1880 / 248 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 21 Oct 1880 18:00:01 GMT) scan diff

Innezuhaltende Fehlergrenzen. einer nach den vorstehenden Bestimmungen zuge⸗ lassenen Waage ist nach den näheren Anweisungen der Instruktion zu untersuchen, ob dieselbe hinreichende Empfindlichkeit besitzt, und ob ihre Hebelverhältnisse hinreichend richtig sind. 1 Als das Empfindlichkeitsmaß gilt das Verhältniß, welches die⸗ jenige kleinste Vermehrung oder Verminderung der Last, die noch eine deutlich erkennbare Veränderung der Gleichgewichtslage der Waage (Ausschlag) hervorbringt, zu der Last selber hat. 8 Zur Stempelung darf eine Waage nur dann zugelassen werden, 1) wenn nach Aufbringung der größten zulässigen Last die für letztere und für die betreffende Waagengattung in der nachfolgenden aufgeführte Zulage noch einen deutlichen Ausschlag rT 2.

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2) wenn nach Aufbringung des zehnten Theils der größten zu⸗ lässigen Last der fünfte Theil der nach Nr. 1 für die größte zu⸗ lässige Last berechneten Zulage noch einen deutlichen Ausschlag der Waage bewirkt;

3) wenn die Abweichung des Hebelverhältnisses der Waage von dem ihrem System zukommenden Werthe, nämlich von der Gleich⸗ heit bei den gleicharmigen Waagen, von dem Verhältniß 1:10 bei den Dezimalwaagen, von dem Verhältniß 1: 100 bei den Centesimal⸗ waagen, und von der Angabe der Skale bei den Laufgewichtswaagen, bei der Abwägung sowohl der größten Last, als ihres zehnten Theils durch einen Gewichtsbetrag ausgeglichen werden kann, welcher nicht

rößer ist, als die vorstehend unter Nr. 1, beziehungsweise unter Rr. 2 aufgeführte, das Empfindlichkeitsmaß bei jeder dieser Be⸗ lastungen bestimmende Gewichtszulage; 1

4) wenn bei den Waagen mit Parallelführung der Last (ober⸗ schalige und Brückenwaagen), sowie bei den gleicharmigen Balken⸗ waagen mit Verzweigung der Hebelenden die vorstehenden Bedin⸗ gungen Nr. 1 bis 3 auch in den verschiedensten, bei der Anwendung der Waage möglichen Stellungen des Schwerpunktes der Belastung auf den Schalen oder Brücken eingehalten werden.

Größte zulässige Gewichtszulage bei der Prüfung der Empfindlichkeit und der Richtigkeit der Handelswaagen. I. Gleicharmige Waagen. 1‧500 oder 0,2 g für je 100 g der größten zulässigen Last, wenn dieselbe 200 g oder weniger beträgt. 1/⁄1000 oder 1,0 g für jedes Kilogramm der größten zulässigen n. 1c dieselbe mehr als 200 g, aber nicht mehr als 5 kg eträgt. 1/2000 oder 0,5 g für jedes Kilogramm der größten zulässigen Last, wenn dieselbe mehr als 5 kg beträgt. II. Ungleicharmige Waagen. Laft 1⁄1667 oder 0,6 g für jedes Kilogramm der größten zulässigen ast. III. Laufgewichtswaagen. 1/⁄1000 oder 1,0 g für jedes Kilogramm der größten zulässigen Last, wenn dieselbe 200 kg oder weniger beträgt. 1⁄1667 oder 0,6 g für jedes Kilogramm der größten zulässigen Last, wenn dieselbe mehr als 200 kg beträgt.

B. Waagen für büe Zwecke.

Zulässige Konstruktionssysteme, sonstige Einrichtungen und inne⸗ zuhaltende Fehlergrenzen. I. Präzisionswaagen.

Solche Waagen, welche nach ihrer Konstruktion und Kon⸗ struktionsausführung Wägungen von einer noch größeren Zuverlässig⸗ keit erwarten lassen, als für den Verkehr im Allgemeinen erforderlich ist, dürfen auch auf eine größere als die obige Genauigkeit geprüft und, wenn sie eine solche besitzen, mit dem Präzisionsstempel ver⸗ sehen werden.

Die zu einer solchen Präzisionsaichung zuzulassenden Kon⸗ struktionen werden bis auf Weiteres auf die gleicharmigen Balken⸗ waagen eingeschränkt. .

Von den gleicharmigen Balkenwaagen sollen auch nur solche zur Präzisionsaichung zugelassen werden, welche nach Material und Güte der Konstruktionsausführung eine Zuverlässigkeit von beson⸗ derem Grade und von besonders gesicherter Dauer erwarten lassen. Vorzugsweise kommt hierbei die möglichst vollkommene Ausführung der Drehungs⸗Einrichtungen und die größtmögliche Sicherung der Schwingungen der Waage vor allen Reibungen und Klemmungen in Betracht.

Die Anforderungen an den Empfindlichkeits⸗ und Richtigkeits⸗ grad der Präzisionswaagen sind unter entsprechender Anwendung der oben für gewöhnliche Handelswaagen gegebenen Vorschriften (§. 6 Ziffer 1 4) die folgenden:

Größte zulaäͤssige Gewichtszulage bei der Prüfung der Empfindlichkeit und der Richtigkeit der Prazisionswaagen. 8 160o oder 2,0 mg für jedes Gramm der größten zulässigen Last, wenn dieselbe 20 g und weniger beträgt.

1/1000 oder 1,0 mg für jedes Gramm der größten zulässigen Last, wenn dieselbe mehr als 20 g, aber nicht mehr als 200 g beträgt.

1/2000 oder 0,5 mg für jedes Gramm der größten zulässigen Last, wenn dieselbe mehr als 200 g, aber nicht mehr als 2 kg beträgt.

1⁄56000 oder 0,2 g für jedes Kilogramm der größten zulässigen Last, wenn dieselbe mehr als 2 kg, aber nicht mehr als 5 kg beträgt.

1/10000 oder 0,1 g für jedes Kilogramm der größten zulässigen Last, wenn dieselbe mehr als 5 kg beträgt.

II. Geringere Waagen. . Waagen für Eisenbahnpassagier⸗Gepäck und Waagen für Postpäckereien ohne angegebenen Werth.

Zum Abwägen von Eisenbahnpassagier⸗Gepäck und von Post⸗ päckereien ohne angegebenen Werth sind solche, im Allgemeinen we⸗ niger genaue, aber schnelleres Arbeiten gestattende Wägungseinrich⸗ tungen zuzulassen, bei welchen das Gewicht der Lasten nicht durch die

Gegenwirkung entsprechender Gewichtsstücke oder verschiebbarer Lauf⸗ gewichte, unter jedesmaliger Zurückführung der Waage in die Nähe einer und derselben Gleichgewichtslage, ermittelt wird, sondern bei wel⸗ chen die Gewichtsermittelung durch die bloße Beobachtung des jedesmali⸗ gen Neigungswinkels eines Hebelsystems geschieht. Die Verände⸗ rungen dieser Neigungswinkel, welche von dem Verhältniß der jedes⸗ maligen Last zu einem und demselben festen Gegengewichte oder zu der Elastizität einer Feder abhängig sind, werden hierbei auf Kreis⸗ bogen⸗Eintheilungen oder auf Zifferblättern sofort als Angaben des Gewichts der Last abgelesen.

Waagen solcher Art sind zuzulassen, schriften genügen:

1) Sie sollen an ersichtlicher Stelle etwa in der Nähe der Ab⸗ lesungseinrichtung ein Schild tragen, auf welchem in deutlicher Schrift die Bezeichnung „Waage für Eisenpahnpassagier⸗Gepäck“ beziehungs⸗ weise „Waage für Postpäckereien ohne angegebenen Werth“ ent⸗ halten ist.

2) Ihre Einrichtungen sollen den allgemeinen Vorschriften 1 bis 3 des §. 1 genügen und mit einem Pendelzeiger versehen sein.

3) Die Gewichtsangaben der Ablesungseinrichtung dürfen nur in der Kilogrammeinheit ausgedrückt sein, was durch Beisetzung der Bezeichnung kg zu einer der Zahlenangaben augenfällig erkennbar ge⸗ macht sein soll. Dasjenige Eintheilungsintervall, welches einem Be⸗ lastungsunterschiede von 1 kg entspricht, darf nicht kleiner sein, als

mm.

4) Es sollen geeignete Regulir⸗ und Tarirvorrichtungen vorhan⸗ den sein, um die Gewichtsangaben jederzeit mittelst geaichter Gewichte richtig stellen zu können.

5) Die Empfindlichkeit foll eine derartige sein, daß sowohl bei der größten zulässigen Belastung, welche von der Ablesungseinrich⸗ tung angegeben wird, als lei der Belastung mit dem zehnten Theil dieses Betrages eine an der Ablesungseinrichtung deutlich erkenn⸗ bare Veränderung der Gleichgewichtslage der Waage eintritt, sobald auf der Lastseite eine Zulage gemacht wird, welche bei Waagen für

wenn sie folgenden Vor⸗

6) Die Abweichungen der Angaben von der Richtigkeit sollen bei allen Belastungen zwischen der größten zulässigen Last und dem zehnten Theil ihres Betrages eine Grenze einhalten, welche bei Waagen für Eisenbahnpassagier⸗Gepäck nicht mehr als 200 g, bei Waagen für Postpäckereien ohne angegebenen Werth nicht mehr als 100 g betragen darf. 1 1

7) Jede Waage soll mit einer Abstellvorrichtung versehen sein, durch welche ihr Hebelsystem vor den beim Aufbringen der Lasten stattfindenden Stößen bewahrt wird.

b. Hökerwaagen.

Zum Abwägen von Gegenständen des Wochenmarktverkehrs (Gewerbe⸗Ordnung §. 66) sind gleicharmige Balkenwaagen von einer geringeren als der oben für den Handelsverkehr überhaupt vorgeschrie⸗ benen Genauigkeit zur Aichung zuzulassen, wenn sie 1

„1) den in §. 1, sowie in §. 3 aufgestellten Zulassungsbedingungen genügen; 2 2,) höchstens für eine größte einseitige Belastung von 2 kg be⸗ stimmt sind;

3) an jedem Arm einen angelötheten oder angenieteten Streifen mit der aufgeschlagenen Bezeichnung H. W. tragen;

4) wenn die Zulage, welche bei ihrer Prüfung im Zustande der größten Belastung erforderlich ist, um die Waage entweder bei merklicher Abweichung von der Richtigkeit zum Einspielen zurück⸗ zuführen oder bei unmerklicher Abweichung von der Richtigkeit vom Einspielen merklich abzulenken, das Vierfache des entsprechenden Betrages nicht übersteigt, welcher in §. 6 bei den gleicharmigen Handelswaagen für dieselbe größte Belastung zugelassen ist

§. 8.

1) Alle Handelswaagen und Präzisionswaagen erhalten en Stempel auf dem Haupthebel, Brückenwaagen, bei welchen das Trag⸗ hebelsystem nicht freiliegt, außerdem auf einem Traghebel. Bei den Laufgewichtswaagen erfolgt die Stempelung des Haupthebels dicht hinter dem letzten Theilstrich der Skale. Ferner ist bei diesen Waagen ein Stempel auf der Laufgewichtseinrichtung selbst, dicht neben der Ablesungsmarke, anzubringen.

Außerdem empfängt jede als Nebeneinrichtung bei Laufgewichts⸗ waagen oder als Hülfseinrichtung bei andern Waagen vorhandene Skale mit Laufgewicht einen Stempel dicht hinter ihrem letzten Theilstrich und dicht neben der Ablesungsmarke des Laufgewichts.

2) Zur Aufnahme der Stempel auf dem Haupthebel soll in letz⸗ terem, wenn er aus Stahl, Eisen oder einem anderen Material von ähnlicher Härte und Oberflächenbeschaffenheit besteht, ein Pfropfen oder eine Platte von weichem Metall, welches zur deutlichen Aus⸗ prägung des Stempels geeignet ist, angebracht und in unveränder⸗ licher, nöthigenfalls auch durch Stempelung zu sichernder Weise be⸗ festigt sein. Dieselbe Einrichtung soll für alle Stempelungen auf Traghebeln vorhanden sein.

3) Falls die Zugehörigkeit der Angabe der größten zulässigen Last zu einer Waage nicht durch die Art der Anbringung selbst ge⸗ sichert ist, muß dies durch geeignete Stempelung bewirkt werden. Erfolgt die Aufschlagung der Angabe der größten zulässigen Last erst durch das Aichamt, so soll hierfür, ebenso wie für die vorstehend unter Nr. 1 vorgeschriebene Stempelung eine geeignete Fläche, unter den entsprechenden Umständen also ein untrennbar an der Waage angebrachter Pfropfen oder dergleichen dargeboten sein.

4) Präzisionswaagen erhalten den Präzisionsstempel.

5) Die Stempelung der Waagen für Eisenbahnpassagier⸗Gepäck und der Waagen für Postpäckereien ohne angegebenen Werth geschieht mindestens an einer Befestigungsstelle desjenigen Schildes, welches die besondere Bezeichnung der betreffenden Waage enthält und zwar auf den zu diesem Zwecke in geeigneten Dimensionen herzustellenden Köpfen von kupfernen oder messingnen Schrauben nach Beseitigung des Einschnittes derselben. Außerdem ist an einer geeigneten Stelle des Schildes oder der Befestigung desselben, etwa auf einem Zinntropfen, eine Stempelung auszuführen, welche neben dem Aichungsstempel die Jahreszahl der Aichung enthält. Waagen für Eisenbahnpassagier⸗Gepick und für Postpäckereien ohne angegebenen Werth sind im Verkehr nusc dann als gehörig gestempelt anzusehen, wenn diese Jahreszahl die des laufenden oder des unmittelbar voran⸗ gegangenen Kalenderjahres ist.

6) Die Stempelung der Hökerwaagen erfolgt auf der Löthnath oder dem Nietkopf, durch welche der die Bezeichnung „H. W.“ ent⸗ haltende Blechstreifen mit dem Waagebalken verbunden ist, oder auf dem daselbst anzubringenden Zinntropfen. Diese Stempelungen sind jedenfalls so zu bewirken, daß die Blechstreifen ohne Verletzung des Stemp 8 nicht entfernt werden können. 1 8

9 Ueb ergangsbestimmungen.

Bis zum 1. Januar 1883 dürfen noch sowohl zur Wieder⸗ holung der Aichung als zur ersten Aichung, jedoch über diesen Zeit⸗ punkt hinaus nur zur Wiederholung der Aichung zugelassen werden: 1) Dezimalwaagen, welche für eine größte zulässige Last von weniger als 20 kg bestimmt sind, ebenso Centesimalwaagen, welche für eine größte zulässige Last von weniger als 200 kg bestimmt sind. 1

2) Waagen, welche in den Skalenangaben der größten zulässigen S I folgenden Bezeichnungen enthalten: Ctr., % oder 9 . un

3) Lastwaagen, welche auch die Angabe der geringsten zulässigen Belastung enthalten.

II. Vorschriften für die Aichung der Meßwerkzeuge zur Bestimmung des Stärkegrades weingeistiger Flüssigkeiten.

Alkoholometer und Thermometer.

Zulässige Meßwerkzeuge. Zur Emittelung des Alkoholgehaltes weingeistiger Flüfsigkeiten werden zugelassen solche Alkoholometer, welche den Alkoholgehalt in Volumen⸗Prozenten nach Tralles angeben, und solche Thermometer, welche die Temperatur in Graden nach Réaumur angeben.

§. 2. Material, Gestalt und sonstige Beschaffenheit.

1) Zulässig sind nur gläserne Alkoholometer und Quecssilber⸗ Thermometer. 2) Das Alkoholometer und das Thermometer sollen derartig mit einander verbunden sein, daß das Quecksilbergefäß des letzteren zugleich als die erforderliche und ausreichende Beschwerung des Alko⸗ holometers dient, und daß beide zusammen äußerlich ein Instrument, das Thermo⸗Alkoholometer, bilden. 3) Die äußeren Flächen sowohl des unteren Glaskörpers als der Spindel eines Thermo⸗Alkoholometers sollen einen gleich⸗ mäßigen, zu der Achse des Instrumentes symmetrischen Verlauf haben, und die Massenvertheilung innerhalb des ganzen Instruments soll so angeordnet sein, daß die Spindel beim Eintauchen in eine wein⸗ geistige Flüssigkeit sich lothrecht einstellt. 4) In den Glaswänden dürfen keine die Ablesung der Skalen verfälschenden oder erschwerenden Knötchen, Schlieren und dergl. vorhanden sein. 5) Die Glaswände sollen so beschaffen sein, daß die in II. §. 5 vorgesehenen Aufätzungen in genügender Deutlichkeit ausführbar sind. Ferner soll ‚die obere Abschlußfläche der Spindel (Spindelkuppe) einen gleichmäßigen, durch keine gröberen Unebenheiten unterbrochenen Verlauf haben, welcher sie zur Aufnahme eines Aetzstempels geeignet macht; auch darf sie von dem anschließenden Theil der Spindel durch keinerlei solche Einbuchtungen oder Erhöhungen geschieden sein, welche die Aufätzung eines Stempels an dieser Stelle (II. §. 5 Ziff. 1) verhindern würden. Von dem Ende der Alkoholometer⸗Skale soll die Kuppe wenig⸗ stens 15 mm entfernt sein. 6) Der größte äußere Durchmesser des Quecksilbergefäßes darf 13 mm, der größte äußere Durchmesser des unteren Glaskörpers

Eisenbahnpassagier⸗Gepäck 200 g, bei Waagen für Postpäckereien ohne angegebenen Werth 100 g betragen soll. 82

1 8,—»

28 mm nicht übersteigen. ¹ e ee deeece ildere,

7) Die zur letzten Berichtigung eines Thermo⸗Alkoholometers auf der Innenseite der Thermometer⸗Skale etwa angebrachten Be⸗ schwerungen (Tarirungsmittel) sollen entsprechend dem Zwecke einer letzten Ausgleichung in geordneter Weise derartig befestigt sein, daß sie weder durch Einwirkungen von außen verrückbar sind, noch si von selbst loslösen können.

8) Die beiden auf Papier aufzutragenden Skalen eines Thermo⸗ Alkoholometers sind an den Glaswänden unveränderlich zu befestigen, keinesfalls also mit solchen Bindemitteln, welche von außen, z. B. durch Erwärmung, gelöst werden können.

9) Die sämmtlichen Theilstriche der Alkoholometer⸗ und der Thermometer⸗Skale sind in Schwarz auszuführen. Die Striche der ersteren Skale sollen sich bis auf mindestens 1 des Umfanges der Spindel erstrecken. Die Striche der Thermometer⸗Skale sollen in nicht unterbrochenem Zuge verlaufen und zu beiden Seiten der Thermometerröhre sichtbar werden.

10) Die Alkoholometer⸗Skale soll in die Erweiterung des unteren Endes der Glasspindel hineinreichen, doch dürfen nur soweit Skalenstriche aufgetragen sein, als die Spindel noch vollständig cylindrisch ist.

Ebenso dürfen Skalenstriche nicht mehr auf den unteren Theil der Thermometer⸗Skale aufgetragen sein, sobald diese über das v scacne Ende der sonst geraden Thermometerröhre hin⸗ ausreicht.

Der obere Theil der Thermometer⸗Skale darf in die Glasspindel nicht hineinreichen.

11) Die Alkoholometer⸗ und die Thermometer⸗Skale sollen ohne augenfällige Eintheilungsfehler ausgeführt sein, insbesondere dürfen benachbarte Intervalle der Alkoholometer⸗Skale höchstens um den vierten Theil, benachbarte Intervalle der Thermometer⸗Skale G um den fünften Theil ihrer Länge von einander ab⸗ weichen.

12) Die Thermometer⸗Skale soll mindestens in ganze und darf in halbe oder Fünftel⸗Grade eingetheilt sein, sie soll von 10 Grad unter Null bis mindestens 25 Grad über Null reichen. b Länge des Intervalles von 1 Grad darf nicht kleiner sein als

mm.

13) Die Alkoholometer⸗Skale soll mindestens in halbe, und sie darf in Fünftel⸗ oder Zehntel⸗Prozente eingetheilt sein. Eine Alko⸗ holometer⸗Skale in halben Prozenten darf nur mit einer Thermo⸗ meter⸗Skale in ganzen oder halben Graden, eine Alkoholometer⸗ Skale in Fünftel⸗ oder Zehntel⸗Prozenten nur mit einer Thermo⸗ meter⸗Skale in halben oder Fünftel⸗Graden verbunden sein.

14) Eine in halbe Prozente eingetheilte Alkoholometer⸗Skale darf nicht mehr als 60 Prozente umfassen. Die Länge des Jater⸗ valles von 1 Prozent darf auf einer solchen Skale für Angaben von mehr als 40 % an keiner Stelle weniger als 1,5 mm, für Angaben 8 weniger als 40 % an keiner Stelle weniger als 3,0 mm be⸗ ragen.

15) Eine in Fünftel⸗ oder Zehntel⸗Prozente eingetheilte Alko⸗ holometer⸗Skale darf nicht mehr als 40 Prozent umfassen und nur Alkoholgehalte von 40 Prozent oder mehr angeben. Die Länge des Intervalles von 1 Prozent darf bei einer solchen Skale an keiner Stelle weniger als 3,0 mm betragen.

16) Neben⸗Eintheilungen, die sich auf andere Alkoholgehalts⸗, bezw. Temperaturangaben beziehen, als in §. 1 vorgeschrieben werden, sind auf den Skalen unzulässig.

Bezeichnung.

Die Thermometer⸗Skale soll die deutliche Bezeichnung „Tempe⸗ ratur nach Réaumur“ enthalten. Die Alkoholometer⸗Skale soll, falls dieselbe nur in halbe Prozente eingetheilt ist §. 2 Nr. 14 die Bezeichnung: „Thermo⸗Alkoholometer“, falls dieselbe in Fünftel⸗ oder Zehntelprozente eingetheilt ist §. 2 Nr. 15 die Bezeichnung: „Normal⸗Thermo⸗Alkoholometer“ enthalten. Außerdem soll die Alkoholometer⸗Skale die Angabe „Volumenprozente nach Tralles“, sowie den Namen und Wohnort des Verfertigers, die lau⸗ fende Nummer und die Jahreszahl der Anfertigung des Instruments enthalten. Die Numerirung der Grad⸗ und Prozentstriche muß in deutlicher und übersichtlicher Weise ausgeführt sein; solche Bezeich⸗ nungen der Theilstriche, welche sich auf andere Angaben als die in §. 1 vorgeschriebenen beziehen, sind unzulässi

Fehlergrenze 8 oder im Zuwenig zuzulassenden Fehler dürfen

bei Normal⸗ Thermo⸗ Alkoholometern am Altoholometer . .. 6 1 0,25 %

0́0́01ö 0,3 ° R.

Die Ermittelung der Fehler der Alkoholometer⸗Skale bezieht sich auf diejenigen Angaben derselben, welche an der Durchschnittslinie des Flüssigkeitsspiegels mit der Eintheilungsfläche der Spindel von einem unterhalb der Ebene des ersteren befindlichen Auge abgelesen werden. 8.5

Stempelung.

1) Die Stempelung erfolgt durch Aufätzen eines Stempels auf die Spindelkuppe §. 2 Nr. 5 —, und eines zweiten Stempels möglichst nahe an der Kuppe auf das oberhalb des Endes der Skale liegende Spindelende.

Die Normal⸗Thermo⸗Alkoholometer erhalten dabei den Prä⸗ zisionsstempel.

2) Auf die Spindel wird oberhalb des oberen Randes der Alko⸗ holometer⸗Skale eine breite Marke aufgeätzt, welche sich mindestens über die Hälfte des Spindelumfanges erstreckt, und deren der Skale zugekehrte Grenzlinie, wenn man das Auge in die Ebene des be⸗ treffenden Skalenrandes hält, mit dem letzteren zusammenfallen soll.

3) Auf den Glasköprer wird die Angabe des Gewichts des In⸗ strumentes in Milligramm aufgeätzt.

4) Die jedem geaichten Instrument beizugebende, von der Kaiserlichen Normal⸗Aichungskommission aufgestellte Reduktionstafel, welche zur Berechnung des wahren Alkoholgehalts aus den Angaben des Thermo⸗Alkoholometers dienen soll, wird durch Stempelung be⸗ glaubigt. §. 6. Uebergangsbestimmungen.

I. Bis zum 1. Januar 1883 dürfen noch sowohl zur Wieder⸗ holung der Aichung als zur ersten Aichung, jedoch über diesen Zeit⸗ punkt hinaus nur zur Wiederholung der Aichung zugelassen werden:

1) Thermometer und Alkohbolometer, welche nicht zu einem Instrument, dem Thermo⸗Alkoholometer, vereinigt sind, sondern ge⸗ sondert zur Aichung kommen.

2) Normal⸗Alkoholometer und Normal⸗Thermo⸗Alkoholometer, deren alkoholometrische Skalen Angaben unter 40 % enthalten.

3) Thermo⸗Alkoholometer und Alkoholometer, deren auf der Alkoholometer⸗Skale aufgetragene Gewichtsangabe mit ihrem der⸗ zeitigen Gewichte nicht übereinstimmt, jedoch weniger als 10 mg von demselben abweicht. 4) Thermometer, Alkoholometer und Thermo⸗Alkoholometer, bei welchen die Größe der einzelnen Grad⸗ beziehungsweise Prozent⸗ intervalle zwar weniger als 1 mm, aber an keiner Stelle weniger als 0,5 mm, beziehungsweise zwar weniger als 1,5 mm, aber an keiner Stelle weniger als 0,7 mm beträgt.

5) Thermometer, Alkoholometer und Thermo⸗Alkoholometer, bei welchen der Durchmesser des Quecksilbergefäßes 28 mm über⸗ steigt, oder bei welchen das Ende der Alkoholometerskale näher als 15 mm an der Kuppe liegt, oder bei welchen die Alkoholometerskale nicht bis in die Erweiterung der Glasspindel hineinreicht.

6) Thermometer, Alkoholometer und Thermo⸗Alkoholometer, sowie Normal⸗Instrumente dieser Gattung, welche Eintheilungen in ganze Prozente oder in Viertel⸗Prozente bezw. in Viertel⸗Grade

ie im Zuvie höchstens betragen bei gewöhnliche Thermo⸗ Alkoholometern

enthalten, oder bei welchen die Theilstriche und die Bezeichnungen

den Vorschriften unter §. 2 Nr. 9 und 10, sowie unter § 3 nicht ganz entsprechen, jedoch hinreichend deutlich sind.

II. Nicht mehr zur ersten Aichung, jedoch zur Wiederolung der Aichung sind bis auf Weiteres zuzulassen:

1) Alkoholometer und Thermo⸗Alkoholometer, deren Alkoho⸗ lometerskale mehr als 60 % umfaßt, sowie Normal⸗Instrumente dieser Gattung, deren Alkoholometerskale mehr als 40 % umfaßt.

2) Normal⸗Alkoholometer und Normal⸗Thermo⸗Alkoholometer, bei welchen die Größe der Prozentintervalle zwar weniger als 3 mm aber nirgends weniger als 2 mm beträgt.

Berlin, den 6. September 1880.

Kaiserliche Normal⸗Aichungskommission. Foerster.

Königreich Preußen.

Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den Gerichts⸗Assessor Freytag in Görlitz zum Staats⸗ anwalt, und die Polizei⸗Assessoren von Bassewitz und Feder bei dem Polizei⸗Präsidium in Berlin zu Polizei⸗Räthen zu ernennen; l dem Sekretär bei der Staatsanwaltschaft, des Kammer⸗ gerichts, Kanzlei⸗Rath Hadrian, bei seiner Versetzung in den Ruhestand den Charakter als Geheimer Kanzlei⸗Rath, und b dem Gerichtsschreiber, Sekretär Voigt zu Genthin bei seinem Uebertritt in den Ruhestand den Charakter als Kanzlei⸗ Rath zu verleihen.

Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten. Königliches chirurgisches Universitäts⸗Klinikum. Bekanntmachung.

Die chirurgische Klinik in dem Königlichen Universitäts⸗ Klinikum, Ziegelstraße 8—9, wird für das Wintersemester 1880/81 gegen Ende dieses Monats eröffnet werden.

Kranke, zu deren Heilung chirurgische Hülfe nothwendig ist, können sich daselbst täglich Mittags von 1 bis 2 Uhr melden.

Bedürftige Kranke erhalten außer freier Behandlung auch freie Arznei. .

Die Anmeldung zur Aufnahme dringender Krankheits⸗ fälle werden von den in der Anstalt wohnenden Assistenzärzten jederzeit entgegen genommen. 1

Diejenigen Kranken, welche eine unentgeltliche Aufnahme nachsuchen wollen, haben sich zuvor bei dem Unterzeichneten schriftlich zu melden; Privatkranke können gegen Bezahlung der reglementsmäßigen Kurkosten aufgenommen werden, so⸗ weit es die Räumlichkeiten der Anstalt gestatten.

Berlin, den 18. Oktober 1880.

Der Direktor: B. von Langenbeck, Geheimer Ober⸗Medizinal⸗Rath und Professor, Roonstraße 3.

Justiz⸗Ministerium.

Der Rechtsanwalt Krug in Marburg ist zum Notar im Bezirke des Ober⸗Landesgerichts zu Cassel mit Anweisung seines Wohnsitzes in Marburg, und

der Rechtsanwalt Dr. jur. Bernhard in Breslau zum Notar im Departement des Ober-⸗Landesgerichts zu Breslau mit Anweisung seines Wohnsitzes in Breslau ernannt worden.

Abgereist: Der General⸗Auditeur der Armee, Wirkliche Geheime Ober⸗Justiz⸗Rath Oehlschläger nach Pommern.

Angekommen: Se. Erlaucht der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Graf Otto zu Stolberg⸗Werni⸗ gerode, von Wernigerode.

Die Geschäftslokale des unterzeichneten hiesigen Konsisto⸗ riums werden am Montag, den 25. Oktober dieses Jahres, von dem Hause Niederwallstraße Nr. 39. nach dem Hause Schützenstraße Nr. 26, Ecke der Jerusalemerstraße verlegt.

Berlin, den 18. Oktober 1880.

Königliches Konsistorium der

Provinz Brandenburg. 8 1

Nichtamtliches. Dentsches KReich.

Preußen. Berlin, 26. Oktober. Kaiser und König, Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin nebst Prin⸗ zessinnen⸗Töchtern sowie Se. Königliche Hoheit der Prinz Heinrich trafen, laut Meldung des „W. T. B.“, gestern Nach⸗ mittag 3 Uhr mittelst Extrazuges von Baden⸗Baden in Frank⸗ furt a. M. ein und wurden auf dem Bahnhofe von den Spitzen der Behörden sowie von Sr. Hoheit dem Prinzen Hermann von Sachsen⸗Weimar, dem General Frhrn. von Schlotheim, dem Ober⸗Präsidenten Frhrn. von Ende, dem Polizeipräsidenten von Madai und dem General⸗Intendanten der Königlichen Schauspiele, von Hülsen, empfangen. Nach der Ankunft unterhielten Sich Se. Majestät einige Zeit mit Ihrer Kaiserlichen Hoheit der Kronprinzessin, Höchstwelche Sich mit Ihren Prinzessinnen⸗Töchtern von Sr. Majestät verabschiedete, um nach Wiesbaden weiterzureisen. Bei dem Heraustreten aus dem Bahnhofe wurden Se. Majestät und die Königlichen Prinzen von dem nach Tausenden zählenden Publikum mit brausenden Hochrufen begrüßt. Von dem Bahnhofe begaben Sich die Allerhöchsten Herrschaften nach dem neuen Panorama unter den freudigsten Kundgebungen der Bevölkerung, welche bis zum Panoramg hin dicht gedrängt Spalier bildete.

Nach der Besichtigung des Panoramas, in welchem die Schlacht bei Sedan dargestellt ist, fuhren Se. Majestät nach dem Palmengarten und wurden auf dem Wege dorthin von den Spalier bildenden Kriegervereinen mit begeisterten Hoch⸗ rufen begrüßt. Im Palmengarten wurden Se. Majestät von dem Verwaltungsrathe desselben empfangen. Der Vorsitzende hielt eine Ansprache an den Kaiser, in welcher er her⸗ vorhob, daß seit dem letzten Besuche Sr. Majestät im Jahre 1877 das durch Flammen beschädigte Etablissement

Se. Majestät der

schöner wieder erstanden sei, Dank der gierung und der Bürgerschaft. Unter den Klängen der Haus⸗ kapelle besichtigten Se. Majestät den Saal und die Gallerie und ließen Sich die Mitglieder des Verwaltungsrathes und die Architekten Schmidt und 96 vorstellen. Nachdem Se. Majestät noch ein prachtvolles, von dem Vermaltungsrathe gewidmetes Bouquet entgegengenommen hatten, fuhr Aller⸗ höchstderselbe durch die mit einem imposanten Triumphbogen dekorirte Bockenheimer Straße nach dem Postgebäude, wo um 5 Uhr ein Diner stattfand, zu welchem die Spitzen der Be⸗ hörden Einladungen erhalten hatten. Die Zeil und die übrigen Hauptstraßen waren auf das Reichste mit Flaggen geschmückt.

Nach dem Diner begaben Sich Se. Majestät der Kaiser mit Sr. Kaiserlichen Hoheit dem Kronprinzen und Sr. König⸗ lichen Hoheit dem Prinzen Heinrich nebst Gefolgen durch die mit Gassternen festlich beleuchteten Straßen, unter enthusia⸗ stischen Hochrufen dicht gedrängter Volksmassen, nach dem neuen Opernhause. Der Opernplatz war auf das Prachtvollste illuminirt. Um 6 Uhr 40 Minuten trafen Se. Majestät im Opern⸗ hause ein und wurden in der Außenhalle von dem Ober⸗Bürger⸗ meister Miquel, dem Theaterintendanten Claar und dem Vorsitzen⸗ den des Verwaltungsrathes der Theateraktiengesellschaft, Dr. Ham⸗ burger, sowie im Treppenhause von den übrigen Mitgliedern des Verwaltungsrathes empfangen. Se. Majestät verweilten längere Zeit bei der Besichtigung des großartigen Treppen⸗ hauses. Als Se. Majestät die mit einem Baldachin nebst einer Kaiserkrone überdachte Loge betraten, wurden Allerhöchst⸗ derselbe von dem Publikum, welches sich von den Plätzen er⸗ hoben hatte, mit stürmischen Hochrufen unter Musikklängen begrüßt. Die Kapelle spielte hierauf die von dem Kapell⸗ meister Goltermann komponirte Festouverture. Dieser folgte das von Wilhelm Jordan gedichtete Festspiel, in welches drei Bilder verflochten waren: das Niederwalddenkmal mit der Statue der Germania, der vollendete Cölner Dom und die Ansicht des neuen Opernhauses. Die Germania wurde von Frau Collot, die Muse von Frl. Weiße dargestellt. Gegen den Schluß des Festspiels dankte die Muse dem Kaiser für die verheißungsvolle Theilnahme an der Eröffnung der neuen Kunststätte und forderte das Publikum auf, den Siegesgesang erschallen zu lassen. Das Publikum erhob sich hierauf von den Sitzen und stimmte in den Gesang des ersten Verses der Nationalhymne ein.

An das Festspiel schloß sich Mozarts Don welchem Hr. Beck, Fr. Wilt, Fr. Moran⸗Olden, Frl. und andere Mitglieder des Stadt⸗Theaters mitwirkten. Beendigung des ersten Aktes nahmen der Kaiser und die Prinzen im Foyer des Opernhauses den Thee, welcher von Frau Ober⸗Bürgermeister Miquel servirt wurde. Frau Miquel und Frau von Bethmann stellten Sr. Majestät hier viele Damen der Stadt vor. Se. Majestät überreichten dem Ober⸗ Bürgermeister Miquel eigenhändig den Rothen Adler⸗Orden und sprachen demselben wiederholt seine große Befriedigung über den ihm bereiteten Empfang, über die außerordentliche Entwickelung der Stadt Frankfurt und speziell über den äußerst prachtvollen, großartigen, in allen Theilen gelungenen Opernhausbau aus. Der Theaterintendant Claar wurde von Sr. Majestät durch den Ausdruck höchster Zufriedenheit über die Leistungen der Sänger und des Orchesters ausgezeichnet.

Die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften verweilten bis zum Schluß der Oper gegen 11 Uhr und fuhren sodann durch das von der Feuerwehr, den Feuerwehren der Nachbar⸗ orte und den Kriegervereinen gebildete Fackelspalier (1100 Lampen⸗ und Fackelträger), welches vom Opernhause bis zum Postgebäude reichte, nach dem Postgebäude, woselbst der Fackelzug sodann unter den Klängen der Wacht am Rhein defilirte. Se. Majestät wohnten dem prächtigen Schauspiele vom Fenster aus bei und wurden mit donnernden nicht enden⸗ wollenden Hochrufen der zahllosen Menschenmassen begrüßt.

Heute Morgen, kurz vor 9 Uhr verließen Se. Majestät das Postgebäude und begaben Sich nach dem Bahnhofe, um die Reise über Hanau nach Schloß Philippsruh anzutreten. Auf dem Wege vom Postgebäude zum Bahnhofe wurden Se. Majestät aber⸗ mals von der zahlreichen Bevölkerung mit Hochrufen begrüßt. Vor der Abreise empfingen Se. Majestät noch das Offizier⸗ corps der Garnisonen Frankfurt und Bockenheim, unter Füh⸗ rung des kommandirenden Generals von Schlotheim.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz ist heute Vormittag mit dem Prinzen einrich von Franksurt a. M. nach Wiesbaden weitergereist.

Am 20. d. Mts. trat der Bundesrath zur ersten Plenarsitzung der Session von 1880/81 zusammen. Die Zu⸗ sammensetzung der Versammlung hat seit dem Schluß der vorigen Session Aenderungen insofern erfahren, als für Preußen der Staatssekretär des Innern, Königliche Staats⸗ Minister von Boetticher, für Bayern der Staats⸗Minister des Königlichen Hauses und des Aeußern Freiherr von Crailsheim, und für Schwarzburg⸗Sondershausen der Wirkliche Geheime Rath Reinhart zu Bevollmächtigten zum Bundesrathe ernannt, der Königlich preußische Staats⸗Minister Hofmann, der König⸗ lich bayerische Gesandte und bevollmächtigte Minister von Rudhardt und der Fürstlich schwarzburg⸗sondershausensche Staats⸗Minister von Berlepsch dagegen aus dem Bundesrathe ausgeschieden sind.

Den Vorsitz übernahm, kraft Substitution des Reichs⸗ kanzlers, der Staatssekretär des Staats⸗Minister von Boetticher. Zum Protokollführer wurde der Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Aschenborn wiedergewählt.

Durch Kaiserlichen Erlaß vom 8. d. Mts. sind auf Grund der Bestimmung im Artikel 8 der Verfassung, wie der Vorsitzende zur Kenntniß brachte, ernannt zu Mitgliedern:

1) des Ausschusses des Bundesraths für das Landheer und die Festungen, in welchem außer Preußen Bayern auf Grund der Verfassung vertreten ist: Königreich Sachsen, bens. Baden, Mecklenburg⸗Schwerin, Sachsen⸗Koburg⸗

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2) des Ausschusses des Bundesraths für das Seewesen: Bayern, Königreich Sachsen, Mecklenburg⸗Schwerin, Hamburg.

Demnächst erfolgte die Wahl der Mitglieder des 3. bis 7. und 9. bis 11., sowie zweier Mitglieder des 8. Ausschusses (für die auswärtigen Angelegenheiten). Es wurden gewählt in die Ausschüsse:

für Zoll⸗ und Steuerwesen: Bayern, Königreich Sachsen, Württemberg, Baden, Großherzogthum Sachsen, Braunschweig und als Stellvertreter Hessen, Anhalt;

für Handel und Verkehr: Bayern, Königreich Sachsen, Württemberg, Hessen, Großherzogthum Sachsen, IHamburg und als Stellvertreter Lübeck;

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für Eisenbahnen, Post und Telegraphen: Königreich Sachsen, Baden, Hessen, Großherzogthum Sachsen, Sachsen⸗ Altenburg, Lübeck und als Stellvertreter Württemberg ;

für Justizwesen: Bayern, Königreich Sachsen, Württem⸗ berg, Hessen, Braunschweig, Lübeck und als Stellvertreter Baden, Schwarzburg⸗Rudolstadt; 3

für Rechnungswesen: Bayern, Königreich Sachsen, Würt⸗ temberg, Baden, Hessen, Braunschweig und als Stellvertreter Mecklenburg⸗Schwerin;

für die auswärtigen Angelegenheiten: Baden, Mecklen⸗ burg⸗Schwerin;

für Elsaß⸗Lothringen: Preußen, Bayern, Königreich Sachsen, Württemberg, Baden, Mecklenburg⸗Schwerin, Braun⸗ schweig und als Stellvertreter Hessen, Lübeck;

für die Verfassung: Bayern, Königreich Sachsen, Würt⸗ temberg, Baden, Oldenburg, Sachsen⸗Meiningen;

für die Geschäftsordnung: Bayern, Württemberg, Hessen, Großherzogthum Sachsen, Sachsen⸗Altenburg, Schwarzburg⸗ Rudolstadt.

Anläßlich der Verurtheilung des Redacteurs eines in Straßburg erscheinenden Wochenblattes wegen Beleidigung des Bundesraths wurde beschlossen, von der durch gerichtliches Erkenntniß dem Bundesrath zugesprochenen Befugniß zur Ver⸗ öffentlichung der Entscheidung Gebrauch zu machen.

Ein Antrag Hamburgs, betreffend die Bewilligung ge⸗ mischter Privattransitläger von Bau⸗ und Nutzbolz in Rothen⸗ burgsort, sowie eine Präsidialvorlage, betreffend die Ant⸗ werpener Hafenabgaben, wurden den zuständigen Ausschüssen überwiesen.

Von der Ueberreichung des vierten Bandes des Werkes: „Die Ausgrabungen zu Olympia“ erhielt die Versammlung Kenntniß.

wei von den Ausschüssen für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Handel und Verkehr seit dem Schlusse der vorigen Session gefaßten Beschlüssen, wegen Zulassung ge⸗ mischter Privattransitläger von Bau⸗ und Nutzholz in Tilsit, und betreffend die Ermächtigung mehrerer preußischer Zollstellen zur Abfertigung von Baumwollengarn, Leinengarn und Leinenwaaren zu anderen als den höchsten Tarifsätzen der betreffenden Position, wurde die nachträgliche Genehmigung ertheilt.

Endlich erfolgten Mittheilungen über Eingaben, welche nach Schluß der vorigen Session des Bundesraths einge⸗ gangen und den betreffenden Ausschüssen zugetheilt worden sind, sowie die Vorlegung von Eingaben, über Feren geschäft⸗ liche Behandlung Bestimmung getroffen wurde.

Das Staats⸗Ministerium trat heute, Nach⸗ mittags 2 Uhr, zu einer Sitzung zusammen.

Der Bundesraths⸗Bevollmächtigte, Königlich sächsische Geheime Finanz⸗Rath Golz ist hier angekommen.

Württemberg. Friedrichshafen, 18. Oktober. (St. A. f. W.) Die Frau Prinzessin Louise von Preußen hat heute bei Ihren Majestäten das Mittagsmahl einge⸗ nommen, während dessen der König aus Anlaß des Ge⸗ burtsfestes des Deutschen Kronprinzen auf das Wohl Sr. Kaiserlichen Hoheit trank. Gegen Abend begab sich die Prinzessin nach Schloß Montfort zurück.

Baden. Karlsruhe, 19. Oktober. Wie die „Karlsr⸗ Z.“ meldet, hat Sich, auf Wunsch des Großherzogs, Se. Majestät der Kaiser bewogen gefunden, den Erbgroß⸗ herzog, welcher Seconde⸗Lieutenant im 1. Badischen Leib⸗ Grenadier⸗Regiment Nr. 109 ist, unter gleichzeitiger Stellung à la suite dieses Regiments, zu dem 1. Garde⸗Regiment z. F. à la suite desselben zu versetzen. Der Kaiser hat durch Kabinets⸗Ordre vom 18. Oktober den Großherzog von dieser Versetzung in Kenntniß gesetzt. Der Erbgroßherzog wird noch im Laufe dieses Monats nach Potsdam übersiedeln. Der Großherzog hat sich heute früh nach Waldshut begeben, um die dortselbst stattfindende landwirthschaftliche Gau⸗Aus⸗ stellung zu besuchen.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Gotha, 19. Oktober. (Dr. J.) Die Regierung hat die Vorlage über die Ver⸗ waltung der Schäferschen Stiftung zu Gunsten unbemittelter und arbeitsloser alter Arbeiter aus dem Herzogthum zurück⸗ gezogen, nachdem von Seiten des Finanzausschusses des Land⸗ tages beantragt worden, der Landtag möge die Zustimmung dazu, daß das Stiftungsvermögen zur Staatskasse genommen und von dieser mit 4 Prozent verzinst werde, nicht geben, sondern sich damit einverstanden erklären, daß das Stiftungs⸗ vermögen als getrennter Fonds von der Staatskasse ver⸗ waltet werde.

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 19. Oktober. (Els.⸗ Lothr. Ztg.) Der Statthalter hat sich heute Nachmittag nach Metz begeben. Morgen Abend 7 Uhr findet in Metz ein Diner zu 60 Couverts statt, zu welchem der lothringische Bezirkstag und die Spitzen der Behörden Einladungen er⸗ halten haben.

Metz, 18. Oktober. (Lothr.⸗Ztg.) Zufolge Einladung des Kaiserlichen Bezirks⸗Präsidenten von Flottwell versammelten sich im Plenar⸗Sitzungssaale des Bezirkstages (im Bezirks⸗Präsidial⸗ gebäude) hierselbst heute Nachmittags 21 ½ Uhr die Mitglieder des Bezirkstags. Der Bezirks⸗Präsident von Flottwell verlas die von dem Kaiserlichen Statthalter in Elsaß⸗Lothringen ge⸗ zeichnete Kaiserliche Verordnung vom 3. August 1880, wo⸗ durch der Bezirkstag auf heute einberufen und die Dauer der ordentlichen Jahressession bis zum 30. Oktober 1880 bestimmt wird, erklärte die achte ordentliche Session des Bezirkstages von Lothringen für eröffnet und nahm zunächst den neu ge⸗ wählten Mi’gliedern den Eid ab. Der Bezirks⸗Präsident machte sodann dem Bezirkstage Mittheilungen über die Vorlagen.

DSDesterreich⸗Ungarn. Wien, 19. Oktober.

Z.“ veröffentlicht den Ausweis über den Stand der allge⸗ meinen Staatsschuld mit Ende Juni 1880. Der Stand der konsolidirten Staatsschuld ohne Kapitalsrückzahlung, wel⸗ cher Ende Dezember 1879 2 566 541 624 Fl. betrug, erhob sich hiernach Ende Juni 1880 auf 2 597 997 115 Fl. und hat

Die „Wien.

sich mithin um 31 455 491 Fl. vermehrt. der Stand der rückzahlbaren Staatsschuld, zember 1879 441 147 213 Fl. 437 259 169

Dagegen hat sich welcher Ende De⸗ betrug, Ende Juni 1880 auf

98 mithin um 3888 043 Fl. vermin⸗ dert. Die schwebende Staatsschuld, Ende Dezember 133 855 945 Fl., betrug Ende Juni 1880 134 423 162 Fl. und hat sich sohim um 567 216 Fl. vermehrt. Der Stand der umlaufenden Staatsnoten war Ende Juni 1880 312 429 861 Fl. gegen 313 030 526 Fl. Im Ganzen

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