1880 / 256 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 30 Oct 1880 18:00:01 GMT) scan diff

Es versteht sich von selbst, daß nichts verabsäumt werden wird, was nach dem Ergebniß dieser Prüfung zur Erhöhung der Sicherheit des Betriebes irgend wie beizutragen geeignet erscheint, soweit menschliche Einsicht und gute Disziplin reichen.

Die drei ersten Artikel der Verordnung vom 26. Februar 1880, betreffend die von Fremden, welche sich in Rumänien aufhalten, zu lösenden Aufenthaltsscheine, sind durch ein Dekret der rumänischen Regierung, vom 24. Mai d. J., wie folgt abgeändert worden:

Art. I. Jeder Fremde, welcher in Rumänien reist oder wohnt, ist verpflichtet, einen Aufenthaltsschein zu lösen. Dieser Aufenthalts⸗ schein wird ertheilt auf Grund eines Passes oder eines Matrikel⸗ scheines, welcher von der betreffenden Gesandtschaft oder dem be⸗ treffenden Konsulate ausgestellt ist. In dem Matrikelschein muß die Nummer angegeben sein, unter welcher der Fremde bei der betreffen⸗ den Schutzbehörde (Gesandtschaft oder Konsulat) immatrikulirt ist. Die Fürstlichen Behörden haben die Ertheilung des Aufenthalts⸗ scheines auf Grund eines Matrikelscheins zu verweigern, wenn der Inhaber des Letzteren erwiesenermaßen rumänischer Unterthan ist. Die betreffenden Beweisstücke sind in diesem Falle dem Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten einzureichen.

Art. II. Nur die Distrikts⸗Präfekturen und in Bukarest und Jassy die Polizei⸗Präfekturen haben das Recht, Aufenthaltsscheine zu ertheilen. Ausgenommen sind diejenigen Gemeinden an den Ufern der Donau und der Küste des Schwarzen Meeres, welche nicht Distriktshauptorte sind. In demselben dürfen die Aufenthaltsscheine ertheilt werden durch die Unter⸗Präfekten oder die sonstigen Lokal⸗

beam en. 18 Art. III. Jeder Reisende, welcher in Rumänien ankommt, hat,

nachdem er seine Reisepapiere seiner Schutzbehörde vorgelegt hat, Fach binnen 24 Stunden nach seiner Ankunft auf die Distrikts⸗ Präfektur zu begeben, um seinen Paß visiren und sich von der Fürst⸗ lichen Behörde einen Aufenthalteschein ertheilen zu lassen. Von dieser Verpflichtung sind diejenigen Reisenden befreit, deren Aufent⸗ halt im Lande die Dauer von 30 Tagzen nicht übersteigt. Diese Be⸗ fugniß zu einem Aufenthalte von beschränkter Dauer wird festgestell durch das auf den Paß gesetzte Visa. Nach Erfüllung der erforder⸗ lichen Formalitäten wird der Paß auf der Präfektur zurückbehalten. Der Paßdienst in den Bureaus der sämmtlichen be⸗ treffenden Behörden findet ununterbrochen an allen Wochen⸗ oder Fesssschan bis 8 Uhr Abends statt. Die Ablaufszeit der Aufent⸗ altsscheine ist übereinstimmend mit derjenigen, welche auf den Päͤssen angegeben ist, festzusetzen. Die Lokalbehörde behält das Recht, die Aufenthalts⸗Erlaubniß selbst vor dem Eintritt des obigen Zeitpunktes zu widerrufen, wenn der Fremde sich als gemeingefährlich erweisen, poder die öffentliche Ordnung stören, oder sich der Landstreicherei schul⸗ dig machen sollte. In solchen Fällen ist an das Ministerium zu be⸗ richten. Befreit von den Bestimmungen dieses Gesetzes sind ferner diejenigen Fremden, welche ländliches oder städtisches Grundeigen⸗ thum oder industrielle oder Handelsniederlassungen von erheblichem Umfange besitzen, sowie diejenigen, welche seit mindestens 5 Jahren vor Erlaß dieser Verordnung in Rumänien ein Gewerbe betreiben. Der Aufenthaltsschein wird unentgeltlich und ohne daß es eines schriftlichen Antrages bedarf, ertheilt.

An Einnahmen aus Zöllen und gemeinschaft⸗ lichen Verbrauchssteuern, sowie anderen Einnahmen sind im Reiche für die Zeit vom 1. April 1880 bis zum Schlusse des Monats September 1880, einschließlich der kreditirten Beträge (verglichen mit der Einnahme in dem⸗

selben Zeitraum des Vorjahres) zur Anschreibung gelangt: Zölle 82 682 612 (+ 7 190 225 ℳ), Rübenzucker⸗ steuer 13 319 332 (— 690 862 ℳ), Salzsteuer 15 943 128 (+ 203 123 ℳ), Tabaksteuer 354 833 (71 562 ℳ), Branntweinsteuer 11 220 801 (— 156 034 ℳ), Uebergangsabgaben von Branntwein 57 489 (+ 9190 ℳ), Brausteuer 7 837 371 (+ 307 486 ℳ), Uebergangsabgaben von Bier 474 346 (+ 26 557 ℳ), Summe 105 251 248 (+¼ 6 961 247 ℳ), Spielkartenstempel 408 248 (+ 9183 ℳ). Wechselstempelsteuer 3 181 385 (— 1396 ℳ), Reichs⸗Post⸗ und Telegraphenverwaltung 64 943 834 (+ 3 109 265 8 Keichs⸗Eisenbahnverwaltung 19 726 600 (+. 660 478 Die zur Reichskasse gelangte Ist⸗Einnahme der Bonifikationen und Verwaltungskosten beträgt nachbezeichneten Einnahmen bis Ende September Zölle 76 123 832 (— 4 955 339 ℳ), Rübenzucker⸗ steuer 51 868 720 ℳ, (+ 3 371 629 ℳ), Salzsteuer 15 430 766 (+ 218 179 ℳ), Tabaksteuer 231 788 (+ 66 157 ℳ), Branntweinsteuer und Uebergangsabgabe von Branntwein 19 781 022 (— 1 845 559 ℳ), Brausteuer und Uebergangsabgabe von Bier 6 773 070 (+ 282 702 ℳ), Summe 170 209 198 (— 2 862 231 ℳ), Spielkartenstempel (einschließlich der Nachsteuer) 518 158 (— 104 157 ℳ).

8 Der Kaiserliche Gesandte in Bern, General der In⸗ fanterie von Roeder, ist unter Benutzung eines ihm be⸗ willigten Urlaubs in Berlin eingetroffen.

Der General der Infanterie z. D. von Zychlinski, la suite des 2. Magdeburgischen Infanterie⸗Regiments Nr. 27, ist nach Abstattung persönlicher Meldungen wieder abgereist.

Der General⸗Lieutenant von Strubberg, General⸗ Fmhectenn des Militär⸗Erziehungs⸗ und Bildungswesens, hat si

8

abzüglich bei den 1880:

ch mit Urlaub nach Hannover begeben.

S. M. Kanonenboot „Nautilus“, 4 Geschütze, Kom⸗ mandant Korvetten⸗Kapitän Chüden, ist am 10. September cr. in Sidney eingetroffen.

Württemberg. Stuttgart, 29. Oktober. (W. T. B.) Der „Schwäbische Merkur“ meldet von starken Ueber⸗ schwemmungen, die in fast allen Landestheilen stattgefun⸗

den haben. Der Neckar ist bei Rottweil, Sulz, Rottenburg, Cannstatt, Heilbronn, die Donau ist bei Tuttlingen und Ulm ausgetreten; ebenso haben in Oberschwaben und im Schwarz⸗ wald Ueberschwemmungen stattgefunden. Gegenwärtig ist das Wasser wieder im Abnehmen.

Baden. u“ 28. Oktober. Vorgestern Abend ist die Fürstin von Hohenzollern in Baden⸗Baden ein⸗ getroffen und wird einige Tage dort verweilen.

Darmstadt, 29. Oktober. (Eö PHh. Der Großherzog hat sich heute mit dem Erbgroßherzog d h Prinzessinnen Töchtern zum Besuch Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten des Kronprinzen und der Kronprinzessin nach Wiesbaden begeben und kehrt heute Abend von dort wieder hierher zurück.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 28. Oktober. (Dr. J.) In der heutigen Sitzung des Landtags wurde der Etat, dessen gewissenhafte und sorgliche Aufstellung aus der Mitte der Landtags lebhaft anerkannt ward, einem Aus⸗ schusse überwiesen. Vorher war die Regierung bezüglich der Höhe der Fee. interpellirt worden, ob sie geneigt sei, geeigneten Orts auf eine entsprechende Herabsetzung derselben hinzuwirken. Die Interpellation wird erst später beantwortet

werden. Von Seiten der Großherzoglichen Bezirksdirektionen wird nachdrücklich auf eine Bekämpfung des Vagabunden⸗

unwesens durch die Ortspolizeibehörden hingewirkt. u“

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 28. Oktober. Kronprinz Rudolf hat, wie die „Pr.“ berichtet, heute Vormittag Brüssel verlassen und begiebt sich direkt nach München zum Besuche seiner Schwester, der Erzherzogin Gisela.

Großbritannien und Irland. London, 28. Oktober. (Allg. Corr.) Die „Irish Times“ schreibt: Die Arrange⸗ ments der Regierung für die bevorstehenden Staatspro⸗ zesse sollen nunmehr vollendet sein. Die Zahl der Ange⸗ klagten dürfte voraussichtlich die Zahl dreizehn nicht über⸗ schreiten. Die bereits veröffentlichten diesbezüglichen Namens⸗ listen sollen durchweg unzuverlässig sein und Namen enthalten, die nicht in den Prozeß verwickelt sein werden. Die Verhand⸗ lungen werden selbstverständlich langwierig sein. Die Be⸗ hauptung, daß unter den Mitgliedern der irischen Regierung Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Verfolgungen herrschten, ist gänzlich unbegründet. Das gleiche Organ ist der Ansicht, daß die Verhaftung des Sekretärs des Mr. Parnell auf die Absicht der Regierung schließen lasse, Angelegenheiten zu ver⸗ handeln, die eine direkte Einmischung erheischen. Es werde sogar behauptet, daß die Unterdrückung der Meetings, welche danach angethan sind, den öffentlichen Frieden zu stören, keines⸗ wegs unwahrscheinlich sei.

Die „Times“ widerlegt die von Lord Salisbury auf⸗ geste te Behauptung, daß die Flottendemonstration gänzlich ihren Zweck verfehlt habe, und schreibt: „Die Kund⸗ gebung hat den Hauptzweck, für welchen sie in Scene gesetzt wurde die Durchführung des Berliner Vertrages bezüglich Montenegros erreicht. Bezüglich einiger Einzelnheiten wird noch zwischen den Türken und Montenegrinern unter handelt, allein es kann keinem Zweifel mehr unterliegen, daß die Pforte entschlossen ist, nachzugeben und Dulcigno in Bälde abzutreten. Es ist zu beklagen, daß Lord Salisbury es der Mühe Ee gefunden hat, einen solchen Erfolg zu ignoriren und hera useten. Die Welt sieht auf die Resul⸗ tate und geht über die unbedeutenden Zwischenfälle theilweiser Enttäuschung und Schwierigkeit hinweg. Es ist ganz klar, daß die Demonstration einen großen Eindruck auf den Sultan gemacht und ihm eine Konzession abge⸗ rungen hat, die ihm sehr schwer geworden ist; die Regierung hat Ansprüche auf Anerkennung für diesen Erfolg.

29. Oktober. (W. T. B.) Nachrichten aus Cape⸗ town zufolge, ist der Stamm der Pondos in Ost⸗Gri⸗ qualand gegen die Engländer im Aufstande; mehrere obrigkeitliche Personen wurden ermordet. Das Dorf Letho⸗ rodi wurde von Kolonialtruppen eingenommen. Im Ba⸗ sutolande haben mehrere Gefechte stattgefunden.

Frankreich. Paris, 29. Oktober, Mittags. (W. T. B.) Heute früh sind in Perpignan und Narseille gegen die Kapuziner die Dekrete vom 29. März d. J. zur Aus⸗ führung gebracht worden. In Marseille war der Regierungs⸗ kommissar genöthigt, die Thür der Ordensniederlassung ge⸗ waltsam öffnen zu lassen; mehrere Legitimisten, welche den Ordensangehörigen bei ihrem passiven Widerstande Beistand geleistet hatten, namentlich der Marquis Coriolis und der Redacteur des Journals „Citoyen“ wurden verhaftet. Wie verlautet, würden die Dekrete heute und morgen allgemein, allen nichtautorisirten Kongregationen gegenüber, zur Ausfüh⸗ rung gebracht werden.

(Nachmittags.) Die Dekrete vom 29. März sind heute auch gegen die Rekollekten (Franziskaner) in Rennes und Avignon zur Ausführung gebracht worden. Bei der Aus⸗ führung der Dekrete in Perpignan verlas der Obere der Kapuziner dem Centralkommissar gegenüber die Exkommuni⸗ kation gegen alle Agenten, die an der Ausführung der Dekrete theilnehmen würden. Gegen die in Paris befindlichen Kon⸗ ist bis jetzt noch keine weitere Maßregel in Vollzug gesetzt.

(Nachts.) Die heute erfolgte Ausführung der Dekrete vom 29. . d. J. rief in Avignon große Aufregung hervor; in arseille kam es zu einem Handgemenge zwischen den Anhängern der Kapuziner und feindlich gesinnten Gruppen. Die Aufregung legt sich allmählich.

Griechenland. Athen, 28. Oktober. Der „Pol. Corr.“ wird von hier gemeldet: Der Ministerpräsident Ku⸗ munduros hat der Kammer ein Exposé seines poli⸗ tischen Programms gegeben, welches in der Erklärung gipfelt, Griechenland werde allein die Beschlüsse der Mächte durchführen und die Rüstungen in erhöhtem Maße betreiben, um die aktive Armee ohne Reserve auf 80 000 Mann zu bringen. Die Gesandten Griechenlands zu Rom, Sofia und Bukarest sind hierher berufen worden.

Türkei. Konstantinopel, 30. Oktober. (W. T. B.) Wegen 1 Insultirung des französischen Vize⸗ Konsulats in Varna hat der hiesige französische VBot⸗ schafter Tissot den Avisodampfer ‚„Betrel“ e: sofort nach Varna abzudampfen.

Die „Agence Havas“ vom 29. enthält folgende De⸗ pesche aus Ragusa: Die albanesischen Gebirgsbewohner haben Riza Pascha erklärt, daß sie sich einer Besetzung Tusis durch reguläre türkische Truppen nicht widersetzen würden, wenn sich daran nicht die Uebergabe Dulcignos schließe. Riza Pascha, welcher entschlossen sei, V.g zu übergeben, 1 die Verbindung zwischen Skutari und Dulcigno unter⸗

rochen, bei Goriza eine Abtheilung regulärer Truppen kon⸗ zentrirt und am linken Ufer der Bojana eine feste Stellung eingenommen. Die Dulcignoten seien heftig beun⸗ ruhigt und hätten die St. Georgsbrücke an der Bojana besetzt, um den regulären türkischen Truppen Wider⸗ stand zu leisten. Montenegro beharre darauf, daß die Türken Dulcigno aeage übergeben müßten, während Riza Pascha den Platz nur einfach räumen wolle. Einer weiteren Meldung desselben Blattes zufolge wäre der Gouverneur von Salonichi, Derwisch Pascha, welcher nach anderweiter Meldung den Befehl erhalten hatte, sich mit vier Bataillonen nach Skutari einzuschiffen und die Aktion Riza Paschas zu unterstützen, vom Sultan zum Generalkommissar ernannt und mit Vollmachten zur Uebergabe Dulcignos versehen worden. Ferner berichtet die „Agence Havas“ aus Ragusa, Riza Pascha sei seines Postens enthoben und durch Derwisch Pascha ersetzt.

Aus Castelnuovo meldet man der „Pol. Corr.“ vom 28.: Riza Pascha hat den montenegrinischen Wojwoden

Popovic verständigt, er müsse die Wiederaufnahme der Ver⸗

handlungen vertagen, bis er neue Instruktionen aus Kon⸗

stantinopel erhalten habe. 7000 Montenegriner kon⸗

sich neuerlich bei Jutorman, anscheinend in der bsicht, gegen Dulcigno vorzurücken.

Serbien. Belgrad, 28. Oktober. Die „Pol. Corr.“ läßt sich von hier telegraphiren: Der zur Bildung eines neuen Ministeriums eingeladene Hr. Marinovic hatte bereits drei Audienzen beim Fürsten Milan. Die Handelsfrage wird als die alleinige Ursache der Demission des Kabinets Ristic bezeichnet, welches unter keiner Bedingung den Forderungen Oesterreichs entsprechen wollte. Weder von Marinovic, noch von der Opposition, deren Chefs an den Fürstlichen Hof berufen wurden, sei aber eine wesentlich ver⸗ änderte Haltung zu erwarten. Aus England kommt heute Abends der Minister in Pension, Mijatovich, in Belgrad an, dessen Meinung über die derzeitige Situation ebenfalls abverlangt wurde. Das größte Hinderniß für die Bildung eines neuen Kabinets sei die äußere Politik. Man gebe sich in versirten Kreisen der Befürchtung hin, daß weder die gegenwärtige, noch eine eventuell aus Neuwahlen hervor⸗ gegangene Skupschtina die zu machenden Konzessionen gut⸗ heißen werde. as neue Ministerium würde, so meint man, nur ein „Herbst⸗Ministerium“ sein. Bis Sonnabend dürfte die Ministerkrisis beendet sein.

Bulgarien. Sofia, 29. Oktober. (W. T. B.) Die Nationalversammlung hat ihr früheres Bureau mit Slavykoff als Präsidenten wiedergewählt.

30. Oktober. Fürst Alexander ist hier wieder eingetroffen; die Mitglieder des Bureaus der National⸗ versammlung gingen dem Fürsten zur Begrüßung ent⸗ egen, während die Minister und Deputirten denselben im Palaste empfingen.

Dänemark. Kopenhagen, 29. Oktober. Durch Kö⸗ nigliche Resolution vom 20. d. M. wird der Posten eines Direktors im Kriegs⸗Ministerium vom 1. November d. J. aon gerechnet wieder hergestellt. Zum Direktor des Kriegs⸗Ministeriums ist Oberst J. J. Bahnson und zum Chef des ersten Departements desselben Oberst⸗Lieutenant F. F. Jacobi ernannt worden.

29. Oktober. (W. T. B.) Jütland und Fünen sind gestern von einem heftigen Schneesturm heimgesucht worden. In Folge hiervon sind größere Störungen im Be⸗ triebe der Eisenbahnen eingetreten. Die fällige Hamburger Post ist ausgeblieben.

Nr. 54 des Amtsblatts des Reichs⸗Postamts hat folgenden Inhalt: Verfügungen: Vom 25. Oktober 1880. Post⸗ auftragsverfahren im Verkehr zwischen Deutschland und Frankreich. Vom 25. Oktober 1880. Statistik über den Postauftragsverkehr mit Belgien. Vom 25. Oktober 1880. Benutzung der Birken⸗ felder Sekundär⸗Eisenbahn zur Postbeförderung. Vom 27. Oktober 1880. Schluß der Post⸗Dampfschiffahrten zwischen Frederikshavn und Christianssand. 1

Nr. 31 des Deutschen Handels⸗Archivs, Wochenschrift für Handel und Gewerbe, herausgegeben im Reichsamt des Innern, enthält: Gesetzgebung: Niederlande: Nähere Bestimmungen über die Klassifizirung von Zucker zum Zweck der Accise⸗Erhebung Frank⸗ reich: Eingangszoll auf die sogenannten Guineas in der Senegal⸗ kolonie. Berichte: Deutsches Reich: Danzig. Bromberg. Tilsit. Memel. Frankfurt a. O. Görlitz. Liegnitz. Glogau. Breslau. Erfurt. mden. Flensburg. Lübeck. Gera. Cöln. Aachen. Mainz. Nürnberg. Rußland: Handelsbericht aus Berdiansk und Mariupol für 1879. Moskau (Rußlands Montanproduktion 1879). Großbritannien: Handelsbericht aus Kapstadt für 1879. Manchester (Lage der Baumwollndustrie). Schweden und Nor⸗ wegen: Wirthschaftliche Verhältnisse Schwedens im Jahre 1879 (Fortsetzung). Italien: Messina (Seidenernte). Dänemark: Kopenhagen (Ernte⸗Ausfall in Dänemark). Dominikanische Re⸗ publik: Handelsbericht aus Puerto Plata für 1879. Handelbericht aus Santo Domingo für 1879.

Nr. 40 des Justiz⸗Ministerial⸗Blatts hat folgen⸗ den Inhalt: Allgemeine Verfügung vom 25. Oktober 1880, be⸗ treffend die Aufbewahrung der älteren Jahrgänge der standesamtlichen Nebenregister. Erkenntniß des Reichsgerichts vom 3. April 1880: Anspruch des zur Redhibition berechtigten Käufers eines Thieres auf Ersatz der Fütterungskosten. Allgemeine Verfügung vom 21. Oktober 1880, betreffend die Anfertigung von Uebersichten über die Diensteinnahmen der Gerichtsvollzieher und den Abschluß der allgemeinen Dienstregister.

Statistische Nachrichten.

London, 26. Oktober. (Allg. Corr.) Das vom Handels⸗ amte veröffentlichte Schiffbruchregister für 1878/79 ergiebt, daß im vorigen Jahre an den britischen Küsten sich 3002 Schiff⸗ brüche ereigneten, wodurch 490 Menschen ihr Leben verloren. Wäh⸗ rend der letzten 25 Jahre haben nicht weniger als 49 322 Schiff⸗ brüche stattgefunden, die einen Verlust von 18 319 Menschenleben zur Folge hatten. Durch Rettungsboote, den Raketenapparat und andere Mittel wurden im vorigen Jahre 3302 Menschenleben von unter⸗ gehenden Schiffen an den britischen Küsten gerettet.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Emil Palleske, in den weitesten Kreisen als Shakespeare⸗ Vorleser und Biograph Schillers bekannt, ist nach mehrwöchent⸗ lichem, schmerzvollem Krankenlager am 28. Oktober in seiner Villa zu Thal bei Eisenach entschlafen. Sein erst vor Kurzem erschienenes Buch über „die Kunst des Vortrags“ hat zahlreichen Gebildeten Be⸗ lehrung und Anregung gebracht und darf als literarisches Vermächt⸗ niß des in rüstigem Mannesalter dahingerafften Vertreters seiner Kunst betrachtet werden. Palleske war als Sohn unbemittelter Eltern am 5. Januar 1823 in Tempelburg (Pommern) geboren.

Das heutige positive und nationale Besitzrecht⸗ in seiner Unabhängigkeit von der römischen possessio darzustellen, ist der Zweck einer Schrift, welche Dr. Karl Joseph Seitz, Landgerichts⸗Rath in Schweinfurt, vor Kurzem im Verlage von J. Guttentag (D. Collin), Berlin und Leipzig, veröffentlicht hat. Unser heimischer Besitz ist bisher unter der Hülle der römischen

ossessio wiedergegeben worden. Erst in neuester Zeit ist in der

urisprudenz die Ueberzeugung mehr und mehr zur gemeinen Mei⸗ nung durchgedrungen, daß das Wesen der als unser Besitz verwertheten römischen possessio noech keinesweges richtig er⸗ faßt sei. Der Verfasser der vorliegenden Abhandlu hat bereits im vorletzten Jahrgange von Grünhuts Zeitschrift für das Privat⸗ und öffentliche Recht der Gegenwart seine dogma- tischen Beweise niedergelegt, von welchen er hofft, daß sie darthun würden, daß die römische posseesio bis in die späteste Kaiserzeit nie- mals das „phantasiereiche Gebilde“ des bisherigen romanistischen und bei uns gemeinrechtlichen Besitzes gewesen sein dürfte. Er behauptet dort, daß allein w lass ge ah welche unsern eigenen, uns angeborene Besitzbegriff in diese antike Lehre hineingetragen, wie die römische possessio in ihrer antiken Wirklichkeit niemals als Besitz und stets nur als das absolute und relative Eigenthum des römischen jus gen tium und des sog. besseren Rechts auftritt und daß demzufolge die Sub⸗ sumtion unseres heutigen Besitzrechtes unter den römischen Eigen⸗

thumsbegriff der possessio als ein Irrthum unserer Civil

sich erweisen dürfte.

in dem Recht

römische und,

französische

Satze: richtig

ersasse), causa: das bloße Faktum des Besitzes sei, den Interdikten die actio Publiciaria nachwei

abgesehen von

v1“

. jurisprudenz Die Jossessio sei in Rom dasjenige Eigenthum, welches durch Besitz corpore et animo d

omini u. a. ledig⸗ lig „erworben“ werde, das Eigenthum,

dessen Titel (causa, wie das possession vaut titre, auch das der justa als dessen Klage neben slich sich ergebe, und

welches auch selbst als bloße sogenante possessio at interdicta nach dem Zeugnisse eines Paulus (I. 2 D. uti poss. 43, 17) noch

immer „plus juris“ oder:

das bessere Recht oder das Eigenthum

gegenüber demjenigen ift, welchem nicht einmal Besitz oder cerpus . Sei aber die possessio ein

und animus domini zur Seite stehe

„Eigenthum“, dann könne diese possessi und die Frage,

unser Besitz sein; lösen übrig bleibe, sei: Besitzrecht? liegenden Schrift zu beantworten, aus der bisherigen herrschenden, noch „in einem bunten Gemenge“

„Was“

o ein Eigenthum nicht

welche alsdann einzig zu ist denn alsdann unser heutiges Diese Frage nun versucht der Verfasser in indem er sich die Aufgabe stellt, gemeinrechten Besitzlehre, die römischen Eigenthumsbegriffe

der vor⸗

welche

der possessio mit unseren germanischen Besitzbegriffen vermische, die

auch heute noch wahren Begriffe

des besseren Rechtes und Eigen⸗

thums der römischen pessessio loszulösen. Der Verfasser beabsichtigt, den Begriff des heutigen deutschen Besitzrechtes aus dem heutigen Rechtsleben, aus der heutigen positiven Gewohnheit und Ueberzeugung zu erfassen, und kommt durch seine Untersuchung zu dem Resultate, daß, während die römische possessio als eine römische „Eigen⸗

thumsart“ erscheine, eine fremde Sache

faktisch re aliena sich bewähre.

das heutige Besitzrecht als das zu besitzen“: als Auf diese Weise

„Recht,

ein jus in

versucht der Verf.

zu zeigen, wie heimische Gewohnheit sowie die bisherige Mißdeu⸗ tung der römischen possessio uns ein Institut von praktischem und dauerndem Werthe in der That neu geschaffen habe; wie die Aner kennung dieses reinen heutigen deutschen Besitzrechtes in seinen ver⸗ schiedenartigen Anwendungen beispielsweise in dem deutschen dem Lehensträger, dem Besitzer

Faustpfande, dem Retentionsrechte,

unter Eigenthumsvorbehalte eines Dritte

Pächter, Miether, Commodatar u. s. dürfniß gewesen sei.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Nachweisung der in der Zeit vom 1. August 1879 bis 31. Juli 1880 im

preußischen Staate ausge

gebenen Jagdscheine.

n, dem Depositar, Finder, w längst ein praktisches Be⸗ In dem letzten Theile seiner Abhandlung giebt der Verf. dann auch eine Darstellung des Verh heutigen absoluten und relativen Eigenthums rechte in der Fassung eines Gesetzentwurfes.

ältnisses des zum deutschen Besi⸗

Bezeichnung des Verwaltungsbezirks.

Zahl der

unentgelt⸗ gegen Geld lich ausgegebenen Jagd⸗

scheine.

Regierungsbezirk Königsberg. Gumbinnen. Dan ... Marienwerder Potsdam .. v“ Polizei⸗Präsidialbezirk Berlin Regierungsbezirk Stettin ... 8 Cöslin... Stralsund. Pse Bromberg. Breslau. .. Liegnitz.. Oppeln.. Magdeburg. Merseburg. Griutt. Schleswig. Hannover.. Hildesheim. Lüneburg .. Stade... Osnabrück. rih.. Münster .. Minden... Arnsberg.. Casselk... Wiesbaden. Coblenz... Düsseldorf. EEE“ Aachen.. Sigmaringen Recapitu Provinz Ostpreußen Westpreußen Brandenburg ....

ommern osen

Schleswig⸗Holstein. Hannover Westfalen 8 Hessen⸗Nassau . ... Rheinprovinz Hohenzollernsche Lande ....

390

750

959 215

862 384

795 423

300 306 1 828 1 3 519 215 2 880 153 1 239 115 5 008 185 3 054 167 6 547 259 6 196 163 4 357 289 7 180 157 8 273 159 2 588 79 9 935 118 1 942 2 181 2 856 1 850 2 135 1 571 6 116 2 589 6 257 2 991 3 444 3 554 6 951 3 790 2 914 3 159

337

lation.

9 140 5 821 15 923 7 638 8 062 17 100 18 041 9 935 12 535 14 962 6 435 830 20 368 650 337 86

374 242

263

5 764 3 992 2 174 4 246 7 218 7 606 1 829 3 734 3 033 1 354 5 193 3 221 6 806 6 359 4 646 7 337 8 432 2 667 10 053 1 942 2 181 2 856 1 850 2 135 1 591 6 138 2 697 6 390 3 449 3 816 3 695 7 027 3 874 3 217 3 205 423

9 756

6 420

16 653 8 121

8 414

17 811 18 436 10 053 12 555 15 225 7 265

21 018 423

Summa 1878/79 sind ausgegeben.

176 297 5853 152 231 6128

152 150 158 359

mithin 1879/80 weniger ...

5 934 275

Gewerbe und Handel.

Die gestrige

ordentliche Generalversammlung der

6 209

Neuen

Gas⸗Aktiengesellschaft war von neun Altionären besucht, welche zusammen ein Kapital von 1 650 000 repräsentirten. Wir entnehmen dem Geschäftsberichte für das am 30. Juni beendete

Geschäftsjahr folgende Mittheilungen:

Die mit Beginn des Jahres

1880 fast allgemein eingetretene Besserung aller geschäftlichen Ver⸗

hältnisse konnte ih erst in der zweiten licher Weise bemerkbar machen allein die Minderproduktion des

ihren günstigen

mit einer Flammenzunahme von 1 542, erreicht.

Hälfte des

Einfluß auf

; es wurde

unser Geschäftsjahres in dadurch

Geschäft erfreu⸗ nicht

ersten Semesters ausgeglichen, sondern noch eine Mehrproduktion gegen das Verjahr von 569 120 cbf,

Durch günstige Be⸗

triebsresultate sowie durch die Besserung der russischen Valuta er⸗ zielten wir auf den Anstalten einen Mehrgewinn, welcher uns in den Stand setzt, den Aktionären die gleiche Dividende wie im Vorjahr,

4 6 %, zu gewähren. Anstalten der Gesellschaft

beträgt

119 904 810

Das Gesammtresultat des Betriebes auf allen cebf gegen

119 335 390 cbf im Vorjahr. Die Zunahme beträgt also 569 420 chf

oder 0,477 %.

eine auf allen 22 Anstalten 119 353 370 chf im Vorjahr.

Der Durchschnittsverbauch pro Flamme und Jahr betrug 1921 cbf preuß., gegen 1961 cbf preuß. im Vorjahr, hat also Leelebernen erfahren . cb

eträg

Die Gesammtabgabe 119 894 500 chf An Steinkohlen wurden verbraucht

gegen

8*

141 239 hl. Daraus wurden produzirt 107 455 800 chf Preuß. Gas

oder pro Hektoliter 760 chf Preuß. gegen 752 cbf Preuß. im Vor⸗ jahr. Aus den vergasten Kohlen wurden 188 922 hl Koks gewonnen, oder durchschnittlich 133,67 % gegen 134,14 % im Vorjahr. Von denselben wurden zur Retortenfeuerung gebraucht 87 344 hl oder. 46,24 % gegen 45,31 % im Vorjahr. Der Reigewinn beziffert sich auf 277 487 Hiervon gehen ab zum Reservefonds 13 842 ℳ, an Tantième für die Direktion und den Aufsichtsrath 55 369 ℳ, an Dividende in Höhe von 29 pro Aktie 4 ⅜˖ %) 217 500 Dem⸗ nach bleibt ein Saldovortrag pro 1880/81 von 4617 Die Rohbilanz der Aktiengesellschaft für Bergbau, Eisen⸗ und Stahlindustrie „Union“ zu Dortmund ergiebt für das Geschäftsjahr 1879/80 einen Bruttoüberschuß der Betriebs⸗ rechnungen von rund 2 400 000 ℳ, wozu an diversen, Einnahmen der Centralverwaltung rund 20 000 und an Gewincvortrag de 1878/79 134 169 treten, so daß das Gewinn⸗ und Verlustkonto in runder Summe 2 550 000 im Kredit ergiebt. Davon sind ab⸗ zubuchen ca. 220 000 für Generalunkosten und rund 1 350 000 an Zinsen für fundirte Schulden und laufende Rechnungen. Von den verbleibenden 980 000 wird eine Dividende von 2 % auf das Aktienkapital Litt. A. gezahlt werden können, während 380 000 zu Abschreibungen reservirt werden. 8 In Stettin fand jüngst eine Sitzung des Comités zur Her⸗ stellung der Eisenbahn Stargard⸗Pyritz⸗Cüstrin statt, der die Bauunternehmer Herrmann Bachstein, Donath und Reiche, in Firma Davy, Donath u. Co., aus Berlin beiwohnten. Das Re⸗ sultat der Sitzung war, daß sämmtliche noch nicht untergebrachten Prioritäts⸗ und Stammaktien von einem Finanzkonsortium gezeichnet wurden und der Bau an die gerannten Bauunternehmer über⸗

tragen worden ist.

Nürnberg, 28. Oktober. (Hopfenmarktbericht von Leo⸗ pold Held.) Das Hopfengeschäft war heute wesenlich flauer als am Dienstagsmarkte, da der Export Nichts kaufte und in Folge dessen auch die Kundschaftshändler mit dem Einkauf zurückhielten. Bei einer Gesammtzufuhr von ca. 1500 Ballen konnte nur ein Um⸗ satz von ca. 500 Ballen erzielt werden; die Preise sind durchschnitt⸗ lich um 5 zurückgegangen. Die Notirungen lauten: Markt⸗ waare, prima 55 65 ℳ, mittel 40 50 ℳ, gering 30 40 ℳ; Aischgründer, prima 65 75 ℳ, mittel 50 60 ℳ, gering 35 40 ℳ; Elsässer prima 70 85 ℳ, mittel 50 60 ℳ, gering 40 50 ℳ; Württemberger, prima 80 90 ℳ, mittel 55 65 ℳ, gering 35 40 ℳ; Badischer, prima 70 85 ℳ, mittel 50 60 ℳ, gering 35 40 ℳ; Hallertauer, prima 80 90 ℳ, mittel 50 65 ℳ, gering 35 45 ℳ; Polnischer, prima 85 100 ℳ, mittel 55 65 ℳ; Ge⸗ birgshopfen 65 80 ℳ; Altmärker 30 40 ℳ; Hallertauer Siegel⸗ gut, Au Wollnzacher prima 90 110 ℳ, sekunda 60 75 ℳ; Spal⸗ ter Land, leichte Lage 85 110

St. Petersburg, 30. Oktober. (W. T. B.) Wie verlautet, wird der Verwaltungsrath der russischen Centralbank in

seiner heutigen Sitzung über die Liquidation dieser Bank berathen.

Beerlin, 30. Oktober 1880.

Das Postamt auf dem Ausstellungsplatze in Düsseldorf hat während der Dauer seines halbjährigen Bestehens im Ganzen die bedeutende Zahl oon 217 014 Post⸗ sendungen und 10 750 Telegramme zu behandeln gehabt. Aufgeliefert wurden: 148 309 Postgegenstände, darunter 143 332 Briefsendungen, 2729 Packet⸗ und Werthsendungen und 2248 Postanweisungen über rund 250 000 ℳ, außerdem 8340 Telegramme; angekommen sind: 68 705 Postgegen⸗ stände, darunter 55 598 Briefsendungen, 4516 Packet⸗ und Werthsendungen, 8532 Postanweisungen über 220 000 und 59 Postaufträge zur Einziehung von rund 6000 ℳ; an Telegrammen: 2410 Stück. Der stärkste Brief⸗ und Tele⸗ grammverkehr fiel in den Monat September mit durchschnitt⸗ lich täglich 1723 Briefsendungen und 73 Telegrammen.

Cöln, 30. Oktober, 12 Uhr 32 Minuten früh. (Tel.) Die englische Post vom 29. Oktober früh, planmäßig in Verviers um 8 Uhr 21 Minuten Abends, ist ausgeblieben. Grund: Stürmisches Wetter im Kanal.

Dem Jahrbuch der Königl. preußischen Kunst⸗ sammlungen, I. Band, Supplementheft (Berlin 1880, Weid⸗ mannsche Buchhandlung) entnehmen wir folgende amtliche Be⸗ richte au n Königlichen Kunstsammlungen:

I. Königliche Museen.

a. Gemäldegalerie.

In dem Vierteljahr vom 1. April bis 30. Juni ist nur ein Bild erworben worden:

Francesco de' Rossi, gen. Salviati, Bildniß eines jungen Edel⸗ mannes (etwa im Alter von 14 Jahren) in rothem geschlitzten Wamms und schwarzseidenem Ueberrock, worauf das Kreuz des Maltheser⸗Ordens. Auf dunklem Grund. Kniestück. Nußbaum⸗ holz, h. 0,10, br. 0,14. Trefflich erhalten. Auf der Rückseite findet sich zweimal der Name Salviati: einmal auf einem aufgeklebten Papierblatt in der Schrift des XVI. und ein zweites Mal auf dem Holz in der des XVII. Jahrhunderts. Erworben in Malland.

Die beiden neuen Oberlichtsäle konnten, nachdem die Anferti⸗ gung des Velum für den großen Saal sich einige Zeit verzögert hatte, am 27. April eröffnet werden. Die Anordnung der einst⸗ weilen ausgeschiedenen Gemälde in den Depots wurde vollendet und ein neues Verzeichniß derselben nach den verschiedenen Räumen an⸗ efertigt. Im Mai mußten auch die nach Westen gelegenen e e beren wegen des Umbaues theilweise gergame werden.

.Mexyer.

b. Sammlung der Skulpturen und Gipsabgüsse. a. Abtheilung der antiken Skulpturen.

Im Laufe des 2. Quartals 1880 hat die Abtheilung antiker Originalskulpturen durch Vermittlung des Hrn. Dr. Bode zwei nicht unbedeutende Stücke erworben: nämlich eine angeblich aus dem Mäanderthal stammende

Satyrherme aus Rosso antico, und die bis auf den Kopf, die Arme, welche fehlen, und die Füße, welche größtentheils restaurirt sind, vorzüglich erhaltene

Statue eines Satyrs aus der Casa Alberti zu Florenz. fuß Außerdem ging ein in Smyrna erworbener marmorner Tisch⸗ ein.

Die Ausarbeitung eines neuen Kataloges der Originale hat durch

rn. Dr. Lange, der provisorisch die Assistentenstelle verwaltet, Fort⸗ chritte gemacht.

Gipsabgüsse nach Antiken wurden in diesem Quartal nicht er⸗ worben: nur schenkte Herr Friedländer den Steinhäuserschen Kopf, den man zum Parthenonfriese rechnet, im Abgusse. Die von vielen Seiten bisher vermißten Etiquetten für die Gipsabtheilung sind gegenwärtig im Druck.

Die pergamenischen Skulpturen wurden durch das Fragment mit dem Löwen aus Konstantinopel, ein Geschenk des dortigen riechischen Syllogos, sowie durch eine im Garten der Diakonissen n Smyrna aufgefundene Platte der sog. Telephos⸗Serie vervoll⸗ ständigt. Außerdem ist die letzte Sendung der aus Pergamon selbst sammaden Marmorwerke glücklich 5ngsg und in der Säulen⸗ alle hinter der Nationalgalerie provisorisch untergebracht. Die Athena⸗- und Zeusgruppe nebst dem schönen weiblichen Kopf aus Pergamon gelangten zur Aufstellung. .

Die Reinigungsarbeiten an den Gigantomachiereliefs gingen in diesem Quartal eiwas langsamer von Statten, da der Leiter

derselben Hr. Freres einen Monat, ein anderer Bildhauer während des ganzen Quartals abwesend waren. Hrn. Freres und seinen Mit⸗ arbeitern sind wieder eine Reihe glücklicher Zusammenfügungen ge⸗ lungen; namentlich kam aber dieser Seite der Arbeiten die Anwesen⸗ heit des Hrn. Humann, welche wir Sr. Excellenz dem Herrn Minister verdanken, vielfach zu Gute. 1“

5. Abtheilung der mittelalterlichen und Renaissance⸗Skulpturen. Während eines Aufenthaltes in Italien im Monat März d. g2 hatte der Unterzeichnete Gelegenheit, eine Anzahl Erwerbungen von Originalen wie von Abgüssen für die Abtheilung zu machen, welche nach verschiedenen Richtungen hin in erwünschter Weise be⸗ reichern. Es sind dies zunächst folgende Originale: Mino da Fiesole: Relieffigur der Fede. Mehr als dreiviertel lebensgroß. Ein charakteristisches, feines Werk dieses Künstlers, das für eine öffentliche Sammlung ein besonderes Interesse in dem un⸗ fertigen Zustande hat, in welchem es geblieben ist, indem es in seinen verschiedenen Theilen die technische Behandlung des Marmors von den ersten Anfängen bis fast zur Vollendung zeigt. Verrocchio: Statuette des David. In bemaltem Thon. Von Bedeutung als Skizze für eines der vollendetsten Werke Verrocchio's und der Renaissance überhaupt, für die Bronzestatue im Bargello, ist dieselbe von besonderem Interesse als das einzige mir bekannte echte Aktstudium eines Bildhauers des Quattrocento. Verrocchio: Statuette des kleinen Johannes. Wie die vorige aus gebranntem Thon und bemalt; von seltener Erhaltung. Beide Figuren sind besonders erwünschte Bereicherungen unserer Samm⸗ lung als Werke desjenigen Künstlers, welcher auf die Entwickelung der Renaissance in der zweiten Hälfte des Quattrocento bestimmend einwirkte und für die Ausbildung der Hochrenaissance von hervor⸗ ragendster Bedeutung, als Bildhauer aber der größte Meister seiner Zeit war. Wir besaßen bisher nur ein Werk des Künstlers vielleicht auch nur aus seiner Bottega (die irrthümlich Pico della Mirandola genannte Jünglingsbüste aus Thon). Diese drei Ar⸗ beiten sind in Florenz vom Kunsthändler Bardini erworben.

Jacopo della Quercia: Die lebensgroßen Holzstatuen der Maria und des Engels. Obgleich des Stucküberzuges und der Bemalung, welche sämmtliche Holzskulpturen in Italien ursprünglich trugen, beraubt, sind diese beiden Statuen aus dem Anfange der Früh⸗ renaissance neben der Größe der Auffassung von einer so schlichren Vornehmheit, solchem Verständniß des Körpers unter der reichen Gewandung, daß sie dadurch selbst unter den Werken des großen Schöpfers der Frührenaissance in Siena, Jacopo della Quercia, einen hervorragenden Platz einnehmen. Zwei noch jetzt bemalte (leider aber modern übermalte) freie Wiederholungen dieser Statuen, aller⸗ dings von sehr viel untergeordneterer Arbeit, in der Collegiata zu San Gimignano tragen die Inschrift: MCOCCXXVI Martino Bartolomei de Senis pinxit. Dadurch wird auch die Zeit der Entstehung unserer Originale annähernd bestimmt. Auf Jacopo della Quercia weist der ganze Charakter der Statuen hin, abgesehen davon, daß keiner seiner Zeitgenossen in Siena zu einer ähnlichen Leistung befähigt war. Erworben vom Bildhauer Brazzini in Florenz. 8

Florentiner Meister: Marmorsockel einer Kirchenstandarde aus dem Ende des XV. Jahrhunderts. Nach dem Typus der sehr reizvollen Cherubimköpfe dem Benedetto Majano am nächsten ver⸗ wandt. Ein ebenso originelles, als meisterhaft durchgebildetes De⸗ korationsstück des Quattrocento, von köstlicher Farbe des Marmors. Durch den Händler Bardini in Florenz erworben.

Florentiner Meister aus der zweiten Hälfte des Quattrocento: Marmorrelief der Madonna. Ganze Figur, etwa drittel Lebens⸗ größe; auf reichem, vergoldeten Stuhl sitzend; Grund farbig. Von einem mir dem Namen nach unbekannten Bildhauer zweiten Ranges, der etwa zwischen Ant. Rossellino und Mino mitten inne steht und von dem mir mehrere, unter sich sehr verwandte Werke im Privat⸗ besitz vorgekommen sind, das beste dem unserigen ganz ähnlich, ja theilweise ganz gleich bei Mr. Gambier Parry auf Hingham Court in England. Der Kopf der Maria zu hart und unbedeutend, die ganze Anordnung, Gewandung und der Ausdruck des Kindes aber voll naiven Reizes. Erworben vom Kunsthändler Zuber in Venedig.

Statuette der hl. Barbara: venezianische Arbeit aus dem An⸗ fange des XV. Jahrhunderts, in der Art der großen Reliefs am Dogenpalast. Aus istrischem Kalkstein; der Kopf in späterer Zeit, wenn nicht ganz neu eingesetzt. Etwa ein drittel lebensgroß; Hoch⸗ relief an einem Architekturstück anlehnend. Durch den Kunsthändler Zuber von einem Bauunternehmer in Venedig erworben. 1

Kleine Statuette eines heiligen Bischofs aus Kohle. Spät⸗ gothische Arbeit. Vom Kunsthändler Zuber in Venedig.

Werkstatt des Verrocchio: Bemaltes Thonrelief der Madonna mit dem Kinde. Dasselbe wiederholt in freier Weise das bekannte Marmorrelief des Meisters, welches sich im Bargello zu Florenz be⸗ findet. Erworben vom Kunsthändler Baslini in Mailand; stammt aus der Nähe von Florenz.

Sammlung von sechs bemalten Stuckreliefs, die Madonna mit dem Kinde darstellend; fünf aus dem XV., eines aus dem XVII. Jahrhundert. Eine Sammlung solcher Werke von guter Qualität und mit alter S die sich noch jetzt mit geringen Mitteln zusammenbringen läßt, bietet ein besonderes Interesse, weil darin eine Reihe von untergegangenen Werken hervorragender Meister re⸗ produzirt und uns erhalten sind. Diese Stuckreliefs wurden nämlich im Atelier der Künstler gewöhnlich direkt über dem Original⸗ modell abgegossen, und dann unter ihren Augen bemalt, um als Altarstücke in Privatkapellen, Straßentabernakeln u. s. w. zu dienen. Eines der gekauften Stuckreliefs (vom Kunsthändler Guggenheim) reproducirt die schönste mir bekannte Komposition des alten Luca della Robbia, ein anderes ein kleines Madonnenrelief von Mino im Besitz des Mr. Gambier Parry in Hingham Court (England); ein drittes endlich ein großes Relief des South Kensington Museume, das einem sehr eigenthümlichen, etwas plumpen, dem Namen nach unbekannten 218 des Donatello angehört. Alle drei sind mir bisher nicht in Stuckwiederholungen vorgekommen; von ersterem ist das Original verschollen.

An Gipsabgüssen wurden gleichzeitig in Florenz beim Former Lelli eine Anzahl meist kleinerer Reliefs und Büsten von Florentiner Meistern des XV. und XVI. Jahrhuaderts erworben. Darunter seien vier Reliefs der Wickelkinder des A. della Robbia vom Findel⸗ hause der Innocenti in Florenz, ein Marmorrelief Verrocchio's (jetzt im Privatbesitz zu London), die Madonna del Latte in Sta. Croce von Ant. Rossellino, eine Büste von Mino (Bischof Salutati) und eine Jünglingsbüste von A. Pollajuolo (im Bargello) namhaft gemacht. Von neuen Ausgüssen aus den früher im Auftrage des Ministeriums in Florenz ange⸗ fertigten guten Formen sind zu nennen: die vier Medaillons mit den Kardinaltugenden von Luca della Robbia (in S. Miniato), der Brunnenputto Vernocchio's im Hofe des Pal. Vecchio, ein Ma⸗ donnenrelief von A. della Robbia in Sta. Maria Nuova und die adonnenstatue Ben. da Majanos in der Miseri 8 8 1“ 1 2 0

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c. Antiquarium.

In der Zeit vom 1. April bis zum 30. Juni d. J. wurden er⸗ worben:

An Metallgegenständen:

Ein silberner massiver Armring mit einem eingedrückten Gold⸗ blättchen, das in flachem Relief ein von zwei Kriegern getragenes

Bildniß zeigt. (Byzantinisch.) Zugleich mit einer Reliestafel in Blei durch Vermittelung des Herrn Humann erworben.

An Edelsteinen:

Ein Calcedon mit vertieft geschnittener Darstellung, ein kämpfen⸗ der Herkules mit der Eule auf der Schulter. Aus dem Peloponnes.

Aus Agalmatolith ein Formstein aus Kleinasien, zur Abfor⸗

mung alterthümlicher Ornamente, welche sich in den ältesten Funden von Mykenä wiederfinden. Geschenk des Hrn. Humann. 8