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derschläge fanden selten und in nicht sehr ergiebiger Weise statt. Der Luftdruck war besonders in den ersten Tagen der Woche ein un⸗ gewöhnlich hoher. Vom 30. November an nahm er ab, stieg aber in den letzten Tagen der Woche wieder hoch und zeigte gegen Ende der Woche noch weiter steigende Tendenz. .
Auch in dieser Berichtswoche blieben die Sterblichkeitsverhält⸗ nisse der meisten europäischen Großstädte, besonders der deutschen, gün⸗ stige. Die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl für die deutschen
Städte zeigte wenig Veränderung im Vergleich zur Vorwoche (22,5 gegen 22,2 auf 1000 Bewohner und aufs Jahrßberechnet). Auch der Antheil des Säuglingsalters an der Gesammtsterblichkeit war fast der gleiche, auf 10,000 Lebende und aufs Jahr berechnet starben 71. Kinder unter 1 Jahr. 8 Unter den Todesursachen wurden Masern, Dirhtherie, typhöse Fieber, und in außerdeutschen Städten Pocken häufiger, Scharlach⸗ fieber und Keuchhusten seltener. Die Masernepidemien in Hamburg und Altona zeigen noch keinen Nachlaß, auch in Nürnberg, Pest,
London wurden Masern häufiger. — Das Scharlachfieber hat in Cöln, Düsseldorf, Solingen und Hamburg abgenommen, in Berlin,
Stockholm, London blieb die Zahl der Opfer fast die gleiche, wie in der Woche. — Todesfälle an Diphtherie waren in Danzig, München, Dresden, Berlin, Hamburg, Düsseldorf, Aachen, Wien, Pest, Paris u. a. noch recht häufig, und ist eine Abnahme der Epi⸗ demie nur in Essen und in Königsberg ersichtlich. In New⸗York und Brooklyn wüthet die Diphtherie gleichfalls in hohem Grade. — Unterleibstyphen kamen in Berlin, Posen, Wien, Paris und St. Petersburg häufig zum Vorschein, doch haben in Berlin und . die Neuerkrankungen wesentlich an Zahl abgenommen; odesfälle an Flecktyphus wurden aus deutschen Städten nicht gemeldet, aus London, Stockholm, Bukarest je 1, aus Valencia 2, aus St. Petersburg 8. — Todesfälle an Keuchhusten und an Darmkatarrhen der Kinder zeigen keine wesentliche Veränderungen ihres Vorkommens; in größerer Ausdehnung herrschen letztere nur in Breslau und St. Petersburg. Dagegen treten die Pocken in den meisten von ihnen heimgesuchten Orten in gesteigerter Zahl auf, so in Pest, London, Paris, Venedig, Malaga, Prag, Königsberg, Odessa. Aus Bukarest wurden 2, aus Warschau 1, aus St. Petersburg kein weiterer Pockentodesfall geweldet. In Rom und Madrid forderten die Pocken im Oktober viel Opfer, auch in Philadelphia herrschten sie in der ersten Novemberwoche sehr heftig, in Wien war die Zahl der Pockentodesfälle ein wenig größer als in der Vorwoche.
— Die Verluste durch Zahlungseinstellungen in England. (Stat. Corr.) Nachfolgend sind die amtlich festgestellten Beträge der Verbindlichkeiten und der Aktiva der insolventen Schuldner in England und Wales für die letzten sechs Jahre auf⸗
Verbindlichkeiten büe- 25 533 644 20 873 349 19 479 857 29 973 740 23 074 29 678 103 10 193 617.
Während die Passiva in den sechs Jahren 1874 — 79 erheblich gewachsen sind, haben doch die Aktiva noch stärker zugenommen. Diese bei Weitem stärkere Zunahme der Aktiva hat gleichwohl den Gläubigern keine Vortheile gebracht. Nach dem Berichte des Comptroller in Bankruptey sind nämlich die Dividenden, welche bei den Bankerotten zur Vertbheilung gelangten, immer geringer gewor⸗ den, und die der zahlungsunfähigen Personen hat eine schnelle und konstante Zunahme erfahren. Der Bericht sagt in dieser Hinsicht:
Die beklagenswerthe Zunahme der Zahlungsunfähigkeit unter der gegenwärtigen Gesetzgebung geht parallel mit einem schnellen und fortdauernden Anwachsen der Zahl derjenigen Personen, welche, ohne Rücksicht auf den zeitweiligen Zustand des Handels, sich von ihren Schulden dadurch befreien, daß sie ein Geringes oder gar Nichts an ihre Gläubiger auszahlen. Einige von ihnen finden sich mit nur wenigen Pence pro Pfund ab, andere liquidiren so, daß gerade noch genug Masse vorhanden ist, um die Kosten der Falliterklärung zu ohne daß auch nur ein Penny für die Gläubiger übrig
eibt.
Der Verlust, welcher auf diese Weise den ehrenwerthen Kauf⸗ Uuten Seitens der Zahlungsunfähigen in jenen sechs Jahren zugefügt worden ist, muß sich auf 20 Millionen Pfund durchschnittlich pro Jahr belaufen haben, also im Ganzen auf 120 Millionen Pfund. Um dieser Kalamität zu steuern, hat zwar vor fünf Jahren Lord Cairns, damals Lordkanzler, eine Bill zur Verbesserung des bestehen⸗ den Gesetzes dem Parlamente vorgeschlagen; allein das letztere hat bisher noch keine Mittel und Wege zur Abhülfe dieser beklagens⸗ werthen Zustände gefunden.
Zum Vergleich mit Obigem theilen wir noch kurz die Zahl der Bankerotte in den Vereinigten Staaten mit. Es fallirten: im Ihre Geschäftshäuser mit Passiven
““ 5 183 228 Mill. Doll., IE“ 5 850 1059 „ 1IWIW 7 740 201 .
“ 9 092 191 . v111“”“ 8 872 190 * 168 I“ ““ „
— Dem amtlichen Verzeichnisse des Personals und der Stu⸗ direnden an der Kaiser⸗Wilhelms⸗Universität Straßburg für das Winter⸗Halbjahr 1880/81 entnimmt die „Els. Lothr. Ztg.“ Folgendes: Im Sommer⸗Semester sind immatrikulirt gewesen 788 Studenten. Dieselben vertheilten sich auf die einzelnen Fa⸗ kultäten wie folgt: theologische Fakultät 63, rechts⸗ und staats⸗ wissenschaftliche Fakultät 213, medizinische Fakultät 178, philoso⸗ sophische Fakultät 187, mathematische und naturwissenschaftliche Fa⸗ kultät 147, zusammen 788. Hiervon sind abgegangen 340, es verblieb sonach der Bestand aus dem Sommermester 448. Im Wintersemester 1880/81 wurden bei den einzelnen Fakultäten immatrikulirct: theo⸗ logische Fakulät 24, rechts⸗ und staatswissenschaftliche Fakultät 92, medizinische Fakultät 63, pbilosophische Fakultät 55, mathematische und naturwissenschaftliche Fakultät 62, zusammen 296. Die Zahl der immatrikulirten Studenten beträgt daher nach den einzelnen Fakultäten: theologische Fakultät 62, rechts⸗ und staatswissenschaftliche Fakultät 184, medizinische Fakultät 161, philosophische Fakultät 80, mathematische und naturwissen⸗ schafiliche Fakultät 157, zusammen 744. Hierzu kommen zum Hören der Vorlesungen Berechtigte 40. Es nehmen somit an den Vorlesungen überhaupt Theil 784 Hörer (gegen 814 im Vorjahre). Von den Immatrikulirten sind 128 aus dem Unter⸗Elsaß, 28 aus dem Ober-Elsaß und 19 aus Lothringen. Im Wintersemester wurden 61 Elsaß⸗Lothringer immatrikulirt. Nach kder Landesangehörigkeit kommen auf die einzelnen Staaten: Baden 33, Bayern 43, Braunschweig 2, Bremen 4, Elsaß⸗Lothringen 175, Ham⸗ burg 5, Hessen⸗Darmstadt 48, Lippe 1, Lübeck 3, Mecklen⸗ burg 7, Oldenburg 6, Preußen 264, Königreich Sachsen 13, sächsische Herzogthümer 26, Württemberg 15, Summa 645; auf die übrigen europäischen Staaten: Belgien 1, Dänemärk 1, Frankreich 2, Großbritannien 3, Italien 3, Luxemburg 12, österreichisch⸗ungarische
Monarchie 10, Rußland 21, Schweiz 27, Türkei 2, Summa 82 außereuropäische Staaten: Japan 1, Java 1, Vereinigte Staaten
von Nordamerika 13, Summa 15. Hauptsumme der an den Vor⸗ lesungen Theilnehmenden 784.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Die Hof⸗Buch⸗ und Kunsthandlung von Sigmund in Nürnberg hat von dem trefflichen Werke: „Albrecht Dürers sämmtliche Kuferstiche mit Text von Dr. Wilhelm Lübke, nach den besten Originalen des Königlichen Kupferstichkabinets in München, durch unveränderlichen Lichtdruck in Originalgröße repro⸗ duzirt von J. B. Obernetter“ mit der kürzlich ausgegebenen
ersten Abtheilung von 11 Blättern eine neue Auflage begonnen. Das verdienstliche Unternehmen wird von allen Freunden deutscher
Kunst mit Freuden begrüßt werden; es wird dadurch der reiche Schatz
währt. Ferner haben Aufnahme gefunden: eine
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der Kupferstichwerke Dürers weiten Kreisen der Gebildeten zugänglich
gemacht. Im Kupferstich zeigt Dürer eine solche Meisterschaft, daß in Feinheit und Zartheit, in poetischer Stimmung und malerischer Haltung Vollkommeneres nicht zu finden sein dürfte. Hier in der That offenbart sich der große Maler, den seine Gemälde selbst nicht selten vermissen lassen. Hier ist ein reicher Schatz von Seelenadel, Tiefe und Kraft der Empfindung, von er⸗ habenen Gedanken, von ergreifender Gewalt des Ausdruckes nieder⸗ gelegt und das deutsche Gemüth hat sich vielleicht nie herrlicher in seiner Reinheit offenbart, als in den Kupferstichen Dürers. Selbst ein flächtiger Blick auf Umfang und Inhalt dieser Blätter offenbart uns, wie in diesem treuen Gemüthe die Welt sich spiegelte. Nach der tief religiöfen Art des Meisters nehmen die Gegenstände des christlichen Stoffgebietes an Umfang und Bedeutung weitaus den ersten Rang ein. Dürer geht dabei keineswegs von idealen Anschau⸗ ungen aus. Im Sinne seiner Zeit versetzt er die heiligen Geschichten in die unmittelbare Nähe der Wirklichkeit, wirft um sie das Gewand seiner Zeit, um sie der Empfindung seines Volkes und seiner eigenen nahe zu bringen. Was dadurch an idealem Schwung der Form verloren geht, wird aufgewogen durch die Innigkeit, die rein menschliche Wahrheit der Empfindung. Am liebsten hat er Christi Leben und Leiden dargestellt und so uner⸗ schöpflich ist sein Geist in der Schilderung desselben, daß er die Passion des Herrn nicht nur in den Kupferstichblättern, sondern außerdem zweimal in Holzschnittfolgen und endlich noch einmal in der gezeichneten sogenannten grünen Passion der Albertina behandelt hat. Die kleinen Blätter der Kupferstichpassion, deren frühestes (die Kreuzabnahme) das Datum 1507 trägt, während die übrigen den Jahren 1508 — 1513 angehören, nicht weniger als zehn das Datum 1512 tragen, zeigen vor Allem, wie tief der Meister von dem Leiden des Erlösers ergriffen ist, wie menschlich rein und wahr er es schil⸗ dert. Selbst die barocken, zum Theil spießbürgerlichen Gestalten der Umgebung gehören mit zu den Elementen, durch welche die erschüt⸗ ternde Wahrheit des Ausdrucks zu uns spricht. Mit besonderer Liebe wendet sich Dürer auch der Darstellung der Madonna zu.
Die vorliegende erste Abtheilung der Kupferstiche Dürers um⸗ faßt folgende 11 Blätter: 1) Die Weihnacht oder die Geburt Christi. 2) Die heilige Familie. Mit der Nadel geritztes, äußerst seltenes Blatt. 3) Sterbender Christus am Kreuz. 4) Maria von zwei Engeln gekrönt. 5) Der verlorene Sohn. 6) Der heilige Eustachius, auch St. Hubertus genannt. 7) Der heilige Georg zu Pferd. 8) Der heilige Anton. 9) Der kleine Kardinal Albert von Brandenburg. 10) Die große Nürnberger Kanone mit Landsknechten und Türken. 11) Das tanzende Bauernpaar. — Sämmtliche Blätter sind getreue Nachbildungen in sehr gelungenen Lichtdruck, die auf Grund der vorzüglichen Abdrücke des Münchener Kupferstichkabinets angefertigt sind. Dadurch werden jene edlen Schöpfungen, welche wegen ihrer Seltenheit und Kostbarkeit nur den reichsten öffentlichen Museen oder einzelnen glücklichen Sammlern im Original zu eigen sind, in trefflichen Facstmiles weiten, Kreisen um ein mäßiges Opfer erreich⸗ bar. Wir können nicht umhin dieses ernste gediegene Kunstwerk, zu dem Lübke einen eingehenden, erläuternden Text geschrieben hat, gerade jetzt für den Weihnachtstisch angelegentlichst zu empfehlen. Das ganze Werk soll 104 Stiche Meister Dürers umfassen und darf man nach der vorliegenden ersten Abtheilung den weiteren Lieferungen mit voller Befriedigung entgegensehen.
— Der soeben im Verlage von August Hirschwald in Berlin erschienene „Medicinal⸗Kalender für den preußischen Staat auf das Jahr 1881“ hat in seinem neuen Jahrgange zahlreiche und wichtige Bereicherungen und Verbesserungen erfahren. Eine größere Reihe ganz neuer Kapitel sind in dem ersten Theil hinzugetreten, eine andere Reihe von Abschnitten vollständige Umarbeitung, jeder übrige aber eingehendfte Durchsicht und Ver⸗ besserung erfahren. Als ganz neu ist — als zweckmäßiger Anhang zur Pharmacopoea oeconomica — die vor kurzem von den städti⸗ schen Behörden neu aufgestellte Pharmacopoea magistralis Berolinensis in usum pauperum eingefügt, welche dem Arzte gleichzeitig größere Bequemlichkeit beim Verschreiben wie die Mög⸗ lichkeit wesentlicher Ersparungen im Interesse ärmerer. Patienten ge⸗ „Uebersicht der wichtigsten künstlichen Ernährungsmittel“, in welcher die letzteren nach Zusammensetzung und Gebrauchsweise übersichtlich geschildert werden; ein Abschnitt über „Schultischmaße“, welcher die Haupt⸗ punkte dieses für den Praktiker wichtigen Gegenstandes kurz und klar hervorhebt; ferner anknüpfend an das alphabetische Bäderverzeichniß, eine kurze systematische Aufzählung der Badeorte ꝛc. Endlich ist im Anschluß an die „Anleitung zur Untersuchung der Refraction ꝛc“ eine Anleitung zur Untersuchung auf Farbenblindheit von demselben Autor, Prof. Schmidt⸗Rimpler, angefügt. Von Neuem ferner hat Aufnahme gefunden ein Abschnitt über das „Verhalten der Tempe ratur in fieberhaften Krankheiten.“ Als eine weitere sehr werthvolle Bereicherung ist an Stelle des bisherigen Abschnitts über Harn⸗ untersuchung eine neue Bearbeitung dieses Kapitels durch Prof. E. Salkowski hinzugetreten; ebenso hat das Kapitel „Vergiftungen“ von berufener Feder eine Umarbeitung erfahren. Von den übrigen zahl⸗ reichen Veränderungen der schon früher vorhanden gewesenen Ab⸗ schnitte sei nur angeführt, daß besonders das Bäderverzeichniß durch Hinzufügung einer größeren Anzahl neuerdings immer mehr in Aufnahme gekommener Kurorte der Schweiz wesentlich erweitert worden ist. Aber auch an vielen anderen Abschnitten ist die bessernde und mehrende Hand der Redaktion zu bemerken. — Der 2. Theil des Kalenders hat in seiner Anordnung wesentliche Veränderun⸗ gen nicht erhalten. Die den Arzt interessirenden „Gesetzes⸗Be stimmungen“ sind vervollständigt und u. a. das „Gesetz, betreffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln ze. vom 14. Mai 1879‧, auf⸗ genommen worden. Aus dem reichen statistischen Material, welches dieser Theil bietet, sei erwähnt, daß im Jahre 1880 die Zahl der Aerzte in Preußen (inkl. Waldeck und Pyrmont) 8464 betrug, gegen 8397 im Vorjahre; daß die Zahl der Wundärzte auf 119 gegen 143 im Vorjahre herab zegangen, daß die Zahl der Zahnärzte 251 — im Jahre 1879 250 — betrug, und das die Zahl der Apotheken im Jahre 1880 2446 gegen 2440 im Vorjahre beträgt. Berlin zeigt im Jahre 1880 die Zahl von 944 Aerzten, 9 Wundärzten, 52. Zahu⸗ ärzten, 70 Apotheken, während 1879 die entsprechenden Zahlen: 917, 9, 51 und 70 betrugen.
— Der Buch⸗ und Kunsthändler Eduard Quaas hatte im Januar 1879 ein Verzeichniß der „illustrirten Werke aus dem Gebiete der Photographie, Lithographie, des Kupfer⸗ und Stahlstichs, Holzschnitts und Farben⸗ drucks“, die in seiner Buch⸗ und Kunsthandlung hierselbst, Stech⸗ bahn 2, am Königlichen Schloß vorräthig sind, veröffentlicht. Die⸗ selben sind unter folgende 9 Abtheilungen vertheilt: 1) Bibelwerke mit Illustrationen, illustrirte Kunst⸗ und Dichterwerke religiösen Inhalts, des Haus⸗ und Familienlebens, Tage⸗ und Gedenk⸗ bücher; 2) Gedichtsammlungen mit Illustrationen in Holz⸗ schnitt, Photographie und Farbendruck, Aauarell⸗Albums; 3) Dichterwerke mit Illustrationen und in Prachtausgaben, mit Ausschluß der in der zweiten Abtheilung befindlichen Anthologien; 4) Künstlerwerke, Illustrationen zu Dichtern, Skizzenbücher in Holzschnitt, Kupferstich und Photographie; 5) Ge⸗ schichte der Kunst, Ornamentik, Kunsttechnik, Kostümenkunde; 6) Galerie⸗ und Sammelwerke zur Geschichte der Kunst; 7) illustrirte Werke zur Geschichte, sowie zur Länder⸗ und Völkerkunde, Städte⸗ und Länder⸗
Albums; 8) Portraits⸗Albums aus der Geschichte, Literatur und
Kunst, sowie Schönheits⸗Galerien; 9) Sport⸗ und Jagd⸗Albums, zur Land⸗ und Hauswirthschaft, Naturwissenschaftliches. Vor Kurzem hat nun die oben genannte Buch⸗ und Kunsthandlung zu jenem Verzeichniß ein Ergänzungsheft herausgegeben, das, nach denselben Rubriken geordnet, die Neuigkeiten des Jahres 1879 — 1880 enthält. Unter denselben befinden sich eine Menge interessanter und werthvoller Werke, die sich zu Weihnachtsgeschenken eignen dürften.
— Am 10 d. starb in Stockholm der Direktor der Königlichen Akademie der freien Künste, Intendant der Kunstsammlungen des Nationalmuseums ꝛc., Professor J. K. Boklund, im Alter von 63 Jahren.
Gewerbe und Handel Dem Geschäftsbericht der Berliner Unions⸗Brauerei,
Bonnvitt u. Co., Kommanditgesellschaft auf Aktien, pro 1879/80
entnehmen wir folgende Mittheilungen der Direktion: Bereits in dem vorjährigen Geschäftsberichte wurde die Ansicht ausgesprochen, daß das bevorstehende Geschäftsjahor zu großen Erwartungen nicht berechtige. Es ist in diesem Jahre gelungen, einen Mehrverkauf von über 3000 t zu erzielen. Verkauft wurden 49,141 ½ t Bier gegen 45,956 ¾ t im Jahre 1878/79, und verbrauten 33 700 Ctr. Malz, d. i. 2970 Ctr. mehr als im Vorjahre. Die hohen Preise für Gerste und Hopfen haben die Bierfabrikation ungemein ver⸗ theuert, und eine verhältnißmäßige Mehrausgabe allein für Gerste und Malz von ca. 60 000 ℳ, und für Hopfen ca. 66 000 ℳ ver⸗ ursacht. Gemäß den in der letzten ordentlichen Generalversammlung ausgesprochenen Wünschen sind von dem Betriebsüberschusse dieses Jahres zunächst zur Deckung des Restes der vor drei Jahren ent⸗ standenen Unterbilanz 68 794 ℳ verwendet worden, doch konnten in Folge dessen die laufenden Abschreibungen nicht in derjenigen Höh vorgenommen werden, wie dies in den letzten 3 Jahren geschah. Am 31. März a. c. ging die zehnjährige Frist zu Ende, nach deren Ablauf di auf unseren Grundstücken ruhenden Hypothekenforderungen des Vor⸗ besitzers zurückzuzahlen waren. Zu diesem Behufe wurden 500 000 ℳ 6 % Partialobligationen emittirt, fur welche als Sicherheit eine Hvpothek in gleicher Höhe eingetragen ist. Der gesammte Grund⸗ besitz in Berlin bleibt nunmehr mit einer unkündbaren Amortisa⸗ tionshypothek in Höhe von 360 000 ℳ und mit der neuen, binnen 17 Jahren zu tilgenden Partialobligationsanleihe von 500 000 ℳ belastet, während auf dem Charlottenburger Grundstück eine einzige Hypothek von 105 000 ℳ ruht, nachdem die zweite Hypothek von 45 000 ℳ am 1. April cr. aus eigenen Mitteln abgelöst worden ist — Der Abschluß des am 30. April abgelaufenen Geschäfts jahres bei den Eisenwerken von Creuzot weist einen Rein gewinn von 5 607 616 Fres. (gegen das Vorjahr + 1 826 023 Fres.) aus. Der Umsatz betrug 51 137 313 Fres. (gegen 47 794 941 Frcs.
im Vorjahr). Verkehrs⸗Anstalten.⸗
Der Berner „Bund“ schreibt: Der Stand und Fortschritt der Bauarbeiten an dem großen Gotthard⸗Tunnel war auf Ende resp. während des Monats November d. J. folgender: Als Rest der Ausweitung des Firststollens zur Calotte verblieben 40 m, die Länge der mittleren Druckpartie bei 7,5 km, woselbst mit dem Ausbruch zugleich zu mauern ist. Die Gewölbemauerung schritt um 298,5 m vor (Oktober 467,8 m), so daß von dieser Arbeitsgattung noch 1088,5 m zu leisten verbleiben. Der Fortschritt im Sohlen⸗ schlitz war 407,8 m (Oktober 399,4 m), der verbleibende Rest 1881,5 m; der Fortschritt im Strossenabbruch 200,5 m (Oktober 206,3 m), verbleibender Rest 3565,2 m; die Widerlagermauerung erreichte 205,9 m (Oktober 62,7 m), zu leisten verbleiben 4783,1 m. Der Werth der ausgeführten Arbeiten blieb hinter dem Programme mit Beendigung des Tunnels Ende Mai nächsthin um 37 % (im Oktober um 31 %) zurück, also noch mehr hinter dem veröffentlichten Programme der Tunnelunternehmung, welches Vollendung des Tunnels auf Ende nächsten April vorsah. Diese Rückschläge werden bis zu letzterem Termine nicht mehr eingeholt werden können.
Plymouth, 13. Dezember. (W. T. B.) Der Hamburger Postdampfer „Silesia“ ist hier eingetroffen.
New⸗York, 13. Dezember. (W. T. B.) Der Dampfer Mossel“ vom Norddeutschen Lloyd ist gestern hier eingetroffen. Derselbe passirte am 10. d. den Dampfer „Republic“ von der „White⸗Star⸗Linie, dessen Maschine arbeitsunfähig war. Der Dampfer „Republic“ ersuchte den Dampfer „Mosel“, ihn in das Schlepptau zu nehmen. „Mosel“ mußte das Gesuch wegen Mangels an Kohlen ablehnen. „Republic“ verlangte keine weitere Hülfe und schien die Reise fortsetzen zu können.
New⸗York, 13. Dezember. (W. T. B.) Der Dampfer „Helvetia“ von der National⸗Dampfschiffs⸗Compagnie (C. Messingsche Linie) ist hier eingetroffen.
Berlin, 14. Dezember 1880.
Preußische Klassenlotterie. (Ohne Gewähr.)
Bei der heute angefangenen Ziehung der 3. Klan“e 163. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen:
1 Gewinn von 45 000 ℳ auf Nr. 78 413
1 Gewinn von 6000 ℳ auf Nr. 64 894.
1 Gewinn von 1800 ℳ auf Nr. 30 858.
3 Gewinne von 900 ℳ auf Nr. 1594. 6709. 65 052.
12 Gewinne von 300 ℳ auf Nr. 1978. 3962. 8585. 10 211. 23 899. 30 508. 47 431. 58 972. 71 569. 78 223. 84 386. 92 465. ö“
Dem Vernehmen nach wird die Leiche des gestern ver⸗ storbenen Königlich württembergischen Gesandten und Bevoll⸗ mächtigten zum Bundesrathe, Freiherrn von Spitzem berg, morgen Abend nach Stuttgart übergeführt werden. Die Ein⸗
segnung findet morgen Mittwoch, Nachmittags um 3 Uhr, im
Trauerhause, Voßstraße 10, statt. “
Die Verhandlungen der Delegirten⸗Versamm⸗ lung der Genossenschaft deutscher Bühnen⸗An⸗ gehöriger haben am Dienstag Vormittag im Klubhause hier⸗ selbst ihren Anfang genommen. Anwesend sind 33 Delegirte aus Berlin, Braunschweig, Cassel, Darmstadt, Weimar, Schwerin, Stuttgart, Dresden, München, Wiesbaden, Leipzig, Han⸗ nover, Karlsruhe, Stettin, Magdeburg, Augsburg, Königsberg, Strelitz und Dessau. Der erste Tag galt der Delegirtenversammlung der Pensionsanstalt, die unter Vorsitz des Hrn. Berndal⸗ Berlin stattfand. Nach Festsetzung der Beschlußfähigkeit der Ver⸗ sammlung und Wahl des Dr. Kacer⸗Stuttgart zum Vizepräsidenten, erfolgte die Rechnungslegung, die auf günstige Resultate hinweisen konnte. Die Mitgliederzahl hat sich jedoch wiederum vermindert. Der Zuwachs von 136 Mitgliedern hat den stattgehabten Abgang von 244 Mitgliedern nicht zu decken vermocht, sodaß die Mit⸗ gliederzahl sich von 3403 auf 3295 verringert hat. Das verflossene Geschäftejahr wurde mit einem Vermögensbestande von 1 659 951 ℳ 50 ₰ eröffnet, welchem die Einnahmen in Höhe von 262 883 ℳ 79 ₰ hinzutraten; die Pensions⸗ beiträge ergaben 139 088 ℳ; die außerordentlichen Einnahmen betrugen 27 631 ℳ; die Gesammtausgabe erreichte dieser bedeutenden Einnahme gegenüber den Betrag von 21 563 ℳ 28 ₰; cs hat sich somit das Vermögen der Anstalt um 241 320,51 ℳ auf 1 901 272,10 ℳ erhöht; davon entfallen 1 081 969,29 ℳ auf den Rentenfonds und 819 302,81 ℳ auf den Invalidenfonds. 1“
Dortmund, 13. Dezember. (W. T. B.) Heute früh fand auf der Zeche Bruchstraße bei Langendreer eine Explosion schlagender Wetter in Flötz 1 der zweiten Bau⸗Abtheilung statt, welche durch das Oeffnen einer Lampe herbeigeführt wurde. Vier Personen wurden getödtet, zwei leicht verletzt. Der Betrieb ist in keiner Weise gestört.
Redacteur: Riedel. Berlin: — Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner. Fünf Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).
andern Rücksicht nehmen.
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b tschen Reichs⸗Anzeiger und
Königlich Preu
ßischen Staats⸗Anzeiger.
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Berlin, Dienstag, den 14. Dezember
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Deutsches Reich. Uebersicht
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über die von den Rübenzucker⸗Fabrikanten es deutschen Zollgebiets versteuerten Rübenmengen, sowie über die Einfuhr und Ausfuer von Zucker im Monat aenbhs 1880.
befindlichen
Zahl der im Betrieb Rübenzucker⸗Fabriken.
Einfuhr vom Follauslande.
Ausfuhr nach dem Zollauslande (:mit und ohne Steuerrückvergütung).
Raffinirter Zucker
Ver⸗ aller Ark
Rohzucker aller Art
Melasse aller Art und Syrup
Raffinirter Zucker Melasse aller Ari aller Art Rohzucker e ESyvrvp
steuerte Rüben⸗ menge.
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I. Preußen. 9 Provinz Ostpreußen .... 2) Provinz Westpreußen 1 3) Provinz Brandenburg D“ b 11-e1“; 11111.4“ a 1kbbbö. 7) Provinz Sachsen, einschl. der Fürstlich Schwarzburgi⸗ Z ee] 8) Provinz Schleswig⸗Holstein. 9) Provinz Hannover.. . . 10) Provinz Westfalen ö4“ 2642* F6“
193 345 409 013 160 900 170 526 1 748 705
5 890 876 70 21
1 657 370 41 507
5 480 606 746
58 909 43 231
233 25 106
915 179 113 946 25 000 2 205
1 043
1 980
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33 573 12 868
1 7 484 11 987
— — 00 0‿
299 153 906 — 13 012 — 28 870] 1 233 551
50 443 — 35 443 3 874 3 9 364 1 337 4
9 245
s 238 — — 231 428 56 662 13 969
1 876 037 546857 —
8 Ben Se 18 — 60 300 129 9 623 —
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218 886 152 181
16 382 405
23 93 21 768 856
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645 550 3 699 875 362 623
Summe I. 111. Sachsen.. F114“ IV. Württemberg . üringen, einschl. der Großherzoglich Sächsischen Aemter Allstedt und Oldisleben .... 8 — 15-e mZZhIIX“ 8 G“ V1111.1““ XII. Elsaß⸗Lothringen. ““ 8
02 —
74 792
— — 00 82
1 187 131 267 54 801
10 954 678 64 538 5 024 9 990
233 482 1 487 86 54 175 31 625
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fie 1 556 62 406 293 188 273 11 “ qbböb. 68 1453 471 8 4281
1 104 354 — — See 69 084 2 440 48 250 16 Vtse
H 80 —
32 032
2 640 1 063 11 729
1b
300 283 7 151 463 37 483 37
— 333774
22 968 —
1 340 832 2 554 2 028
8 632
43 958 730 9 615
—
0 1— 7
201 294 129 156 8 415 852
148 6 2 1189 54 218 45 173
v
Ueberhaupt
14 163 627 194 208 .18 490 594 340 290
7 463 63 042 55 591] 1 294 091
33 947 146 641 328 258] 2 651 469
396 609 7 696 183 355 662,10 163 866
27 237]44 503 738 772 369ʃ37 523 662
9 512] 1 453 585 16 262] 3 812 678
82 1
Hierzu in den Vormonaten September und Oktober 1880
Zusammen September bis November 1880 In demselben Zeitraum des Vorjahres
*) Bemerkung: In der Uebersicht für Monat Oktober 1880
Berlin, im Dezember 1880.
32 654 2211 534 498 41 410 209 683 383 849] 3 945 560
26 299 385 y760 000 109 500% ꝑ492 450 457 550]/ 3 101 750
Kaiserliches statistisches Amt.
789 000] 7 188 500
752 271]17 860 99 sind bei der Provinz Sachsen die in Spalte 3 angegebenen 5 527 119 100 kg auf 5 60
799806 820277 700 257722 280 203 774 400 26 488 250 152 050] 7 655 450 934 100 kg berichtigt worden.
A.
Nichtamtliches.
Preußen. Berlin, 14. Dezember. Im weiteren Verlaufe der gestrigen (26.) Sitzung setzte das Haus er Abgeordneten die zweite Berathung des Staats⸗ aushalts⸗Etats pro 1881/82, und zwar mit der Diskus⸗
n des Etats des Ministeriums der geistlichen, Unter⸗ ichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten (Dauernde Ausgaben Kap. 119 Universitäten) fort. Der Abg. Dr. Per⸗ ger bemerkte, wenn er den Minister richtig verstanden habe, o solle der Lernstoff für die Kinder möglichst in die Unter⸗ ichtsstunden zusammengedröngt und die häusliche Arbeit mög⸗ ichst verkürzt werden; wenn dies Prinzip befolgt würde, so ände er das im höchsten Grade bedauerlich. Schon die Lehr⸗
bücher zeigten, wie sehr der Lernstoff sich seit dem Anfang die⸗
es Jahrhunderts vermehrt habe; daher könne eine Ueber⸗ bürdung sehr leicht eintreten. Namentlich müßten, bezüglich der größeren, monatlich abzuliefernden Arbeiten Bestimmungen getroffen werden, welche verhinderten, daß ein Lehrer die Zeit zu sehr in Anspruch nehme. Es müßte dabei eine Verständi⸗ gung der Lehrer unter sich stattfinden und einer auf den Redner führte ein Beispiel an, wo ein Lehrer eine Arbeit von 40 Seiten als zu kurz zurückge⸗ wiesen habe; als ihm eine Arbeit von mehr als 100 Seiten überreicht sei, habe derselbe bemerkt, da sehe man doch, daß alle Klagen wegen Ueberbürdung mit Arbeiten nicht berechtigt seien, wenn eine so große Arbeit geleistet werden könne. Er
bitte deshalb die Unterrichtsverwaltung, diesen Punkt stets im
Auge zu behalten. Der Abg. Frhy. von Eckardstein dankte dem Minister, daß derselbe durch die von ihm veranlaßte Statistik die Befürch⸗ tungen, welche durch die Hasse'schen Ausführungen im Volke entstanden seien, gehoben habe. ganz so rosig sehen, wie der Minister. Wenn man im Allge⸗ meinen annehme, daß der Mensch in seiner Entwickelung 8 Stunden zur Arbeit, 8 Stunden zum Schlaf und 8 zur Er⸗ holung haben müsse, so werde dieses Verhältniß in den oberen Gymnasialklassen bedenklich verschoben. Die Angabe, daß im Allgemeinen nur 2 Stunden auf häusliche Arbeiten ver⸗ wendet werden sollten, treffe nur für die unteren Klassen zu, vwährend z. B. auf den Alumnaten in Brandenburg und
Bielefeld, deren Direktoren sehr humane Leute seien, die Arbeitszeit auf 3 ½ Stunde bemessen sei.
Das sei zu viel, und er wünsche, daß der Minister hier eingreifen möchte. Nervosität und Kurzsichtigkeit seien die Folgen dieser Ueber⸗ reibungen. Noch auf einen Umstand wolle er hier aufmerk⸗
sam machen, zu seiner Zeit habe man die Klassen meist in
dem vorgeschriebenen Kursus durchgemacht, nur Einzelne, die
einen mehr als erlaubten Grad von Faulheit entwickelten, seien sitzen geblieben. Jetzt sei das anders, es blieben jetzt 25 bis 33 Prozent bei den Versetzungen zurück. Sei nun die
jetzige Jugend weniger fähig als früher, oder seien es die Lehrer?
Man sage, die Ueberfüllung der Klassen sei daran
chuld. Man habe in einzelnen Klassen 45 bis 50 Schüler.
Das sei seines Wissens früher doch auch schon so gewesen.
Er glaube, der wahre Grund sei der, daß man zu hohe An⸗ prüche stelle. Die Ansprüche beim Abiturientenexamen in der Geschichte sei jetzt größer als früher; er lobe das, man ollte auch in der Geographie die Ansprüche steigern, denn ie Leute seien darin oft furchtbar unwissend. Im Griechischen und Lateinischen dagegen, glaube er, könne man in den höheren
nur wieder zu Allein er könne doch nicht;
Klassen etwas geringere Ansprüche stellen. Das Collegium logicum in Prima halte er für einen Humbug; man sollte da⸗ für lieber Literaturgeschichte nehmen. Im Französischen werde zu viel auf das klassische Schreiben und zu wenig auf die Lektüre geachtet. Er hoffe, der Minister werde diese Verbesse⸗ rungsvorschläge in Erwägung ziehen.
Der Regierungskommissar Geh. Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Bonitz erklärte, der Vorredner habe den von der Regierung gegebenen Erlassen im Allgemeinen zugestimmt, und dann einige Neuerungen vorgeschlagen. Auf die Einhaltung des Erlasses vom Oktober 1875 in allen seinen Punkten werde aber nicht nur von den Lehrerkollegien, mit sehr geringen Ausnahmen, sondern auch von den Aufsichtsbehörden mit großer Konsequenz gehalten. Er bitte, Berlin nicht zum Maßstab zu nehmen, da hier ganz besondere Schwierigkeiten hinzukämen; insbesondere sei es hier unmöglich, die Schul⸗ einrichtungen mit allen den verschiedenen häuslichen Ein⸗ richtungen in Einklang zu bringen. Die Regierungs⸗ Kommissarien nähmen bei jeder Gelegenheit Kenntniß von den schriftlichen Arbeiten auch mit Rücksicht darauf, ob sie das richtige Maß nicht überschritten. Aber die Unterrichts⸗ verwaltung beschränke sich nicht auf die in dem Erlaß ge⸗ ebenen Palliativmittel, wie Ausarbeitung eines Lehrplans, Verständigung der Lehrer u. s. w., sondern sie sei auf das Aufmerksamste bedacht, die inneren Fehler im Unterricht zu beseitigen. Fast nach jeder Visitation würden in dieser Hinsicht spezielle Anweisungen gegeben, damit jedem Gebiete die wirklich bildende Wirkung gesichert werde, ohne die Arbeitslast zu steigern. Die Grundlage des Wissens und der Uebung solle in den Stunden selbst gegeben werden, so daß der Schüler das Erlernte sich zu Hause — vergegenwärtigen habe. Die häuslichen Arbeiten könnten damit aber nicht ganz erspart werden. In der lateinischen und griechischen Grammatik werde unablässig darauf hingewiesen, daß man nicht zu weit in Spezialitäten
gehen, sondern in einem engeren Kreise Sicherheit und Ge⸗
läufigkeit erstreben solle. Manche scheinbar sehr geringfügige Aenderungen im Lehrplan und in der Klassentheilung würden eingeführt, um nur überall ein Zusammentreffen zu hoher An⸗ forderungen zu vermeiden. Ein großer Uebelstand sei auch die halbjährliche Versetzung bei ganzjährigem Klassenkursus. Für die Mehrzahl der Schüler werde das Pensum im ersten Semester zu schnell vorgetragen, das zweite Mal fehlte einem großen Theile die Frische der Empfängniß. Dies bewirke den ungewöhnlichen Prozentsatz von Schülern, die nicht in der vorgeschriebenen Zeit versetzt werden könnten. Die Einrichtung, daß der Lehr⸗ stoff auf das ganze Jahr vertheilt werde, lasse sich ohne Ver⸗ inaß enisser Interessen des Publikums nicht so leicht überall einführen; aber zum größten Theil sei dieser Uebel⸗ stand jetzt überwunden. Die Regierung sei also in jeder Be⸗ ziehung bemüht, die ihr wohlbekannte Gefahr der Ueberbürdung mit Arbeiten zu beseitigen oder zu ermäßigen. Den Vor⸗ schlägen des Vorredners könne er nicht beistimmen, obwohl derselbe seiner Zeit einer seiner vorzüglichsten Schüler ge⸗ wesen sei. Nichts wäre bedenklicher, als die Ansprüche beim Abiturientenexamen in der Geschichte und der Reli⸗ gion zu steigern. In diesen Fächern könne nur das Ge⸗ dächtnißmäßige geprüst werden, nicht das, was den Werth des Unterrichts ausmache. Es sei vorgekommen, daß kranke Schüler, die vor dem Examen gestanden hätten, in ihrer
Krankheit nur wegen des Memorirens für diese beiden Ge⸗
genstände besorgt gewesen seien. Die Nothwendigkeit geo⸗
praphischer Kenntnisse werde sehr wohl anerkannt; in 6 Ja ren werde sich hoffentlich die Wirkung des jetzt in den unteren
Klassen eingeführten besseren geographischen Unterrichts zeigen aber eine Steigerung der Ansprüche im Maturitätsexamen werde dadurch nicht bedingt. Im Französischen werde nicht auf klassisches Schreiben, sondern nur darauf gesehen, daß das Uebersetzen in der Lektüre kein bloßes Rathen sei. Er wäre sehr zufrieden, wenn die stungen diesen mäßigen Forderungen zur Hülsfte sprächen. Ob im Lateinischen jetzt mehr verlangt werde als früher, wisse er nicht. Er denke nicht zu hoch von der Zeit, in welcher man auch medizinische Dissertationen lateinisch ge⸗ schrieben habe. Er habe lange darunter gelitten, daß der Dekan der philosophischen Fakultät das Vidi eines Gymna⸗ siallehrers erfordert habe, um zu konstatiren, daß keine gram⸗ matischen Fehler in diesen Dissertationen gewesen seien; er habe bei dieser Durchsicht Studien über ganz ungewöhnliche Archaismen und Provinzialismen der latemnischen Sprache g. macht, die ihm auf keinem anderen Wege würden zugekommen sein. Aber der Unterricht in der lateinischen Sprache sei da⸗ mals dadurch leichter gewesen, daß man gewisse grammatische Spezialitäten übergangen habe, die auch heute zurückgesetzt werden könnten. Das Collegium logi- cum möchte er nicht durch Literaturgeschichte ersetzt sehen. Die letztere diene vorzugsweise dazu, eine Menge Urtheile und Räsonnements fertig zu geben über Gegenstände, von welchen die Zuhörenden wenig oder gar nichts gelesen hätten. So sei es gekommen, daß ein Examinand, der nach einem religiösen Epos gefragt sei, den „Renommist“ von Zachariae genannt habe; in seinem Lehrbuch seien als Muster des religiösen und des humanistischen Epos Klopstocks Messiade und der Renommist genannt, die derselbe beide nicht gelesen gehabt habe; sei es da schlimm, daß er die beiden verwechselt habe ? Der Werth des Collegium logicum bestehe darin, daß es von der Nothwendigkeit des Studiums der Philosophie überzeuge, die jetzt sehr vernachlässigt werde. Der Gegenstand könne nicht auf allen Gymnasien gelehrt werden, weil es dabei sehr auf die Qualifikation des Vortragenden ankomme; deshalb möchte er denselben aber nicht prinzipiell entfernt sehen.
Die Diskussion wurde geschlossen. Persönlich bemerkte der Abg. Dr. Reichensperger, er habe nicht gesagt, daß die Professoren nichts weiter thäten, als daß sie ein Kollegienheft ausarbeiteten, sondern nur, daß sie nach der Ausarbeitung nichts weiter nöthig hätten, als Veränderungen und Literatur nachzutragen. 8 Er habe schon in ein Wespennest gegriffen, die Baubureau⸗ kratie; hier aber möchte er sich in Acht nehmen.
Der Abg. Frhr. von Eckardstein verwahrte sich gegen einige 11“ was den Geschichtsunterricht betreffe, so habe er nur von seinen eigenen persönlichen Erfahrungen gesprochen; im Französischen sei er selbst für viel Lektüre.
Die Titel 1, 2, 3 (Zuschüsse für Königsberg, Berlin, Greifswald) wurden genehmigt. Bei Titel 4 (Zuschuß für Breslau) bemerkte der Abg. Dr. Franz, daß an der Univer⸗ sität zu Breslau der altkatholische Professor Weber Philo⸗ sophie lehre; nach den Statuten der Universität solle aber ein katholischer Professor der Philosophie angestellt sein. Eine solche Stelle wäre also die Regierung zu gründen verpflichtet. Der Staats⸗Minister von Puttkamer erkannte den Uebel⸗ stand an der Universität in Breslau an, er habe sich bereits bemüht, eine neue Professur in den Etat zu bringen. Das