An der Berathung der Vorlagen in einer Kommission werde seine Partei sich bereitwillig hetheiligen, ohne hieraus jedoch einen Schluß auf ihre Zustimmung zu den Vorlagen selbst ziehen zu lassen. Der Abg. Dr. Loewe (Bochum) bemerkte, man sei in Deutschland mit den direkten Steuern noch nicht auf dem Punkt angelangt, daß sie ganz unerträglich wären; aber Jeder⸗ mann sage doch schon, was der Staat verlange, wolle man zaͤhlen; aber wenn der Bürgermeister mit den Schullasten u. s. w. komme, das sei unbequem. Man habe in Deutsch⸗ land das kühne Experiment gemacht, einen monarchischen Föderativstaat zu begründen; man stehe in Deutschland auf dem Boden von Verträgen. Deshalb habe man das große Interesse, das Reich so zu stellen, daß es nicht blos seine Be⸗ dürfnisse selbst decken könne, sondern wie früher der Zollverein, en Einzelstaaten etwas herauszahlen könne. Auch er sei für Entlastung der unteren Stufen der Klassensteuer. Bei der Entlastung der Kommunen, wie sie jetzt beabsichtigt sei, werde man nicht stehen bleiben können. Der Reichskanzler habe ja öfter durchblicken lassen, daß derselbe auch einer Wiedereinführung der Schlacht⸗ und Mahlsteuer nicht abhold sei. Dagegen müsse er (Redner) aber entschieden Verwahrung einlegen; durch eine solche Steuer würden nicht nur Erwachsene, sondern schon die Kinder zum Schmuggel herangebildet, sie sei die unmoralischste Steuer, die er kenne. Ihrer Abschaffung habe man es zu verdanken, daß, trotzdem in den letzten Jahren eine bedeutende Preis⸗ steigerung auf allen Gebieten stattgefunden habe, das Roggen⸗ brod nicht theurer geworden sei. Das Weizenbrod habe ja nie einen festen Preis und könne hier nicht in Betracht kom⸗ men. Wenn man aber von einer Erleichterung und Ueber⸗ weisung spreche, so müsse man sich Avor llem klar werden, wem Steuern zu erlassen seien und wem die Erträge zu über⸗ weisen seien. Man habe die Auswanderung mit Recht als ein bemerkenswerthes und beklagenswerthes wirthschaftliches Symptom hervorgehoben. Aber woraus setze sich der Aus⸗ wandererstrom zusammen? Nur zum kleinsten Theile aus Fabrikarbeitern, vielleicht aus einer sehr geringen Zahl von abgewirthschafteten Handwerkern, einigen Doktoren u. s. w., zum allergrößten Theile aber werde der Strom aus der ländlichen Bevölkerung gebildet, und zwar aus Landestheilen stammend, die ohnehin schwach bevölkert seien. Worauf weise dies hin? Auf einen Nothstand in den länd⸗ lichen Verhältnissen. In der That fehle es dort auf dem Lande an der so nothwendigen Möglichkeit der Schaffung von dauerhaftem Grundbesitz. Sehr erfreulich sei es, daß der Reichskanzler hervorgehoben, wie sehr er (der Neichskanzler) sich für Besserung dieser Verhältnisse interessire. Das Ziel, die Erleichterung der ärmeren Klassen herbeizuführen, werde wohl allseitig gebilligt; denn namentlich der kleinere Grund⸗ besitz, der Bauernstand, leide am meisten durch die direk⸗ ten Steuern; an diese Klasse müsse man namentlich denken. Deshalb müsse er sich auch gegen die Wehrsteuer erklären, die das platte Land doppelt ungerecht treffen werde. Ein⸗ mal würden der Landwirthschaft schon viele Kräfte entzogen, dann wolle man auch noch die Zurückgebliebenen besteuern. Namentlich ungerecht wirke die Steuer auf die Ersatzreservisten, welche jetzt nicht mehr ganz militärfrei seien und für welche
—
der wirthschaftliche Vortheil der Befreiung vom Militärdienst auf⸗ höre. Die Brausteuer könne nur unter gleichzeitiger Erhöhung der Branntweinsteuer erhöht werden. Wenn er auch die Bier⸗ bummelei nicht für einen Vortheil halte, so müsse er doch sagen, das Bier habe in der Verdrängung des Branntweins erhebliche Dienste geleistet. Merkwürdig sei es, daß dem Reichstag ein Gesetz vorgelegt werde, welches den Branntweingenuß indirekt fördere, und zugleich ein Gesetz gegen die Trunksucht. Wenn ein Gesetz, wie das letztere nothwendig sei, dann sollte man sich doch bedenken, das bessere Getränk, das Bier, theurer zu machen. Eine Bestimmung des Brausteuergesetzes halte er allerdings für empfehlenswerth, und vielleicht lasse sie sich ab⸗ sondern, nämlich das Verbot der Surrogate. Das Gesetz über die Stempelabgaben enthalte, abgesehen vom Quittungs⸗ stempel, nur eine Ausgleichung in der Besteuerung; er könne es deshalb acceptiren. Aber sonst müsse er sagen: es sei kein Moment vorhanden, welches den Reichstag dränge, neue Steuern zu bewilligen; derselbe habe ja noch nicht einmal er⸗ fahren, wie die bereits bewilligten Steuern wirkten.
Der Abg. Wiggers (Parchim) wollte auf die Denkschrift nicht näher eingehen; sie bringe ja nichts Neues; auch die Rede des Reichskanzlers sei nur eine Wiederholung dessen, was derselbe schon oft gesagt habe. Seine (des Redners) theoretischen Ausführungen über direkte und indirekte Steuern würden auch keine Wirkung auf den Reichskanzler ausüben, denn der Respekt des Reichskanzlers vor der Wissenschaft sei ja nicht bedeutend. Seine Partei würde Steuern und Steuer⸗ erhöhungen nicht verweigern, wenn es sich darum handelte, Bedürfnisse des Reiches zu befriedigen. Dieser Nachweis sei nicht erbracht worden, es würde nur stets gesagt, die Einzelstaaten brauchten Geld. Die Staaten müßten innerhalb ihrer eigenen Kompetenz auch die Mittel aufbringen, welche sie brauchten. Viele Einzel⸗ staaten hätten geglaubt, daß man die Ueber⸗ schüsse im Reiche zur Beseitigung der Matrikularbeiträge ver⸗ wenden wollte; diese Hoffnung sei unerfüllt geblieben. Die Pläne des Reichskanzlers seien so umfassend; derselbe beab⸗ sichtige ja auch eine Alters⸗ und Invalidenversorgung; aber die Denkschrift über die Reform der Steuern sei so dürftig, daß man damit nicht zufrieden sein könne. Von einem Steuer⸗ reformplan verlange er, daß man in Biffern ausdrücke, was man einnehmen und was man davon bestreiten wolle. Welche Steuern sollten denn noch kommen, um Alles zu decken? Das Tabaksmonopol, vielleicht auch das Zuckermonopol. Man sei auf einen schlimmen Weg gerathen, der zum Staatssozialismus führe. Wenn das Reich immer weitere Verpflichtungen auf sich nehme, immer größere Mittel beanspruche und alles in seiner Hand konzentrire, die Eisenbahnen, die Versicherung ec., wenn einmal ein Krieg die Maschine ins Stocken bringe, wenn die Einnahmen ausblieben, was solle dann daraus werden? Wie sollten die Verbindlichkeiten Deckung finden? Dann werde ein Krach kommen, wie man noch niemals einen wirthschaft⸗ lichen Krach erlebt habe. Der Abg. Stumm habe neulich ein Körnchen Wahrheit in dem Satze entdeckt, daß die Prinzipien des Freihandels und der Fortschrittspartei zum Nihilismus und zur Sozialdemokratie führten; esliege aber ein großes Korn Wahrheit darin, wenn man behaupte, daß die Bestrebungen der Sozialdemokraten und des Reichskanzlers nahe verwandt
seien.
sie verschiedener Meinung. Vielleicht erlebe man es noch, daß die Herren, welche das Sozialistengesetz gemacht hätten, selbst unter dasselbe gestellt würden. Eine Erleichterung der Steuern sei in keinem Einzelstaate eingetreten. 1 eine Politik der Ueberweisung von Reichsmitteln an die
Einzelstaaten voraus, daß in allen Staaten konstitutionelle
Verfassungen seien; das sei aber nicht der Fall. In Mecklen⸗
burg z. B. habe die Bevölkerung keinen Einfluß auf die Fest⸗ stelung des Etats; die vom Reiche kommenden Ueberschüsse Er halte es für ein falsches finanzielles System, wenn man die Einzelstaaten auf
flössen in die Großherzogliche Kasse.
2
die ungewissen Summen, welche sie vom Reiche erhalten sollten, ·- Wenn man die Einzelstaaten in dieser Beziehung allzusehr vom Reiche abhängig mache, so hebe man den Bundes⸗
hinweise.
staat auf und setze den Einheitsstaat an seine Stelle. Die
Stempelabgabe⸗Vorlage habe man mit dem populären Namen „Börsensteuer“ belegt; das sei sie aber nicht, denn die Börse Könnte man die Börse treffen, dann würde auch er gegen eine solche Steuer nichts
werde diese Abgaben nicht zahlen.
haben. Jetzt müsse er sie verwerfen.
Der Präsdent zeigte den Eingang eines Antrages des 8 Abg. von Benda an, die Vorlagen mit der Denkschrift einer
Kommission von 21 Mitgliedern zu überweisen. Ein Vertagungsantrag wurde angenommen. 1 Der Abg. Dr. Lasker bemerkte (persönlich), er habe den
Tabak allerdings als ein steuerfähiges Objekt bezeichnet, aber
allerdings hinzugesetzt, man hätte ihn in Deutschland jetzt schon genügend besteuert. direkten Steuern empfohlen, sondern gesagt, man brauche i Deutschland augenblicklich gar keine neuen Steuern. Daß er mit der Denkschrift einverstanden sei, aber sie nur deshalb nicht billige, weil sie von einem politischen Gegner ausgegangen sei, sei aus seiner Rede nicht hervorgegangen; einmal treibe er keine solche persönliche Politik; dann habe er aber auch ausdrücklich ge⸗ sagt, daß er auf die Gedanken der Denkschrift nicht neidisch sei. Wenn der Finanz⸗Minister Bitter bebauptet habe, es be⸗ stände gar kein Plan im Finanz⸗Ministerium, so müsse er bemerken, er habe ihn aus den Zeitungen kennen gelernt und nicht durch irgend welche Indiskretion. Die Herren meinten, wenn sie etwas verschwiegen und amtlich nicht zugeständen, sei es aus der Welt geschafft. In der Denkschrift des Finanz⸗ Ministers, die an die Beamten herumgeschickt werde, stehe das W von dem, was in der Denkschrift des Reichskanzlers ehe. Der Abg. Stumm verwahrte sich gegen die Auffassung seiner (des Redners) Aeußerungen Seitens des Abg. Lasker. Er (Redner) habe nicht gesagt, daß die Vertheuerung de Lebensbedürfnisse des armen Mannes bei der Durchführung der vorliegenden Steuerreform thatsächlich 11 ½ ℳ betragen werde, sondern er habe nur erwähnt, daß dieser Betrag sich herausstellen würde, falls die Prämissen, die von der linken Seite dieses Hauses geltend gemacht würden, richtig seien. 8 vertagte sich das Haus um 4 ½ Uhr auf Dienstag 2
register nimmt ant die Königliche Expediton hen Beutschen Reichs-Anzrigers und Uhniglich renfischen Staats-⸗Anzeigers:
Berliu, S. W. Wilhelm⸗Erraße Nr. 82. m. .
8 * “ Preaß. Etaats⸗Anzeiger und das Cenzal⸗Handels⸗
1. Steckbriefe und Untersuchungo-Sachen. 5. Industrielle Etablizsemente, Fabriken
2. Sabbastationen, Auigebote, Vorladungon u. dergl.
3. Verküufe, Vorpachtungen, Subminst “te.
4. Vorloosutmg, u. s. w. von b̃fcatlichen Papieren.
und Gzouszshandol.
3 .Läterarisckho Anzeizren. mortisation, Zinzvahlung 8 2. Familien-Nazlxichten.]
Subbastationen, Aufgebnte, Vor⸗ 1 ladungen und dergl.
K. Württemb. Amtsgericht Reutlingen. 18880”“ Oessentliche Zustellung.
Emil Heinrich Ludwig Pfundt, Bluchbinder,
Adolph Kächele, Rothgerber, sämmtlich hier, klagen und gegen die ledige volljährige Lisette Göbel von hier, nun abwesend mit unbekanntem Aufenthaltsort, n Schadensersatz aus einem zum Nachtheil der Kläger begangenen Diebstahl mit dem Antrage auf Verurtheilung der Beklazten zu Bezahlung von
25 ℳ — ₰ an ꝛc. Pfundt,
1 „ = „„.ö8
11 „ 650 „ . [8600] sowie zu Erstattung von Kosten eines erwirkten Arrestbefehls und laden die Beklagte zur münd⸗
8 lun . Schnorr, Groß lichen Verbandlung des Rechtsstreits vor das König⸗ I“ Zen lan haft 1 5 21 4 ibren Namen und
sauf ein Einlagekapital von 127 ℳ 22 ₰ lautende Vormittags 9 Uhr. p Nr. . ver biosigen — asse verloren habe. e hat auf Grund dessen das ser Auszug der Klage bekannt gemacht. ALufgebot der vorbezeichneten Urkunde beantragt. 8 Demgemäß wird der seine Rechte spätestens in dem auf Freitag, den 14. Oktober 1881, Vorm. 10 Uhr, vor dem unterzeichneten Amtsgericht anstehenden Termine an⸗ zumelden und die Urkunde falls die Kraftloserklärung derselben erfolgen wird.
Wetzlar, den 15. März 1881. Königlichet Amtsgericht.
liche Amtsgericht zu Reutlingen auf 828 Dienstag, den 3. Mai 1881,
Zum Zwecke der öffentlichen Zustellung wird die⸗ Reutlingen, den 28. Whtsn 1881. —
ohn, Gerichtsschreiber des Königlichen Amtsgerichts, St.⸗V.
[8887] Aufgebot eines Sparkassenbuchs.
Der Ortsrorstand der Dorfgemeinde Lobez, Kreis Pleschen, hat das Aufgebot des angeblich verloren gegangenen Qutttungsbuchs Nr. 557 der städtischen Sparkasse zu Pleschen über 873 ℳ 30 ₰ Schul⸗ landpachtgelder der Gemeinde Lobez beantragt.
Der Inhaber dieses Quittungsbuches wird daher aufgefordert, spätestens in dem auf den 7. n 1881, Vormittags 11 Uhr, im hiesigen Gerichtsgebäude anberaumten Aufgebots⸗ termine seine Rechte bei dem unterzeichneten Gericht
[8591]
Weber hat das Aufgebot dieses inzwischen ver⸗ loren gegangenen Pfandscheins beantragt. Der unbekannte Inhaber desselben wird auf⸗ gefordert, seine Rechte spätestens in dem auf Dienstag, den 11. Oktober Morgens 9 Uhr, Gustav Adolph Bühler, Posamentier, und Gustav eZ dahier anzumelden en fandschein solcher für kraftles erklärt würde. Den 22. März 1881. Ober⸗Amtsrichter
Zur Beglaubigung: Gerichtsschreiber Bienz.
des Rentiers Peter Wilhelm Mangels zu Odis
gegen den Sechstelhöfner Johann — Söhl zu Mittelstenahe, Bek
—. —
. Verzchiedene Bekanntwachungen.
8. Theater-Anzeigen. In der Börzen- beilage.
Inserate neohmen an! die Annoncen⸗Erpeditionen des „Invalidendank“, Rudolf Mosse, Haafengein & Vogler, G. L. Daube & Co., E. Schlotte, Büttner ⅞α hinter, sowie alle übrigen größeren V. Anusneen-Bureans.
1881,
Ganzen
vorzulegen, widrigenfalls
Buob. dingliche Rechte, insbesondere
Aufgebot.
Osten, den 11. März 1881. Oeltzen.
8888] uihaber derselben aufgefordert, 18883]
& dorf wohnend, vorzulegen, widrigen⸗
In Sachen heim, Klägers,
Steinhänser. agten, gen Forderung,
anzumelden und das Buch vorzulegen, widrigenfalls wird Termin zum öffentlichen meistbietenden Ver⸗ [8832]2) 8
die Kraftlocerklärung des Buches erfolgen wird. Pleschen, den 19. März 1881. I Königliches Amtsgericht. *
—
Rottenburg.
lsror Aufgebot.
Jakob Weber, Weber in Bühl, hat 6. Novbr. 1830 gegen Peter Metzgers Kinder in Reutlingen aus⸗ ecinen Pfandschein über 265 Fl. ausgestellt, welcher am 10. Januar 1854 auf die Pflesscat der Josef Johners Kinder dahier und am 10. Novbr. 1872 an Ludwig Wendelstein dahier übergegangen ist.
werden.
kaufe der dem Schuldner gehörlgen ½⸗Hoöfnerstelle zu Mittelstenahe auf F-enhin 8
Donnerstag, 5. Mal d. J.., 8 . 8 3 Uhr Nachmittags, K 8 im Katt’schen Gasthause zu Mittelstenahe an⸗ beraumt, zu welchem Kaufliebhaber damit geladen
Die zu verkaufende Stelle ist nummer 4 zu Mittelstenahe belegen und besteht
1) einem aus Fachwerk erbauten und mit Stroh bedeckten Wohnhause, enthaltend: 2 Stuben, 2 Kammern,
heerden und landwirthschaftliche Räume,
Gegerwärtig: Amtsrichter Meyer als Richter,
unter Haus⸗ In Sachea,
2 Feuerfächer mit 2 Feuer⸗ väterlicher Gewalt
2) den unter Artikel 4 der Grundsteuermutter⸗ rolle von Mittelstenahe beschriebenen Grund⸗ stücken, Parzellen 20, 21, 135, 136, Karten⸗ blatt 1. Parzellen 95, 135, 138, 139, 140, 303, Kartenblatt 2, Parzelle 54, Karten⸗ blatt 3, Parzelle 4, Kartenblatt 4, von im
14 ha 87 a 92 am und einem
Katastral⸗Reinertrage von jährlich 27 Thaler. Zugleich werden alle Diejenigen, obigen Immobilien Eigenthums⸗,
rechtliche, fideikommissarische, Pfand⸗ und andere 4.
Servituten und
Realberechtigungen zu haben vermeinen, damit ge⸗
laden, solche spätestens im obigen Termine anzu⸗
melden, widrigenfalls für den sich nicht Meldenden
5— se zum neuen Erwerber das Recht ver⸗
189*.. 9 1 oren geht.
Die Ehefrau des Heinrich Wagner, Anna Marie, Der Ausschlußbescheid wird nur durch Anschlag
an der Gerichtstafel bekannt gewacht werden.
Königliches Amtsgericht I.
ee des eee SSn Josef Hubert Berger, Helene Friederike, geb. Reuter, 1 strevie
8 Scehdiingemubl. Bber Bärgermeittre Dässel⸗ Tegel nachstehende Hölzer aus dem Forstrevier Tezel lagt gegen ihren genannten, in st w eahe
Konkurs befindlichen Ehemann, Inhaber der Firma A g; das, see Sel .es Ieese A. Berger, und gegen den Rechtsanwalt Wirtz zu Düsseldorf in seiner Eigenschaft als Konkursver⸗ walter auf Gütertrennung und ladet die Beklagten zur mündlichen Verhandlung des Rechtéstreits vor die I. Civilkammer Königl. Landgerichts zu Düssel dorf auf den 23. Mai 1881, Vormittags 9
gr. Der Gerichtsschreiber des Königl. Landgerichts:
effentliche Sitzung des Königlichen Amtsgerichts Osterholz, den 12. März 1881. 2
Jusliz⸗Anwärter Möllenbrink als Gerichteschreiber.
betreffend das von der Vormundschaft für die un⸗ ehelichen Kinder der unverehelichten Maria Schröder Terminetz bekannt gemacht, können aber wie auch zu Kubstedt, später verelichten Braue in Ostersode,
Vund dem Müller Johann Braue in Ostersode in einer mit seiner weil. Ehefrau Maria, geborene Schröder, gezeugten beiden minder⸗
jährigen Kinder beantragte Aufgehotsverfahken be⸗ züglich der an den Anbauer Johann Blank in Ahrensdorf verkauften Anbauerstelle Nr. 3 in Ahrensdorf und der unter Artikel 3 der Grund⸗ steuer⸗Mutterrolle aufgeführten Immobilien,
erschienen bei Aufruf
1 ꝛc. Vorgelesen, genehmigt. „welche an ist folgendes Ausschlußurtheil verkündet: Näher⸗, lehn⸗ Alle Diejenigen, welche dem Aufgebot vom Januar 1881 zuwider im heutigen Termine Rechte der im Aufgebot bezeichneten Art an den daselbst genannten Grundstücken nicht angemeldet haben, werden hierdurch solcher Rechte im Verhält⸗ niß zum neuen Erwerber der gedachten Grundstück für verlustig erklärt. Beglaubigt: Mener. Möllenbrink. Für den Auszug: 3 Meyer, Amtsrichter.
Verkäufe, Verpachtungen, Gubmissionen ꝛc.
Mittwoch, den 6. April er., Vormittags 10 Uhr sollen im Drewitz'’schen Kaffeehause zu
unter freier Konku renz, öffentlich meistbietend ver⸗
24, 25, 26, 27, 33. Kiefern: 159 Stück Bauholz, 70 Stangen II., 50 do. III. Klasse, ca. 465 rm Kloben, 85 do. Knüppel, 457 do. Stubben, 45 do. Reiser I. Klasse. — Aus dem Belauf Königsdamm Jagen 6, 8, 13, 42, 44, 45, 50, 51. Kiefern: 3 Stück Baubolz, 393 rm Kloben, 100 rm Knüppel, 296 rm Stubben, 1 r1m Reiser I. Klasse. — Birken: 19 Stück Nutzenden, 12 nm Kloben, 2 rm Knüppel, 32 um Reiser III. Klasse. — Erlen: 200 rm Kloben, 149 rm Knüppel, 120 rm Reiser III. Klasse. — Aus dem Belauf Hermsdorf Jagen 84, 85, 86, 96, 97, 107, 111, 112. Kiefern: 27 Stück Bauholz. — Birken: 29 Stück Nutzenden. — Aus dem Belauf Tegelsee Jazen 73. 91, 92. Klefern: 733 Stück Stangen 1I. bis V. Klasse, 16 rm Reiser II. Klasse. — Eichen: 20 rm Reiser II. Klasse. — Birken: 27 Stangen I. und II. Klassc, 19 Stück Nutzenden, 20 m Reiser II. und 32 rm Reiser III. Klasse. — Erlen: 32 rm III. Klasse und Weichlaubholz: 32 zm Reiser II. Klasse. — Die Belaufsförster sind angewiesen, Kauflustigen diese Hölzer vor dem Termine im Walde vorzuweisen. Die Verkaufsbedingungen werden bei Eröffnung des
das Versteigerungs ⸗Protokoll 3 Tage vorher schon bei mir eingesehen werden. — Tegel, den 26. März 1881. Der Oberförster Seidel. 1
Beide ständen auf dem Boden der Staatsindustrie, nur in Bezug auf die Organisation der Verwaltung seien
Freilich setze
Er habe auch keine Erhöhung der
z! 5.
Dr
Berlin, Dienstag, den 29. März
]
im Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen
Reichstags⸗Angelegenheiten.
Der dem Reichstag vorliegende Entwurf eines Gesetzes, be⸗ treffend die Bestrafung der Trunkenheit, hat folgenden tlaut: Wains il helm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen ꝛc. verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:
1
it Geldstrafe bis zu einhundert Mark oder mit Haft bis zu zwei Pien wird bestraft, wer in einem nicht unverschuldeten Zu⸗ stande ärgernißerregender Trunkenheit an öffentlichen Orten betrof⸗
wird.
Ist der Beschuldigte in den letzten drei Jahren wegen dieser Uebertretung mehrmals rechtskräftig verurtheilt worden, oder ist der⸗ selbe dem Trunke gewohnheitsmäßig ergeben, so tritt Haft ein.
Die der Militärgerichtsbarkeit unterworfenen Militärpersonen sind in den Fällen des Absatzes 1 und 2 mit Arrest bis zur gesetzlich zulässigen Dauer zu bestrafen. Die Bestrafung kann im Disziplinar⸗ wege nach Maßgabe des §. 3 des Einführungsgesetzes zum Militär⸗ Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich vom 20. Juni 1872 erfolgen.
§, 2.
Wer sich in einen bis zur Ausschließung der freien Willens⸗ bestimmung gesteigerten Zustand von Trunkenheit versetzt und in demselben eine Handlung begeht, welche, in freier Willensbestim mung begangen, seine strafrechtliche Verurtheilung zur Folge haben würde, wird nach den nachfolgenden Bestimmungen bestraft.
Die Strafe ist nach demjenigen Gesetze festzusetzen, welches auf die in freier Willensbestimmung begangene Handlung Anwendung
den würde. 8 An ddie Stelle einer hiernach angedrohten Todesstrafe oder lebenslänglichen Freiheitsstrafe tritt Gefängnißstrafe nicht unter einem Jahre. In den übrigen Fällen ist die Strafe zwischen einem Viertheil des Mindestbetrages und der Hälfte des Höchstbetrages der angedrohten Strafe zu bestimmen, wobei an die Stelle einer Zucht⸗ hausstrafe Gefängnisstrafe von gleicher Dauer tritt. Soweit bei
reiheitsstrafen das Viertheil des Mindestbetrages 6 Monate und die Hälfte des Hössthett6gs 5 Jahre übersteigt, tritt eine Frmäßigung auf die angegebenen Beträge ein. . 8 8 Iie Vorschrift des vorstehenden Absatzes findet auf fahrlässig begangene Handlungen, sowie auf Uebertretungen keine Anwendung. Imgleichen bleibt sie außer Anwendung, wenn der Thäter in der auf Begehung der strafbaren Handlung gerichteten Absicht sich in den bezeichneten Zustand versetzt hat.
§. 3.
Die auf Grund des §. 1 Absatz 2 erkannte Haftstraße ist durch Schmälerung der Kost zu schärfen. In den Fällen des §. 2 kann bei der E 8 Sen Gefängniß⸗ oder Haftstrafe auf eine
lche Schärfung erkannt werden. G bHds⸗ E erfolgt in der Weise, daß die Kost auf Wasser und Brod beschränkt wird. Die Schärfung kommt am vierten,
ten, zwölften und demnächst an jedem dritten Tage, nach sechs Eten. völften ug in Wegfall. Sie wird nicht vollstreckt, insoweit der körperliche Zustand bes Verurtheilten die Schmaͤlerung nicht zuläßt.
§. 4. “
Auf die vorbezeichnete Strafschärfung kann auch außer den Fällen dieses Gesetzes erkannt werden, wenn der Verurtheilte die That, wegen welcher er bestraft wird, in einem nicht un verschuldeten Zustande von Trunkenheit begangen hat. 8 .
§. 5. b
In denjenigen Fällen, in welchen nach den Bestimmungen der §§. 2 Pen sal der Strafe vorgeschrieben oder zugelassen st, kann der Verurtheilte zu Arbeiten, welche seinen Fähigkeiten und Verhältnissen angemessen sind, innerhalb und außerhalb der Strafanstalt angehalten werden. Auch kann erkannt werden, daß die verurtheilte Person nach verbüßter Strafe der Landespolizeibehörde zu überweisen sei (Strafgesetzbuch §. 362). An Stelle der Unter⸗ bringung in ein Arbeitshaus kann in diesen Fällen Unterbringung in eine zur Heilung oder Verwahrung von Trunksüchtigen bestimmte Anstalt eintreten. §. 6.
it Geldstrafe bis zu einhundert Mark oder mit Haft bis zu zwei V2. wird bestraft, wer bei Verrichtungen, welche zur Ver⸗ hütung von Gefahr für Leben oder Gesundheit Anderer oder von Feuersgefahr besondere Aufmerksamkeit erfordern, sich betrinkt oder betrunken in anderen als in Nothfällen solche Verrichtungen vor⸗
Gegenwärtiger Rechtszustand im Deutschen Reich.
Das Reichsstrafrecht erwähnt der Trunkenheit nur in wenigen Vorschthen b se Seemannsordnung vom 27. Dezember 1872 84 bestraft Trunkenbeit im Schiffsdienste. Nach dem Militär⸗ trafgesetzbuch vom 20. Juni 1872 bildet bei strafbaren Se egen die Pflichten der militärischen Unterordnung sowie bei allen n Ausübung des Dienstes begangenen strafbaren Handlungen die selbst⸗ verschuldete Trunkenheit des Thäters keinen Strafmilderungsarunn(5 69, Dasselbe Gesetz verbängt ferner Strafen, wenn sich semand aut Feiabe durch absichtlich veranlaßte Trunkenheit dem Gefecht oder vor dem einde einer soastigen, mit Gefahr füͤr seine Person verbundenen ienstleistung zu entziehen sucht (§. 85), sowie wenn jemand im Dienste oder, nachdem er zum Dienste befehligt worden, sich durch Trunkenheit zur Ausführung seiner Dienstverrichtung untauglich macht (§. 151, vergl. auch §. 141). Das Strafgesetzbuch endlich be⸗ droht in §§. 361, 362 mit Haft und Ueberweisung an die Landes⸗ nht nns . denjenigen, der sich dem Spiel, Trunk oder Müßiggang becnsefh hingiebt, daß er in einen Zastand geräth, in weldem . seinem Unterhalt oder zum Unterhalke derjenigen, zu deren Ernäh⸗ 89g er verpflichtet ist, durch r w der Behörde fremde lfe nspruch genommen werden mu 8 212 bhr 122. Kreis 1.2. 2 27öê. enthaltenen Re⸗ egen die Trunkenheit er . IeI erörtert werden, ob diese Bestimmungen dem Bedürfnisse genügen. Aef ist noch eine allgemeine Vorschrift in Betracht zu ziehen, welche die in einem gewissen tadium der Trunken⸗ heit herbeigeführten Rechtsverletzungen m etrifft. Nach §. 51 des Strafgesetzbuchs ist nämlich eine strafbare Handlung nicht vorhanden, wenn der Thäter zur Zeit der Begehung der Handlung sich in einem stande von Bewußtlosigkeit oder krankhafter Störung der Geistes⸗ — befand, durch welchen seine freie Willensbestimmung aus⸗
wußtlosigkeit selbstverständliche Bestimmung hat in ihrer Anwendung auf Fälle der Trunkenheit zu dem vom Gesetzgeber sicherlich nicht ewollten Ergebnisse geführt, daß eine große Zahl der in hochgradiger runkenheit begangenen Verbrechen der strafrechtlichen Ahndung sich vollständig entzieht.
In einer sehr erheblichen Zahl der Untersuchungen, welche na⸗ mentlich Tödtung, Körperverletzung, tödtlichen Angriff gegen Beamte und sonstige Gewaltthätigkeiten zum Gegenstande haben, wird vom Beschuldigten sinnlose Trunkenheit eingewendet und in nicht seltenen ällen erfolgt Freisprechung auf Grund der Annahme, daß der Thäter ch in einem Zustande dene . der die yC aus⸗ schließe. Zur Ilustration des bestehenden Rechtszustandes möge fol⸗ gender Fall aus jüngster Zeit dienen. 1
Ein bereits sieben mal wegen Hausfriedensbruchs beziehungs⸗ weise Widerstandes gegen die Staatsgewalt Bestrafter, welcher einem aus Anlaß einer Raäuferei gegen ihn einschreitenden Beamten ein Fingerglied abgebissen hatte, ist vollständig freigesprochen worden, weil nach ärztlichem Gutachten die Folgen des Alkoholismus, dem sein Vater ergeben gewesen, sich in der Weise auf ihn fortgeerbt bätten, daß er schon bei mäßigem Alkoholgenuß in den Zustand der Unzurechnungsfähigkeit gerathen sei. Seine Unterbringung in ein Irrenhaus ist abgelehnt worden, weil er sich als geisteegesund er⸗
wies. 1
Bei der Betrachtung dieses Falles, welchem ähnliche an die Seite gestellt werden könnten, zeigt sich, daß die strafrechtliche Praxis der Gesellschaft und insbesondere auch dem zum Schutze der Bedrohten einschreitenden Beamten gegen Betrunkene den Rechtsschutz nicht in gleichem Umfange wie gegen andere Personen gewährt; dazu tritt, daß die Gesetze nicht gestatten, den Menschen, welcher seine Neigung zum Alkohol und die Gefährlichkeit seines Rausches thatsächlich be⸗ wiesen hat, einzusperren, ihn unter Aufsicht zu stellen oder sonst gegen die von ihm der Rechtssicherheit drohende Gefahr irgend welche Vor⸗ kehrungen zu treffen. Mit Grund hat eine ausländische Zeitung bei Besprechung eines ähnlichen Vorfalles die Frage aufgeworfen, ob es sich rechtfertige, die Trunksucht durch Gewährung von Straffreiheit bei Verbrechen für den trunksüchtigen Verbrecher und seine Nach⸗ kommenschaft zu prämiiren und so das Laster zu fördern. Die In⸗ teressen der öffentlichen Moral wie der allgemeinen Rechtssich erheit erheischen gebieterisch die Beseitigung solchen Mißstandes.
Ursachen dieses Zustandes.
Es bedarf eines näheren Eingehens auf die mannigfaltigen Ur⸗ sachen dieses Zustandes, um denselben erklärlich zu finden.
a. Auslegung des §. 51 des Strafgesetzbuchs.
unächst ist der Vorschrift des §. 51 des Strafgesetzbuchs eine haeleaheh gegeben, welche zweifellos vom Gesetzgeber nicht beabsich⸗ tigt war. Die Motive zu §. 49 (jetzt §. 51) fübren aus, daß der Ausdruck „kfrankhafte Störung der Geistesthätigkeit gewählt worden, um damit die verschiedenen Formen geistiger Krankheit zu umfassen. Dagegen sollten unter „Bewußtlosigkeit“ „diejenigen auf die Willens⸗ freiheit störend einwirkenden Zustände bezeichnet werden, welche ge⸗ wöhnlich nicht als Krankheit aufgefaßt werden.
Der höchste Grad der Betrunkenheit ist in dem gewöhnlichen Wortsinne keine Krankheit. Betrunkenheit soll daher nur im Falle gänzlicher Bewußtlosigkeit unter die Vorschrift des §. 51 fallen.
Zum klaren Ausdruck ist diese Absicht nicht gelangt, denn der durch übermäßigen Alkoholgenuß herbeigeführte Zustand wird als Abweichung von dem gesunden Lebensprozesse mit dem Worte „krank⸗ haft“ bezeichnet werden können. Hieraus erklärt sich die Anwendung des §. 51 auf Fälle hochgradiger Exaltation, in welcher der Trunkene des Bewußtseins nicht gänzlich beraubt war.
b. Beurtheilung des Falles einer in verbrecherischer Absicht herbeigeführten Bewußtlosigkeit
ndem der §. 51 die Zurechnung für das Verhalten in einem die 18 Sh de .1,he⸗ ausschließenden Zustand aufhebt, läßt er die Verantwortlichkeit bestehen für eine im Zustande der Willens⸗ freiheit stattgefundene Thätigkeit, deren Wirkung im Zustande der Willensunfreiheit eintritt. Dies gilt für Omissirdelikte sowie für den viel erörterten Fall, daß Jemand sich in den Zustand der Bewußt⸗ losigkeit mit der auf Herbeiführung der Rechtsverletzung gerichteten Absicht versetzt, indem er sich selbst als Werkzeug eines verbreche⸗ rischen Entschlusses benutzt. Thatsächlich läßt sich eine in einem der⸗ artigen Falle eingetretene Strafverfolgung nicht nachweisen. Der Grund mag in der Seltenheit desselben oder in der Schwierigkeit des Beweises liegen, möglicherweise aber auch in dem Umstande, daß von mehreren Seiten die Möglichkeit des Falles oder seine Straf⸗ barkeit bestritten ist.
theilung der Fäͤlle einer durch sinnlose Trun⸗ *,satevreasdo herbeigeführten Rechtsverletzung.
enn nun auch, abgesehen von dem eben besprochenen Falle, nach ü 88,g des §. 51 des Strafgesetzbuchs eine in sinn⸗ loser Trunkenheit begangene Handlung dem Thäter als eine vorsätz⸗ liche nicht zugerechnet wird, so ist damit noch nicht die Bestrafung der Fabrlässakeit ausgeschlossen, welche darin zu finden ist, daß der Thäter in nicht entschuldbarer Weise in jenen Zustand gelangt ist, der den rechtswidrigen Erfolg verursacht hat. Allein dieser in der Theorie fast allgemein anerkannte Satz hat in der Praxis eine häu⸗ fige Anwendung nicht gefunden. Es erklärt sich diese Erscheinung iedenen Ursachen. 8 b veleeden der Verbrechen und Vergeben, deren fahrlässige Be⸗ eehung strafbar ist, erscheint im Strafgesetzbuch eng begrenzt. Die spatere Gesetzgebung hat zwar diesen Kreis nicht unerdeblich erweitert; dessenungeachtet bleibt bei Handlungen, welche im Falle der vorsätzlichen Begehung als Verbrechen oder Vergehen qualifizirt sind, die Strafbarkeit der Fahrlässigkeit eine verhältnißmäßig seltene Ausnahme. ritt, daß für einen durch fahrlässiges Verhalten ver⸗ vsaer gifen; der balhr. nur dann verantwortlich gemacht werden kfann, wenn er den Erfolg vorbersah oder bei Anwendung der schul⸗ digen Aufmerksamkeit hätte vorhersehen können. Die aus einer Ver⸗ setzung in sinnlose Trunkenheit entstehenden Folgen liegen aber nach der vorherrschenden Theorie keineswegs immer innerhalb des Bereichs einer im Zustande der Nüchternheit möglichen Voraussicht oder Be⸗ rechn em subjektiven Moment der Verschuldung bedarf es zur b N 8 1hee em. vollständiger Krunkenbest herbeigeführ⸗ ten Rechtsverletzungen des objektiven Erfordernisses eines ursächlichen usammenhanges zwischen der Versetzung in jenen Zustand und der — echtswidrigkeit. Eine Rechtsverletzung entsteht nun regelmäßig durch ein usammenwirken verschiedener Ereignisse. Dann ist jedes dieser 8.a,e Ursache. Die Doktrin schreckt theilweise vor dieser Konsequenz zurück. Berner z. B. unterscheidet Ursache und Ver⸗ anlassung. Rach von Bar ist ein Mensch als Ursache einer Erschei⸗ nung nur anzusehen, insofern er als die Bedingung gedacht wird, durch welche der sonst als regelmäßig gedachte Verlauf der le. nungen des menschlichen Lebens ein anderer wird. Wenn mehrere regelwidrige Thätigkeiten zusammen einen schadenden Erfolg hervor⸗ bringen, soll regelmäßig nur die letzte dieser Thätigkeiten als Ursache elten. Binding identifizirt Verursachung einer Veränderung mit ränderung des Gleichgewichts zwischen den sie abhaltenden und den
u geschlossen war. Diese in Beziehung auf andere Zustände der Be⸗
irkende edingungen zu Gunsten der letzteren. H. Hhaane nee,,bxe 2 als Ursache gelten lassen,
welche den vorhandenen Verhältnissen die Richtung auf den Erfolg gab. Es leuchtet ein, daß solche Ansichten die Ahndung der aus Fahrlässigkeit hervorgegangenen Rechtsverletzungen überhaupt, ins⸗ besondere aber im Falle vollständiger Trunkenheit des Thäters ein⸗ schränken. Eine Beeinflussung der Rechtsübung durch die Ansichten angesehener Rechtslehrer ist von vornherein anzunehmen und in die⸗ sem Falle auch durch ein näheres Eingehen auf die veröffentlichten Entscheidungen nachweisbar.
d. Mangel eines Antrags auf Strafverfolgung.
In einzelnen Fällen sind schwere Körperverletzungen straffrei ge⸗ blieben, weil, nachdem der Thäter den Einwand vollständiger Trun⸗- kenheit erwiesen batte, zur Verfolgung der Fahrlässigkeit (auf Grund des §. 232 des Strafgesetzbuchs) der erforderliche Antrag fehlte und wegen Ablaufs der Frist nicht mehr gestellt werden konnte.
e. Schwierigkeiten des Beweises.
Dazu treten die Schwierigkeiten des Beweises. Das Gesetz stellt, ö“ vom englischen und dem früher sächsischen Recht, keine Vermuthung für das Vorhandensein des Zustandes freier Willensbestimmung auf. Von einer in dieser Beziehung dem Ange⸗ schuldigten obliegenden Last des Gegenbeweises kann daher nicht die Rede sein; vielmehr steht dem Richter der Thatfrage frei, diese zu verneinen, so oft gegen die Annahme jenes Zustandes auch nur erheb⸗ liche Zweifel obwalten.
In den wichtigeren Fällen werden zu den Verhandlungen ge⸗ wöhnlich ärztliche Sachverständige zugezogen. Vielfach sind nun Klagen darüber laut geworden, daß einzelne Aerzte sich gar zu geneigt zeigen, Zweifel anzuregen und zu Theilweise beruhen solche Gutachten auf übertriebenen Vor tellungen über die in Huma⸗ nität und Gesittung erzielten Fortschritte; es wird dabei übersehen, daß in zahlreichen Volksschichten die verbrecherischen Triebe durch die Staatsgewalt nur unter Druck gehalten werden und in urwüchsiger Rohheit und Wildheit zum Ausbruche gelangen, wenn der Alkohol die Leidenschaft entfesselt. 1
1e ist 18 Lage der Gutachter insofern eine schwierige, als sie meistens nicht auf Grund eigener Wahrnehmungen, sondern nach dem Bilde zu urtheilen haben, welches das mehr oder weniger treue Gedächtniß der nicht immer unbefangenen Zeugen wiedergiebt. Vor allem aber ist nicht außer Acht zu lassen, daß auch bei vollstän⸗ diger Klarlegung aller der sinnlichen Wahrnehmung erreichbaren That⸗ umstände über die Frage der Zurechnungsfähigkeit des Betrunkenen unlösbare Zweifel bestehen können. Denn es giebt kein sicheres Keanzeichen, nach welchem die Grenze gezogen werden könnte zwischen demjenigen Sta⸗ dium des Rausches, in welchem das Bewußtsein noch erhaltenist, und dem⸗ jenigen, in welchem das Bewußtsein aufgehoben ist. Ein genaues Unterscheidungszeichen für beide Phasen will zwar von Krafft⸗Ebing im Stande der Rückerinnerung finden, die für den Zustand des An⸗ getrunkenseins eine intakte, mindestens summarische, für den Zustand der bis zur Bewußtlosigkeit gesteigerten Berauschung eine, in Betreff gewisser Zeitabschnitte oder der ganzen Periode, total feblende sei. Allein selbst wenn dieses Merkmal als allgemein zutreffend anerkannt wäre, was nicht der Fall ist, würde dasselbe aus naheliegenden Gründern für das Strafverfahren von geringem Werthe sein.
Aus dem Zusammenwirken aller dieser Ursachen erklärt sich die Erscheinung, daß viele von Betrunkenen begangene Verbrechen, auch wenn die Trunkenheit nicht zur völligen Bewußtlosigkeit, selbst nicht einmal zur Trübung des Bewußtseins gesteigert war, ganz straflos bleiben, und daß der Verbrecher für die in der Trunkenheit verübte That um so eher auf Straflosigkeit zu rechnen hat, je schwerer die Rechtsverletzung und 5 härter die Strafe ist, mit welcher das Gesetz
zerbrechen bedroht. 5 er 6 Zustand mit seinen schon dargelegten Konsequenzen nicht geduldet werden kann, bedarf keiner Ausführung. Aus den er⸗ örterten Ursachen desselben ergiebt sich ferner, 82 eine gründliche Heilung der Uebelstände nur auf dem ege der Gesetz⸗ gebung erzielt werden kann. Behufs Ermittelung und Prüfung der geeigneten Mittel erscheint es jedoch zweckmäßig, zunächst das frübere Recht Deutschlands und die Gesetzgebung des uslandes in Betracht zu ziehen.
Aelteres Recht in Deutschland.
Die Rechtsanschauung, welche zu den dargelegten Ergebnissen ge⸗ führt hat, ist neueren Ursprungs. Weder das römische, noch das ältere deutsche Recht ließen die absolute Trunkenheit als Strafauf⸗ hebungsgrund, sondern unter Umständen höchstens als Strafmilderungs⸗ arund gelten. Das kanonische Recht, nach welchem solche Trunken⸗ heit zwar die Zurechnungsfähigkeit ausschließt, die Versetzung in Trunkenbeit aber als strafbare Verschuldung angesehen wird, übte hier auf die gemeinrechtliche Praxis keinen Einfluß. Diese erkannte zwar die obrietas involuntaria als Strafaufhebungsgrund an, berück⸗ sichtigte aber die voluntaria theils gar nicht, theils nur als
erungsgrund. 1 6 ee; gfetdem sich die philosophische Spekulation mit den Pro⸗ blemen des Strafrechts befaßte, entwickelte sich in Deutschland all⸗ mählich eine andere Theorie über die Bestrafung der in voller Trunkenheit begangenen Rechtsverletzungen. Indem man auf das Moment der subjektiven Verschuldung das entscheidende Gewicht legte, unterschied man, ob die Trunkenheit
1) benssaldet
2) fahr 1 1
18 2ö— bsicht, dnn rechtswidrigen Erfolg im Zustande d Bewußtlosigkeit herbeizuführen,
4) ohne solche Absicht vorsätzlich w1 g veranlaßt war, und ließ im Falle zu 1 Straflosigkeit, im Fal e zn 3 die Strafe des dolosen Deliktes, in den übrigen Fällen die Strafe des kulposen Deliktes oder Straflosigkeit eintreten, je nachdem der eingetretene Erfolg dem Thäter als verschuldet zuzurechnen sei oder nicht.
Die Kodifikation des Landesstrafrechts.
e neueren Kodifikationen des deutschen Landesstrafrechts stehen Ee, weniger unter dem Einflusse dieser Hen Eine An⸗ näherung an dieselbe findet sich schon im preußischen Allgemeinen Landrecht, welches die in voller Trunkenbeit verursachten Rechtsver⸗ letzungen bei vorsätzlich berbeigeführter Willenzunfreiheit mit der Strafe des vonfsischen Verbrechens, bei grober Verschuldung des Zustandes mit geringeren Strafen nach dem Maße der Verschuldung ahndete. Das auf den ‿—2 der Feuerbachschen Strafrechts⸗ theorie beruhende baverische Strasgeseßbuch (1813) und das 1hen nach⸗ gebildete oldenburgische (1814) enthalten schon die Untersche — der neuen Theorie mit ihren Folgerungen, nur daß für die s . unter Nr. 2 und 4 bezeichneten Fälle nicht bestimmt 8* welche Strafe, ob die des vorsätlichen oder des fahrlässigen Verbrechens, einzutreten habe, eine Lücke, welche die Doktrin im Sinne der neuen Theorie ergänzte. Bei der großen usdehnung, bit zu welcher nach diesen Gesetzbüchern die Fahrlässigkeit unter Strafe geft lit ist, und bei den ver⸗ bältnißmäßig bohen Emeafsüben derselben mögen sich in der Praris Unzu- träglichkeiten nicht herausgestellt haben. Bedenklicher erschien die Annahme der neuen Theorie, als die Gesetzgebung die Richtung ein⸗ 8 schlug, die Strafen durchgängsg zu mildern und das Gebset der Etresbarkeit sahrlässigen Handelns einzuschränken. Zunächst zeigt sich daher noch eine gewisse Scheu, die verschuldete Trunkenbeit ausdruͤck⸗ lich als Strafausschließungegrund anzuerkennen. So bezeichnen das braunschweigische (1840) und das honnoͤversche (1840) Strafgesetzbrch