1880 / 304 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 27 Dec 1880 18:00:01 GMT) scan diff

zu Seiten der Bilder enthalten je einen auf dieselben bezüg⸗ lichen Spruch; rechts aus Ant. 523: oꝰbroc œvegisevr, AᷓAAdd ugelenn, Sgb„ (nicht mitzuhassen, mitzulieben bin ich da),

links aus Oed. Col. 509:

102G rsx0d rà% 8 .

05 et xove! rε⁵ς τνοοↄ ναμꝶ Exsev . (nicht gedenken darf der b für seine Eltern Mühe rägt).

Wandflächen und Pilaster, die Holzverkleidungen an den Wänden, Decke und Gesimse sind in harmonischen Farben gehalten, indem antiker Schmuck sinnreich eingefügt ist, so daß der gesammte Raum einen stimmungsvollen und erhebenden Eindruck hervorbringt. 8

Zur Einweihungsfeier soll am 28. d. M. Abends eine Aufführung des „König Oedipus “in griechischer Sprache mit der Musik von Heinrich Bellermann stattfinden. Der Direktor

hat dieselbe mit den Schülern der Anstalt vorbereitet. Auch

im Orchester werden jetzige und ehemalige Schüler mitwirken, während die nothwendigen Ergänzungen aus der Sinfonie⸗ kapelle gewährt werden. Die Dekorationen sind nach beson⸗

deren Angaben in möglichster Annäherung an das altgriechische

Theater durch Gebr. Borgmann hergestellt. Kostüme und Re⸗ quisiten sind von dem General Intendanten der Königlichen Schauspiele, Herrn von Hülsen bewilligt worden. Der Zutritt wird nur auf besondere Einladung gestattet sein. die Eltern der nichtbetheiligten Schüler und für Freunde und Kenner des klassischen Alterthums ist jedoch zum 30. d. M. eine zweite Aufführung in Aussicht genommen, zu welcher Karten gegen ein + lediglich den Kosten entsprechendes Eintrittsgeld bei dem Kastellan des Gymnasiums zu haben sind.

(Arbeiter⸗Lohnungsverhältnisse auf den Bergwerken in Oberschlesien.) Ausweislich des steno⸗ graphischen Berichtes über die Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten vom 7. d. M., S. 557, äußerte ein Abgeordneter bei Gelegenheit der Berathung des Etats der Bergverwaltung, „es sei bei der strafgerichtlichen Untersuchung wegen des Ar⸗ beitertumultes im vorigen Jahre (nämlich auf der Grube Radzionkau) gerichtlich festgestellt, daß zwei mit der Löhnung beauftragte Unterbeamte den Ar⸗ beitern statt des baaren Geldes auch Marken gegeben hätten, die bei den Kaufleuten oder Wirthen umgesetzt werden muß⸗ ten. Die Beamten hätten dabei für jeden Thaler Marken 25 Pfennige Rabatt bekommen. Zur Richtigstellung des Sachverhaltes ist zu bemerken, den Werksbeamten der genannten, im Privatbesitze befindlichen Grube nach den stattgehabten Ermittelungen an dem gerügten Verfahren eine Betheiligung nicht zur Last fällt. Von den Beamten, welche die Auslohnung der Arbeiter m Auftrage der Grubenverwaltung zu bewirken hatten, sind die verdienten Löhne den Arbeitern baar gezahlt worden.

Es haben dagegen allerdings zwei s. g. Oberhäuer, die mit der Ausführung des Lohnungsgeschäftes

icht befaßt waren, Arbeitern der Grube Bescheinigungen „Zettel“) eingehändigt, gegen deren Vorzeigung denselben von Kaufleuten auf Bürgschaft der Aussteller Waaren verabfolgt wurden. Die beiden Oberhäuer empfingen dafür von den betreffenden Kaufleuten eine Vergütung von 15 bis zu 25 für den Thaler und erhielten die Geldbeträge, worüber die ausgestellten „Zettel“ lauteten von den Arbeitern selbst aus dem an diese von den Beauftragten der Grubenver⸗

altung ausgezahlten Löhnen bei der Lohnung selbst oder bald nach deren Beendigung zurück. 8 Dieses Verfahren läuft zweifellos dem Geiste der ein⸗ schlägigen gesetzlichen Vorschriften zuwider; zur strafrecht⸗ lichen Verfolgung ist dasselbe jedoch von der Staatsanwalt⸗ schaft nicht geeignet befunden.

Die beiden betheiligten „Oberhäuer“ sind aber von der Grubenverwaltung ihrer Funktionen enthoben, und das Königliche Ober⸗Bergamt zu Breslau hat aus dem Vorgange Anlaß genommen, die Revierbeamten seines Bezirkes mittelst Verfügung vom 10. April d. J. anzuweisen, bei der Beauf⸗ sichtigung des Grubenbetriebes das Augenmerk auf die ge⸗ wissenhafte Beobachtung der in Frage kommenden Bestim⸗ mungen der Gewerbeordnung bezw. des Allgemeinen Bergge⸗ setzes vom 24. Juni 1865 zu richten und einer etwaigen miß⸗ bräuchlichen Umgehung der bezüglichen Vorschriften mit Nachdruck entgegen zu treten.

Das fortgesetzte unberechtigte Jagen, um dadurch für sich und seine Angehörigen das erlegte Wild im Haushalt zu verbrauchen, ist, nach einem Erkenntniß des Reichsgerichts, III. Strafsenats, vom 16. Oktober d. J., als gewerb smä ßige Jagdkontravention aus §. 294 des Strafgesetz buches zu bestrafen.

Ein Hauswirth, dessen Miethsforderungen auf Antrag seines Gläubigers mit Beschlag belegt worden, ist, nach einem Erkenntniß des Reichsgerichts, II. Strafs., vom 12. Okto⸗ ber d. J, falls er einen der Miether durch Drohung nöthigt, die von seinem Gläubiger beschlagnahmte Miethsforderung an ihn zu zahlen, wegen Erpressung aus §. 253 des Straf⸗ gesetzbuches zu bestrafen.

Görlitz, 23. Dezember. In der heutigen (3.) Plenarsitzung des Oberlausitzer Kommunal⸗Land⸗ tags wurde zunächst bezüglich der ständischen Rechnun⸗ gen für das Jahr 1879 den betreffenden Verwaltungen Decharge ertheilt. Den folgenden Gegenstand der Tages⸗ ordnung bildete der Bericht der Direktion der Oberlausitzer Feuer⸗Sozietät. Derselbe konnte nicht günstig ausfallen, da, obgleich die Sozietät als ein eminent gemeinnütziges Institut zu bezeichnen ist und die ständische Verwaltung stets in coulantester und uneigennützigster Weise verfuhr, doch ein großer Theil der Bewohner der Oberlausitz diesem heimischen Institut fern blieb, ein anderer Theil aber sich durch die Versprechungen der Agenten von Privat⸗Versicherungsgesell⸗ schaften zum Ausscheiden bestimmen ließ und aus diesem Grunde die Beiträge der Associaten zu den Brandschädenver⸗ ütigungen, Aumal die Brände in den letzten Jahren in er⸗ sheehenber eise zunahmen, nicht mehr im Verhältniß stan⸗ den. Der Landtag ergriff daher die erforderlichen Maßregeln, um ein Aufgehen der diesseitigen Sozietät in die schlesischen Provinzial⸗Feuer⸗Sozietäten zu bewirken. Demnächst wurden aus verschiedenen Stiftungen und Fonds eine bedeutende Anzahl von Stipendien und Unterstützungen zu Schul⸗, Uni⸗ versitäts⸗ und anderen gemeinnützigen und wohlthätigen Zwecken bewilligt. Von dem Protokoll über Revision des Rettungshauses in Görlitz wurde mit Befriedigung Kenntniß

genommen. Endlich faßte der Landtag Beschluß über seine Be⸗ Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Wilhelm mit Ihrer Hoheit der Prinzessin! Auguste Victoria von Schleswig⸗Holstein. Nachdem hiermit die Geschäfte des diesjährigen Kommunal⸗Landtags beendet waren, schloß der Hr. Landeshauptmann und Landes-⸗Aelteste Graf von Fürsten⸗ stein den Landtag mit einem dreifachen Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und König, in welches die Versammlung be⸗ geistert einstimmte.

Sachsen⸗Altenburg. Altenburg, 22. Dezember. (Leipz. Ztg.) In ihren letzten Sitzungen hat die Landschaft noch folgende Gegenstände erledigt: Ueber ein Gesuch der Gemein⸗ den des Landratheamtsbezirkes Schmölln um Erhaltung des dortigen Landrathsamtes entstand eine lebhafte Debatte, doch sprach sich schließlich die Majorität der Landschaft für Auf⸗ hebung dieser Behörde und derselben Vereinigung mit dem hie⸗ sigen Landrathsamte aus. Bei der Berathung über den Etat wurde noch beschlossen, die zwei untersten Stufen der Klassensteuer auf die nächsten drei Jahre gänzlich zu befreien, unbeschadet der politischen Rechte und Ver⸗ pflichtungen dieser Steuerpflichtigen im Staate und in der Gemeinde. Eine Novelle zu dem Gesetze über die Landes⸗ immobiliar⸗Brandversicherungsgesellschaft, wonach den Wind⸗ mühlenbesitzern nachgelassen sein soll: mit den eigentlich in der Landesanstalt zu versichernden Gebäuden aus derselben aus⸗ zuscheiden, wenn sie für die von der Versicherung ausge⸗ schlossenen Objekte (Mühlenwerke) nur unter der Bedingung der Mitversicherung der Gebäude eine anderweite Versicherung finden, wurde genehmigt. Dem Rechenschaftsbericht über die Finanzperiode 1872/74 wurde die Justifikation ertheilt. Das vorgelegte Gesetz über die Abgabe von Hunden wurde mit ge⸗ ringen Modifikationen angenommen. Der Vorschlag der Ver⸗ waltungskommission, dem Antrag des Abg. Harcher auf Revi⸗ sion des Mandats über die Sonntagsfeier vom 29. Sep⸗ tember 1809 und den weiteren diesen Gegenstand berührenden gesetzlichen Bestimmungen entsprechend: ein solches Gesuch an die Regierung zu richten, wurde genehmigt. Dagegen ging die Landschaft über den Antrag desselben Abgeordneten auf Revision der Feuerordnung, welcher aber eigentlich nur eine Abänderung des §. 21 derselben, wonach das Dreschen und Heckerlingschneiden sowie alle Arbeit mit Stroh bei Licht untersagt ist, bezweckt, zur Tagesordnung über, nachdem von Seiten der Regierung erklärt worden war, daß dieser Paragraph durch die Bestimmung in §. 368 des Reiche⸗Strafgesetzbuches hinfällig geworden sei, da hiernach nur das Betreten von Scheunen, Ställen, Böden u. s. w. mit unverwahrtem Feuer oder Licht verboten sei. Schließlich wurde der Gesetzentwurf auf Abänderung des Fischereigesetzes mit der Modifikation genehmigt, daß die bei Turbinen gegen die Beschädigung der Fische durch dieselben anzubringenden Vor⸗ richtungen nicht erst bei den künftig herzustellenden Turbinen, sondern auch bei den bereits vorhandenen, wo nöthig, ange⸗ bracht werden sollen.

Der Herzog ist gestern von Hummelshain hierher zurück⸗ gekehrt.

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 22. Dezember. (Els. Lothr. Ztg.) In der heutigen Sitzung des Landes⸗ ausschusses wurde auf Antrag des Mitgliedes Kleinclaus und Gen. dek Gesetzentwurf, betr. die von den Feuerversiche⸗ rungsanstalten zu zahlenden Entschädigungsgelder, an eine Spezialkommission von 6 Mitgliedern überwiesen. Schließlich wurden mehrere Petitionen nach den Vorschlägen der Pe⸗ titionskommission erledigt.

Schweiz. Bern, 26. Dezember. (W. T. B.) Der für das Jahr 1881 zum Bundespräsidenten gewählte Bundesrath Anderwert hat sich gestern Abend erschossen.

Großbritannien und Irland. London, 25. Dezember. (W. T. B.) Der Oberbefehlshaber der englischen Truppen in Natal meldet aus Durban von gestern: Der Regimentsstab und 250 Mann des 94. Regiments, das sich auf dem Marsche nach Pretoria befand, sind von den Boers angegriffen und über den Haufen geworfen worden; 120 Mann wurden getödtet, der Rest zu Ge⸗ fangenen gemacht; ein Lieutenant ist todt, der Oberst und zwei Kapitäns schwer verwundet, ein Kommissariatsoffizier wird vermißt, die Fahne ist gerettet. Der Oberbefehlshaber fordert die eee. Absendung eines Regiments Kaval⸗ lerie und bemerkt, die Niederlage der englischen Truppen, welche die Boers ermuthige, werde ändern.

Nach der „London Gazette“ ist an dem Südende von Haisbro Sand ein Feuerschiff aufgestellt worden, wofür alle dasselbe passirenden Seefahrer eine Abgabe von —1 ¼ Penny per Ton, die Küstenfahrer aber ½1 Penny per Ton zu ent⸗ richten haben.

27. Dezember. (W. T. B.) Die Regierung hat die Absendung eines Dragoner⸗Regiments nach Port Natal anbefohlen. Ein Telegramm des Reuterschen Bureau aus Durban besagt: Nach der Mittheilung eines Beamten, der von Middelburg in Newcastle angekommen sei, hätten die Boers auf die Abtheilung des 94. Regiments ge⸗ schossen, als dasselbe die Parlamentärflagge aufgehißt habe. Die Zahl der getödteten oder verwundeten Engländer belaufe sich auf 200; die telegraphische Verbindung zwischen Standerton und der Grenze sei unterbrochen.

Dem „Standard“ wird aus Durban, vom 25. d. Mts., gemeldet: Der Angriff der Boers auf die eng⸗ lischen Truppen zwischen Leydeburg und Pretoria er⸗ folgte, während die Mannschaften des 94. Regiments un⸗ bewaffnet damit beschäftigt waren, 34 Wagen, deren Eskorte sie bildeten, aus einem Sumpfe herauszuführen. Die Boers am Potcheffluß haben einen Kapitän, welcher das Aufhissen einer republikanischen Fahne verhindern wollte, getödtet. Außerdem sind fünf englische Kolonisten ermordet worden. Oberst Bellairs hat die Boers durch Geschützfeuer aus ihrer Position am Potchefflusse herausgetrieben. Die Boers verloren hierbei 100 Todte und hatten viele Verwundete.

Dublin, 27. Dezember. (W. T. B.) Die Regierung hat das Abhalten von zwei Meetings der Landliga in der Grafschaft Wicklow verboten. Die Verfügung ist ohne Widerstand befolgt worden.

Frankreich. Paris, 24. Dezember. (W. T. B.) Der Senat genehmigte das gesammte Einnahmebudget mit Ein⸗

die ganze Lage materiell

schluß der das Amendement Brisson enthaltende Artik theiligung zu Ehren der bevorstehenden Vermählungsfeier 8 - 4—82

welchen mehrere erhebliche Abänderungen beschlossen wurden. Die nächste Sitzung findet am Montag statt.

Die Deputirtenkammer hat den Rest des Gesetz⸗ entwurfs über den obligatorischen Primärunterricht angenom⸗ men und das ganze Gesetz hierauf genehmigt.

Italien. Rom, 24. Dezember. (W. T. B.) Das Kardinalskollegium brachte gestern dem Papst seine Glückwünsche zum Weihnachtsfeste dar. Der Papst dankte und beklagte in seiner Anwort die Sprache, die von der seine jüngsten Ausführungen tadelnden Presse geführt werde; er künne nicht stumm bleiben, seine Klagen seien gerecht. Er müsse jetzt abermals klagen, da man neue Feindseligkeiten mit Gesetzentwürfen beginne, welche den Rechten und Lehren der Kirche zuwider seien, die Beseitigung der kirchlichen Ingergenz bei frommen Werken bezweckten, das Kirchenpatrimonium be⸗ fügkac der Seelsorger. berührten und die Ehescheidung ein⸗ ührten; durch die Einführung der Laien in die Kirchenver⸗ waltung wolle man die Kirche in ihrer Konstitution verletzen. Er werde nicht aufhören, gegen solche Thatsachen zu rekla⸗ ö und die Freiheit und Unabhängkeit des Papstthums zu verlangen.

Griechenland. Athen, 24. Dezember. (W. T. B) Alle griechischen P sprechen sich gegen den Schieds⸗ gerichtsvorschlag aus, dieselben betrachten die Entscheidung der Berliner Konferenz als eine obligatorische und sind der Ansicht, daß der Schiedsgerichtsvorschlag nur darauf hinaus⸗ laufe, die Frage zu verwirren, und daß eine Kriegserklärung nicht zu vermeiden sein werde. Die militärischen Vor⸗ bereitungen nehmen mit großem Eifer ihren Fortgang, es sind mehrere militärische Lager gebildet, auch Lebensmittel und Vorräthe werden angeschafft, um gegen 80 000 Mann an der Grenze verpflegen zu können. Wie verlautet, würde die Reserve demnächst zur Fahne einberufen. Die Groß⸗ fürstin Alexandra Petrowna wird hier erwartet. Der Admiral Craemer ist von Neapel hier eingetroffen.

„— 26. Dezember. Die Deputirtenkammer hat in dritter Lesung dem Gesetzentwurfe, betreffend die Konven⸗ tion wegen der bayerischen Schuld ihre Genehmigung ertheilt. Der Minister⸗Präsident Cumunduros hat sich den Vertretern der Mächte gegenüber dahin geäußert, daß die griechische Regierung auf dem durch die einstimmige Entschei⸗ dung der Mächte in der Berliner Konferenz geschaffenen Standpunkte verharren müsse.

Türkei. Konstantinopel, 25. Dezember. (W. T. B.) Dem Vernehmen nach hat der Ministerrath beschlossen, das Schiedsgericht in der griechischen Frage eventuell abzulehnen und die in der türkischen Note vom 3. Oktober cr. zugestandenen Koꝛzessionen aufrechtzuerhalten.

Das „Reutersche Bureau“ meldet von hier unterm 26. d. M.: Die Pforte ist zwar von der Absicht der Mächte benachrichtigt, der Türkei und Griechenland eine Aufforderung zur Unterwerfung unter ihren Schiedsspruch zugehen zu lassen, eine formelle derartige Aufforderung ist der Pforte aber bis jetzt nicht zugegangen. Von der Pforte wurde heute ein neues Rundschreiben berathen, durch welches dem Er⸗ laß einer solchen Aufforderuͤng an die Türkei vorgebeugt wer⸗ den soll. Wie es heißt, würde England eine neue Kon⸗ ferenz unter Zuziehung von Delegirten Griechenlands und der Türkei vorschlagen, wenn der Schiedsgerichtsvorschlag von der Türkei abgelehnt würde.

Die „Agence Russe“ vom 25. bestätigt, daß auch Ruß⸗ land dem Schiedsgerichtsvorschlage zugestimmt hat, unter der Voraussetzung, daß die Türkei und Griechenland das bezügliche Verdikt acceptiren. Die „Agence“ führt weiter aus, daß der von Griechenland in der letzten Zeit erhobene Wider⸗ spruch sich nicht auf dieses Schiedsgerichtsprojekt beziehe, sondern auf das von der Pforte erhobene Verlangen einer Vermittelung der Mächte. Der zum Vertreter Rußlands in Bukarest ernannte Fürst Urussoff geht morgen auf seinen Posten ab.

Auch das „Journal de St. Pétersbourg“ meldet, daß die russische Regierung sich zu Gunsten des Projekts eines europäischen Schiedsgerichts in der griechisch⸗ türkischen Grenzfrage ausgesprochen habe und zwar unter dem Vorbehalt, daß das Schiedsgericht von den sechs Großmächten, sowie von den streitenden Parteien angenommen werde, wobei die Letzteren von vornherein ihre Unterwerfung unter den Schiedsspruch zu versprechen hätten.

Aus Paris, 24. Dezember, meldet EE1168 Der Vorschlag, für die türkisch⸗griechische Frage durch schiedsgerichtlichen Ausspruch der sechs europäischen Großmächte beunruhigenden Eventualitäten vorzubeugen, dürfte als im Prinzip von allen Großmächten angenommen gelten. Ueber die Kautelen betreffs der vorherigen Zustimmung Griechen lands und der Türkei, sowie über das Abstimmungsverfahren werden die Verhandlungen unter den Mächten wohl auch z allseitiger Uebereinstimmung führen. Sobald Alles sormell in dieser Richtung erledigt ist, werden die Aufforderungen an die Türkei und Griechenland Seitens der einzelnen Mächte erfolgen, wie denn auch für die weitere Behandlung der An⸗ gelegenheit die Korrespondenz von Macht zu Macht in Aus⸗ sicht genommen ist, während die Form von Konferenzverhan lungen bis jetzt von keiner Seite angeregt ist.

Rumänien. Bukarest, 18. Dezember. Der „Pol. C.“ wird von hier geschrieben: „Die Gründe, welche den Meu chel⸗ mörder Petraru das Messer gegen Bratiano erheben ließen, sind noch nicht vollständig aufgeklärt. Doch gewinnt es nach den allerdings nur mit großer Vorsicht aufzunehmen den Berichten über eine dem Attentate angeblich zu Grunde liegende Verschwörung immer mehr und mehr den Anschein, daß Petraru seine That im Einverständnisse mit einigen cat linarischen Existenzen zur Ausführung brachte, gegen Bratiano aus persönlichen Rücksichten sinnten Manne ein geeignetes Werkzeug zur Förderun ihrer Umsturzpläne erblickten. Besonders kompromittirt er⸗ scheinen die Herausgeber zweier Blätter, von welchen der „Resboiul“ früher im Solde der Partei G. M. Sturdza's stand und seit jeher eine antidynastische Haltung beobachtete, während sich der erst seit Kurzem bestehende „Inainte“ schon bei seinem Erscheinen als sozialdemokratisches Proletarier⸗ Organ ankündigte. Vom „Resboiul“, den man zum Unter⸗ schiede von einem zweiten Blatte Rücksicht auf den Namen seines Herausgebers Grandea ge⸗

welche in dem feindlich g

wöhnlich als „Resboiul⸗Grandea“ zu bezeichnen pflegt, wußte

man, daß er für fremdes Geld nicht unempfindlich war und hier und da sehr vöö zum Nihilismus bekundete, während der „Inainte“ des ehemaligen Kapitäns Dunka die Kom⸗

gleichen Namens und mit

mune und die rothe Republik als die lohnendsten Ziele politischen Beide Blätter zeigten sich übrigens vom Fünt und führten die

Strebens hinstellte. glühendsten Hasse gegen Oesterreich er Polemik gegen die Regierung in einem Tone, welcher jedem

Selbstverständlich werden die Untersuchungen gegen Petraru und gegen die wegen Verdachtes der Mitschuld eingezogenen Persönlichkeiten in aller Stille und mit voller Wahrung des Amtsgeheimnisses durchgeführt, so daß alle diesbezüglich ver⸗ lautbarten Meldungen nur den problematischen Werth mehr oder minder unverläßlicher Kombinationen besitzen.“

Demselben Blatt berichtet man von Galatz, 23. De⸗ zember: „Von Seiten der Delegirten Oesterreich⸗Ungarns, Deutschlands und Italiens bei der europäischen Donau⸗ kommission wurde für die Commission mixte die Ent⸗ scheidung aller Fragen durch Majorität und im Falle der Stimmengleichheit die Anerkennung der entscheidenden Stimme des Präsidenten; von Seiten des großbritannischen Delegirten die Entscheidung durch Unanimität mit Reserve eines allen Regierungen zustehenden Appellationsrechtes an die euro⸗ päische Donaukommission gegen alle Beschlüsse der Com- mission mixte; von Seiten des russischen Delegirten endlich die Entscheidung durch Unanimität mit dem Appellations⸗ rechte aller Mitglieder der Commission mixte an einen ständi⸗ gen Ausschuß der Commission européenne angeregt. Der deutsche Delegirte brachte dann einen Vermittelungsvorschlag in folgendem Sinne ein: In administrativen Fragen, Majo⸗ rität mit dirimirender Stimme des Präsidenten im Falle von Stimmengleichheit; in prinzipiellen Fragen, Unanimität mit Rekurs an die europäische Donaukommission im Falle der Nichtübereinstimmung. Die meisten Delegirten sprachen sich für diese Theilung der Geschäfte aus. Der vom englischen Delegirten angeregte Appell scheint nicht recht präzisirt worden zu sein, und es schien, daß es sich hier nur um ein Rekla⸗ mationsrecht handle“.

Serbien. Belgrad, 24. Dezember. (Pol. C.) Für Mai 1881 wird die Einberufung einer großen Skupschtina in Aussicht genommen. Derselben werden, sicherem Vernehmen nach, Vorlagen bezüglich mehrerer Verfassungsänderungen zugehen, worunter die wichtigste jene sein dürfte, welche den Staatsbeamten und Advokaten das passive Wahlrecht zugesteht und so der Intelligenz des Landes den Ein⸗ gang in dessen parlamentarische Vertretung ermöglichen wird. Eine der wichtigsten und gleichzeitig schwierigsten Aufgaben, denen die füsrftliche Regierung in dem annektirten Gebiete begegnete, war zweifelsohne die Lösung der Agrarfrage. Wie in der europäischen Türkei überhaupt, so stand auch in den zu dem Fürstenthum geschlagenen Kreisen von Nisch, Leskovac, Wranje und Pirot das Feudalwesen in seiner traurigsten Abart in voller Blüthe. Mußte schon dieses ungesunde, den Keim gefährlicher sozialer Zustände in sich bergende bkonomische Verhältniß die Regierung veranlassen, an die Regelung der agrarischen Verhältnisse in Neu⸗Serbien zu gehen, so wurde ihr auch durch andere höhere Rücksichten die Nothwendigkeit dieses Reformwerkes gebieterisch auferlegt. Es hat darüber längere Zeit hindurch ein vergeblicher Notenwechsel zwischen der ser⸗ bischen und der türkischen Regierung stattgefunden. In jüngster Zeit that die Pforte Schritte bei den Vertrags⸗ mächten, um eine europäische Intervention eintreten zu lassen. Die serbische Regierung säumte nicht, die großen Kabinete ver⸗ mittelst eines vom 22. Oktober datirten Memoires über den ganzen Stand der Angelegenheit zu unterrichten und das Recht Serbiens, die agrarischen Reformen in Angriff zu nehmen zu

erhärten.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 24. De⸗ zember. (W. T. B.) Eine Mittheilung des „Golos“ be⸗ stätigt, daß der Finanz⸗Minister Abasa vom 1. Januar k. J. ab den Zoll für importirtes Salz für die Häfen der Ostsee und des Schwarzen Meeres von 38 ½ auf 20 Kopeken per Pud und für die Häfen des Weißen Meeres von 22 auf 12 Kopeken per Pud herabzusetzen beabsichtige, wenn die Er⸗ höhung des Zolls auf vom Ausland importirte Waaren um 10 Prozent die Genehmigung erhalte. Ferner soll der seit⸗ herige Satz der Lagermiethe für ausländische Waaren in den Kronspeichern um das Doppelte erhöht werden.

25. Dezember. (W. T. B.) Die Erhöhung der Importzölle um zehn Prozent ist genehmigt. Die betref⸗ fenden, demnächst zu publizirenden Bestimmungen hierüber sowie über Herabsetzung des Salzimportzolls treten leich⸗ mäßig mit dem neuen Jahre in Kraft.

26. Dezember. (W. T. B.) Die Meldung des „He⸗ rold“ aus Orechow, nach welcher in der Nähe der Station Slawgorod der Losowo⸗Sebastopoler Eisen bahn in einer Scheune ein Tunnel entdeckt sein sollte, wird offiziell als unwahr bezeichnet.

Telegramme aus Kischineff und Odessa melden, daß dort gestern Abend um 7 Uhr ein ziemlich heftiges, eine Se⸗ kunde anhaltendes Erdbeben stattgefunden hat.

27. Dezember. (W. T. B.) Nach dem „Golos“ steht der Erlaß einer Verordnung über den Modus der Tilgung der Staatsschuld bei der Reichsbank bevor, worin bestimmt sein soll, daß die Tilgung der Schuld vom 1. Januar k. J. ab mit 50 Millionen jährlich zu bewirken sei. Durch das Ergebniß der bevorstehenden Erhöhung der Gilden⸗ und Zollsteuer würde nicht allein der durch die Abschaffung der Salzaccise und die Herabsetzung des Salzzolles entstehende Ausfall gedeckt, sondern auch noch ein Ueberschuß der Staats⸗ einnahmen von etwa 2 Millionen erzielt werden.

—,. (St. Pet. Ztg.) Der „Reg. Anz.“ schreibt: Die chinesische Regierung hat, wie der interimistische General⸗ Gouverneur von Westsibirien mittheilt, für Beleidigungen, welche den Mitgliedern der gelehrten Expedition Potanins und einem in dieser Angelegenheit behufs Erörterungen ab⸗ kommandirten Offizier zugefügt worden, Genugthuung ge⸗ währt. Der ehemalige Führer der Kalmücken vom Schwarzen Irtysch, Ttschogan⸗Kegen, ist einer in Tschugutschak publizir⸗ ten Verfügung zufolge seiner Würde, seines Postens und aller Auszeichnungen für verlustig erklärt und degradirt wor⸗ den. Diese Maßregelung war die Folge energischer Vorstel⸗ lungen der russischen Regierung in Peking. 8

Neichstags⸗Angelegenheiten.

Weimar, 25. Dezember. (W. T. B.) Der Reichstags⸗ abgeorenete für Weimar, von Schwendler, ist heute früh nach längerer Krankheit gestorben. ““

LELandtags⸗Angelegenheiten.

Dem Hause der Abgeordneten liegt folgender Entwurf eines Gesetzes, betreffend den Erwerb und weiteren Ausbau

ves. der Rhein⸗N. »Eisenbahn, vor: anständigen Leser Abscheu und Verachtung einflößen mußte. Wir A. ahe⸗Eisen

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ꝛc. verordnen, unter Zustimmung beider Häuser des Landtags der Mon⸗ archie, was folgt: 1

1 Unter Genehmigung des beigedruckten Vertrages, betreffend den Uebergang des Rhein⸗Nahe⸗Eisenbahnunternehmens auf den Staat vom 17./25. November 1880, wird die Staatsregierung zur Ausgabe von Staatsschuldverschreibungen in demjenigen Betrage ermächtigt, welcher erforderlich ist, um die Mittel 1) zur Deckung des an die Aktionäre der Rhein⸗Nahe⸗Eisenbahn⸗ gesellschaft für die Abtretung ihres Aktienbesitzes an den Staat in Gemäßheit des Eingangs bezeichneten Vertrages zu zahlen⸗ den Kaufpreises von insgesammt.... 6 251 760 2) zur Vervollständigung der Anlagen der Rhein⸗ 8 Nahe⸗Eisenbahn, insbesondere zur Durchfüh⸗ rung des zweiten Geleises, bis zum Betrae vvn 3 750 000 10 001 760

zusammen von

aufzubringen.

8 §. 2.

Der Minister der öffentlichen Arbeiten und der Finanz⸗Minister werden ermächtigt, demnächst die Aaflösung der Rhein⸗Nahe⸗Eisen⸗ bahngesellschaft nach Maßgabe des im §. 1 bezeichneten Vertrages herbeizuführen und bei der Auflösung innerhalb der im §. 1 sub 1 Summe den Kaufpreis für den Erwerb der Bahn zu zahlen.

Der Finanz Minister wird ferner ermächtigt, die bisher begebenen Anleihen dieser Geselschaft zum Bctrage von 24 750 000 ℳ, soweit dieselben nicht inzwischen getilgt sind, zur Rückzahlung, beziehungs⸗ weise zum Umtausche gegen Staatsschuldverschreibungen zu kündigen, auch die hierzu erforderlichen Geldbeträge durch Veräußerung eines E““ Betrages von Staatsschuldverschreibungen aufzu⸗ ringen.

Ueber die Ausführung der im §. 2 getroffenen Bestimmungen hat die Staatsregierung dem Landtage bei jedesmaliger Vorlage des Etats der Eisenbahnverwaltung Rechenschaft zu geben.

4

Wann, durch welche Stelle und in welchen Beträgen, zu welchem Zinsfuße, zu welchen Bedingungen der Kündigung und zu welchen Kursen die Schuldverschreibungen verausgaͤbt werden sollen (§§. 1 und 2), bestimmt der Finanz⸗Minister.

Im Uebrigen kommen wegen Verwaltung und Tilgung der Anleihe, wegen Annahme derselben als pupillen⸗ und depositalmäßige Sicherheit und wegen Verjährung der Zinsen die Vorschriften des Gesetzes vom 19. Dezember 1869 (Gesetz⸗Samml. S. 1197) zur Aimppendung. 8 11u“ 8

Jede Verfügung der Staatsregierung über die im §. 1 bezeich⸗ nete Eisenbahn durch Veräußerung bedarf zu ihrer Rechtsgültigkeit der Zustimmung beider Häuser des Landtages. Alle dieser Vorschrift entgegen einseitig getroffenen sind rechtsungültig.

Die Ausführung dieses Gesetzes wird, soweit solche nach den Be⸗ stimmungen der §§. 1 bis 3 nicht durch den Finanz⸗Minister erfolgt, dem Minister der öffentlichen Arbeiten übertragen.

Urkundlich ꝛc.

Vertg.

betreffend den Uebergang des Rhein⸗Nahe⸗Eisenbahnunternehmens auf den Staat vom 17./25. November 1880.

Zwischen der Königlichen Staatsregierung, vertreten durch den Geheimen Ober⸗Regierungs⸗Rath Rapmund und den Geheimen Re⸗ gierungs⸗Rath Sipman, als Kommissarien des Ministers der öffent⸗ lichen Arbeiten, und den Geheimen Finanz⸗Rath Schmidt, als Kom⸗ missarius des Finanz⸗Ministers, einerseits und den Mitgliedern des Verwaltungsausschusses, Vorsitzender Stöck, Kommerzien⸗Rath Köster und Dr. Hesdörffer, als den durch Beschluß der Gen ralversammlung vom 8. November d. J. für den Abschluß dieses Vertrages bestellten Kommissarien der Rhein⸗Nahe⸗Eisenbabngesellschaft, anderseits, ist unter dem Vorbehalte der landesherrlichen Genehmigung sowie nach erfolgter Zustimmung der Generalversammlung der Aktionäre der ““ Eisenbahngesellschaft folgender Vertrag abgeschlossen worden:

1 Der Staat ist verpflichtet, spätestens vier Wochen nach Publi⸗ kation dieses Vertrages in der Gesetzsammlung den Aktionären der Rhein⸗Nahe⸗Eisenbahngesellschat gegen Abtretung ihrer Rechte, d. h. gegen Einlieferung ihrer Aktien nebst zugehörigen Talons und Divi⸗ dendenscheinen für das Betriebsjahr 1880 und folgende, einen Kauf⸗ preis von 144 für je eine Stammaktie anzubieten und sofort

nach Aushändigung der Aktien zu zahlen. Für jeden fehlenden Di⸗ videndenschein werden 12 in Abzug gebracht. Die Auszahlung der zurückbehaltenen Beträge erfolgt jährlich nach Feststellung des Rechnungsabschlusses. Soweit jedoch eine Dividende auf den be⸗ treffenden Dividendenschein entfallen ist, wird dieselbe von dem zu erstattenden Betrage in Abzug gebracht und erst dann gezahlt, wenn der betreffende Dividendenschein nicht innerhalb der fünfjährigen Verjährungsfrist präsentirt ist.

Die Bekanntmachung des Angebots erfolgt in den Gesellschafts⸗ blättern. Dieselbe ist sechsmal in Zwischenräumen von Einem Monat zu wiederholen. Zu dem Verkaufe wird der Staat eine Frist von mindestens einem Jahre bewilligen.

Den Mitgliedern des Verwaltungsausschusses bleibt der Verkauf

der von ihnen gemäß §. 38 der Gesellschaftsstatuten deponirten

Aktien his zur Beendigung der im §. 2 vorgesehenen Liquidation

vorbehalten.

Der Staat wird in Höhe der angekauften Aktien Aktionär der Gesellschaft und übt als solcher nach Maßgabe seines Besitzes an Aktien das ihm zustehende GG aus.

Nach Ablauf der für den Ankauf der Aktien gegebenen einjäh⸗ rigen Frist ist der Staat berechtigt, zu jeder Zeit das Eigenthum der Rhein⸗Nahe⸗Eisenbahn mit ihrem gesammten unbeweglichen und beweglichen Zubehör, insbesondere mit ihrem Betriebsmaterial, über⸗ haupt mit allen an dem Unternehmen der Rhein⸗Nahe⸗Eiseabahn haftenden Rechten und Verpflichtungen zu erwerben und die Auf⸗

lösung der Rhein⸗Nahe⸗Eisenbahngesellschaft ohne Weiteres herbei⸗

zuführen.

Falls der Staat sich hierzu entschließt, hat er

1) die Priofttäzzanlelden sowie alle sonstigen Schulden der Rhein⸗Nahe⸗Eisenbahngesellschaft als Selbstschuldner zu übernehmen;

2) aun die Liquidatoren eiven Kaufpreis von eintausend Mark behufs statutenmäßiger Vertheilung an die Aktionäre zu überweisen.

Die Aktionäre sind demnächst durch die Gesellschaftsblätter aufzu⸗ fordern, binnen einer Frist von 3 Monaten ihre Aktien an die Ge⸗ sellschaftskasse gegen Empfangnahme ihres Antheils an dem Liqui⸗ dationserlöse abzuliefern. Bei Einlösung der Aktien sind die nicht fälligen Dividendenscheine mit einzuliefern. Die nach Ablauf der angegebenen dreimonatlichen Frist nicht abgehobenen Beträge werden mit der Maßgabe bei der gesetzlichen Hinterlegungsstelle eingezahlt, daß die Auszahlung nur gegen Rückgabe der Aktien oder auf Grund eines die Aktien für kraftlos erklärenden rechtskräftigen Ausschluß⸗ urtheiles erfolgen darf.

Die Liquidation erfolgt für Rechnung des Staates von der mit der Verwaltung des Unternehmens betrauten Königlichen Behörde.

Sofern zur Uebertragung des Grundeigenthums der Gesellschaft an den Staat noch besondere Rechtshandlungen erforderlich sind, ver⸗ bhschtet sich die Rhein⸗Nahe⸗Eisenbahngesellschaft zur Vornahme erselben.

Die Rhein⸗Nahe⸗Eisenbahngesellschaft ist nicht berechtigt, in an⸗

derer Weise ihre Auflösung zu beschließen, den Gegenstand ihres Unternehmens zu ändern oder auszudehnen oder Bestandtheile ihres

igenthums zu veräußern oder zu verpfänden oder ihr Grundkapital durch die Emission der noch unbegebenen Aktien resp. des noch unbe⸗ gebenen Restes der zweiten Prior ütsanleibe zu erhöhen.

Mit der Perfektion dieses Vertrages gehen unter Aufhebung des §. 45 Alinea 2 der Gesellschaftsstatuten auf die mit der Verwaltung des Unternehmens betraute Königliche Behörde alle in dem durch Allerhöchste Ordre vom 4. September 1856 bestätigten Gesellschafts⸗ statute und dessen Nachträgen den Generalversammlungen und dem Verwaltungsausschusse beigelegten Befugnisse über, soweit nicht durch diesen Vertrag etwas Anderes festgesetzt ist.

Ingleichen vertritt sie die Rhein⸗Nahe⸗Eisenbahngesellschaft be⸗ züglich aller derselben zustehenden Berechtigungen und obliegenden Verpflichtungen und übt namentlich alle Befugnisse aus, welche ge⸗ setzlich dem Vorstande einer Aktiengesellschaft zustehen.

Für die Folge hat die Rhein⸗Nahe⸗Eisenbahngesellschaft ihren Sitz und Gerichtsstand im Domizile der gedachten Königlichen Be⸗ börde. Gegenüber den bisherigen Prioritäts, und sonstigen Gläubigern der Rbein⸗Nahe⸗Eisenbahngesellschaft behält es bei einem vor Abschluß dieses Vertrages etwa schon begründeten Gerichtsstande sein Bewenden.

Der Verwaltungsausschuß der Gesellschaft besteht, sobald der Vertrag perfekt geworden ist, aus denjenigen Personen, welche zu dem gedachten Zeitpunkte Mitglieder desselben sind. Die Zahl der Mitglieder des Verwaltungsausschusses wird in der Weise allmählich auf fünf reduzirt, daß in Fällen des Ausscheidens einzelner Mit⸗ durch Tod oder freiwilligen Austritt eine Neuwahl unter⸗

eibt.

Der Verwaltungeausschuß hat zugleich das Interesse der Rhein⸗ Nahe⸗Eisenbahngesell schaft gegenüber dem Staate, soweit es sich um die Erfüllung dieses Vertrages handelt, wahrzunehmen und gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten. 4

§. 4. „Die Amortisation von Aktien und Talons erfolgt künftighin lediglich nach den Bestimmungen und Fristen der Deutschen Civil⸗ prozeßordnung.

„Für die Vereinigung des Rhein⸗Nahe⸗Eisenbahnunternehmens mit anderen Staats⸗ oder vom Staate verwalteten Eisenbahnstrecken zu einer gemeinsamen Verwaltung gelten vom 1. April 1881 ab be⸗ züglich der Vertheilung der gesammten Betriebsausgaben der ver⸗ einigten Bahnen diejenigen Bestimmungen, welche im §. 13 des Statutnachtrages der Cöln⸗Mindener Eisenbahngesellschaft vom 20. Juni 1868 für die Betheiligung der Venlo⸗Hamburger Bahn an den Betriebsausgaben des Geestgehette. vereinbart sind.

Der Gesellschaft gegenüber bestehende Rechte der bei der Rhein⸗ Nahe⸗Bahn beschäftigten Beamten erleiden durch diesen Vertrag keine Aenderung.

7. Dieses Abkommen wird hinfällig, wenn zu demselben die landes⸗ herrliche Genehmigung nicht bis zum 1. April 1881 erlangt worden ist. 8, 8

Ddie Bestimmungen dieses Vertrages sollen nach dessen Perfektion für die Rhein⸗Nahe⸗Eisenbahngesellschaft die Geltung statutarischer Destimmungen haben, so daß also dieser Vertrag als Nachtrag zum Gesellschaftsstatute anzusehen ist.

§. 9.

Der Staat ist berechtigt, alle für ihn aus diesem Vertrage her⸗ E1““ Rechte und Verpflichtungen auf das Reich zu über⸗ ragen.

§. 10.

Deerr Stempel dieses Vertra es bleibt außer Ansatz.

Berlin, den 17. November 1880. ““

8 (L. S.) Rapmund. Sipman. Schmidt.

Gemäß Beschluß und Auftrag der außerordentlichen General⸗ versammlung der Aktionäre vom 8. November 1880. 11.“

Die für den Vertragsabschluß bestellten Kommissarien.

Jos. Stöck. Wilh. Köster. Dr. jur. Julius Hesdörffer.

Deer unter eichnete in der Stadt Creuznach an der Nahe woh⸗ nende Königlich preaßische Notar Hermann Wellenstein attestirt hiermit unter Beidrückung seines Amtssiegels, daß die ihm nach Namen, Stand und Wohnort bekannten Herren, nämlich:

a. Joseph Stöck senior, Kaufmann, in Creuznach wohnhaft,

b. Wilhelm Köster, Kommerzien Rath, in Frankfurt am Main G wohnhaft, c. Julius Hesdörffer, doctor juris,

Main wohnhaft, sämmtlich als Mitglieder des Verwaltungsausschusses der zu Creuznach domizilirenden Rbein⸗Nahe⸗Eisenbahngesellschaft und als Kommissarien der Generalversammlung zum Abschlusse des Ver⸗ trags, durch ihre eigenhändige Unterschrift den vorstehenden Vertrag vollzogen haben, und daß dieser Vertrag in zwei Exemplaren aus⸗ gefertigt und Jedem der kontrahirenden Theile ein gleichlautende Exemplar behändigt worden ist. Crreuznach, den 25. November 1880. (L. S.) Wellenstein.

ebenfalls in Frankfurt am

Nr. (2 des Amtsblatts des Reichs⸗Postamts hat folgenden Inhalt: Verfügungen: Vom 16. Dezember 1880. Zurück⸗ forderung von Briefen im Verkehr mit den Vereinigten Staaten von Amertka. Vom 20. Dezember 1880. Statistik über den Post⸗ auftragsverkehr mit Luxemburg.

Archiv für Post und Telegraphie. Beiheft zum Amtsblatt des Reichs⸗Postamts. Herausgegeben im Auftrage des Reichs⸗Postamts. Nr. 23. Dezember 1880. Inhalt: Aktenstücke und Aufsätze: Postpacketbeförderung in Niederland. Das spanische Telegraphenwesen im Jahre 1878. Ueber die Gebrauchsdauer der im Deutschen Reichs⸗Telegraphengebiete verwendeten Telegraphen⸗ stangen. Der Bollée'sche Dampfwagen. Enecpklopädisches fran⸗ zoͤsich⸗deutschrs und deutsch⸗französisches Wörterbuch von Sachs. Zum fünfzigjährigen Bestehen der Königlichen Museen in Berlin. Kleine Mittheilungen: Kabel durch den Gotthard⸗Tunnel. Die Post, und Telegraphenverwaltung von Victoria im Jahre 1879. Medaille auf Herrn v Nagler. Wirkungen des Blitzschlages in einem Telegraphenkabel. Literatur des Verkehrswesens: Die Geschichte und Entwickelung des elektrischen Fernsprechwesens. Zeitschriften⸗Ueberschau.

Statistische Nachrichten.

Summarische Uebersicht über die Zahl der Studi⸗ renden auf der Königlichen Friedrich⸗Wilhelms⸗Uni⸗ versität zu Berlin im Winter⸗Semester 1880/81. A. Im Som⸗ mer⸗Semester 1880 sind immatrikulirt gewesen 3365. Davon sind abgegangen 925. Es sind demnach geblieben 2440. Dazu sind in diesem Semester gekommen 1667. Die Gesammtzahl der immatriku⸗ lirten Studirenden beträgt daher 4107. Die theologische Fakultät ählt Preußen 248, Nichtpreußen 36, zusammen 284. Die juristische Fakultät zäͤhlt Preußen 1155, Nichtpreußen 192, zusammen 1347. Die medizinische Fakultät zählt 8 490, Nichtpreußen 95, zusammen 585. Die philosophische Fakultät zählt: a. Bserßen mit dem Zeugniß der Reife 1331, b. Preußen ohne Zeugniß der Reife 180 = 1511. c. Nichtpreußen 380, zusammen 1891⁄. Sind obige 4107. B. Außer diesen immatrikulirten Studirenden hören die Universitäts⸗Vorlesungen: 1) Nicht immatrikulationsfähige Preußen und Nichtpreußen, welche von