1881 / 82 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 06 Apr 1881 18:00:01 GMT) scan diff

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Parma, nach Tintoretto und Paolo Veronese in Venebig, nach Raphael und Michel Angelo in Rom. Carl Heinrich Rahl. Maler, Radirer und Kupferstecher, geboren zu Hofen bei Heidelberg am 11. November 1779, lebte seit 1799 in Wien, wo er als Professor der Akademie am 12. August 1843 starb. Das Original befindet sich in der K. Gemälde⸗Galerie in Wien.)

Die 13. Lieferung: Die Heilung des Blinden. Gemalt von Ludovico Carracci. Gestochen von P. Fontana. (Ludovico Carracci, geboren zu Boloana den 21. April 1555, gestorben daselbst den 13. Dezember 1619. Schüler des Prosp. Fonlana, des Tintoretto in Venedig und des Passignano in Florenz. Pietro Fontana. Vor⸗ züglicher italienischer Kupferstecher, Schüler des Volpato. Geboren zu Bassaro 1763, gestorben zu Rom, wo er lebte und arbeitete, den 18. September 1837.) Christus am Kreuze. Gemalt von Murillo. Gestochen von W. French. William French, englischer Kupferstecher der Gegenwart. Der Stich ist nach einem Bilde Murillo's im Dulwich⸗College zu Surrey hergestellt.

Die 14 Lieferung: Tod des Ananias. Gemalt von Raphael. Gestochen von Holloway. (Thomas Holloway, Zeichner und Kupfer⸗ stecher, geb. 1748, gestorben zu Coltishall bei Norwich im Jahre 1827. Bildete sich nach W. Sharp und machte sich vorzugsweise durch die hohe technische Vollendung seiner Stiche nach den Kartons von Raphael in Hamptorcourt einen Namen. Nach dem Karton Raxhaels in Hamptoncourt gestochen.) Christus wird verspottet. Gemalt von A. van Dyck. Gestochen von S. à Bols⸗ wert. (S. à Bolswert, berühmter Kupferstecher und Freund des Rubens, geboren zu Bolswert 1586. Lebte zu Antwerpen und Brüssel und starb hochbetagt. Das Original besindet sich im Ber⸗ liner Museum.)

Die 15. Lieferung: Die Grablegung. Gemalt von Raphael. Gestochen von Samuel Amsler. (Samuel Amsler, Zeichner und Kapfer⸗ stecher, geboren zu Schiaznach im Kanton Aargau, den 17. Dezember 1791. Schüler von Oberkogler und Th. Lips. Seit 1828 Professor der Kupferstecherkunst an der Akademie in München; gestorben da⸗ selbst den 18. Mai 1849. Raphael malte das Original im Jahre 1507 in Perugia auf Bestellung Atalante Baglionis für die Fran⸗ ziskanerkirche zu Perugia. Hundert Jahre später verkauften es die Mönche an Papst Paul V. und gegenwärtig befindet es sich im Palaste Borghese in Rom.) Die drei Marien am Grabe des Herrn. Eemalt von Annibale Carracci. Gestochen von Roullet. Roullet, Zeichner und Kupferstecher, geboren zu Arles 1645, gestorben zu Paris 1699. Schüler von Cl. Mellan und Franz Poilly. Das Bild befand sich ehedem in Neapel.)

Die „Goldene Bibel“ wird mit 25 Lieferungen vollständig sein. Der Preis jeder Lieferung, enthaltend 2 Kunstblätter in Groß⸗Folio nebst erklärendem Titel dazu, beträgt 1 50 ₰.

Im Verlage von A. W. Hayns Erben hierselbst ist unter dem Titel: „Die Geschäfts⸗ und Reviereintheilung der Polizeiverwaltung von Berlin mit Adressennachweis“ vor Kurzem ein nützliches Nachschlagebuch erschienen, das zuverlässige An⸗ gaben über die Geschäfts⸗ und Reviereintheilung der Polizeiverwal⸗ tung von Berlin und die Namen und Wohnungen der betreffenden Beamten enthält und daher vornehmlich Denjenigen, welche öftere Veranlassung haben, sich darüber zu orientiren, willkommen sein wird.

Zu der Sammlung der im Verlage von J. J. Weber in Leipzig erscheinenden illustrirten Katechismen, welche bereits zu einer langen Reihe von über die verschiedensten Disziplinen handelnden Bänden angewachsen ist, ist jetzt auch ein Katechismus der deutschen Hriegsmarine von Georg Pavel, Königlich preußischem Premier⸗Lieutenant a. D., hinzugekommen. Seit der Wiedererstehung des Deutschen Reiches und der aus der⸗ selben hervorgegangenen Schöpfung einer Kaiserlich deutschen Kriegsmarine hat sich in allen Schichten der deutschen Bevölkerung ein lebhaftes urnd warmes Interesse für die deutsche Kriegsmarine kundgegeben. Der vorliegende Katechismus soll der Orientirung über unsere Kriegsmarine in weiten Kreisen dienen. So wird in dem Buche zunächst Gelegenheit geboten, sich über die deutsche Kriegs⸗ marine im Allgemeinen, über ihre Organisation, Stärke und Ersatz und über die verschiedenen, in derselben sich darbietenden Laufbahnen cuf Grund der Allerhöchsten Bestimmungen eine spezielle Kenntniß zu verschaffen, und zwar der urt, daß Eltern, Vormünder u. s. w., beziehungs⸗ weise die Aspiranten selbst ohne sonderliche Mühe und Weitläufig⸗ keiten im Stande sind, auf Grund der im Katechismus gegebenen Anhalkepunkte einen eventuellen Entschluß zu fassen und die für die Ergreifung einer der in der Kaiserlich Deutschen Kriegsmarine sich darb etenden Carridren erforderlichen Schritte selbst, ohne erst ander⸗ weitig Rath einzuholen, zu thun. Sodann dürfte das vorliegende Werkchen auch den Behoͤrden, wie Bezirkskommandos, Landraths⸗ ämtern ꝛc, ein übersichtliches Hülfsmittel sein, in welchem dieselben kehufs Beantwortung von Anfrager, welche Seitens des Publikums erfahrungsgemäß ost an dieselben gerichtet werden, nachschlagen lönnen. In den betreffenden Kreisen dürfte daher der „Katechismus der deutschen Kriegemarine“ einer wohlwollenden Aufnahme begegneu. Der 8 für das sauber in Lei wand geburdene Buch, dem auch cine Tafel mit Darstellungen von drei Schissstppen der dentschen Kriegt marine, ämlich einem Panzerschiffe, einer Panzerkorvette und tinem Kanonenboote beigegeben ist, beträgt nur 1 50 JA.

Gewerbe und Handen

Die gestrige ordentliche Generalecersammlung der Nord⸗

deutschen Eiswerke, Aktiengesellschaft, genehmigte

den vergelegten Rechnungsabschluß pro 1880 sowie die auf ½ % fest⸗ gesetzte Dividende und ertheilte einstimmig Decharge.

Königsberg i. Pr., 6. April. (W. T. B.) Die Be⸗ triebseinnahme der Ostpreußischen Südbahn pro März 1881 betrug nach vorläufiger Feststellung: im Personenverkehr 59 775 ℳ, im Güterverkehr 168 195 ℳ, an Erxtraordinarien 12 000 ℳ, zusammen 239 970 ℳ; im Monat März 1880 desinitiv 316 887 ℳ, mithin 1881 weniger 76 917 Vom 1. Januar bis ult. März 1881 im Ganzen 666 288 gegen 876 760 im Jahre 1880, mithin weniger 210 472

Dortmund, 4. April. (Ess. Ztg.) Der Verkehr auf dem Eisenmarkt ist noch immer wenig belebt, deoch sind weitere Preis⸗ rückgänge nicht zu verzeichen. Von den Produkten der Ho n⸗ werke ist besonders Puddel⸗ und Gießereieisen sehr vernach⸗ lässigt, so daß Siegensche Werke dazu übergehen mußten, darin auf Lagzer zu arbeiten, wöhrend Bessemereisen und Spiegeleisen noch befriedigend begehrt sind. Da aber auf dem englischen Roh⸗ eisenmarkte in Folge besserer Verschiffungen und zunehmender ameri⸗ kanischer Nachfrage die Preike fester geworden sind, so rechnrt man darauf, daß sich ouch in dem heimischen Roheisengeschäst eine kleiee Belebung entnickeln werde. In emigen Walzwerk⸗ fabrikaten ist der Geschäftszaog noch immer schleppend, namentlich in Handelkeisen und Blechen, indessen sind die groöß ren Werte darin befriedigend beschäftigt und auch für die nächsten Movate mit ausreicher den Aufträgen ver⸗ sehen. In Fagoneisen, insbesondere in Winkeleisen sowie auch in Trägereisen zeigt sich eine etwas belebtere Nachfrage, ohne daß dieselbe jedoech bis jetzt binreichend groß ist, eine Besserung in den Preisen herbeizuführen. Walzdraht bleibt noch befriedigend ge⸗ fragt, auch sind die betrefferden Werke angestrengt thätig, um die ihnen zugegangenen Aufträge zu erledigen. In Schiernen und Stabhlblöͤcken sind sämmtliche Stahlschienenwalzwerke voll ke⸗ schättigt, so daß Aufträze mit karzen Lieferfristen nicht nater⸗ sind, auch für das laufende Jahr sind dieselben reichlich besent, das höchstens noch kleine Posten zu liefern apgenommen werden. Viele Werke haben sogar schon belangreiche Aufträge für 1882 mn ihren Büchern vermeckt. An bevorstehenden Submissionen siad zu erwähnen die am 8. April in Breelau statt⸗ findende der Rechten Oder⸗Ufer⸗Bahn auf Leferung von 196 Stuüd Lokemotirradreifen, 34 Stück Tender⸗ und 400 Stack Wagenradreisen,

t die der Hesterreichitschen Nordwestbahn auf Lieferung von

Stück Eilzug⸗Lokomotiren mit separafen Tendern, 11 Stüc Zachsige Tender⸗Lokemoriven für den Raagirdient, mweiter die

Submission der Oberschlesischen Eisenbahn auf Lieferung von 24 Güterzug⸗Lokomotiven, mit 3 untereinander verbundenen gekuppelten Achsen nebst Tendern, 6 Stück grkuppelte Tender⸗Lokomotiven mit 3 Achsen und 1 Satz Lokomotivachsen. Es stehen somit für die Lokomotivfabriken ganz erhebliche Aufträg in Aussicht, von denen indessen auch die Blechwalzwerke profitiren. Zu den Bestellungen, welche den Brückenbauanstalten in letzter Zeit zugegangen sind, kommen demnächst noch folgende Eisenkonstruk⸗ tionen hinzu, deren Vergebung bevorsteht: die Berliner Stadteisen⸗ bahn hat Ueberbaue im Gesammtgewicht von 197 t und die Bergisch⸗ Märkische eine Brücke im Gesammtgewicht von ca. 58,4 t ausge⸗ schrieben. Im Kohlengesschäft dauert noch immer eine ab⸗ wartende Haltung der Händler und Konsumenten an Der Versand auf dem Rheine hat sich seit Wiedereröffnung der Schifffahrt belebt und auch nach den Nord⸗ und Ostseehäfen besteht ein lebhafter Verkehr.

Mannbheim, 5. April. Die Generalversammlung der Badi⸗ schen Bank hat die Dividende auf 5 ½ % festeesetzt.

Glasgow, 5. April. (W. T. B.) Die Verschiffungen von Roheisen während der letzten Woche betrugen 10 421, gegen 15 822 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres.

New⸗York, 4. April. (W T. B.) Weizen⸗Verschif⸗ fungen der letzten Woche von den atlantischen Häfen der Ver⸗ einigten Staaten nach England 117 000 do. nach dem Konti⸗ nent 120 000, do. von Kalifornien und Oregon nach England

60 000 QOrtrs. Verkehrs⸗Anstalten. Plymouth, 5. April. (W. T. B.) Der Hamburager Post⸗ dampfer „Herder“ ist hier eingetroffen. New⸗York, 5. April. (W. T. B.) Der Dampfer „Italy“ von der National⸗Dampfschiffs⸗Compagnie (C. Messingsche Linie) ist hier eingetroffen.

Berlin, 6. April 1881.

111““ (Ohne Gewähr.) 8 1]

Bei der heute angefangenen Ziehung der 1. Klasse 164. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen:

2 Gewinne von 9000 auf Nr. 36 549. 69 939.

1 Gewinn von 3600 auf Nr. 32 551.

2 Gewinne von 1500 auf Nr. 19 645. 87 722.

2 Gewinne von 300 auf Nr. 32 395. 34 304.

Cöln, 6. April, 12 Uhr 5 Min. früh. (Tel.) Die englische Post vom 5. April früh, planmäßig in Verviers um 8 Uhr 21 Min. Abends, ist ausgeblieben. Grund:

Verfehlter Schiffsanschluß in Ostende.

In Gegenwart Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin hielt der Berliner Frauen⸗Lazareth⸗Verein gestern im Saale des Justiz⸗Ministeriums seine diesjäöhrige General⸗ versammlung ab. Dem vom Kurator des Vereins, Regierungs⸗Rath Haß erstatteten Jahreebericht ist zu entnehmen, daß der Verein auch im verflossenen Jahre seine ganze Thätigkeit den drei Anstalten ge⸗ widmet hat, die nun schon seit geraumer Zeit von ihm verwaltet werden, dem Augusta⸗Hospital, der Aushildungsanstalt für Kranken⸗ pflegerinnen und der Poliklinik. Durch Fertigstellung des Neubaues ist es möglich geworden, die Zahl der Kranken⸗ betten auf 152 zu erböhen, die Zahl der Kranken hat wiederum gegen das Vorjahr zugenommen: sie betrug 1879 1236 mit 40 106, 1880 1320 mit 43 066 Verpflegungstagen. Die chirurgische Abtheilung übernahm aus dem Vorjahr 49 Kranke, dazu kamen 708, die Gesammtzahl betrug somit 757 gegen 738 im Vorjahr. Diph⸗ terie kam in 62 Fällen vor, 32 davon waren tödtlich. Die Sterb⸗ lichkeiteziffer überhaupt belief sich auf 10,3 %. Die Diphterie aus⸗ genommen auf 6,91 %. Die Höhe erklärt sich aus der großen Zahl Schwerverletzter. die eingeliefent wurden. Die Zall der Operationen hat sich von 398 auf 417 gesteigert. In der Abthei⸗ lung für innere Krankbeiten wurden 563 Personen behandelt, gegen das Vorjahr mehr 41. Die Stecblichkeitsziffer erreichte hier die Höbe von 19,7 % gegen 19 2 % in 1879. Das Hauptkontingent unter den Krankheiten wie unter den Todesfällen stellte de Lungen⸗ schwindsucht. obgleich sie gegen die früheren Jahre etwas abgenommen hat. Danecben trat Unterleibstvphus in einer Epidemie von unge⸗ wöhnlicher Ausbreitung und Heftiakeit auf. Die Heilresultate waren im Allgemeinen auch im verflossenen Jahre meist beir edigend. In Krankenpflegerinnenasyl sind in zwei Kursen außer den Sc western 21 Personen audgebildet, so daß sich die Gesammt⸗ zahl der im Asyl Ausgebildeten auf 69 erhöbt hat. 9 Pflegerinnen traten im verflossenen Jahre aus. An 733 Pflegetagen waren die Pflegerinnen außer dem Hause tbätig. Die Poliklinik ist im Ganzen von 13 553 Persenen gegen 10 627 im Vorjahre benutzt worden; da⸗ von entfallen auf die chirurgische Abtheiluag 6554, auf die Abtheilung für innere Krankheiten 6999. Die Vereinsrechnung schließt in Ein⸗ nalme urnd Ausgabe mit 84 916 ab. Unter den Einahmen figuriren 14 224 Jahresbeiträge, darunter 4245 Beiträge der Allerhöchster Herrschaffen und 18 430 einmelige Geschenke, dar⸗ unter 1000 von Ihrer Majestàt der Kaiserin. Das Kapital⸗ vermögen hat sich von 340 536 auf 313 500 ℳ, d. h. um 27 036 verringert. Der Zuschuß zum Hopital belief sich auf 53 798 Mit Worten der Anerkennung für die segentreiche Thätig⸗ leit des Vereins schloß aledann Ihre Majestät die Kaiserin die G.⸗ neralversammlung.

(Post.) Das Handbuch der deutschen Frauen⸗Vereine unter dem Rothen Kreuz. (Berlin, Karl Heymanns Ver⸗ lag, 1881.)

Ein Buch, dessen Inhalt weit über die Kreise deutscher Frauen⸗ Wereine hinaus ein bohes und förderndes Interesse für die um⸗ fassenden Zwecke und Ziecle ächter Humanität wachrufen und be⸗ leben wird.

Das Handbuch deutscher Frauen⸗Vereine unter dem Rotben Kreu für dessen formvollendete Gliederung der 40 hochinteressanten Original⸗Berichte Hr. Geh. Archie Rath Dr. Hassel sich ein großes Verdienst erworben, füͤhrt sein Werden und Gestalten abermals und lediglich auf die Initiative der erlauchten Protekrorin des Vater⸗ ländischen Frauen⸗Vereins zurück.

Das Handbuch bietet zunächst einen Ueberblick über die Ge⸗ schichte und die Thätigkeit sämmtlicher Frauen⸗Vereine Deutschlands. Es liefert einen erfreulichen Beweis, wie unter dem Einfluß zemein⸗ samer, gleichartiger Aufgaben, denen die Vereine aller Orten ihre

tigkeit widmeten, und auf der Grundlage einer einbeitlichen Ver⸗ fassung des Verhandes der Frauen⸗Vereine ein Werk der letzten Jahre das Gefühl der Zusammengehörigkeit der Vereine immer mehr erstarkte. Gleich der erste historische Theil des Buches zeigt dan. Vertreter aus allen Theilen Deutschlands reichen sich hier in 8 der geschichtlichen Entwickelung ihrer Landes vereine die

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Nach einem, nicht minder umfassenden Gedanken und Plan ist der zweite, der statutarische Theil, gecrenet. Dieser enthält 1) die⸗ Bestimmungen, durch welche das Verdältniß der Frauen⸗

ne zu den Männer⸗Vereinen für die Pflege der im Felde ver⸗ wundeten und erkrankten Krieger geregelt wird, 2) einen Auszug aus der Kriegs⸗Sanitätkerdnung, welche das Verbältniß der frei⸗ willigen Krankentflege zu den militärischen Autoritäten im Kriege normirt die Bestimmungen über Ansammlung und Einrichtung von DPepots im Hinblick auf die Wirksamkeit der Vereine im Kriege und bei außerordentlichen Nothständen; 3) das Statut des „ständigen

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Ausschusses“, dessen Aufgabe es ist, die gemeinsamen Intes

deutschen Frauen⸗Vereine zu vertreten; 4) die Statuten daee de ländischen Frauen⸗Vereins und der übrigen Landesvereine: 5) 8 Statuten derjenigen Anstalten und Institutionen, die mit den Vereinen des Rothen Kreuzes im Zusammenhange stehen, insbesondere auch 88 aus den Reihen des Vaterländischen Frauen⸗Vereins entstandenen Stiftung „Frauen⸗Trost“, die jährlich durch Geldbewilligung Hülse spendet, und 6) ein Verzeichniß der mit diesen Vereinen in Verbine dung stehenden Krankenpflegerinnen und Kcankenanstalten. 1

In Betreff des dritten Theils, der die „Instruktion für den Vaterländischen Frauen⸗Verein für das beim Ausbruch von Noth. ständen zu beobachtende Verfahren“ bebandelt, ist es von ebenso hohem Interesse als praktischem Werth, festzustellen, daß die während der letzten Nothstandserscheinungen gemachten reichen Erfahrungen zu Grunde gelegt sind und Vorschläge, Pläne, Maßnahmen unz entgegentreten, die überall, je nach Lage der örtlichen Verhältrisse anwendbar erscheinen. -—

Dasselbe Urtheil vielleicht in noch höherem und berechtigte⸗ rem Grade ist über den vierten Tbeil auszusprechen. Es muß für diese skizzirte Hinweisung auf vorzügliche Originalarbeiten genü⸗ gen, wenn wir nur die Titel erwähnen. Wir finden da lichtvolle Aufsätze über:

1) Friedens⸗ und Kriegehospitäler. Dr. Naundorff⸗Dresden 2) Die Krankenpflege. Sachs⸗Karlsruhe. 3) Depots und Trans⸗ port. Dc. Naundorff⸗Dresden. 4) Die Krippen oder Säuglings⸗ Asyle. Röhricht Gr. Rosen (Schlesten). 5) Die Kleinkinderschule Dr. Brandt⸗Saarbrücken. 6) Ueber die Einrichtung von Ferien⸗ kolonien für kränkliche arme Kinder. Dr. Rieß⸗Berlin. 7) Ueber die Theilnahme der Frauenvereine an der Armenpflege. Albert Döll⸗ Bremen. 8) Volkskuͤchen und Nothstandsküchen. Lina Morgenstern⸗ Berlin. Endlich 9) Fördernng des Unterrichts in den weiblichen Handarbeiten. Sache⸗Karlsruhe.

Die sämmtlichen obengenannten Artikel haben ersichtlich nicht den Zweck, die Vereine an bestimmte Normen für ihre Thätigkeit in den einzelnen Gebieten und Disziplinen der praktischen Humanität zu binden, sondern nur: ihnen praktische Fingerzeige, die sich bewährt haben, an die Hand zu geben. Wir wiederholen, daß in diesem Handbuch ein Sammelwerk vorliegt, dessen Grundgedante die Solidarität in der freiwilligen Hülfsleistung zur Milderung oder Linderung aller menschlichen Leiden ist.

Das Handbuch führt seinen Inhalt in einer kurzen Vorre e mit/

der trefflichen Sentenz ein: „In necessariis unitas in dubiis libertas in omnibus caritas!“ 8

Den Galerien, deren bedeutendste Schätze durch Reproduktionen in einer früher kaum geahnten Weise dem Genuß und vor allem auch dem vergleichenden Studium bequem zugänglich gemacht worden sind, hat sich veuerdings wieder eine in weiteren Kreisen minder be⸗ kannte und doch durch manches vorzügliche Stück ausgezeichnete Sammlung, die Großherzogliche Gemäldegalerie zu Karlsruhe, hinzugesellt. Eine der persönlichen Initiative Se. Königlichen Hoheit des Großheczogs zu verdankende stattliche Pabli⸗ kation, die im Kommissßonsverlage der J. Velten'schen Hofkunsthand⸗ lung zu Karlsruhe erschienen ist, umfaßt in 35 von dem Atelier von Adolf Braun in Dornach ausgeführten Photographien in Folio ebenso viele der hervorragendsten in der Karlsruher Galerie vereinigten Ar⸗ be ten alter sowohl wie neuer Meister. Neben dem der älteren Hel ein zugeschriebenen Kreuztragung und dem Porträt des Erasmus von Rotterdam von dem jüngeren Holbein begegnen uns in dieser Auswahl des Besten von deutschen Malern noch Hans Burgkmair, Bernhard Strigel (der bisherige „Meister der Sammlung Hirscher“), Lucas Cranach der Aeltere, Hans Baldung Grien und Georg Pencz mit dem ansehnlichen Bildniß des Juweliers in der Pelzschaube. Unter den wenig zahlreichen Italienern tritt sodann Lorenzo di Credi mit seiner liebenswürdigen Madonna, unter den besonders reich ver⸗ tretenen Niederländern an erster Stelle Rembrandt mit seinem meisterhaften Selbstporträt hervor. Mit Bildnissen gesellen sich ihm des Weiteren C. Jarssens van Ceulen, B. van der Helst und der ältere Mieris, der Ltztere mit einem männlichen Portz’ät kleinsten Maßstabes, mit trefflichen Genrestücken feryer Gerard Don, Metsu, Slingeland und Duck, oder, wie die neuere Forschung das betreffende Bild benannt hat, Pieter Codde. Eglon van der Necr, Adriagan van der Werff, Jan van Heyde, Karel Dujardin, Jan Wynants und Hondecoeter mit einem seiner besten Bilder der Insassen des Hübnerhofs beschließen diese Reihe. Da⸗ neben hat dann endlich noch die moderne Kunst durch die „Auf⸗ erweckung des Lazarus“ von Overbec, durch „Rilter Kurts Braut⸗ fahrt“ von Moritz von Schwind, durch di⸗ „Kreuzfahrer“, die „Köhler“ und die „Harzlandschaft“ von K. F. Lessing, durch „Dante mit den edlen Frauen ron Ravenna“ von Feuerbach sowie durch charakteristische Bilder von J. W. Schirmer, W Riesstahl, Tide⸗ mand uvnd Somitson eine sehr ansehnliche Vertretung gefunden. Den Photographieen als solchen ist dieselbe Vorzüglichkeit nachzu⸗ rühmen wie sämmtlichen bisherigen Leistungen der bekannten Firma, die auf dem Gebiet der Nachbildung von Gemälben und Hand eich⸗ nungen eine ebenso reiche wie dankenswerthe Thätigkeit entfaltet hat.

Gestern veranstaltete Frl. Cornelia Kirchhoff, eige Schülerin des Hrn. Otto Dienel, in der Marienkirche hierselbst zum Besten des Moonschen Blindenvereins ein Konzert. Sie spielte Bachs großes E-moll-Präludium, Thiele's schwieriges C-moll-Konzert und einen wirkungsvollen Trauermarsch ihres Lehrers. Die rechnischen Leistungen der Konzertgeberin ließen selbst bei strenger Beurtheilung nichts zu nünschen übrig, und den Musikverständigen mußte besonders die Sicherheit und Ruhe gefallen, die einem männlichen Künstler Ehre gemacht hätten. Das Konzert wurde gesanglich in hervorragender Weise durch Fr. Nathalie Schröder, Frl. Schmidilein und Hrn. Julius Sturm unterstützt. Erstere sang mit lebendigem Vortrag Händels Josua⸗Arie: „O hätt ich Jubals Harfe“, Frl. Schmidtlein eine Arie ar 8 Judas Makkabäus von Ee. scwie von Frant ein geistliches Lied mit schöner wohlgebildeter

timme, Hr. Jul. Sturm eine gesanglich und musikalisch dankbare Arie von Dienel mit obligater Violine: „Herr lehre uns bedenken“ mit den bei diesem Sänger hinreschend bekannten Vorzügen in Stimm⸗ klang und Schule. Der vie te Sänger des Abendeé, Hr. Shukcwskp, wird seine kröftige Baßstimme erst gesanglich auszubilden haben, bevor über ihn geurtheilt werden kann. Den Violinpart in Dien le Arie und in einer Arie für Violint und Orgel von Bach brachte Hr. Kotek mit reinem und schönem Ton zu Gehör. Hr. Kammermusiker Jakobowekov spielte zwei Cellostücke in bekannt guter Ausführung. Das se’hr zahlreich versammelle Pubii⸗ kum wohnte dem Konzerte mit voller Aufmerksamkeit bis zum Salusse bei, wodurch auch die von einem blirden Orgelspieler als letzte Piece gespielte A-dar toccata von Hesse zu voller Geltung kam.

Das National⸗Theater celt in die Hände eines Konsortiuneb über, da sich die Aufgabe gestellt bat, dey aroßen zum Theater ge⸗ börenden Garten nach dem Muster des Kroll'’schen und des Belle⸗Alliance⸗ Theater⸗Gartens veu zu dekoriren und einzurichten. Die Bettetligung nambaster Architekten und Künstler sichert eine allen Anforderun⸗ gen der Neuzeit entsprechende Darchführung des Unternehmend, dessen Leitung in die Häade des Hrn. F. A. Stahl geleat ist, während für die artistische Direktion ein hier beliebter früherer Hofschan spieler gewonnen wurde. g

Redacteur: Riedel. der Ervedition (Kessel). Drrch W. Gltner⸗

Sechs Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilagea

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Berlin, Mittwoch, den 6. April

Nichtamtliches.

Preußen Berlin, 6. April. Im weiteren Ver⸗

laufe der gestrigen (30.) Sitzung setzte der Reichstag

die dritte Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Küstenfrachtfahrt, fort. Nach dem Abg. Schlutow agri Bevollmächtigte zum Bundesrath, Staats⸗Minister von Boetticher, wie folgt das Wort:

Meine Herren! Ich kann ja die Wärme und den Eifer, mit dem der Herr Vorredner die Regierungsvorlage von Neuem bekämpft hat, anerkennen und begreifen. Wenn man sich auf den Standpunkt stellt, von dem er ausgeht, daß nämlich die Vorlage, wenn sie in der Ihnen vorgeschlagenen Fassung angenommen wird, eine Quelle wer⸗ den könnte zur Versagung des Gewerbebetriebes der Küstenschiffahrt an unserer Küste, welche wiederum die Staaten, deren Angehörige davon betroffen werden, veranlassen würde, auf anderen Gebieten Repressalien gegen uns zu üben, so finde ich es vollständig kegreiflich, daß man von diesem Gesichtspunkte aus sich der Vorlage gegenüber ablehnend verhält. Ich meine aber, meine Her⸗ ren, diese Befürchtung ist eine unbegründete, und ich habe ihr zu⸗ nächst einen allgemeinen Gesichtspunkt entgegenzuhalten. Diese Be⸗ fürchtung ist bisher nicht ausgesprachen und aus den Kreisen heraus, um deren Interesse es sich bei der Vorlage handelt. Alle Petitionen, die dem Hause zugegangen sind, rühren ausschließlich her von Han⸗ delskammern und kaufmännischen Korporationen, soweit sie sich eben gegen die Vorlage erklärt haben. Aus den Kreisen der Küstenfracht⸗ fahrer ist übereinstimmend um Annahme dieses Gesetzes gebeten worden. Nun haben wir ja schon im Jahre 1879, als wir bei der Berathung des Zolltarifs waren, die Be⸗ hauptung aufstellen hören: wenn mir höhere Zölle gegen⸗ über dem Auslande machen, so wird das nicht allein dazu führen, daß uns das Ausland mit gleicher Münze bezahlt, sondern es wird uns das Ausland auf anderen Gebieten unbequem werden. Diese Befürchtung hat sich nicht bestätigt, und dieser Umstand rechtfertigt die Annahme, daß die Befürchtung, von der gegenwärtig der Hr. Vor⸗ redner und seine Freunde ausgehen, noch weniger Anlaß hat, sich zu bestätigen. 1

Meine Herren! Was ist denn die Entstehung dieser Vorlage? Die Entstehung dieser Vorlage beruht darauf, daß wir in Deutsch⸗ land einen ungleichen Rechtszustand in Bezug auf die Küstenschiff⸗ fahrt haben. Ich habe mir bereits erlaubt, bei der zweiten Lesung des Gesetzes dieses näber darzulegen. Es ist nicht richtig, wenn der Hr. Vorredner sagt, daß die Absicht des Antrags Roggemana dahin gehe, den gegenwärtigen Rechtszustand zu fixiren. Im Gegentheil, auch das Amendement Roggemann, wie es damals vorlag, will unifiziren, will den verschieden gearteten Rechtszustand, der an unsern Küsten besteht, zu einem einheitlichen machen, und daß ein solcher verschiedener Rechtszustand an unseren Küsten besteht, das ist Ihnen bereits in den Motiven dargelegt, und ich will zur Vervollständigung derselben dem Herrn Vorredner noch bemerken, daß in Ost⸗ und Westpreußen, in Pommern und Schleswig⸗Holstein nicht die unbeschränkte Freiheit der ausländischen Küstenfrachtfahrt besteht. Also wir wollen einen einheitlichen Rechtszustand berstellen, wir sind davon ausgegangen, daß sich das am besten in der Weise thun lasse, daß man in Bezug auf die im §. 1 ausgesprochene Be⸗ fugniß für alle deutsche Schiffe, Küstenschiffahrt zu betreiben, nicht so exklusiv ist, die ausländischen Küstenfahrer generell auszuschließen, sondern daß man der Regierung das Recht vorbehalten will, auch ausländische Küstenfahrer an unseren Küsten zuzulassen. Nun wird ja die praktische Handhabung dieser Befugniß, welche Sie der Re⸗ gierung damit einräumen, wenn die Vorlage angenommen wird, in der Weise geschehen, daß, soweit nicht bereits bindende Staatsver⸗ träge mit anderen Staaten bestehen, die diesen Staaten das Recht geben, an unseren Küsten Frachtfahrt zu betreiben, die Anträge der fremden Staaten abgewarfet werden, und dann von Seiten der Re⸗ gierung geprüft werden, ob und eventuell unter welchen Modalitäten die nachgesuchte Zulassung erfolgen kann. Ich habe allerdings darin hat der Herr Vorredner Recht bei meinem früheren Vor⸗ trage über die Sache Ihnen gesagt, daß die Tendenz, welche wir ver⸗ folgen, ganz dieselbe ist, wie diejenige des Vorschlages der Gegner. Wir wollen Niemand schädigen, wir wollen kein exklusives Recht für die deutsche Küstenschiffahrt statuiren, wir wollen aber ein wirksames und handliches Mittel haben, um denjenigen Staaten gegenüber, in denen unsere Schiffe beeinträchtigt werden, eine Beschränkung eintreten zu lassen. Nicht nur die Fassung ist verschieden, sondern auch die Wirkung Ihres Antrages unterscheidet sich wesentlich von der Vorlage, nach unserer Fassung müssen die fremden Staaten Anträge auf Zulassung stellen, nach ihrer Fassung sind wir genöthigt, den fremden Staaten gegen⸗ über die Haltung sowie zur Versagung der Frachtfahrt zu ergreifen. Daß das eiwas sehr verschiedenes ist, das, meine Herren, bedarf doch wohl keiner Ausführung. Wenn nun der Herr Vorredner darauf hinge⸗ wiesen hat, daß nach seiner Meinung mit Annahme dieses Gesetzes die Nöthigung zu einer Aenderung der Gewerbeordnung gegeben sei, so ist das in keiner Weise der Fall, denn wenn §. 1 der Gewerbe⸗ ordnung vorschreibt: „Der Bekrieb dee Gewerbes ist Jedermann gestattet“, so folgt daraus keineswegs, daß nun auch Ausländern ohne weiteres und ohne Beschränkung der Gewerbebetried zu gestatten sei. Sie sehen dies aus Art. 57 der Gewerbeordnung, der sich in dem Titel befindet, welcher vom ee. handelt, dort stebt ganz ausdrücklich analog der Fassung, wie sie im §. 2 der Verlage enthalten ist; Ausländern kann der Gewerbebetrieb im Umherziehen gestattet werden. Wir haben also auf dem Gebiete der allge⸗ meinen Gesetzgebung bereits einen Vorgang für unsere Vorlage.

nd nun, meine Herren, lassen Sie doch die Befürchtungen, von denen Sie geleitet werden, fallen, es bedarf bierzu wirklich nicht nur des Bertrauens zur gegenwärtigen Verwaltung. Ich glaube, daß keine egierung eine Schädigung fremder Interessen eintreten lassen wird ohne dazu einen ganz zwingenden Grund zu haben. Geben Sie uns die Befugniß, daß, wenn unsere Küstenfrachtfahrt an fremden Küsten 85. wird, auch wir in der Lage sind, den Betrieb der Küsten⸗ rachtfahrt an unseren Küsten zu untersagen. 1 Der Abg. Mosle empfahl die Regierungsvorlage, weil das Amendement Roggemann nicht in der Lage wäre, der Regierung eine Waffe solchen Nationen gegenüber in die Hand zu geben, die deutsche Schiffe an ihren Küsten unter dem Vorwande nicht zuließen, die heimische Nation triebe auch in fremden Ländern keine Küstenschiffahrt. Er wolle nicht andere Nationen von der deutschen Küstenschiffahrt ausschließen, sondern nur den deutschen Schiffen das gleiche Recht sichern. Laut Vertrag mit allen Nationen, welche an den deutschen Küsten Küstenfrachtfahrt trieben, seien diese schon jetzt berech⸗ tigt, dieselbe fortzusetzen, so lange wenigstens die Verträge dauerten. Ausgeschlossen i8 nur Rußland und Holland, mit welchen Verträge nicht existirten. Nun sei schon darauf hin⸗ gewiesen worden, daß die deutsche Küstenfrachtfahrt in olland nachtheiliger behandelt werde, wie die holländische in Deuts land, weil dort ein Patent mit Jahresgiltigkeit für die Kanal⸗

schiffahrt aufgenommen werden müsse, welches natürlich die

Hollander mehr ausnützen könnten, als die deutschen Schiffer, die vielleicht einmal im Jahre dorthin kämen. Dieser Miß⸗

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Anzeiger. 1881.

stand würde durch das Amendement Roggemann nicht zu be⸗ seitigen sein. Sodann sei wiederholt darauf hingewiesen wor⸗ den, daß die deutsche Schiffahrt sich vor Repressalien in Asien und Amerika zu fürchten hätte. Er habe schon voriges Jahr hervorgehoben, daß mit China Verträge existirten, welche nicht allein mit Deutschland, sondern auch mit Amerika und Eng⸗ land und Frankreich geschlossen seien, und welche China einseitig gegen Deutschland aufzuheben nach den Machtver⸗ hältnissen überhaupt nicht in der Lage sei. China habe auch nicht das mindeste Interesse an der Küstenfrachtfahrt und werde also auch keine Veranlassung haben, dieselbe aufzu⸗ heben. In Brasilien sei die Sache gesetzlich dahin geregelt, daß allerdings in einigen Häfen die Küstenfrachtfahrt mit fremden Schiffen für gewisse europäische und nordamerika⸗ nische Waaren gestattet sei, dagegen in kenerlei Art mit den brasilianischen Produkten. Die brasilianische Regierung gehe jetzt damit um, auch die bis jetzt bestehenden Vergünstigungen für fremde Schiffe wieder zu restringiren. Hoffentlich ge⸗ linge es der deutschen und englischen Regierung, die dabei in gleicher Weise interessirt sei, das zu verhindern. Es sei unrichtig, daß das englische Gesetz mit dem Amende⸗ ment Roggemann übereinstimme. Dasselbe räume zwar den ausländischen Schiffen das Recht der Küstenfracht⸗ fahrt in dem vereinigten Königreich unter denselben Bedingungen ein, wie den inländischen, es bestimme jedoch gleich hinterher, daß bei Ausübung dieses Gesetzes auch diejenigen Bestimmungen in Kraft treten würden, welche das Zollgesetz von 1853 ausspreche. Dieses Gesetz gebe der englischen Regierung dieselbe Macht, die der Abgeordnete für Stettin der deutschen Regierung zwar augenblicklich geben wolle, aber da die Personen wechseln könnten, doch nicht gern für die Dauer ausspreche und 'deshalb dem Parlament vor⸗ behalten wolle. Das englische Parlament habe niemals ge⸗ zögert, in dergleichen Angelegenheiten der britischen Regierung vollkommen freie Hand zu lassen und habe sich immer gut dabei gestanden. Er glaube, man könne sich in Deutschland auch darauf verlassen, daß, wenn dieses Gesetz angenommen werde, für die Interessen der deutschen Schiffahrt, sowohl für die der Schiffer wie für die des Handels, mit großer Einsicht gesorgt werden würde. Er glaube, daß namentlich diejenige Partei, welche die Bezeichnung „national“ in erster Linie trage, entschieden sich besser dabei stehe, wenn sie das Gesetz annehme, als wenn sie dasselbe ablehne, dieselbe werde alsdann mehr Freude daran haben, als im Gegentheil. 1 Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, im Gegensatz zum Vorredner sei er der Meinung, daß in diesem Gesetze irgend welches Parteiinteresse nicht liege. Es handele sich einfach um die materiellen Interessen der deutschen seefahrenden Mit⸗ bürger. Für diese nehme er alle Parteien in gleichem Maße in Anspruch und habe die Ueberzeugung, daß sie alle in glei⸗ chem Maße deren Interessen allein verfolgten. Dem Antrage des Abg. Schlutow, das Gesetz abzulehnen, könne er nicht beitreten; vielleicht hätte er Modifikationsanträgen zustimmen können, diese absolute Ablehnung sei ihm aber nicht möglich. Sein Standpunkt sei einfach der: die Regierung habe voll⸗ kommen Recht in der Auffassung, daß die Küstenschiffahrt den deutschen Schiffen gebühre. Dieser Grundsatz sei in §. 1 ausgesprochen. Die Frage, um die der Streit sich drehe, sei die, inwiefern denjenigen Nationen, die den Deutschen die freie Küstenschiffahrt gewährten, gleiche Freiheit auch in Deutschland gewährt werden solle. In dieser Beziehung hätte er gewünscht, daß nach Annahme des §. 1 in einem folgenden Paragraphen diese Reziprozität Anerkennung und Feststellung gefunden hätte. Solcher Ausspruch sei nicht erfolgt. In⸗ zwischen habe der Minister ausdrücklich erklärt, daß dieser Grundsatz der Reziprozität auch bei der Regierung maßgebend sein werde. Wenn er nun auch mit dem Abg. Schlutow darin einverstanden sei, daß man die Gesetze nicht für eine Person machen könne, daß man vielmehr die Gesetze an sich prüfen und festsetzen solle, so müsse er doch fragen, ob so dringende Gefahr eines Mißbrauchs dieser Gewalt von Seiten der Regierung vorliege, daß er darum das ganze einen wichtigen Gegenstand generell ordnende Gesetz, nachdem sich diese generelle Ordnung durchaus nothwendig gezeigt habe, doch ablehnen müßte, und er komme zu dem Schluß, daß er sich nicht denken könne, wie für eine Regierung ein dauerndes Interesse dahin drängen könnte, diesen Grundsatz der Rezi⸗ prozität aufzugeben zum Nachtheil auch der einheimischen Schiffahrt. Denn darüber werde keine Regierung Zweifel haben können, daß sie den deutschen Schiffen die freie Be⸗ wegung auch im Ausland möglichst erhalten müsse. Er hätte, wie gesagt, diesen Grundsatz in einem Paragraphen gern aufgestellt gesehen. Derselbe sei nicht aufgestellt und An⸗ träge nach der Richtung seien hier nicht eingebracht und in der Kommission vergebens erstrebt worden. So erkläre er sich denn mit Rücksicht auf die vom Minister amtlich abgegebene Erklärung, daß der Grundsatz der Reziprozität bei der Regierung maßgebend sein werde, nicht gegen das Gesetz. Es sei neulich geäußert worden, daß seine Freunde, resp. er zu dieser Sache ietzt eine andere Stellung einnähmen als im vorigen Jahre, und man habe daran Heeparnsce vnschaumhen eknüͤpft. Einmal verdiene seine Partei solche hochpolitische Anschauungen gar nicht, dann aber sei die Sache sehr einfach. Seine Freunde seien im vorigen Jahre durchaus nicht einer Meinung in dieser Sache gewesen; da das Centrumaber überhaupt den Grundsatz habe, kein Mitglied der Fraktion durch einen Beschluß zu fesseln, so sei es den Verhältnissen seiner Partei ganz entsprechend, daß jeder gestimmt habe, wie er für gut befunden habe. Er habe sich bemüht, damals den Grundsatz der Reziprozität in schärferer Weise zum Ausdruck zu bringen, wie er denn gewünscht hätte, daß das auch in der Kommission und hier versucht worden wäre es hätte recht gut gelingen können. Inzwischen müsse er bemerken, daß aus seinem Wahl⸗ kreis, der bei dieser Angelegenheit sehr betheiligt sei, ihm die Kunde geworden sei, daß die Anschauungen dort allerdings getheilt seien, aber wesentlich sich verstärkt hätten füͤr die An⸗ nahme des Entwurfs. Da aber die dortigen Einwohner aus der Erfahrung viel besser wüßten, als er aus der Theorie, was in dieser Sache richtig sei, so habe er nunmehr die Stellung eingenommen, welche er einnehme. Er sei nämlich

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der Meinung, daß die Wähler ihre Interessen auch kennten und daß der Abgeordnete bei seiner Haltung auf das Urtheil derselben Rücksicht zu nehmen wenn es nicht der prin⸗ zipiellen Anschauung widerspreche.

Der Bundeskommissar Geh. Ober⸗Reg.⸗Rath Dr. Rösing er⸗ widerte dem Abg. Schlutow, daß ihm das englische Gesetz vom 24. Juli 1876 vollkommen bekannt sei, dasselbe ändere aber an dem Prinzip des Gesetzes von 1855 gar nichts. Wenn darin ausgesprochen werde, daß die ausländischen Schiffe denselben Bestimmungen wie die inländischen unterlägen, so beziehe sich dies lediglich auf die zollamtliche Behandlung, solle aber keines⸗ wegs einen allgemeinen Rechtsgrundsatz aufstellen.

Der Abg. Dr. Witte (Mecklenburg) nahm den in der zweiten Lesung abgelehnten Antrag Roggemann wieder auf. Die Fassung desselben entspreche vollkommen dem, was der Minister von Boetticher als die Tendenz der Vorlage charakte⸗ risirt habe. Sein Antrag wolle gesetzlich den Grundsatz fest⸗ stellen, daß den ausländischen Schiffen volle Reziprozität ge⸗ währt werde. Die Betheiligung der fremden Schiffe an der deutschen Küstenfrachtfahrt sei in beständiger Abnahme be⸗ griffen, dagegen sei die Betheiligung der deutschen Schiffe an der ausländischen Cabotage sehr erheblich und man müsse sich deshalb sehr hüten, durch Provokation von Repressalien diesen Betrieb zu schädigen. Da nun die Möglichkeit nahe liege, daß eine spätere Regierung in mißverstandenem Interesse der deutschen Rhederei versuchen könnte, fremde Schiffe von der deutschen Küstenfrachtfahrt gänzlich auszuschließen, so sei es nothwendig, die Vorlage in der vorgeschlagenen Weise zu modifiziren.

Die Debatte wurde hierauf geschlossen. Bei der Abstim⸗ mung wurden 101 Stimmen gegen und 82 Stimmen für den Antrag Witte abgegeben. Das Haus war somi nicht und die Verhandlungen wurden um

beschlußfähig 2 ½ Uhr abgebrochen. Der Präsident beraumte um 3 Uhr eine neue Sitzung an, auf deren Tagesordnung er die erste Lesung des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend die Bestrafung der Trunkenheit, setzte.

Um 3 ¼ Uhr wurde die gestrige (31.) Sitzung de Reichstags, welcher mehrere Bevollmächtigte zum Bundes rath und Kommissarien desselben beiwohnten, vom Präsidenten von Goßler eröffnet. Das Haus trat sofort in die erste Be⸗ rathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Be strafung der Trunkenheit, ein. Die Debatte wurde vom Bevollmächtigten zum Bundesrath, Staatssekretär des Reichs⸗Justizamts, Dr. von Schelling mit folgenden Worten eingeleitet:

Es sei mir, meine Herren, gestattet, Ihren Berathungen ein kurze Erläuterung vorauszuschicken, die mir namentlich deshalb noth- wendig erscheint, weil ja die Vorlage nicht aus einem einheitlichen Gesichtspunkte entsprungen ist, sondern sich aus zwei verschiedenen, wenn auch untereinander verwandten Bestandtheilen zusammensetzt; denn einerseits trifft die Vorlage polizeistrafrechtliche Bestimmungen, andererseits aber stellt der §. 2 und was mit demselben zusammen⸗ hängt, sich als eine Ergänzung des allgemeinen Theils des Straf⸗ gesetzbuches dar, indem er sich mit der Frage beschäftigt, in welcher Weise Trunkenen ihre Thaten zuzurechnen seien. Meine Herren, Sie werden aus den Motiven die Ueberzeugung gewonnen haben, in welch' wechselnder und zum Theil noch heute kontrastirender Weise diese Frage in der Wissenschaft und in den Gesetzgebungen der Kulturstaaten gelöst worden ist. Das preußische Strafgesetzbuch, der Vorläufer des unseren, natzm auf die Trunkenheit keine Rücksicht, erkannte vielmehr nur Wahnsinn und Blödsinn als allgemeine Strafausschließungsgründe an. Ein Gut⸗ achten der preußischen wissenschaftlichen Deputation für das Medi⸗ zinalwesen, welches aus Veranlassung der Ausarbeitung des Straf⸗ gesetzbuches für den Norddeutschen Bund erfordert wurde, tadelte diese Begrenzung und stehte die Forderung, daß außer den Geistes⸗ krankheiten auch noch gewisse Grade der Trunkenheit, der Schlaf⸗ trunkenheit und des Fieberdeleriums als mögliche Gründe der Un⸗ zurechnungsfäbigkeit zu berücksichtigen seien. 1

Dieser. Erinnerung, welcher sich auch andere Autoritäten an⸗ schlossen, gab die Redaktiog des Strafgesetzbuches Folge; man ver⸗ zichtete daher auf eine Einzelaufzählung der Strafausschließungs⸗ gründe und traf im §. 51 des norddeutschen, jetzt deutschen Strafgesetzbuchs, die Bestimmung: 1

Eine strafbare Handlung ist nicht vorhanden, wenn der Thäter ur Zeit der Begehung der Handlung sich in einem Zustande von Bewoßtlosigkeit oder krankhafter Störung der Geistedthaͤtig⸗ keit befand, durch welchen seine freie Willensbestimmung aus⸗ geschlossen war. b

Es entstand nun aber die Frage, bis zu welchem Grade sich die Trunkenheit gesteigert haben müsse, um als Strafausschließungs⸗ grund zu gelten. Der Ausdruck „Bewußtlosigkeit“ scheint auf den höchsten lähmungsartigen Grad der Trunkenheit hinzudeuten. Allein, meine Herren, in diesem Zustande bildet der Körper nur eine willenlose Masse, die keinem andern Gesetze als dem der Schwere fo gt.

In diesem Stadium ist jede Aktionsfähigkeit aufgehoben; der Gesehgeber würde etwas Unmögliches vorausgesetzt haben, wenn er über eine in diesem Zustand begangene Handlung häite disponiren wollen. Dabher führt die logische Auslegung zu dem Resul tat, daß unter „Bewußtlosigkeit“ nicht die völlige Abwesenheit des Bewurt⸗ seins, sondern nur die Störung der Kontinuität desselben verstanden werden muß, und dies, meine Herren, ist jetzt die herrschende Ansicht unter den Lehrern des deutschen Strafrechis. Damit aber fällt die Grenze der Zurechnungsfähigkeit noch in den Zustand der Exalta⸗ tion, welcher den lähmungsartigen Erscheinungen vorauszugehen pflegt, und es ist daber lediglich der Würdigung des Richters der Thatfrage und der sein Ermessen leitenden Sackverständigen anheimgegeben, ob die Trunkenheit im einzelnen Fall bis zur Ausschließung der freien Willensbestimmung sich gestrigert hat. Wenn ich das Wort „frei betont habe, so befinde ich mich in Uebereinstimmung mit der wissen⸗ schaftlichen Deputation für das Medizinalwesen, welche auf den Ausschluß der freien Willensbestimmung den Nachdruck gelegt wissen wollte. .

Was nun, meine Herren, die Praris betrifft, so habe ich anzu⸗ erkennen, daß die deutschen Gerichte sich bei Prüfung des Geistes⸗ zustandes von Trunkenen des Ernstes ihrer Aufgabe bvewußt sind und nicht leichthin Unzurechnunge fähigkeit annehmen; allein wenn auch nur ein einziger Fall vorgekommen ist, wie der in den Motiven be⸗ richtete, in welchem ein wegen schwerer Körperverletzung Angeklagter wegen seines trunkenen Zustandes zur Zeit der That rechtekräftig freigesprochen worden ist, und dieser Fall steht nicht vereinzelt da —, wenn einige solcher Fälle sich ereignet haben, mußte doch an die verbüͤndeten Regierungen die Erwägung herantreten, ob es gesetz⸗ geberisch überhaupt zu rechtfertigen ist, die selbstverschuldete Trunken⸗ heit als einen Smasbesteiungkarund zuzulassen. Die Regierungen haben geglaubt, diese Frage verneinen zu müssen; sie halten die An⸗