, 1877 62 471, 1878 57 294 Centner (von 100 Skäͤlpund oder 42,50758 kg) beför⸗ dert, ferner 1870 12 107, 1874 24 213, 1878 21 769 Stück Leichen, Wagen, Pferde und Hunde, 1870 14 420 049, 1876 36 726 962, 1878 32 286 567 Centner Güter in Eil⸗ und gewöhnlicher Fracht auf durchschnittlich 10 ½ Mil (1871 auf 11,4 Mil), 1871 1 363 728, 1875 7 854 252, 1878 4 084 085 Centner Lasten für Bahnzwecke ohne Fracht, 1870 65 915, 1878 170 065 Stück Vieh, 1870 30 305, 1877 75 626, 1878 66 841 Telegramme für das Publikum.
Die Einnahmen stellten sich im Jahre 1878: für Billets erster Klasse 576 631, zweiter 2 194 508, dritter 2 729 029, vom Truppen⸗ transport 91 907, aus Extrazügen, Gefangentransport, Postbeför⸗ derung, Gepäcküberfracht, Leichentransport und dergleichen 532 716, vom Güterverkehr 8 349 899, außerordentliche und verschiedene Ein⸗
nahmen 211 194, zusammen 14 685 884 Kronen gegen 6 791 193 im
vom 31. Dezember 1854.“ — Nachrichten. — Rechnungs⸗Abschluß
Verlage erschienen:
Jahre 1870 und 16 609 048 im Jahre 1876 mit dem höchsten vor⸗
gekommenen Durchschnittsbetrage von 115 662 Kronen auf die Bahnmil. Die Ausgaben sind von 3 610 677 Kronen im Jahre 1870 auf 10 702 139 im Jahre 1878 gestiegen, ihren höchsten Stand erreichten sie 1877 mit 76 761 Kronen pro Bahnmil, im Verhältniß zur Einnahme dagegen im folgenden Jahre mit 72,87 % gegen 50,07 % für 1872. Die Oberleitung und die Bureaus verbrauchten von den Ausgaben des Jahres 1878 2,4 %, die Strecken⸗ verwaltung 31,1, die Transportverwaltung 27,9, die Maschinen⸗ abtheilung 37,5, Veränderungen von Bauten und dergl. nebst Ver⸗ lusten 1,1 %. Der Reinertrag stieg von 3 180 516 Kronen im Jahre 1870 auf 6 165 982 Kronen im Jahre 1876 und fiel 1878 auf 3 983 745 Kronen; das Baukapital hat sich in den neun Jahren 1870 — 78 mit 3,47, 3,76, 4,28, 4,83, 4,56, 3,74, 4,03, 3,03 und 2,40 % verzinst, scheint also auf demselben Wege der Rentenvermin⸗ derung zu sein, auf welchem auch die Bahnen der deutschen Mittel⸗ staaten sich befinden.
Privatbahnen sind zahlreich über das Land zerstreut; die am Ende des Jahres 1878 vorhandenen 72 haben 329,42 Mil Gesammt⸗ länge, sie besitzen 288 Lokomotiven, 671 Personen⸗, 7218 Gepäck⸗ und Güterwagen und haben vom Staate außer 2 402 500 Kronen Bei⸗ trag 33 939 295 Kronen Vorschuß empfangen.
Im Zusammenhange mit Staatsbahnen stehen 44 Privatbahnen von 1 — 31 ½, zusammen 287,5 Mil Länge; aber nur 25 von ihnen haben die normale Spurweite von 4,83 Fot (zu 29,6906 cm, also 1,431 m) auf 210,1 Mil Länge, 2 andere von 4,10 Fot messen 12,6 Mil, 1 von 3.68 Fot 3,4 Mil, 4 von 3,59 Fot 20,7 Mil., 11 von 3 Fot 35,6 M. lund 1 von 2,70 Fot 5,1 Mil. Das Schienengewicht, welches bei den Staatsbahnen 19,40 — 23,04 Skälpund pro Fot (also2 7,78 — 32,98 kg pro Meter) beträgt, geht auf manchen Strecken bis 8 Pund herab; die Baukosten betragen zwischen 241 105 und (auf der Frövi⸗Ludvika⸗ bahn) 1 272 561 Kronen pro Mil. Im Jahre 1878 wurden auf dieser Klasse von Eisenbahnen 3 850 000 Reisende und gegen 67 Millionen Centner Güter befördert und dabei 738 — 86 400 Personen⸗ bezw. 98 000 — 6 900 000 Centnermeilen zurückgelegt; am stärksten frequentirt ist Landskrona⸗Helsingborgs von Reisenden und Gefle⸗Dala von Gütern. Bei letzterer stellt sich die Einnahme pro Mil auf 178 395, bei der am wenigsten benutzten Eisenbahn auf 13 777 Kronen; die Jahreseinnahme aller mit den Staatsbahnen verbundenen Strecken ist 12 Millionen Kronen. Vier Eisenbahnen geben 90 — 96 % ihrer Einnahmen aus, vier 80 — 90 %, vier 70 — 80 %, dreizehn 60 — 70 %, vierzehn 50 — 60 %, fünf 39 — 50 %.
Fernere 7 Privatbahnen von 1—10 ⅛, zusammen 22,8 Mil Länge werden zwar ebenfalls mit Lokomotiven betrieben, stehen aber nicht mit Staatslinien in Verbindung. Zwei derselben mit 11,8 Mil haben die normale Spurweite, zwei mit 2,9 Mil eine solche von 4,10 Fot, eine mit 1,7 Mil 4 Fot und zwei mit 6,4 Mil 3 Fot; ihre Schienen wiegen 10 — 15 ½ Pfund pro Fot. Sie besitzen 26 Lokomotiven und 684 Wagen.
Ohne Dampfbetrieb sind 21 Privatbahnen mit zusammen 19,12 Mil Länge, und zwar elf von normaler Spurweite mit 3,36 Mil, eine von 3,59 Fot mit 0,5 Mil, eine von 3 ½ Fot mit 0,8 Mil, sechs von 3 Fot mit 9,7 Mil, eine von 2,70 Fot mit 4,5 Mil und eine von 2,56 Fot mit 0,26 Mil. Vierzehn von diesen Bahnen mit zusammen 5,82 Mil haben einer Konzession der Re⸗ gierung nicht bedurft.
— Das „Foreign Office of the Consular Reports“ Englands veröffentlicht eine Zusammenstellung der Kohlenproduktion pro 1879 von folgenden Ländern:
Großbritannien 133 720 393 t, Vereinigte Staaten Nordamerikas 60 850 000 „ Deeutschland 42 031 726 „
Frankreich 17 104 845
Belgien 15 447 292 „
LI3“ 5 378 604 „
Summa 274 532 860 t, aller übrigen Länder nach d. Durch⸗
schnitt der letzten Jahre etwa 10 000 000 „
Somit fällt beinahe die Hälfte der ganzen Kohlenproduktion der Welt auf England. Bei Kalkulirung der jetzigen billigen Preise repräsentirt die Kohlenproduktion der Erde jährlich 1 ½ bis 2 Milliar⸗ den Mark; der Kohlenbergbau beschäftigt etwa 1 Million Arbeiter, resp. ernährt etwa 4 Millionen Menschen.
— (K. Z.) Statistische Veröffentlichungen bezüglich der Alters⸗ renze für die Sterblichkeit in England ergeben für das ahr 1878 das Ableben von 230 Männern und 510 Frauen in einem
Lebensalter von 95 Jahren und darüber. 24 Männer und 64 Frauen erreichten ein Alter von 100 Jahren und darüber, und zwar 12 Männer und 27 Frauen 100 Jahre, 5 Männer und 13 Frauen 101, 2 Männer und 8 Frauen 102, 3 Männer und 7 Frauen 103, 1 Mann und 4 Frauen 104, 1 Mann und 4 Frauen 105 und 1 Frau 106 Jahre. Acht von diesen Hundertjährigen, nämlich 1 Mann und 7 Frauen, starben in Londoner Bezirken.
—, (A. C.) Die englische Industrie hat im vorigen Inhre in der Eisenbranche 570 000 Arbeiter beschäftigt, wovon bei Hohöfen und Walzwerken 140 000, in der Maschinenfabtikation 169 000, in der Stahlfabrikation 5500, im Eisenschiffsbau 48 000 und in verschiedenen Fabrikationszweigen aus Eisen und Stahl rund 200 000 angestellt sind. Im Bergbau werden außerdem 530 000 und in der Textilindustrie gegen 600 000 Arbeiter gezählt.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Im Verlage von J. Guttentag (D. Collin) in Berlin und Leipzig sind in jüngster Zeit folgende Bücher erschienen: 1) Das Staatsrecht des Deutschen Reiches von Dr. Philipp Zorn, ordentlichem Professor der Rechte zu Königsberg. Eriter Band: Das Verfassungs⸗ und Militärrecht. — Dieses Lehrbuch bringt den Stoff des Reichs⸗Staatsrechtes in gedrängter Kürze zur Darstellung. Nicht nur unter den Juristen, sondern auch unter Nicht⸗ juristen dürfte sich das Buch Freunde erwerben bei denen, welche be⸗ rufen sind, am staatlichen Leben positiven Antheil zu nehmen und daher Veranlassung haben, sich über die Grundzüge des Staatsrechtes zu orien⸗ tiren. Diesem Bedürfnisse ist durch das vorliegende übersichtliche Handbuch gedient, das auch zugleich den Studirenden als ein er⸗ wünschter Führer im Studium des Staatsrechts eine willkommene Gabe sein wird. Die kurze Fassung, welche im Plane dieser ganzen Sammlung von Lehrbüchern des Reichsrechtes liegt, hat den Ver⸗ fasser nicht verleitet, den schwierigen Kontroversen des Staatsrechtes überhaupt und speziell unseres heutigen Reichsstaatsrechtes aus dem Wege zu gehen; vielmehr hat der Verfasser den prinzipiellen Fragen besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Der zweite Band, welchen der Verfasser binnen Jahresfrist erscheinen zu lassen beabsichtigt, soll das Verwaltungsrecht im engeren Sinne, das Gerichtsverfassungs⸗ recht, das Finanzrecht und endlich eine umfassende systematische Dar⸗ stellung der Rechtsbeziehungen des Reiches zu auswärtigen Staaten enthalten. — 2) Das deutsche Reichs⸗Preßrecht unter Berück⸗ sichtigung der Literatur und der Rechtsprechung insbesondere des preußischen Ober⸗Tribunals und des Reichsgerichtes systematisch darge⸗ stellt von Dr. Franz Eduard von Liszt, ord. Professor der Rechte in Gießen. — Der Verfasser hat sein Thema so behandelt, daß demjeni⸗ gen Leserkreise, den die Materie, welche das vorliegende Buch behandelt, interessirt, etwas wirklich Brauchbares geboten wird. Der Praktiker, mag er Journalist, Rechtsanwalt, Richter oder Staatsanwalt sein oder irgend ein Preßgewerbe betreiben, dürfte das Eingehen auf Detailfragen, wie das tägliche Leben sie bringt, und die sorgfältige Berücksichtigung der Rechtsprechung um so erwünschter sein, als die Kommentare zum Reichspreßgesetze größtentheils in einem Zeitpunkte erschienen sind, in welchem es eine Praxis auf Grund dieses Ge⸗ setzes noch gar nicht gab. — 3) Weiter ist in dem oben genannten Die Justizverfassung in Preußen nach Reichs⸗ und Landesrecht von W. Turnau, Kammergerichts⸗Rath. Dritte Lieferung (zweiter Theil). — Diese dritte Lieferung enthält das Gesetz über die Konsulargerichtsbarkeit vom 10. Juli 1879 und die Instruktion des Reichskanzlers zur Ausführung dieses Gesetzes vom 10. September 1879, ferner die Gesetze betr. die Rheinschiffahrts⸗
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gerichte vom 8. März 1879 und betr. die Elbzollgerichte vom 9. März
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1879, sowie die allgemeinen Verfügungen des Justiz⸗Ministers vom 22 bez. 23. September 1879, betr. die Schöffengerichte. Schon bei Im Erscheinen des ersten Theiles des Werkes haben wir Veran⸗ lassung genommen auf die Brauchbarkeit und Nützlichkeit desselben für den Praktiker hinzuweisen.
— Von dem Werke „Die Erde und ihr organisches Leben“ von Klein und Thomé (W Spemann in Stuttgart) liegen drei weitere Lieferungen — 18 bis 20 — vor, welche die Be⸗ schreibung der „Wüsten“, „Hochebenen und Gebirge“, „Gletscher und Eiezeit“, sowie den Anfang des Kapitels über „Erdbeben“ ent⸗ halten und außer den Bildern im Text, 3 Vollbilder: „Chinarinden⸗ baumlandschaft“, das Franz Josephs Fjord und Marble Cafion (Colorado) bringen. Die Form der Darstellung ist ebenso interessant wie klar und die typographische Ausstattung des Buches eine vor⸗ treffliche. Das Werk kann allen Gebildeten ebenso zur Belehrung wie zur Unterhaltung empfohlen werden.
— Im Verlage der Buchhandlung des Waisenhauses zu Halle a./S. erschien: Grundlagen zur Beurtheilung des Trinkwassers zugleich mit Berücksichtigung der Brauchbarkeit für gewerbliche Zwecke und für Reinigung von Abfallwasser nebst Anleitung zur Prüfung des Wassers. Für Behörden, Aerzte, Apotheker und Techniker ver⸗ öffentlicht von Dr. E. Reichardt, Professor in Jena. Vierte Auf⸗ lage mit 33 Holzschnitten und 2 lithogr. Tafeln. Preis 2 ℳ 80 ₰. Dies lehrreiche, besonders für Behörden, Aerzte und Chemiker empfehlenswerthe Buch verdankt einer Verordnung des Großherzoglichen Staats⸗Ministeriums zu Weimar seine Entstehung, nach derselben sollten, den wichtigen Erfahrungen der Neuzeit entsprechend, die Fluß⸗, Quell⸗ und Triebwasser im roed, Weimar einer chemischen Unter⸗ suchung unterworfen werden. as Staats⸗Ministerium übertrug die Ausführung dieser Verordnung den Professoren Ludwig und Reichardt zu Jena, welchen als medizinischer Sachverständiger Geh. Hofrath Gerhardt in Jena beigegeben wurde. Das Gutachten wurde von dem Professor Reichardt entworfen, und nachdem die Großherzogliche Me⸗ dizinalkommission diese Arbeit in Berathung gezogen und theilweise ergänzt hatte, wurde dieselbe für die Beurtheilung der Wasseruntersuchungen als Grundlage angenommen, und gelangt in diesem Buche wegen der allgemeinen Bedeutung des Gegenstandes zur Veröffentlichung. Die vierte, jetzt vorliegende Auflage enthält einige nothwendig erachtete Umarbeitungen und Vermehrungen der Gegenstände, wodurch sich der Umfang des Buches um die Hälfte vergrößerte. Der Verfasser weist nach, daß das Flußwasser zum Trinken nicht geeignet ist. Die äußerst mannigfaltigen, wechselnden Einflüsse und Verunreinigungen des fließenden Wassers machen dasselbe geradezu unbrauchbar als Trinkwasser, da bei der stets wechselnden Temperatur dieses Wassers und der gar nicht zu regulirenden Veränderlichkeit der Zuflüfse oft die sonst vielleicht unschädlichen organischen Bestand⸗ theile plötzlich in schädliche verwandelt werden; selbst die sorgfältigste Filtrirung des Flußwassers macht dasselbe nach Ansicht des Verfassers durchaus zum Trinkwasser ungeeignet, und hält derselbe nur Quell⸗ wasser zur menschlichen Nahrung geeignet. Seinen Besprechungen legt der Verfasser folgendes Eutachten der Wiener Wasserversor⸗ gungskommission über die Anforderungen, die an gesundes Trink⸗ wasser zu stellen sind, zu Grunde: 1) Ein in allen Beziehungen tadel⸗ loses Wasser muß klar, hell und geruchlos sein. 2) Es soll nur wenig feste Bestandtheile enthalten und durchaus keine organisirten. 3) Die alkalischen Erden in Summa dürfen höchstens 18 Th. Kalk in 100 000 Th. Wasser entsprechen (0,180 gem. Kalk im Liter). 4) Die für sich im Wasser löslichen Körper dürfen nur einen kleinen Bruch⸗ theil der gesammten Wassermenge betragen, besonders dürfen keine größeren Mengen von Nitraten und Sulfaten vorkommen. 5) Der chemische Bestand, sowie die Temperatur soll in den verschiedenen Jahreszeiten nur innerhalb enger Grenzen schwanken. 6) Verunreini⸗ gende Zuflüsse jeder Art sollen fern gehalten werden. 7) Den ge⸗ stellten Anforderungen genügt nur ein reiches Quellwasser, dieses ist allein zur Trinkwasserversorgung geeignet. 8) Die Industrie be⸗ darf für ihre Zwecke ein Wasser von nahezu derselben Beschaffenheit. 9) Filtrirtes Flußwasser, wenn es jederzeit frei von Trübungen erhalten werden kann, ist zu den Gewerbebetrieben geeignet, aber wegen der nicht erfüllten Bedingungen in 5 und 6 als Trinkwasser nicht anwendbar. 10) Zur Bespritzung und Reinigung der Straßen taugt jedes Wasser, das geruchlos ist und keine erheblichen Mengen von faulenden Substanzen enthält. Verfasser hält auch nicht alles Quellwasser für geeignet zum Trinkwasser; besonders nothwendig sei eine Untersuchung desselben auf den Gehalt an Salpetersäure, welche stets nur als Produkt der Zesetzung organischer Sobstanzen angesehen werden könne. 4 Theile Salpetersäcre in 1 Million Theilen Wasser, oder 0,4 für 100 000 Theile Wasser sei das höchste Quantum, welches das Trinkwasser enthalten dürfe, ohne der Ge⸗ sundheit des Menschen schädlich zu sein. Vielfache Verfuche, u. A. in Weimar, haben ergeben, daß bei höheren Prozenten Salpetersäure in Brunnen, besonders bei auftretenden Epidemien, Heerde der⸗ selben geworden sind.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Riedlingen, 24. August. (St. A. f. W.) Unsere Frucht⸗ ernte ist nun beinahe beendet; war auch das Wetter unbeständig, so genügten die paar sonnigen letzten Tage, die Früchte trocken unter Dach zu bringen. Das Ernteergebniß ist nach Quan⸗ tität und Qualität sehr günstig. Oehmd ist in Menge in Aussicht; das Einheimsen wird in den nächsten Tagen beginnen.
Gewerbe und Handel. Dem Jahresbericht der kleinen Friedrichsrodaer Eisen⸗ bahn für das Jahr 1879 entnehmen wir Folgendes: Die Bahn ist am 6. Oktober 1875 im Bau begonnen und am 2. Juli 1876 dem öffentlichen Verkehr übergeben worden. Sie gehört dem sachsen⸗gothaischen Staate und ist auf die Dauer von 16 Jahren verpachtet. Der Betriebspächter zgahlt der Regierung für die Bahn eine Pachtsumme von jährlich 17 000 ℳ, für den Gasthof in Waltershausen, in welchem sich die Warte⸗ und Expeditionsräume befinden, weitere 1720 ℳ, und verzinst somit der Regierung das ge⸗ sammte Anlagekapital von 616 700 ℳ mit 3,04 %. Außerdem hat der Betriebspächter jedes Jahr 400) ℳ als Beitrag zum Er⸗ neuerungsfonds für die Geleise (etwa 3 ½ % des Werthes vom Ober⸗ baumaterial) abzuliefern. Bei zunehmendem Verkehr ist eine Steigerung der Pacht vorgesehen, welche die Verzinsung auf etwa 4 % erhöht. Die ganze Bahn hat außer dem gemeinschaftlichen Bahnhof Fröttstedt der Thüringer Bahn noch die beiden Bahnhöfe Waltershausen und Friedrichsroda. Im Jahre 1879 betrugen die Einnahmen der Bahn 82 092 ℳ, die Ausgaben dagegen 46 675 ℳ, demnach der Ueberschuß 35 357 ℳ Dieser Ueberschuß ist in nach⸗ stehender Weise verwendet worden: an die Thüringer Bahn für Mit⸗ benutzung des Bahnhofes Fröttstedt ꝛc. 2131 ℳ, an die Gothaische Regierung für Einlage in den Reserve⸗ und Erneuerungsfonde 4000 ℳ, an die Gothaische Regierung für ca. 3 % Zinsen von 616 700 ℳ Anlagekapital (als Pacht für die Bahn einschließlich des Gasthofes in Waltershausen) 18 720 ℳ, an den Betriebspächter für Amortisation seiner Betriebsmittel 3939 ℳ und für Verzinsung seines Betriebskapitals 6,5 % von 101 512 ℳ 6567 ℳ — Die „New⸗Yorker Hdl. Ztg.“ äußert sich in ihrem vom 13. d. M. datirten Wochenbericht über die Geschäftslage fol⸗ gendermaßen: Der jüngste Aufschwung hat einer etwas ruhigeren Stimmung Raum gegeben, ein Wechsel, der um so weniger zu be⸗ dauern ist, als das Vertrauen nicht gelitten hat und, was kaum minder schätzbar, jeder Ueberstürzung dadurch einstweilen vorgebeugt ist. Trotz der momentanen Erschlaffung des Geschäftsganges bleibt die Gesammtsituation eine äußerst günstige, denn alle Elemente zur Prosperität sind vorhanden. Die Handelsbewegungen des Hafens von New⸗York im Monat Juli cr. ergeben sowohl für Import als für Export im Vergleich zu demselben Monat des Vorjahres eine bedeutende Zunahme. Der Import betrug 40 828 297 Doll. gegen 27 128 509 Doll., der Export 39 639 338 Doll. gegen 29 586 922 Doll., wobei zu berücksichtigen ist, daß New⸗York nur für den Import maßgebend ist. 1 Das Geschäft am Waaren⸗ und Produktenmarkt nahm
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‚diese Woche einen verhältnißmäßig ruhigen Verlauf. Brodstoffe
namentlich Weizen und Weizenmehl, verfolgten bei schwächerm Export⸗ begehr weichende Tendenz. Für volle Getreideladungen sind 19 Fahr⸗ zeuge geschlossen worden; für Petroleumschiffe zeigte sich viel Nachfrage. Der Baumwollmarkt, sowohl für disponible Waare wie im Termingeschäft, verharrte in derselben Lethargie, in welche er seit Wochen versunken. Rio Kaffee war fester und in westindischen sowie oftindischen Sorten fand ein lebhaftes Geschäft statt. Raff. Petroleum konnte einen Anfangs der Woche etablirten Avanz nicht behaupten und schließt matt. Schweinefleisch, Schmalz und Speck sind höher, während Rindfleisch nur wenig Beachtung fand. Terpentinöl und die geringeren sowie mittleren Harzsorten er⸗ freuten sich bei sehr fester Markthaltung eines lebhaften Export⸗ begehrs. Am Hopfenmarkte war es still, doch sind die Aus⸗ sichten für die kommende Ernte sehr befriedigend. In fremden Ma⸗ nufakturwaaren fährt das Geschäft fort, sich langsam zu beleben. Der Import von fremden Webstoffen während der heute beendeten Woche beträgt 2 619 286 gegen 2 592 823 Doll. in der Parallelwoche des Vorjahres.
London, 26. August. (W. T. B.) Nach den Abendblättern haben Durham u. Co. in Manchester und London, welche südamerikanischen Handel betrieben, ihre Zahlungen eingestellt. Die Passiva betragen 100 000 bis 200 000 Pfd. Sterl.
8 Verkehrs⸗Anstalten.
Der Aktiengesellschaft Ilseder Hütte ist die Genehmigung zur Anfertigung der generellen Vorarbeiten für die Verlängerung der Peine⸗Ilseder Zweigbahn zum Anschluß an die projektirte Linie Hildesheim⸗Braunschweig ertheilt worden.
Triest, 26. August. (W. T. B.) Der Lloyddampfer .“ ist heute Vormittag aus Konstantinopel hier einge⸗ roffen.
Berlin, 27. August 1880.
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Einer von dem Reichskommissar für die Weltau stellung in Melbourne, Geheimen Regierungs⸗Rath Reuleaux, gemachten Mittheilung zufolge ist derselbe am Ausstellungsorte angelangt. Ebenso ist auch das zweite zur Beförderung der deutschen Ausstellungsgüter gecharterte Schiff „Protos“ glücklich in Melbourne angekommen.
Urkunden und Aktenstücke zur Geschichte des Kur⸗ fürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg. Auf Ver⸗ anlassung Sr. Königlichen Hoheit des Kronprinzen von Preußen. X. Band. Ständische Verhandlungen (2. Band: Mark Brandenburg). Herausgegeben von Siegfried Isaacsohn. Berlin, 1880. Druck und Verlag von G. Reimer. — Die in diesem neuesten Bande der obengenannten Publikation veröffentlichten Urkunden und Aktenstücke sind größtentheils dem Geheimen Staats⸗ und dem Stände⸗ Archiv zu Berlin entnommen, Anderes aber aus Familien⸗ und städtischen Archiven zusammengetragen. Den wesentlichen In⸗ halt der Verhandlungen bilden das Kontributionswesen, die Militärfrage, das ständische Kreditwerk und die Einführung der Accise. In einer allgemeinen Einleitung werden in übersichtlicher Darstellung die landständischen Verhältnisse in den Marken bis zum Jahre 1640 geschildert. Dann werden in dem ersten Abschnitt die Verhandlungen mit den Ständen über die Kontribution mitgetheilt, welche mit den Landtags⸗ propositionen, die der Statthalter Graf Adam von Schwartzenberg 8 Tage nach dem Hinscheiden des Kurfürsten Georg Wilhelm am 29. November 1640 den Ständen vortrug (neue Auflagen zur noch entschiedeneren Offensive gegen Schweden), beginnen und mit den Rezessen von 1643 endigen. Angehängt sind Auszüge aus der Kor⸗ respondenz des Geheimen Raths Thomas v. d. Knesebeck mit seinem Bruder, dem Landeshauptmann Hempo v. d. Knesebeck und dem Hof⸗ und Landrichter der Altmark (1647—48) — Der folgende Abschnitt ist betitelt: „Die Auseinandersetzung mit den Ständen 1650 — 54“. Die Besetzung Pommerns durch die Schweden und die Fortführung der Friedens⸗Exekutions⸗Traktate zu Nürnberg nöthigten zu neuen Ausgaben und damit zu neuen Forderungen an die Stände, die durch die Verlängerung des Inqulti Moratorii und Milderung der Zahlungsbedingungen (Juli 1650) nur wenig besänztigt wurden. Die unberufene Zusammenkunft des märkischen Ständeausschusses im November 1650, die Drohung mit einer zweiten im Sommer des folgenden Jahres, unmittelbar nachdem die Stänvde der Altmark (Mai 1651) unter der Führung des dortigen Haupt⸗ manns und Kreiskommissars Hempo von dem Knesebeck zusammen⸗ getreten und gegen die Maßregeln der kurfürstlichen Re⸗ gierung zu Berlin protestirt hatten, entrollen ein Bild von der erregten Stimmung jener sowohl wie von der Kriegs⸗ noth, unter welcher das Land zu leiden hatte. Die Verhandlungen erhielten ihren vorläufigen Abschluß durch den leider nur auszugsweise mitgetheilten denkwürdigen Rezeß vom 26. Juli 1653, der zusammen mit den zwei analogen für die Neu⸗ mark vom 29. August desselben Jahres das Fundament bildet, auf dem sich die Stellung der Stände im brandenburgisch⸗preußischen Staate erhebt, um erst im Anfang dieses Jahrhunderts einer neuen Entwickelung Raum zu machen. Der Abschnitt schließt mit der von den Deputirten gewünschten Deklaration einiger Bestimmungen jenes Recesses, welche vom 19. Juni 1654 datirt. — Die in dem Abschnitt: „Die Militärfrage und der Nordische Krieg 1654 — 1660“ veröffent⸗ lichten Aktenstücke sollen zeigen, wie der neue Konflikt wegen der Frage der „Landesdefension“ und der Höhe der dafür erforderlichen Geldmittel und Mannschaften sich nicht nach alten Rezeßbestimmungen, Reversen und Reichsabschieden entscheiden ließ, sondern durch kurfürstliche Machtvollkommenheit aus den Prinzipie eines eben jetzt sich bildenden neuen Staatsrechts heraus rücksichtslos, aber zum Heil des ganzen Landes, die Protestirenden mit einge⸗ schlossen, gelöst werden mußte. Durch alle mitgetheilten kurfürst⸗ lichen Reskripte ꝛc. dieser Zeit geht derselbe Ton: Noth kennt kein Gebot. Und wenn die Stände den Kurfürsten an seine eigenen früheren Zusagen erinnern, so erhalten sie stets die Antwort: Er sei durchaus nicht gemeint, sie auch nur des geringsten ihrer Rechte zu berauben, sondern entschlossen, Alles in den alten Stand zu setzen, sobald der glückliche Ausgang des Krieges dies irgend gestatte. — In der folgenden Periode, welche von 1662— 1685 reicht, erfolgt dann „die Ordnung des ständischen Kreditwerks.“ Von den aus dieser Zeit mitgetheilten Aktenstücken sind namentlich die hier zum ersten Male wortgetreu publizirten Protokolle des Ständetages von 1683 von Interesse. Nach sechsmonatlichen Verhandlungen desselben erging am 11. April 1683 ein Reglement, welches die ständische Verwaltung ganz unter die Direktion eines der Geheimen Räthe stellte, alle Verordneten durch kurfürstliche Verpflichtung zu landesherrlichen Beamten machte und das ersehnte Ziel der Ablösung durch Verringerung der Ausgaben und Erhöhung der Einnahmen in nahe Aussicht stellte. Trotz der wiederholten, lebhaften ständischen Proteste verbleibt es seitdem bei diesen Verwaltungsgrundsätzen, und nach Verlauf von 3 Jahren war man denn auch so weit, daß in allen 3 ständischen Kassen nur noch ein verhältnißmäßig kleiner Schuldrest verblieb, den der Kur⸗ fürst dann in eine landesherrliche Schuld zurückverwandelte. — Die in dem letzten Abschnitt mitgetheilten Urkunden beziehen sich auf „die Verhandlungen wegen Einführung die Accise.“ Die Mehrzahl derselben stammt aus den 12 Friedensjahren 1660—1671, namentlich aus dem Jahre 1667 und bietet das mannigfachste In⸗ teresse. Die durch den nordischen Krieg noch bedeutend erhöhte Kon⸗ tribution gestaltete sich almählich zu einer Last für Städte und Bauernstand. Diesem Uebel abzuhelfen gab es nur zwei Mittel: die Herabsetzung des von Friedrich Wilhelm in 15jährigem Mühen geschaffenen Heeres bis auf seinen früheren Stand, oder die Aufbrin⸗ gung der für die Erhaltung desselben nöthigen Steuern auf eine ge⸗ rechtere, gleichmäßigere, weniger fühlbare Art, durch eine Kon⸗ sumtionssteuer, die Jeden nach seinem Verbrnuch traf. Jenes forderten die Stände, dieses der Kurfürst, der seine