1880 / 206 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 02 Sep 1880 18:00:01 GMT) scan diff

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stark ist. Die Rückkehr unserer Truppen erfolgt erst gegen den 20. September. Zu den Uebungen der Kavallerie⸗Division bei Schrobenhausen hat sich mit anderen fremdländischen Offizieren auch der chinesische Major Tscheng⸗Ki⸗Tong, Attaché der chinesischen Gesandtschaft in Berlin, eingefunden, wohl der erste chinesische Offizier, der bayerischen Truppen⸗ übungen beiwohnt.

2. September. Der Statthalter von Elsaß⸗Lothringen, General⸗Feldmarschall von Manteuffel, ist hier ein⸗ und nach kurzem Aufenthalte nach Gastein weiter⸗ gereist.

Sachsen. Dresden, 1. September. Der Fürst und die Fürstin von Rumänien sind gestern Abend am Hof⸗ lager zu Pillnitz eingetroffen.

Heute Mittag wurde hier das auf dem Altmarkt errichtete, von Prof. Henze entworfene Siegesdenkmal enthüllt. Die Stadt war vom Morgen an aus diesem Anlaß festlichst geschmückt, in allen Kirchen fanden Vormittags Gottes⸗ dienste statt. Um 11 Uhr traf der König mit der Königin, kurz vor den Majestäten der kommandirende General des XII. (Königlich sächsischen) Armee⸗Corps, Prinz Georg, nebst Prinzessin Georg, Prinz Friedrich August, Prin⸗ zessin Mathilde und den jüngeren Mitgliedern des Königshauses auf dem Altmarkt ein. Hier waren ferner erschienen: Die Repräsentanten der Königlich sächsischen Armee, die Vertreter der Staatsbehörden, die Geist⸗ lichkeit und städtischen Kollegien, die Angehörigen der geblie⸗ benen Dresdener Krieger, kommandirte Truppen, Invaliden und Militärvereine, Kunstgenossenschaft, Innungen und ge⸗ werbliche Vereine, Gesang⸗ und Turnvereine, Polytechniker und Vertretungen der höheren Lehranstalten, sowie in den benachbarten Straßen ein nach Tausenden zählendes, patrio⸗ tisch begeistertes Publikum. Nach einleitenden Gesängen hielt Ober⸗Bürgermeister Dr. Stübel die Festrede, worauf Ehren⸗ jungfrauen Kränze am enthüllten Denkmal niederlegten. Die Absingung des Chorals „Nun danket Alle Gott“ und das Ge⸗ läute der Glocken sämmtlicher Kirchen schlossen die Feier.

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 1. September. (W. T. Der Statthalter, General⸗Feldmarschall von

Manteuffel, ist heute Abend 9 Uhr nach Gastein abgereist.

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Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 31. August. (Pol. C.) Der Fürst Milan von Serbien reist heute von Ischl nach Franzensbad ab, um die dort weilende Fürstin abzu⸗ holen und mit derselben über Wien, wo ein mehrtägiger Aufenthalt genommen wird, nach Belgrad zurückzukehren. Zu den in Galizien stattfindenden Manövern ist eine ser⸗ dische Militärdeputation, bestehend aus General Lesch⸗ Eäfhg Major Franasevic und Hauptmann Simic, entsendet worden.

Krakau, 31. August. Die Stadt ist bereits vollständig geschmückt, die schwarz⸗gelben und weiß⸗rothen Fahnen sind in entschiedener Mehrheit. Auf dem Ring werden große Vor⸗ bereitungen zu dem Freitags Abends stattfindenden Ernte⸗ und Hochzeitsfeste getroffen. Der heute Abends erscheinende „Czas“ bringt im Hauptblatte einen Festartikel in polnischer Sprache und in der Beilage die deutsche Uebersetzung desselben. Die Appartements des Kaisers im Palais Potocki sind elegant und geschmackvoll eingerichtet. Gräfin Potocka traf selbst die letzten Anordnungen. In jedem Salon sind Bilder berühmter alter Meister, Sevres⸗Vasen und franzö⸗ sische Möbel. Besonders geschmackvoll sind der Speisesaal und das Schlafzimmer ausgestattet. Jeder Train bringt zahlreiche Fremde. Auf der Straße herrscht große Bewegung. Das Wetter ist prächtig. Achtzig ruthenische Bauern, ge⸗ führt vom Abgeordneten Palanowski, werden heute hier ein⸗ treffen; zahlreiche Abgeordnete, darunter Grocholski und Smolka, sind bereits hier angekommen.

qbeDer Karser, welcher auf der Fahrt von Olmütz hierher auf allen Stationen mit jubelnden Zurufen begrüßt worden war, wurde bei seiner Ankunft hierselbst von der zahlreich herbeigeströmten Bevölke⸗ rung in der herzlichsten Weise empfangen. Bürger hielten die Ordnung aufrecht, welche in keiner Weise gestört wurde. Eine halbe Stunde nach seiner Ankunft empfing der Kaiser, welcher russische Uniform angelegt hatte, den General⸗Gouver⸗ neur von Warschau, Albedinski.

Czernowitz, 31. August. Die „Czernowitzer Ztg.“ publizirt heute das speziell auf Czernowitz bezügliche Pro⸗ gramm des Kaiserbesuchs. In die Empfangsdeputation von Kimpolung wurden gewählt Johann Koczynski, Georgi Beligian, Franz Geht, Ferdinand Fritsch, Kalman Kahare, Theodor Perkutzan, Wasil Floczea, Swonitza und Makesch. Als Sprecher der Städtegruppe Suczawa⸗Sereth⸗Radautz wird der Bürgermeister fungiren.

Belgien. Brüssel, 31. August. (K. Z.) Der König befindet sich in Ostende; von dort hat er am 28. d. den Schluß der außerordentlichen Kammersession ausge⸗ sprochen. Der „Moniteur“ bringt außerdem heute das Gesetz, wonach künftighin die Nationalfeste alljährlich am dritten Sonntag des August begangen werden sollen, sowie die gesetz⸗ liche Anweisung von 4 663 865 Frcs. 43 Cts. und von 2 300 000 Frcs., mit denen das Unterrichts⸗Ministerium den Gemeinden und das Ministerium des Innern den Gemeinden und Provinzen zum Neubau und Einrichtung von Schul⸗ häusern behülflich sein soll.

Großbritannien und Irland. London, 31. August (A. C.) In Irland dauert der Kriegszustand zwischen Guts⸗ herren und Pächtern fort, doch werden neuerdings keine allzu ernsten Gewaltthätigkeiten und Agrarverbrechen gemeldet. Der unter den Auspicien der Landliga getriebene Unfug beschränkt sich lediglich auf Drohbriefe und gelegentliche Brandstiftungen in Fällen, wo den Mandaten der Liga nicht völliger Gehorsam geleistet worden. An der Thür einer Kapelle in Mavycarkey, unweit Thoules, fand man eine Bekanntmachung angeschlagen, welche besagte, daß jede Person, die unmännlich genug sei, eine Farm in dieser Ortschaft zu pachten, deren früherer In⸗ haber wegen Nichtzahlung der Pacht exmittirt worden, einen Besuch von „Rovy“ erhalten werde.

Im Unterhause verlas Marquis von Hartington am Montag eine von General Roberts eingegangene De⸗ pesche. Dieselbe ist Sebö 23. August, datirt und lautet: „Die unter meinem Kommando stehende Streit⸗ macht langte heute Morgen hier an. Da die Behörden in Kandahar am 17. d. M. gemeldet, daß sie über reichliche Pro⸗ viantvorräthe gebieten und die Fourage bis zum 1. September

einen schweren Stand haben.

ausreichen dürfte, mache ich morgen Halt, um den Truppen, und insbesondere den Transportthieren und dem Lagergefolge Rast zu gönnen. Die Streitmacht verließ Ghuzni am 16. d. und ist während der letzten acht Tage 136 Meilen marschirt. Die Truppen sind bei guter Gesundheit und Stimmung. Ich beabsichtige von hier in regelmäßigen Stadien vorzu⸗ rücken, damit die Mannschaften frisch in Kandahar ankommen. Ich hoffe am 29. mit Kandahar von dem 20 Meilen entfern⸗ ten Robat in heliographischer Verbindung zu stehen. Ich nehme die Garnison von Khelat⸗i⸗Ghilzai mit mir und über⸗ gebe das Fort an Mahomed Sadik Khan, einen Tokichef, der Gouverneur des Platzes war, als wir in 1879 daselbst an⸗ kamen. Der gegenwärtige Gouverneur, Sirdar Shernidel Khan, weigert sich, dort zu bleiben. Wir sind während des Marsches auf keinen Widerstand gestoßen und im Stande ge⸗ wesen, befriedigende Vorkehrungen für Zufuhren zu treffen, insbesondere für die ung von Fourage, die in dieser Jahreszeit in Fülle vorhanden ist. Die Kavalleriepferde und die Artilleriemaulesel befinden sich in ausgezeichneter Be⸗ schaffenheit.“ Die Depesche schließt mit einer Liste der auf dem Marsche entstandenen Verluste an Mannschaften.

1. September. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Unterhauses erklärte der Unter⸗Staatssekretär für Indien, Lord Hartington, dem Deputirten Lawson mit Bezug auf die gestern von Letzterem angekündigte Anfrage an die Regierung, betreffend die bewaffnete Einmischung Eng⸗ lands in eine fremde Angelegenheit, daß im Interesse des Staatsdienstes gegenwärtig eine Debatte über die orientalische Frage nicht erwünscht sei. Lawson vertagte in Folge dessen seine Anfrage vorläufig bis morgen. Im weiteren Verlaufe der Sitzung erklärte Lord Hartington, daß der Regierung neuerdings keine Nachrichten aus Afghanistan zugegangen seien. Der Fortgang der Sitzung führte zur zweiten Lesung der Finanzbill. Die irischen Deputirten verhinderten die zweite Lesung, um damit gegen die heute vom Oberhause HFfgc Ablehnung der Bill über Registrirung der irischen Wähler zu protestiren.

Nach den neuesten Nachrichten aus Simla vom 1. d. erwartete man heute einen Angriff des Generals Roberts auf Ayub Khan.

Die „Times“ meldet aus Quetta von heute: General Roberts ist gestern tn Kandahar eingetroffen. Ayub Khan hat den Versuch gemacht, Verhandlungen an⸗ zuknüpfen. General Phayre ist mit seiner ganzen Streit⸗ macht abmarschirt, da ein üNaven io mit den feindlichen Truppen bei Taktipul zu erwarten steht.

2. September. Dem „Standard“ wird aus Chaman vom 1. d. M. gemeldet, Ayub Khan habe die Erlaubniß nachgesucht, unbehelligt vorrücken zu dürfen; man glaubt, er beabsichtige nach Kabul zu marschiren.

Frankreich. Paris, 1. September. (W. T. B.) Die Polizeikommissäre fanden sich heute früh in den Unter⸗ richtsanstalten der bben in Paris, Lille, Poitiers, Toulouse, Montpellier und anderwärts ein, fanden daselbst die Vertreter civiler Gesellschaften und konstatirten die Abreise der Jesuiten. Nur in Poitiers fand der Kommissär sechs Jesuiten, von denen drei sich als Eigenthümer des Hauses erklärten; die anderen drei wurden entfernt, wobei es zu un⸗ bedeutenden Kundgebuͤngen kam. An anderen Orten verlief die Ausführung der Dekrete ohne jeden Zwischenfall.

Der „Temps“ meldet, daß sämmtliche Oberen der Kongregationen eine Erklärung unterzeichnet hätten, welche offiziell durch den Kardinal Guibert dem Minister⸗Präsidenten Freycinet sogleich nach dessen Rückkehr nach Paris überreicht weerden solle.

Italien. Rom, 29. August. Wie der „Pol. C.“ ge⸗ meldet wird, sind die über den Gesundheitszustand des päpst⸗ lichen Staatssekretärs Kardinal Nina in den letzten Tagen verbreitet gewesenen beunruhigenden Gerüchte unbegründet. Kardinal Nina war von einem leichten Unwohlsein befallen, befindet sich aber bereits auf dem Wege der Besserung. Der König Humbert wird in Kürze der großen piemonte⸗ sischen Fabrikstadt Biella einen Besuch abstatten und wird da⸗ selbst bei dem Exminister Sella Quartier nehmen. Von dort begiebt sich der König nach Florenz zu den dieses Jahr außergewöhnlich großartigen Herbstmanövern. Seit einigen Tagen sind bereits 32 000 Mann in Florenz konzentrirt, so daß die Stadt einem großen Heerlager gleicht. Zum Theil kampiren die Truppen auf den großen Wiesen der Cascinen vor der Porta di Prato. Japan hat nach längerer Vakanz wieder einen Gesandten in der Person des Fürsten Nabesima hierher geschickt. Der⸗ selbe ist bereits vor einigen Tagen hier angekommen. In Kürze wird auch der rußsische Großfürst Konstantin hier erwartet. Derselbe trifft zur See in Neapel an Bord der Kaiserlichen Jacht „Livadia“ ein.

Griechenland. Athen, 22. August. Der „VPolit. Corresp.“ wird berichtet: „Die Regierung ist mit der Aus⸗ führung der Mobilisirung unausgesetzt beschäftigt und dabei von ziemlichem Glück begünstigt. Der Erfolg der Ein⸗ berufung der Dienstpflichtigen übertrifft alle Erwartungen, und die Geldmittel fließen vorerst im Land in reichlicher Weise zu und werden sich späterhin auch im Ausland in genügendem Maße finden lassen. Die Opposition, welche gern einen Grund in den ohne Zustimmung der Kammer kontrahirten Anlehen finden möchte, um das Ministerium anzuklagen, wird bei dem großen Erfolge der finanziellen Operationen des Kabinets Der Kredit Griechenlands ist zusehends im Wachsen und ist einestheils in der Entscheidung der Berliner Konferenz begründet, indem die beiden Nachbar⸗ provinzen unter einer vernünftigen Administration zu einem wahren Segen für Griechenland werden könnten, anderentheils hat auch der Erfolg des unlängst mit der franco⸗egyptischen Bank in Paris kontrahirten Anlehens der Nationalbank, welches die erstere bekanntlich auf dem Subskriptionswege voll⸗ ständig deckte, es bewirkt, ein mächtiges, zumeist aus Griechen bestehendes, Konsortium von Pariser Banquiers für griechische Finanzoperationen zu interessiren. Durch eine der Kammer zu unterbreitende finanzielle Kombination wird die franco⸗ egyptische Bank im Verein mit der „Banque de Con⸗ stantinople“ der griechischen Regierung 100 Millionen Drach⸗ men vorstrecken, wofür 6proz. Obligationen zu 420 Fr. emittirt werden sollen. Nach der Präliminarkonvention verpflichten sich die genannten Banken zwei Raten von je 15 Millionen Francs bereits am 20. August und am 6. September mit der weiteren Verbindlichkeit der Regierung vorzuschießen, den vollen Betrag des Anlehens innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten in dem Fall auszuzahlen, daß die Obligationen nicht plazirt sein sollten. Die beiden Banken forderten für den Anlehensbetrag, für welchen ausnahmsweise ein Zins von

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7 ½ Prozent gezahlt werden wird, keine Garantie und begnüg⸗ ten sich nfach mit der Unterschrift der Regierung. Das An⸗ lehen soll in London und Paris emittirt werden.“ ⸗⸗

Türkei. Konstantinopel, 27. August. Die „Pol. Corr.“ berichtet von hier: Das von der internationalen Kom⸗ mission ausgearbeitete „Gesetz für die Vilajets der europäischen Türkei“ enthält 17 Titel und gegen 450 Artikel. Die Bestimmungen desselben bedeuten einen erheb⸗ lichen Fortschritt. Beispielsweise ist der Medschliß (Provin⸗ zialrath) wählbar und mit so ausgedehnten Befugnissen aus⸗ gestattet, daß er einem kleinen Parlamente gleichkommt. Die von demselben votirten Gesetze bedürfen der Sanktion des Sultans, der jedoch diese Sanktion nicht verweigern darf, wenn das betreffende Gesetz den Prärogativen des Sultans oder den Interessen des Reiches nicht nahetritt. Die Justiz wird gänzlich unabhängig von der Verwaltung erklärt. Die Oeffentlichkeit des Gerichtsverfahrens ist obligatorisch und die nicht muselmännischen Zeugen werden den muselmännischen gleichgestellt. Die Gerichts⸗Präsidenten und Appellations⸗ Räthe sind unabsetzbar. Prozesse zwischen Privaten und der Regierung sind vor den gewöhnlichen Gerichten auszutragen. Alle Strafen, einschließlich die der Ver⸗ bannung, dürfen nur Kraft eines von einem gewöhnlichen Gerichte gefaßten regelmäßigen Gerichtsbeschlusses verhängt werden. Hierdurch erhält der Artitel der türkischen Konsti⸗ tution, wonach dem Souverän das absolute Exilirungsrecht ohne Urtheil zusteht, eine glückliche Amendirung. Was die finanziellen Bestimmungen betrifft, so wurde anfänglich bestimmt, daß die Provinzeinkünfte ausschließlich für Provinz⸗ erfordernisse verwendet werden sollen. Von dem alffälligen Ueberschusse seien 15 Proz. für die Entwickelung des öffent⸗ lichen Unterrichts zu verwenden und der Rest an die türkische Staatskasse abzuführen. Es ist leicht vorauszusehen, daß sich sehr selten ein Ueberschuß ergeben werde. Eben deshalb ver⸗ weigerte der Sultan entschieden seine Zustimmung dazu, daß das neue Gesetz auch für Konstantinopel und dessen Umkreise Gültigkeit haben soll. Die Delegirten Oesterreich⸗Ungarns und Frankreichs, Baron von Kosjek und Mr. Aubaret, haben der Kommission ein Memorandum betreffs Ober⸗ Albaniens vorgelegt.

Aus diesem Memorandum mögen folgende wesent⸗ liche Punkte hervorgehoben werden: Sämmtliche Gebirgsstämme, auf die sich die Empfehlungen der Kommissäre beziehen, zählen 92 000 Seelen, worunter 80 000 Katholiken und 12 000 Musel⸗ männer. Es handelt sich um die endgültige Definirung und Sanktion der Privilegien, die sie seit der Zeit des Sultans Mohammed II. genießen. So sind dieselben vom Zehent und von der Grundsteuer befreit. Sie haben ein Gewohnheitsrecht in Civil⸗ und Kriminalsachen, das ohne Ingerenz der türkischen Gerichte von den Stammhäuptern ausgeübt wird. Auch ihre Civilverwaltung be⸗ ruht auf herkömmlichen Gebräuchen, denen sie innigst zugethan sind.

Sie sind ferner konskriptionsfrei und haben nur im Kriegsfalle ein

militärisches Kontingent zu stellen. Der große Stamm der Miri⸗ diten, der in der Familie Prenk Doda eine förmliche nationale Dy⸗ nastie besitzt, würde demnach von Fürsten aus dieser Familie regiert werden, ohne daß diese einen türkischen Mutesarif zur Seite hätten, wie dies wiederholt vorgekommen ist. Der Miriditen⸗Fürst wäre demnach auch Generalkapitän sämmtlicher Streitkräfte in seinen Ber⸗ gen. Obwohl diese Streitkräfte vom General⸗Gouverneur in Skutari abhängen, so würden dessen Befehle doch nur durch Vermittelung des Generalkapitäns an sie gelangen. Letzterer hätte diese Befehle an die Kapitäne, die heute Batraktars (Fahnenträger) heißen, weiter zu vermitteln. Zur Berathung von Angelegenheiten, die alle Berge betreffen, würden die Batraktars unter dem Vorsitze des General⸗ kapitäns zusammentreten. Obwohl der Distrikt Chimara vollständig isolirt und von den Bergen getrennt ist, glaubten die Kommissäre die Anwendung desselben Regimes auch auf diesen Distrikt empfehlen zu sollen, weil er ausschließlich von griechisch⸗orthodoxen Berg⸗ bewohnern bevölkert ist, die in Sitten und Gewohnheiten den alba⸗ nesischen Bergbewohnern vollständig gleichen. 6

31. August. (Pest L.) Die Truppensendungen an die griechische Grenze dauern fort. Im Ganzen sind bisher ungefähr 3000 Mann abgegangen. Riza Pascha hat der Pforte telegraphisch mitgetheilt, daß er bei der zunehmenden Gährung unter den Albanesen in dem Augenblicke, wo europäische Schiffe vor Dulcigno er⸗ scheinen würden, eine allgemeine Erhebung in Albanien für unausbleiblich halte und deshalb um Instruktionen bitte.

Aus Ragusa, 1. September, meldet „W. T. B.“: Nach hier vorliegenden Nachrichten aus Albanien sind weitere 1400 Mann regulärer Truppen in Skutari eingetroffen. Riza Pascha hat strengen Befehl von seiner Regierung erhalten, die Uebergabe des an Montenegro abzu⸗ tretenden Gebietes vorzubereiten. Die Liga hat Freiwillige nach Dulcigno gesandt; dieselben sind in Retova eingetroffen und sollen die Grenze von Colenza bis Koderkol vertheidigen.

Philippopel, 25. August. (P. C.) Die Provinzial⸗ regierung wurde von der Pforte benachrichtigt, daß die Kai⸗ serliche Druckerei in Konstantinopel den Auftrag erhielt, mit der Anfertigung der Spezial⸗-Postmarken für Ost⸗Ru⸗ melien zu beginnen. Dieser Streitpunkt wäre also glücklich beigelegt. Dagegen ist die prinzipielle Frage, ob das Post⸗ und Telegraphenwesen von der Provinzverwaltung oder von der Reichsverwaltung abhängen soll, noch ungelöst. Die Provinzialregierung beschloß die Herausgabe eines offi⸗ ziellen Organs. Dasselbe wird unter dem Titel „Pro⸗ vinzbulletin“ vom 1. September an in türkischer, bulgarischer und griechischer Sprache erscheinen.

Mumänien. Bukarest, 1. September. (W. T. W.) Der der Regierung nahestehende „Romanul“ erklärt die über bulgarische Banden in der Dobrudscha verbreiteten sensationellen Nachrichten für unbegründet. Die in der Dobrudscha vereinzelt auftauchenden Räuberbanden hät⸗ ten durchaus keine politische Bedeutung, beständen nicht aus Bulgaren, sondern aus brod⸗ und heimathlosen Türken und leisteten den rumänischen Soldaten niemals Widerstand.

Serbien. Belgrad, 31. August. (W. Pr.) Ein vom 18. d. M. aus Ischl datirter fürstlicher Ukas ordnet „für diesen Herbst“ die Einberufung der gesammten Na⸗ tionalmiliz erster Klasse zu achttägigen Manövern an. Die Infanterie⸗-Uebungen finden in Bataillonen, jene der Kavallerie in Escadronen statt. Fürst Milan wird für Ende dieses Monats (a. St) hier erwartet.

1. September. (W. T. B.) Das amtliche Blatt veröffentlicht eine Konkurrenzausschreibung für die Kon⸗ zession zum Bau der Eisenbahnlinie Belgrad⸗ Vranja mit der Seitenlinie Nisch⸗Pirot. Die Haupt⸗ linie ist 362, die Seitenlinie 91 km lang. Die Haupt⸗ linie muß am 15. Juni 1883 fertig sein, als Schlußtermin für die Einreichung von Offerten ist der 13. Oktober anbe⸗ raumt. Die Kaution beträgt eine halbe Million Francs, die nöthige Expropriation erfolgt durch die Regierung.

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Amerika. Washington, 2. September. (W. T. B.) Die Schuld der Vereinigten Staaten hat im vergange⸗ nen Monat um 12 030 000 Doll. abgenommen. Im Staats⸗ schatze befanden sich ult. August 196 670 000 Doll.

New⸗York, 21. August. (W. Z.) Staatssekretär Evarts hat die bei den Seemächten akkreditirten Gesandten der Ver⸗ einigten Staaten angewiesen, bei den betreffenden Regierun⸗ gen den Zusammentritt einer Konferenz zur Berathung der⸗ jenigen Mittel in Vorschlag zu bringen, welche zu gegen⸗ seitigem Schutze gegen die Einschleppung von gel⸗ bem Fieber und Cholera in den Häfen getroffen wer⸗ den können. Als Zeitpunkt für den Zusammentritt der Kon⸗ ferenz wird der 1. Januar 1881 vorgeschlagen. Dem Na⸗ tional⸗Gesundheitsrathe zu Washington ist von Havana aus die Mittheilung zugegangen, daß daselbst wäh⸗ rend der am 14. August beendeten Woche 41 Personen am gelben Fieber und 13 Personen an den Blattern gestorben sind. Während des Monats Juli belief sich die Zahl der in der Stadt Havana verstorbenen Personen total auf 1017, vnter diesen 282 am gelben Fieber bei einer Bevölkerung von 196 437. 8

Vom südamerikanischen Kriegsschauplatze wird gemeldet, daß der chilenische Kriegs⸗Minister eine Verordnung erlassen hat, nach welcher die Bundesmilizen in sämmtlichen Provinzen zu den Waffen gerufen werden. Dem Anscheine nach geht Chile mit der Absicht um, durch Aufbietung aller nur vorhandenen Streitkräfte die Peruaner zu erdrücken und so dem Kriege ein baldiges Ende zu machen.

Statistische Nachrichten. Waarenverkehr des deutschen Zollgebiets mit dem Auslande. Dem neuesten für Monat Juli d. J. erschienenen Heft der Statistik des Deutschen Reichs entnehmen wir in Bezug auf den Waarenverkehr des deutschen Zollgebiets folgende Daten: 1 1 Vom 1. Januar bis Ende Juli d. J. betrug die Einfuhr Ausfuhr von in Doppelcentnern: „Roheisen, Brucheisen, Luppeneisen, Rohschienen und Inpots .. . 1 198 396 2 103 619 „Materialeisen, ganz groben und groben Eisenwaaren. . 242 746 3 858 602 33 025 317 938

ö 3 401 J;;ö11“

Von den Gewichtsmengen der in den Gruppen I. und II. zu⸗ sammengefaßten Waaren treffen in der Ausfuhr speziell auf: Roh⸗ eisen 1 252 328, Brucheisen 625 086, Luppeneisen, Rohschienen, In⸗ pots 226 205, schmiedbares Eisen in Stäben 821 537, Eisenbahn⸗ schienen 1 454 666, rohe Eisenplatten und ⸗„Bleche 195 833, ECisen⸗ draht 542 788, ganz grobe Eisengußwaaren 90 096, Eisenbahnachsen und Eisenbahnräder 107 531, Röhren aus schmiedbarem Eisen 88 143, Drahtstifte 82 739, andere grobe Eisenwaaren 245 673 Doppelcentner.

Von Waaren der Gruppe I. sind im Juli d. Js. allein 281 204 Doppelcentner eingeführt, circa 71 000 mehr als im Juni d. J.; in keinem der Vormonate hatte die Einfuhr diese Höhe erreicht. Die Einfuhr von Waaren der Gruppe II. stand im April d. Js. mit 45 594 Doppelcentnern am höchsten; in den folgenden drei Mo⸗ naten betrug sie nur noch 35 611 Doppelcentner durchschnittlich. Die Einfuhr von Maschinen hob sich in fast ununterbrochener Steigerung von 15 154 im Januar auf 26 394 Doppelcentner im Juli d. Js. Die Ausfuhr von Waaren der Gruppe I. und II. hatte im Monat März d. Js. die Höhe von 395 531 bezw. 647 263 Doppelcentnern erreicht, ging seitdem zurück und betrug im Juli d. Is. nur noch 238 743 bezw. 533 266 Doppelcentner. Dagegen zeigte die Ausfuhr von Waaren der Gruppen III. und IV. noch bis zum Monat Juni d. J. eine steigende Bewegung; im Monat Juli sank jedoch auch diese Ausfuhr und zwar im Vergleich zum Vormonat von 5805 bezw. 63 670 auf 4607 bezw. 61 806 Doppelcentner.

Die Einfuhr und Ausfuhr von europäischem Bau⸗ und Nutz⸗ holz hat sich vom 1. Januar bis Ende Juli d. Js. nach dem jüngst erschienenen Julihefte der Statistik des Deutschen Reiches folgender⸗

maßen gestaltet: Ausfuhr

reduzirt auf Festmeter: hartes, roh oder blos mit der Axt vorotarbeitekik8 153 319 143 578 hartes, gesägt oder auf anderem Wege vorgearbeitet oder zer⸗ aeö6“ 8 86 560

Zusammen Harthol;: 270 379 v“ 989 795 resust e. C11“ 412 613 Zusammen Weichholz: 1 402 408 Land⸗ und Forstwirthschaft. Aschersleben, 25. August. Der „Magd. Ztg.“ wird ge⸗ schrieben: Die hiesigen Oekonomen leiden schon seit mehreren Jahren

273 003 430 443 243 786

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unter der übermäßigen Vermehrung der Hamster und dem durch war belebt und zum größten Theil fester.

dieselben verursachten Schaden trotz der alljährlich dagegen ergriffenen energischen Maßregeln. Im Herbste des Jahres 1878 wurden in der etwa 24 000 Morgen umfassenden städtischen Feldmark 79 875 Stück Hamster gefangen und dafür an Prämien 798,75 von der Stadt⸗ kasse gezahlt. Dennoch mußte man im Jahre 1879 abermals Fang⸗ prämien aussetzen, in Folge dessen 83 436 Stück Hamster zur Ab⸗ lieferung gelangten und einen Kostenaufwand von 843,86 ver⸗ ursachten. Man sollte nun glauben, der gefräßige Nager sei durch die fortgesetzte Vertilgung zur Seltenheit geworden. Dem ist jedoch nicht so, denn die Feldpolizeiverwaltung sieht sich abermals genöthigt, eine Fangprämie von 1 für das Stück zu gewähren. Gleich in den ersten Tagen sind nun täglich durchschnittlich 500 Stück abge⸗ liefert. Diese Zahl dürfte sich fortwährend steigern, da das Regen⸗ wetter die Ernte um vierzehn Tage verzögerte und daher erst ein Theil der Felder den Hamsterfängern zugänglich ist und erst wenig Männer sich mit dieser Arbeit beschäftigen, die außer dem Fanggelde noch Einnahme für das Fell, Fleisch und das in den Höhlen ge⸗ fundene Getreide abwirft.

Gewerbe und Handel.

Der Jahresbericht der Direktion der Sächsischen Kamm⸗ garnspinnerei zu Harthau pro 1879/80 weist ein befriedigendes Resultat nach. Während des abgelaufenen Geschäftsjahres brachte die Gesellschaft an Garn zum Versand: vom Maibis mit August 1879 110 137 kg im Fakturenwerthe von 878 273 ℳ, vom September bis mit Dezember 1879 108 046 kg im Fakturenwerthe von 873 228 und vom Januar bis mit April 1880 119 152 kg im Fakturen⸗ werthe von 970 158 ℳ, zusammen 337 335 kg im Fakturenwerthe von 2 721 659 gegen 1878/1879 264 107 kg im Fakturenwerthe von 2 234 426 Der Totalversand an Garn, Kämmlingen, kurzer Wolle, Abgängen ꝛc. belief sich auf 2 921 578 gegen 2 517 186 in 1878/79. Um den sich bei der Gesellschaft ein⸗ stellenden vermehrten Nachfragen nach ihren Gespinnsten möglichst entsprechen zu können, unterbreitete der Aufsichtsrath einer am 21. April d. J. stattgehabten außerordentlichen Generalversamm⸗ lung den Antrag auf Vergrößerung des Etablissements um 7200 Spindeln. Dieser Antrag gelangte zur Annahme und es ist be⸗ gründete Aussicht, die Anlage im Monat Dezember d. J. dem Be⸗ triebe übergeben zu können. Der Rechnungsabschluß ergiebt ein⸗ schließlich des vom vorigen Jahre vorgetragenen Saldos von 698 einen Bruttoüberschuß von 248 000 ℳ, von welchem Betrage für Abschreibungen auf Gebäude, Grundstück, Maschinen ꝛc. 156 010 ℳ, und für komplette Abschreibung zweifelhafter Außenstände 8485 ℳ, zusammen 164 495 gekürzt, und die darnach verbleibenden 83 505 zur Verfügung der Generalversammlung gestellt werden. Der Auf⸗ sichtsrath wird der Generalversammlung vorschlagen, von den 83 505 an die Aktionäre 81 600 als Dividende von 4 % abzuführen und 1905 auf neue Rechnung vorzutragen.

„— „Am 19., 20. und 21. d. M. findet in Düsseldorf die dies⸗ jährige Generalversammlung des Centralverbandes Deutscher Industrieller statt. Die Tagesordnung lautet, wie folgt: I. Ausschußsitzung. Am 19. September, Vormittags 10 Uhr, in Düsseldorf: 1) Kurzer Geschäftsbericht. 2) Mittheilung der Anträge

der Referenten. 3) Die Währungsfrage. Referent: Hr. Regierungs⸗

Rath Schück. 4) Die Eisenbahnfrachtfrage. Referent: Hr. Reichstagsabgeordnete Dr. Rentzsch. II. Delegirtenversamm⸗ lung. Am 19. September, Nachmittags 5 Uhr: Wahl der Mitglieder des Direktoriums des Centralverbandes III. Generalversammlung. Am 20. September, Vormittags 9 Uhr: 1) Geschäftsbericht, erstattet durch den Geschäftsführer, Re⸗ gierungs⸗Rath a. D. Beutner. 2) Das gewerbliche Unterrichts⸗ wesen. Referent: Hr. General⸗Sekretär Bueck. 3) Der Einfluß der Freihafenstellung der Hansestädte auf die wirthschaftlichen Verhält⸗ nisse des Deutschen Reiches. Referent: Hr. Regierungs⸗Rath a. D. Beutner. 4) Das Gesetz über die gewerblichen Hülfskassen vom April 1876. Referent: Hr. Regierungs⸗Assessor Dr. Königs aus Düsseldorf. IV. Den 21. September, Vormittags 8 Uhr, Besuch der Ausstellung. Die Sitzungen werden in der Tonhalle zu Düssel⸗ dorf abgehalten.

Der Aufsichtsrath der Chemnitzer Papier⸗Fabrik zu Einsiedel bei Chemnitz hat beschlossen, der Generalversammlung die Vertheilung einer Dividende von 10 % für das Geschäftsjahr 1879/80

Der Verwaltungsrath der Aktien⸗Gesellschaft für

Fabrikation von Eisenbahn⸗Material zu Görlitz hat die

Bilanz pro 1. Juli c. geprüft und die Dividende für das verflossene Geschäftsjahr auf 3 % (gegen 6 ½ % im Vorjahr) festgesetzt.

Nürnberg, 31. August. (Hopfenmarktbericht von Leopold Held.) Unser Markt hatte heute die ansehnliche Zufuhr von ca. 300 Ballen Markthopfen. Es war größtentheils weiche Waare, welche nur zu billigen Preisen Nehmer fand. In Hallertauer, Württem⸗ berger und Badischen blieben die Zufuhren ungenügend und konnte die für diese Sorten vorhandene Frage nicht gedeckt werden, trotzdem ist auch in diesen Qualitäten ein Preisrückgang zu verzeichnen, wel⸗ cher durch die niedrigen Verkäufe der Markthopfen verursacht wurde. Die Notirungen lauten: Gute trockene Landhopfen 65 75 ℳ, feuchte und geringe Landhopfen 50 60 ℳ, Hallertauer, Württem⸗ berger und Badische 85 110 Die hiesigen Kommissionäre haben sich verpflichtet vom 15. September ab nur mehr mit Tara zu ver⸗ kaufen, weshalb der seitherige Uebelstand, die Säcke zurücknehmen zu müssen, in Zukunft hinwegfällt.

London, 1. September. (W. T. B.) Die gestrige Wollauktion

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gra

Washington, 1. September. (W. T. B.) Der Schatz⸗ sekretär Sherman hat heute wiederum für 2 500 000 Doll. Obligationen gekauft, und zwar 6 % von 1880 zu 102,48, 6 % von 1881 zu 104,78 und 5 % von 1881 zu 102,78.

Beerlin, 2. September 1880. Cöln, 2. September, 1 Uhr 38 Minuten früh. (Cele⸗ mm.) Die Ensglische Post vom 1. September früh, planmäßig in Verviers um 8 Uhr 21 Minuten Abends, ist ausgeblieben. Grund: Verspätete Ankunft des Zuges von Ostende in Verviers. 8

Nach dem „H. Corr.“ bestätigt sich die Nachricht, daß der seit

ovember 1878 vermißte Hamburger Dampfer „Madagascar“, welcher sich damals auf einer Reise von Bangkok nach Hongkong befunden hatte, durch das englische Kanonenboot „Magpie“ an der Küste von Hainan gestrandet aufgefunden sei, nicht, vielmehr stellt sich heraus, daß dieselbe lediglich auf einem leeren Gerüchte beruhe. Kapt. Napier vom „Magpie“, welcher um nähere Auskunft ange⸗ gangen war, erklärt, wie das genannte Blatt mittheilt, im Gegen⸗ theil, daß er bei seinen Vermessungsarbeiten zwar die ganze Küste von Hainan untersucht, aber nichts von einem solchen Wrack dort gesehen habe. Die Entstehung des Gerüchts läßt sich vielleicht in folgender Weise erklären: Kapt. Clanchy vom Dampfschiff „Danube“, welcher am 25. Dezember v. J. in Hongkong eintraf, berichtete da⸗ mals, daß einige Fischer aus Hainan ihm erzählt hätten, sie hätten unweit des Nordendes der Paracelsas⸗Klippen die Masten eines Schiffes aus dem Wasser hervorragen sehen. Bei näherer Untersuchung hätte sich ergeben, daß dieselben zu einem gesunkenen, in der Mitte durch⸗ gebrochenen Dampfer gehörten und ein wiederholt nach dem Wrack hinuntergegangener Taucher habe eine solche Beschreibung desselben gegeben, daß es für dasjenige des Dampfers „Madagascar“ gehalten werden müsse. Der Taucher habe ferner berichtet, daß sich noch zahlreiche Spuren von Leichen an Bord des Wracks be⸗ fänden. Seitdem hatte man vergebens nach den erwähnten chinesischen Fischern gesucht, bis es am 25. Juni dieses Jahres dem englischen und deutschen Konsul zu Hoihow, Herrn Scott, gelungen war, einen der Leute aufzufinden. Derselbe bestätigte, daß er den gesunkenen Dampfer bei den Paracelsas gesehen habe und berichtete, daß vom Südende von Hainan ausgehend und einen SSO⸗Kurs steuernd, sie nach 7tägiger Reise zu einem Felsen gekommen seien, den die Eingeborenen Pakyoi nennen und dort das für den „Mada⸗ gascar“ gehaltene Wrack gefunden hätten. Die Masten und der Schornstein waren deutlich zu sehen gewesen. Mit Hülfe dieses Mannes sollte jetzt eine Nachsuchung nach dem Wrack gehalten wer⸗ den und wurde zu diesem Zwecke ein deutsches Kanonenboot vom Norden erwartet. Der „Madagascar“ hatte auf seiner letzten Reise eine Ladung Reis und Zinn zum Werthe von 800 000 bis 900 000 Doll., sowie etwa 90 chinesische Passagiere an Bord gehabt, und namentlich aus letzterem Umstande waren allerlei Ge⸗ rüchte über Plünderung des Schiffes und Ermordung der Mannschaft eatstanden, denen jeder wirkliche Grund fehlte. Die eben erwähnte Auffindung jenes chinesischen Fischers, der das Wrack, gesehen haben will, hat nun anschei⸗ nend ein phantasiereiches Hongkong⸗Blatt zur Erzählung eines ganzen Romanes über den Verlust und die Wiederauffindung des „Madagascar“ veranlaßt, woraus dann die Eingangs erwähnte Er⸗ zählung und Berichterstattung nach Europa entstanden ist. Das Kanonenboot „Magpie“ scheint dadurch in die Sache hineinverwickelt worden zu sein, daß ein Angestellter des Konsulats zu Hoihow auch zu gleicher Zeit als Dolmetscher für das Kanonenboot „Magpie“ fungirte und so die Aussage des chinesischen Fischers zur Kenntniß der Besatzung des Kanonenboots gelangt und von dieser weiter ver⸗ breitet worden ist.

Das Residenz⸗Theater wurde gestern nach langen Sommer⸗ ferien wieder eröffnet. Mit dem ersten Stück, das man gab, ist die Bühne zu dem Genre ihres alten Repertoirs, zum französischen Sitten⸗ drama zurückgekehrt. „Der Sohn der Coralie“, ein Schau⸗ spiel in vier Akten von A. Delpit, bewegt sich ganz in den Bahnen der früher auf dieser Bühne in Scene gegangenen Stücke und ist nicht weniger als jene eine Verherrlichung Niedrigkeit. Ob solche Scenen, wie sie uns in diesem Stücke vorgeführt werden, in Frank⸗ reich Wirklichkeit gewinnen können, lassen wir dahingestellt sein, sie sollten mindestens nicht auf der Schaubühne erscheinen, die dadurch den Charakter eines Instituts der Sittlichkeit einbüßt. „Der Sohn der Coralie“ hat eine Reihe wirklich interessanter Scenen aufzuweisen und giebt dem Autor zur Zeichnung einiger trefflicher Charaktere Gelegenheit; aber das kann nur um so klarer stellen, wie verderb⸗ lich es wirken muß, eine Coralie auf die Bühne zu bringen. Die Darstellung im Residenz⸗Theater war, wie gewöhnlich, eine gute; besonders ließ das Ensemble nichts zu wünschen übrig. Im Einzelnen verdient an erster Stelle Hr. Keppler Anerkennung, der als Louis de Montjoie sich allgemeinen Beifalls erfreute. Frl. Eppner (Coralie) führte ihre schwierige Aufgabe recht glücklich durch; Frl. Dinstl (Edith) hat in den ersten drei Akten gefallen, daß der vierte Akt über ihren, der „Naiven“ Horizont hinausging, kann man verständlich finden. Frl. Wienrich gab die Cesarine Godefroy recht geschickt; auch Hr. Haack (Notar Bonchamp) und Hr. Paul (Kapi⸗ tän Daniel) trugen zum Erfolge bei.

Wanwaer.

Prodakten- und Wanren-Rörsoe.

Berllza, 1. Sept. 1880. Marktpreize nach Ermitt. des K. Pol.-Päs. Höchste [Niedrigste

Preise.

per 100 Kilogr. 31²ℳ 4₰

Füur Weizen gute Sorte. 23 30 23 10 Weizen mittel Sortee 21 40 21 20 Weizen geringe Sorte. .„ [1999 Roggen gute Sorte 20 60 20 40 Roggen mittel Sorte 19 19 60 Roggen geringe Sorte 19 18 80 Gerste gute Sorte. 20 16 80 Gerste mittel Sorte 11IL11 Gerste geringe Sorte. 15 14 Hafer gute Sorte . 17 40 1 Hafer mittel Sorte. 16 10 15 Hafer geringe Sorte 14 60 13 Richt-Strohn LI11 Heu. bböuöe68 7 60 4 Erbsen 1 32 20 Speisebohnen, weisse. 36 26

AZ“ 48 28 Kartoffelrln. 80 8 Rinddeisch von der Keule 1 Kilogr. 50 Bauchfleisch 1 Kilogr.. Schweinefleisch 1 Kilogr. Kalbfleisch 1 Kilogr.. Hammelfleisch 1 Kilogr. Butter 1 Kilogr.. . Rier 60 Stück Karpfen pr. Kilogr. Aale Zander Hechte Barsche Schleie Bleie Krebse pr. Schock.

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Breslarn, 1. September (W. 1. 5. Fest.

Freiburger 111,50, Oberschles. 196,25, BR. Oderut-eb. St.-A. 149,00, II. Orientanleihe 60,50, Bresl. sbontobank 96,00, Bresl. Wechslerbank 102 50, Schlesischer Bunkverein 109,50 Kreditaktien 506,00, Laurahütte 130,75, Oest. Banknoten 173,10, Russ. Bank- noten 213,00.

Frankfurt a. M., 1. September. (W. T. B.) (Schluss- Course.) Fest.

Lond. Wechsel 20,49 Pariser Wechsel 80 80, Wiener Wechsel 172,70, K.-Mind. St.-A. 148 ⅛. Rheinische do. 160 ½8. Hess. Ludwigsb. 103 ⅞. K.-M. Pr.-Antheils. 132 ½. Beichsanleihe 100 ½, Reichsbank 148 ½, Darmstädt. Bank 152 &. Meininger Bank 98 ½, Oest.-ungar. bank 719,50, Kreditakt. 251 96, Silberrente 63 &, Papierrente 62 ¾, Goldr. 76 ¼, Ung. Goldr. 95 ¼, 1860 er Loose 123 ⅛, 1864 er Loose —,—, Ungar. Staatsl. 215,20. Ungar. Ostb.-Oblignt. II. 86, Böhm. Westbahn 204 ½, Elisabethb. 166 ½, Nordwestbahn 154, Galizier 244 ¼, Franzosen 246 ½, Lombarden 71 ½, Italiener —, 1877 er Russon 93 ⅞, II. Orientanl. 60 ½, Central-Pacitic 111 ¼.

Lothringer Eisenwerke 93 ¼.

Nach Schluss der Börse: Kreditaktien 251 ⅛, Franzosen 246 ⅛, Galizier 244 ¼, ungar. Goldrente 95 ½.

Frankfurt a. M., 2. September. (W. T. B.) Anfangscourse. Oesterr. Kreditaktien 252 ¼, Franzosen 247 ¼, Ga- lizier 245 ½, Lombarden 72 ½, Ungar. Goldreute 95 ⅛. Fest.

Hamburg, 1. Sepfember. (W. T. B.) Fest.

Pr. 4 % Cons. 100 ¾, Hamburger 8t. Pr. A. 125, Kreditaktien 251 ¾, Franzosen 614 ½, Lombard. 180, Itsl. Rente —, 1877 er Russen —, II. Orientanleihe —, Vereinsb. 121 ¼, Laurahütte 131, Norddeutsche 169 ¾H, Kommerzbank 121 ¾, Angl.-deutsche 77, 5 % Amerik. 96, Rhein. Eisenb. St.-A. 160 ½, dco. junge 154, Bergisch-Märk. do. 119 ⅞, Berl.-Hamb. do. 238, Altonsz-Kiel do. 159 ½8, Diskonto 2 ¾ %¾.

Hamburg, 1. September. (W. T. B.)

Abendbörse. Kreditaktien 252, Franzosen 615, Lombar- den 179 ½, 1860er Loose 123 ¾, öst. Silberrente 63 ⅛, do. Papier- rente 62 ¾, do. Goldrente 76 ½. Ung. Goldrente 95 ½, 1877er Russen 93 ¼, II. Orientanleihe 58 ⅞. III. Orientanleihe 58 ¼, Berg.- Märkische 119 ¼, Laurahütte 131 ¼. Ziemlich fest, aber sehr still.

Wien, 1. September. (W. T. B.) (Schluss-Course.)

Kreditaktien und Renten fest, Bahnen theilweise höher, Speku- lationspapiere sehwach, Angloaktien matt.

Papierrente 72,87 ½, Silberrente 73,80, Oesterr. Goldrente 88,45, Ung. Goldrente 110,20, 1854er Loose 124,00, 1860er Loose 131,50, 1864er Loose —,—. Kreditloose 178,75, Ungar. Präml. 111,50, Kreditaktien 291,90, Franzosen 285,75, Lombarden 82,25, Galizier 282,50, Kaschau-Oderberger 133,50. Pardubitzer 141,50, Nordwestbahn 180,00, Elisabethbahn 193,00, Lemb.-Czern. 169,50. Nordbahn 2465,00, Kronpr.-Rudolf 164,20, Franz-Josef 172,50, Unionbank 113,60, Angl.-Austr. 131,80, Wien. Bankver. 137,90, Ungar. Kredit 262,50, Deutsche Plätze 57,05, Lond. Wochsel 117,70, Pariser do. 46,45, Amsterd. do. 96,80, Napoleons 9,36, Dukaten 5,57, Silber 100,00, Marknoten 57,80, Russ. Bank- noten 1,22 ¾.

4 ½prozent. ungar. Bodenkredit-Pfandbriefe 93,75.

Wien, 2. September. (W. T. B.) *

Kreditaktien 293 00, Franzosen 285 75, Galizier 284,50, Anglo- Austr. 132 60 1860er Loose 131.70, Lombarden 84,25, Papierrente 72,92 ½. Silberrente —,—, Oesterr. Goldrente 88,70, Ungar. Gold- rente 110,62 ½, Marknoten 57,82 ½, Napoleons 9,36, 4 ½ % ungar. Beden- kredit-Pfandbriefe —. Günstig.

Amsterdam, 1. September. (W. T. B.) (Schluss-Course.)

Oest. Papierrente Mai-Novbr. vzsl. 61 ¼, do. Papierrente Febr.- Aug. vzsl. —, do. Silberrente Januar-Juli vzsl. 62 ¾, do. Silberrente April-Okt. vzsl. —, do. Goldrente —, Ungar. Goldrente 93 ¼⅜, 5 % Russen von 1877 94 ¾, Russ. Präm.-Anl. von 1864 —, Russ. Präm.-Anl. von 1866 139 ½, Russ. grosse Eisenbahnen 134 ½8, Russ. I. Orient-Anleibhe 57 ½⅛, do. II. Orient-Anleihe 57 ½, 5 % Türken de 1865 8 ⅞, Theissthalloose 93 ¼.

London, 1. September. (W. T. B.)

Consols 97 ¾, Preuss. 4 % Consols 99, 4 % bayer. Anleihe 98 ⅛. Italien. 5 % Rente 85, Lombarden 7 ¼, 3 % Lombarden alte —, do. neue 10 ¾, 5 % Russen de 1871 91 ½, 5 % Russen de 1872 91, 5 % Russen de 1873 89 ⅛, 5 % Turken de 1865 9 ⅜, 5 % fundirte Amerikaner 105 , Oesterr. Silberrente 63 ½, do. Papierrente —, Ungar. Goldrente 94, Oesterr. Goldrente 75 ¾, Gpanier 19 ⅛, 6 % unif. Egypter 62 ½, Silber 52 ½.

Platzdiskont 2 8⅞ %.

Aus der Bank flossen heute 91 000 Pfd. Sterl.